Two Cats - Two Assassins von Stoechbiene ================================================================================ Kapitel 12: Do you understand me? --------------------------------- Ich schäme mich fast ein bißchen, daß ich so lange für dieses Kap gebraucht habe und leider habe ich die Befürchtung, daß ich auch in Zukunft kaum schneller ein neues Kap hochladen werden kann. Vielleicht wißt ihr ja noch wenigstens ungefähr, um was es in dieser ff ging... 12. Robin Do you understand me? Erschossen, einfach so. Ein einzelner Schuß, eine tödliche Kugel und das grausame Schicksal dieses Mannes war besiegelt. Jetzt tut er mir leid, dabei habe ich ihm selbst in der Sekunde davor den Tod gewünscht oder zumindest, daß ihn jemand dazu bringt mit der Zerstörung unseres Wettbüros aufzuhören. Aber mußte es gleich auf diese Art und Weise sein? Die Boston Bruins hatten überraschend die Pittsburgh Penguins im Penaltyschießen bezwungen und somit war eine Wette, die zu Beginn des Spiels als todsicher galt, anders geendet als erhofft, das große Geld folglich ausgeblieben. Und während andere einfach frustriert ihren Wettschein zerrissen oder gar ihren Frust in einem kräftigen Schluck Wodka ertränkten, zog dieser zuerst recht unscheinbar wirkende Mann seine Waffe und feuerte auf die Monitore an der Wand. Das Zerbersten der Bildschirme, das laute Zischen der Kugeln, der ohrenbetäubende Knall und Nami und ich mittendrin. Wir verschanzten uns hinter der Theke, kauerten uns zusammen, in der wagen Hoffnung dieses Spektakel halbwegs unbeschadet überstehen zu können. Wir hörten Menschen kreischen, trampelnde Füße über den Boden rennen, Glas zerspringen und Worte, die wir nicht verstanden. Doch ein einzelner Schuß beendete das alles. Kein Geräusch war mehr zu hören, nur das Knirschen von kleinen Glasscherben, als etwas schweres haltlos zu Boden fiel. Nun könnte man meinen, ein Mord wäre eine schlimme Sache, aber nicht für Big Ed. Ich wußte schon immer, das unser Boß keine weiße Weste besitzt, aber noch nie hatte ich solche Angst vor ihm. Wenn der Tod eines Menschen einen anderen schon nicht mehr schockiert, läßt das doch unweigerlich darauf schließen, daß er schon öfters damit konfrontiert wurde, oder? Grob zerrte man uns auf die Beine, kaum daß eine Minute seit dieser Schreckenstat vergangen war und brachte uns hinaus auf die Straße, bis hin zu einem dieser dunklen Autos, die Ed’s Männer immer fahren. Man brachte uns nach Hause, aber nicht ohne uns eindringlich darauf hinzuweisen, daß wir besser ganz schnell vergessen sollten, was vorgefallen ist, sonst wären wir die nächsten. Ich hatte schon oft Angst, aber in den letzten beiden Stunden meines Lebens stand ich zum ersten mal kurz davor aus Furcht fast zu sterben. Und diese Angst bleibt. Nicht wegen der Kunden die durchdrehen könnten, sondern wegen Big Ed. Für ihn sind andere Menschen keinen Pfifferling wert und jederzeit austauschbar. Wie sollen Nami und ich nur so unsere Arbeit erledigen können, wenn wir künftig in Angst und Schrecken leben müssen? Ich möchte nicht eines Tages erschossen werden, auch wenn ich nur die Slums meine Heimat nennen kann, aber bin ich deshalb so viel weniger wert als andere? Gibt es denn keine Fairneß auf dieser Welt? Wütend zerre ich an dem Schiebemechanismus meines Fensters herum, spüre Tränen in mir aufsteigen; Tränen der Wut und Verzweiflung. Nur zu gerne würde ich schreien, toben, auch wenn es keinen Sinn hat. Wer würde mich schon beachten? Was würde das ändern? Laut quietschend bewegt sich der untere Teil des Fensters schließlich nach oben, Farbe blättert dabei ab und läßt endlich frische Luft in meine stickige Kammer. Geschickt klettere ich über meinen Schreibtisch nach draußen auf die Feuerleiter, hinaus ins Freie. Ich war noch nie hier draußen und wie mir scheint nicht ohne Grund. Das Geländer ist schmutzig und sicherlich auch verrostet, erweckt alles andere als einen sicheren Eindruck. Aber habe ich das wirklich erwartet? Habe ich ernsthaft geglaubt, daß es eine Sache in meinem Leben geben würde, die nicht wurmstichig oder marode ist? Fest umschließen meine Finger das Geländer, fühle den kalten Stahl, die scharfen Splitter an meiner Hand. Mein Blick wandert nach unten zur Straße, den Schlaglöchern, den Abfalltonnen, dem Dreck dieses Lebens. Ich bin bloß ein unwichtiger Teil davon. Ob Shadow das gleiche gesehen hat wie ich jetzt, als er drüben auf dem anderen Gebäude stand und nach unten sah? Ich hatte solche Angst um ihn, mehr als ich um mich selbst je hatte. Er ist mir so sehr ans Herz gewachsen und das, obwohl ich am Anfang dagegen war, daß Nami und ich die beiden Kater bei uns aufnehmen. Aber er würde auch ohne mich zurecht kommen, das weiß ich. Wenn ich nicht so feige wäre, würde ich aufhören über mein verkorkstes Leben zu philosophieren und einfach springen oder ich würde mir eine Pistole kaufen und alle Menschen umbringen, die Nami und mich bedrohen. Ist diese Vorstellung nicht erschreckend? Das Geländer bewegt sich ein Stück, nicht viel, aber unweigerlich genug, um mich zu erschrecken, ebenso wie die Gestalt die urplötzlich neben mir aufgetaucht ist und wie ich nach unten auf den Asphalt sieht. Grünes Haar, dessen unbändige Büschel wie Gras im Wind wehen und die ich nur verwundert anstarren kann. Teure Kleidung in schwarz gehalten, der Geruch von edlem Parfum; definitiv kein Bewohner dieses verwahrlosten Viertels. „Ich finde, wenn man hier oben steht, die Welt von ihrer schlimmsten Seite sieht, dann drängen sich unweigerlich zwei Fragen auf: Werde ich auch wirklich tot sein, wenn ich unten angekommen bin? und: Ist es die Welt überhaupt wert, daß man wegen ihr freiwillig in den Tod geht? Ich wage zu behaupten, daß die Antwort jeweils die selbe ist, nämlich nein.“ Verblüfft sehe ich ihn an, denn ich muß zugeben, ganz unrecht hat er nicht. Was ist, wenn ich springen würde und anschließend lebenslang in einem Rollstuhl sitzen müßte? Oder ich wäre tatsächlich tot und das nur, weil man mir ständig einreden will, ich sei nutzlos und unerwünscht. „Aber was wäre die Alternative?“ frage ich nach einer kurzen Minute des Schweigens zurück. „Das, was du dir wünschst.“ „Aber…wenn mir niemand meinen Wunsch erfüllen kann?“ „Dann mußt du ihn dir selbst erfüllen.“ „Ich…ich weiß nicht, ob ich das schaffe.“ Er lacht. „Na wenn du es nicht kannst, wer sollte es sonst können? Du kannst nicht darauf warten, daß sich die Welt von selbst ändert, denn das wird sie nicht. Sie ist nun mal schlecht, also hilf dir selbst, bevor du ihr zum Opfer fällst.“ Er wirkt wütend, oder sollte ich eher aufgebracht sagen? Wer ist er überhaupt? Ich habe ihn noch nie hier gesehen, doch seine Stimme…ich habe sie schon einmal gehört. Es ist schon ein Weilchen her, ein paar Monate bestimmt, doch auch sein Gesicht sagt mir nichts. Dennoch… „Du hast sie umgebracht!“ Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag, treibt meinen Adrenalinspiegel ein weiteres Mal in schwindelerregende Höhen. Bleibt mir heute denn gar nichts erspart? Das muß der Mann sein, der die beiden Männer erstochen hat, die mich vor einiger Zeit auf meinem Nachhauseweg überfallen haben. „Da hast du vollkommen recht. Aber wie mir scheint, wäre es dir lieber gewesen, ich hätte dich den beiden überlassen, oder? Was sie wohl mit dir angestellt hätten?“ „Hör auf!“ „Was denn nun? Auf der einen Seite wirfst du mir vor, ich hätte sie nicht töten dürfen, aber allein beim Gedanken daran, was passiert wäre wenn ich nicht eingegriffen hätte, zitterst du wie Espenlaub. Meinst du denn nicht, daß es im Endeffekt am besten war, die beiden ins Jenseits zu befördern? Du wärst garantiert nicht ihr letztes Opfer gewesen.“ Ich zittere wirklich! Mir ist das die ganze Zeit über nicht aufgefallen, weil ich wie unter Strom stehe, aber nun da er mich darauf aufmerksam werden ließ, spüre ich es überdeutlich. Außerdem habe ich schon seit Stunden nichts mehr gegessen, mein Kopf schmerzt, weil ich einfach am Ende meiner Kräfte bin. Erschöpft lehne ich mich mit dem Rücken gegen das Geländer, fahre mir mit der Hand über das Gesicht, um meine körperliche Erschöpfung besser unter Kontrolle zu bekommen, aber es gelingt mir nicht wirklich. Der heutige Tag war einfach zu viel und er scheint noch lange nicht zu Ende zu sein. „Geh besser wieder in dein Zimmer, die Feuerleiter ist nicht besonders sicher.“ „Kann dir doch egal sein.“ murmle ich vor mich hin. Spielt es überhaupt eine Rolle, wer oder was mich heute umbringen wird? „Wieso sagst du so etwas? Denkst du etwa, ich hätte dich umsonst gerettet?“ „Woher soll ich das denn wissen? Womöglich hast du die ganze Zeit nur auf einen passenden Moment gewartet, um mich höchst persönlich auszuschalten. Aber mich würde vermutlich eh keiner vermissen…“ Es schmerzt und brennt. So schnell konnte ich gar nicht reagieren, wie er mir eine Ohrfeige verpaßt hat. Wieso nur? „Es gibt nicht viele Menschen auf dieser Welt, die ein ehrliches Herz besitzen, aber du bist einer von ihnen, also wirf dein Leben nicht weg, es wäre schade darum.“ „Und das sagt ausgerechnet ein Mörder?“ „Wer könnte es besser wissen?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)