Snowdrops and Chocolate von Petey (Die Fortsetzung des gleichnamigen Doujinshi) ================================================================================ Kapitel 21: Rat und (Straf-)Tat ------------------------------- Kapitel 24 – Rat und (Straf-)Tat In dieser Sitzung des Zaleirats am Dienstagnachmittag kam alles ans Licht. Erstmals erfuhren die Ratsmitglieder, dass und in welcher Weise ihr Vorsitzender die ganze Zeit über hinter ihren Rücken gehandelt hatte. In einem Vortrag, der weit über zwei Stunden dauerte, legte Ryu dem Rat alles offen, was Lan, er selbst und sein Vater erfahren hatten. Sachlich und gnadenlos ehrlich erzählte er mit ruhiger Stimme, und untermauerte seine Behauptungen mit Beweisen, so gut er konnte. Der Rat hatte außerdem der Anhörung von Yuki, Kei und Kiku zugestimmt. Von einer Reihe Stühle an der Seite des Raums konnten sie die Sitzung verfolgen. Zu den Enthüllungen gehörte, dass Meister Adoy seit Langem die ihm unterstehenden Zalei für illegale und gefährliche Aufgaben missbrauchte. Vor Jahren hatte der Rat sich einverstanden erklärt, die Dienste ihrer Zalei gegen eine Vergütung buchbar zu machen. Es ging dabei vor allem um künstlerische Auftritte bei Geburtstagen, Tiershows an Schulen, oder ähnliches. Der Beschluss war damals gefasst worden in der Hoffnung, der Öffentlichkeit die Tradition der Zalei näherzubringen, sowie Angst und Ausgrenzung entgegenzuwirken. Ein zweiter Grund war schlichter Geldmangel gewesen. Der Rat benötigte große finanzielle Mittel, um die Gehälter seiner Angestellten zu bezahlen, sowie allen Zalei eine finanzielle Stütze zu bieten. Denn nicht jedem Zalei war es möglich, seinen Lebensunterhalt in einer traditionellen Arbeit zu verdienen, und auch in den Einrichtungen des Rates waren die Verdienstmöglichkeiten nicht endlos. Insbesondere hatte der Rat damals erst begonnen, seine Einrichtungen wie zum Beispiel den Fairy Tales Park, den Zoo und den Zirkus aufzubauen, in denen später viele Zalei einen Zufluchtsort und eine Arbeit gefunden hatten. Während die Einrichtungen in der Gründungsphase bezuschusst werden mussten, trugen sie sich heute weitestgehend selbst. Im Raum stand auch der Vorwurf, dass Meister Adoy auch Gelder aus diesen Einrichtungen des Rates hinterzogen hatte. Eine Prüfung der Geschäftsunterlagen würde diese Frage klären müssen. Heute erfuhr der Rat darüber hinaus zum ersten Mal, dass Meister Adoy nicht mehr nur Aufträge für artistische Auftritte bei Veranstaltungen angenommen hatte, sondern auch viele, die gegen Gesetze verstießen, und die beauftragten Zalei mitunter in Lebensgefahr gebracht hatten. Diese Behauptung wurde sowohl von Ryu und Lan, als auch von Yuki bestätigt, die alle zahlreiche Missionen dieser Art hinter sich gebracht hatten. Handfeste Beweise konnte Ryu aber leider nicht vorlegen, da Meister Adoy sich dieser entledigt hatte, beziehungsweise sie an einem unbekannten Ort aufbewahrte. Lan warf allerdings ein, dass Mika Takano ein solches Beweisstück gefunden hatte und deshalb sterben musste. Außerdem erklärte er, dass Ryami Hisui bei einer dieser Missionen ihr Leben verloren hatte, und nicht bei einem Handtaschendiebstahl wie bisher behauptet. Dann erklärte Ryu dem Rat, dass Meister Adoy die Organisation K.R.O.S.S. beauftragt hatte, die Fähigkeiten der Zalei zu erforschen. Die Organisation war bekannt für die Erforschung von übernatürlichen Phänomenen und hatte schon mehrfach ihr Interesse an den Fähigkeiten der Zalei bekundet. Der Rat selbst hatte Anfragen zur Zusammenarbeit stets abgelehnt, da K.R.O.S.S. sich bei ihrer Arbeit gerüchteweise fragwürdiger Mittel bediente, und der dringende Verdacht im Raum stand, dass die Zalei von ihr nur ausgenutzt werden würden. Die Ratsmitglieder konnten gar nicht glauben, dass ihr Vorsitzender sich über ihre ausdrückliche Entscheidung hinweggesetzt und mit der Organisation in Kontakt getreten war. Kiku bestätigte Ryus Ausführungen kleinlaut und gestand auch ihren Anteil, indem sie dem Rat von ihrer Anwerbung und ihrer Spionage erzählte. Yuki bekräftigte, dass er selbst laut dem Mann von K.R.O.S.S. von Meister Adoy der Organisation als Versuchsperson zur Verfügung gestellt worden sei. Außerdem berichteten Kiku und Yuki von der Art der Forschungen bei K.R.O.S.S., sowie deren Ergebnisse soweit sie ihnen bekannt waren. Die Ratsmitglieder waren sichtlich schockiert von den Methoden der Organisation. „Trotzdem muss ich an dieser Stelle nachhaken.“ meldete sich eines der Ratsmitglieder zu Wort, eine junge Frau mit rotblondem Haar. Sie war Meister Adoys Stellvertreterin im Rat. „Fräulein Aki sagte aus, dass sie von K.R.O.S.S. beauftragt worden ist und nur über diese mit Meister Adoy in Kontakt stand. Gibt es denn Beweise, dass der Meister tatsächlich mit der Organisation zusammenarbeitete? Oder müssen wir uns auf Ihre Zeugenaussagen stützen?“ „Ja, es gibt einen Beweis.“ nickte Ryu und zog ein zerknittertes Blatt Papier aus seiner Mappe, das mit unordentlicher Handschrift beschrieben war. „Am 18. Juni letzten Jahres hat Meister Adoy einem Brief an die Leiterin von K.R.O.S.S. übergeben lassen. Lan hat den Brief gelesen und seinen Text abgeschrieben. Wenn der Rat es wünscht, lese ich vor.“ Selbstverständlich wollten alle Ratsmitglieder den Inhalt des Briefs hören. Alle bis auf Meister Adoy natürlich, der in seinem Sessel sichtlich nervös schluckte. Er hatte weder damals damit gerechnet, noch später erfahren, dass Lan den Brief gesehen hatte. Keine gute Entwicklung für ihn. Ryu räusperte sich kurz und begann zu lesen. „Sehr verehrte Miss, auf ihre Anfrage zurückkommend, erkläre ich mich unter den bereits hinreichend besprochenen Bedingungen bereit, die Forschungen Ihrer Organisation zu unterstützen. Auf die verabredeten Dienste Ihrer Organisation darf ich zurückgreifen.“ „Ist das die Originalnachricht?“ erkundigte sich die Rothaarige. „Der Wortlaut der Originalnachricht. Der Zettel ist die Abschrift.“ „Hätte ich das Original mitgehen lassen, wäre mein Einbruch aufgefallen.“ erläuterte Lan. „Hmh… Die Nachricht ist ziemlich allgemein gehalten. Man könnte alles Mögliche in die Worte interpretieren. Und auch weder Adressat, noch die Organisation werden benannt. Wenn man sie im Kontext sieht, den ihr uns eingangs erläutert habt, wäre sie natürlich ein Skandal. Aber die bloße Nachricht an sich scheint mir ein wenig… dürftig. War der originale Brief signiert?“ Ryu warf Lan einen fragenden Blick zu. Der schüttelte den Kopf. „Gibt es jemanden, der bezeugen kann, von wem der Brief an wen übergeben worden ist?“ fragte die Rothaarige weiter. „Ryami Hisui, die leider wenig später verstorben ist, war bei der Übergabe anwesend. Überreicht wurde der Brief an eine Frau namens Obscura, die laut Kiku die Assistentin der Miss ist. Ryami hat mir damals gesagt, dass ihr der Bote bekannt vorkam, sie ihn aber im Dunkel nicht erkennen konnte.“ musste Ryu leider verneinen. Er selbst hatte an diesem Tag nur Wache gestanden, während Ryami die Übergabe beobachtet hatte. „Aber ich kann dafür bezeugen, dass ich selbst den Brief im Büro der Assistentin von dieser Miss im Hauptquartier von K.R.O.S.S. gefunden und abgeschrieben habe.“ erklärte Lan, sichtlich verstimmt von der Skepsis seiner Kollegin. „Und ich wurde letzten Freitag Zeuge wie Adoy in seinem Büro zwei Mitarbeiter von K.R.O.S.S. empfangen und ihnen dabei eine Versuchsperson zugesagt hat. Es ging um dieses Experiment, von dem Yuki und Kiku vorhin erzählt haben.“ „Kann dieses Treffen noch jemand außer dir bezeugen?“ „Nur der Eintrag in Adoys Kalender, auch wenn der nicht besonders aussagekräftig ist.“ Der letzte Vorwurf, den Ryu und die anderen gegen den alten Zaleimeister vorbrachten, hatte es in sich. Mit einem nicht viel weniger kalten Blick als zuvor in der Eingangshallte sah Ryu den Meister direkt an, als er weitersprach. „Der Ratsvorsitzende hat nicht nur bei den zahlreichen gefährlichen Aufträgen in Kauf genommen, dass Zalei verletzt oder sogar getötet wurden. Er hat sogar selbst eine Person ermordet und den Mord an mindestens zwei weiteren in Auftrag gegeben.“ Ryu hielt kurz inne und atmete einmal tief durch, bevor er weitersprach. Gerade seit vier Tagen wusste er vom Tod seines Vaters und war noch sichtlich getroffen. Kein Wunder, dass es ihm schwer fiel, geradeheraus darüber zu sprechen. ‚Oh-oh!‘ dachte Kei bei sich und fuhr von seinem eigenen Gedanken erschrocken zu Yuki herum, der an seiner Seite saß. Ob Ryu seinen kleinen Bruder inzwischen informiert hatte? Yuki hatte den Blick auf den Boden gesenkt, einige Haarsträhnen erschwerten den Blick auf seine Augen. Er biss sich auf die Unterlippe. Anscheinend wusste Yuki Bescheid. Wie von selbst suchte Keis Hand die von Yuki und streifte sie tröstend. Zunächst erschrocken sah Yuki Kei aus dem Augenwinkel an. Dann nahm er Keis Geste gerne an und hielt seine Hand. Ryu setzte seine Ausführungen inzwischen fort. „Mika Takano hat, wie ich vorhin schon angedeutet habe, ein Beweisstück gefunden, das der Vorsitzende verschwinden lassen wollte. Als der ihn dabei erwischte, brachte er ihn kaltblütig um und versuchte auch noch, den Mord Lan in die Schuhe zu schieben.“ „Gibt es Zeugen oder Beweise? Zumindest die Polizei hat bekanntlich keine Spuren gefunden, die für eine Anklage ausgereicht hätten, wie wir wissen.“ zeigte sich die stellvertretende Vorsitzende erneut skeptisch. „Ich hab übers Handy mit Mika telefoniert bis er getötet wurde. Ich konnte praktisch mithören wie Adoy ihn umgebracht hat. Es war eindeutig seine Stimme im Hintergrund.“ Lan konnte seinen Ärger langsam kaum mehr überspielen. Mikas Tod ging ihm immer noch sehr nahe, genauso die Anschuldigungen, die immer noch hinter vorgehaltener Hand gegen ihn erhoben wurden. „Deine Aussage kennen wir alle schon zu Genüge, Lan. Aber du musst verstehen, dass wir einen gewissen Konflikt sehen, wenn ausgerechnet du als Hauptverdächtiger den Meister beschuldigst, und gleichzeitig alle Indizien gegen dich sprechen. Im Gegensatz zum Meister, der ein ausgezeichnetes Verhältnis mit Mika hatte, lagst du dir ständig mit ihm in den Haaren. Gerade an diesem Tag hattet ihr vor unser allen Augen einen neuerlichen Streit. Das kannst du nicht abstreiten. Dass die Polizei keine Beweise in die eine oder andere Richtung finden konnte, macht es nicht leichter.“ erklärte die rothaarige Frau geduldig. „Es steht Aussage gegen Aussage. Und da scheint der ehrwürdige Meisterzalei, der sich in zig Jahren harter Arbeit für die Gemeinschaft einen tadellosen Ruf erworben hat, doch ein wenig zuverlässiger.“ fügte ein weiteres Ratsmitglied hinzu. Es war ein Mann, neben dessen Sessel ein Wolf lag. „Und was waren das für Auftragsmorde?“ wechselte die Rothaarige das Thema. „Nachdem mein Vater, Taro Natsukori, nach einem Streit mit dem Rat gebrochen hatte, ließ Adoy ihn ermorden. Er wusste, dass mein Vater gegen ihn ermittelte und weitere Verbündete suchte. Deshalb ließ er ihn aus dem Weg räumen. Aus demselben Grund wollte er letzte Woche auch Lan ermorden lassen, nur dass dieser Versuch zum Glück gescheitert ist. Der beauftragte Mörder war in beiden Fällen Pierre Loire.“ Ein Raunen ging durch den Saal. Die Ratsmitglieder schauten entsetzt bis fassungslos. Ein Mann lachte sogar kurz ungläubig auf. „Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen, Meister?“ erkundigte sich die rothaarige Stellvertreterin. „Unsinn! Völliger Unsinn! Ihr alle gehört habt, wie Taro und ich geeinigt haben uns hier im Rat. Das Land verlassen und mit dem Rat nichts mehr zu tun haben, das er wollte. Seine Ermittlungen gegen mich fürchte ich nicht. Nichts zu verbergen habe ich. Und Lan? Lan war mein eigener Schüler, wie ein Sohn er ist fast für mich. Umbringen lassen ihn zu wollen, Unsinn ist das.“ „Dass ich nicht lache! Du wolltest mich tot sehen, weil ich dir schon lange unbequem war. Pierre hat mir selbst gesagt, dass der Auftrag von dir kam.“ rief Lan aus. Jetzt gab er sich nicht mehr die geringste Mühe, sein Temperament im Zaum zu halten. Er kochte vor Wut so heiß, dass Kei fast die lodernden Flammen sehen konnte. „Lan, beruhig dich.“ ermahnte ihn Ryu leise. „Gibt es für irgendeinen der beiden Morde Beweise oder Zeugen?“ fragte die Rothaarige, langsam selbst gelangweilt von ihrer ewig gleichen Frage. „Nur den Auftraggeber, der alles bestreitet, den Mörder und die Opfer. Lans Aussage als solches habt ihr gehört. Handfeste Beweise können wir euch nicht vorlegen.“ „Pierre ist heute im Ratsgebäude. Vorhin hab ich ihn zufällig in der Kantine getroffen. Warum fragen wir ihn nicht einfach selbst?“ schlug der Mann mit dem Wolf vor. Alle Anwesenden hielten dies für eine sehr gute Idee und so verließ der Mann den Saal, um den Tierarzt zu suchen. Einige Minuten später kehrte er in dessen Begleitung zurück. Pierre balancierte seine Schlange um die Schultern gewunden. Den linken Arm trug er in einer Schlinge und beim Gehen zog er ein Bein ein wenig nach, wohl von einer Knieverletzung. Kei fiel sofort auf, dass Pierre schon direkt nach seinem Eintritt in den Saal Lan fixierte und umgekehrt. Beide funkelten einander finster an, die Brauen tief ins Gesicht gezogen. Wenn Blicke töten könnten… Seit Langem hatte Kei gewusst, dass Lan und Pierre nach einem großen Streit vor drei Jahren ein mehr als schlechtes Verhältnis hatten. Pierre war Lan immer konsequent aus dem Weg gegangen, während Lan sich regelmäßig über Pierres Bockigkeit beschwert hatte. Aber Kei hatte den Kleinkrieg zwischen beiden immer eher als lustige Neckerei verstanden. Nie hätte er damit gerechnet, dass einer von beiden versuchen könnte, den anderen umzubringen. „Pierre, eben haben wir gehört, dass Meister Adoy dich zweimal zu Auftragsmorden angestiftet haben soll. Du sollst Herrn Natsukori ermordet und letzte Woche versucht haben, auch Lan umzubringen.“ informierte ihn die Rothaarige. „Quoi?!“ Pierre fiel fast die Kinnlade auf den Boden, so geschockt war er. In großer Geste signalisierte er wie getroffen und verletzt er von diesen Anschuldigungen war. „Mon dieu! Ihr kennt misch doch alle. Isch bin Arzt, isch rette Leben. Isch könnte keiner Fliege etwas zu Leide tun. Niemals könnte isch einen Mord bege’en. Und warum sollte isch Taro etwas antun? Er ist immer’in der Vater von Ryu, einem sehr guten Freund. C’est ridicule!“ „Und Lan? Stimmt es, dass du ihn letzte Woche umbringen wolltest?“ fragte die stellvertretende Vorsitzende weiter. „Bon… Es ist kein Ge’eimnis, dass Lan und isch uns nischt leiden können seit diesem… dieser Sasche vor drei Jahren… Ihr wisst alle, dass wir seitdem keinerlei Kontakt mehr ‘atten. Uns beiden war immer klar, dass es zu einem neuen Streit kommen würde, wenn wir uns über den Weg laufen würden. Dieser ‘ass ist beiderseitig.“ Allein mit seinem finsteren Blick schien Lan Pierres Worte kommentarlos zu bestätigen. Pierre seufzte leise, als er sich dessen bewusst wurde. Unter der ganzen Situation schien er sichtlich zu leiden. Wenn er ihnen allen nur etwas vormachte, dachte Kei bei sich, war Pierre ein ziemlich guter Schauspieler. In einer fast theatralischen Geste warf er sein Haar hinter die Schulter, bevor er fortsetzte. „Am Freitagnachmittag ‘aben wir uns zufällig getroffen. Isch kam spät aus einem… na ja, egal wo’er. Jedenfalls sah isch Lan auf einer Parkbank sitzen. Isch wollte schnell weiter ge’en, bevor er misch bemerkt, aber es war schon zu spät. Er ‘at sisch förmlisch auf misch gestürzt und misch geschlagen. Mein Knie und mein linker Arm sind immer noch verletzt.“ „Schwachsinn!“ Lan brüllte mehr als nur stinksauer in Pierres Richtung. Er war von seinem Sessel aufgesprungen und seine Glieder zitterten vor Zorn. Beide Hände hatte er zu Fäusten geballt. Obwohl er sichtlich bemüht war, sich zurückzuhalten, konnte jeder der Anwesenden seine überschäumende Wut deutlich sehen. Kei schluckte mit gemischten Gefühlen. Er glaubte Lan, aber allein seine Wut in diesem Moment schien Pierres Worten fast recht zu geben. Wer Lan so sah, traute ihm vermutlich zu, sich tatsächlich im nächsten Moment auf Pierre zu stürzen. „DU bist zu MIR gekommen und hast mir eröffnet, dass du mich in Adoys Auftrag erledigen sollst. Und das hättest du auch getan, wenn ich nicht mit einer Riesenportion Glück entkommen wäre!“ „Maître Adoy ‘atte damit nischts zu tun.“ entgegnete Pierre unterkühlt im stärksten Kontrast zu Lans Ausbruch. „Unser Streit von vor drei Jahren ist wieder aufgeflammt bei einer zufälligen Begegnung. Isch kann mir vorstellen, dass es Lan gut in den Kram passt, diese Geschischte einfach auf den Maître zu schieben. Auch den Mord an Mika Takano wollte er dem Maître in die Schu’e schieben, n’est-ce pas?“ „Hör sofort auf mit diesen bescheuerten Lügen, Pierre!“ „Dass Lan gegen den Maître arbeitet ist doch ein offenes Ge’eimnis. Er ‘atte wohl von Anfang an vor, dem Rat ‘eute die Wahr’eit über Maître Adoy zu erzählen, die isch übrigens nischt für selbige ‘alte, falls Sie meine Meinung interessiert. Um der ganzen Geschischte noch etwas mehr Brisanz zu verlei’en, wollte Lan wohl einfach noch einen Auftragsmord oben drauf setzen. Also will er Ihnen unseren Streit von letzter Wosche als Mordversusch verkaufen. Maître Adoy wäre der Böse Auftraggeber und isch der böse Mörder. Et voilà, Lan ‘ätte sisch mit nur einer Lüge bei gleisch zwei Feinden revanchiert.“ Lan bebte vor Wut. Inzwischen hatte er augenscheinlich wirklich gute Lust, seinen Kampf mit Pierre fortzusetzen. Und der provozierte ihn sogar noch weiter, indem er ihm neckisch zuzwinkerte. Pierre versuchte noch nicht einmal, sein Zwinkern vor den anderen Anwesenden zu verstecken. Lan explodierte daraufhin fast. Nur Ryu hielt ihn mit ausgestrecktem Arm zurück. Mit gewohnter Ruhe in seiner Stimme, aber deutlich verstimmtem Gesichtsausdruck, wandte er sich schließlich an Pierre. „Ist das deine Aussage?“ „Oui. Lan und isch ‘atten letzten Freitag einen Streit mit ‘andgreiflischkeiten. Aber dieser war rein privat und ‘atte nischts mit Maître Adoy, dem Rat oder irgendwem anders zu tun. Und es war auch nur ein spontaner Streit, ganz sischer kein geplanter Mord.“ Der Rat nahm diese Bekundung von Pierre zur Kenntnis. Nachdem sich keine weiteren Fragen mehr an ihn ergaben, wurde er entlassen. Pierre verließ daraufhin den Sitzungssaal mit erhobenem Haupt. Sein blondes Haar folgte seiner Bewegung in eleganten Schwüngen. Lan sah ihm noch nach als ob er ihn mit seinen Blicken erdolchen wollte, bis die Tür hinter Pierre ins Schloss fiel. Nach einem Moment, indem vermutlich jeder der Anwesenden das auf sich wirken ließ, was zuvor im Saal gesprochen wurde, ergriff die rothaarige stellvertretende Vorsitzende wieder das Wort. „Wir haben jetzt alles gehört, was ihr Meister Adoy vorwerft. Wir haben die Zeugen gehört und so weit möglich Beweise gesehen. Welchen Antrag möchtet ihr an den Rat stellen?“ „Wir bitten den Rat, eine unabhängige Kommission zu bilden, die alle Vorwürfe gegen Meister Adoy und die Organisation K.R.O.S.S. überprüft. Gleichzeitig sollten die Tätigkeiten und Befugnisse des Rats umfassend überprüft werden. Der Rat hat zu viel Macht über die Zalei und wird zu wenig kontrolliert. Vor allem müssen die illegalen, gefährlichen Aufträge an die Zalei ein Ende haben, sowie die geschehenen Morde aufgeklärt werden. Wir beantragen außerdem, Meister Adoy den Vorsitz des Rats zu entziehen und ihn unter Arrest zu stellen.“ „Der Rat der Zalei wird sich jetzt beraten.“ nickte die Rothaarige, nachdem sie Ryus Antrag vernommen hatte. Ryu, Lan, Yuki, Kei und Kiku verließen den Saal inzwischen. Sie warteten gespannt in der Nische, in der sie schon vor dem Sitzungsbeginn gesessen hatten. Auch Meister Adoy zog sich zurück, allerdings folgte er den anderen mit demonstrativem Abstand durch die Tür und zog sich in eine andere Ecke zurück. „Ist nicht ganz so gelaufen wie wir gehofft haben.“ Lan schnaufte resignierend. Er war in seinen Stuhl gesunken. Mit dem Ellenbogen stützte er sich auf der Armlehne ab und hatte den Kopf in seine Hand gelegt. Geistesabwesend strich er mit zwei Fingern über das Pflaster über seinem Auge. Auch bei allen Temperamentsausbrüchen war ihm immer noch anzusehen, dass sein Körper geschwächt war. „Es hätte besser laufen können. Aber zumindest konnten wir ihnen alles vortragen, was wir haben.“ stellte Ryu fest. „Was glaubst du wie sie entscheiden?“ „Keine Ahnung. Es könnte sein, dass ihnen die Beweise noch nicht reichen, um den Alten unter Arrest zu stellen. Aber zumindest einen Untersuchungsausschuss können sie eigentlich nicht ablehnen. Der wäre ein Anfang und würde früher oder später die Leichen in Adoys Keller finden.“ „Hoffen wir’s.“ Nach einer grausam langen Zeit des Wartens wurden alle wieder in den Sitzungssaal gerufen. Der Rat hatte seine Beratung beendet und eine Entscheidung gefällt. Ryu, Lan und Meister Adoy nahmen wieder in ihren angestammten Sesseln im Kreis der Ratsmitglieder Platz. Kei, Yuki und Kiku kehrten zu den Stühlen an der Seite des Saals zurück, wo sie auch zuvor gesessen hatten. „Der Rat der Zalei hat eure Ausführungen diskutiert und über eure Anträge entschieden.“ begann die stellvertretende Vorsitzende schließlich. „Alle Anträge wurden einstimmig abgelehnt.“ Der alte Meisterzalei thronte mit einem triumphierenden Grinsen auf seinem Sessel, das er kaum unterdrücken konnte. Ryu war sprachlos. Die so leichtfertig dahin gesprochenen Worte der stellvertretenden Ratsvorsitzenden waren für ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Wie konnte der Rat zu diesem Ergebnis kommen nach allem, was sie ihm dargelegt hatten? „WAS?! Habt ihr alle ‘nen Vogel?!“ konnte Lan sich nicht beherrschen. „Lan, nicht schon wieder dieser Ton. Du wurdest hiermit verwarnt.“ Die Rothaarige warf ihm einen langen, strengen Blick zu, bevor sie weitersprach. „Ich möchte gerne begründen, wie wir zu unserer Entscheidung gekommen sind.“ „Ja, bitte erklär es uns! Hat Adoy euch gekauft oder seid ihr wirklich so dämlich? Das würde mich brennend interessieren.“ „Das ist deine zweite Verwarnung. Noch ein Zwischenruf dieser Sorte und du verlässt den Saal, Lan.“ Sie ermahnte Lan abermals und erfuhr Unterstützung, als auch Ryu seinen Freund im Flüsterton noch einmal dringend bat, sich zurückzuhalten. Lan nickte schuldbewusst und versuchte, seinen Ärger herunterzuschlucken. „Die Anschuldigungen gegen Meister Adoy lauten folgendermaßen: 1. Er soll Zalei missbraucht haben, um Aufträge illegaler und gefährlicher Art auszuführen, für die er sich bezahlen ließ. Beweise liegen nicht vor. 2. Er soll Gelder aus den Einrichtungen des Zaleirats hinterzogen haben. Beweise liegen nicht vor. 3. Er soll mit der Organisation K.R.O.S.S. bei illegalen und gefährlichen Forschungen zusammengearbeitet haben. Beweise liegen nicht vo-…“ „Natürlich liegen Beweise vor! Was soll das Affentheater? Ryu hat euch den Brief vorgelesen. Und ihr habt Zeugenaussagen. Denkt ihr, Kiku würde sich so was ausdenken und sich selbst reinreiten? Wie kann man nur so dämlich sein?“ „Ja, Lan. Wie kann man nur so dämlich sein? Ich hab dich zweimal gewarnt, einmal mehr als ich es hätte tun müssen. Du bist hiermit von der Sitzung ausgeschlossen. Verlass den Saal!“ Ryu schlug die Hand vors Gesicht. Er hatte es kommen sehen. Eigentlich hätte er wissen müssen, dass es so enden würde. Es war naiv von ihm gewesen zu glauben, dass Lan sich diesmal beherrschen würde. Immerhin hatte er genau gesehen wie gereizt er nicht nur heute, sondern schon die ganze letzte Zeit gewesen war. Nachdem Lan immer noch kochend vor Wut und leise vor sich hin schimpfend den Saal verlassen hatte, setzte die stellvertretende Vorsitzende ihre Ausführungen fort. „Wir können den Brief leider nicht als Beweismittel anerkennen, da aus ihm weder Absender noch Empfänger hervorgehen. Der Inhalt ist viel zu wage und jede Deutung wäre reine Spekulation. Außerdem handelt es sich noch nicht einmal um das Original, so dass wir die Herkunft und Echtheit des Briefs ebenfalls nicht überprüfen könnten.“ Ryu nickte knapp. Bei Tageslicht betrachtet hatte sie wohl oder übel recht. „Auch Kiku Aki hat uns zwar glaubhaft erklärt, dass und wie sie für K.R.O.S.S. tätig war. Da sie sich selbst damit schwer belastet, gehe ich davon aus, dass sie nicht lügt. Aber sie hat uns auch wirklich ausschließlich ihre Arbeit für K.R.O.S.S. darlegen können, keine Verbindung zu Meister Adoy. Deshalb musste der Rat zum Schluss kommen, dass es keine ausreichenden Beweise für diese Verbindung gibt.“ Punkt für Punkt ging die stellvertretende Vorsitzende alle Vorwürfe durch, die Ryu und Lan gegen Adoy erhoben hatten. Ryus Mut sank zusehends, während das Grinsen des alten Meisterzalei immer breiter und breiter wurde. „4. Er soll Mika Takano ermordet haben, um Beweise für seine illegalen Aufträge zu vertuschen. Beweise liegen nicht vor. Insbesondere hat sich auch die Polizei ausführlich mit dem Fall befasst und selbst mit moderner Kriminaltechnologie keinerlei Hinweise gefunden, dass der Meister irgendetwas mit Mikas Tod zu tun hatte. Die einzige Zeugenaussage ist die des Hauptverdächtigen. 5. Er soll den Mord an Taro Natsukori in Auftrag gegeben haben. Beweise liegen nicht vor. Genau genommen liegen nicht einmal Beweise vor, dass Herr Natsukori überhaupt tot ist. Dennoch möchte ich euch mein herzliches Beileid aussprechen, wenn es so ist, Ryu und Yuki. 6. Er soll den Mord an Lan Sekiei in Auftrag gegeben haben. Meister Adoy sagt ebenso aus wie Pierre Loire, dass es keinen Mordversuch an Lan gegeben hat. Laut Pierre handelte es sich um einen privaten Streit, der mit Meister Adoy nichts zu tun hatte. Es gibt keine Beweise, aufgrund derer der Rat der Zalei etwas anderes annehmen müsste.“ Ryu atmete einmal tief durch, bevor er antwortete. „Ich verstehe die Argumentation des Rats, auch wenn ich natürlich sehr getroffen bin, dass unsere Aussagen als Zeugen anscheinend in keiner Weise ernst genommen werden. Lan, Yuki, Kiku, Kei und ich haben mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört, was Adoy für ein falsches Spiel spielt. Ich bin fassungslos, dass er damit einfach davonkommt, solange wir keine knallharten Beweise auf den Tisch legen können. Ich meine, Sie sehen doch was sie Yuki angetan haben.“ „Du meinst, was K.R.O.S.S. ihm angetan hat. Es geht hier nicht um Vorwürfe gegen K.R.O.S.S., sondern gegen Meister Adoy. Die Organisation K.R.O.S.S. untersteht nicht dem Rat und ist damit ein Thema für die öffentlichen Behörden, nicht für uns.“ „K.R.O.S.S. arbeitet für Adoy, also ist es dasselbe. Nur fehlen uns eben die Beweise, die Sie auch anfassen können. Fünf Zeugenaussagen reichen ja anscheinend nicht.“ seufzte Ryu missmutig und strich sich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Solltet ihr uns diese Beweise nachreichen können, befassen wir uns natürlich gerne erneut mit dem Thema.“ „Jetzt haben Sie uns erläutert, warum Meister Adoy nicht seines Postens enthoben und unter Arrest gestellt wird. Aber was ist mit der Gründung eines Untersuchungsausschusses? Es gibt mehrere Hinweise darauf, dass innerhalb der Struktur des Rats und der Gemeinschaft Missbrauch betrieben wurde. Entgegen den Regeln des Rats wurden Zalei für verschiedene Tätigkeiten ausgebeutet und gefährdet. Und es soll finanzieller Schaden für die Gemeinschaft entstanden sein – stufe ich persönlich zwar nicht als Topargument ein, aber Führungsetagen hängen ja gerne mal an den Bilanzen. Ganz zu schweigen von den beiden Morden und einem Mordversuch, deren Ursache ganz offensichtlich irgendwo innerhalb der Zaleigemeinschaft liegen. Auch wenn es keine Ihrer heißgeliebten Beweise gibt, sollten die Hinweise doch genug Anlass geben für eine umfassende Untersuchung.“ Ryus Geduld schien langsam zu Neige zu gehen. Auch wenn seine Stimme ruhig blieb, wählte er doch eine zunehmend unsachlichere Sprache. Einen ähnlichen Ton hatte Kei von Ryu eigentlich nur im Gespräch mit seinem Vater gehört. „Wie ich bereits ausführlich erklärt habe, gibt es keine Beweise. Die Hinweise, von denen du sprichst, sind nur eure Zeugenaussagen. Und die wurden schon heute während dieser Sitzung in mindestens zwei Punkten widerlegt.“ „Sie wurden nicht widerlegt, sondern es steht Aussage gegen Aussage. Dass der Rat Adoy oder Pierre mehr Glauben schenkt als uns bedeutet nicht, dass unsere Aussage deshalb widerlegt ist.“ „Eine Untersuchung wie ihr sie euch wünscht, ist wahnsinnig aufwendig. Um einen Ausschuss aufzubauen, müssen Arbeitskräfte, Material und Mittel bereitgestellt werden. Solange wir bloß vagen Hinweisen folgen sollen, und die ganze Nachforschung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit dem Ergebnis enden wird, dass alles in bester Ordnung ist, können wir uns diesen Aufwand nicht leisten. Der Rat muss abwägen und seine Ressourcen im Interesse aller Zalei, die er vertritt, nach bestem Wissen und Gewissen einsetzen.“ „Mit anderen Worten: Nur weil eine Handvoll junger Zalei euch auf grobe Missstände hinweist, müsst ihr noch lange nicht tätig werden, weil es zu teuer ist.“ murmelte Ryu kaum hörbar und massierte mit den Fingerspitzen seine Schläfe. Langsam begann sein Kopf zu schmerzen. „Ebenfalls einen Antrag an den Rat möchte ich stellen.“ Der alte Meisterzalei hatte so weit wie möglich sein triumphierendes Grinsen unter Kontrolle gebracht. Er blickte nun mit dem ernsten Blick in die Runde seiner Zalei, die man vom ehrwürdigen Vorsitzenden des Rates erwartete. „Die Anschuldigungen meiner ehemaligen Schüler, sehr haben sie mich getroffen. Völlig haltlos sie sind natürlich, wie bereits ich erläutert zuvor. Ryu und Lan bringen Klagen gegen mich hervor, die eigentlich gegen K.R.O.S.S. sich richten. Vor wenigen Minuten erst hat Ryu gesagt, K.R.O.S.S. und ich, das sei dasselbe.“ „Dreh mir nicht das Wort im Mund um.“ „Das ich nicht tu. Du hast es so gesagt, alle haben es gehört. Ryu kann unterscheiden mich und K.R.O.S.S. nicht mehr. Er und Lan haben viele, viele Vorwürfe erhoben. Viele davon sogar schon jetzt widerlegt sind. Der einzige Beweis, den sie vorlegen konnten, ist ein Brief, den sie wahrscheinlich selbst haben gefälscht. Ryu und Lan unterstellen mir, das Vertrauen des Rats missbraucht und verschiedene Straftaten begangen zu haben, von denen sie keine einzige beweisen konnten. Im Gegenzug ich ebenfalls erhebe eine Anschuldigung gegen meine ehemaligen Schüler: Verfolgungswahn.“ Ryu schüttelte geistesabwesend den Kopf. Was bezweckte der Alte mit so einem lächerlichen Vorwurf? „Lan und Ryu beide Mitglieder dieses Rats sind, dem ich vorsitze. Sitzungen immer waren schwierig mit ihnen. Oft sie haben Beschlüsse blockiert, regelmäßig Lan wurde von Sitzungen ausgeschlossen. Jetzt aber das Maß ist voll. Ryu und Lan haben schwere Vorwürfe gegen den Vorsitzenden des Rats erhoben und damit gegen den Rat selbst. Eine Zusammenarbeit künftig ich sehe als unmöglich sie an. Deshalb beantrage ich, Ryu und Lan ihrer Posten zu entheben und sie aus dem Rat der Zalei zu entlassen.“ Ryu wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Nicht nur dass ihr Plan, den alten Meister als Ratsvorsitzenden ab- und ihn festzusetzen auf ganzer Linie gescheitert war, jetzt wollte der Alte stattdessen sie ausschließen. Das durfte nicht wahr sein. „Möchtest du dich zum Antrag des Vorsitzenden äußern, Ryu?“ riss ihn die rothaarige Stellvertreterin aus seinen Gedanken. „Was soll ich dazu sagen? Der Rat weiß natürlich, dass Lan und ich gerne Diskussionen anstoßen und Beschlüsse im Rat oft kritisch betrachten. Mir ist klar, dass es Adoy bequemer wäre, wenn alle Ratsmitglieder brav nach seiner Pfeife tanzen würden. Und wahrscheinlich würde auch der restliche Rat gerne jeden Tagesordnungspunkt schnell abhaken und in den Feierabend starten. Aber genau in der differenzierten Auseinandersetzung mit den Themen im Rat, sehe ich unsere Aufgabe als dessen Mitglieder. Es ist absolut lächerlich, uns deswegen rausschmeißen zu wollen.“ Wieder beriet sich der Rat der Zalei ausführlich und ließ sich Zeit, um zu einem Beschluss zu finden. Als es so weit war, räusperte sich die stellvertretende Ratsvorsitzende kurz. Mit festem Blick sah sie Ryu an und machte seinen Albtraum perfekt. „Der Rat der Zalei nimmt den Antrag des Vorsitzenden Adoy mit sechs zu drei Stimmen an. Ryu Fuyutaka und Lan Sekiei werden mit sofortiger Wirkung ihrer Funktion als Mitglieder des Rates der Zalei enthoben.“ Zur selben Zeit trottete Lan immer noch mit einer Riesenwut im Bauch den Gang entlang in Richtung Eingangshalle. Nach seinem neuerlichen Rauswurf würde er das tun, was er nach jedem Rauswurf tat. Er würde einfach so lange vor dem Eingangstor stehen und rauchen, bis Ryu sich nach der Sitzung zu ihm gesellen und ihm eine Standpauke halten würde. Lan konnte es einfach nicht fassen. Trotz all ihrer Recherchen, trotz aller Zeugenaussagen, aller Beweise – und er sah sie definitiv als handfeste Beweise an – und nach allem, was sie durchgemacht hatten, zerschmetterte der Rat so einfach all ihre Hoffnungen. Schon zum zweiten Mal musste Lan erleben, wie eine Rebellion gegen Adoy scheiterte. Er kochte vor Wut. Gleichzeitig war er aber auch völlig ausgebrannt von den Strapazen der letzten Zeit. Alles war umsonst gewesen. Lan fühlte sich so ohnmächtig. Hatten sie wirklich verloren? Lan hatte kaum einen Fuß über die Schwelle zwischen Gang und Eingangshalle gesetzt, da packte ihn eine starke Hand am Unterarm und wirbelte ihn herum. Im nächsten Moment wich beim Kontakt mit der Wand die Luft aus Lans Lungen. Bevor er überhaupt seinen Atem wiedergefunden hatte, legte sich eine Hand über seinen Mund. Reflexartig wollte er sich umdrehen, spürte aber dann, wie ein metallischer Gegenstand gegen seinen Rücken gepresst wurde. Eine Waffe. „Hast du dich nie gefragt, warum du immer noch am Leben bist, Lan Sekiei?“ Die Stimme fast direkt neben seinem Ohr klang beinahe belustigt. Lan kannte diese Stimme, er hatte sie schon gehört. Aber wann und wo…? „Ich hätte dich ja längst umgebracht. Aber die Miss scheint noch Pläne mit dir zu haben.“ Mit dem Ende des letzten Satzes fühlte Lan einen heftigen Schlag am Hinterkopf, der das Bild vor seinen Augen trüb werden ließ. Nur wenig später sank er fast wie in Zeitlupe auf den Boden und verlor das Bewusstsein. **** Hallo, diesmal bin ich einen Tag früher dran, weil ich dieses Wochenende vermutlich nicht zum Hochladen kommen werde. Leider bedeutet das im Umkehrschluss, dass ihr einen Tag länger als sonst warten müsst, um zu erfahren, was eben passiert ist und wie es weitergeht. ;P Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)