Red Tears von Alaiya (Ein Vampirroman) ================================================================================ Kapitel 9: Der Mönch -------------------- Auch wenn Kapitel 08 noch nicht oben ist, versuche ich mal dieses hier auch noch hochzuladen... Hoffentlich funktioniert es. Eines meiner liebsten Kapitel übrigens, da hier Raphael von seiner vergangenheit erzählt ^^ ~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 09: The Monk Einige Augenblicke herrschte Schweigen, dann seufzte er und ließ sich dann an die Wand gelehnt auf den Boden sinken wo er mit gesenkten Kopf und angewinkelten Beinen sitzen blieb. Erst zögerte ich, doch dann setzte ich mich neben ihn. „Raphael?“, flüsterte ich und legte die Hand auf seinen Arm. Ein weiteres Mal seufzte er, bevor er den Kopf hob und geradeaus blickte, „Es ist schwer...“, murmelte er. „Und so lange her...“ Seine Augen wurden glasig. „Wie lange?“ fragte ich. „Fast neunhundert Jahre...“, hauchte er. „Sehr lange; und doch sind die Wunden noch nicht verheilt.“ Ich schwieg kurz. „Was ist damals geschehen?“, fragte ich dann. Weiter schaute er mit glasigen Augen geradeaus. „Ich habe damals hier – in Rom – gelebt .“, begann er dann. „Ich war Mönch.“ Seine Stimme war kaum mehr als ein Hauchen. „Aber dann... Dann lernte ich sie kennen... Eva.“ Wieder seufzte er gequält. „Sie arbeitete als Hausmädchen im Kloster. Sie war damals 17 - wie du jetzt- und ich... wir verliebten und in einander.“ Plötzlich begann er schneller zu sprechen. „Für mich waren alle Gelübte vergessen. Gott hatte keinen Wert mehr! Ich wollte nur noch sie, nur sie, sie war das Einzigste, was für mich noch Bedeutung hatte... Eva!“ Er stoppte und wieder erfüllte Stille den Raum. Dann sah er mich an. „Doch“, murmelte er. „Das Schicksal hat es uns nicht gegönnt.“ „Was...“, stotterte ich, doch er unterbrach mich: „Ihr Vater starb plötzlich –wir waren gerade eineinhalb Jahre zusammen- und sie war gezwungen zu heiraten... Einen alten, reichen Kerl, ein Eckel, der sie immer schlug und sie zwang...“ Er führte den Satz nicht zuende. „Wir konnten und erst kaum, dann überhaupt nicht mehr treffen und schließlich wurde sie krank. Ich wurde halb verrückt; wollte ihr helfen, doch man ließ mich nicht zu ihr. Ich war vollkommen verzweifelt, aß und schlief kaum noch und irgendwann, ja, irgendwann stand ich vor diesem Gebäude. Bis zu jener Zeit hatte ich mir immer eingeredet solche Wesen gäbe es nicht, aber als ich in der Nacht Iubar sah... Alles schien geradezu lächerlich einfach: Wenn Iubar mein Blut nahm und mich zu einem ihrer Kinder machte, könnte ich zu Eva, sie durch den dunklen Kuss retten und wir wären auf ewig vereint... So dachte ich damals zumindest.“, sagte er verbittert und machte eine längere Pause, bis er endlich leise fortfuhr. „Und so entschied ich mich schließlich für die Unsterblichkeit... In der folgenden Nacht schlich ich mich ins Haus in Evas Zimmer, heilte sie, indem ich ihr Blut trank, und brachte sie hierher. Jedoch... Danach lief alles anders als es sollte, denn Eva hatte sich nie nach der Ewigkeit gesehnt. Sie hielt es zwei Monate aus, dann wartete sie draußen auf das Morgenlicht, auf ihren Tod. Sie starb unglücklich, nur weil ich so egoistisch war!“ Er bedeckte sein Gesicht mit den Händen. „Es war meine Schuld!“, schrie er dumpf und ließ sie Arme kraftlos auf den Boden sinken. Erneute Stille. Raphael hatte den Kopf in den Nacken gelegt und sah zur Decke. Irgendwie erinnerte er mich so verzweifelt, wie er dort saß, den Blick nach oben gerichtet, an einen gefallenen Engel, den man aus dem Paradies vertrieben hatte. Nach einiger Zeit erhob er wieder die Stimme. „Sie hat mir einen Abschiedsbrief hinterlassen. Ich sollte ihr verzeihen, dass sie so egoistisch sei, doch sie könne so nicht leben. Sie wäre jedoch froh darüber gewesen, mich vor ihren Tod noch einmal gesehen zu haben. Dabei war ich doch der Egoist. Es hätte für sie gereicht, hätte ich sie als Mensch, krank, hierher gebracht... Wir hätten sie auch so heilen können... Aber ich wollte sie ewig, unsterblich, unverändert. Dadurch habe ich sie zerstört. Das ist der wahre Fluch des Vampirlebens: Ich kann nichts mehr, außer zerstören.“, flüsterte er. „Woher willst du überhaupt wissen, dass ich dich liebe? Vielleicht will ich ja nur dein Blut oder ich küsse dich nur, weil ich Eva in dir sehe!“ Während er das sagte, sah er weiter stur zu Decke. Außerdem schwang etwas in seiner Stimme, was wie Verachtung –Selbstverachtung –klang. „Das ist mir alles egal.“, antwortete ich. „Denn zumindest ich liebe dich. Mir ist egal weswegen du mich küsst, ich bin dankbar, dass du es überhaupt tust. Ich will bei dir bleiben, egal, was du mit mir machst, verstehst du? Ich will einfach nur bei dir sein.“ Daraufhin sah er mich an: Lange, nachdenklich, traurig. „Warum sagst du das?“, fragte er langsam. „Weil es stimmt.“, antwortete ich fest. „Ich hab es erst verdrängt, aber ich...“ Doch wieder unterbrach er mich. Dieses Mal, indem er mir den Zeigefinger auf die Lippen legte. Er schüttelte leicht den Kopf und dann liefen Tränen über seine Wangen. Diese Tränen waren rot, sie waren aus... „Blut?“, flüsterte ich, vollkommen zwischen Entsetzen und Faszination hin und her gerissen. Zögernd hob ich die Hand um eine der Tränen von seiner Wange zu wischen. Er setzte sich wieder aufrecht, beugte sich zu mir und dann küssten wir uns wieder. Wie viele Gefühle mich in diesem Moment gleichzeitig erfüllten: Liebe, Glück, Sehnsuch, aber ebenso Trauer, Verwirrung, Verzweiflung. Auch ich fing an zu weinen. Ich weiß nicht mehr, wie lange wir dort saßen uns küssten und liebkosten. Alles schien wie in einem wundervollen, nächtlichen Traum. Wenn er doch nie endete! Das, was ich gesagt hatte, war die Wahrheit: Ich liebte ihn! Ich liebte ihn sehr, obwohl ich ihn erst seit vier Nächten kannte. Es war so, als ob ich mein ganzes Leben auf ihn gewartet hätte; auf ihn, meinen gefallen Engel. Denn für mich war er der Engel, dessen Namen er trug: Raphael... Die Sonne ging auf und schien in das Zimmer, als ich in meinem Bett lag, den Blick zur Decke gerichtet. So genau spürte ich noch Raphaels Berührungen und noch immer klopfte mein Herz. Etwas ähnliches, wie dieses hatte ich noch nie gespürt, aber dieses Gefühl erfüllte mich, obwohl es auch gleichsam wehtat, mit einer Art glückseligen Zufriedenheit. Während die Sonne immer höher stieg, dachte ich über die Geschehnisse der letzten Nächte nach, über das, was ich erfahren hatte. Alles schien auf merkwürdige Art, eine Fügung des Schicksals zu sein. Wenn es so etwas wirklich gab. Ich redete mir ein, endlich schlafen zu müssen, aber meine Gedanken kreisten unaufhörlich weiter. Er, Raphael, hatte mir vertraut. Dafür war ich ihm dankbar. Endlich hatte er mir von sich erzählt und nun wollte ich ihn verstehen. Doch auch ich vertraute ihm. Nein, war es nicht mehr, als vertrauen, was ich ihm entgegen brachte? War es nicht eher blinde Ergebenheit? Was es auch war, ich war überzeugt, er hatte es verdient. Tatsächlich verstand ich nun auch, was die Liebenden, wie Romeo und Julia, so weit getrieben hatte, dich einander in den Tod zu folgen. Wie oft hatte ich darüber gerätselt, doch nun war mir klar, dass ich nicht anders handeln würde. Raphael... Oh, wenn doch die nächste Nacht anbrechen würde! Wieder fiel ich in das Meer von Dunkelheit. Alles war kalt. Hier gab es keine Gefühle. Kein Glück, keine Trauer, keine Liebe, kein Schmerz; nur ewige, dunkle Leere. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, nicht einmal mehr atmen, Sollte ich jetzt sterben oder ... oder war ich etwa schon tot? Irgendetwas aus dieser Dunkelheit strich sanft und gleichzeitig kalt um mich herum, schien in mich eindringen zu wollen. Jedoch spürte ich keine Angst. Wie auch an einem solchen Ort? War es nicht besser so? Keine Gefühle hieß, kein Schmerz, es hieß unverletzbar zu sein. Ich wollte nicht mehr verletzt werden, oder? Hatte ich in meinem Leben nicht schon genug Schmerz erfahren? „Denk nicht mehr...“, flüsterten die tausend Stimmen der Dunkelheit. Ja, einfach nicht mehr denken, einfach hier bleiben, einfach meine Seele der Dunkelheit anvertrauen. Langsam spürte ich, wie die Finsternis in mich eindrang, jede Faser meines Körpers erfüllte. Es ist besser so, redete ich mir ein. „Es ist besser so.“, flüsterte die Dunkelheit. Leere... Leere... Totale, ewige, kalte Leere... In der menschlichen Welt, in der Welt, aus der ich kam, gab es doch nichts, für dass es sich lohnte dort zu bleiben und weiter zu leben. Leben bedeutete am Ende doch nur Schmerz- Nicht mehr atmen... Nicht mehr denken... Nicht mehr fühlen... Dunkelheit um gab mich, genauso, wie sie mich erfüllte. Ja, benahe wurde ich eins mit der Dunkelheit. „Vertrau uns, Aube.“, vernahm ich die Stimmen. Doch da drang etwas durch mein Bewusstsein. Eine Stimme: „Christine...“ Diese Stimme war so warum und sanft und ... leibevoll? Ich kannte diese Stimme... Woher? Aber sie weckte etwas in mir: Ein Verlangen, eine Sehnsucht, ein Gefühl... Ich wollte raus aus der Dunkelheit; weg von hier, zu dem Besitzer der Stimme. „Christine...“ Tränen liefen über mein Gesicht. Auch sie erinnerten mich woran. Langsam versuchte ich mich zu bewegen, aber da hielt mich jemand fest. „Du gehörst zu uns, Aube!“, riefen die Stimmen. „Du bist unser Opferlamm, du bringst uns an das Licht zurück!“ „Nein! Lasst mich gehen!“, schrie ich verzweifelt. „Du gehörst uns!“ „Nein!“ Die Tränen, die Verzweifelung. „Lasst mich! Raphael!“ „Christine...“ „Christine!“ Jemand schüttelte mich. Ich schrie, fuhr hoch und öffnete die Augen. „Christine...“ Raphael hatte sich über mich gebeugt. Nun stricht er über meine Wange. Er strich die Tränen weg. „Christine, alles in Ordnung?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)