Genie auf Drogen von Flokati ================================================================================ Genie auf Drogen ---------------- ~Handlung zwischen Kapitel 5 und 6 der Russian Diaries~ Jelena und ich haben uns in ihrem Wohnzimmer auf das bekannte, braune Ledercouch gesetzt und Makkachin liegt wie erschlagen auf seiner Platzdecke vor der Fotovitrine. Er schaut richtig vorwurfsvoll zu mir herüber, weil ich heute einfach viel weiter mit ihm Gassi gegangen als sonst. Dabei wäre eigentlich nur Sofa und Zuhause angesagt, wenn ich frei habe. Blödes Herrchen hast du, Makkachin. Aber es gibt gute Gründe, den Sofa-Nachmittag gegen einen Besuch bei Jelena in der Schneiderei einzutauschen. Yuuri ist in seinem Sprachunterricht, also bietet sich die perfekte Gelegenheit, Jelena an ihrem ebenfalls freien Tag den unausgesprochenen Part über die Programme zu verraten und ich platze fast! Zum ersten Mal seit Ewigkeiten habe ich wieder dieses Gefühl zu platzen, wenn ich nicht bald irgendwem von meinen Ideen erzählen kann! Yakov will sich zuerst um Milas Programme kümmern, dann um die von Georgi und dann erst will er sich mit mir unterhalten. Wahrscheinlich weil er schon vermutet, dass er mit mir nicht so schnell fertig werden wird wie mit den anderen beiden. Aber mir dauert das zu lange. Davon abgesehen war Jelena bei der Ankündigung meines Themas wesentlich weniger begeistert als ich dachte und ich will nicht, dass sie sich Sorgen macht. Darum muss sie jetzt als erstes Bekanntschaft mit meinen kleinen, goldigen Ideen machen „Also, Schatz, ich bin ganz Ohr“, fordert sie mich auf. „Ich habe fünf Programme choreografiert“, steige ich ein und Jelena verschluckt sich fast an ihrem Tee. „Fünf?!“ Schnell stellt sie die Tasse auf den kleinen, runden Beistelltisch ab und nimmt sich ihr Taschentuch, um ihr Gesicht trocken zu tupfen. „Ja. Eins für Yurio, die für Yuuri und die für mich.“ Sie sieht mich mit ungläubigen Augen an. „Ich...bin sprachlos. Fünf? Du lieber Himmel, was hat sich da alles in dir angestaut?“ „Eine ganze Menge“, grinse ich zurück. Ich hätte selbst nicht gedacht, dass es fünf Programme werden würden. Aber so ist es jetzt nun mal. „Für Yurio stelle ich mir vor, dass du ihn in einen Tänzer aus 1001 Nacht verwandelst. Spiel' ruhig damit, dass er immer noch diese zierliche Statur hat, aber es soll vielmehr geheimnisvoll als feminin wirken. Ich denke dabei an Tücher, die ihn während der Performance umflattern.“ „Du liebe Güte! Zur Sicherheit malst du mir das später auf.“ Ich grinse nochmal breiter. Aufmalen muss ich gar nix mehr, ist alles schon erledigt und in meiner Tasche. „Ich habe Yurios Performance sehr auf visuelle Reize ausgelegt. Du weißt ja, der Ausdruck bei ihm ist schwierig. Technisch läuft er gut, aber er lässt sich zu leicht ablenken und das sieht man. Je mehr Bewegung er um sich hat, desto besser tut das seiner Konzentration und damit auch seiner Performance.“ „Da hast du wohl recht. Wie heißt die Musik?“ „Arabesque“, antworte ich und ziehe mein Handy aus der Hosentasche hervor. „Willst du es direkt anhören?“ „Später, Schatz“, lächelt Jelena. „Du willst mir doch viel lieber von deinen und Yuuris Programmen erzählen, nicht?“ „JA!“ (* 3 *) … Ok, das war jetzt etwas überenthusiastisch und Jelena fängt an, lauthals zu lachen. Aber ich kann nichts dafür! Yuuri hat so eine schöne Idee gehabt und er weiß gar nicht, wie schön die eigentlich ist! Aber dafür hat er ja mich. Und Gott, ich bin genial manchmal. „Nun gut, Schatz,“ kichert Jelena, „ich bin gespannt.“ „Also“, beginne ich und versuche, etwas Ruhe zu bewahren. Wo fange ich am Besten an? Am Anfang, klar, aber wo ist der? Manchmal wäre es echt gut, bei den eigenen Ideen gedacht zu haben. „Die Stücke für Yuuri heißen Find your Story und Storytime. Du weißt ja, er stellt einen Geschichtenerzähler dar. Zuerst muss er die Geschichte suchen, dann finden, dann erzählen.“ „Ja. Das leuchtet mir ein.“ „Nicht?“, sage ich und stelle fest, dass ich doch besser mit meinen Stücken angefangen hätte zu erklären. „Bei mir geht es, wie du weißt, um den Tod. Aber kein echter Tod. Vielmehr ein, sagen wir, kreativer oder künstlerischer Tod. Die Stücke dazu heißen Deeper Down und Ghost River.“ „Kreativer Tod? So klang das neulich aber nicht, Schatz“, sagt Jelena mit hochgezogener Augenbraue. „Konnte ich nicht sagen“, erkläre ich und lege den Zeigefinger auf meine Lippen. „Diese Info ist nämlich geheim. Yuuri soll es einfach nicht merken. Noch nicht.“ Ihre Verwirrung wächst. „Ich fürchte, ich kann dir nicht folgen.“ „Lassen wir Ghost River erst einmal außen vor,“ fahre ich fort. „Deeper Down ist das wichtigere Stück. Das wird mein Kurzprogramm und es handelt von Vögeln, auch wenn man vom Titel her nicht darauf schließen kann. Jeder Vogel in dem Lied hat ein Attribut, um das der Protagonist - also ich - sie beneidet. Aber brauchen, oder vielmehr helfen, können die Attribute mir nicht. Zu jedem Vogel gibt es auch einen passenden Sprung in der Choreografie. Es beginnt wie folgt,“ erkläre ich und sage Jelena die erste Strophe auf: „A crow flew to me, kept its distance, such a proud creation. I saw his soul, envied its pride, but needed nothing it had.“ Sie hat die Augen geschlossen, verarbeitet die Worte, die sie gehört hat. „Und?“, frage ich neugierig. „Erinnert dich das an jemanden? Eine Krähe? Oder ein Rabe? Vielleicht an...eine Hexe?“ „Viktor!“, ruft sie entsetzt. „Sag' nicht, die Strophe handelt von...!“ „Doch. Lilia Baranovskaya.“ „Mein Herz! Und der Sprung ist dann...?“ „Der vierfache Flip natürlich.“ „Viktor!“ „Was denn?“, lache ich. „Wir haben erst eine Strophe durch und du schaust so entsetzt, als wollte ich ein Remake von Fighter inszenieren.“ Jelena soll sich das geschockte Gesicht bis zum Ende aufheben. Denn da sind wir noch lange nicht. Wir kratzen gerade mal an der Spitze des Eisbergs. Sie fängt sich wieder, aber ihre Hand hält sie an ihrer linken Brust und sagt: „Entschuldige, erzähl' weiter.“ Ich setze zur zweiten Strophe an: „An owl came to me, old and wise, it pierced right through my youth. I learned its ways, envied its sense, but needed nothing it had.“ „Ist das Herr Feltsman?“, schlussfolgert Jelena korrekt, kaum dass ich das letzte Wort ausgesprochen habe. „Aber Viktor, ich verstehe nicht, warum du ihn nicht brauchst. Ich meine...?“ „Es geht um einen künstlerischen Tod“, erinnere ich sie. „Nicht ich sterbe, sondern meine Welt stirbt. Ich will nicht sagen, dass ich Yakov nicht brauche. Du weißt, wie unersetzlich er für mich ist. Aber trotzdem war Yakov nicht in der Lage, meine Welt zu retten, als sie anfing, mir zu entgleiten. Du weißt, wonach mein Herz sich so sehr gesehnt hat. Von allen wusstest du es am Besten.“ Sie schluckt, der Griff an ihrer Brust wird fester. Hoffentlich nimmt sie der nächste Abschnitt nicht zu sehr mit: „A dove came to me, had no fear, it rested on my arm. I touched its calm, envied its love, but needed nothing it had.“ Jelena reagiert kein bisschen, aber sieht mich ungläubig an. „Viktor, sag' mir jetzt nicht, dass...“ „Doch.“ „Oh Gott!“ Sie rutscht sofort zu mir, schließt mich in die Arme, drückt mich an sich. „Wo hast du dieses Lied her?!“ „Ich mag die Band ganz gerne“, antworte ich und schließe ebenfalls meine Arme um sie. „Ich habe immer mal wieder gedacht, dass ich irgendwann auch zu einem dieser Lieder laufen könnte. Nun, die Gelegenheit ist jetzt.“ „Ich bin sprachlos...“, sagt sie und blickt mich mit wässrigen Augen an. „Du bist unglaublich. Ich hab dich so lieb, Schatz.“ „Ich dich auch. Ohne dich wäre ich nicht ich geworden.“ „Viktor, hör' auf, mir kommen gleich wirklich die Tränen... Meine Güte...!“, entrüstet sie sich und ich lasse sie los, dass sie sich mit dem Taschentuch die Augen trocken tupfen kann. „Es passt einfach wunderbar“, plappert sie aufgeregt weiter und lächelt zu mir herüber. „Auch wenn die Thematik etwas...naja, tiefer geht.“ „Im wahrsten Sinne, was? Deeper Down“, füge ich hinzu und wir müssen beide lachen. Jelena bedeutet die Welt für mich, genauso wie Yakov. Ich wüsste nicht, wo ich wäre, wenn sie mir nicht begegnet wären. Diese beiden Menschen, die mich aufgenommen, beschützt und unterstützt haben, als wäre ich ihr eigener Sohn, obwohl ich es nicht bin. Es ist schwer in Worte fassen, wie tief meine Verbundenheit greift und wie dankbar ich ihnen bin, für alles, was sie getan haben. „Es gibt noch einen Vogel in dem Lied“, erhebe ich vorsichtig meine Stimme. „Aber du musst mir versprechen, dass du nicht weinst, hörst du, Jelena?“ „Oh Gott, Viktor, wenn du so schon anfängst...“ „A swan of white, she came to me, the lake mirrored her beauty sweet, I kissed her neck, adored her grace, but needed no-“ „Odette!“, ruft Jelena und springt vom Sofa auf, noch bevor ich die Strophe beenden kann. „Deine kleine Odette!“ Und die Tränen kullern doch bei ihr. „Ich kann nichts mehr sagen... die Hexe, Herr Feltsman, ich... und Odette! Das Lied hättest du selbst nicht besser schreiben lassen können. Du bist ein Ge-“ „Das Lied ist da aber immer noch nicht fertig“, unterbreche ich sie, um sie daran zu hindern, das auszusprechen, was ich erst am Ende von ihr hören will. „Der Schwan kommt zweimal vor. Odette hat im Schwanensee auch zwei Hauptauftritte. Am Anfang, um als verwandelter Schwan zu erscheinen und am Ende, um als zurückgelassener Schwan zu sterben. Nach dieser ersten Strophe schlägt die Musik um, wird dramatischer, verzweifelter. Dann kommt derselbe Text über den Schwan noch einmal. Die Musik bricht ab, es folgen noch ein paar letzte Takte, bis der Protagonist gestorben ist und der Schwanensee sein Ende gefunden hat. Und so auch ich.“ Ich mache eine Pause, um ihr die Zeit zu geben, es sacken zu lassen. Es wäre Selbstironie, es zu beschwichtigen und „nur ein Programm“ zu nennen. Es ist ein dreiminütiger Schnelldurchlauf durch mein Leben und meine Karriere, vorbei an den Menschen, die mich im Negativen wie im Positiven am Meisten geprägt haben und die dennoch nicht in verhindern konnten, dass der Absturz so bedrohlich nah gekommen war, dass ich fliehen musste, weil mir niemand von ihnen mehr helfen konnte. Jelena setzt sich wieder neben mich auf dem Sofa, atmet in tiefen Zügen und ihre Hände hält sie gefaltet vor ihre Stirn. Sie war schon immer ein sehr emotionaler Mensch, egal in welcher Situation. Ich streiche in ruhigem Auf und Ab über ihren Rücken, um sie zu beruhigen, aber mein Blick verliert sich in Luftlöchern. Jedes Mal, wenn ich in eine solche Situation gerate, fühle ich mich schlecht, weil ich nicht Anteil nehmen kann. Mein Wesen lässt es einfach nicht zu. Ich kann zuhören, ja. Ich kann Ratschläge geben, ja. Aber ich kann nicht mitfühlen. Es tangiert mich nicht. Seit ich mit Yuuri zusammen bin, wird es etwas besser. Auf ihn kann ich mich besser einstellen, also lerne ich dadurch und das macht es einfacher, mich zu orientieren. Nach einer Weile richtet Jelena sich wieder auf und nimmt die Hände vom Gesicht. „Alles ok?“, frage ich. „Ja, es kann weitergehen.“ Gut. Mit der Vorbereitung sind wir jetzt auch so gut wie durch. Dann kann sie jetzt gleich bei Yuuris Programmen ausflippen und mein innerliches Grinsen geht gefühlt von einem Ohr zum anderen. Deswegen weiter im Text: „Bezüglich der Choreografie habe ich angedacht, dass ich am Ende in der Mitte der Eisfläche zum Liegen komme. Und das Kostüm hätte ich gerne ähnlich aufgebaut wie Odette, aber nur ähnlich. Man soll schon ein bisschen nachdenken müssen, um drauf zu kommen. Du weißt ja, einfach gibt’s bei mir nicht. Ich hab' die Skizzen aber schon fertig, ich lass' sie dir später da.“ „Viktor, du schaffst mich heute. Wirklich.“ „Hm, ich bin aber immer noch nicht fertig. Wir haben bisher nur von meinem Kurzrogramm gesprochen, aber das war nötig, um jetzt über Yuuris Programme reden zu können.“ „Überlebe ich das noch? Ich glaube, ich brauche erst mal einen Schluck zu trinken. Du auch?“ „Erst später. Wenn ich jetzt Vodka trinke, halte ich die Klappe gar nicht mehr“, antworte ich und Jelena gluckst. Sie steht auf, geht in die Küche und Makkachin folgt ihr auf dem Fuß, plötzlich putzmunter, in der Hoffnung, vielleicht ein Leckerchen abzustauben. Nur wenige Sekunden später kommt mein Pudel zurück aus der Küche und er hat natürlich ein Stück Kauknochen im Maul. War das Betteln wieder erfolgreich, was, Makkachin? Es macht Plumps auf der Platzdecke vor der Fotovitrine, und Makkachin versucht ganz unauffällig und für mich garantiert unsichtbar, alles möglichst schnell verschwinden zu lassen. Das Blöde an Kauknochen ist aber, dass Hund lange was zum Kauen haben soll. Dein Masterplan hat also einige eklatante Lücken, Makkachin. Und dass das Leckerchen dein Abendessen schmälert, fällt dir auch immer dann erst auf, wenn im Napf weniger Futter drin ist als sonst. Ein ganz blödes Herrchen hast du. Dass Herrchen das aber auch immer mitbekommt, wenn du von Jelena oder Yuuri Leckerchen zugesteckt bekommst. Wo du doch so unterernährt aussiehst, fürchterlich. Pass‘ ich in deinem hohen Hundealter tatsächlich noch auf deine Ernährung auf. Sapperlot! Jelena kehrt mit zwei gefüllten Gläsern zum Sofa zurück und ich glaube kaum, dass in einem von beiden nur Wasser ist. Gut, sie hat es so gewollt. Auch wenn ich garantiert keinen Alkohol brauche, um gleich high zu werden. Meine Ideen für Yuuris Programme schaffen das ganz alleine. Ich stoße mit Jelena an und nehme einen kräftigen Schluck. Gekonnt ist eben gekonnt. Vom Vodka gestärkt klatscht Jelena in die Hände. „Nun denn, ich bin bereit!“ Yay! Also: „Yuuri hat sich das Geschichten erzählen als Thema ausgesucht. Und ich habe ja schon gesagt: Er muss zuerst die Geschichte suchen, dann finden, dann erzählen. Soweit also sein Programmablauf. Das ist auch gut so, ist ja seine Idee. Aber du weißt ja: Ich bin für die Choreografie verantwortlich und ich bin ein Arsch. Yuuri hat das Prinzip von wir machen das, was ich will, das er will, was ich will noch nicht ganz verstanden.“ „Baust du deinem Zukünftigen etwa eine Falle in die Choreografie?!“, fragt sie mich mit hochgezogenen Augenbrauen. „Ein bisschen. Oder sagen wir, keine Falle, aber eine Überraschung. Ich habe mir das für seine Idee so gedacht: Solange er die Geschichte sucht, soll er erst mal nur im Kreis fahren-“ Jelena prustet los. „So meine ich das nicht!“, beschwere ich mich. Wenn ich mit den Details anfange, sitzen wir morgen noch hier. Aber ich weiß, dass sie schon verstanden hat, was ich sagen wollte. Auch wenn ich zugeben muss, dass die Vorstellung eine gewisse Komik in sich birgt. „Jedenfalls... Yuuri wird die Mitte nicht passieren. Immer schön drum herum, weil in der Mitte ist seine Geschichte. Erst mit dem letzten Sprung im Kurzprogramm soll er sie erreichen, dass er in seiner Kür was zu erzählen hat.“ „Das klingt zu simpel“, kommentiert Jelena. „Ohne Yuuri zu nahe treten zu wollen. Die Idee ist schön, hat Potenzial, aber jetzt kommt es auf die Geschichte an. Welche Geschichte will er denn erzählen?“ „Das wusste er nicht so genau, aber dafür bin ja ich da.“ (> v o) „Das dachte ich mir schon. Du bist eine kleine, linke Bazille, weißt du das?“ „Warum? :D Weil ich Yuuri das machen lasse, was mir in Kram passt, ohne dass er es merkt? Ach' komm, Jelena. Es ist zu seinem Vorteil. Georgi hab ich viel öfter aufs Glatteis geschickt und das mit voller Absicht.“ „Ja, das weiß ich und du solltest endlich damit aufhören. Georgi kann einem fast Leid tun, so oft ist er schon auf dich reingefallen.“ „Zwingt ihn doch keiner, das zu machen, was ich sage“, rechtfertige ich mich mit hochgezogenen Schultern. Dass der Idiot das aber auch nie gemerkt hat. Dabei dachte ich, dass irgendwann doch klar sein muss, dass alle Vorschläge nur zu meiner persönlichen Belustigung dienen. Frère Jacques ist da nicht so leicht zu beeinflussen, aber das muss er auch nicht. Sonst werd’ ich das Gelaber nie los. Georgi ist mir da viel lieber und Barbie Girl war genau sein Ding! Jelena hingegen straft mich mit einem vorwurfsvollen Blick. „Viktor, der Eiskunstlauf ist nicht dein persönlicher Spielplatz.“ „Aber ich bin König?“ „Viktor!“ Sie gibt mir einen festen Klaps auf den Oberschenkel. „Es reicht, der Kindergarten hat jetzt Sendepause! Meine Güte.“ Sicherheitshalber stellt sie auch das Glas Vodka von mir weg. Gut, dann lassen wir das eben... Chris wäre nicht so pingelig! Yuuri gegenüber traue ich mich noch nicht, gänzlich ungeniert zu reden. Einfach weil ich fürchte, dass er zu vieles auf sich beziehen könnte und das will ich unter keinen Umständen. Ich meine, er weiß, was ich von Georgi oder Frère Jacques halte. Aber dass ich eine linke Bazille bin, muss Yuuri wissen, sonst überlegt er sich das mit der Hochzeit noch...! „Also, was hast du dir für deinen Liebsten jetzt ausgedacht?“ „Eine zweite Interpretation“, antworte ich ihr in einem möglichst ernstem Ton. „Er soll seine Programme mit seiner Idee laufen. Aber es gibt eine zweite Möglichkeit, sofern er sie sehen will.“ „Das verstehe ich jetzt nicht wirklich.“ „Die Choreografie ist dieselbe. Er muss nichts ändern, außer seinem Blickwinkel.“ „Und dann?“ „Muss er keine Geschichte mehr suchen. Er muss sie auch nicht mehr finden.“ Jelena schaut mich fragend an. „Er ist die Geschichte.“ „...Er ist die Geschichte?“ „Ich habe dir doch gesagt, dass Yuuri perfekt mit der Musik laufen kann. Wenn er selbst die Geschichte ist, dann kann er viel mehr erzählen, als wenn er nur auf der Suche danach ist.“ „Du sprichst in Rästeln, Schatz. Ich verstehe den Zusammenhang nicht.“ „Jelena, nach seiner Interpretation ist in der Mitte auf dem Eis die Geschichte, die er sucht. Wenn er die Geschichte aber selbst ist, was ist dann auf dem Eis in der Mitte?“ Es bleibt still. „Vielleicht,“ beginne ich gespielt zu philosophieren, „jemand, der eine Geschichte dringend braucht? Jemand, der sich schmerzlich nach etwas seht? Jemand...“ Ich warte. Warte, ob der Groschen fällt. Und er fällt. Sie springt erneut vom Sofa auf, schlägt die Hände vor den Mund. „Viktor... Du!... und Yuuri...!“ Jelena starrt mich an, dann sehe ich, dass ihr Hände beginnen zu zittern. „Schatz, du bist ein Genie! Ein GENIE!“ Und dann gibt es kein Halten mehr, sie fällt mir in die Arme, weint vor Freude, weil sie verstanden hat, dass Yuuri mich wirklich gerettet hat und dass diese Geschichte unsere Geschichte wird. Darum finde mich, Yuuri. Finde die Botschaft, die in deinen Programmen steckt. Wenn du willst, hast du die Macht alles zu verändern. ~ENDE~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)