Anubis Black von Autumn (JadenxChazz, AtticusxZane (Kapitel 22 ist da!!!)) ================================================================================ Kapitel 12: Die Rache des Skorpions (Teil 1) -------------------------------------------- So, es geht weiter, und gleich der nächste Mehrteiler! "Die Rache des Skorpions" wird drei Teile haben und diesmal steht Chazz im Mittelpunkt sowie das geheimnisvolle X, das auf seinem Arm eingebrannt ist...Vorhang auf für die Geschehnisse um den Vierten Schattenreiter! *Tusch* Kapitel 12: Die Rache des Skorpions (Teil 1) Chazz rannte durch eine finstere, schwarze Welt. Um ihn herum war nichts als Dunkelheit. Er wusste, dass es im Grunde nicht er war, der hier lief, sondern Shezar, denn seine Haut war braungebrannt und er trug die Kleidung eines Anubiskriegers. Das Herz schlug ihm wild in der Brust und ein unerklärliches, unbeschreiblichen Gefühl von Grauen kroch ihm über den Rücken. Seine Nackenhaare stellten sich auf und mit gehetztem Blick sah er sich um - aber alles war schwarz. Und dann hörte er es. Ein Knacken, ganz in seiner Nähe. Irgendetwas....Riesiges krabbelte über den Boden. Er drehte sich um und starrte auf ein gigantisches Insekt mit vor Sabber triefenden Kiefern, unzähligen Gliedmaßen und einem drohend erhobenen, spitzen Schwanz....ein Skorpion. Genau wie in seiner Vision im Wasser! Kalte Angst bemächtigte sich seiner und seine Kehle wurde trocken, während ihm der Schweiß ausbrach. Die Furcht klammerte sich mit eisigen Krallen an seinen gesamten Körper und lähmte ihn. Fahrig suchte er nach seinen beiden Spießen, aber er fand nichts. Plötzlich dröhnte höhnisches Gelächter an seine Ohren, das weitere, undeutliche Eindrücke hervorrief. Der Skorpion schien mit einem Mal im Blut eines Menschen zu waten und das Gelächter wurde immer lauter. Er sackte in die Knie, ihm wurde übel. Seine Hände berührten etwas Warmes und er zuckte zurück. Vor ihm lag eine Person, erst vor kurzem getötet. Zitternd sah er in das Gesicht des Verstorbenen und ein namenloses Entsetzen packte ihn, drang in ihn ein und ließ all seine Empfindungen taub werden. Und dann kam ein Schrei in ihm nach oben, wie ein Würgen zuerst, und schließlich wie eine einzige, dem Wahnsinn nahe Verzweiflung....das Echo des abscheulichen Lachens hallte in der Finsternis wider, Tränen schossen ihm aus den Augen und rannen in Strömen über sein Gesicht. „Kail...." flüsterte er völlig gebrochen. „Kail....du kannst nicht tot sein....Ich habe dir noch gar nicht gesagt, dass ich dich liebe...." Seine Stimme erstickte vor Schmerz. Das Lachen hörte nicht auf und langsam erweckte es in ihm ein berauschendes Gefühl von Zorn. Auf seinem linken Arm erschien ein rot glühendes X. Er wachte auf, schwer atmend. Seine Hände fuhren über seine Wangen, spürten, dass sie feucht waren. Er hatte also nicht nur im Traum geweint. Ein brennender Brechreiz quälte ihn und er stürzte hinaus in sein Badezimmer, klappte den Toilettendeckel hoch und übergab sich. Er fühlte sich elend....hundeelend. War es so passiert? Hiron war damals umgekommen, daran erinnerte er sich bereits. Kail also auch. Und er hatte ihm offensichtlich nie gestanden, was er für ihn empfand....das musste es sein. ~~ Wenn du eines Tages vor die Wahl gestellt wirst, zu schweigen oder zu sprechen, dann bitte, sprich! Denn wenn du schweigst, könntest du es bereuen....für den Rest deines Lebens....~~ Shezar hatte geschwiegen und den Mann verloren, den er liebte, ohne dass dieser es wusste. Daher seine Ermahnung. Chazz krempelte den Ärmel seines Pyjamas um und betrachtete das X. Wenn er es sich genau überlegte, sah es aus wie eine....Narbe. Von wem stammte sie? Sie war erst aufgetaucht, als die Sache mit den Schattenreitern allmählich begann, damals, als er im Thermalbad war. Schon an jenem Tag hatte er die Präsenz der Schatten gespürt, ohne sich darüber klar zu sein. Das nagende, bohrende Gefühl, nicht allein zu sein....ausspioniert zu werden....Er seufzte und löschte seinen Durst mit einem Schluck Leitungswasser, etwas anderes brachte er nicht hinunter. Er hockte sich wieder auf sein Bett, ließ das Licht jedoch ausgeschaltet. Die Dunkelheit, die vom Mond erhellt wurde, machte ihm keine Angst. Er musste an seinen feuchten Traum denken, den er vor ein paar Tagen gehabt hatte. Seine letzten Zweifel waren verschwunden. Er war schwul. Basta. Wie sonst ließ es sich erklären, dass ihn die bloße Vorstellung so erregt hatte? Seine Situation war katastrophal. Nicht nur, dass ihn Alpträume malträtierten, er musste sich auch noch mit seinen Gefühlen für Jaden herumschlagen: Liebe und Verlangen. Oh ja, das war eine Tatsache. Er begehrte ihn auch, eine Emotion, die seinem jungfräulichen Körper vollkommen fremd war. Die ausdrucksstarken, leidenschaftlichen Augen, die sinnlichen Lippen, die anmutigen Bewegungen, die schöne Brust, die reinen Schultern, diese unwiderstehlichen Hüften, die schlanken Beine, dieser unglaublich süße Hintern....in seinem Kopf und in seinem Herzen herrschte Chaos. Er sank erschöpft ins Kissen, nun befreit von seiner Übelkeit, aber unruhig, hin und her gepeitscht von seinen Empfindungen. Er wollte nicht mehr einschlafen, obwohl es erst drei Uhr morgens war. Der Schlaf würde den Alptraum zurückbringen und das wollte er nicht. Er hatte schon Ringe unter den Augen, weil er nicht mehr anständig durchschlief. Aber er konnte nicht. Immer wieder das Skorpionmonster, immer wieder die blutüberströmte Leiche des geliebten Mannes, immer wieder diese schreckliche Furcht und dieses grässliche Gelächter, das ihn verspottete....der Schmerz, die Tränen, die Wut. Der Ekel in seiner Kehle, die Finsternis um ihn herum - und das X. Er hatte versucht, sich an seine Existenz vor viertausend Jahren zu erinnern, aber über Kails Tod konnte er nichts finden, dort klaffte eine Lücke. Er blickte zum Fenster hinaus und stutzte. Unten lief eine dicke Katze vorbei....das war doch Pharao, der Kater von Professor Banner! Warum war dieser komische Kerl eigentlich noch immer krankgeschrieben? Durfte man als Dozent so lange vom Unterricht fernbleiben? Er verfolgte, wie der Kater hin und her sprang und Stöckchen durch die Gegend schleppte, ein höchst ungewöhnliches Verhalten für das sonst so faule Tier. Chazz beobachtete die merkwürdigen Eskapaden noch eine Weile, bis die Neugier ihn besiegte. Er schlüpfte in seine Stiefel und einen Mantel und verließ den Anubis-Black-Trakt. Als er hinter der Trophäenwand hervortrat, schauderte es ihn doch ein wenig, denn so ein verlassen wirkendes Gebäude hatte etwas unheimliches. Er ging hinaus und entdeckte nach einiger Zeit den Kater, der prompt auf ihn zulief und leise miaute. Er streichelte durch das weiche Fell und fragte: „Na, was machst du hier, Speckrolle? Wo ist denn dein Herrchen? Seit wann lässt der dich alleine herumrennen? Noch dazu um diese Uhrzeit?" Pharao maunzte und tapste zu seinen akkurat ausgelegten Stöckchen hinüber. Chazz folgte ihm - und war fassungslos. Im Gras hatte der Kater aus Zweigen eine Nachricht niedergeschrieben, die ausgebreiteten Ästchen hatten die Form von Buchstaben. H I L F M I R „Hilf mir...." las er und schüttelte verwirrt den Kopf. Er starrte das Tier an und zermarterte sich das Hirn, welche Verbindung es zu ihrem Kampf haben mochte - und wer oder was es in Wirklichkeit war. Seit er mit Magie und Dämonen konfrontiert worden war, stand er seltsamen Erlebnissen ganz anders gegenüber und so nahm er diese Botschaft sehr ernst. „Ich soll dir helfen? Was soll ich tun?" Pharao umschmeichelte ihm dankbar die Beine und lief auf die Schule zu. Er führte den Sechzehnjährigen in die Bibliothek, in die Abteilung Geschichte. Es gab dort einen Bücherschrank, der stets abgeschlossen war und niemand hatte sich je danach erkundigt, was darin wohl für Schriftstücke verwahrt wurden. Der Kater tippte ein Nippesfigürchen an, das als Dekoration in einer der Schranknischen stand und Chazz ergriff es gehorsam. Er stellte fest, dass sich in dem Sockel eine Klappe befand und er öffnete sie. Ein Schlüssel fiel heraus und der Jugendliche probierte ihn sofort aus. Er passte. Ehrfürchtig wanderten seine Hände über die Bücher, die er nun erreichen konnte. Die meisten davon schienen uralt zu sein, sogar Schriftrollen waren darunter und lose Blätter, die man einfach in eine Mappe gesteckt hatte. Pharao miaute eindringlich und er hob das Tier hoch, damit es ebenfalls in den Schrank sehen konnte. Es berührte eine Schriftrolle mit schwarzgoldener Kordel und Chazz zog sie vorsichtig heraus. „War‘s das?" Er interpretierte die folgende Kopfbewegung als ein Nicken und sperrte den Schrank wieder sorgsam zu, verbarg den Schlüssel in seinem Versteck und schlich nach draußen. „Was nützt uns diese Schriftrolle?" Pharao fing erneut damit an, Stöckchen zu sammeln und trug sie zu denen hinüber, die er bereits zum „Schreiben" benutzt hatte. Er arbeitete einige Minuten und präsentierte schließlich sein Werk. Der Dunkelblauhaarige hatte plötzlich ein dumpfes Gefühl in der Magengegend, obgleich er nicht genau wusste, weshalb. W A H R H E I T „Wahrheit....was bedeutet das? Enthält diese Schriftrolle die Wahrheit? Aber was für eine Wahrheit soll das sein? Ich meine....heißt das, es gibt da noch etwas, von dem wir nichts wissen? Ach verdammt, ich wünschte, du könntest richtig sprechen!" Er hob den Kopf, der Instinkt des Kriegers erwachte in ihm. Seine geschmeidigen Muskeln spannten sich an, seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Die Aura eines Schattenreiters! Pharao hatte sich erschrocken und floh, bevor Chazz ihn daran hindern konnte. Hatte er es auch gespürt? Er war nicht bewaffnet, aber ein Kämpfer des Anubis wurde auch in waffenloser Selbstverteidigung unterwiesen, sodass er sicher war, den Feind wenigstens k. o. schlagen zu können. Auf einmal wurde die Aura jedoch schwächer, bis sie gänzlich verblasst war und er gab seine Gefechtshaltung auf. »Das ist vielleicht eine verrückte Nacht....und was mache ich jetzt mit dem Ding? Bestimmt ist es besser, wenn ich die Schriftrolle irgendwo einschließe. Beim Frühstück werde ich dann den anderen davon erzählen.« Er kehrte in sein Zimmer zurück und kroch müde in die Federn. Diesmal schlief er, tief und traumlos. Ein paar Stunden später, in der allgemeinen Schulcafeteria (es gab je eine in jedem Wohnhaus, aber wer sich im Unterrichtsgebäude aufhielt, ging in der Regel hier zum Essen. Die Anubis Black besassen keine eigene Cafeteria, sie waren ja nur zu siebt), wo man der schwarzuniformierten Gruppe einen separaten Tisch zur Verfügung gestellt hatte, berichtete Chazz seinen Freunden von den seltsamen Ereignissen. „Und Pharao hat dir tatsächlich diese Nachrichten buchstabiert?" erkundigte sich Bastion zum mindestens vierzigsten Mal. „Ich hatte immer schon den Verdacht, dass dieser Kater nicht ganz normal ist, aber so abnormal....Puh....!" „Ist denn ein gebildeter Kater, der Wörter mit Zweigen schreiben kann, so abnormal für unsere Verhältnisse?" kicherte Syrus und zwinkerte in die Runde. „Wir hatten es mit Monstern zu tun, Drachen, Vampiren, Werwölfen, Zauberei, Amazonen....wir haben schon lange keinen ‚normalen‘ Alltag mehr." „Da ist was Wahres dran", seufzte Alexis und schaute sich kurz nach den übrigen Schülern um, die um den Tisch der Anubis Black einen respektvollen Bogen machten. Es wurde über sie getuschelt und Gerüchte verbreitet, wie immer, wenn niemand etwas genaues wusste. „Kannst du uns diese Schriftrolle zeigen?" wandte sich Jaden an den Dunkelblauhaarigen und erntete eine Zustimmung. Gemeinsam brachen sie zu ihrem Trakt auf und versammelten sich in dem Gemeinschaftraum mit der rechteckigen Tafel und den nummerierten Stühlen. Ihr Anführer nahm an der Stirnseite Platz und Chazz holte das Schriftstück aus seinem Zimmer. Die Kordel wurde entfernt und das Papier auseinander gerollt. Es begrüßte sie ein Bild, aufgeteilt in zwei Bereiche. Rechts waren drei Kreaturen aufgemalt, die jeder Duellant sofort erkennen musste: Es handelte sich um die legendären Göttermonster aus Yugi Mutos Deck! „Was hat denn das zu bedeuten?" Zane fuhr die Konturen der Zeichnungen nach. „Sie sind es - Obelisk der Peiniger, Slifer der Himmelsdrache und der Geflügelte Drache des Ra. Aber was sind dann die hier?" Links hatte man drei ähnliche Geschöpfe verewigt, nur schienen sie im Vergleich mit den lebendiger wirkenden Gottheiten eigentümlich knochig und weniger beeindruckend zu sein. Zwischen den beiden Bildhälften stand das Porträt eines Mannes, bekleidet mit einem Lendenschurz, einer Tunika mit Federmuster und einer ebenfalls mit Federn geschmückten Doppelkrone, in traditioneller ägyptischer Pose und, wie gewöhnlich, in Profilansicht. „Wer ist denn der Kerl?" „Keine Ahnung, Sy", entgegnete sein bester Freund und kratzte sich verwirrt am Kopf. „Könnte ein Herrscher sein oder sowas. Offensichtlich hat er was mit den Göttermonstern und den anderen Wesen zu tun. Glaubt ihr....glaubt ihr, das könnten die Heiligen Ungeheuer sein?" „Diese Idee hat etwas für sich. Die Möglichkeit besteht." „Ich weiß nicht, Zane. Ich habe mir die Heiligen Bestien irgendwie....na ja, majestätischer vorgestellt und nicht so....furchteinflößend." meinte das Mädchen nachdenklich. „Bleibt noch herauszufinden, was uns diese Malerei sagen soll." Jaden erhob sich und trat zu dem hohen Bogenfenster, durch dessen blinde Scheiben fahles Sonnenlicht fiel. Er konnte zwar hinausblicken, aber niemand sah ihn. Wieder erinnerte er sich an Taniyas Worte. „Sei, was du bist." Und nun diese Sache mit Pharao, der sich ganz und gar nicht katzenhaft benahm und ihnen diese geheimnisvolle Schriftrolle in die Hände spielte. Was sollte er davon halten? „Spekulieren ist erlaubt. Die drei anderen Kreaturen könnten die Heiligen Ungeheuer sein. Deswegen wissen wir aber noch lange nicht, was Yugi Mutos mächtigste Karten auf einem höchstwahrscheinlich sehr alten Bogen Papyrus zu suchen haben. Wer ist außerdem dieser Mann, der zwischen ihnen abgebildet ist? Gibt es dafür Hypothesen?" „Du kennst ein so schwieriges Wort wie Hypothese?" „Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für Scherze, Bastion!" Der Schwarzhaarige schwieg und musterte seinen Anführer mit Überraschung. Er selbst hatte nie an Jadens Leitqualitäten gezweifelt, doch die neue Ernsthaftigkeit, die er bisweilen an den Tag legte, erstaunte ihn. Er wusste, dass der Jüngere so sein konnte, aber er machte davon eher selten Gebrauch - jedenfalls war es bisher so gewesen. Spürte er Zweifel bei ihm oder täuschte er sich? War da Unsicherheit, Ratlosigkeit? Was hatte Taniya zu ihm gesagt, bevor er sie besiegte? Gewiss, es gab noch die eine oder andere ungeklärte Frage, aber am Sinn ihrer Mission ließ sich nicht rütteln....oder? Er starrte auf das Bild. Irgendetwas hatte Pharao ihnen damit mitteilen wollen....nur was? „Der Mann könnte ein König sein, vielleicht auch ein Priester." „Er ist auf alle Fälle bedeutend. Eventuell ist er die Ikonographie einer Gottheit?" schlug der Grünhaarige vor und die anderen fanden diese Vermutung ebenso einleuchtend. Sie hätten sich noch geraume Zeit darüber auslassen können, wenn die Glocke nicht geläutet hätte. Chazz verstaute das ihm anvertraute Werk in einem abschließbaren Fach in seinem Schrank und eilte mit den übrigen Anubis Black zum Unterricht. Die erste Stunde dieses Vormittags hielt eine Überraschung für die Studenten bereit - Professor Banner war wieder gesund und die geplante Vertretungsstunde bei Doktor Crowler war somit hinfällig. Die Schüler begrüßten ihren langvermissten Dozenten mit begeisterten Rufen und Klatschen, denn auch wenn normalerweise irgendetwas während seiner Experimente missglückte oder explodierte, mochten sie ihn doch alle gern wegen seiner fröhlichen und gutmütigen Art. Er nahm nie etwas übel. „Guten Tag, meine lieben Studiosi. Ich bin hocherfreut, Sie wiederzusehen. Ich habe mich bestens von meiner Krankheit erholt und kann frisch und gestärkt an die Arbeit gehen. Hoffentlich hat Ihnen Professor Crowler das Leben nicht zu schwer gemacht! Übrigens darf ich Ihnen heute gleich einen neuen Kommilitonen vorstellen: Chick Scorpion, eingewiesen in Slifer Red. Stellen Sie sich vor." Ein Junge etwa in Syrus‘ Alter und nicht übermäßig größer als dieser, mit einer punkähnlichen Frisur und neugierigen Augen, grinste die Anwesenden an, verneigte sich nach allen Seiten und sagte: „Hallihallo, freut mich, Euch kennen zu lernen! Ich heiße Chick und bin schon gespannt auf die Duelle, die hier so ausgefochten werden!" Er schickte noch ein strahlendes Lächeln hinterher und suchte sich einen Platz aus. Der Zufall wollte es, dass er direkt neben Syrus landete und bald hatte sich zwischen ihnen ein Gespräch entwickelt. Sie hatten schnell einen Draht zueinander entdeckt aufgrund ihrer geringen Körpergröße und den damit verbundenen Problemen und Erfahrungen wie Spott oder Kränkungen. Professor Banner begann mit seiner Vorlesung und am Ende der Doppelstunde waren die zarten Triebe einer neuen Freundschaft entstanden. Als es zwölf schlug und die Schüler in die verschiedenen Mensen strömten, blieb der Türkishaarige hinter seinen Rangmitgliedern zurück. „He, Sy! Was ist, kommst du? Heute steht Curry auf der Speisekarte!" „Nein, geht ihr ruhig vor, ich....ich warte noch auf Chick. Er ist nun mal neu und ich dachte, ich könnte ihm vielleicht ein bisschen helfen...." Da tippte ihm Chick auf die Schulter und die zwei Fünfzehnjährigen schlenderten in Richtung Slifer-Red-Haus davon. „Ist das echt in Ordnung, wenn du bei uns isst? Die Slifer-Mensa ist nicht gerade berühmt für ausgesuchte Küche und du könntest was besseres haben." „Nein, ist okay. Ich war es bis vor einiger Zeit gewohnt, nichts anderes als Slifer-Menüs zu verspachteln, ich bin total abgehärtet! Hast du ein schönes Zimmer bekommen?" „Na ja....verglichen mit den Luxusausführungen der Obelisken sind wir ja fast das Armenviertel. Kakerlaken und sonstige Insekten....da kann ich garantiert nicht schlafen, wenn ich ständig daran denke, dass es irgendwo wuselt und krabbelt. Aber solange das Bett nicht unter mir zusammenbricht oder Drecksbrühe aus dem Wasserhahn kommt, kann ich alles ertragen! Zumindest haben wir einen coolen Hauslehrer!" „Stimmt, Banner ist voll nett, auch wenn er seine kleinen Eigenheiten hat, aber Lehrer ohne Eigenheiten existieren vermutlich gar nicht!" Sie lachten vergnügt und aßen zusammen zu Mittag. Danach hatte Chick eine Freistunde, sodass Syrus sich von seinem neu gewonnenen Freund verabschieden musste. Er winkte ihm auf halbem Weg zum Unterrichtsgebäude noch einmal zu und lief davon. Der Zurückgebliebene schloss die Tür seines Zimmers und schälte sich aus der roten Jacke. An seinem rechten Oberarm wurde eine Tätowierung in Form eines Skorpions sichtbar. Er strich darüber hinweg und stieß einen tiefen Seufzer aus. Eine schwarze Substanz sprudelte durch die Bodenbretter und manifestierte sich in Gestalt eines muskulösen Mannes mit kantigem Gesicht, der eine identische Tätowierung besass. Sein rechtes Auge war zudem unter einer Art Augenklappe aus Gold verborgen. „Du hast dich erfolgreich eingeschleust. Ausgezeichnet. Und du hast dir das anfängliche Vertrauen eines Anubiskriegers erworben. Perfekt, wirklich perfekt. Aber von meinem Sohn erwarte ich auch nichts anderes. War Shezar dabei?" „Ja, Vater." „Wunderbar! Also wird er mein Gegner im nächsten Duell der Schatten sein! Er hat mit mir nämlich noch eine alte Rechnung zu begleichen und dazu will ich ihm Gelegenheit geben!" Er löste die Lederriemen der goldenen Augenklappe und nahm sie ab. Chick wäre am liebsten vor diesem Anblick geflohen. Das Antlitz seines Vaters war um das Auge herum völlig entstellt; von der Stirn bis hinunter zum Kinnansatz bahnte sich eine brutale, kreuzförmige Narbe ihren Weg, das Fleisch um die Wunde war faltig, verrunzelt und sah aus, als hätte man versucht, die beschädigte Haut durch verschiedenfarbige Hautflecken zu flicken. Rechts war er blind. „Ich werde ihn für diese Verstümmelung bezahlen lassen! Und er wird kommen, wenn ich ihn herausfordere, denn zwischen uns steht unverrückbar der Schwur der Rache!!" Er zog seinen Dolch und donnerte zwei sich überschneidende Kerben in die Tür. Ein X.... Dunkelheit. Rennen, rennen, rennen. Angst. Schweiß. Blut. Tränen. Zorn. Schmerz, Schmerz, Schmerz! Der Stachel eines riesigen Skorpions, der auf ihn herniederfuhr, ihn lähmte. Seine Beine gehorchten ihm nicht. Ein Mann lächelte grausam auf ihn hinunter. Er wehrte sich verzweifelt. Und dann....nichts mehr. Kälte. Tod. Das war Kails Ende. Und er stand jetzt neben seiner Leiche. Hilflos. Einsam. Verloren. Hielt ihn im Arm, weinte. Schüttelte den Kopf. Wollte es nicht glauben und musste es doch. Schmerz erfasste sein stolzes Herz, höhlte es aus, zerriss es in kleine Stücke, ließ es ausbluten. Die gleiche Kälte, die Kails Körper zu erobern begann, breitete sich auch in seinem Inneren aus. Er fror entsetzlich. Noch immer tropften die Tränen. Noch immer tönte dieses arrogante, beleidigende Gelächter an seine Ohren. Hass und Wut brachen in ihm hervor, berauschend, wie ein Sturzbach, überschwemmten alles in ihm, raubten ihm die Luft, ließen ihn auf Rache sinnen. Eisig wurden die Finger der Hand, die er umklammerte. Der Tod hatte sein finales Stadium erreicht. Wieder Schmerz, in geballter Ladung, gnadenlos, hart, heftig, um ihn endgültig niederzuschmettern, den letzten Rest seiner Seele zu zermalmen. Und er schrie. „NEEEEEEEEIIIIIIIIIN!!!!!" Er riss die Augen auf. Er lag in seinem Bett, schweißgebadet, nach Atem ringend. Das Buch, das er gelesen hatte, war heruntergefallen, als er eingeschlafen war. Wie spät war es? Der Unterricht war vorüber. Halb fünf. Definitiv, der Wecker log nicht. Er hatte seine letzte Vorlesung verpasst. Das Herz klopfte ihm wie rasend in der Brust, die bekannte Übelkeit loderte in seiner geschundenen Kehle. »Oh, ich möchte diese Alpträume einfach ausspeien! Ausspeien und nie wieder von ihnen behelligt werden! Mir ist schlecht....und ich fühle mich wie gerädert. Von dieser komischen Schriftrolle habe ich mir etwas mehr erhofft....aber vielleicht bringt es was, wenn wir herausfinden, wer der Mann auf dem Bild ist bzw. war. Kanzler Sheppard müsste uns helfen können. Was diesen neuen Schüler betrifft....Sy hat sich ein bisschen mit ihm angefreundet. Ich bin davon nicht begeistert. Nicht, dass er die Aura eines Schattenreiters hätte, nein, aber da ist etwas an ihm, das mich beunruhigt....und Jaden, Jaden, Jaden! Warum bringe ich es nicht über mich, ihm meine Liebe zu gestehen?! Sobald die Chance da ist, lasse ich sie ungenutzt verstreichen! Möglicherweise ist es besser so, sonst zerstöre ich bloß unsere Freundschaft und es hat lange genug gedauert, bis wir sie errichtet hatten. Andererseits kann ich nicht ewig stillbleiben und meine wahren Gefühle ignorieren! Was soll ich tun? Da fällt mir ein....wem mag diese Stimme gehören, die Taniya unterbrach? Er hat ihr sogar einen Dolch vor die Füße geschleudert. ‚Kail ist mein!‘, so hat er sich ausgedrückt. Wer....uh, aua!« Chazz wusste, dass dieser Schmerz von dem X stammte. Er zog seinen Uniformmantel aus und begutachtete das Symbol. Es glühte rötlich und tat weh, als wäre der Schnitt noch ganz frisch. Er verschwand im Badezimmer und drückte einen nassen Waschlappen darauf, in der Hoffnung, dass das unangenehme Brennen aufhören würde. Ein Kratzen vom Fenster her lenkte seine Aufmerksamkeit in diese Richtung. Ein schwarzer Skorpion krabbelte von draußen auf das Fensterbrett und der Sechzehnjährige sprang auf. Hastig suchte er nach einem Gegenstand, mit dem er dieses Vieh loswerden könnte, als das Insekt plötzlich in Flammen aufging und zu Asche zerfiel. Chazz kam irritiert näher und das Blut in seinen Adern erstarrte zu Eis. Auf dem Fensterbrett stand in Hieroglyphenschrift: „Mein ist die Rache." Chick ist im Original nicht der Sohn des Vierten Schattenreiters, aber ich hab mich mal darüber hinweggesetzt, weil es eine interessante Komponente mit einbringt und der Figur mehr Tiefe verleiht. Tja...und es wird immer mysteriöser...bis zum nächsten Kappi!^^ *wink* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)