Zum Inhalt der Seite


Um Fanarts bewerten zu können, musst du dich einloggen
Fanart

Ceresta   [Zeichner-Galerie] Upload: 24.07.2016 11:47
Teil 9 meines künstlerischen Lebens/ "Leidens"-laufes.
So Leute, jetzt kommen wir an den Punkt, an dem das Loch so richtig tief ist...
______________________________________________________________________________________

Nachdem mein Vater im August 2014 gestorben ist, war erst einmal alles sehr chaotisch und ich hatte zu Beginn gar nicht so viel Zeit darüber nachzudenken, was das jetzt eigentlich für mich persönlich bedeutet.
Nachdem das Zeichnen während der Zeit, in der er im Sterben lag, für mich immer mehr zu ganz starker Emotionsverarbeitung wurde, kam einige Wochen nach seinem Tod das Loch. Ein richtig tiefes.

Wie ich bereits im letzten Bild beschrieben waren, sind mir immer wieder die gleichen Sätze durch den Kopf. Du kannst nichts, du hast kein Talent, du bist nicht gut genug....
Und das meine ich nicht im meist üblichen Sinne von "mimimi, meine Bilder sind ja soooo schlecht und alle anderen sind soooo viel besser als ich." Diese Phasen hatte ich definitiv auch schon (vor allem so zwischen 14-17, ist vollkommen normal und in dem Moment tatsächlich in gewissem Maße belastend, macht aber fast jeder irgendwann mal durch), aber das war kein oberflächliches Gejammer, sondern eine festgenagelte Tatsache für mich.
Ich war voller Überzeugung, dass das, was mein Vater mein Leben lang und vor allem gerade in seinen letzten Wochen sogar noch vermehrt immer wieder zu mir und über mich gesagt hat, tatsächlich stimmt (Du kannst nichts, kriegst alleine nichts hin, hast kein Talent, bist nicht gut genug, usw.).
Man kann wohl sehr sicher davon ausgehen, dass ich zu dem Zeitpunkt eine ernsthafte Depression hatte (war daraufhin auch fast ein Jahr lang in psychologischer Behandlung) und das hat sich natürlich massiv in meinen Zeichnungen niedergeschlagen.
Alles wurde ganz scheußlich (wovon ihr alle aber nie etwas gesehen habt...) und ich habe mich immer wieder daran erinnert, wie mein Vater über meine Bewerbungsmappe für das Illustrations-Studium gesagt hat "bin ich Schuld, dass du so scheußliche Sachen malst?" Und ja, was soll ich sagen, er war sicher nicht ganz "unschuldig" daran (dank der "scheußlichen" Mappe wurde ich übrigens auch zur Aufnahmeprüfung eingeladen).

Dann gab es aber auch recht lange Phasen, in denen ich einfach nur riesengroße Angst vor dem Papier hatte. Wie soll man überhaupt mit einem Stift ansetzten, wenn man innerlich zu 100% davon überzeugt ist, dass man nicht gut genug ist, grundsätzlich, für gar nichts!
In meinem Kopf hatte sich da eine riesige Blockade aufgebaut. Zwei Monate nach dem Tod meines Vaters hatte ich mich zu einem Aktzeichenkurs angemeldet. Allerdings bin ich auf der Fahrt dorthin auf der Autobahn in Tränen ausgebrochen, weil ich panische Angst hatte, ich könnte nicht gut genug für diesen Kurs sein und musste abbrechen. Also alles, die Fahrt, den Kurs, meine Mutter hat mich dann eine Stunde später mit ihrem Auto irgendwo am Straßenrand eingesammelt...irgendwas war in meinem Kopf ernsthaft kaputt!
Ich meine, dazu sind Kurse da, um Dinge zu lernen, aber selbst dafür habe ich mich zu dem Zeitpunkt "nicht gut genug" gefühlt (entschuldigt die ständige Wiederholung dieser drei Worte, aber für mich hatten die damals ein unglaubliches Gewicht).
Bis ich wieder angstfrei zeichnen konnte, ist tatsächlich fast ein halbes Jahr vergangen.

Ich habe versucht diesen Zustand bildlich darzustellen. Ich konnte die intensivsten Farben nutzen, in dem Moment, in dem ich sie aufs Papier gebracht habe, war alles schwarz. Mein ganzer Weltblick war schwarz und ich war einfach nur leer, erschöpft und verzweifelt.
Ich hätte dieses Bild auch x-beliebig mit jeder anderen Aussage des letzten Bildes untertiteln können. "Nicht gut genug" war aber wohl der häufigste Gedanke, deshalb habe ich mich dafür entschieden.

Letztendlich glaube ich jetzt, nach etwa 1 bis 1/2 Jahren Abstand, dass diese Phase für mich absolut notwendig war. Ich habe mich ab Anfang 2015 komplett zurückgezogen. Ich habe ein halbes Jahr alleine in unserer Ferienwohnung gelebt und mich dort einfach nur um mich selbst gekümmert. In der Zeit habe ich mich auch ganz langsam und vorsichtig wieder an das Zeichnen herangetastet (auch mit Unterstützung meiner Psychologin). Ich habe versucht mir so wenig Druck wie möglich zu machen und nicht zu bewerten, was beim Zeichnen entsteht, sondern das Zeichnen als Aktivität an sich schon als Erfolg anzusehen.
Die Überwindung war am Anfang wirklich immens. Zum einen war für mich klar, ich MUSS zeichnen, ich brauche das um mein Seelenleben irgendwie sauber zu halten, zum anderen hatte es aber auch etwas sehr bedrohliches, eben weil Zeichnen für mich so etwas essentiell wichtiges ist, das in dem Moment aber grade ernsthaft kaputtzugehen drohte.
Wahrscheinlich war es auch gerade wegen seines immensen Stellenwerts in meinem Leben so intensiv von den Auswirkungen meiner Depressionen und den Worten meines verstorbenen Vaters beeinflusst.
______________________________________________________________________________________

Ich möchte an dieser Stelle entwarnen, dieser Zustand hat sich seit dem letzten Quartal letzten Jahres langsam gelegt und jetzt im Grunde vollständig aufgelöst.
Mir geht es gut, besser denn je, möchte ich eigentlich schon sagen. Den Grund dafür erläutere ich aber erst mit dem nächsten Bild...
Themen:
Gefühle

Stile:
Bleistift, Alkoholmarker, Buntstifte

Unterthemen:
Angst

Format:
ca. A4

Beschwerde


Kommentare (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  EngelohneZukunft
2016-07-24T16:12:45+00:00 24.07.2016 18:12
Irgendwie erinnert mich das Bild sehr an NGE Shinji.
Passt ziemlich gut.

E oZ
Antwort von:  Ceresta
24.07.2016 20:00
Danke!
Ich muss allerdings gestehen, dass ich NGE bis heute nicht einmal gesehen habe (und das, nachdem ich mindestens 15 Jahre Hardcore-Anime-Fan war...au weia!). ^^"
Von:  TommyGunArts
2016-07-24T10:19:18+00:00 24.07.2016 12:19
Ich finde es unheimlich stark, dass du wichtige Phasen deines Lebens mit dieser Bilderstrecke aufarbeitest. Dazu gehört sehr viel Mut, gerade weil du das ganze öffentlich tust. Und ich kann mir vorstellen, dass dies ein guter Schritt ist, all die Geschehnisse zu verarbeiten, die dich im Leben geprägt haben. Man sieht sehr deutlich, wie viel Gefühl in deinen Bildern steckt und dass du dir diese Geschichte nicht ausgedacht hast. Denn niemand kann etwas derart aussagekräftiges malen, wenn er nicht emotional befangen ist.
Und zum Thema "gruselige Dinge" zeichnen: Die wenigsten Künstler sind glückliche Menschen. Demzufolge zeichnen sie selten positive Bilder. Und wenn sie es tun, wirkt es nicht "echt". Und gerade diese Echtheit macht Kunst so wunderbar und erschreckend zugleich. Deshalb: lass dir keinen Stil und keine Motive vorschreiben, sondern bring die Dinge aufs Papier, bei denen du das Gefühl hast echt zu sein und das was du malst ganz genauso zu meinen. :) so wie bei diesem wunderbaren Bild.
Vielen Dank für diese tollen Bilder, die mehr Aussagen, als alle Worte dieser Welt.
Lg
E.Ternity
Antwort von:  Ceresta
24.07.2016 19:58
Vielen Dank!
Mir macht das Teilen meiner Gefühle ehrlich gesagt gar nicht (mehr) so viel aus. Da in den letzten beiden Jahren ja so einige recht emotionsgeladene und persönliche Bilder von mir im Netz gelandet sind, habe ich bereits die Erfahrung gemacht, dass man durch das Teilen solch persönlicher Geschichten eigentlich nur profitiert.
Menschen, die ähnliches erlebt haben, fühlen sich verstanden, teilen daraufhin oft aus freien Stücken ihre eigenen Geschichten mit mir und das hilft mir wiederum oft meine Erlebnisse noch einmal anders wahrzunehmen oder besser zu verstehen.
Und wie du selbst schon sagst, je "echter" die Motive meiner Bilder sind, desto mehr Menschen erreiche ich erfahrungsgemäß damit. Nach und nach geht auch meine Angst davor weg Dinge zu zeigen, die nach eigenem Empfinden irgendwie "hässlich" oder "gruselig" sind. Ich denke, ich habe da auch wirklich lange einige Dinge unterdrückt, die unbedingt raus müssen! Und so langsam lasse ich einfach alles los und nehme mir meine selbstgesteckten Grenzen weg. Das geht natürlich nicht von heute und morgen, aber ich glaube, ich bin auf einem guten Weg!

Hoppla, da habe ich wohl wieder mal mehr geschrieben als geplant. Sieh es bitte einfach als ein ganz langes Dankeschön dafür, dass du dir die Zeit genommen hast, meinen langen Text zu lesen und das Bild genau anzusehen. Darüber freue ich mich wirklich sehr! :)
Antwort von:  TommyGunArts
24.07.2016 20:08
:) Das freut mich auf jeden Fall sehr. Die meisten Dinge gehen nicht von heute auf morgen ;) aber das brauchen sie auch gar nicht. Freut mich wirklich sehr, dass es dir langsam besser geht und ich verfolge definitiv weiter deine Bilder. :)
Von:  NijiNiji
2016-07-24T09:57:38+00:00 24.07.2016 11:57
ich finde das bild total toll! ich habe auch an depressionen gelitten und verstehe deshalb annähernd was du durch gemacht hast (natürlich in einer anderen form). mir hat damals das zeichnen sehr geholfen meine gefühle wieder zu ordnen. und ich freue mich dass es dir jetzt auch wieder gelingt und besser geht. UND: du bist DEFINITIV sehr gut! lass dir nichts anderes einreden von leuten die keine ahnung haben ;)
ich freu mich auf dein nächstes bild!
Antwort von:  Ceresta
24.07.2016 19:46
Vielen Dank!
Ich bin froh, dass das Zeichnen dir so sehr bei der Verarbeitung deiner Gefühle geholfen hat. Es ist wirklich eine wunderbare Sache, wenn man sich durch Bilder ausdrücken kann. Manche Dinge lassen sich mit Bildern vielleicht auch tatsächlich besser verarbeiten als mit Worten.
Ich danke dir ganz herzlich für das große Lob und die lieben Worte! :)