Eikyû - gesegnetes Land von Alaiya (Die Legende der schlafenden Götter) ================================================================================ Kapitel 18: Der Herr des Donners -------------------------------- AAAAH! Das Kapitel ist fertig! Den Olympischen Spielen sei Dank! Nein - im Ernst. Die Eröffnungsfeier war sehr inspirierend und hat mich vor allem auf die rettende Idee gebracht: Asiatische Musik. Also hab ich mir Yogamusik aus dem Netz geladen... Und es hat geklappt. Ich hatte DIE Idee zur Lösung des Planungsproblems. Naja, aber genau klärt es sich durch Kapitel 19... Egal :P Also... Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefällt! Würde mich freuen, wenn ich mal wieder ein paar Kommis mehr auf die neueren Kapitel bekomme. *seufz* *~*~*~*~*~* Kapitel 18: Der Herr des Donners Es regnete leicht und das Ende des Tages war nicht mehr weit entfernt. Bald würde es dämmern und dann die undurchdringliche Dunkelheit der bewölkten Nächte folgen. „Wäre es nicht besser, wenn wir für heute aufgeben und uns einen Rastplatz suchen?“, schlug Fukuro mit Blick auf seine Schwester, die das Tuch, die das Tuch, welches sie zum Schutz vor dem Regen über Kopf und Schulter trug, fest an sich gezogen hatte, vor. „Die Nacht ist noch nicht herein gebrochen“, erwiderte der Chao Xin. „Und der Oni ist schon zu weit entfernt. Wenn wir jetzt rasten, werden wie ihn verlieren.“ Tsuki ließ ihren Blick über die kleine Truppe schweifen. Sie alle waren erschöpft und die Müdigkeit sprach aus ihren Gesichtern. Weder Fukuro, noch der ebenfalls ziemlich geschwächte Shen sahen so aus, als würden sie sich noch lange auf den Beinen halten können. Trotzdem wusste sie, dass der Priester Recht hatte: Wie es im Moment aussah würden sie Raiu Akkis Spur erneut verlieren. Seit Tagen schon folgten sie dem schwachen Hauch an Magie, die der Oni an den Orten, die er passierte, hinterließ. Sie hatten kaum gerastet und seit gestern hatte es auch noch angefangen leicht, aber beständig, zu regnen, so dass ihre Kleidung mittlerweile bis auf die Haut durchnässt war. Die größtenteils kahlen Äste, der einzelnen Bäume, boten vor dem Regen keinen Schutz. „Vielleicht finden wir, wenn wir weitergehen, einen Unterschlupf für die Nacht“, versuchte sie die anderen zu ermutigen, doch niemand reagierte, so dass sie es schließlich seufzend gut sein ließ und den Blick wieder nach vorne wandte. Warum reisten sie überhaupt noch weiter? Die anderen hatten die Hoffnung darauf irgendetwas zu erreichen schon aufgegeben – wie auch, so schien dieser, das Vertrauen in die Füchsin. Selbst Fukuro, der seit dem Kampf mit Yuki wieder etwas Glauben in sie wieder gefunden zu haben schien, war trotzdem noch immer sehr kühl und distanziert ihr gegenüber. Sie war halt eben doch kein Mensch und dem Priester ähnlicher, als irgendjemand von ihnen. Jedoch hatte von den anderen niemand bemerkt, nicht einmal drauf geachtet, dass sie sich die ganze Zeit nach Osten bewegten, zum Zentrum des ehemaligen Eikyûs wo nun das Meer tobte. Konnte es sein…? Sie seufzte. Da war dieser Verdacht, den sie schon so lange hegte, dass der Berg, den man als Weg zu den Göttern sah, der für versunken galt: Konnte es sein, dass er noch immer da war und den Oni als Rückzugsort diente? Als sie noch in Hayashimura war, schien die Bedrohung aus dem Norden zu kommen und von Honou aus lag der Berg im Norden. Nun waren sie im westlichen Reich und bewegten sich ebenfalls in diese Richtung… Sie ließ den Blick über die zum Großteil vom Nebel verschlungene Landschaft wandern. Auch sie fror durch den Regen, doch zerrte die Kälte an ihr als Füchsin nicht so, wie sie es bei den Menschen tat. Wieso jedoch die Schneefrau sich vor der Kälte zurückzog, verstand sie nicht. Auch wenn sie es den anderen nicht gesagt hatte, soweit wie die Stimmung innerhalb der Gruppe schon gesunken war, war ihr doch klar, dass Yuki es nie lernen würde, sich zu beherrschen, wenn sie immer vor dem eigenen Selbst weg lief. Hätte sie sich früher gestellt, hätten sie vielleicht den letzten Kampf umgehen können. Doch sie wusste, dass weder Fukuro noch Yuki diese Einstellung teilten und daher schwieg sie. Es war auch so allen klar, dass sie kein Mensch war und anders als die anderen dachte. Seufzend beschleunigte sie etwas ihren Schritt, um mit dem Priester aufzuschließen. Missmutig sah Ryuujin zum Himmel, von dem schon seit Tagen der Regen beständig herunter fiel. So war es schon fast seine ganze Reise lang gewesen. Manchmal fragte er sich, ob der Regen ihm nicht sogar folgte, dass er schon seit Wochen keinen wolkenfreien Himmel gesehen hatte. Aber vielleicht war das auch nur Einbildung… Seit dem er das Gebirge Kumoyakan hinter sich gelassen hatte, war seine Reise sehr ereignislos gewesen. Zu Fuß reiste es sich um einiges beschwerlicher, als zu Pferd, doch schaffte er es irgendwie. Seine Kleidung war mittlerweile von Schmutz überzogen und er hätte sich gerne in einer Herberge für ein paar Tage gerastet, doch er hatte ja das Geld, wie auch seine Wertsachen verloren, so dass er selbst um Essen betteln musste, wenn er nichts fand. Aber noch war nicht Winter. Das wertvollste, was er im Moment mit sich führte, war das Schwert Tsume, welches ihm wie viele der vergangenen Ereignisse, ein Rätsel war. Er konnte nur hoffen, dass die Fuchsfrau – Tsuki – die Reise nach Pengguo überstanden hatte und er sie irgendwie fand. Doch was sollte er dann tun? Sie begleiten? Er wusste es nicht. Und doch wünschte er sich, sie wieder zusehen. Es wäre wahrscheinlich sogar besser gewesen, hätte er sie damals nicht verlassen. Gedankenverloren drehte er die Scheide Tsumes in seiner Hand. Das Schwert strahlte eine so immense Kraft aus, dass selbst er sie spürte. Was war sein Geheimnis? Stimmte es wirklich, dass es von einem Gott stammte? Es gab so viel in den vier Reichen, was er nicht verstand. Für einem Moment schloss er die Augen, um sich zu entspannen, was jedoch schwer war, da er, sobald er dies tat, anfing am ganzen Körper zu zittern. Was hätte er jetzt für einen trockenen Unterschlupf und ein wärmendes Feuer gegeben! Da ließ ihn etwas – er konnte nicht genau sagen was – zusammenfahren. Es war nur ein Gefühl, aber er glaubte, dass hier jemand sei. Direkt hinter dem Baum, unterdessen mittlerweile fast blattloser Krone er Schutz gesucht hatte. Vorsichtig stand er auf, während er sich gleichzeitig umdrehte. „Wer ist da?“, rief er, als ein Reflex ihn schon zurückspringen ließ, ehe der Baum zu Boden fiel und er ihm nur knapp entkam. Nun sah er sich einem Mann, etwa in seiner Größe, mit einer Brandnarbe im Gesicht und einem Horn auf der Stirn, gegenüber, welcher ihn seine spitzen Zähne zeigend angrinste. „Das ist also das Schwert Tsume.“ So automatisch, wie er auch das Schwert gezogen hatte, wusste Ryuujin auch, wer dieser Mann war. „Raiu Akki“, murmelte er sich an die Geschichte der Kitsune erinnernd. Es war wie ein Blick, der Tsuki zusammenzucken ließ. Ein plötzlicher Anstieg von Macht – nicht weit von hier entfernt und auf einmal viel deutlicher als die ganzen Tage zuvor. Es war eine Magie, die sie schon öfter gespürt hatte, seit sie ihre Reise begonnen hatten. „Raiu Akki“, hauchte sie. „Wir sind ganz in der Nähe!“ Die anderen – bis auf Chao Xin – sahen sie überrascht an. „Was?“ fragte Fukuro, der den Arm um seine Schwester gelegt hatte. „Ich spüre Raiu Akkis Magie ganz in der Nähe“, erwiderte sie. „Er benutzt seine Magie.“ Konnte es sein, dass der Oni diese in den Vergangenen Tagen nur unterdrückt hatte, so dass sie dachten, er sei weiter weg als es wirklich war? Mittlerweile hatte der Regen wieder an Intensität gewonnen und in der Ferne war Donnergrollen zu vernehmen. Es lag in der Luft, dass bald ein richtiges Unwetter losbrechen würde und das spürte auch der Rest der Gruppe. Auch wenn niemand es sagte, sah Tsuki an den Gesichtern der anderen, dass sie keinen Kampf überstehen würden und lieber Schutz vor dem Gewitter gesucht hätten. Doch was sollten sie tun? Sie hatten die ganze Zeit versucht sich Raiu Akki zu näheren und nun hatten sie ihn, wie es schien, fast eingeholt! „Beeilt euch“, forderte die Kitsune den Rest der Gruppe auf und beschleunigte ihren Schritt. Die Macht des Schwertes in Ryuujins Händen war wahrlich groß, denn es vermochte die magischen Angriffe des Onis abzuwehren, ohne selbst auch nur einen Kratzer davon zu tragen. Und Ryuujin wusste, dass er dem Dämon so überlegen war, der bereits erschöpft zu sein schien, als er nun erneut auf den Krieger zusprang und ihn versuchte mit seinen Klauen zu attackieren. Dies entlockte dem ehemaligen Offizier jedoch nur ein müdes Lächeln, ehe er einen Ausfallschritt machte und dann mit dem Schwert einen Gegenangriff startete, den der Oni versuchte mit seinen Klauen, die ihm normal Waffe genug waren zu blocken. Dies mochte vielleicht Wirkung gegen ein normales Schwert gehabt haben, aber nicht gegen ein Schwert, was zu den vier Relikten gehörte und so in das Fleisch Raiu Akkis Schnitt, der daraufhin aufheulte und zurück sprang. „Du…“, keuchte er. „Wer bist du?“ Er starrte durch den Regen zu ihm herüber. „Gehörst du auch zu der kleinen Füchsin und ihren schwachen Freunden?“ Ryuujin erwiderte nichts, sondern erwiderte den Blick nur fest. „Du kannst mich nicht schlagen, Raiu Akki.“ „Antworte!“, schrie der Oni ihn an. „Wieso sollte ich?“, antwortete Ryuujin kühl. „Du…“, knurrte Raiu Akki, doch dann zuckte er kurz zusammen und sah in eine andere Richtung. „Wir kann das sein…“, murmelte er. „Die Kitsune…“ Weiter kam er nicht, als der Krieger ihn erneut angriff. „Was ist mit der Kitsune?“, fragte er, als eine weitere magische Attacke des Oni ihn zurück schlug. „Ist sie hier?“ „Du gehörst also doch zu ihr“, erwiderte Raiu Akki und sah zum Himmel hinauf. Mittlerweile war der vorher entfernte Donner lauter geworden, da zuckte auf einmal ein Blick über den Himmel und der Oni begann zu grinsen. „Du kennst meine wahre Macht nicht, Junge. Grins nicht so selbstgefällig“, meinte er, wobei das Grinsen auf Ryuujins Gesicht vielmehr grimmig war. „Ach ja?“, fragte er nur trocken. „Ja“, rief der Oni, als auf einmal ein Blitz vom Himmel herab zuckte und Raiu Akkis nach oben gestreckte Klaue traf. Im nächsten Moment war es, als würde eine Welle von Macht über den Krieger hinweg fegen und ihn fast von den Beinen reißen. Das hätte er sich eigentlich denken müssen, doch er war noch immer sehr naiv, wenn es um Magie ging, rügte er sich selbst. Raiu bedeutete Donner, so kam der Name des Dämons nicht irgendwoher. Trotzdem würde er ihn nicht besiegen! Nein, er – Ryuujin – würde sich nicht besiegen lassen. Doch was war das, was der Dämon über die Kitsune redete? War sie wirklich in der Nähe? Müde stolperte die Gruppe hinter Tsuki und dem Priester her. War es besser, wenn sie sich jetzt trennten? Jedenfalls für die Dauer es Kampfes, da sie in ihrer aktuellen Verfassung ihnen im Weg sein würden. Immer noch herrschte drückendes Schweigen über der Gruppe. Es war auch so oder grade dadurch klar, dass sich die drei anderen keine großen Chancen für den Kampf auch ausrechneten. Doch was sollten sie anderes tun? Mittlerweile wurden die Bäume auf der Ebene um sie herum immer mehr und standen immer dichter, so dass man es schon fast als einen kleinen Wald bezeichnen konnte. Die Magie Raiu Akkis wirkte immer näher und immer stärker. Fast sogar stärker als damals im Wald bei Hayashimura. Aber konnte das sein? Hatte der Dämon ihnen damals nicht seine ganze Macht gezeigt? Doch hier war noch irgendwas anderes, eine andere Macht – Tsuki wusste nicht was – und diese schien viel näher als die Raiu Akkis. Nervös sah sie sich um. Was konnte das sein? Sie warf Chao Xin einen Blick zu. Auch er schien nervös. „Was ist das?“, fragte sie leise. „Ich weiß es nicht“, erwiderte er, als sich auch schon Fukuro einmischte: „Was ist los?“ Tsuki schwieg eine Weile und überlegte, ob sie es ihnen wirklich sagen sollte. „Hier ist irgendwas“, flüsterte sie schließlich. „Und was?“, fragte der junge Mann. Daraufhin schüttelte sie den Kopf. „Ich weiß es nicht.“ Erneut sah sie sich um. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass er der Wald selbst war, der diese Kraft ausstrahlte, doch auf der anderen Seite konnte es nicht sein. Sie kannte die Wälder und sie wusste, wie sich ein Wald und sein Magie anfühlten und das, was sie nun spürte, war definitiv etwas anderes. „Wir sollten weitergehen“, meinte der Priester schließlich, nachdem auch er sich einige Male umgesehen hatte, und setzte sich in Bewegung. Jedoch machte er nur ein paar Schritte, ehe Shen aufschrie. „Was ist das?“, rief er und hatte schon seinen Stab kampfbereit in der Hand. Zuerst sah sich Tsuki verwirrt um, ehe sie die Ranken, die sich um Shens linken Fuß gewickelt hatten und sich nun weiter sein Bein hinaus wand, als würde sie leben. Doch Tsuki fragte erst nicht, worum es sich dabei handelte, sondern machte zwei Handzeichen, die die Pflanze in blaue Flammen aufgehen ließen, bis diese sich in den Boden zurückzog. „Danke“, murmelte Shen, der nach wie vor von der Gruppe am schlechtesten auf sie zu sprechen war, und kniete sich hin, um nervös sein Bein zu betasten. „Was war das?“ Tsuki schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht, aber der Wald hat nicht von sich aus gehandelt.“ „Ein Oni“, murmelte Chao Xin. „Was?“ Fukuro sah ihn fragend an, als auf einmal aus den Baumkronen vier weitere, aber wesentlich borkigere Ranken als die zuvor auf sie zugeschossen kamen. Doch der Priester reagierte blitzschnell und streckte die Arme in beide Richtungen aus, so dass die Ranken abprallten, ehe sie die Gruppe erreichten. Diese zogen sich sofort zurück. „Irgendwas stimmt hier nicht“, murmelte die Kitsune. „Ach“, erwiderte Fukuro, der sich schützend vor seine Schwester gestellt hatte. „Irgendwas ist an diesem Wald komisch“, hauchte die Fuchsfrau ohne ihn zu beachten. Doch da sah sie auf einmal auf zu den Ästen über ihnen. „Wer ist da?“, rief sie nach oben, als auf einmal zwei verzerrte Gestalten zwischen den Blättern zu erkennen waren, die sich im nächsten Moment auf sie herab fallen ließen. Der Oni zeigte auf Ryuujin und dieser spürte, wie sich die Magie in der Hand des Dämons sammelte. Was hatte er vor? Was war seine wahre Kraft? Im nächsten Augenblick stieß ein Blitz durch die Luft, doch nicht zwischen Himmel und Erde, sondern zwischen den beiden Kontrahenten. Vom Oni schoss er auf den Krieger, welcher – er konnte sich nicht erklären, wie es möglich war, dass sein Reflex so schnell sein konnte – das Schwert hob und irgendwie, dank der Magie, die der Waffe inne wohnte, den Blitz abwehrte. Das Schwert konnte es jedoch trotzdem nicht verhindern, dass die Hitze der Naturgewalt, die Leinenkleidung an den Armen Ryuujins ansengte und ihn schließlich eine gewaltige Druckwelle zurück schleuderte, so dass er rücklings auf dem Boden landete. Der Dämon lachte, streckte erneut die Hand aus, um einen weiteren Blitz in die Richtung seines Gegners zu schicken, der sich flink – viel flinker, als es einem normalen Mann je möglich gewesen wäre – zur Seite rollte. Erneut war es aber am Ende die Druckwelle des Blitzes, die ihn traf und erneut ein Stück über den Boden rollen ließ. Durch den Schleier aus Regen sah er zu seinem Gegner hinüber, während der Donner ihn fast für alle Geräusche taub gemacht hatte. „Das ist also deine wahre Macht, Raiu Akki“, murmelte er und kam wieder auf die Beine. „Und du?“, fragte der Dämon nun mit zusammengekniffenen Augen. „Was bist du?“ Erneut zuckte ein Blitz von ihm zu dem ehemaligen Offizier, der den Angriff erneut, dank Tsume, abwehrte und es dieses Mal irgendwie schaffte zwar zurück gedrängt zu werden, aber stehen zu bleiben. „Das geht dich nicht an“, erwiderte er nur grimmig. Er wusste ja die Antwort selbst nicht. Genau so wenig wusste er, wie er diesen Kampf beenden sollte. Solange Raiu Akki seine Magie einsetzte war er zwar fähig, diese abzuwehren, doch wenn er weiterhin zurück geworfen wurde und der Hitze länger standhalten musste, die von den Blitzen ausging, würde auch er irgendwann am Ende sein. So einen Kampf hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht geführt und hätte ihm noch einige Monate zuvor jemand von einem Oni oder von Magie erzählt, hätte er ihn doch für verrückt erklärt. Sicher, er kannte die kleinen Geister, aber keine Oni und keine solche Magie. „Wie du meinst, Junge“, erwiderte der Oni. „Wenn du nicht reden willst: Stirb einfach.“ Dieses Mal war es nicht die Macht des Priesters, die sie vor den Ranken, die scheinbar von überall aus dem Wald heraus auf sie zugeschossen kamen, die borkigen Gestalten, welche an den Bäumen hängend aussahen, als würden sie schweben, umschmeichelten und die Gruppe dann wie unzählige Peitschen verschiedener Größen und Breiten zu schlagen und zu fesseln versuchten. Doch sie wurden nicht, wie zuvor, einfach zurück geschleudert, sondern gingen, sobald sie sich der Gruppe näherten in bläulichen Flammen auf – Fuchsfeuer – während die Glöckchen der Kitsune lauter läuteten, als sie es bisher auf dieser Reise getan hatten. Die Augen der Fuchsfrau schienen jedoch blind für die grünen Peitschen, die um sie herum brannten, und waren ganz und gar auf eine der Baumgestalten gerichtet. Nicht, weil sie diese als die Gefahr ansah – im Gegenteil: Sie sah sie an und wusste, dass sie nur ein Opfer waren, die schon zu lange in diesem Wald lebten und schon viel zu verbunden mit ihm waren, um sich ihm zu widersetzen. Nein, ihre Aufmerksamkeit galt etwas, was man unter einem Teil des mit Holzes, welches das Geschöpf fast zur Gänze überdeckte, erkennen konnte. Ein Brustpanzer. Täuschte sie sich? Hier war – neben der Macht, die dieser unheimliche Wald ausstrahlte – nun, wo sie drauf achtete, noch eine andere Magie zu spüren. Eine reine, aber sehr abgeschwächte Magie und die Füchsin vermutete, dass diese von der Panzerung, der Rüstung ausging. Konnte es sein…? Da zuckte sie zusammen. Zu sehr hatte sie die Aufmerksamkeit auf die Borkengestalt, die eigentlich ein Mujina war, gerichtet und hatte den Zauber um sie herum vernachlässigt. Zwar hatte der Priester es geschafft, sie weiterhin vor den Ranken zu schützen, doch hatte er nicht verhindern können, dass eine solche die Fuchsfrau an der Schulter traf und eine blutige Strieme hinterließ. „Alles in Ordnung, Tsuki?“, erklang auf einmal Fukuros Stimme hinter ihr. Sie sah sich um. Rücken an Rücken standen die drei anderen dort, die Gesichter auf das, was außerhalb des Schutzkreises geschah, gerichtet. Ihren Gesichtern war anzusehen, dass sie nicht kämpfen wollten, doch auch, dass sie es tun würden, wenn sie mussten. Dabei glaubte Tsuki nicht, dass sie im Moment in der Verfassung waren auch nur gegen einen Menschen zu kämpfen. Mit einer Hand fuhr sie über die Wunde. „Ja“, murmelte sie dann und sah sich erneut um. „Seit vorsichtig. Dieser Wald besteht aus Jabokko. Sie riechen euer Blut.“ Shen sah sie verwirrt an. „Was?“ „Pass einfach auf die Ranken auf“, antwortete ihm der Ninja, während die Fuchsfrau Blicke mit Chao Xin wechselte. „Dann ist es wirklich die Rüstung?“, fragte sie der Priester. „Sicher bin ich mir nicht“, antwortete sie. „Aber ich glaube schon.“ „Aber wie kommt sie hierher?“ Tsuki sah ihn matt lächelnd an. „Das ist eine gute Frage. Mich würde nur viel mehr interessieren, wieso die Oni sie noch nicht gefunden haben.“ Erneut schwoll das Läuten ihrer Glöckchen an und die Ranken gingen in Flammen auf. „Worüber redet ihr?“, fragte Yuki gereizt, doch weder der Priester noch die Füchsin antworteten. Sie spürte, dass der Mond hinter den Wolken bereits aufgegangen war und ihr neue Kraft verlieh, blieb sie doch auch als Füchsin ein Kind dieses Himmelkörpers. Der Mondschein – für die anderen durch Wald und Wolken unsichtbar – begann ihren Körper zu umfangen, ihm zu schmeicheln und ihre Gestalt zu verändern. „Was…“, murmelte Fukuro, als die junge Frau wieder Fuchsgestalt annahm. Die nun um einiges größeren Glöckchen läuteten noch lauter als zuvor, als die Füchsin nun aus dem Schutzkreis, der wieder vom Priester aufrecht erhalten wurde, hinaus sprang und die Spitzen ihrer neun Schwänze begannen in blauem Feuer zu brennen. Ranken aus dem Boden versuchten sich um ihre Pfoten zu wickeln, hinterließen auch einzelne Kratzer unter dem Fell, doch dann gingen sie in Flammen auf, wie nun nach und nach auch die Stämme der Bäume des kleinen Hains. Als die Flammen drohten auch nach den Borkengestalten zu greifen, ließen diese sich Fallen und sprangen auf die Füchsin zu, wobei sie aber ihre Gestalt aufgeben mussten und wieder zu dem wurden, was sie eigentlich waren. Zwei Dachse, mittlerweile nicht einmal mehr fähig zu sprechen und doch noch versucht auf zwei Beinen zu laufen, während der eine sogar noch den schwarzen Brustpanzer eines Kriegers zu tragen versuchte. Da traf ein Stab diesen am Kopf und die Füchsin sah auf. Noch ehe der schwache Dachs sie erreicht hatte, war der Wolkenkrieger aus Pengguo aus dem Schutz des Priesters getreten und hatte das Tier mit einem Schlag getötet. Der zweite Dachs jaulte auf, schnupperte kurz und sah sie dann mit verängstigten Blick an, ehe er in das brennende Gebüsch floh, wahrscheinlich schon viel zu schwach um außerhalb dieses verwunschenen Waldes lange zu überleben… Ryuujin sah atemlos zu dem Oni hinüber, der mit einem Arm erneut ausholte, um einen Blitz in seine Richtung zu schicken und es gab nichts, was er tun konnte, um dies zu verhindern. Schon eine ganze Weile spielten sie dieses Spiel nun schon und die ganze Zeit war es der Krieger gewesen, der hatte zurück weichen müssen. Er wusste nicht, was er noch tun sollte. Wenn das Gewitter nicht bald aufhörte, würde seine Kraft zu Ende sein und der Dämon würde ihn besiegen – töten. Eine Rolle schräg zur Seite – mittlerweile war es ihm kaum noch möglich die Angriffe abzuwehren. Zu sehr schmerzten schon die Hände und Arme, zu viele Prellungen von den vielen Stürzen spürte er an seinem Körper. Er musste irgendetwas gegen Raiu Akki tun! Nur was? Er selbst beherrschte keine Magie, die dem das Oni hätte entgegenwirken können und mit dem Schwert kam er ja nicht einmal in die Nähe seines Gegners. Aber anders konnte er ihn nicht angreifen, eine andere Chance hatte er nicht. Seines Sieges derweil scheinbar gewiss, grinste der Oni breit zu ihm herüber, während er sich mit einem Schritt zur Seite ein Stück drehte und mit einem Schlag in Richtung des Kriegers eine ganze Front von Blitzen zu ihm hinüberzucken ließ, so dass diesem gar nichts anderes übrig blieb, als erneut Tsume zum Abwehren zu verwenden. Und wieder brannte die unglaubliche Hitze auf seiner Haut, und wieder schleuderte ihn die Druckwelle zurück. Doch dieses Mal, als er auf dem Boden aufschlug, verlor er das Schwert aus seiner Hand und blieb keuchend am Boden liegen. „Gibst du endlich auf?“, fragte Raiu Akki und tat zwei Schritte in seine Richtung. Am ganzen Körper zitternd und blind von dem Regen, der ihm nun direkt in die Augen fiel, richtete sich Ryuujin erneut ein Stück auf. Wenn er sich jetzt nicht wehrte, wenn er jetzt nichts tat, würde er sterben, das ahnte er. Aber er durfte – er wollte noch nicht sterben, auch wenn ihn wohl niemand vermissen würde. Trotzdem blieb das Gefühl, dass er noch für etwas gebraucht wurde, und war es nur, um sich selbst zu beweisen, dass auch er für etwas gut war und um herauszufinden, was er war. Die Augen zum Schutz vor dem Regen geschlossen, saß er halb aufgerichtet am Boden, sich mit einer Hand auf diesen abstützend. Da spürte er, wie der Dämon einen weiteren Schritt machte, um ein letztes Mal anzugreifen. Er spürte die Magie, die dem Oni innewohnte, spürte seine Macht und bewegte sich plötzlich von ganz allein. Ohne die Augen zu öffnen hatte er Tsume wieder in der Hand, war auf einmal wieder auf den Beinen. Raiu Akki hatte eine Schwäche, das wurde ihm klar, als er in dessen Richtung lief und es schaffte wieder seine Augen zu öffnen. Er brauchte eine Zeit, um einen erneuten Angriff auszuführen, brauchte Zeit um sich zu sammeln, so dass er ihm nun fast erschrocken entgegensah, während der Krieger unsicher, ob er selbst seinen Körper so handeln ließ, das Schwert erst hob, dann zurück zog und schließlich zustach. Schon durchbohrte Tsume die link Schulter des Oni, während dieser den Halt verlor und nun selbst rückwärts auf dem durchweichten Boden landete. Wütend und fauchend sah er zu Ryuujin, der ihn einen Moment später schon im Schwitzkasten hatte, ohne das Schwert der Schulter des Dämons zu ziehen, während das dicke, dunkle Blut aus der Wunde floss und vom Regen verdünnt wurde. „Du“, keuchte Raiu Akki. „Du… Wie…“ Mehr brachte er nicht zustande. „Wo ist die Füchsin?“, fragte Ryuujin. „Du redetest vorhin von ihr. Weißt du, wo sie ist?“ Da brachte der Dämon ein wenig amüsiertes Lachen, was aber bald darauf zu einem schmerzhaften Keuchen wurde, zustande. „Was bist du?“, fragte er nur wieder. „Antworte!“, fuhr der Krieger ihn an und griff nach dem Schwert. Diesem Moment des Ungleichgewichts nutzte Raiu Akki aus, um seine Fußklaue unter den Bauch seines Gegners zu bringen und diesen mit einem Tritt auf die Seite zu werfen, wobei allerdings das Schwert unsauber aus der Wunde gerissen wurde und diese noch weiter aufriss. Mühsam richtete der Dämon sich auf. „Irgendwann werdet ihr sterben“, versicherte er weiterhin keuchend, als weitere Blitze über den Himmel zuckten und den Krieger für einen Augenblick blendeten. Als Ryuujin einen Moment später dorthin sah, wo vorher der Oni gestanden hatte, war dieser verschwunden. „Elender Feigling“, fauchte Ryuujin in den Sturm, während er auf dem Boden sitzen blieb und wieder die Augen schloss. Ein leichtes Dröhnen erfüllte noch immer seine Ohren. Weiterhin zitterten seine Muskeln. Doch neben dem Schmerz, der seinen Körper erfüllte, und dem Regen, der über seine Haut rann, spürte er auch noch etwas anderes. Er spürte das Leben und die Energie um sich herum. Er spürte den Boden unter sich und er spürte die Kraft die den Himmel während des Gewitters durchzog und zwar auf eine Weise, wie er es bisher nicht gekannt hatte. Auf eine Weise, die er wie so vieles nicht verstand. War dies die Weise, auf die der Geister, auf die die Kitsune die Dinge sah? War sie wirklich in der Nähe? *~*~*~*~*~* Anmerkungen: Mujina: Dachs - Dachsen wird ebenfalls die Fähigkeit der Verwandlung nachgesagt. Sie sind auch Wesen des Waldes. Jabokko: Bäume, die dort wachsen, wo einst große Schlachten stattfanden. Der blutgetränkte Boden lässt die Bäumgeister "böse" werden und Menschen angreifen, um weiterhin Blut zu bekommen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)