Geschichte von Drachen, Perlen und Priestern von Nanuck (Neue Version: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/209310/200274/) ================================================================================ Kapitel 5: Mina --------------- Kapitel 5: Mina Vergiss nie Egal wie groß deine Angst auch ist Irgendjemand ist immer da Um dich zu schützen „Du sahst echt wunderschön aus.“ Ich war gerade in Yori’s Zimmer. Ich saß auf seinem Boden und besah mir eine Karte Kalderans, während er auf dem Bett saß und mich dabei beobachtete. Nach der Zeremonie hatte es noch ein Festmahl gegeben, doch danach waren dann auch die restlichen Gäste gegangen. Ich hatte mich noch kurz umgezogen und war dann zu Yori ins Zimmer geschlichen. „Fandest du echt?“ fragte ich Yori und strich mir eine Strähne, die sich aus meiner Hochsteckfrisur gelöst hatte, hinter mein Ohr. „Klar, denkst du ich erzähle etwas, was nicht stimmt?“ Ich schaute kurz weg. Dann wandte ich mich mit einem breiten Grinsen wieder zu Yori um. „Nein, eigentlich nicht.“ „Na siehst du“ sagte er und lächelte zurück. Ich versuchte mich wieder auf die Karte zu konzentrieren, doch irgendwie lenkten mich Yoris Blicke immer wieder ab. Ich tat so als würde ich weiter auf die Karte schauen, doch durch den Vorhang aus meinen Ponyhaaren sah ich ganz genau was Yori machte. Unablässig schaute er in meine Richtung. „Musst du mich die ganze Zeit beobachten?“ fuhr ich ihn genervt an, während ich vorsichtig Haarnadel für Haarnadel aus meiner Frisur entfernte. „Hm, nicht unbedingt. Hab aber nichts anderes zu tun...“ „Kannst du nicht etwas Sinnvolles machen? Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn du dauernd zu mir rüber schaust!“ „Tja, damit musst du leben wenn du in MEINEM Zimmer bist.“ Genervt knallte ich das Buch zu. „Wenn ich hier schon nicht mein Buch lesen kann, dann könnten wir ja wenigstens etwas Sinnvolles machen.“ „Was schlägst du vor?“ „Selbst keine Ahnung...“ bedauerte ich und setzte mich auf den Bettrand. Ich ließ mich rückwärts rüberkippen, die weiche Matratze federte sanft unter meinem Rücken. Ich drehte meinen Kopf nach links und beobachtete nun auch Yori, der mit angewinkelten Beinen an der Wand lehnte. „Bist du schon aufgeregt wegen morgen?“ fragte ich und starrte dann wieder an die Decke. „Eigentlich nicht, ich war ja schon öfter im Reich des Granitdrachen.“ „Wie ist es da denn?“ fragte ich während ich weiterhin an die Decke starrend herumträumte. Yori überlegte kurz und fing dann an zu sprechen: „Die Menschen im Reich des Granitdrachen sind sehr freundlich und haben gerne Besuch, da sich nicht viele Leute durch das dichte Gebirge kämpfen um dort ein paar Tage zu verbringen. Durch die dichte Gebirgskette sind die Städte und Dörfer im Königreich gut geschützt. Überall im Gebirgsinneren gibt es große Wälder mit uralten Bäumen. Das Reich wird von einer jungen Königin namens Ai-Lynn regiert. Ryota hat Ai-Lynn schon vor einer Woche einen Brief zukommen lassen, und die Königin hat zugestimmt, dass wir die Zeit in ihrem Schloss verbringen können während wir in ihrem Reich sind. Wir haben ihre volle Unterstützung bei unserem Vorhaben.“ „Ist es dort genauso schön wie hier im Reich des Flussdrachens?“ „Dort gibt es zwar kein Meer, aber wunderschöne Sonnenuntergänge in den Bergen“ erwiderte Yori nur. Ich schloss die Augen und stellte mir vor, wie es dort wohl aussah. „Es muss dort wunderschön sein“, kam es mir über die Lippen, ein Flüstern, gerade mal so laut, dass Yori es verstand. „Überwältigend“, stimmte er mir zu. „Ich freu mich schon auf morgen“, sagte ich mitten in den Raum hinein. Ich öffnete wieder meine Augen und drehte meinen Kopf so, dass ich nach draußen schauen konnte. Tausend Sterne funkelten am Himmel und der Mond war jetzt auch schon am Himmel erschienen. Mit einem Seufzer richtete ich mich auf. „Ich sollte jetzt gehen“, sagte ich langsam und fing an zu gähnen. „Wir müssen morgen schließlich früh raus.“ „Stimmt.“ Ich stand auf, streckte mich kurz und wandte mich der Tür zu. Ich drehte mich noch einmal um und zwinkerte Yori zu. „Gute Nacht“ hauchte ich ihm entgegen und warf ihm einen Luftkuss zu. „Schlaf schön.“ Verdattert stotterte Yori nur ein „Träum schön“ hervor und ich verließ den Raum. In meinem Zimmer warf ich mich in meine weichen Kissen und schlief von einer auf die andere Minute ein. Früh morgens schleppte ich mich aus meinem Bett und packte meine Tasche. Immer noch gähnend stapfte ich zum Frühstück und setzte mich neben den mindestens genauso müden Yori. Wir schwiegen uns an und würgten unser Frühstück hinunter. Außer uns waren nur wenige andere Leute im Speisesaal, so früh war es erst. Nach dem Frühstück holten wir unsere Taschen und trafen uns dann bei unseren fertig gesattelten Pferden. Es waren nicht viele Leute da, die uns verabschieden wollten: nur Hikari, Hikaru und Ryota. Ryota nahm seinen Schützling noch zur Seite und auch Hikari flüsterte mir noch ein „Viel Glück, pass auf dich auf“ ins Ohr. Sie umarmte mich noch einmal herzhaft und wisperte mir noch zu, dass sie mich vermissen würde. „Wir kommen ja wieder“, murmelte ich zurück. Hikari ließ mich zögernd wieder los. „Ich weiß, aber ich habe Angst um dich, schließlich ist das der Abschied ab dem ich vorerst nichts mehr für dich tun kann.“ „Ich krieg das schon hin, du hast mir ja alles beigebracht, und vergiss nicht, ich bin jetzt die Hüterin der Jadeperlen. Mir wird schon nichts passieren, ich bin ja schließlich nur im Reich des Granitdrachen.“ Hikaris Augen glitzerten feucht, doch sie blinzelte die Träne weg und fing bei meiner Bemerkung an bitter zu lächeln. „Ich hab irgendwie so eine Vorahnung, dass irgendetwas passieren wird.“ Zweifelnd schaute ich sie an. „Ich glaube es ist jetzt Zeit, dass du gehst.“ Hikari drückte mich noch einmal kurz und schubste mich dann in Richtung Savann. Auch Ryota ließ nun von Yori ab und ließ ihn zu Jarik. Hikaru wünschte mir ebenfalls noch viel Glück bei der Suche des ersten Tempels und die anderen winkten uns zum Abschied zu, während Yori und ich vom Schlosshof ritten. „Wir müssen in Richtung Norden“, bemerkte Yori schläfrig und zeigte in etwa in die Richtung, in der das Spiegelportal liegen musste. „Dort sind die Berge des Granitreiches.“ Müde nickte ich und ritt schläfrig in die angezeigte Richtung. Die schöne Umgebung nahm ich nur verschwommen war, denn ich hatte das Gefühl, dass meine Augen jeden Moment wieder zufallen könnten. Wer kam auch auf die Schwachsinnige Idee nach einem Fest noch vor dem Sonnenaufgang aufzustehen? Inzwischen zeichnete sich die Sonne wenigstens schon schwach hinter den weit entfernten Wipfeln der Berge ab. Lange ritten wir so herum, und nach ein, zwei Stunden, war ich dann endlich auch wieder zurechnungsfähig. Inzwischen waren wir jetzt endlich nicht mehr im Wald, sondern auf der Wiese des Spiegelportals, oder wie es auch genannt wurde, das Tal der Morgenröte. Wir ritten einen schmalen Pfad entlang, der uns im direkten Wege zwischen den Bergen herführte. Die steilen Geröllwände zeichneten sich bedrohlich über uns ab. Schnellen Schrittes durchquerten wir die Schlucht. Unser Weg stieg immer weiter an und am Ende fanden wir uns am Gipfel des Berges wieder. Der stundenlange Querfeldeinritt hatte sich ausgezahlt, allein schon wegen der fabelhaften Aussicht. Von hier oben konnten wir direkt in das wunderschöne Tal hinab schauen. Der Berg fiel flach ab und froschgrünes Gras zog sich über die gesamte Fläche bis zum Rand eines kristallklaren Bergsees. Vereinzelte Bäume standen um den See, weiter hinten wurden es mehr, bis sie sich in einem riesigen Wald verloren. Die Sonne spiegelte sich tausendfach auf der glatten Wasseroberfläche. Das Tal war riesengroß, doch nirgendwo konnte ich ein Schloss oder eine Stadt erkennen. Vermutlich lebten die Menschen jenseits des tannengrünen Waldes. Verwundert sah ich mich um. Wo war Yori denn schon wieder abgeblieben? Ich entdeckte ihn weit vor mir, schon fast unten bei dem Bergsee. Ich sputete mich und galoppierte den Hang hinunter, um Yori einzuholen. Er war gerade von seinem Pferd gestiegen und schöpfte mit seinen Händen Wasser aus dem See, als ich bei ihm ankam. Ich stieg ebenfalls ab und hockte mich neben ihn ins Gras um meine Wasserflasche neu zu füllen. Nachdem mein Wasserproviant wieder aufgefüllt war trank ich selbst noch etwas und ließ mich dann ins Gras zurückfallen. Ich beobachtete, wie die Wolken sich schnell über den Himmel bewegten. Anscheinend wehte starker Westwind, doch hier im Reich des Granitdrachen war davon nichts zu spüren, durch den Windschutz aus purem Gestein bekamen wir von alledem nichts mit. Die Sonne stand am höchsten Punkt des Himmels, sodass nur wenige Schatten um uns herum sichtbar waren. Yori kramte nun in seiner Satteltasche herum und warf mir ein in Papier eingepacktes Sandwich zu, woraufhin ich erschrocken aufschrie und meine Arme schützend vors Gesicht hielt. Als das Sandwich dann wohlbehalten neben meinem Bauch lag, stütze ich mich auf meinen Ellenbogen auf und aß es. Wir sprachen weiterhin nicht viel, deswegen war unsere Rast auch bald zu Ende. Wir ritten über einen kleinen Weg direkt in den Wald und folgten diesem bis in das dichte Blätterdach des Waldes. An einer Kreuzung entschieden wir uns für den linken Weg und folgten ihm zwei endlose Stunden bis sich der Wald langsam lichtete und Sonnenlicht wieder die Gegend erhellte. Vor uns tat sich ein wunderschöner Anblick auf: Der Hügel auf dem der Wald stand fiel steil ab. Hügel für Hügel konnten wir sehen, und überall dazwischen standen vereinzelte Dörfer und Städte. Weit am Horizont konnte ich das Ende des weitläufigen Tals erkennen, denn dort schloss sich die lange Bergkette zu einem Gebirgsring. Irgendwo zwischen den vielen Hügeln und Dörfern, erkannte ich eine riesige Stadt auf einer der wenigen flachen Ebenen. Um ein großes Schloss zogen sich hohe Häuser mit winzigen Gassen und Straßen dazwischen. Viele Brücken zogen sich über die Straßen und eröffneten neue Wege oberhalb des unteren Teils der Stadt. Insgesamt gab es etwa 5 verschiedene Stadtebenen, oben heraus prangte das riesige Schloss. Insgesamt hätte man die Hauptstadt des Granitreiches als ein Labyrinth aus Treppen und Brücken bezeichnen können. Der anstrengende Ritt über die vielen Hügel dauerte noch einmal um die neunzig Minuten bis wir dann endlich die Stadt erreichten. Am Rande der Stadt standen noch einzelne Häuser ohne jeglichen Zusammenhang mit der eigentlichen Stadt, doch desto weiter man in das komplexe System der Stadt eindrang, desto dichter wurde das Straßennetz und desto enger wurden die Gassen. Verzweifelt versuchten wir bis zum Kern der Stadt vorzudringen, doch mit unseren Pferden kamen wir nicht sehr weit, das lag besonders an der Tatsache, dass die Straßen auch noch überfüllt mit Menschen waren. Wir gaben die Versuche auf doch noch mit unseren Pferden einen Weg zu finden, und kehrten erst einmal zum Stadtrand zurück um einen Platz für die Pferde zu finden. Glücklicher Weise brauchten wir nicht lange fragen, um herauszufinden, dass die Ställe für die Pferde am anderen Ende der Stadt waren. Ohne lange zu überlegen ritten wir einmal um die Stadt herum und fanden auch schnell die Stallungen. Die waren auch kaum zu übersehen: Das Gebäude war halb so groß wie das Schloss Kentosai, es mussten Hunderte Pferde darin untergebracht sein. Der Stall war aus grobem Stein gebaut und hatte ein flaches Holzdach. Am Eingang entdeckten wir einen Stallburschen, der seelenruhig im Heuhaufen vor dem Stall schlief. Yori ritt nahe an ihn heran und räusperte sich laut. Belustigt schaute ich dabei zu, wie der Stallbursche erschrocken hochfuhr und sich unter den herablassenden Blicken Yoris so schnell es ging aufrichtete. Der Schrecken stand dem Armen ins Gesicht geschrieben, anscheinend war es ihm verboten mitten in seiner Arbeitszeit zu schlafen. „Was kann ich für sie tun“, brachte er mit brüchiger Stimme hervor. „Wir sind Besucher der Königin Ai-Lynn aus dem Reich des Flussdrachen.“ „Dürfte ich bitte Ihre Namen erfahren?“ „Das ist Akina, die Hüterin der Jadeperlen und ich bin ihr Begleiter, Yori.“ Leicht verwirrt runzelte er seine Stirn. Er schien zu überlegen. „Ah, jetzt ist es mir wieder eingefallen! Ihr seid die Ehrengäste, von denen hier alle sprechen.“ „Du könntest uns nicht zufällig sagen, wie wir zum Schloss kommen und wo wir unsere Pferde unterbringen können?“ „Um die Pferde werde ich persönlich mich kümmern. Ich werde euch auch noch jemanden suchen, der euch zum Schloss bringt.“ Ich stieg von meinem Pferd und reichte ihm meine Zügel so wie Yori auch. Dankbar lächelte ich ihn an. „Das wäre wirklich nett von dir.“ „Das ist sein Job“, fuhr mich Yori eifersüchtig an, doch der Stallbursche war schon mit unseren Pferden im Stall verschwunden und konnte diese Bemerkung deswegen nicht mehr hören. Ich ignorierte Yoris Bemerkung einfach und stellte mich wartend an die Wand. Eine ganze Weile warteten wir darauf, dass die Person endlich kam, die uns zum Schloss bringen sollte. Vor Ungeduld hatten wir uns schon ins Heu geworfen und gelangweilt die Augen geschlossen. Plötzlich schreckte ich auf. Ein Mädchen kam auf uns zugestürmt und kreischte herum. Erst konnte ich nicht verstehen was sie immer wieder rief, doch dann verstand ich es doch. „Yori!“ kreischte das Mädchen mit den langen rot-braunen Haaren abermals und umarmte meinen Gefährten übermütig. Verwirrt löste er ihren festen Griff ein wenig und blickte ihr ungläubig ins Gesicht. „Mina?“ fragte Yori stockend. „Du bist es wirklich!“ kreischte das Mädchen, dass anscheinend Mina hieß, und drückte Yori wieder fester an sich. Irritiert schubste Yori Mina von sich weg. „Was machst du denn hier, Mina?“ „Das könnte ich dich genauso fragen!“ Mit einem gehässigen Grinsen sprang Yori vom Heuhaufen. „Ich habe einen Auftrag zu erledigen.“ „Und wer ist sie?“ „Das ist Akina, sie ist sozusagen mein Auftrag.“ Mina wandte sich nun interessiert an mich. Sie schaute kurz zwischen uns hin und her und hakte dann nach. „Was macht ihr denn im Reich des Granitdrachen?“, fragte sie Yori mir scharfer Stimme. Yori seufzte. „Ich habe gerade wirklich keine Zeit dir zu erklären, was wir hier machen. Wir warten gerade auf jemanden.“ Sauer wandte sie sich von Yori ab und kam zu mir herübergewirbelt. „Ich hab mich ja noch gar nicht vorgestellt. Also ich bin Mina, eine alte Bekannte von Yori. Seine und meine Eltern waren Freunde.“ Mina hielt mir ihre Hand hin, höflich nahm ich sie an und stellte mich ebenfalls vor. „Schön dich kennen zu lernen, ich bin Akina.“ „Bist du denn wenigstens ein bisschen gesprächiger als unser Gesprächsmuffel und sagst mir auf wen ihr wartet?“ „Eigentlich sollte jemand kommen um uns den Weg zu Schloss zu zeigen, doch anscheinend kommt dieser jemand nicht.“ Ein breites Grinsen zog sich über ihr mit Sommersprossen überflutetes Gesicht. „Na dann kommt mal mit, eure Begleitperson ist gerade eingetroffen.“ „Was willst du uns denn damit schon wieder sagen?“, maulte Yori genervt herum. „Mensch, du Blitzmerker! Diese Person bin ich“, konterte Mina mit gehässiger Stimme. Yori wollte schon wieder eine seiner berüchtigten Anmerkungen machen, doch bevor er anfangen konnte sich wieder aufzuregen unterbrach ihn Mina auch schon wieder und maulte an seiner Stelle herum. „Yori, du bist noch immer ein Großmaul genau wie früher. Jetzt bleib endlich mal ruhig und halt endlich mal die Klappe!“ Sie holte einmal tief Luft. „Können wir jetzt gehen?“ Ohne auch nur ein Wort zu sagen sprangen Yori und ich reflexartig auf. Minas Ansprache hatte gesessen. Zufrieden guckte sie zu uns hinüber und bedeutete uns ihr zu folgen. Sie führte uns in Richtung Stadt. Wieder einmal mussten wir uns durch das enge Straßennetz quälen. Die Wege führten immer weiter hinauf, es wurde immer anstrengender die steilen Straßen zu überqueren. Am Ende liefen wir nur noch unter einer Brücke her. Der Boden wurde wieder flach und statt auf harten Pflastersteinen standen wir jetzt auf weichem Gras. Von der Dunkelheit der engen Gassen traten wir jetzt in den von Sonnenlicht durchfluteten Schlossgarten. Überall waren wunderschöne Blumen zu sehen und Weiden ließen träge ihre Zweige ins Wasser eines stillen Tümpels hängen. Der Wind ließ die Zweige sachte schaukeln und dadurch zogen sich immer wieder dünne Wasserringe über die Oberfläche des Tümpels. Die Rosen und der Efeu rankten sich an den alten Schlossmauern empor und die Vögel zwitscherten leise ihr Lied. Das Schloss erhob sich prachtvoll vor uns und reichte noch bis weit in den Himmel. Im Gegensatz zum Schloss wirkten die Bäume hier alle winzig klein. Eine lange steinerne Treppe führte hinauf bis zum massiven Steinportal des Schlosses. Das Geländer der Treppe hatte die Form einer wunderschönen Rosenranke, genauso wie der Rahmen der riesigen Tür und der zahlreichen Fenster, die sich wie ein Glasring ums Schloss zogen. Zuerst zog sich die bewachsene Mauer nur kahl hinauf, dieses Bild wurde jedoch durch die zahlreichen Fenster unterbrochen. Man konnte deutlich die einzelnen Stockwerke erkennen, die das schmucklose Gebäude bis in den Himmel zogen. Das Schloss selbst war ein einziges riesiges Gebäude, ohne jegliche Türme oder Balkone. Das Dach rundete das Bild des riesigen Schlossquadrates ab. Die roten Ziegel zogen sich spitz in die Höhe und das Dach wurde durch die Spitze aus Gold veredelt. Staunend trat ich an die Mauer und schaute an der Steilen Mauer hinauf. Mina hingegen hatte schon die ersten Stufen bestiegen. „Jetzt kommt doch endlich, wir müssen hier lang!“ Ich schaute noch einmal hinauf zu den Rosen und folgte dann den anderen beiden ins Schloss. Staunend schaute ich in die steinerne Eingangshalle. Die Wände und der Fußboden wirkten kalt, doch der Sonnenschein, der durch die hohen Fenster fiel warf alles hier in ein warmes Licht. Ein großer Teppich lag in der Mitte des Raumes. Ein riesiger Kamin war an der Stirnseite der Einganghalle zu erkennen, ein warmes Feuer knisterte fröhlich darin vor sich hin. Davor standen ein paar Sessel. Eine große, bequeme Sitzecke mit vielen Sesseln und einem riesigen Sofa stand im Mittelpunkt des Zimmers. Nirgendwo an den Wänden hing auch nur ein einziges Bild, da überall wo man hinsah nur der blaue Himmel durch die dicken Scheiben des Fensters zu sehen waren. Dafür standen jedoch jede Menge Pflanzen in Töpfen in diesem Zimmer. Eine Wendeltreppe am anderen Ende des Raumes führte in die oberen Stockwerke. „Ich muss jetzt wieder gehen, ihr findet euch ja garantiert auch ohne mich zurecht“, sagte Mina unerwartet in den Raum hinein. Sie zwinkerte Yori noch kurz zu. „Vergiss mich bloß nicht, man sieht sich.“ Dann drehte sie sich um und stolzierte aus dem Raum. Verwirrt schauten Yori und ich uns an. „Und jetzt?“, fragte ich verwirrt. „Ich würd ja mal sagen, dass es hier nur nach oben weiter geht.“ Kurzerhand beschlossen wir die Treppe hinaufzusteigen. Oben angekommen liefen wir auch direkt einem Mann in einem feinen, schwarzen Anzug und einem dicken Monokel vor dem Auge in die Arme. „Entschuldigen sie bitte, aber sie wären nicht zufällig so nett uns kurz weiterzuhelfen?“ Herablassend schaute er auf mich hinunter und belächelte mich und meinen Begleiter. Dann fiel sein Blick auf meine Perlenkette, die ich mir mehrmals ums Handgelenk gewickelt hatte. „Ach sie sind es! Ich hätte das werte Fräulein beinahe nicht erkannt. Folgen sie mir bitte, folgen sie mir, die Königin wird sie im Dachgeschoss in Empfang nehmen. Irritiert schaute ich kurz in Yoris Gesicht und sah, dass er genauso wortlos war wie ich. Wir folgten dem merkwürdigen Butler zu nächsten Treppe und wieder zur nächsten. Ich hörte schnell auf die Treppen zu zählen, es waren sowieso viel zu viele, denn mal gingen wir eine hoch, dann wieder eine runter, bis wir endlich in einem Raum ankamen, in dem keine weitere Treppe zu entdecken war. Die mit hellem Holz verkleidete Decke lief spitz zu, wir mussten also wirklich im höchsten Raum des riesigen Schlosses sein. Der Butler bedeutete uns am Anfang der Treppe zu warten, während er uns bei Königin Ai-Lynn ankündigen wollte. Erstaunt schaute ich mich in dem riesigen Dachraum um. Wieder bestanden alle Wände um mich herum aus massivem Glas. Sogar im Dach waren einige Scheiben eingelassen, wie ich jetzt erkannte. Von hier konnte ich die Sonne durch eines der Dachfenster funkeln sehen. Der Raum um uns herum war wieder sehr freundlich eingerichtet. Helle Polstermöbel standen um mich herum und eine ganze Reihe an weißen Bücherregalen versperrte die ganze Fensterwand an der Ostseite. In der linken Ecke des riesigen Raumes war ein Podest, dort saß eine wunderschöne Frau in einem langen, weißen Kleid. Sie hatte lange weiß-blonde Haare, die ihr bis zum Po reichten, ihr Gesicht konnte ich leider nicht sehen, da sie uns den Rücken zugewandt hatte. Die Königin und der Butler redeten kurz miteinander, ich konnte aber nicht verstehen, was sie sagten. Dann kam er wieder zu uns und hielt einladend seine Arme auf. „Die Königin erwartet sie“, sagte er und zog sich zurück. Unsicher näherte ich mich der Königin, deren Schönheit mir irgendwie unwirklich vorkam. Ich wusste nicht genau wie ich mich ihr gegenüber benehmen sollte, deswegen tat ich einfach das, was Yori ebenfalls tat: Er ging vor ihr in die Knie und verneigte sich. Ai-Lynn fing an zu lachen und warf ihre langen Haare zurück. Mit melodischer Stimme sprach sie zu uns: „Ihr braucht euch vor mir nicht zu verneigen, bitte, setzt euch doch.“ Schüchtern blickte ich auf und sah in ihr Gesicht. Ai-Lynn war wunderschön. Ihr Haar umspielte ihr herzförmiges Gesicht und ein freundliches Lächeln forderte uns dazu auf keine Demut vor ihr zu zeigen. Wir folgten ihrer Bitte und setzten uns auf die Sessel die ihr am nächsten standen. Ihre eisblauen Augen folgten jeder unserer Bewegungen aufmerksam, als wollte sie uns prüfen. Ich fühlte mich unsicher und irgendwie ein wenig verloren. In einer fremden Welt, in einem fremden Königreich, in einem fremden Raum mit einer fremden Frau. Immer noch lächelnd fing sie an zu sprechen: „Willkommen in meinem Reich. Ich bin Ai-Lynn, die Königin des Reiches des Granitdrachen. Wie ich sehe haben Sie den weiten Weg in mein Reich gut überstanden?“ Eifrig nickte ich. „Oh ja, Majestät. Die Reise war einfach atemberaubend“, berichtete ich strahlend. „Das freut mich. Ich hoffe wir können Ihnen den Aufenthalt hier so bequem wie möglich machen. Haru, mein persönlicher Butler, lässt gerade Ihre Zimmer herrichten. Sie können sich dann also gleich dort ausruhen, die Reise wird dann wohl doch anstrengend gewesen sein.“ „Danke, das ist sehr nett von ihnen, ich glaube wir beide könnten wirklich ein wenig Ruhe vertragen“ pflichtete ich ihr bei. „Wenn Sie beide irgendwelche Fragen oder Wünsche haben, können Sie sich gerne an Haru richten, er wird Ihnen gerne weiterhelfen. Mich werdet Ihr vermutlich kaum sehen, da ich viel zu tun habe und ab und zu auch mal in andere Reiche reisen muss. Ich wünsche euch dann noch viel Glück beim Suchen des ersten Tempels, ich werde euch, so gut es geht, unterstützen.“ „Danke, Majestät, wir werden unser Bestes geben.“ Ein leises Räuspern war zu vernehmen. Haru stand am Fuße der Treppe. „Eure Zimmer sind nun fertig angerichtet“, sagte die Königin wieder mit ihrer Stimme, die Klang wie das Rauschen des Wasserfalls. „Ihr ruht euch dann jetzt am Besten aus.“ Am nächsten Tag machten wir uns auf die Suche nach dem ersten Tempel. Ratlos standen wir auf einem Hügel vor der Stadt. Ich setzte mich auf einen großen Stein und schaute hoffnungslos zu Yori, der sich interessiert die Umgebung ansah, um sich erst mal einen groben Überblick zu verschaffen. „Du weißt nicht zufällig wo wir anfangen sollen zu suchen, Yori?“ „Was hat die Prophezeiung noch mal gesagt?“ „Eure Reise wird im Reich des Granitdrachen beginnen, doch am Ende werden die Namen doch die besseren Hinweise auf das Versteck der Tempel sein.“ Das hatte Yori mich heute bestimmt schon zum tausendsten Mal gefragt, und jedes Mal hatte ich diesen Satz als Antwort heruntergerattert. Yori überlegte und murmelte dabei etwas vor sich hin. „Ich hab’s! Das Versteck des Tempels muss irgendetwas mit Granit zu tun haben. Und wo findet man Granit? In der Erde! Der Tempel muss irgendwo in der Erde versteckt sein, in einer Höhle oder so.“ „So wie du das sagst klingt das irgendwie ziemlich logisch.“ Ich überlegte kurz. „Du hast Recht , wir sollten in den Höhlen suchen.“ Begeistert sprang ich von meinem Fels. „Ich könnte dich küssen!“, schrie ich ihm enthusiastisch zu. „Das lass mal lieber bleiben“, raunte mir eine bekannte Stimme kalt zu. „Yori ist mein Verlobter!“ Mina stand mit wutverzerrtem Gesicht neben dem Fels auf dem ich eben noch gesessen hatte. Irritiert schaute ich zwischen Yori und Mina hin und her. „Mina“, begann Yori aufgebracht. „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich dich nicht heiraten werde?!“ „Und wie oft soll ich dir noch sagen, dass unsere Eltern diese Hochzeit schon nach unserem ersten Treffen arrangiert hatten?!“ „Das interessiert mich doch nicht, meine Eltern sind...“ Abrupt hörte Yori auf zu sprechen, das letzte Wort blieb ihm im Hals stecken. Er fing sich wieder und begann seinen nächsten Satz. „Die Vergangenheit interessiert mich nicht! Ich habe sie schon lange hinter mir gelassen!“ „Du willst mir damit doch jetzt nicht sagen, dass du mich nie mehr sehen willst?“ fragte Mina mit schneidender Stimme. „Genau das will ich sagen! Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass aus uns nichts wird! Immer und immer wieder habe ich dir gesagt du sollst mich in Ruhe lassen, und was passiert? Garnichts!“ „Was sollte auch schon passieren? Meinst du nur weil du meine Anwesenheit nicht schätzt, verziehe ich mich? Nein danke! Wieso sollte ich auf deine Gefühle achten, wenn du auf meine herumtrampelst wie eine Horde wildgewordener Elefanten?“ Eine Wand aus kaltem Schweigen breitete sich zwischen den beiden aus, eine Gewitterwand mit Blicken wie Blitzen. „Ich lass euch zwei Turteltauben dann mal alleine!“, sagte Mina und wandte sich schon zum gehen, dann drehte sie sich aber doch noch mal um. „Ich hoffe du hast wenigstens genug Anstand um mir auf Wiedersehen zu sagen, wenn ihr weiterreist? Ihr findet mich in dem kleinen Haus am Stall, fragt einfach nach mir, die Leute wissen schon, wo ich zu finden bin.“ Dann verließ sie den Hügel und ließ mich und Yori allein in der kalten Stille stehen. „Lass uns jetzt in den Höhlen suchen“, sagte Yori, als wäre nichts vorher geschehen. Den ganzen Tag hatten wir die verdammten Höhlen im Granitreich durchsucht und waren jedes Mal nur in dunklen Sackgassen gelandet. Bis der Mond am Himmel hing hatten wir gesucht, draußen war es nun schon genauso dunkel wie in den nochmals verdammten Höhlen. Seufzend verschoben wir die weitere Suche auf den nächsten Tag. Ausgeruht und mit zerknirschten Gesichtern setzten wir also unsere Suche fort, doch abermals fanden wir in den Höhlen nur Sackgassen der Dunkelheit. In manchen Höhlen hatten wir garantiert auch zwei oder dreimal nachgeschaut, waren durch die Dunkelheit gestolpert um dann doch am Ende wieder nur auf Gestein zu treffen. Schweren Herzens hatte sich Yori dann doch dazu überreden lassen in die Stadt zurückzukehren und sie dann morgen zu verlassen, um die Höhlen außerhalb der Stadt im Gestein des riesigen Gebirgsrings zu durchsuchen. „3 Tage haben wir jetzt schon verschwendet. 3 Tage, in denen Mizuki schon ganz Kentosai in Schutt und Asche legen könnte!“, hing mir Yori immer wieder in den Ohren. Als ich dann auch noch vorschlug, dass wir zu Mina gehen sollten, um uns zu verabschieden riss ihm der Geduldsfaden. „Was hat die Welt nur gegen mich“, jammerte er den ganzen Weg hin zum Stall. Es war einfach gewesen Yori doch noch zu überreden. Ich hatte ihn nur lieb fragen müssen, dann war er, jedoch murrend, doch noch mitgekommen. Schließlich fanden wir uns vor der morschen Holztür eines alten und kaputten Hauses wieder. Hier musste Mina wohnen, dachte ich mir, während ich Yori an der Hand zur Haustür zog. Vorsichtig klopfte ich an die Tür, darauf aufpassend, dass die Tür nicht doch noch unter meiner Hand zu Staub zerfiel, doch auch nach einigen Minuten und zwei weiteren Anklopfversuchen öffnete keiner die Tür. Yori wollte sich schon wieder umdrehen und gehen, aber ich griff nach seiner Hand, öffnete vorsichtig die Tür und zog ihn ins Haus. „Mina?“, rief ich in den kleinen Raum und schaute mich um. Wir befanden uns in so etwas wie einer Wohnküche, denn hier befand sich ein alter Kachelofen diverse Schränke und Regale, ein alter Tisch mit vier klapprigen Stühlen und ein kleines Sofa mit abgesessenen Polstern. Zwei weitere Türen befanden sich in der grob verputzen Wand und führten vermutlich in ein Bad und in ein Schlafzimmer. Eine Luke befand sich im dreckigen Dielenboden und führte hinunter in den Keller, sie stand offen und unten in der Dunkelheit bemerkte ich ein schwaches Flackern einer Kerze. Verwirrt trat ich noch einen Schritt näher an die Luke und erhaschte einen Blick in die Tiefe, doch ich konnte nichts Konkretes erkennen. „Hallo? Ist da unten jemand“, rief ich in die Stille hinein, doch wieder bekam ich keine Antwort. „Komm, Mina ist nicht da. Lass uns zurück zum Schloss gehen.“ Doch genau in dem als Yori mich wieder zur Tür ziehen wollte sprang eine rot getigerte Katze aus der Dunkelheit und tapste leise auf uns zu. Ich ließ Yori stehen und hockte mich vor die kleine Katze. „Na Kleine? Ist dein Frauchen nicht da? Komm doch mal zu mir...“ Ich hielt der Kleinen lockend die Hand hin, doch statt zu mir zu kommen und sich streicheln zu lassen, tapste sie schnurstracks zu meinem Gefährten und umspielte schnurrend seine Beine. Erschrocken sprang der einen Schritt zurück und knallte dabei versehentlich gegen einen Stuhl. Als wäre die Katze beleidigt sprang sie prompt von Yori weg und setzte sich demonstrativ auf die Couch. Von ein auf die andere Sekunde fing das Tier plötzlich an zu Leuchten. Das Licht breitete sich wie ein Blitz im ganzen Zimmer aus, sodass ich nichts mehr erkennen konnte, alles um mich herum war nur weiß. Genauso plötzlich wie es gekommen war verschwand das Licht auch wieder, doch statt der roten Tigerkatze saß jetzt Mina auf dem Sofa! Entsetzt starrte ich sie an, dann schaute ich zu Yori und bemerkte zum Glück, das er Mina genauso anstarrte wie ich. „Tag!“, sagte Mina glücklich und schlug ihre Beine übereinander. „Tag...“, antwortete ich ein wenig entsetzt und stolperte einen Schritt zurück zu Yori. „Weswegen hab ich die Ehre?“, fragte Mina uns mit zuckersüßer Stimme. Yori schien wohl immer noch zu geschockt um zu sprechen, deswegen antwortete ich. „Ähm...wir sind gekommen um...um uns zu verabschieden!“ „Achso, wie lieb von euch!“ Wieder antwortete Mina mit dieser zuckersüßen Stimme, so als wäre sie froh darüber, dass sie Yori so geschockt hätte. Dabei lächelte sie noch schadenfroh. Yori hatte inzwischen wohl wieder zu sich selbst gefunden und wagte nun doch näher zum Sofa zu treten auf dem Mina, immer noch lächelnd, saß. Misstrauisch musterte er sie. „Mina? Seit wann kannst du dich in eine Katze verwandeln? Und wo sind deine Eltern?“ Ihre Miene verfinsterte sich plötzlich. Yori hatte wohl einen empfindlichen Punkt getroffen. „Das ist eine lange Geschichte, setzt euch, dann erzähle ich sie“, antwortet Mina jetzt mit einer Stimme, aus der die Traurigkeit und der Schmerz an die Erinnerungen förmlich rauszuhören waren. Yori und ich setzten uns auf die abgenutzten Stühle und Mina fing an zu erzählen. Vor ein paar Jahren noch, als Mina gerade mal 9 Jahre alt war, hatte sie mit ihren Eltern nahe Saitenko gelebt. Ihr Vater war Schmied und bevorzugte es deswegen bei den Lavaseen des Vulkanreiches zu wohnen, weil die Schilde und Waffen durch das Schmelzen durch die Lava widerstandfähiger wurden. Eines Tages, so erzählte Mina mit gesenktem Kopf und Tränen in den Augewinkeln, ritt Mizuki höchstpersönlich auf den kleinen Hof der Schmiedfamilie, mit einer Gefolgschaft von mindestens einem Dutzend ihrer schwarzen Krieger. „Du sollst hier der beste Schmied in der Gegend sein?“, hatte Mizuki Minas ahnungslosen Vater gefragt. „Der Beste“, hatte er bestätigt und seiner Frau zugeflüstert sie solle die Kinder verstecken. Ihre Mutter hatte Mina und ihre beiden jüngeren Brüder in den Stall geschoben und hatte ihnen gesagt, sie sollen sich verstecken, wie sie es so oft getan hatten, um sich vorm ausmisten der Ställe zu drücken. Doch diesmal war es kein Spiel, es war todernst. Minas Mutter hatte die Tür hinter den Kindern verschlossen, während Mina zum Fenster des Heubodens geklettert war um weiterhin zuhören zu können. Die Schwarzmagierin hatte versucht den Schmied zu überreden ihr eine Armee aus den stärksten Rüstungen aller Zeiten zu schmieden, so robust wie die Normalen und doch wendiger als die Alten. Mithilfe von Mizukis Magie sollten sie dann später zum Leben erweckt werden. „Ein hoher Lohn wartet auf dich, wenn du den Auftrag annimmst. Und wenn nicht hast du einen unbezahlbaren Preis zu zahlen!“, hatte Mizuki ihn damals angezischt und böse gelächelt. „Niemals werde ich dir helfen“, hatte er gesagt und Minas ängstlich Mutter hinter sich geschoben. „Wenn das so ist...“, hatte Mizuki nur gesagt, mit dem Finger geschnippt und hatte Minas Eltern von den Schwertern ihrer unbarmherzigen Rittern durchbohren lassen. Den Hof und das Haus und den Stall hatte sie in Brand stecken lassen. Mina konnte sich nur gerade so retten indem sie aus dem hohen Fenster des Stalles gesprungen war. Ihre Brüder verlor sie im Feuer und die Eltern lagen tot auf dem Hof. Nur Mizuki stand noch dort, wie der Teufel zwischen den Flammen. Gelacht hatte sie, doch war verstummt, als sie Mina unverletzt vor sich stehen sah, das Gesicht rot gefärbt und Tränen in den Augen, Tränen der Trauer und der Wut. „Leichfüßig wie eine Katze“, hatte Mizuki gemurmelt während sie sich Mina stumm besah, die immer noch zitternd vor ihr stand. „Töten werde ich dich nicht, Kleine“, hatte sie Mina ins Ohr geflüstert. „Ich will mir nicht die Hände schmutzig machen. Dennoch, ich werde dich in eine Katze verwandeln, damit du mir nie wieder so verweint vor die Augen trittst!“ Die Augen des jungen Mädchens hatten sich vor Schrecken geweitet, doch sie konnte sich nicht bewegen. An mehr konnte Mina sich nicht erinnern, nur noch daran, dass, als sie wieder aufwachte, Mizuki verschwunden war. Das Haus und der Stall waren völlig abgebrannt und die toten Eltern lagen in einer Blutlache auf dem Hof. Weggelaufen war sie, doch erst im nächsten Dorf bemerkte sie, was eigentlich passiert war. Die Menschen überragten sie um Meter, so kam es Mina zumindest vor, und niemand schien sie zu bemerken. Das alte Leben war zerstört wurden und vor ihr lag jetzt das Leben einer kleinen, roten Tigerkatze. Lange lebte sie in den Gassen bei den anderen Streuern, bis eines Tages eine alte Frau in der Sackgasse auftauchte. Sie hockte sich vor Mina, lockte die Katze zu sich und raunte ihr leise etwas zu. „Du bist keine Katze, du bist ein kleines Mädchen.“ Die Katze folgte ihr, der, die erkannte, wer sie wirklich war. Die alte Frau lebte allein im Wald, weit entfernt von den Dörfern, da die Leute sie hassten wie sie Pest, weil sie die Alte für eine Hexe hielten. Es dauerte nicht lange, bis Mina wieder ein kleines Mädchen war, gerettete durch die Magie der angeblich bösen Hexe. Jawe, so nannte sie sich, hatte die Magie, mit der Mizuki Mina in eine Katze verwandelt hatte, in ein Amulett gebannt. Sie schenkte es Mina, mit den Worten, dass es sicherlich eines Tages nützlich für Mina sein würde. Auf Wunsch der Alten verließ Mina den Wald und suchte sich Arbeit und ein zu Hause in der Stadt. Sie versprach, niemals zurückzukehren und so hörte sie auch Niemals wieder von Jawe, der weißen Hexe. „Eines Tages fand ich das Geheimnis des Amulettes heraus. Es verwandelt mich in Tiere, wenn ich es will“, beendete Mina und wischte sich die Tränen von den mit Sommersprossen übersäten Wangen. Unwillkürlich stand ich auf, setzte mich neben Mina und legte ihr tröstend den Arm um die Schultern. Selbst Mina realisierte erst später, dass sie mich ja eigentlich gar nicht mochte und schubste meine Hand von ihrer Schulter, woraufhin ich von ihr wegrutschte. „Das ist...traurig“, presste Yori nur geschockt hervor und stützte sich nachdenklich mit den Ellenbogen auf seinen Oberschenkeln ab. „Und was machst du jetzt?“ „Dies und das, mal mache ich Botengänge, mal helfe ich in einem Lokal aus... Aber hauptsächlich beschäftige ich mich damit“, sie zeigte auf die Kellerluke. „Und das wäre?“ „Ich erforsche die Heilwirkungen von Schlangengift auf andere Krankheiten.“ Erstaunt schaute ich in Minas Richtung. „Du brauchst mich gar nicht so angucken, du kannst mir ruhig glauben“, blaffte Mina mich unfreundlich an. Beleidigt lehnte ich mich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Woher bekommst du denn das Gift?“, fragte Yori. Mina wurde plötzlich wieder zuckersüß und wandte sich lächelnd zu Yori. „Ich verwandle mich natürlich in die Schlangen und sammle das Gift!“ Stille trat ein. Angewidert musste ich an den Anblick denken, wie eine Schlange ihr Gift in ein Reagenzglas füllte. Ich schauderte. „Darf ich euch vielleicht etwas zu trinken anbieten?“ „Nein danke, wir wollten eigentlich nur kurz verabschieden und dann auch gleich wieder gehen, also mach dir nicht die Mühe, wir wollten sowieso gerade gehen.“ Yori stand auf und ich wurde abrupt aus meinen Gedanken gerissen. Hektisch sprang ich auf und folgte ihm zur Tür. „Auf Wiedersehen“, sagte ich höflich und winkte Mina zu, doch die schaute demonstrativ weg. „Man sieht sich, Yori!“, sagte sie nur mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen. Yori erwiderte nichts sondern knallte nur die Tür zu, ein Wunder das sie nicht aus den Angeln gehoben wurde. Nicht sonderlich gut gelaunt marschierte Yori direkt zurück zum Schloss ohne auch nur auf mich zu warten. Ich schaute kurz zurück zu Minas Haus, dann eilte ich ihm hinterher. Ich wachte auf, weil jemand wie wild gegen meine Zimmertür hämmerte. Erst dachte ich es wäre nur ein Traum, doch das Klopfen an meiner Tür wurde immer lauter und immer wieder hörte ich jemanden meinen Namen Rufen. Verschlafen öffnete ich meine Augen und wurde sogleich vom dämmrigen Licht erschrocken. Es war mitten in der Nacht, wo kam dann bitte das Licht her? Wieder klopfte es an der Tür. „Akina, jetzt mach endlich die Tür auf!“ Es war Yori. Schlaftrunken taumelte ich zur Tür und öffnete sie. Yori stand davor, fertig angezogen und mit gepackter Tasche. Die Erleichterung erhellte plötzlich sein Gesicht, doch im nächsten Moment wurde es schon wieder ernst. „Wir müssen hier weg, SOFORT! Sie sind hier!“ „Wer ist hier?“, fragte ich verwirrt und guckte dabei zu, wie Yori an mir vorbeistürmte und wahllos irgendwelche Sachen in meine Tasche stopfte. „Das erklär ich dir später. Hier, zieh das an!“ Er warf mir einen Pullover und eine Hose zu. „Aber was ist los?“, fragte ich verwirrt mit dem Pullover in der einen und der Hose in der anderen Hand. „Schau nach draußen, dann weißt du’s!“, antwortete er mir wütend. Ich trat ans Fenster und erkannte sogleich die mysteriöse Ursache des dämmrigen Lichts mitten in der Nacht: Überall in den Gasse tobten schwarze Ritter mit Fackeln in den Händen. Manche Häuser brannten und viele Leute eilten hektisch mit Wassereimern durch die Straßen um die Brände zu löschen. Die Ritter durchsuchten die Häuser nach irgendwas, oder irgendwem. Mir blieb fast das Herz stehen. Plötzlich löste ich mich aus der Erstarrung zog mir in Windeseile den Pullover über und schlüpfte in die Hose. Jetzt wusste ich was Yori meinte, wir oder eher ich war nicht sicher, wenn die hier herumwüteten. Ich schnappte Yori die Tasche aus der Hand, stopfte noch die letzten Sachen hinein und zog Yori dann an der Hand hinter mir her. Ich fing an zu rennen, solch eine Angst hatte ich. „Wohin?“, fragte ich. „Zu den Pferden, wir müssen die Pferde holen, dann sind wir schneller als die Ritter.“ „Und wie sollen wir das machen, wenn die in jeder Gasse sind?“ Abrupt stoppte er und zog ein Blatt Papier aus der Tasche. „Das hab ich in meinem Zimmer gefunden. Es ist ein Plan den Untergrundnetzes der Stadt. Wenn wir darein kommen, müssten wir sicher bis zum Stall kommen.“ „Und wo ist der nächste Eingang?“, fragte ich und schaute dabei nervös auf die Karte. „Der nächste Eingang ist im Schlossgarten eingezeichnet. Dort muss irgendwo eine Klapptür im Boden oder so sein.“ „Na dann los“, sagte ich ängstlich und rannte auch gleich weiter den Gang hinunter der zur nächsten Treppe führte. Die Zeit schien mir so langsam wie noch nie zu vergehen, solch eine Angst hatte ich. Jede einzelne Sekunde schien so lang wie eine Minute. Genauso lang kam mir der Weg bis nach draußen vor, und jede einzelne Minute machte mich nur noch aufgeregter. Endlich betraten wir jetzt die Eingangshalle, durch das rote Licht des Feuers wirkte der Raum jetzt bedrohlich und nicht mehr fröhlich. Ein schaudern lief mir über den Rücken und ich eilte schnell durch die Halle und öffnete die riesige Tür. Aufgeregte Schreie drangen in den Raum und das laute Knistern von Feuer war bis zum Schloss zu hören. Beim hinuntersteigen der langen Treppe übersprang ich oftmals ein oder zwei Stufen. In der Dunkelheit stolperte ich auch häufig, doch jedes Mal hielt mich Yori an der Hand zurück und bewarte mich so davor längs auf die Steinstufen zu fallen. Endlich kamen wir unten an, kaputt und außer Puste. „Wo ist der Eingang?“ „Hinter der Weide am Teich.“ Ich hastete zur Weide und kniete mich auf den Boden. Hastig räumte ich das meiste Laub und Astwerk zur Seite und brachte eine mit Moosbewachsene Falltür zum Vorschein. Unachtsam schlug ich die Klappe zurück und ein langer, dunkler Schacht öffnete sich vor uns, eine Leiter war an der Wand angebracht. Ich erhaschte einen Blick auf meinen Gefährten der unschlüssig neben mir stand und argwöhnisch in die Tiefe starrte. Ich warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und stieg auf die Leiter. Panisch begann ich den Abstieg nach unten, Yori folgte mir nach kurzem Zögern. „Mach die Klappe zu, dann findet man uns nicht so leicht“, flüsterte ich in die Stille hinein, dann wurde es dunkel um mich herum. Sprosse für Sprosse stieg ich herunter, bis ich nach einer Ewigkeit endlich wieder festen Boden unter meinen Füßen spürte. Ein kurzer Aufschrei gefolgt von einem Rumsen und einem unterdrückten Schimpfen sagte mir, dass auch Yori unten angekommen war. Ich ließ eine kleine Flamme auf meiner Hand erscheinen und sah, dass Yori wohl nur wenige Meter gestürzt war, denn er stand schon wieder und rieb sich den schmerzenden Po. Verwundert schaute er auf die Flamme, die fröhlich auf meiner Handfläche tanzte. Ich hatte ganz vergessen, dass ich ihm niemals gezeigt hatte, was ich eigentlich gelernt hatte. Sein bewundernder Blick ließ mich schmunzeln und augenblicklich züngelte die Flamme kurz nach oben auf. Ich wandte mich von Yori ab und schaute mir jetzt zum ersten Mal an, wo wir hier eigentlich gelandet waren. Es war der Anfang eines langen Tunnels, der stetig weiter nach unten führte. An der grob behauenen Steinmauer neben der Leiter war eine Fackel angebracht. Vorsichtig löste ich sie aus der Halterung und setzte sie in Brand. „Gehen wir“ sagte ich und ging los. Lange Zeit führte der Stollen weiter nach unten, er machte keine einzige Abbiegung. Ich fragte mich, wie tief unter der Erde wir uns wohl befanden. Endlich hob sich der Boden vor uns kaum merklich an und wir stiegen wieder weiter nach oben. Nach kurzer Zeit schon kamen wir an einer Treppe an, ungestüm sprang ich die Stufen hinauf, Yori immer dicht bei mir. Nach nur wenigen Stufen stieß ich mit dem Kopf gegen die Decke. Das musste das Ende des Tunnels sein. Vorsichtig tastete ich über den Stein über mir bis ich morsches Holz an meinen Händen spürte. Ich drückte kaum merklich dagegen und die Luke öffnete sich einen Spalt. Ich linste nach draußen, doch erkannte nichts als Dunkelheit. Wir mussten schon ein gutes Stück von der Stadt entfernt sein. Erleichtert atmete ich auf und stupste die Klappe ganz auf und stieg ins Freie. Frische Luft stieg mir in die Nase, nicht mehr die stickige Luft die sich unten im Stollen befunden hatte. Ich schaute mich um und sah, dass wir uns gut fünfhundert Meter entfernt von der Stadt entfernten. Die abgelegenen Stallungen waren von hier nicht mehr weit. Entsetzt starrte ich in Richtung dort, wo ich die Stallungen vermutete, doch selbst hier, außerhalb der Stadt, brannten Feuer. Hastig drehte ich mich zu Yori um. „Sollten wir nicht beim Löschen helfen?“ „Auf keinen Fall! Wenn sie wirklich nach dir suchen sollten, sollten wir uns so schnell es geht hier verschwinden. Wir holen jetzt unsere Pferde und reiten weg!“ „Aber...“ „Kein aber, jetzt komm!“ Er packte mein Handgelenk und zog mich mit sich. Mit schellen Schritten näherten wir uns den Stallungen. Viele Häuser rundherum brannten, die Stallungen glücklicher Weise aber nicht. Trotzdem fingen die Stallburschen jetzt aber schon an die Pferde aus ihren Boxen zu lassen und die gesamte Herde vom Feuer wegzutreiben. Hastig näherten wir uns der Herde und Yori schoss gleich auf einen der Reiter zu, der damit beschäftigt war die Pferde beisammen zu halten. „Sind unsere Pferde dabei?“, fragte er und deutete auf die Herde. „Alle Pferde“, sagte der Stallbursche und nickte mit ernstem Gesicht. „Komm wir suchen Jarik und Savann, Akina!“ Und schon verschwanden wir zwischen den Pferden. Yori zog mich zwischen den Pferden her und hielt Ausschau nach unseren Pferden. So schnell wie er hier durchjagte kam ich gar nicht mit. Nach kurzer Zeit fanden wir erst Jarik, der seinen Besitzer fröhlich anwieherte, und dann auch Savann. Yori half mir auf mein Pferd, da wir ja nun kein Zaumzeug oder einen Sattel hatten, und stieg selbst ohne Probleme auf Jarik. Ich krallte mich in der Mähne fest und wir preschten davon, weg von der Herde und rauf auf den Hügel neben der Stadt. Oben stoppten wir und ich erhaschte einen letzten Blick auf die in Flammen stehende Stadt. Doch was ich dann sah erschreckte mich noch mehr als die Tatsache, dass das alles hier gerade passierte. Die brennenden Häuser bildeten einen aus Flammen bestehenden Pfeil, der auf etwas deutete, was wir vorher nie bemerkt hatten: eine kleine Schlucht am Fuße der Stadt. „Was auch immer Mizuki damit bezwecken will, dich suchen tut sie anscheinend nicht!“, stellte Yori erschreckend sachlich fest. Plötzlich dämmerte es mir. „Das sollte kein Anschlag auf die Stadt sein, das ist ein Hinweis! Denk doch mal nach, eine Schlucht besteht auch aus Granit!“ „Ja, aber warum sollte Mizuki dir helfen?“ „Was weiß ich, aber die Tatsache, dass der erste Tempel irgendwo in der Schlucht liegt ist doch nahe liegend.“ „Schon, aber ich habe kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache.“ „Denkst du ich? Meinst du nicht, wir sollten doch runtergehen und löschen helfen?“ „Nein, wir bleiben lieber hier. Wer weiß, was passiert wenn du denen über den Weg läufst. Das Risiko, dass du doch noch von denen verschleppt wirst, gehe ich nicht ein!“ „Und was ist mit den Menschen unten am Feuer?“ „Auf zwei Leute mehr, die Wasser schleppen kommt es nicht an. Hauptsache du bist in Sicherheit.“ Ich wurde leicht rosa im Gesicht. Was war nur mit mir los? Was interessiert es mich, dass Yori sich um mich sorgt? Trotzig stieg Yori von seinem Pferd und ließ sich im Gras nieder. „Steig ab, du kannst da unten sowieso nichts mehr retten.“ „Ja, aber allein wegen mir werden da unten Leute verletzt oder sogar getötet!“ „Wenn du da unten dein Leben riskierst ist keinem geholfen! Wenn du tot bist ist das sowieso das Ende dieser Welt und auch von deiner! Irgendwann wird Mizuki einen weg finden die Drachen zu kontrollieren, da bin ich mir sicher. Deswegen dürfen wir jetzt nicht auch noch unsere letzte Hoffnung mit dir verlieren.“ „Ja, ja, ich bleib ja hier...“ Traurig stieg ich von meinem Pferd und setzte mich neben Yori ins Gras. „Nimm dir das nicht so zu Herzen“, versuchte Yori mich aufzumuntern. „Das Mizuki hier Dörfer und Städte plündert ist Normalzustand, da kannst selbst du nichts gegen machen.“ Widerwillig löste ich meinen Blick von dem schrecklichen Feuerszenario das sich unten abspielte und schaute zu dem Schwarzhaarigen. Er lächelte mir aufmunternd zu, doch ich konnte das schlechte Gewissen einfach nicht verdrängen. Das Feuer spiegelte sich in seinen blauen Augen, ich guckte schnell wieder auf den Boden. Obwohl dort unten die Flammen wüteten, war es hier oben eisig kalt. Ich fröstelte und kuschelte mich tiefer in meinen Pullover. „Schlaf jetzt, ja Akina? Morgen früh klettern wir dann hinunter in die Schlucht.“ „Gut...“, sagte ich nur abwesend und legte mich aufs feuchte Gras, den starren Blick immer noch auf den Boden gerichtet und mit dem Rücken zu Yori und der Stadt liegend. Immer und immer wieder sah ich die kreischenden Menschen und die züngelnden Flammen in meinen Gedanken auftauchen und die quietschenden Rüstungen, die Haus für Haus anzündeten nur damit man von weiter weg einen Pfeil aus Feuer erkennen konnte. Hikari hatte Recht gehabt. Es würde etwas passieren, hatte sie gesagt. Und es war etwas passiert... Und ich ganz allein war Schuld daran, dass all diese Leute verletzt wurden. Wenn das Normalzustand war, mochte ich gar nicht erst wissen, was passierte wenn Mizuki die Alleinherrschaft hatte. Ich wollte nicht darüber nachdenken, viel zu dunkel waren die Gedanken an das Schicksal Kalderans, dass ich allein zu bestimmen hatte. Wie hatte Hikari einmal gesagt? „Das Schicksal besteht aus Vergangenheit und Zukunft. Lasse deine Vergangenheit hinter dir und öffne dich der Zukunft, denn dein Schicksal ist es die Welt zu retten.“ Genau das sollte ich machen. Geschehenes sollte ich vergessen und mich voll und ganz darauf konzentrieren, was ich gegen Mizuki ausrichten kann. Ich gähnte. Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber die Aufregung und die Angst hatten wirklich sehr an meinen Kraftreserven gerissen. Ich wollte zwar nicht Schlafen, aber die Müdigkeit siegte dann später doch über meine schläfrigen Augenlider. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)