Snowdrops and Chocolate von Petey (Die Fortsetzung des gleichnamigen Doujinshi) ================================================================================ Kapitel 11: Partner und Verbündete ---------------------------------- Partner und Verbündete Zwei Tage waren vergangen seit Kei sich Yuki gegenüber zu einem entschiedenen „Vielleicht“ durchgerungen hatte. Seitdem hatte es Phasen gegeben, in denen Kei zu seiner Aussage stand, ebenso aber auch Phasen, in denen er sich dafür selbst hätte ohrfeigen können. Es gab Phasen, in denen er es am liebsten sofort auf einen Versuch hätte ankommen lassen. Erst gestern im Fairy Tales Park, als Yuki ihn am Ende ihrer Schicht am Süßigkeitenstand abgeholt hatte, diesmal als Feenprinz mit schimmernden Flügeln, silbernem Gewand, das mit filigranen Blütenranken bestickt war, und sanft über die Schultern fallenden weißen Strähnen, dazu das süßeste Lächeln der Welt. Das tägliche Feuerwerk vor dem Ende des Tags im Park war schon fast vorbei gewesen, die letzten Raketen hatten sich bunt in den silbernen Knöpfen auf Yukis Hemd gespiegelt. Yuki hatte in diesem Moment so verflucht gut ausgesehen und Kei so herzlich begrüßt, dass der fast schon schwach geworden wäre. Andererseits gab es aber genauso viele Phasen, in denen Kei sich mehr als Freundschaft mit Yuki in tausend Jahren, und selbst wenn sie die letzten Menschen auf der Welt wären, nicht vorstellen konnte. In einer dieser Phasen befand sich Kei im Moment, als er mit Robin spazieren ging. Dabei hatte eigentlich alles mit einer Phase des ersten Typs angefangen. Es war Sonntagnachmittag. Nach dem Essen hatte Yuki Kei eine Lehrstunde in Sachen „Zalei“ verpasst. Es war der letzte Tag im Juli und damit Zeit für den monatlichen Bericht an den Rat. Bei dieser Gelegenheit ging Yuki gerne alle Punkte durch, die sie schon behandelt hatten oder holte nach was vergessen wurde. Lehrer und Schüler hatten auf der Terrasse gesessen und bei Eiskaffee ihren Unterricht gehalten. In Keis Kopf hatte noch das Bild vom Feenprinzen-Yuki von gestern herumgeschwirrt. Und er hatte gefunden, dass Yuki auch heute nicht viel uncharmanter war. Sein Blick hatte auf Yukis Lippen gehaftet, die irgendwas über Schamanismus und Geschichte von Zalei erzählt hatten, was Kei aus purer Langweile nur in groben Zügen erfasst hatte. Als Kei später zu seinem Spaziergang mit Robin aufgebrochen war, bei dem er sich in diesem Moment noch befand, dachte er zuerst auch noch an diese Lippen. Diese schön geschwungenen Lippen, die sich zartrosa von Yukis blasser Haut abhoben. Ganz unwillkürlich erinnerte sich Kei an ihren Kuss damals im Garten. Weich waren diese Lippen, weich, warm und sanft. Wenn Kei ehrlich war, hatte ihm der Kuss durchaus gefallen. Wenn da also doch mehr wäre als nur Freundschaft, wenn es nicht bei einem unschuldigen Kuss geblieben wäre... Was, wenn Yukis Hand nicht nur seinen Nacken festgehalten hätte, damit Kei sich nicht aus ihrem Kuss davonstehlen konnte, wenn sie seinen Nacken, den Rücken hinunter geglitten wäre… Oder wenn Keis Hände nicht leblos vor Schreck neben seinem Körper gehangen hätten… „Nein!“ schrie alles in Kei auf, als er den Gedanken zu Ende führte. „Mehr als Freundschaft“ bedeutete auch „mehr als nur ein Kuss“, aber das konnte und wollte sich Kei absolut nicht vorstellen. Selbst wenn er noch einräumen konnte, Yuki vielleicht doch sehr gern zu haben, sehnte er sich doch auf keinen Fall nach mehr körperlicher Nähe. Der bloße Gedanke trieb ihm schon die Gänsehaut auf die Unterarme. Etwa seit zwanzig Minuten waren Kei und Robin unterwegs. Zeit die unbemerkt verflogen war, während Kei seinen Gedanken nachgehangen hatte. Nach einer Tour durch einige verwinkelte Straßen und Gassen setzten sie ihren Spaziergang nun entlang der Landstraße fort. Robin lief so weit voraus wie es die Leine erlaubte. Gerne wollte er sogar noch weiter, weshalb er nicht nur mit aller Kraft zog und zerrte, sondern sich auch gelegentlich umdrehte und verärgert in die Leine biss. Er riss Kei unvermittelt aus seinen Gedanken, als ein erneuter kräftiger Biss schließlich die Leine durchtrennte. Robin riss sich los, nutzte seine Chance und rannte davon. Alles Rufen und Fluchen von Kei konnte ihn nicht zurückhalten. Und obwohl Kei fast augenblicklich losgesprintet war, konnte er den flinken Fuchs natürlich nicht einholen. Robin hatte bestimmt schon fünfzig Meter zwischen sie gebracht, als er den Fußweg verließ und zwischen den daneben parkenden Autos verschwand. „Bleib weg von der Straße!“ schrie Kei ebenso verzweifelt wie vergeblich, während er den Abstand zu seinem Carn rennend etwas verkleinerte. Umsonst, denn nur einen Augenblick später tauchte Robin auf der anderen Seite des parkenden Autos wieder auf, unter dem er verschwunden war. Dabei hatte er großes Glück. Das zunächst letzte Auto war nur wenige Sekunden vorher an der Stelle vorbeigerast. Die nachfolgenden Fahrzeuge wurden gerade von einer roten Ampel etwa zweihundert Meter hinter Kei aufgehalten. Doch zum Aufatmen war das kein Grund. Sobald die Ampel umschalten würde, würden die Autos mit fünfzig km/h auf den Fuchs zurasen. Und der hatte in aller Seelenruhe sogar schon die rechte der beiden Fahrspuren überquert. Er saß nun mitten auf der linken Spur und schnupperte neugierig am Asphalt, während Kei ihn unermüdlich rief. „Robin! Komm her! Du kriegst auch ein Riesensteak! Robin!“ Alle Leckerbissen dieser Welt versprach er Robin, wenn dieser nur von der Straße wegkommen würde. Doch der Fuchs ließ sich vom Geschrei seines Zalei überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. Noch immer war Kei bestimmt gute zehn Meter von Robin entfernt, als die Motoren hinter ihm aufheulten. „Oh nein!“ war alles, an das Kei noch denken konnte. Die Ampel ließ eine Lawine von Kraftfahrzeugen frei. Natürlich konnte keiner der Fahrer den kleinen Fuchs über zweihundert Meter vor sich sehen. Natürlich beschleunigten alle bis zur maximal erlaubten Geschwindigkeit. Und natürlich würde keiner von ihnen den Fuchs rechtzeitig sehen, um bremsen oder ausweichen zu können. Kei starb tausend Tode. In Gedanken sah er schon das Ende seines Fuchses. Ein paar Tränen der Verzweiflung sammelten sich in seinem Augenwinkel. Diese ließen das Bild von Robin, der sich nun ganz erstaunt von den lauten Geräuschen langsam umdrehte, leicht verschwimmen. Robin war vor Schreck erstarrt. Leicht geduckt, mit zurückgelegten Ohren und gesträubtem Fell war er auf der Straße wie versteinert. „Robin, du blödes Miestvieh!“ verfluchte Kei seinen Carn in Gedanken ebenso wie sich selbst „Wir sind doch Partner! Wie soll ich denn ohne dich...?!“ Plötzlich war Kei wie paralysiert. Als hätte ihn ein Blitz getroffen. Ganz unvermittelt und ohne Grund fiel er im Lauf vorn über. Sein Knie schlug auf das Straßenpflaster, kurz darauf fingen seine Hände den Sturz ein wenig ab, bevor auch sein Kopf den Boden traf. Völlig regungslos und ohne Bewusstsein blieb Kei liegen wie er gefallen war. Im selben Moment brausten die Autos auch schon an der Stelle vorbei. Keines von ihnen verringerte seine Geschwindigkeit nennenswert. Der erste Fahrer auf der linken Spur ging wohl kurz vom Gaspedal, hupte laut und lang. Aber bremsten konnte und wollte er nicht für den Fuchs. Ein Glück, dass der im allerletzten Moment aus seiner Starre erwacht war. Gerade noch rechtzeitig war er auf den schmalen Grünstreifen zwischen den Fahrbahnen gehechtet. Die ganze Grünphase und damit bis zum Ende der Lawine verharrte Robin ängstlich, aber still auf dem Grünstreifen in der Mitte der Straße. Noch stiller war Kei. Sogar als Robin hinter dem letzten Auto die Straße überquerte, blieb sein Zalei bewusstlos auf dem Gehsteig liegen. Erst als Robin erneut unter ein parkendes Auto geschlüpft und damit vorerst in Sicherheit war, kehrte in Kei das Leben zurück. Er rang nach Luft, sei es wegen seinem Sprint oder der Aufregung. Kei schnappte nach Luft als sei er dem Erstickungstod nah. Sein Herz raste wie verrückt. Mit geschlossenen Lidern blieb er liegen, schwer atmend und zitternd am ganzen Körper. Erst nach einigen Augenblicken, normalisierte sich langsam sein Puls und er wagte es, sich zu bewegen. Jetzt fühlte er auch erst pochend den Schmerz auf seiner Wange, seinen Handballen und dem Knie. Mit zitternden Armen stützte sich Kei vom Boden ab und setzte sich auf. Der Schreck saß ihm noch immer in allen Gliedern. Einen kurzen Blick warf er zu den parkenden Autos, unter denen Robin sein musste. Offenbar hatte sich der Fuchs ängstlich verkrochen, denn Kei konnte ihn nicht sehen, nicht einmal das Funkeln seiner Augen in der Dunkelheit unter den Wägen. „Hast du ein Glück, dass ich wenigstens den Körpertausch schon kann.“ Dachte er bei sich. Dann besah Kei seine Hände. Schürfwunden, die fast so groß waren wie Keis Handflächen, zeugten davon wie diese seinen Sturz abgefangen hatten. Sie brannten wie Feuer, vor allem als Kei mit einem Taschentuch versuchte, seine Hände vom gröbsten Straßendreck und Blutspuren zu befreien. Dann prüfte Kei mit den Fingerspitzen die Wunde auf seiner Wange. Anscheinend ebenfalls eine Schürfwunde, doch weit weniger blutend als die auf seinen Händen. Das Knie musste er sich wohl aufgeschlagen haben. Obwohl die Jeans unversehrt war, zeichnete sich ein deutlicher Blutfleck auf ihr ab. Aber darüber hinaus hatte Kei den Sturz heil überstanden. Er atmete laut aus. Der Spaziergang war damit beendet. Sobald er Robin eingefangen hatte, würde er nach Hause gehen, sich verarzten und den restlichen Nachmittag auf der Couch verbringen. Kei stand auf, indem er sich mit der Faust auf dem Knie abstützte. Noch immer hatte Kei nicht die volle Kontrolle über seinen Körper zurückerlangt. Seine Glieder zitterten immer noch ein wenig und seine Knie schienen ganz weich. Bevor er sich mit unsicheren Schritten in Robins Richtung in Bewegung setzte, klopfte er sich den Dreck von der Kleidung. Zu seiner Überraschung musste Kei nur einen Schritt auf Robin zu machen. Der Fuchs sah nun mit großen Augen zwischen zwei parkenden Autos hindurch zu ihm herüber. Er schien wie Kei noch immer vor Schreck zu zittern. Einen Moment verharrte Kei. Er starrte Robin an, Robin starrte ihn an. Für einen Augenblick hielten beide Blickkontakt, wagten aber keine Regung. Dann ging Kei langsam in die Knie, streckte Die Hand aus. „Komm her, Robin!“ Und Robin kam. Tatsächlich. Mit dem ersten Schritt gab er zögerlich den Schutz der parkenden Autos auf, ließ diese schließlich hinter sich und eilte in großen Sprüngen zu seinem Zalei. Kei empfing ihn mit offenen Armen. Er lobte Robin wortreich und streichelte über sein seidiges Fell. Jetzt fühlte er wie tief der Schreck bei Robin tatsächlich saß. Der kleine Fuchs zitterte auch jetzt noch wie Espenlaub. Nachdem die Leine ihr tragisches Ende gefunden hatte, musste Robin wohl oder übel auf dem Arm zurück nach Hause. Er hasste es sonst, herumgetragen zu werden wie ein Schoßhündchen. Ein stolzer Fuchs wie Robin wollte auf seinen eigenen Pfoten stehen und seinen eigenen Weg gehen. Diesmal ließ er sich den Transport aber anfangs sogar gefallen. Kei trug ihn auf dem linken Arm liegend, mit der linken Hand hielt er unauffällig das Halsband fest. Mit der rechten Hand streichelte er immer wieder beruhigend über Robins Kopf und Rücken. Langsam ließ so das Zittern nach und der alte Robin erwachte wieder. Und so wollte Robin nach ein paarhundert Metern wieder selbst laufen. Er zappelte herum und wollte sich aus Keis Griff befreien. Kei blieb stehen. „Das geht nicht. Die Leine ist hinüber. Und ein solches Abenteuer reicht mir.“ Doch Robin gab nicht auf. Er wandte sich hin und her und versuchte, sein Halsband von Keis Hand zu befreien. „Hör auf damit! Du kannst jetzt nicht frei laufen.“ Nun verstärkte Robin seine Anstrengungen. Dabei strampelte er mit den Hinterbeinen und traf unglücklich Keis Handfläche, auf der sich sofort die Wunden mit neuem Schmerz meldeten. „Autsch!“ kniff Kei die Augen zusammen. Er blieb stehen. „Na schön. Dann mach doch was du willst!“ Er setzte den Fuchs langsam neben sich auf den Boden. Abwartend sah Kei ihn an. Er wartete förmlich darauf, dass Robin davon sprang. Doch er wartete umsonst. Robin blieb einfach neben ihm stehen. Der Fuchs sah nach links, und nach rechts, schnupperte ein bisschen am Boden, aber lief nicht weg. Als Kei seinen Weg immer noch nicht fortgesetzt hatte, geschah nun das Wunder. Robin drehte sich zu seinem Zalei um, er warf Kei einen prüfenden Blick zu. Und als er feststellte, dass sein Zalei immer noch stehen blieb, setzte sich Robin einfach hin. „Was? Was geht denn jetzt ab?“ Kei war fassungslos. Sein Robin, dieses wilde Raubtier, mit dem er in den letzten Wochen und Monaten nur Ärger gehabt hatte, saß gerade bei Fuß neben ihm. Ganz ohne Leine und Kommando. „Ist das eine neue Taktik? Oder willst du dich jetzt ernsthaft mit mir vertragen?“ fragte Kei skeptisch. Was es auch war, Robin spielte seine Rolle als Schoßhund sehr gut. Sowie Kei einen Schritt nach vorne machte, erhob sich auch der Fuchs und folgte ihm. Den ganzen Weg zurück wich Robin nicht von Keis Seite. Kein Schmetterling, kein Fahrrad und keine Passanten konnten ihn ablenken. Seite an Seite passierten Kei und Robin schließlich auch das Tor vor der Einfahrt ihres Hauses. Und so blieb Kei nur noch eines zu sagen, als er die Klingel drückte. „Danke, Robin! Du bist sehr brav.“ „Willkommen zurück… Oh Gott!“ öffnete Yuki die Tür. „Kei reicht auch. So förmlich brauchst du gar nicht sein.“ Grinste Kei verlegen. „Wieso bist du verletzt. Was ist passiert?“ Yuki trat zur Seite und gab den Weg in den Hausgang frei. Robin folgte auch jetzt seinem Herrn artig über die Türschwelle. Danach trennte er sich aber von ihm. Der Fuchs lief direkt weiter durch das Esszimmer in die Küche, wo er seine Zunge sofort in eine Wasserschüssel hängte. Nachdem Kei seine Schuhe ausgezogen hatte und bevor er ins Esszimmer weiterging, blieb er kurz vor dem Garderobenspiegel stehen. „Ups.“ Dachte er bei sich. Den Kratzer auf seiner Wange hatte er unterschätzt. Er blutete zwar so gut wie gar nicht, war aber dennoch eine ordentliche Schramme. Eine leichte Schürfwunde zwar nur, aber dafür eine lange, die echt wüst aussah. Als Kei laut ausatmend auf einen der Stühle im Esszimmer sank, hatte Yuki schon den Verbandskasten geholt und erwartete ihn. „Danke, ich mach das schon…“ „Ach ja? Wie willst du bitte jeweils mit einer Hand deine andere Hand verbinden?“ grinste Yuki, als er Kei das Fläschchen mit Jod aus der Hand nahm. „Aber zumindest das da kann ich selber.“ Kei deutete auf seine Wange. „Macht nichts.“ Lächelte Yuki und bereitete das Verbandszeug vor. Dann griff er nach Keis Kinn und manövrierte dessen Gesicht so hin, dass er die verletzte Wange behandeln konnte. Natürlich war Kei die ganze Behandlung höchst unangenehm. Auch abseits der Wunde hatte sich ein zarter Rotschleier auf seine Wangen gelegt. Sein Blick streifte im ganzen Zimmer umher, so weit es ihm möglich war, ohne den Kopf zu drehen. Nur hin und wieder sah er prüfend zu Yuki, wandte den Blick jedoch sofort wieder ab. Kei war inzwischen zur Ansicht gekommen, dass Yukis Augen irgendwie magisch sein mussten. Wenn er nicht aufpasste, konnte er sich völlig in ihnen verlieren. Und vor allem so ein konzentrierter Blick wie Yuki ihn jetzt im Moment auf seine Wange gerichtet hatte, die er mit einem Wattebausch abtupfte, war extrem gefährlich. „Ich kann das wirklich alleine…“ flüsterte Kei resignierend. „Weiß ich. Aber das lass ich mir doch nicht nehmen.“ Zwinkerte Yuki, wurde dann aber ernst. „Und jetzt erzähl mir mal was passiert ist.“ „Robin hat seine Leine durchgebissen und ist abgehauen. Ich bin ihm nach, gestolpert und hingefallen. Nichts Schlimmes. “ Zuckte Kei mit den Schultern. Dass seine Spaziergänge allein der Vergangenheit angehören würden, wenn Yuki das wirkliche Geschehen kannte, war Kei klar. Deshalb verschwieg er sowohl Robins Ausflug auf die Straße, als auch seinen Körpertausch. „Aha. Und du konntest dich nicht abfangen, sondern bist aufs Gesicht gefallen…“ „Ich konnte mich doch abfangen. Was meinst du warum meine Hände so aussehen?“ „So so. Ist Robin auch was passiert?“ „Nö, der ist ja nur weggelaufen, nicht gefallen. Gib´s auf. Heute verstrick ich mich nicht in Widersprüche.“ Lachte Kei. „Na schön.“ Lächelte Yuki zurück. „Aber wenn wirklich mal was passiert, sag mir bitte bescheid. Ich will dich nicht ausspionieren, sondern dir helfen.“ Nachdem er etwas Salbe auf Keis Schürfwunde verteilt hatte, legte Yuki ein Pflaster darüber und strich es mit sanfter Bewegung fest. Das war wohl mitunter die unangenehmste Phase der Behandlung. Denn Kei wusste ganz genau, dass Yuki ihm nicht zufällig mit den Fingern über die Wange strich, weit über die verletzte Stelle hinaus. Keis Hände waren auch bald verarztet. Das Knie versorgte aber dann selbst. Da seine Hände zu diesem Zeitpunkt schon in Salbe und Verband gehüllt waren, gestaltete sich das etwas schwieriger als ursprünglich geplant. Aber noch mehr Berührungen von Yuki konnte Kei nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren. Schließlich räumte Kei den Verbandskasten wieder auf, ging ins Wohnzimmer und ließ sich in die Couch fallen. Yuki sah seinem Schüler noch eine Weile nach. So wurde er Zeuge des zweiten Wunders an diesem Tag. Kaum, dass Kei sich gesetzt und nach der Fernbedienung gegriffen hatte, betrat auch Robin das Wohnzimmer. Der Fuchs streifte einmal um den Wohnzimmertisch, setzte sich dann kurz vor die Couch, auf der Kei saß und blickte seinen Zalei an. „Na? Brauchst du auch ne Pause?“ lächelte Kei. Robin stand auf, duckte sich kurz und sprang dann auf die Couch. Kei traute seinen Augen nicht. Um Robins ungewöhnlich gute Stimmung nicht zu gefährden, sparte er sich aber jeden Kommentar. Doch das Wunder ging noch weiter. Erst legte Robin ganz vorsichtig und zögernd eine Pfote auf Keis Bein. Prüfend sah er zu Kei auf. Als Kei ihn daraufhin anlächelte und ihm sanft über den Kopf streichelte, kam Robin schließlich ganz auf seinen Schoß. Er drehte sich einmal im Kreis, rollte sich zusammen und legte sich auf Keis Schoß. Kei streichelte sein neues Schoßtier und kraulte es. „Wer ist das und wo hast du Robin gelassen?“ lächelte Yuki. Kei konnte ihm ansehen, wie er sich freute, dass sein Schüler sich endlich mit seinem Carn vertrug. „Hmh… Robin ist wohl überfahren worden.“ Flüsterte Kei kaum hörbar. Den restlichen Nachmittag verbrachte Kei vor dem Fernseher und Robin auf seinem Schoß. Kei zappte zwischen uninteressanten Dokus, Boulevard-Magazinen und Serien hin und her, während er Robin streichelte, der auf seinem Schoß ein Nickerchen hielt. Am frühen Abend dann wurde Robin von der Türklingel geweckt. Er hob den Kopf, gähnte herzhaft und streckte seine Vorderpfoten. Aufstehen wollte er aber noch nicht. Kei dagegen war schon drauf und dran, Robin von seinem Schoß zu heben und zur Tür zu gehen. Doch dann hörte er, dass Ryu von oben gekommen war und die Aufgabe schon übernommen hatte. Trotzdem nahm Kei das Klingeln als Anlass, den Fernseher auszuschalten. Erholt hatte er sich, die Zeit konnte er sinnvoller nutzen und außerdem lief ohnehin und Unsinn. Aus dem Gang hörte Kei inzwischen zwei bekannte Stimmen. Die eine gehörte Ryu, der die Tür geöffnet hatte. Die andere Stimme hatte er schon längere Zeit nicht mehr gehört und konnte sie zuerst nicht recht zuordnen. Die Frage nach ihrem Besitzer löste sich jedoch selbst, als Ryu und der Gast ins Wohnzimmer kamen. Ryu folgte ein junger Mann mit zerzaustem Haar, schwarzem Band-Shirt, einer abgetragenen Jeans und Lederarmband, den Kei nun als niemand anderen erkannte als Lan. Er lächelte. Und es schien ihm gut zu gehen, wenn er auch etwas blass aussah und… hatte er etwa abgenommen? Nein, so gut konnte es ihm doch nicht gehen. „Oh. Sorry, Kei. Ich wusste nicht, dass du hier bist. Wir wollten nicht stören.“ Fing Ryu an. „Nein, nein. Ihr stört nicht. Ich wollte sowieso gerade nach oben gehen.“ Winkte Kei ab. „Schön dich mal wieder zu sehen, Lan!“ „Hi. Ja, ich hab euch auch schon vermisst. Ryu hat mir erzählt, dass du dir Sorgen gemacht hast. Das brauchst du nicht. Mir geht´s gut.“ Nickte Lan und gab sich Mühe, überzeugend herzlich zu lächeln. Gar nicht schlecht gelang es ihm. Hätte Kei nicht schon zuvor den Eindruck gewonnen, dass es ihm eben nicht gut ging, hätte er es ihm sicher abgenommen. Ryu verschwand noch einmal kurz zur Terrassentür hinaus, um seinem Vater bescheid zu sagen, dass Lan da war. Die drei wollten anscheinend wegen Herrn Natsukoris Besuch beim Rat sprechen. Worum es genau ging, erfuhr Kei wieder einmal nicht. Bis Herr Natsukori kommen würde, nutzte er die Chance aber, ein bisschen mit Lan und Ryu zu sprechen. Zuerst redeten die drei eigentlich nur über belanglose Themen, das Wetter, die geplante Steuerreform, Anekdoten aus ihrem Leben als Zalei, geplante neue Rollen für den Park... Es schien alles ganz so wie immer. Aber irgendwie wurde Kei das Gefühl nicht los, dass Ryu und Lan ganz bewusst darauf achteten, dass kein tiefgründiges Gespräch zu Stande kam. Doch da wollte Kei nicht mitspielen. „Schön, dass es dir wieder besser geht, Lan. Aber ganz wiederhergestellt kannst du ja noch nicht sein, wenn du noch nicht wieder das Ritterturnier reiten kannst, oder?“ stellte Kei seine Gegenüber auf die Probe. Die Antwort waren zunächst nur ganz verblüffte Gesichter und ein langes Schweigen. Dann aber senkte Lan den Blick auf den Tisch, schloss die Augen und lächelte. „Du bist gut, Kei. Das war echt gut kombiniert.“ Räumte Lan ein. „Du hast recht, ganz fit bin ich noch nicht wieder.“ „Lan…“ Ryu warf ihm einen langen Blick zu, der zu sagen schien ‚verrate ihm bloß nicht zu viel‘. „Schon gut, er kann es ruhig wissen… Ich bin vor ein paar Wochen ziemlich übel stürzt, als Onyx und ich einen neuen Stunt für die Show versucht haben. Aber das wird wieder.“ „War Ryami Hisui etwa auch an dem Stunt beteiligt?“ setzte Kei sein Spiel fort. Diesmal bereute er seinen Vorstoß allerdings, kaum dass er seine Frage beendet hatte. Keine überraschten Blicke, die er erntete, sondern tiefes Erschüttern. Die Reaktion der anderen auf seine Frage war fast der Reaktion auf einen Überfall würdig. Kei kam sich vor als wäre er mit gezückter Waffe in die Schalterhalle einer Bank gestürmt und hätte einen der Angestellten erschossen. Die Blicke der Umstehenden in der Bank hätten nicht viel schockierter sein können. Ein dicker Kloß steckte in Lans Hals. Erst einige Augenblicke später konnte er ihn herunterschlucken, blinzelte schnell das Entsetzen aus seinen Augen und war doch nicht gefasst genug, ruhig zu antworten. Ryu hielt den Blick gesenkt und mied den Augenkontakt mit Kei ebenso wie jede noch so kleine verräterische Geste, als Lan zu sprechen begann. „Auch das war ein guter Schluss.“ Lan atmete laut aus. „Sei vorsichtig, wem gegenüber du solche Schlüsse äußerst, Kei. Zu viel Wissen kann Probleme machen… und zu viele Fragen auch.“ Kei wusste nicht recht, ob er diese Antwort für ein ‚Ja‘ oder ein ‚Nein‘ nehmen sollte. Ebenso konnte er nicht abschätzen, ob seine Sorge um Ryami nun begründet war oder nicht. Irgendwie ahnte er aber, dass Lan mit seinem Rat aus eigener Erfahrung sprach. Eine schmerzliche Erfahrung wohl, seinem Ausdruck nach zu urteilen. Bis Herr Natsukori eintraf wurde das Gespräch deshalb wieder mit oberflächlichen Themen geführt, hauptsächlich über das Wetter. Schließlich erweiterte Herr Natuskori die Runde und Kei verabschiedete sich, um nach oben zu gehen, wobei Robin es ihm auch diesmal gleichtat. Da folgte Lan ihm ins Esszimmer und nahm ihn dort kurz zur Seite. „Du bist echt ein schlaues Kerlchen, Kei. Pass auf, dass das keiner rauskriegt.“ „Was ist denn wirklich passiert? Das mit dem Reitunfall nehm ich dir nicht ab.“ Lan atmete laut aus und sah sich unauffällig nach Ryu und dessen Vater um, die gerade mit einem kleinen Streit beschäftig zu sein schienen. Als er sich unbeobachtet fühlte, lehnte er sich ein Stück weit zu Kei herunter. Nur ein paar Zentimeter, bis ein stechender Schmerz ihn zum Verharren zwang. „Ich erwarte nicht, dass du mir glaubst. Aber unsere Verletzungen, oder auch die Aufträge vom Rat, sollen nicht deine Sorge sein.“ „Woher…?“ „Ryu hat mir gepetzt, dass du dir deine Gedanken machst… Im Moment solltest du dich nur auf deine Ausbildung konzentrieren. Alles andere erfährst du früh genug. Werde ein guter Zalei.“ „Wie soll ich mir denn keine Gedanken machen, wenn spätestens alle zwei Wochen einer meiner Freunde mit irgendwelchen Blessuren nach Hause kommt? Findest du das nicht etwas viel verlangt? Selbstverständlich mache ich mir Sorgen. Und selbstverständlich stelle ich Fragen!“ Lan schwieg einen Moment. Er senkte den Blick auf den Boden, so dass ihm einige seiner struwweligen Strähnen ins Gesicht fielen. Einige Augenblicke vergingen, ohne dass ein Wort gesprochen wurde. Dann richtete Lan seinen Blick aus einem Blinzeln heraus wieder auf Kei. Ein angedeutetes Lächeln umspielte seine Lippen. „Es ist nicht so, dass ich dich nicht verstehen würde. Aber pass bitte auf, wem du deine Fragen stellst… und erwarte keine Antwort.“ Lan klopfte Kei freundschaftlich auf die Schulter und wandte sich um. „An wen soll ich mich denn halten?“ „Natürlich an deinen Lehrer. Dein Lehrer steht auf jeden Fall hinter dir.“ Grinste Lan frech, als er wieder im Wohnzimmer verschwand und Kei mit einem großen unsichtbaren Fragezeichen über dem Kopf zurückließ. „Was ist denn mit dem passiert?“ fragte Lan besorgt, als er ins Wohnzimmer zurückkehrte. „Du meinst seine Blessuren? Yuki sagt, er sei ‚hingefallen‘. Ich gehe davon aus, dass das so ungefähr deine Art von ‚hinfallen‘ sein könnte.“ Erklärte Ryu mit strengem Blick. „Nicht doch. Ich meinte Robin. Seit wann ist der so brav?“ „Das macht dir mehr Sorgen als Keis Verletzungen?“ lachte Ryu. „Pfft! Keis Verletzungen sind nur Kratzer, das sieht man. Aber wenn bekannt wird, dass Keis letzte Schwachstelle ausgeräumt ist, sind meine Sorgen berechtigt.“ Seufzte Lan. „Schon ok.“ Mischte sich nun auch Herr Natsukori ein. „Yuki manipuliert die Berichte. Der Rat dürfte kaum wissen wie gut Kei wirklich ist.“ Nach einem kurzen Blick ins Esszimmer, bei dem sich Herr Natsukori versicherte, dass Kei nach oben gegangen war, setzte er sich auf die Couch unter dem Fenster. Ryu und Lan nahmen kurz darauf auf den beiden anderen Couchen Platz. Zunächst berichtete Herr Natsukori von seiner Vorsprache beim Rat. Er erzählte von Adoys Argumenten und dass es zum endgültigen Bruch zwischen dem Rat und ihm selbst gekommen war. Die beiden jungen Männer waren nicht überrascht. Vielmehr waren sie schon vor dem Treffen davon ausgegangen, dass es den Bruch geben würde. Auch Adoys Gründe kannte Lan schon aus zahlreichen früheren Diskussionen. Interessanter war daher für alle die Frage nach ihrem weiteren Vorgehen. „Der alte Adoy wird sich von seiner Position keinen Millimeter entfernen. Der Rat hat seine sicheren Einnahmequellen aus den Parks, Zirkussen und Aufträgen. Das scheint ihm mittlerweile wichtiger zu sein als die Pflege irgendeiner schamanischen Tradition oder das Leben mit der Natur.“ Fasste Herr Natsukori zusammen. „Dass eine gewisse Aufsicht nötig ist, leuchtet wohl jedem von uns ein. In der Zeit vor dem Rat gab es viel Missbrauch von und durch Zalei, der sich nicht wiederholen darf. Aber dem Rat geht es mehr um seine Selbsterhaltung und Profitstreben als das Wohl der Zalei, die er repräsentiert. Adoy sieht das allerdings nicht so.“ Pflichtete Lan bei. „Das heißt, wir werden den Rat nicht zur Vernunft bringen können.“ Schlussfolgerte Ryu schließlich. „So ist es leider. Deshalb bleibt uns nur eine Möglichkeit, wir werden den Rat absetzen.“ In fast grotesker Ruhe sprach Herr Natsukori diese Worte aus, als wäre ihm die Größe seines Vorhabens nicht genau bewusst. Immerhin war er gerade dabei, zwei junge Männer zu einer Revolution aufzurufen. Wohl wissend, zu welchen Mitteln der Rat fähig war. Doch die jungen Männer stimmten sofort zu, vor allem Lan, der die Macht des Rates bereits mehrfach am eigenen Leib hatte spüren müssen. „Ich bin der Meinung, dass die Zalei einen Rat in dieser Form nicht brauchen. Er ist zu mächtig geworden und steht nicht hinter ihnen. So lange es gegen den Rat geht, bin ich dabei.“ Sprach die Verbitterung aus Lans Mund. Doch Ryu äußerte Bedenken: „Allerdings dürfte es schwierig werden für uns alleine, den Rat abzusägen. Dafür dürftet nicht einmal ihr genug Einfluss haben, Herr Zaleirat und Herr Zalei des höchsten Rangs.“ „Das ist wahr. Unser erster Schritt sollte sein, mehr Zalei für unsere Sache zu gewinnen. Und der erste Schritt hierfür sollte sein, ein bisschen Informationspolitik zu betreiben. Jeder Zalei sollte erfahren, was der Rat hinter seinem Rücken so alles treibt.“ Schlug Herr Natsukori vor. „Ich denke, es gibt so einige schmutzige Geheimnisse des Rates, die ich mit Freuden aufdecken würde. Adoy hat mehr als nur eine Leiche im Keller.“ Lan verschränkte die Arme vor der Brust. Selbst seit mehreren Jahren Mitglied des Zaleirates hatte er natürlich nicht nur Kenntnis von vielen internen Details, sondern auch Zugang zu alten Unterlagen, geheimen Akten und Plänen. Nachdem es ihm außerdem an jedem Respekt vor verschlossenen Türen, Schränken oder Siegeln fehlte, verschaffte er sich auch darüber hinaus gerne jederzeit Zugang zu den restlichen Unterlagen, die auch den Ratsmitgliedern unbekannt bleiben sollten. Er hatte schon jetzt genug Stoff für zehn Ausgaben einer neuen Untergrundzeitung für Zalei. Ab nächster Woche würde er auch wieder an den Ratssitzungen teilnehmen, damit ihm der Stoff nicht ausgeht. „Ich habe gehofft, dass Monsieur uns helfen könnte, solche Informationen an die Zalei zu verbreiten. Wenn er in der Praxis unsere Werke unterm Tisch verteilen könnte, wäre das eine große Hilfe. Aber das wird der sture Bock nicht machen.“ Seufzte Lan. „Garantiert nicht. Ich hab mehrmals versucht, mit ihm zu reden. Aber sobald dein Name fällt, bricht er jedes Gespräch ab. Außerdem bin ich mit gar nicht so sicher, wie ich Pierre einschätzen soll.“ „Warum?“ „Na ja, er verrät uns nicht. Aber er zeigt auch kein sonderliches Interesse, wenn ich beiläufig irgendeine Bemerkung gegen den Rat fallen lasse. Außerdem hat Meister Adoy ihn kurz nach deinem Besuch angerufen und ihn in den Rat bestellt. Was er von ihm wollte, hab ich allerdings nicht gehört.“ „Schade, aber das kann man wohl nicht ändern.“ Überlegte Herr Natsukori. „Auf jeden Fall solltest du mal ein paar nette Geschichten zusammenschreiben. Die nächsten Tage werde ich ein paar alte Freunde besuchen und sehen, ob ich ein paar Mitstreiter gewinnen kann. Wir bleiben in Kontakt und überlegen dann unsere nächsten Schritte.“ Lan versprach, sich noch heute an den PC zu setzen und seine ersten Enthüllungsgeschichten zu schreiben. Allerdings nahm er Ryu das Versprechen ab, für ihn den Lektor zu spielen. Nachdem Lan die Schule so wenig wie möglich besucht und so schnell wie möglich abgebrochen hatte, war es um seine schriftstellerischen Fähigkeiten nicht allzu gut bestellt. Die gedruckten Informationsblätter würden sie dann an Zalei im Freizeitpark, dem Zirkus und anderen Einrichtungen der Zalei verteilen. Außerdem sagte Ryu zu, sich über einen möglichen Internetauftritt ihres revolutionären Trios zu informieren. Damit endete das erste verschwörerische Treffen auch schon. Nur kurz nach seinem Gespräch mit Herrn Natsukori hatte Meister Adoy Pierre zu sich gerufen. Zwei Tage später empfing er an diesem Abend erneut den Tierarzt in einem der Besprechungsräume im Ratsgebäude. Pierre hat seine Kobra Antoinette auf den Schultern bis hierher getragen, ihren langen Körper haltsuchend um seine Arme geschlungen. Selbstverständlich hatten die beiden auf ihrem Weg die Blicke aller Passanten auf sich gezogen. Aber als geborene Diva hatte Pierre diese Aufmerksamkeit nur genossen. Im Besprechungsraum angekommen hob er Antoinette von seinen Schultern und legte sie auf einem der Tische ab, von wo aus sie sich in eleganten Windungen ein Schlafplätzchen suchte. Meister Adoy hatte schon im Sessel gegenüber der Eingangstür thronend auf Pierre gewartet. Dieser warf nun in einer geschmeidigen Bewegung sein blondes Haar hinter die Schultern und trat auf den Sessel dem Ratsvorsitzenden gegenüber zu. „Entschuldigen Sie bitte meine Verspätung, Meister.“ setzte er sich lächelnd und schlug die Beine über einander. „Deine Verspätung ich entschuldige. Nachdem nie du pünktlich bist, ich habe nichts anderes erwartet.“ Pierre lächelte etwas verlegen und hob die Schultern als wäre er sich keiner Schuld bewusst. „Bei unserem letzten Treffen ich dir erzählte, dass Taro, Lan und Ryu verbünden sich werden gegen den Rat, um zu zerstören unsere Führung der Zalei. Dass in Chaos stürzen sie unser System, dürfen wir nicht zulassen. Die Folgen wären Angst und Missbrauch wie früher ich bereits sie gesehen.“ „Das verste’e isch. Isch ste’e treu ‘inter eusch und dem Rat, Meister. Ihr könnt misch um jeden Dienst bitten. Wie ihr wisst, befindet sisch Ryu fast jeden Tag in meiner Praxis und isch be’alte ihn im Auge.“ Pierre betonte auch diesen Teil besonders. Er mochte Ryu, sehr sogar. Aber noch wichtiger als Ryu war ihm, die Ordnung im System der Zalei aufrecht zu erhalten. Pierre wusste von den Zeiten als Zalei nicht von einem zentralen Rat überwacht worden sind. Zum Zalei wurde wahllos ausgebildet, wer von einem Zalei ausgesucht worden war. Charakterliche Eignung oder die Eignung des Carn spielten keine Rolle. Die Ausbildung selbst erfolgte ohne Regeln und Ziel. Irrlehren wurden verbreitet und wichtige Informationen verschwiegen. Zalei wurden von „gewöhnlichen“ Menschen ausgenutzt oder missbrauchten umgekehrt die Kraft ihrer Carn, um Einfluss zu nehmen auf „gewöhnliche“ Menschen. Dieses Szenario durfte sich nicht wiederholen. „Für deine Treue danke ich dir, Pierre. Ryu im Auge du behältst. Aber nur ein gefahrloser Junge er ist im Vergleich zu Taro und Lan. Beobachte ihn, aber lass ihn gewähren, was er auch tut . Er wird aufgeben, sobald alleine er ist.“ „Meister?“ fragte Pierre in Erwartung von Meister Adoys Plan. „Lan ich habe als Schüler großgezogen und im Rat aufgenommen, damit unter Kontrolle ich ihn halten kann. Jedoch er sich auch unter meinen Augen sich über mich hinwegsetzt. Die Zeit sich seiner zu entledigen ist wohl bald gekommen. Sehr schade. Große Macht hat er, aber zu gefährlich, wenn er nicht kontrolliert werden kann.“ „Ihr wollt Lan umbr-?“ „Nein, das noch nicht. Ihr habt früher großen Streit gehabt, ich weiß. Du würdest ihn beseitigen, sobald ich dich darum bitte. Zeit aber noch nicht reif dafür. Er wurde immer mit großer Stimmenzahl in den Rat gewählt und hat viele Fürsprecher. Zu gefährlich, ihn jetzt zu töten. Sonst wir bringen seine Fürsprecher nur gegen uns auf und erleichtern Taro seine Arbeit. Zuerst Lans Ruf wir zerstören, dann sein Leben. “ „Das klingt als ’ättet ihr einen Plan…“ „Selbstverständlich. Lan überlass mir. Taro wird morgen aufbrechen zu einigen alten Freunden. Ein Zugticket er hat für 10:30 Uhr. Bitte sorg dafür, dass seinen Zug er verpasst.“ „Also soll isch Taro…?“ Meister Adoy nickte mit eiskaltem Blick. „Wie ihr wünscht, Meister.“ Pierre senkte den Blick in einer angedeuteten Verbeugung. „Ein Zalei den höchsten Rangs ist Taro, wie ich selbst. Aber sicher ich bin, dass trotzdem du es mit ihm aufnehmen kannst.“ „Euer Wunsch ist mir Befehl. Überlasst Taro nur mir. Verratet mir nur eines, Meister. Wo’er in aller Welt wisst ihr davon? Was Taro, Lan und Ryu vor ‘aben oder welschen Zug Taro nehmen wird?“ Doch die Antwort blieb Meister Adoy schuldig. Ein kaltes Grinsen bedeutete Pierre, dass der Meister dieses Geheimnis noch nicht lüften würde. **** Hallo! ^_^ Danke fürs Lesen! *freu* Na, was meint ihr? Woher hat Meister Adoy die ganzen Insider-Infos? Noch nehme ich Wetten an, wer der Verräter ist. XD Ich hoffe, dass ich das nächste Kapitel wieder schneller fertig habe. ^^° Bis bald, Pete Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)