Schimmen von SamAzo ================================================================================ In der Höhle des Löwen II ------------------------- Josh war mittlerweile weiter gegangen. Es hatte einen Streit gegeben. Zwischen wem konnte er nicht sagen, aber er hatte Davids Stimme gehört. Jetzt folgte er schon seit längerem den Schritten, die in den leeren Gängen nachhallten. In einem weiteren Treppenhaus angekommen, horchte er ob er nach unten oder nach oben musste. Leider war das schon nicht mehr zu hören. Nur das Zufallen einer Tür weiter unten war ein Anhaltspunkt. Sicher, dass es die waren, die er verfolgte, war er jedoch nicht. Trotzdem lief er, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppen hinunter. Als ihm auffiel, dass er nicht wusste auf welcher Etage er die Tür gehört hatte, wurde er langsamer und schaute durch die kleinen Glasscheiben in die dahinter liegenden Gänge. In keinem war etwas Auffälliges. Was sollte er jetzt tun? Er entschloss sich in den nächsten Gang zu gehen, egal was er dort sah. Aber genau wie er erwartet hatte, war auch hier alles dunkel. Langsam konnte er nichts mehr erkennen und das, obwohl er eigentlich sehr gut im Dunkeln sehen konnte. Er seufzte und lehnte sich an die Wand um etwas zu lauschen. Zuerst nahm er es nicht wahr, aber es waren Stimmen in dem Gang zu hören. Erst als eine ihm bekannte Stimme schrie, fiel es ihm auf. „David“, flüsterte er und suchte die genaue Richtung. - Sascha starrte auf die Hand, die ihn festhielt. Zumindest würde er es, wenn er etwas hätte sehen können. Der Mann, der eben noch bewusstlos auf dem Boden gelegen hatte, hielt ihn nun krampfhaft fest und richtete sich auf. „Lass mich los!“ Sascha klang beinahe panisch und versuchte seinen Arm zu befreien, aber der Griff seines Gegenübers war zu fest. Dabei war er eben noch bewusstlos gewesen. Woher nahm der Kerl diese Kraft? „Wer bist du?“, fragte der Unbekannte misstrauisch und mit rauer Stimme. „Ich... ähm...“ Was sollte er darauf nur antworten? „Das ist doch egal!“, sagte Sascha dann. Er fasste sich langsam wieder. Nur war er sich nicht sicher, ob es gut wäre diesem Kerl überhaupt etwas zu sagen. „Ist es nicht, also sag es!“ „Warum sollte ich das?“ Der Griff um sein Handgelenk wurde stärker. Sascha erschrak und konnte eben noch verhindern, dass er den Schmerz zeigte, der sich gerade seinen Arm hochzog. „Ich bin hier nicht aus Spaß, also sag es!“ Der Fremde stellte sich auf die Beine und zog Sascha mit sich hoch. „Ist ja gut... Aber ich wüsste nicht, was es dir bringen sollte.“ „Du bist ein Freund von dem Jungen, nicht wahr? Diesem David, oder wie der heißt.“ Sascha versuchte sich nicht mehr aus dem Griff zu lösen. Ein kurzes Zusammenzucken, als der Name seines Freundes genannt wurde, konnte er jedoch nicht verhindern. Josh hatte recht gehabt. „Hmm, du kommst mit“, sagte der Fremde nun und zog Sascha hinter sich her. - Josh musste nicht lange suchen, um den richtigen Raum zu finden. Es gab nur eine Tür unter der Licht in den Gang fiel. Langsam öffnete er sie und versuchte zu erkennen, was drinnen vor sich ging. Er erkannte, dass sich nur ein Mann in dem Zimmer befand - zusammen mit David. Ein Grinsen zierte das Gesicht des Grauen. Nur ein Gegner. Das würde ein kurzer Kampf werden. Bevor er den Raum betrat, lauschte er noch einmal. Auf Überraschungsgäste hatte er keine Lust. Der Typ, der bei David war, stand mit dem Rücken zur Tür und sagte irgendetwas zu dem Jungen, der auf dem Boden lag. David hatte eine aufgeschlagene Lippe, mehr konnte Josh von hier aus nicht erkennen. Der Blonde hatte seinen Freund noch nicht gesehen und schaute wütend zu dem Fremden hoch. Ein seltenes Bild, David so verärgert zu sehen. Dann ging alles sehr schnell. Josh stürmte in den Raum. Der Mann drehte sich um, um zu sehen, wer da rein gekommen war. Sofort bekam er eine Faust in den Magen. Während er sich krümmte, nahm Josh die Arme des Kerls und hielt sie fest. „David, raus hier!“ Das ließ sich der Junge nicht zweimal sagen. Aufgesprungen war er schon, und nun rannte er hinaus. Ohne lange zu überlegen, drehte sich der Schwarzhaarige um die eigene Achse. Dabei zog Josh den Kerl mit sich und löste den Griff mit dem er den Fremden hielt so, dass dieser mit dem Kopf gegen die Wand schlug. Langsam sank der junge Mann zu Boden und Josh verschwand ebenfalls durch die Tür. Sie liefen die Treppen rauf. Sie mussten schnell raus. Darum hielten erst wieder in dem Gang, in dem Sascha sein sollte. David schaute zu Josh. „Warum hast du uns nichts davon erzählt?“ „Wovon?“, wollte der Graue wissen. Aber eigentlich fragte er sich, wo Sascha abgeblieben war. Er suchte den Gang ab, fand aber keine Spur von seinem Freund. „Von dem, was du in den letzten drei Jahren gemacht hast.“ „David, nicht jetzt, OK? Wir müssen Sascha finden und dann hier weg. Oder warst du gerne bei denen und willst noch eine Weile bleiben?“ Daraufhin sagte der Blonde nichts mehr. - Sascha stand neben dem Mann, der ihn noch immer mit festem Griff am Arm hielt. Sie fuhren mit einem Aufzug. Der Braunhaarige starrte, abgelenkt über die gespiegelten Wände, mit wütendem Blick auf den Mann. Sie waren etwa gleich groß, aber der Kerl war breiter und sah so aus als würde er trainieren, was Sascha schon seit Jahren nicht mehr machte. Wieviel Chancen er in einem Zweikampf haben würde? Jetzt hatte er Licht, anders wie auf dem Weg hier her. Andererseits wusste er nicht, was mit David und Josh war. Vielleicht wäre es besser erst einmal ruhig zu bleiben und zu schauen, was er herausfinden konnte. Saschas Blick wanderte auf die Stockwerkanzeige. Sie waren schon auf der 15. Etage. Viel mehr gab es auch nicht. Wieder musterte er den Mann. Seine Haare waren so kurz, dass man meinen könnte, er hätte eine Glatze und sein Blick war hart. Wie alt er war, konnte Sascha nur schwer schätzen, aber soviel älter würde er wohl auch nicht sein. Der Aufzug wurde langsamer und hielt dann vollständig an. Kaum das sich die Türen geöffnet hatten, wurde der Braunhaarige aus dem Fahrstuhl gezerrt und über den Gang gezogen. Der Glatzkopf hatte eine enorme Geschwindigkeit drauf. Im Dunkeln war er nicht so schnell gewesen, also hatte er auch nicht viel sehen können. Irgendwie beruhigte diese Erkenntnis Sascha. Gerade als er sich daran gewöhnt hatte gezogen zu werden, stoppte der Fremde vor einer Tür und klopfte an. Niemand sagte etwas, dennoch öffnete der Glatzkopf die Tür und schob seinen unfreiwilligen Begleiter zuerst hinein. Der Raum sah aus wie ein Wohnzimmer, doch konnte es durch die Art und Farbe der Wände seinen Krankenhaus-Ursprung nicht leugnen. Die Möbel waren alt, passten nicht zueinander und waren zum Teil nicht einmal mehr benutzbar. Auf einem der Sofas saß ein junger Mann, der nun aufblickte und fragend zu den beiden schaute. „Pass mal auf den hier auf! Ich muss telefonieren.“ „Geht klar.“ Sascha landete unsanft auf dem Sofa neben dem, ihm ebenfalls unbekannten, Kerl. „Toll, noch so einer“, flüsterte er zu sich. Doch der Kerl hatte ihn gehört, verpasste ihm eine und grinste fies. „Halt die Klappe! Ich hab zu tun.“ Damit widmete er sich wieder dem Block, den er in der Hand hielt und schrieb weiter. Die Stimme des Kerls neben ihm passte so überhaupt nicht zum Aussehen. Er sah jung aus, zu jung als das Sascha glauben konnte, dass er zu den Entführern gehören sollte, aber seine Stimme war dunkel und klang viel zu erwachsen. „Gehörst du zu denen?“, fragte er deswegen. „Bist du taub? Halt die Klappe!“, bekam er nur als Antwort und dazu noch einen Schlag mit dem Ellenbogen. „Pass auf, du kleiner Pisser!“ Sascha drehte sich um und wollte sich für den Schlag rächen, aber der andere hielt ihn an der Schulter fest, während 'der kleine Pisser' sich nicht angesprochen fühlte. Der Braunhaarige schaute zu dem telefonierenden Mann hoch, der ihm bedeutete, ruhig zu bleiben. Nur weil er hoffte etwas zu erfahren, blieb er das auch. „Dorian? - Ich hab hier noch einen. - Wo ist Finn? - Gut, das erledige ich auf dem Weg zu euch. - Habt ihr den Jungen schon wieder? - Ja, dann bringe ich den hier auch mit.“ Sascha hatte nicht hören können, was am anderen Ende der Leitung gesagt worden war. „Kommst du mit, Markus? Der Chef will uns sowieso gleich alle sehen.“ Also hieß der mit der dunklen Stimme Markus. Sascha schaute ihn sich noch mal genauer an. Nicht richtig blond, aber auch nicht wirklich braune Haare. Eigentlich sah er aus wie ein ganz gewöhnlicher Junge, der gerade erst die Schule verlassen hatte. Warum hatten sie David entführt? „Klar, ich mach' das nur eben fertig.“ Mehr sagte Markus nicht und kritzelte weiter auf dem Block rum. Ehe Sascha einen klaren Gedanken fassen konnte, hatte ihn der Glatzkopf am Kragen gepackt und zog ihn zur Tür. „Ich sag es nur sehr ungerne, aber ich kann auch selber laufen. Du musst mich nicht immer ziehen!“, beschwerte sich der Braunhaarige. Er war sich noch immer nicht sicher, ob er bei einem Zweikampf Chancen hatte, aber würde dem nicht aus dem Weg gehen, wenn nötig. „Sei ruhig! Dich brauchen wir nicht, also sei froh, dass du noch lebst.“ Markus mischte sich ein. Er hatte den Block auf das Sofa gelegt und kam nun auf die Beiden zu. „Und wenn es nach mir ginge, wären deine dummen kleinen Freunde auch nicht mehr hier.“ „Markus, halt dich zurück. Denk dran, was der Chef gesagt hat.“ „Was Dorian sagt, ist mir egal. Der ist doch genauso verpeilt wie der andere Spinner.“ Der Andere? Sascha konnte den Beiden nicht folgen, schaute dementsprechend fragend zwischen ihnen hin und her. „Markus, pass auf was du sagst!“, herrschte der Glatzkopf den Jungen an. Dann schob er Sascha aus dem Raum und Markus kam hinter ihnen her - schweigend. „Ich kann noch immer alleine gehen!“, zischte der Braunhaarige, aber das wurde von den anderen ignoriert. Sie gingen wieder zu einem Aufzug. Dieses Mal am anderen Ende des Ganges. Sie standen im Fahrstuhl und fuhren hinunter, aber nur wenige Stockwerke. - Dorian saß an seinem Schreibtisch. Das Zimmer gehörte früher einem Oberarzt. Es war gemütlich eingerichtet, mit Ledersesseln und einem Sofa. Er fühlte sich wohl hier, obwohl alles schon einen abgenutzten Eindruck machte. Er schaute jetzt schon seit einiger Zeit auf die Zettel, die vor ihm lagen. Eigentlich bewahrte er sie im Labor auf, aber da unten hatte er es nicht mehr ausgehalten. Nachdem er David einiges über ihren Plan erzählt hatte, wusste er nicht mehr, ob es richtig war. Vielleicht würde der Junge nicht so handeln wie er hoffte und somit den ganzen Plan ruinieren. Er las ein weiteres Mal, was auf dem Blatt stand, das direkt vor ihm lag. Objekt: 2.03-7 Datum der heterologen Insemination: 02.07.1986 Name der Patientin: Emmily Stuarts Blutgruppe / Rhesus: B positiv Verwendeter Genotyp: 1.39 Bemerkung: Alles wie geplant. Datum weitere Untersuchung: 06.10.1986 Bemerkung: Zellwachstum normal, keine Anzeichen von Komplikationen. Sonstige Bemerkungen: Nachdem die heterologe Insemination erfolgreich war, wurde die Patientin für die reguläre Pränataldiagnostik an einen außenstehenden Arzt verwiesen. Sie bleibt allerdings weiterhin unter unserer Beobachtung. Datum der Niederkunft: 12.03.1987 Name des Kindes: Joshua Stuarts Blutgruppe: AB positiv Sonstige Bemerkungen: Negative Auswirkungen auf den Phänotyp. Änderung der Vorgehensweise wurde vorgeschlagen. Untersuchungen zeigen, dass sich die vorgenommenen Änderungen entwickeln. Dorian legte das Blatt zur Seite, betrachtete einige Fotos und dachte kurz nach. Joshua war hier, das war ein gutes Zeichen. Denn obwohl er wusste, um wen es sich bei den Entführern handelte, konnte er nicht anders, als seinem Freund zur Hilfe zu kommen. Jetzt musste man ihn nur noch überzeugen, dass er einfach zu ihnen gehörte. So sehr er sich dagegen auch sträuben wollte. Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken. Er ließ es klingeln, aber als es nicht aufhören wollte, entschied er sich ran zu gehen. „Ich sagte keine Störungen! – Natürlich, wer sonst sollte in meinem Büro ans Telefon gehen? Was gibt es? – Noch einen? Wahrscheinlich Sascha. Vielleicht können wir ihn auch noch gebrauchen, halt ihn fest. – Er wurde ruhig gestellt und nach unten gebracht, was weiter mit ihm geschieht klären wir später. Ich gehe gleich runter. Am besten kommst du auch. Bring den Jungen mit und vergiss nicht die Akten aus dem Labor ebenfalls mitzubringen! – David, ja. Er ist ebenfalls unten. Sag den anderen Bescheid. Wir haben was zu erledigen.“ Dorian legte den Hörer neben das Telefon, noch einmal wollte er nicht gestört werden. Er streckte sich und rieb sich müde die Augen, ehe er alles zusammen räumte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)