Spiel mit mir von Umi (Brüderlein, komm und sei so nett...) ================================================================================ Kapitel 6: Normal ----------------- "Nii-san, warum haben die beiden Jungs eben über dich gelacht?" Der Ältere rang sich zu einem Lächeln durch. "Ach, die sind einfach nur dumm. Das ist alles." "Was hat Dummheit mit Lachen zu tun?" "Das ist so..." Nachdenklich fuhr Taro sich durch das rabenschwarze Haar und schnalzte mit der Zunge. "Wenn jemand nicht allzu hell ist, dann lacht er oft und gerne über die Dinge, die er nicht versteht. Damit niemand merkt, wie dumm er eigentlich ist." Mit kraus gezogener Stirn kickte der Kleinere einen Kieselstein weg. "Das ist wirklich blöd. Kann man solchen Leuten denn nicht einfach die Sachen beibringen, die sie nicht verstehen?" Kopfschütteln. "Meistens nicht. Weißt du, es ist nicht immer ganz klar, ob die Menschen mehr Angst vor den Dingen haben, die sie nicht begreifen können oder vor dem Begreifen selbst. Traurig, aber wahr." Auch wenn Seto nicht ganz verstand, was sein Bruder damit meinte, nickte er mit möglichst tiefgründiger Miene und seufzte. "Was genau fanden die beiden Jungs denn so schwer zu begreifen?" "Ich denke, das erzähl ich dir andermal. Ich weiß nicht, ob du das schon versteh-" "Ich bin doch nicht doof!" Schmollend verschränkte der Jüngere die Arme und beschleunigte sein Schritttempo. "So war das nicht gemeint. Es tut mir leid. Komm schon, bleib stehen!" "Nö. Kann dir doch egal sein, wie schnell dein dummer kleiner Bruder läuft." "Kenji! Ich-... Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?" Schon machte der Braunhaarige eine Kehrtwendung und heftete sich mit neugierigem Glänzen in den Augen an den Ärmel seines Nii-sans. "Ich schweige wie ein Grab!" Seufzend verdrehte Taro die Augen und ging in die Hocke. "Also... die Jungs vorhin... die haben gelacht, weil sie erfahren haben, dass ich... dass ich jemanden sehr sehr gern hab. Jemanden aus unserer Klasse." "Also bist du verliebt? So wie die Leute in den Filmen, die Oka-san so gerne schaut?" Ein leichter Rotschimmer breitete sich auf den Wangen des Älteren aus und er nickte. Die Augen seines Bruders weiteten sich bis auf die Größe von Untertassen. "Echt jetzt? Und deshalb lachen die? Ist das denn was Schlimmes? Oder haben die noch nie Fernsehen geschaut und kennen das deshalb nicht?" "Doch die kennen das. Die haben gelacht, weil sie nicht verstehen, warum... vielleicht sollte Oka-san dir das besser erklären, ich-" "Nii-san!" "Ich mag einen Jungen." Kurze Stille, dann ein verwirrtes Blinzeln. "Geht so was denn?" "Natürlich geht das. Das ist genauso normal, wie Gefühle zwischen Junge und Mädchen." "Glaub ich dir nicht. In meiner Klasse gehen keine Jungs miteinander. Toshi geht mit Mimi und die dumme Keiko will unbedingt mit Motoki gehen. In den anderen Klassen bei uns sind auch nur solche Pärchen." "Na, in deinem Alter... das ist was anderes. Aber es ist trotzdem ganz normal, wenn sich Jungs ineinander verlieben. Es kommt eben nur nicht ganz so oft vor." "Wenn du meinst... und deshalb haben die gelacht? Weil das nicht so oft vorkommt? Warum hast du ihnen das denn erzählt, wenn du weißt, dass sie dumm sind?" Taro erlaubte sich ein erneutes Seufzen. "Ich hab ihnen das nicht erzählt. Der Junge, den ich mag... der hat es ihnen erzählt. Wir sind eigentlich gute Freunde, aber seit er weiß, dass ich... dass ich Jungs lieber mag als Mädchen, redet er nicht mehr mit mir, sondern hängt lieber mit diesen dummen Kerlen rum." Nachdenkliches Nicken. "Und deshalb ist das ein Geheimnis, damit nicht noch andere aufhören, mit dir zu reden. Oder?" "Ja, so in etwa..." Für einen kurzen Augenblick herrschte Schweigen, dann breitete sich ein breites Grinsen auf Setos Lippen aus. "Okay! Von mir erfährt keiner was." Mit einem leichten Lächeln erhob der Ältere sich wieder und fuhr seinem Ototo durch das braune Haar. "Danke." "Weißt du, Nii-san, der Junge, den du magst... der ist doof, wenn der dich wegen so was nicht mehr leiden kann." "Meinst du?" "Meine ich." In dem Glauben, das Thema damit mehr oder minder erfolgreich hinter sich gebracht zu haben, setzte Taro sich wieder in Bewegung. Sein kleiner Bruder folgte ihm bedächtig. "Du, Niisan?" "Hm?" "Babies kannst du mit dem Jungen aber nicht machen, oder? Oka-san hat mir nämlich erzählt, dass zwei Menschen, wenn sie sich ganz doll lieb haben... Hey! Nii-san! Renn doch nicht so!" "Bitte, Mokuba-sama, Sie sollten jetzt wirklich gehen. Ihr Bruder hat Ihnen doch verboten, hereinzukommen." "Das hat er nicht so gemeint. Außerdem kümmer ich mich doch immer um ihn, wenn er mal krank ist und er ist so selten zuhause..." "Mokuba-sama, ich-" "Hey, er wacht auf!" Mit einem tapferen Strahlen krabbelte der junge Kaiba auf das Bett. "Guten Morgen, Nii-sama. Hab ich dich geweckt? Wie geht's dir heute?" Leise murrend setzte der Braunhaarige sich auf. "Warte, ich geb dir deine Medizin." Kurzes Räuspern. "Isono, die Medizin!" "Einen Moment mal." Leicht glasige, aber dadurch nicht minder finster dreinschauende blaue Augen richteten sich auf den Personal Assistant, der bereits ahnte, was nun folgte und deshalb schon einmal seinen Kragen lüftete. "Hatte ich nicht angeordnet, dass mein Bruder draußen bleibt?" "Verzeihen Sie, Seto-sama, ich war nur kurz weg und als ich wiederkam-" "Sei still! Keine Ausreden!" Der junge Firmenchef wandte sich Mokuba zu. "Geh raus." "Nein. Ich bleibe hier und geb dir jetzt deine Medizin. Wie sonst auch." "Ich sagte: Geh raus. Ich meine es ernst." "Ach, Nii-sama, komm schon. Hab dich nicht-" "RAUS!" "Aber... Nii-sama..." "Halt den Mund!" Der Kleinere zuckte erschrocken zusammen. "Ich kann dieses dämliche Nii-sama nicht mehr hören. Nii-sama hier, Nii-sama da, ich hab genug davon! Und glotz mich gefälligst nicht so dämlich an! Ich will einfach bloß meine Ruhe, ist das denn so schwer zu verstehen?" Stille. Nach wie vor unfähig, sich zu rühren, starrte Mokuba seinen großen Bruder an und versuchte herauszufinden, was er falsch gemacht hatte. Schließlich erbarmte Isono sich seiner, legte ihm die Hand auf die Schulter und führte ihn mit einem sanften "Mokuba-sama, Ihr Bruder ist krank und braucht viel Ruhe. Sie sollten ihn jetzt besser allein lassen" nach draußen, wo er ihm anschließend klar zu machen versuchte, dass der Braunhaarige seine Worte nicht so gemeint hatte und sie ihm sicher schon wieder leid täten. Das eingeschüchterte "Sicher?" des Jungen bohrte sich wie eine Glasscherbe in das Herz seines großen Bruders - zumal er sich selbst nicht einmal so sicher war, ob er seine Worte wirklich bereute. Er war sich in gar nichts mehr sicher. Lautlos seufzend fuhr er sich über die heiße Stirn und betrachtete anschließend mit leerem Blick den Schweiß, der an seiner Hand klebte. Machte ihn das Fieber so schwach? Fiel das Denken allein deshalb so schwer? Von plötzlicher Übelkeit gepackt schnellte der junge Firmenchef auf die Beine und schaffte es gerade noch so ins angrenzende Bad. Nachdem er die Hühnerbrühe, zu der Isono ihn vor nicht einmal einer halben Stunde genötigt hatte, wieder losgeworden war, wollte er nur noch zurück ins Bett, kam aber nicht weiter als bis zum Türrahmen, an dem er sich mit aller Kraft festklammerte, als seine Beine ihm wieder einmal den Dienst versagen wollten. Alles schien plötzlich furchtbar weit weg. Seine eigenen rauen Hände, die sich verzweifelt am teuren Mahagoniholz festkrallten. Seine Füße, die irgendwo in endloser Ferne unter ihm auf sich scheinbar bewegendem Untergrund standen. Von dem Bett, das in einer völlig anderen Welt zu stehen schien, ganz zu schweigen. Am meisten jedoch verunsicherte Kaiba seine eigene Hilflosigkeit. Halb blind von einer langsam nahenden Ohnmacht, tastete er sich zum Waschbecken zurück und wusch sich das Gesicht, trank ein paar Schlucke aus dem Hahn und legte sich dann widerwillig auf den Boden, die Beine auf den Rand der Dusche gelagert. Wäre doch gelacht, wenn er es nicht mal in sein eigenes Bett zurück schaffen sollte... Woher kam dieses Fieber überhaupt? Von dem bisschen Frühlingsregen, den er abgekriegt hatte? Angeblich konnte auch ein Schock solche Zustände hervorrufen, aber er hatte doch keinen erlitten... Oder? Über die Möglichkeit einer psychosomatischen Ursache wollte er erst gar nicht groß nachdenken. Kaum, dass der Schwindel nachgelassen hatte, erhob der Braunhaarige sich wieder und wagte einen zweiten Anlauf. Diesmal schaffte er es. Na also. Er kam auch ganz gut alleine zurecht. Immerhin etwas. Mehr oder minder zufrieden kroch der junge Firmenchef unter seine Decke zurück und wollte seelenruhig nach seinem Laptop greifen... als er feststellen musste, dass dieser nicht mehr an seinem Platz war, sondern nun auf dem Schreibtisch lag. Und der war verdammt weit weg. Ebenso Isono, der ruhig und mit verschränkten Armen an ihm lehnte und, wusste der Teufel wohin, schaute - viel konnte man durch die dunklen Brillengläser jedenfalls nicht erkennen, auch wenn Kaiba sich ziemlich sicher war, dass sein PA zumindest die erbärmliche Aktion mit der "selbstständigen Fortbewegung" beobachtet hatte. Er spürte, wie sein Gesicht vor Scham noch stärker zu glühen begann als ohnehin schon. Was, wenn Isono jetzt wieder mit dieser absolut indiskutablen Idee ankam, einen Arzt hinzu zu ziehen? "Stört es Sie, wenn ich rauche?" Überrumpelt von dieser unerwarteten Frage schüttelte der junge Firmenchef den Kopf und beobachtete seinen Persönlichen Assistenten, der plötzlich aus der Innentasche seines Sakkos eine Packung Zigaretten hervorzog, deren Inhalt um eine erleichterte und sich diese zwischen die Lippen klemmte, bevor er das Päckchen wieder verschwinden ließ und statt dessen auf einmal ein billiges Einweg-Feuerzeug in der Hand hielt. "Seit wann rauchst du?" "Seit gestern." Eigentlich hasste Kaiba den Gestank von Zigarettenrauch - zum einen wegen des Geruchs selbst, zum anderen weil Nikotin abhängig machte und Abhängigkeit Kontrollverlust bedeutete - aber als er daran dachte, dass sicher niemand jemanden küssen wollte, der nach Tabak roch, legte er unwillkürlich den Kopf schief und deutete mit einem schwachen Nicken auf die nun glühende Zigarette. "Krieg ich auch einen Zug?" Sofort hielt Isono in seiner letzten Bewegung inne, verharrte einen kurzen Moment und drückte dann entschlossen seinen Glimmstängel aus - auf dem zugeklappten Laptop seines Chefs. "Was soll das?" "Was soll was?" "Sie essen nichts mehr, schreien ihren Bruder grundlos an und wollen jetzt auch noch eine rauchen... Was zum Henker soll das? Soll ich Ihnen vielleicht noch eine Flasche Scotch bringen?" "Du vergisst schon wieder, wen du vor dir hast!" Die Lippen des Älteren verzogen sich zu einer schiefen Grimasse. Ein abschätziges Aufkeuchen war zu hören. "Soll ich ehrlich sein? Ich weiß schon längst nicht mehr, wen ich da eigentlich vor mir habe. Mit dem Seto Kaiba, für den ich eigentlich arbeite, hat diese Person jedenfalls nicht viel zu tun. Ich komme mir langsam vor wie im Kindergarten." Ein kurzes Beben durchfuhr die zu Fäusten geballten Hände, ehe eine von ihnen mit einem dumpfen Geräusch auf die Bettdecke schlug. "Sei still! Was verstehst du schon?" "Nichts. Ich gebe es ganz offen zu, Seto-sama, ich verstehe gar nichts mehr. Was Ihnen da passiert ist, ist schlimm, keine Frage. Aber es ist kein Grund, in irgendeine selbstzerstörerische Phase abzudriften. Aber genau das tun Sie. Was erhoffen Sie sich davon?" "Ruhe. Mehr nicht. Ich will verdammt noch mal einfach bloß meine RUHE!" "Hören Sie gefälligst auf, mich anzuschreien!" Der Jüngere zuckte unmerklich zusammen, während sein PA sich leise seufzend die Schläfen massierte und um seine Fassung rang. Schließlich hatte er sich wieder etwas beruhigt und näherte sich dem großen Bett; beugte sich zu seinem Chef herunter und stützte sich dabei auf der Matratze ab. "Sie mögen Recht haben. Ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, was Sie durchmachen mussten oder wie es gerade in Ihnen aussieht. Und ich bin auch kein Psychologe, aber indem sie sich selbst bemitleiden und zugrunde richten, werden Sie die Sache nicht besser machen. Der Täter-" Der Jüngere schnellte nach vorn, bis sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von dem seines Persönlichen Assistenten entfernt war, und funkelte diesen wütend an. "Er ist kein Täter!" Nun war es an Isono, erschrocken zurückzuweichen. "Wärst du pünktlich gewesen, wäre es doch gar nicht erst passiert!" Es dauerte einige Sekunden, bevor der PA sich wieder soweit gefangen hatte, um etwas erwidern zu können. "Sie... Sie geben mir die Schuld?!" Stille. Dann: "Raus..." "Sie geben tatsächlich-" "RAUS, HAB ICH GESAGT!" Zähneknirschend richtete der Ältere sich auf und wandte sich zum Gehen. Seine Stimme troff nur so vor Sarkasmus "Wie Sie wünschen... Seto-sama." "Und komm mir ja nicht wieder unter die Augen! Du bist gefeuert!" Ohne auf diese Kündigung einzugehen, ließ Isono die Tür ins Schloss fallen und verschwand. Kaum, dass seine Schritte im Flur verklungen waren, ließ Kaiba sich leise stöhnend in die Kissen zurück sinken und starrte mit leerem Blick die Zimmerdecke an. Hatte er einen Fehler gemacht? Nein. Er hatte es nicht nötig, sich von irgendjemandem Vorwürfe machen zu lassen, auch nicht von ihm. Letzten Endes war es sowieso seine eigene Schuld, dass es zu dieser... zu diesem Vorfall vor zwei Tagen gekommen war. Warum musste er auch so schön sein, dass Taro sich nicht mehr beherrschen konnte? Wieso wehrte er sich nicht, wurde unter den Berührungen seines Bruders regelrecht bewegungsunfähig? Und das, wo er sich eigentlich ziemlich sicher war, dass er diese Dinge nicht wollte... Aber wenn Taro wirklich von ihm abgelassen hätte, bevor es vorbei war... würde es ihm dann besser gehen? Müde schob der Braunhaarige diese schwierigen Fragen beiseite und schloss die Augen. Hauptsache, er war endlich allein... Diese Kündigung war notwendig gewesen, definitiv. Genauso wie das Verhalten seinem kleinen Bruder gegenüber. Er konnte Isonos traurigen Blick einfach nicht mehr ertragen. Wollte Mokubas Fragen nicht mehr hören. Wollte nur noch seine Ruhe. Und die hatte er ja nun. Seinem unruhig hämmernden Herzen, dessen Schlagen jeden Tag mehr an das Wimmern eines kleinen Kindes erinnerte, schenkte Kaiba schon längst keine Beachtung mehr. Es hatte ihn bereits zu oft verraten. Hatte ihm vorgegaukelt, es wüsste etwas über Liebe. Es wäre stark. Unzerbrechlich. Und doch bebte es jedes Mal ängstlich, wenn besagte Liebe ihm zu nahe kam. Verschanzte sich hinter einer eisigen Wand. Nur zerbrechen, das konnte es wirklich nicht. Dazu lag es bereits zu lang in Scherben... Nichts, woran der junge Firmenchef sich nicht schon längst gewöhnt hatte. Und erst recht kein Grund, sich weiter so gehen zu lassen. Schließlich hatte er Isono nicht rausgeschmissen, um sich anschließend doch an seine Bitte, sich auszuruhen, zu halten. Nein, er würde am Montag ganz normal zur Schule gehen. Als wäre nichts passiert. Er brauchte nur viel Wasser zu trinken und ein paar Kopfschmerztabletten zu nehmen, dann konnte ihm auch sein Kreislauf keinen Strich durch die Rechnung mehr machen. Niemand konnte das. ________________________________________________________________ Denn Seto Kaiba war der größte, schönste, stärkste, tollste Saiyajinprinz-... ach Mist, falscher Anime XD Er hat Roland gefeuert! T_T' Das Schwein! *hmpf* Wir alle ahnen, welches Superklischee als nächstes kommt, ne? »Nein, er würde am Montag ganz normal zur Schule gehen.« --> Der Klassiker! XDD Bis denne, die Umi ^^V Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)