Dunkle Lieder von Zephira ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Das grelle Licht der Sonne fraß sich durch seine Augenlider und um sich herum vernahm er das ungewohnte trällern der Vögel. Zögernd öffnete er die Augen, bereute seinen Entschluß aber gleich wieder. Das Tageslicht war noch abscheulicher als er gedacht hatte. Ein Schatten verdunkelte die Sonne ein wenig, entsetzlich hell blieb es dennoch. „Ilmryn du lebst noch. Wie schön.“ „Sarúl?“ fragte der Elf mit brüchiger Stimme „Wer den sonst? Na komm schon setz dich auf.“ „Die Sonne...“ „Du wirst schon keine verbrannte Haut bekommen.“ witzelte der kleine Drache und spielte dabei auf die blauschwarze Haut des Elfen an. I lmryn knurrte mürrisch, erntete aber nur ein Lachen von Seiten Sarúls. Vorsichtig richtete der Dunkelelf sich auf, zog dabei aber scharf die Luft ein als ein brennender Schmerz durch seinen Rücken schoß. Der Schmerz hatte noch den Begleiter Übelkeit angelockt und Ilmryn entleerte seinen Mageninhalt geräuschvoll neben sich. Regungslos blieb er sitzen bis sich sein Magen wieder einigermaßen beruhigt hatte. Erneut wagte der Elf seine Augen zu öffnen und das helle Licht war nun weniger schmerzhaft in den Augen. Es dauerte eine Weile bis seine Augen aufgehört hatten zu tränen und er sehen konnte. Fast wie ein kleines Kind betrachtete er die Welt um sich herum. In seinen ganzen hundertzwanzig Lebensjahren hatte er nie die Oberfläche bei Tageslicht gesehen. Die Farbenvielfalt und die vielen verschiedenen Geräusche waren unbeschreiblich. „Ich bin also noch am Leben...“ murmelte er. Wackelig stand er auf und erneute Übelkeit wallte auf. Beherrscht unterdrückte er das flaue Gefühl und wankend ging er ein paar Schritte auf eine der großen Eichen in seiner Nähe zu. Sein Rücken brannte entsetzlich. Ilmryn hoffte die Wunden würden sich nicht entzünden, den dies wäre wahrscheinlich sein Tod. Und er wollte nicht am Wundfieber sterben, nicht jetzt nach dem er eine Chance auf ein neues Leben hatte. „Sarúl, kannst du für mich Arganwurzel suchen?“ der kleine Drache nickte und schwirrte davon. Erschöpft schloß Ilmryn die Augen. Er mußte so schnell wie möglich zu Kräften kommen, damit er von hier verschwinden konnte. Das Unterreich war noch zu nah und wer weiß ob es sich die Königin nicht doch anders überlegte und ihm einen Exekutionstrupp hinterher schickte um sicher zu sein das der Elf auch wirklich starb. Das die Verbannung ihm ein neues, anderes Leben gewährte, kam dem Denken der Dunkelelfen nicht in den Sinn, für sie war ein Leben an der Oberfläche gleichbedeutend mit dem Tod. Und für einen schwer Verletzten standen die Überlebenschancen noch schlechter. Hoffentlich fand Sarúl eine der heilenden Wurzeln. „Hier ist die Wurzel.“ Schlaftrunken öffnete Ilmryn die Augen. Der Tag war schon weit voran geschritten. Ein mattes Lächeln erschien auf dem Gesicht des Elfen. „Danke.“ Er griff sich die frische dunkelbraune Wurzel, die der Drache ihm auf den Schoß geworfen hatte und biß ein Stück ab. Langsam kaute er auf dem Stück herum. „Ist das eklig...“ murmelte der Elf, biß aber gleich ein erneutes Stück der bitter schmeckenden Knolle ab. Mißmutig aß er die Wurzel auf. Langsam spürte er wie die Pflanze ihre Heilende Wirkung tat. Er fühlte sich deutlich kräftiger aber den brennenden Schmerz konnte es nicht lindern. Dagegen müßte er was anderes tun aber das konnte er erst wenn er aus dem Wirkungskreis der Dunkelelfen hinaus war. Ein frischer Wind kam auf und Ilmryn begann zu frösteln. Außer seiner Hose und Stiefel trug er nichts am Leib. Wie es schien hatte man ihn direkt nach dem Auspeitschen an die Oberfläche gebracht. Er brauchte dringend Kleidung und einen Unterschlupf. „Hörst du das?“ fragte Sarúl seinen Begleiter. Ilmryn horchte auf. Schwach konnte er das Getrappel von Pferdehufen hören, die in seine Richtung kamen. Vorsichtig stand Ilmryn auf und drückte sich dichter in den Schatten des Baumes. Es dauerte nicht lange und mehrere Reiter wurden sichtbar. Es schienen reiche Kaufleute oder sogar Adlige zu sein. Die Kleidung und die prächtigen Pferde zeugten zumindest von Reichtum. „Wir könnten die doch überfallen.“ „Bist du verrückt? Ich trage keine Waffe bei mir.“ Das er auch noch viel zu schwach war um sich mit fünf Menschen gleichzeitig anzulegen, erwähnte er nicht. Das verbot ihm sein Stolz, zu zugeben Schwach zu sein. Aber er würde Geld und zumindest einen Umhang brauchen um sich vor der nächtlichen Kälte zu schützen. Ein Pferd wäre auch nicht schlecht, es würde ihn schneller von hier fort bringen als er selbst zu laufen vermag. „Na und? Du hast doch mich!“ Ilmryn warf dem Drachen einen vernichteten Blick zu. Aber Moment, so dumm war das gar nicht. Er war in der Lage Illusionen zu erschaffen, somit könnte er aus dem winzigen Drachen einen riesigen Wyrm machen. Er lächelte hinterhältig. Jetzt da er nicht mehr seine Gaben zurückhalten mußte, konnte ein bisschen Übung nicht schaden. Ilmryn hatte es stets vermieden seine magischen Fähigkeiten zu Offenbaren. Um genau zu sein er mochte Magie nicht, der seltsame Geruch und Gefühl das er dabei hatte wenn er mehr als ein paar einfache Illusionen wirkte, waren ihm zuwider. „Na dann Sarúl, zeig mal was für ein furchteinflößender Drache in dir steckt.“ Und schubste den Drachen in Richtung der Reiter. Ilmryn begann sogleich die Magie zu wirken und der Winzling wuchs mir unglaublicher Geschwindigkeit zu einem riesigen Exemplar heran. Ein panischer Aufschrei ging durch die Reihen der Reiter als sie das Ungetüm so plötzlich vor sich auftauchen sahen. Hastiges ziehen der Waffen folgte und das nervöse stampfen der Pferde. Ilmryn konnte die Angst der Menschen riechen. Sarúl genoß seine Position und mit donnernder Stimme verlangte er alles Wertvolle von den Menschen einschließlich der edlen Kleidung. Die Feiglinge kamen der Aufforderung sogleich nach und warfen alles was sie an Schmuck, Gold und Waffen bei sich trugen von sich, bevor sie damit begannen ihre teuren Gewänder abzustreifen. Ängstlich und nur in Unterwäsche bekleidet traten sie dann die Flucht an und ritten so schnell wie ihre Pferde sie trugen in die Richtung zurück aus der sie gekommen waren. Kaum waren die Reiter aus dem Sichtfeld verschwunden, ließ Ilmryn den Zauber fallen. Erschöpft lehnte er sich gegen die raue Rinde der Eiche. Der Zauber war anstrengender gewesen als er gedacht hatte. Seufzend raffte er sich auf und mit wankenden Schritten gesellte er sich zu seinem kleinen treuen Begleiter und die gemeinsame Beute. „Das war ja einfach.“ Zufrieden musterte Sarúl das Diebesgut. „Das wird uns eine Weile über Wasser halten.“ Verspielt drehte der kleine Drache einen Ring zwischen seinen Krallen. „Das glänzt so schön...“ „Nichts da, der wird verkauft.“ Enttäuscht ließ der Drache den Ring sinken „Och....schade.“ widerwillig gab er den goldenen Ring dem Dunkelelfen, der dabei war den Schmuck und die Geldkatzen einzusammeln. Stolz auf den Überfall war er nicht gerade aber es blieb ihm nichts besseres übrig bis er vollständig genesen war und selbst zu Gold kommen konnte. Die erbeutete Kleidung besah Ilmryn skeptisch. Sie waren überaus bunt und reich mit Brokat und Metallfäden verziert. Er hob eine der Tuniken hoch. „Da sieht man ja wie ein Narr drin aus....“ Er entschied sich für eine dunkelblaue Tunika, sie war nicht ganz so verschwenderisch bestickt und bis auf die albernen Pluderärmel sah sie ganz passabel aus. Dazu wählte er einen schwarzen Umhang aus Brokat. Stirnrunzelnd sah er an sich hinunter, für seinen Geschmack sah er viel zu albern aus aber es bleib ihm nichts anderes übrig wenn er nicht erfrieren wollte. Von den Waffen griff sich Ilmryn einen schlanken Dolch und eines der reich verzierten Langschwerter. Den Dolch steckte er sich in den Stiefel doch zu seiner Überraschung fand er dort seinen eigenen. Verwundert sah er die Klinge an. Er war sich sicher gewesen, sie wäre ihm abgenommen worden. Wie es aussah mußten die Wächter sie übersehen haben. Fast liebevoll strich er über das schwarze mit feinen Runen gravierte Klingenblatt. „Schattenklinge...“ murmelte er leise. Den schlanken Dolch hatte er am Ende seiner Ausbildung von seinem Lehrmeister erhalten. Als Lohn für seine hervorragenden Einsätze zur Sicherung der Tunnel die sich weit um die Stadt herum erstreckten. In der Tat hatte der junge Elf einige Monster getötet die sich zu nahe an die Behausung der Dunkelelfen heran gewagt hatten. Aber nicht nur die üblichen Monster auch einige zu neugierige Abenteurer oder Zwerge waren unter seinen Klingen gefallen. Mit einer Mischung aus Abscheu wegen welchen Taten er sie erhalten hatte und froh darüber die wertvolle Waffe noch zu besitzen faßte er einen Entschluss. Er war nun nicht mehr dem Regime der Dunkelelfen unterworfen, endlich konnte er das sein was er sein wollte, ohne die ewigen Intrigen und Ränkespiele. Diese Chance wollte er nutzen um endlich seinen Platz in der Welt zu finden. „Für mich beginnt heute ein neues Leben. Ab heute bin ich Schattenklinge und nicht mehr der Dunkelelf Ilmryn Xilystin.“ saget er leise zu sich selbst. Er stand auf und ließ den erbeuteten Dolch auf den Boden fallen. Seinen Dolch steckte er wieder zurück an seinen gewohnten Platz. Nachdenklich sah er auf seine Hände, mit seiner schwarzblauen Haut konnte er sich nicht in die Menschenstädte wagen. Sie würden ihn sofort töten. Er sah zu wie sein Illusionszauber seine Haut rosig färbte und seine kurzen blauweißen Haare eine schwarze Färbung annahmen. Es war kein anstrengender Zauber und es sollte ihm Möglich sein diese Tarnung aufrecht zu erhalten wenn er sich unter den Bewohnern der Oberfläche frei bewegen wollte. Mit feuchten Augen strahlte Sarúl den Elfen an „Ich bin ja so stolz auf dich.“ Gerührt über die Worte seines elfischen Begleiters setzte er sich auf dessen Schulter und legte eine seiner Tatzen auf seine Wange. Genervt rollte Schattenklinge mit den Augen „Hör auf mich so anzusehen, das ist wirklich widerlich.“ Sarúl sah ihn an als ob er gleich losheulen würde. „Fang jetzt bloß nicht an zu heulen.“ Zu spät. Der kleine Drache schluchzte was das Zeug hielt. Hosted by Animexx e.V. 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