Dragoons von Faenwulf (Der Krieg der Drachen) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Heute glaubt keiner mehr an sie. Mächtige Geschöpfe, die tief in den Gletschern vereister Berge oder in der brodelnden Lava von Vulkanen leben. Kreaturen, die in den dichtesten Wäldern und den dunkelsten Höhlen zu Hause sind. Vor achthundert Jahren war das noch anders. Große Kriege und blutige Schlachten wurden mit ihren Gunsten gewonnen. Sie verliehen den Menschen große Stärke, Ruhm und Reichtum, allerdings konnten sie auch Tod und Verderben über eben solche bringen. Jeder wusste, dass sie existieren. Heute allerdings hört man nur noch in Legenden und Mythen von ihnen. Kleinen Kindern erzählt man in Märchen, dass sie Prinzessinnen entführen und riesige Goldschätze besitzen. Doch sie existieren noch heute und leben unter uns. Gut getarnt und an der modernen Menschheit angepasst fahren sie Autos, üben Berufe aus und haben Freunde. Fast kein Mensch weiß, dass sie existieren, doch denjenigen, die es wissen, glaubt niemand. Ich weiß, dass sie existieren. Drachen, die nach jahrhunderte langem Frieden den Kampf wieder aufgenommen haben. Ich bin der Auserwählte eines Drachen und dies ist meine Geschichte. Kapitel 1: Kontakt ------------------ Es wäre fast ein normaler Tag in meinem Leben geworden. Ich hatte nach langer Zeit wieder Urlaub und Mike, mein bester Freund, und ich waren gerade mit dem Zug auf dem Weg nach Hause, als der Zugführer eine Nachricht durch den Lautsprecher säuselte. »Sehr geehrte Fahrgäste. Aufgrund von technischen Schwierigkeiten hält dieser Zug im nächsten Bahnhof und wird von dort nicht weiter fahren. Steigen Sie bitte aus warten Sie auf die Übergangsbusse, die Sie zum nächsten Bahnhof fahren. Von dort aus fährt ein Ersatzzug dann weiter durch. Ich bitte um Ihr Verständnis. Ich wiederhole...« »Ja ganz toll!« sagte Mike »Dieser Zug ist die letzte Anschlussmöglichkeit nach Hause.« Das war mir klar. Wir würden wahrscheinlich mitten im Nirgendwo auf einen Bahnhof abgelassen werden, der mit viel Glück einmal am Tag einen haltenden Zug zu sehen bekommt. Ich dachte schon daran, ein Taxi zu bestellen, als die Fahrt sich verlangsamte. Kaum hatten wir den Zug verlassen, bestätigte sich auch meine Befürchtung. Wir standen auf einem herunter gekommenen Bahngleis eines Bahnhofes, der an einen Wald grenzte. Da mir die Strecke des Zuges nicht ganz unbekannt war, konnte ich ungefähr abschätzen, in welchem Wald wir uns befanden. Auch Mikes Blicke verrieten mir, dass er eine Ahnung hatte. »Wenn wir jetzt noch mit dem Bus und dann den Anschlusszügen fahren, sind wir frühestens sieben Uhr zu bei mir.« sagte ich. »Der Wald hier allerdings müsste an die Stadt angrenzen. Würden wir laufen, würden wir in drei oder vier Stunden ankommen.« Mike ergriff das Wort: »Mir ist alles lieber als die ganze Nacht an irgendwelchen Bahnhöfen zu verbringen. Aber ich kenn mich in dem Wald absolut nicht aus. Ne ungefähre Richtung, ja, aber das ist alles.« Nach kurzer Beratschlagung machten wir uns auf den Weg durch den Wald. Es war Sommer und die Nacht war warm. Gepäck hatten wir außer unsere Rucksäcke keines und die Sterne leuchteten klar und deutlich am Himmel. Ich war es, der die Wanderung durch den Wald vorgeschlagen hatte und unter uns, ich hatte es schon nach wenigen Kilometern bereut. Wie konnte ich auch Ahnen, wie unheimlich ein Wald in der Nacht sein kann. Wäre Mike nicht dabei, der stets einen kühlen Kopf in solchen Situationen behielt, wäre ich dem Durchdrehen nahe. Immer tiefer in den Wald vordringend, fernab von jeglicher Zivilisation drang etwas in mein Ohr ein. Ein Rumpeln, welches unter keinen Umständen hier her gehörte. Ich wollte es zuerst ignorieren und legte sogar einen Schritt zu, als Mike inne hielt. »Hast du auch was gehört?« flüsterte er. »Ja, aber ich will es nicht gehört haben!« gab ich knapp zurück. Ich lief bereits weiter und versuchte Mike mit Blicken davon zu überzeugen das Selbe zu tun. Er allerdings rührte sich keinen Meter. Wie gebannt starrt er in den dichten Wald hinein. Ein markerschütterndes Zischen, was kein normales Lebewesen jemals hätte ausstoßen können, hallte durch den Wald und ließ das Blut in meinen Adern gefrieren. Dort ist etwas. Das stand ohne jeden Zweifel fest. Doch weder wusste ich was es war, noch wie groß oder wie gefährlich es ist. Ich schaute mich um und entdeckte auf dem Boden etwas, um mich im Notfall behelfsmäßig verteidigen zu können. Der lange Ast war zwar nicht allzu stabil, doch besser als gar nichts empfand ich. Ich bückte mich und hob ihn auf, als Mike plötzlich nicht mehr zu sehen war. Schockerfüllte ließ ich die Angst fast Oberhand gewinnen. Wo war Mike? Und wie konnte er lautlos verschwinden? Ich raffte all meinen Mut zusammen und kehre zu der Stelle zurück, wo Mike bis vor kurzem inne hielt um nach dem Geräusch zu lauschen. »Mike!« flüsterte ich. »Alter, wo bist du?« Deutlich erkannte man eine Andeutung von Verzweiflung in meiner Stimme, die ich so gut wie möglich zu verstecken versuchte. Das Unterholz hinter mir begann plötzlich zu rascheln. Jemand oder etwas war im begriff sich an mich zu schleichen und zu überraschen. Ich drehte mich langsam um, als ich durch die Sterne, die hier und da durch den Baumkronen blinzelten, eine Reflektion erkennen konnte. Eine Brille. Es muss ein Mensch sein. »Dave, komm mal her!«. Es war Mike. Ich hatte niemals zuvor ein größeres Gefühl der Erleichterung erlebt als zu dieser Minute. »Du hast doch ein Feuerzeug dabei. Ich brauche es mal eben.« Das war richtig. Normalerweise hat jeder Raucher, den ich kenne ein Feuerzeug dabei. So auch ich. Nikotin! Genau das, was ich in der jetzigen Situation brauchte. Ich nahm das Metalletui aus meiner Hosentasche und steckte mir eine Zigarette in den Mund. Mit meinem Feuerzeug zündete ich das braune Gift an und nahm einen erleichternden Zug, bevor ich Mike das Feuerzeug in die Hand legte. »Wiedersehen macht Freude!« sagte ich. »Komm mit! Ich brauch vielleicht deine Hilfe!« entgegnete er. Das hat mir gerade noch gefehlt. Wenn Mike einem Geräusch hinterher gehen wollte, war das eine Sache, aber warum musste er mich da mit hinein ziehen? Mit seinen Blicken überredete er mich zu Folgen, bevor ich auch nur ein einziges Widerwort hätte aussprechen können. Heute betrachtet war das eine Entscheidung, die mein Leben elementar verändert hatte. Nach wenigen Metern erreichten wir einen Käfig aus Metal. Erleichterung durchbreitete schon wieder meinen ganzen Körper. Wahrscheinlich hatte ein Jäger oder Förster diesen Käfig als eine Falle platziert und ein wildes Tier, hoffentlich ungefährlich, hatte sich darin verfangen. Mike bückte sich vor den Käfig und schnippte ein paar Mal mit dem Feuerzeug, bevor die Flamme entfachte. Was wir sahen, verschlug uns den Atem. Nie hatte ich etwas so schönes gesehen. Aus dem Käfig glänzten Schuppen in silbern und schwarz entgegen. Ein röcheln erklang aus dem Käfig und mit blitzschnellen Bewegungen blickten uns zwei Augenpaare an. Das eine war feuerrot und stammte von dem schwarzen Wesen. Das andere eher gelb-orange, fast wie zwei kleine Bernsteine, die von dem silbernen Geschuppten zu uns lugten. »Hilfe« Sofort klingte sich mein Denken aus meiner Umgebung aus. Was waren das für Wesen? Warum konnten sie Sprechen? Ich dachte daran, dass ich wohl nah dem sei, meinen Verstand zu verlieren, und das nur als Halluzination wahrnahm, als plötzlich wieder diese Stimme mein Ohr erreichte. »Helft uns!« Eindeutig! Eines der Wesen hat gesprochen. Das Licht erlosch. Ich schaute zu Mike rüber, der das Feuerzeug auf den Waldboden fallen ließ. Ich wusste, dass er mit der Situation genauso wenig fertig wurde, wie ich. Aber dort im Käfig waren zwei intelligente Lebewesen, die Gott weiß wie lange schon in dem Käfig hockten. Wir waren mitten in einem Wald. Sie können da schon seit Wochen fest sitzen und keiner würde vorbei kommen um ihnen zu helfen oder aber den Verstand verlieren bei ihrem Anblick. Es war dunkel. Demnach konnte mir letzteres nicht so leicht passieren, wie anderen. Allerdings hatte ich wohl gemerkt die Tendenz dazu. Wie gesagt, es war dunkel, ich hatte ne Mordsangst. Vor mir sitzen zwei gefangene Wesen, die sprechen können. Mein klares Denken übernahm langsam wieder die Kontrolle über meinen Körper. Aber klar doch! Da waren zwei... was auch immer, die meine Hilfe brauchten. Ich nahm noch mal einen Zug von meiner Zigarette, die ich dann fallen ließ und instinktiv drauf trat um sie erlöschen zu lassen. Ich versuchte einen Mechanismus an dem Käfig zu finden, um ihn zu öffnen. Schnell fand ich einen Bolzen an der Oberseite dessen, welcher mir verhalf das eiserne Gefängnis zu öffnen. Vorsichtig hob ich eine Reihe verbundener Gitterstäbe an einer Wand des Käfigs an und ließ ihn geöffnet. Nichts geschah. Ich wollte schon hinein greifen als sich das silberne Wesen raus schleppte. Es hatte ungefähr die Größe einer großen Katze. Der Kopf war spitz und es hatte Krallen. Außerdem hatte es an dem Körper so etwas wie angelegte Flügelchen. Es war überall mit einer Schicht glänzender Schuppen übersäht. Ich wusste nicht, was es war, doch ich wusste, dass es mir vorerst nicht gefährlich werden könnte. »Wasser! Bitte!«, stöhnte es. Das waren die einzigen Worte, die ich brauchte um sofort zu handeln. Diese Tiere standen dem Verdursten nahe und ich müsste noch etwas bei mir haben. Ich streifte den Rucksack ab und öffnete den Reißverschluss um eine Flasche Wasser aus dem Gepäck zu holen. Sofort fand ich das stille Wasser und öffnete die Flasche um es dem Geschöpf zu geben. Ich hielt es im Arm und ließ das Wasser langsam ins Maul des Tieres fließen. Die Schuppen waren zwar spitz, doch ich schnitt mich nicht an ihnen. Einen Blick auf Mike gerichtet sah ich, wie er das schwarze Geschöpf ähnlich hielt und mit seinem Wasser aushalf. Wie lange mussten diese Wesen in dem Käfig gewesen sein? Wie kurz vorm verdursten mögen sie gewesen sein? Als meines genug getrunken hatte befreite es sich mit einer knappen Bewegung und setzte sich vor mich. Auch das schwarze Wesen tat es ihm ähnlich. Mit einer knappen Dankesgeste, einem kurzen lecken mit ihren rauen Zungen über unsere Handflächen, verabschiedeten sich die beiden Wesen und spannten ihre Flügel um kurze Zeit später explosionsartig und gleichzeitig in den Himmel zu schießen und in dem Wald zu verschwinden. »Was zur Hölle war das?« fragte Mike nach einigen Minuten »Ich hab nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung, aber gefährlich schienen sie nicht zu sein.« erwiderte ich, »Allerdings will ich hier auch nicht länger bleiben. Wir sollten uns auf den Weg nach Hause machen.« Nach ein paar Stunden des Schweigens erreichten wir schließlich die Stadt. Langsam wurde es wieder hell und man konnte uns die Müdigkeit vom Gesicht ablesen. Fast ohne Worte einigten Mike und ich uns darauf, bei mir zu nächtigen. Anders als Mike besaß ich meine eigene Wohnung und so kam es, dass er mit einer Decke auf der Couch schlief, während ich im gleichen Zimmer auf meinem Bett zur Ruhe fand. Mikes gleichmäßiges atmen verriet mir, dass er vor mir eingeschlafen war. Die fast vollständige Dunkelheit meines Zimmers umgab auch mich bald und wurde immer schwärzer, während ich versuchte darüber nachzudenken, was heute im Wald überhaupt passiert ist. Nach wenigen Minuten schlief auch ich ein. Ich konnte ja nicht ahnen, dass nach diesem viel zu realen Traum meine viel zu kurze Nachtruhe jäh unterbrochen wurde. Kapitel 2: Traum ---------------- Hitze und Schwefelgeruch lag in der Luft. Überall war Feuer, welches vernichtend loderte. Um mich ertönte das Kreischen von Stahl, welches auf einander traf. Es tobte ein Krieg mit gigantischen Ausmaßen. Hunderte Ritter bekämpften sich Mann gegen Mann mit Schwertern und Äxten. Überall sirrten Pfeile durch die Luft und brachten demjenigen Tod, den sie trafen. Leichen, Köpfe, Gedärme und Blut bedeckten den Boden. Auf der riesigen Lichtung am Fuße des Berges sind bereits tausende Menschen ums Leben gekommen. Dennoch fühlte ich mich so gut wie noch nie. Die Ritter um mich schenkten mir keine Beachtung. Was war los? War ich tot? Ich versuchte mich zu erinnern, konnte es jedoch nicht. Ich gehörte nicht hier her, soviel wusste ich. War es vielleicht ein Traum? Ja, dass musste es sein. Ein Traum. Ich schaute mich wieder um. Noch nie zuvor kam mir ein Traum so real vor wie dieser. Vor mir stürmten die Ritter des unbekannten Kriegsführers unerbittert auf ihre Feinde zu. Köpfe rollten zwischen den Beinen der Soldaten hindurch. Kleine Blutfontänen, untermalt mit dem verzweifelten Gurgeln im Todeskampf der tödlich getroffenen Feinde, spritzen hier und da auf. Vor mir bot sich ein Bild des Schreckens. Die angreifende Armee ist bei weitem überlegen. Ich wollte rennen, konnte mich jedoch nicht bewegen. Meine Beine waren wie am Boden festgenagelt. Einige Minuten schaute ich dem Gemetzel vor mir zu. Ich konnte weder meinen Blick abwenden, noch die Augen schließen, als plötzlich ein Schatten die Sonne verdunkelte. Es gelang mir nach oben zu schauen und dort sah ich es. Ein riesiges Ungeheuer, dessen Form ich allerdings kannte. Ich habe es wenigen Stunden zuvor im Wald gesehen. Es hat mein Wasser getrunken und ist dann weg geflogen. Was konnte das sein? Es war unglaublich viel größer als das kleine Wesen, welches ich aus seiner Gefangenschaft befreit hatte. Es stürzte auf die angreifende Menge und zog eine breite Schneise aus Feuer und Asche hinter sich her. Es konnte Feuer speien! Sollte es etwa ein Drache sein? Gebannt starrte ich auf das Wesen. Ich erkannte eine kleine Gestalt, vielleicht ein Mensch, der auf dem Drachen ritt. Mit einer riesigen Lanze stieß er einige berittene Soldaten von ihren Schlachtrössern. Die Wucht des Aufpralles hätte die Lanze regelrecht zerschmettern müssen, doch wie aus Eisen gegossen blieb sie heil. Nachdem der rote Drache eine Schleife flog, setze er zur Landung an und der Reiter stieg geschickt von dem Drachen ab. Er trug so etwas wie ein einfaches Hemd und eine einfache Hose. Wollte er etwa in Stofffetzen gegen eine Armee kämpfen? Ohne Bewaffnung und Rüstung rannte der Mann im Sturm auf die Ritter zu und schrie dabei alles aus, was seine Kehle hergab. Sein Adrenalin musste schon eine tödliche Dosis erreicht haben. Ohne Vorwarnung rannte der Drache seinem Reiter hinterher und fing dabei an, rot zu glühen. Plötzlich veränderte sich seine Form zu einer unförmigen, rot glühenden Masse, die auf den Reiter zuschwebte. Als sie selbigen erreichte verschlang die Masse ihn und schwebte weiter Richtung Gemetzel. Die Masse verformte sich, berührte schließlich den Boden und verschwand schließlich. Zurück blieb ein rennender Mensch, in einer roten glänzenden Rüstung mit großen Schuppen und einem flammenden Schwert, welcher auf weiterhin auf die Angreifer zu rannte. Wie ein Berserker tötete er die Soldaten. Dieser Mann nahm es ohne Schwierigkeiten mit einer gesamten Armee auf. Unterstützt von den wenigen Soldaten der Gegenseite gelang es, die Angreifer schließlich zu töten oder tödlich zu verletzen. Brennende Kadaver und schreiende Männer blieben überall zurück. Dieser einzelne Mann hat es geschafft einen aussichtslosen Kampf zu entscheiden. Ein Mann, der mit einem Drachen verschmolzen ist und Menschen wie Pappaufsteller hat umkippen lassen. Kapitel 3: Geburt ----------------- Es klingelte. Schweißgebadet lag ich in meinem Bett. Mike ächzte auf dem Sofa. »Wer um alles in der Welt... David! Mach die verdammte Tür auf!« Ich brauchte einige Sekunden um zu reagieren. Was war geschehen? Ich hatte einen Traum. Allerdings konnte ich mich an jedes einzelne Detail erinnern. Da war ein Krieg, ein Drache und sein Reiter. Feuer überall und... Es klingelte ein zweites Mal. Ich schüttelte meine Gedanken vom Traum ab und stand auf. Nur in Boxershorts bekleidet ging ich an Mike vorbei. Ich konnte sehen, dass auch er schweiß gebadet da lag und verzweifelt versucht hat wieder einzuschlafen, während ich zur Tür ging. Ein kurzer Abstecher ins Bad verhalf mir, nicht nur in Unterwäsche die Tür zu öffnen. Mit meinem flauschigen Bademantel ging ich zur Tür. Ich nahm den Hörer ab und hielt ihn an mein Ohr. »Ja? Wer ist da bitte?« nuschelte ich in den Hörer. Eine bezaubernde Frauenstimme antwortete: »Hallo! Das ist nicht leicht zu erklären. Vor allem nicht hier zwischen Tür und Angel. Wir müssen mit euch sprechen! Euch beiden! Möglichst jetzt gleich.« »Häh? Ich versteh nicht was Sie von mir...« ich wurde jäh unterbrochen. »Wir wissen, dass ihr zu zweit seid. Wir wissen, dass ihr letzte Nacht zwei Wesen im Wald zur Freiheit verholfen habt! Das genügt uns beiden mit euch zu reden.« Ich war schockiert. Wie um alles in der Welt konnte jemand wissen, was wir gestern in dem Wald gemacht haben? Wir waren allein. Das glaubte ich zumindest. Eigentlich wollte ich nicht die Türe öffnen, doch eine innere Stimme hat mir dazu geraten es doch zu tun. »2. Stock, die Tür ist offen!« sagte ich und drückte auf den Knopf mit dem Schlüssel. Durch den Hörer hörte ich ein Summen und ein Klacken. Die Haustür unten im Mietshaus wurde aufgedrückt. Ich legte auf, drückte die Türklinge runter und ließ die Türe einen Spalt offen stehen. Kaum ließ ich die Klinke los, drehte ich mich um und lief schnell ins Wohn- und Schlafzimmer. »Aufstehen Mike! Wir bekommen Besuch! Ich weiß nicht wer das ist, aber sie weiß über die Ereignisse im Wald bescheid!« »Oh scheiße!« entgegnete er »Da kann einiges auf uns zu kommen. Warum hast du auch den Käfig geöffnet?« »Halt dein Maul, das ist nicht der richtige Zeitpunkt! Zieh dir was an! Ich weiß nicht wie viele kommen, aber mindestens eine Frau ist dabei und du musst dich doch nicht von deiner schlechtesten Seite zeigen, oder?« Geschwind ließ ich den Bademantel abgleiten und verstaute ihn unter meiner Decke, setzte mich auf das Bett und zog mein T-Shirt von vergangener Nacht an. Gleich daneben die Hose. Ich beeilte mich, weil ich nicht halb nackt vor irgendwelchen fremden Leuten stehen wollte. Mike kam nicht so Richtig in die Gänge. Ich zog ihm die Decke weg und schmiss sie auf mein Bett. Gleiches tat ich mit seinen Kissen, was unsagbar viele waren. Unter dem Sessel kramte ich ein Paar Hausschuhe hervor, zog sie schnell an und ging wieder Richtung Flur. »Beeil dich verdammt noch mal!« ließ ich noch in den Raum gleiten, als ich die Tür hinter mir schloss. Im Flur selber angekommen, konnte ich gerade noch die Wohnungstür öffnen, als zwei atemberaubend schöne Frauen vor mir standen. Die eine war etwas blass, hatte polanges, graues Haar, muss aber vom Alter her um die Anfang zwanzig gewesen sein. Sie trug eine schwarze Jeanshose, die eng an ihren wohlgeformten Rundungen lag. Ihre Brüste, die sie unter ihrem Top versteckte, würden genau in meine Hand passen und waren prall geformt. Die Augen waren unsagbar schön und tief. Sie waren so blau wie der Himmel. Die andere war etwas kleiner und schwarz. Sie hatte schulterlange Rasterlocken. Das rote Kleid, was sie Trug hörte kurz über ihren Knien auf. Ihr Hintern und ihre Brüste waren, wie man es von Afroamerikanern gewohnt war, üppig und prall. Die vollen Lippen und die tiefbraunen Augen waren einfach nur wunderschön. Wie um alles in der Welt konnten diese beiden Frauen in meine Wohnung finden? Das musste ein Traum sein. Bevor ich von selbst realisiert habe, was da vor sich geht, stand auch schon Mike neben mir. Ich blickte zu ihm rüber und man konnte eindeutig aus seinem Gesicht ablesen, dass er selbe dachte wie ich: Boah, geil! »Entschuldigen Sie unser Auftreten und Aussehen. Wir haben bis gerade geschlafen und waren nicht auf Besuch eingestellt. Ich bin David, das da ist Michael.« Die grauhaarige ergriff das Wort: »Nennt mich vorläufig Silvia. Sie könnt ihr Diana nennen. Ich finde, wir sollten nicht länger im Flur stehen bleiben und uns ins Wohnzimmer setzen.« »Äh, klar doch.« stammelte ich. »Kommen Sie mit.« Mike war immer noch genauso perplex wie ich. Mit so was hatte ich nicht gerechnet. Zwei Frauen, mit einer Schönheit, wie sie im Bilderbuch steht. Ich lief vorweg in mein Wohnzimmer. Diana und Silvia folgten mir und schließlich kam Mike auch. Ich bot ihnen einen Platz auf dem Dreisitzer an, wo bis vor kurzem noch Mike drauf geschlafen hat. Er selbst setzte sich auf den Zweisitzer und ich entschuldigte mich. In der Küche öffnete ich eine Schranktür und holte vier Gläser heraus. Im Kühlschrank fand ich noch einige Tetrapacks Eistee, wovon ich einen öffnete und die Gläser mit füllte. Mit den kühlen Getränken ging ich zurück ins Wohnzimmer und stellte sie auf den Tisch, gab jedem ein Glas und behielt das letzte für mich selber. Ich setzte mich in den Sessel und nahm einen großen Schluck Eistee. Das war mein Lieblingssessel und im Laufe der Zeit habe ich eine optimale Sitzkuhle für mich geschaffen. Nachdem ich es mir gemütlich gemacht habe, stellte ich mein Glas zurück und blickte auf die beiden Ladies, die vor mir saßen und warteten, bis wir bereit waren. Diana ergriff das Wort: »Am Besten fange ich noch mal von vorne an, da Michael eben nicht mitbekommen hat, was Silvia zu David gesagt hat, als wir vor der Türe standen. Also... Wir wissen, dass ihr beide gestern Abend im Wald wart und dort zwei gefangenen Wesen zur Flucht verholfen habt. Diese Spezies steht in keinem Buch der Welt als tatsächlich existierende Wesen drin. Nun, um es kurz zu machen. Bei diesen Wesen handelt es sich um uns beide. Wir waren es, die ihr gerettet habt. Obwohl man weniger sagen kann, dass ihr uns gerettet habt. Eher haben wir euch auserwählt und ihr habt die Prüfung bestanden. Wir warteten schon seit einigen Jahren darauf, dass zwei Männer in eurem Alter den Wald bei Nacht passieren und uns befreien. Auch wenn wir uns jedes Mal selber in die Lage bringen und uns ohne Probleme befreien können. Jetzt allerdings drängt langsam die Zeit, sodass wir uns entschlossen haben den Zug ausfallen zu lassen. Dass ihr drin wart, war nur reiner Zufall. Allerdings ein sehr glücklicher Zufall für uns alle vier.« Sie nahm einen Schluck Eistee, »Bis hier hin irgend welche Fragen?« »Zur Hölle, ja!« schrie Mike, »Ein Zug hält an einem Bahnhof, an dem er nicht halten sollte, wir latschen durch nen Wald, durch den wir nicht durchlatschen sollten, finden Wesen, die es nicht geben sollte und nur ein paar Stunden später sitzen zwei Mädels bei uns, die uns so mir nichts, dir nichts erzählen, dass sie diese Viecher sind. Wer soll das bitte schön glauben?« »Silver, zeig es ihnen!« Silvia stand auf und ging an Diana vorbei zu der Stelle zwischen der Couch und dem Fernseher. Ich schluckte. Was sollte das alles? Die beiden Frauen kamen früh morgens zu uns mit Dingen, die sie nicht wissen konnten und behaupteten jetzt, dass sie Tiere sind. Gebannt starrte ich auf Silvia, als sich diese hinkniete. Kurze Zeit geschah nichts, doch dann ohne jede Vorwarnung begann sie zu glühen. Kurze darauf verwandelte sie sich in das silberne kleine Wesen aus dem Wald, welches ich befreit hatte und mit Wasser versorgt hatte. Sie stand auf allen Vieren vor uns und grinste uns an. Jedenfalls nahm ich an, dass es ein Grinsen sein sollte, denn die scharfen Zähne sahen eher beängstigend aus. Erneutes Glühen verwandelte sie wieder zurück zu dem, was mir viel lieber war. Silvia stand aus ihrer Hocke wieder auf und setzte sich zurück auf das Sofa. Ich begriff immer noch nicht so richtig, was hier passierte. Mike scheinbar auch nicht, denn er war kreide bleich und kleine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Diana fuhr fort: »Unsere wahren Namen sind Silver und Obsidian. Wir sind Drachen. Wir beherrschen einen Gewissen Grad alter Magie und sind in der Lage diese zu nutzen. So haben wir euch auch einen Traum geschickt. Könnt ihr euch dran erinnern?« Klar konnte ich mich dran erinnern. Nicht alle Tage wird man Zeuge eines Krieges. Doch hatten wir beide den gleichen Traum? Ich blickte zu Mike, der allerdings beachtete mich nicht und nickte den Drachen nur zu. Langsam drehte ich mich zu den Drachen um und nickte ebenfalls. Diesmal sprach Silver: »Das was ihr da gesehen habt, war unser Vater. Seinerzeit einer der mächtigsten Drachen. Der Mensch, der auf ihm ritt war sein Auserwählter, ein so genannter Dragoon. Das war in der Zeit nach dem letzten großen Drachenkrieg. Damals haben sich Drachen für Reichtum anderen Nationen als Verbündete angeschlossen und haben ihre Kriege zugunsten entschieden. Aufgrund eines absoluten Waffenstillstandes zwischen den beiden Drachenfraktionen allerdings, war es untersagt eine Schlacht zu schlagen, wenn die Gegenseite auch einen Drachen hat. Das gilt für beide Seiten. Später mussten sich die Drachen mehr und mehr raushalten, weil eben die Armeen mit Drachen immer häufiger wurden, während die Armeen ohne Drachen langsam verschwanden und somit später nur noch Nationen mit Drachen da waren. Zu diesem Zeitpunkt haben sich die Drachen entschlossen zu Ruhen und sich der Gesellschaft anzupassen, bis der Waffenstillstand gebrochen wird.« »Waffenstillstand?« fragte Mike. »Ja. In frühen Tagen gab es zwei Seiten. Beide Seiten bekämpften sich bis aufs Blut und es wurden viele Kriege ausgetragen. Der letzte große Drachenkrieg hat beide Fraktionen viele Verluste gekostet und wurde über Jahrhunderte geschlagen. Zwei Drachen allerdings waren so etwas wie Pazifisten. Sie haben den Krieg über alles verabscheut. Hauptgrund dafür war, dass beide Drachen aus den Königshäusern der jeweils rivalisierenden Seiten entsprangen. Zum einen war das Bahamut, Prinz von Elantria und Tiamat, Prinzessin von Korya. Elantria und Korya sind diese beiden Seiten. Wie ihr euch sicherlich denken könnt waren Bahamut und Tiamat ein Paar, konnten allerdings ihre Liebe nicht ausleben, weil sie dazu verdammt waren sich zu jagen und zu töten. Damit sie in Frieden leben konnten, haben beide ihre Eltern getötet und danach geheiratet. Beide als Thronerben ihrer Seiten waren sie in der Lage einen Waffenstillstand zu erlassen. Dieser verbietet jegliche Feindschaft zwischen Elantria und Korya, der noch bis Heute hält. Sollte dieser Waffenstillstand gebrochen werden, sind die Ordnungswahrer, sehr mächtige, aber neutrale Drachen in Aktion getreten und haben den rebellierenden Drachen beseitigt. Ebendieser Waffenstillstand besagt allerdings, dass zur nächsten Jahreswende nach dem Tod von Tiamat und Bahamut dieser Waffenstillstand aufgehoben wird. Ums kurz zu machen. Es ist Juli... Januar wird wieder Krieg herrschen.« Nachdem letzten Satz hatte Silver Tränen in den Augen. Auch Obsidian wirkte mitgenommen. Wenn es wahr war, stand der Welt ein Krieg kurz bevor. Ich schluckte. Ohne vorher zu denken und fast rein instinktiv stellt ich eine Frage, deren Antwort mich fast zu Tode ängstigte. »Und warum erzählt ihr uns das?« Die Antwort war direkt und traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. »Wir erwählten euch, um Dragoons zu werden. Unsere Dragoons.« Mir stockte der Atem. Während ich nach Luft rang, dabei aber versucht habe nach außen so gefasst wie möglich zu sein, blickte Mike mit seinem typischen Funkeln in den Augen zu den Drachen rüber. Wenn er diesen Blick auflegte, hatte er sich schon entschieden. Er wird Dragoon werden. Ich selber hatte da meine Zweifel. In den Krieg ziehen und für Wesen kämpfen, an deren Existenz ich bis vor wenigen Minuten nicht einmal glaubte. Das war nichts für mich. Komme was wolle. »Was müssen wir dafür tun? Was kommt auf uns zu?« Das war wieder so typisch Michael. Er war scheinbar begeistert von der Idee. Jetzt konnte ihn nur noch der Gevatter Tod höchstpersönlich aufhalten. Wenn er sich einmal was in den Kopf setzt, zieht er es solange durch, bis er es geschafft hat oder was Besseres, aber Ähnliches seine Aufmerksamkeit weckte. »Um Dragoons zu werden müsst ihr eigentlich nichts tun.« Obsidian blickte zu Silver, diese nickte. »Außer zu überleben.« Das war es. Ich konnte dabei draufgehen, ohne aktiv daran beteiligt zu sein. Dieser Gedanke missfiel mir. Was nützt es mir, ein Dragoon zu werden zu können, wenn ich von einer Fremden Person, welche natürlich ein Drache ist, mal eben während des Prozesses einer zu werden, den Löffel abgebe? Gar nichts! Mike allerdings ließ sich scheinbar nicht zurückschrecken: »Überleben...«, er zögerte kurz um seine Gedanken zu sammeln, »Ok, wir können bei dem Versuch ein Dragoon zu werden verrecken. Schön und gut. Allerdings will ich erst hören, was ein Dragoon für Vor- und Nachteile mit sich zieht. Und zwar möglichst alles!« Obsidian verdrehte die Augen. Silver bekam das scheinbar mit und ergriff deshalb das Wort: »Wirklich alle Vor- und Nachteile aufzuzählen würde den ganzen Tag und wahrscheinlich noch die Hälfte des nächsten Tages beanspruchen. Deswegen werde ich nur die herausragenden Dinge des Dragoonseins aufzählen. Zum einen wäre da, dass ihr keine Menschen mehr sein werdet. Ihr seid dann Dragoons, welches eine eigene Rasse für sich ist. So etwas wie eine Mischung zwischen Drache und Mensch. Ihr könnt nicht mehr mit menschlichen Krankheiten angesteckt werden. Und wenn doch, besiegt ihr sie sehr schnell. Euer Immunsystem wird denen eines Drachen ähneln. Auch eure Lebensspanne wird um einiges verlängert. Somit solltet ihr locker euren dreihundertsten Geburtstag feiern können. Allerdings lebt ihr nicht ewig und bald befindet ihr euch im Krieg. Ihr werdet zwar erheblich stärker sein, als normale Menschen je werden können, doch es werden andere Dragoons und Drachen auf euch zukommen um euch zu jagen und zu töten. Deshalb ist ein Training unausweichlich, denn als frische Dragoons werdet ihr wohl kaum eine Chance haben, gegen unsere Gegner zu bestehen. Allerdings haben wir noch mindestens fünf Monate Zeit um euch auf Vordermann zu bringen, was für einen Dragoon mehr als genug sein sollte. Einen Nachteil, den sowohl Drachen, als auch Dragoons eingehen ist die Verwundbarkeit durch den jeweils anderen. Sollte der Drache sterben, stirbt auch der Dragoon und umgekehrt. Wir gehen damit sogar einen größeren Nachteil ein, da wir normalerweise älter als zweitausendfünfhundert Jahre werden. Das sollte euch allerdings nicht kümmern, denn wir sind noch sehr junge Drachen im Vergleich zu anderen. Wegen unserer Altersschwäche könnt ihr also nicht sterben. Wir im Gegensatz schon. Weiterhin bekommt jeder von euch Magie, die allerdings bei jedem Dragoon ganz anders ausfällt. Der eine Dragoon hat mächtige Zauber um ganze Berge zu zerstören, der andere hat Zauber um sich selber mit wahnsinniger Geschwindigkeit rennen zu lassen. Wir selber wissen nicht, wie eure Kräfte ausfallen werden, nur kann ich sagen, dass sie nur zu eurem Vorteil sein werden, wenn ihr sie unter Kontrolle habt. Jeder von euch wird auch eine einzigartige Waffe bekommen, die im Laufe der Zeit stärker wird. Sie besteht aus einem Material namens Pallantium. Ihr Aussehen und ihre Kraft können sich verändern, müssen sie allerdings nicht. Ein Drache hat die Möglichkeit mit seinem Dragoon zu verschmelzen. Das macht ihn zu einem Drachenritter. In diesem Zustand vereinen sich die Kräfte beider und werden noch stärker. Diese Symbiose wird meistens dazu benutzt um zu kämpfen. Das Ritual um euch zu Dragoons zu machen an sich, wird fast schmerzfrei sein. Solltet ihr sterben, werdet ihr es friedlich tun.« »Und wie sieht es aus?« woltle Mike wissen. »Wir lassen euch ausbluten und füllen eure Adern mit Drachenblut. Unserem Drachenblut. Die Gefahr dabei besteht, dass ihr einen kurzen Augenblick vollständig Blutleer sein werdet. Sollte dieser kurze Augenblick zu lange dauern, können wir euch nicht zurück holen.« Obsidian sprach so, als ob es das normalste der Welt wäre sich mal eben das gesamte Blut auspumpen zu lassen und neu zu füllen. Das war alles zu viel für mich. Diese beiden Frauen wollten von mir, dass wir helfen einen Krieg zu schlagen, an dem wir nicht einmal beteiligt waren. Wir wurden hier praktisch als Soldaten rekrutiert. Und Mike war so Feuer und Flamme, dass er höchstwahrscheinlich mitmachen würde. Mein bester Freund, mehr noch... Mein Seelenpartner könnte sterben. Seit ich Mike in Spanien das erste Mal getroffen habe, waren wir praktisch unzertrennlich. Damals waren wir beide auf Kursfahrt. Er in der zweijährigen höheren Berufsfachschule, ich in der Dreijährigen. Wir hatten uns zwar schon in dem Bus gesehen, der nach Spanien fuhr, doch wir waren uns praktisch fremd. Warum sollten wir denn auch mit fremden Menschen sprechen? Jedenfalls sah es so aus, dass wir am vierten oder fünften Tag der Kursfahrt in einem kleinen Dorf waren. Damals war diese Stierrennen Saison. Ich hatte mich zwar getraut beim ersten Mal dran Teilzunehmen, doch beim zweiten Mal in dem Dorf war es noch lange hin bis es Abend wurde und die Stiere, beziehungsweise Kühe umher getrieben wurden. Der Aufenthalt in dem Dorf hatte eh nicht lange gedauert. Mein Spanischlehrer, der gute Beziehungen zur Bürgermeisterin des Dorfes pflegte, wollte nur kurz hin und etwas besprechen, bevor wir dann zu unserem nächsten Ziel fuhren und eine kleine Sightseeing machen. Abends dann wurden wieder Kühe durch das Dorf getrieben und wir würden zurückkehren um es zu erleben. Jedenfalls waren wir dazu verdammt für gute zwei Stunden in dem Dorf auszuharren und auf die Weiterfahrt zu warten. Mein Klassenkamerad hatte damals die Idee gehabt zum Bus zurück zu kehren. Dort angekommen war dieser natürlich zu. Meine Videospiele hatte ich in dem Bus. Der Fahrer war weit und breit nicht zu sehen. Dennoch wollten wir warten. Eine halbe Stunde hätte eh wenig gereicht um noch irgendetwas anzustellen. Somit war unser Schicksal besiegelt. Dreißig Minuten Langeweile. Nach kurzer Zeit übernahm selbige allerdings überhand und ich bemerkte, dass die Mauer, an der wir uns anlehnten außergewöhnlich alt war. Der Mörtel war ziemlich bröckelig. Und so kam es, dass ich meinen Finger in ihn steckte. Er gab nach und Staub rieselte herunter, als ich meinen Finger aus dem drei Zentimeter kleinen Loch nahm. Ich selber fand das natürlich cool. Als Animefan zur Zeit wo Ranma ½ im Fernsehen lief, kannte natürlich jeder Anime interessierte diese Szene. Es war die Bruchstellentechnik. Als ich diesen Begriff hinter mir hörte, wie eine Person es zu einer anderen sagte, drehte ich mich um. Das war der Zeitpunkt, an dem ich das erste Mal mit Mike Kontakt hatte. Wir unterhielten uns über Anime. Mehr wussten wir ja auch nicht von einander. Das allerdings sollte sich sehr schnell ändern und mit der Zeit hatte ich in Mike einen Seelenpartner entdeckt. Wir konnten über alles reden, brauchten es aber nicht unbedingt zu machen, da wir eh meistens wussten, was der andere dachte. Wir haben viel gemeinsam unternommen, doch eben dieser Seelenpartner war gerade im Begriff bei einer sehr leichtsinnigen Sache sein Leben zu verlieren. Meine Lippen waren kalt und taub. In meinem Blickfeld klopfte ein schwarzer Schleier an, der sich rasch verbreitete und mir das Bewusstsein raubte. Das nächste woran ich mich erinnern kann ist ein Fächer, der kühle Luft in mein Gesicht wehte. Ich lag auf dem Dreisitzer meiner Couchgarnitur. Mike saß neben mir und fächerte kühle Luft in mein Gesicht. Ein nasser Waschlappen lag auf meiner Stirn. Ich versuchte eine Faust zu ballen, doch es ging nicht. Ich war zu schwach dafür. Es dauerte einige Sekunden, bis ich begriff, was eigentlich geschehen war. »Wo sind sie?« fragte ich. »In der Küche. Ich bat sie uns für einen Augenblick alleine zu lassen. Was ist los, Dave?« »Das war alles zu viel für mich. Bis Gestern war meine Welt noch heil. Ich hab einen guten Job, ich hab Freunde, stehe fest im Leben. Dann tauchen diese Drachen auf und erklären uns etwas von Krieg und Macht und die Möglichkeit zu sterben. Ich hab eine scheiß Angst, Mike. Und wenn du mich fragst, ich würde es nicht machen.« »Dave....« Mike unterbrach für einen Augenblick, »Wir sind im Begriff etwas großartiges zu werden. Jemand, der stark ist und in der Lage ist unsere Freunde zu beschützen. Was meinst du eigentlich, was da los sein wird, wenn auf einmal Drachen rumeskalieren und in ihrem Krieg erstmal alles nieder mähen, was in ihrem Weg steht?« »I-Ich weiß es nicht. Woher denn auch?« »Aber ich kann es mir vorstellen. Und das solltest du auch. Denk an Björn, Alex, Mary, Sascha, Alicia und den Rest. Wenn wir so bleiben, wie wir sind, dann werden wir sie verlieren. Nicht unbedingt alle, doch der Krieg wird grausam sein und sehr viel Schaden mit sich bringen. Und das auch in der Zivilbevölkerung. Ich hab Obsidian gefragt. Wenn wir nicht einwilligen, löschen die beiden unser Gedächtnis und manipulieren es. Wir würden uns nicht daran erinnern können, wie wir sie Gestern im Wald gefunden haben oder heute uns besucht haben. Der Traum wird weg sein... Einfach alles was uns warnen könnte, dass demnächst die Hölle auf Erden ausbrechen kann. Wenn wir allerdings Dragoons sind, werden wir in der Lage sein die Clique beschützen zu können.« »Wie stellst du dir das vor? Wir gehen zu denen hin und sagen: Hey! Wir sind zwar keine Menschen mehr, allerdings haben wir jetzt Drachen und ach ja, bald ist ein Krieg, baut eure Bunker!« »Die genaue Ausführung ist noch nicht ausgearbeitet.« Mike grinste. Wenn wir etwas nie verlieren würden, dann war das unser eigenartiger Humor. »Allerdings weiß ich, dass ich nicht ohne dich Dragoon werde!« »Wieso nicht?« »Wenn ich so was werden will, dann mit dir zusammen oder gar nicht.« Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Mike, der in solcher Hinsicht eigentlich der größte Egoist ist, würde darauf wegen mir verzichten. Langsam bekam ich an meinem Entschluss Zweifel. Wenn wir Dragoons werden würden, hätte das mehr Vorteile, auch wenn wir dabei unser Leben aufs Spiel setzen. Was allerdings viel wichtiger ist, wir wären in der Lage Leute zu beschützen, die uns wichtig sind. An diesen Gedanken konnte ich halten. Das wäre ein Grund Dragoon zu werden. Mike ballte eine Faust und hielt sie in meine Richtung. »United we stand, united we fall.« Ich raffte mich auf und setzte mich hin. »Brothers for life!« sagte ich, ballte meine eigene Faust und schlug auf die seine. Damit hatten wir uns entschieden. Wir würden Dragoons werden. Mike stand auf und ging Richtung Küche um die beiden Drachen zu holen. Ich versuchte meine wackeligen Beine in den Griff zu bekommen und stellte mich hin. Sehr komisches Gefühl gerade eben noch bewusstlos gewesen zu sein. Allerdings kehrten meine Kräfte schnell zurück. Mike kam durch die Wohnzimmer Tür und hatte sein bestes Grinsen aufgelegt. In Anbetracht der Situation war das schon komisch an sich. Silver und Obsidian folgten ihm. Der Gedanke mit eine dieser Frauen den Rest meines Lebens zu verbringen gefiel mir irgendwie. Obsidian blieb stehen und winkte Mike zu sich. Silver hingegen lief in meine Richtung. Bei mir angekommen erklärte sie mir, was geschehen würde: »Zu allererst, die Chance, dass du stirbst, liegt bei ungefähr zwanzig Prozent.« »Ja ganz toll.« sagte ich skeptisch. Zwanzig Prozent. Das heißt eine Wahrscheinlichkeit von zwei zu drei, dass einer von uns beiden drauf gehen würde. Ich versuchte nicht daran zu denken und hörte Silver weiter zu. »Das Ritual selber wird ohne dein Zutun von statten gehen. Du musst nichts machen, außer nicht in Panik verfallen. Wenn du wieder zu dir kommst, wirst du ein Drachenritter sein. Danach dauert es einige Minuten, bis ich mich wieder von dir Trennen kann. Später geht das wie von selbst, allerdings beim ersten Mal noch nicht. Soweit alles klar?« »Klaro, zieh es besser jetzt durch, bevor ich es mir anders überlege.« »Eine Kleinigkeit wäre da aber noch. Das ist nur beim ersten Mal von Nöten, aber Kleidung und Schmuck oder ähnliches kann zu Komplikationen führen.« Ich staunte nicht schlecht. Vor einer guten Stunde sind diese beiden Mädels in meine Wohnung getreten und jetzt wollte eine von mir, dass ich mich ausziehe. Nun gut. Ich zog das T-Shirt über meinen Kopf und warf es auf die Couch, setzte mich hin und zog die Hose aus, die ich gestern schon im Wald an hatte. Auch meine Boxershort streifte ich ab und stellte mich wieder vor sie hin. Sie selber entblößte sich allerdings auch. Unter ihrem Top war ein weißer BH und die ihren Intimbereich hatte sie mit einem schwarzen Stringhöschen verdeckt. Was jetzt kam, erwartete ich allerdings nicht. Sie griff in ihre Augen und holte etwas kleines Blaues hervor. Eine Kontaktlinse. Unter der Linse, die mir nicht als solche aufgefallen ist, trat eine bersteinfarbene Iris hervor. »Tarnung. Es gibt keine bernsteinfarbenen Augen.« sagte sie. In ihrer Hosentasche, die ebenfalls auf der Couch lag, kramte sie einen kleinen gläsernen, zylinderförmigen Gegenstand hervor und öffnete ihn. In ihm war eine Flüssigkeit. Sie legte die erste Kontaktlinse an den dafür vorgesehenen Platz, holte die zweite Linse heraus und tat damit das gleiche. Danach verschraubte sie das kleine Glas wieder und stellte es auf den Tisch. »Ohne diese Flüssigkeit würde die Linse kaputt gehen und das merkt man deutlich, wenn man sie ins Auge legt. Schmerzen, sag ich dir, kannste dir gar nicht vorstellen.« sie lächelte. Danach griff sie mit den beiden Armen hinter ihren Rücken und öffnete den Verschluss ihres BHs um ihn abzustreifen. Sie schmiss auch ihn auf die Couch und vor mir entblößten sich zwei wunderschöne Brüste. Sie griff an ihr Höschen und zog es herunter, während sie in die Hocke ging. Das legte sie allerdings auf den Boden. Vor mir präsentierte sich praktisch ein absolutes Topmodel vollkommen nackt mit einem makellosen Körper. Ich konnte in diesem Moment an nichts anderes denken außer an sie. Sie lächelte mich an. Plötzlich fing sie an etwas zu murmeln. Ich wusste nicht was mit mir geschah, aber ich konnte mich nicht bewegen. Plötzlich fing die Luft an knapp zu werden und ich atmete tiefer, doch es war so, als ob ich keinen Sauerstoff atmen würde. Allerdings atmete ich Sauerstoff, doch leider war kein Blut da, was diesen in mein Hirn transportieren würde. Mein Denken wurde extrem schwer und ich versuchte mich an diese Welt zu klammern. Ihre Augen. Dieser angestrengte Blick und die Schweißperlen auf der Stirn ließen Panik in mir aufkeimen. Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. Sie macht das zum ersten Mal. Scheiße klar, wenn sie es schon vorher gemacht hätte, würde sie einen Dragoon haben und nicht uns dafür auserwählt haben. Und wenn sie schon mal einen gehabt hätte und dieser tot wäre, würde sie es auch sein und nicht vor mir stehen. Ich atmete aus Reflex schneller. Der Schleier, der erst vor weniger als einer halben Stunde mein Bewusstsein raubte war wieder da. Ich wollte dagegen kämpfen. Konzentriert starrte ich auf ihre Augen. Irgendwie musste ich mich dazu bringen nicht ohnmächtig zu werden. Doch leider gelang es mir nicht ganz, denn der Schleier wurde immer größer und hatte bereits große Teile meines Sichtfeldes eingenommen und war im Begriff vollkommen Oberhand zu gewinnen als ich meinen letzen Gedanken wahrnahm, bevor dieser sich bewahrheitete. Du stirbst! Als nächstes nahm ich dieses silberne Glühen war. Was war das? Es war so hell. Sollte das der Tunnel sein, wovon so viele berichteten, die bereits tot waren, doch durch moderne Medizin wieder zurückgeholt wurden? Ein greller Blitz durchzuckte meinen Körper und ich riss vor Schmerzen die Augen auf. Ich blickte an mir runter. Nackt war ich nicht mehr. Ich hatte eine Rüstung aus silbernen Schuppen angelegt und schwere Stiefel an, die aus denselben Schuppen bestanden. Eine Rüstung aus Drachenschuppen. Das war es auch, was der Dragoon von Silvers Vater an hatte, als er verschmolzen ist. Es hat also geklappt. Mike! Ich blickte mich um und sah schräg links von mir in der Nähe der Tür eine schwarz glühende Masse, die sich langsam zu einem Menschen verformte. Als das Glühen aufhörte stand vor mir ein Mann in einer schwarzen Drachenschuppenrüstung und starrte wie ich vor wenigen Sekunden an sich runter. Ich lief auf ihn zu. Unter dem Helm, der einem Drachenkopf ähnlich sah, erblickte ich die Gesichtszüge von Mike. Ich war so unglaublich erleichtert. Ich umarmte ihn und er erwiderte meine Umarmung. »Gott sei Dank, du lebst!« schrie er. Ich hatte bereits Tränen in meinen Augen und stammelte: »Ich hatte so Angst, dass du stirbst!« Doch ich wusste es besser. Ich habe es an meinem eigenen Körper gespürt. Wir waren gestorben. Als Menschen. Und wurden wiedergeboren als Dragoons. Kapitel 4: Spiralen ------------------- Es war eine Erleichterung. Irgendwie haben wir beide es geschafft Dragoons zu werden. Das hätte unter Umständen sehr böse ausgehen können. Zwei blutleere Leichen in einer Wohnung. Die Kriminalpolizei hätte mit Sicherheit vor einem Rätsel gestanden. Doch eine glückliche Fügung des Schicksals hat sowohl uns davor bewahrt endgültig zu sterben, als auch die Kripo sich mit unseren Leichen herum zu schlagen. Ich löste mich aus der Umarmung, mit der wir das Überleben von uns beiden gefeiert hatten. Die Drachen waren nicht zu sehen. Wie denn auch? Wenn es stimmt, was sie sagten, waren wir mit ihnen verschmolzen. »Das ist richtig.« Ich blickte mich um. Ich habe die Stimme von Silver gehört. Doch sie war nirgendwo zu sehen. »Ich bin in dir!« Ok. Das war’s. Zuerst hatte ich Drachen aus einem Käfig befreit, dann kamen diese zu uns, um uns umzubringen und mit uns zu verschmelzen um Dragoons zu werden und jetzt bin ich schizophren. »Das bist du nicht! Ich kann deine Gedanken lesen!« Sie kicherte. Ich fand das gar nicht witzig. Ich versuchte mich anzustrengen und sagte ihr in meinen Gedanken, dass sie das lassen soll. »Das ist könnte noch ein Problem sein. Da du bisher immer alleine in deinem Körper warst, bist du nicht in der Lage still zu denken oder besser, du hast es nie gebraucht. Ganz im Gegenteil. Deine Gedanken brüllen nur so durch deinen Kopf.« Das mochte sein. Aber wie konnte ich auch jemals damit rechnen, dass irgendwann noch jemand in meinem Kopf rumhaust. Und dazu noch ein schöner Drache. Insgeheim hoffte ich, dass der Zustand des Drachenritters schnellst möglich vorbei ging. »Es ist ja gleich vorbei. Ein paar Sekunden allerdings musst du noch durchhalten. Wir werden bald zusammen lernen, wie man seine Gedanken vor Eindringlingen schützt. Es gibt nämlich auch welche, die mittels Telepathie in deinen Kopf eindringen können, ohne dass du es merkst. Dann ist es hilfreich, wenn du still denken kannst.« Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gesprochen, kam das Glühen wieder. Allerdings nicht so stark wie beim ersten Mal, sondern nur schwach am Rande meines Blickfeldes. Auf einmal wurde es kühler. Ich hatte meine Rüstung verloren und stand wieder nackt da. »Huh? Schon vorbei?« sagte Mike. Ihn hatte ich im Gespräch mit Silver vollkommen vergessen. Mike stand immer noch in seiner schwarzes Drachenschuppenrüstung vor mir starrte mich an. Dann wich sein Blick nach links neben mir und er machte mit seinen Gesichtzügen eine Gestik, die nichts anderes bedeuten konnte als nicht schlecht. Ich folgte seinem Blick und neben mir stand Silver. Nackt, wie Gott sie schuf. Oder sollte ich vielleicht sagen nackt, wie Gott sie geschaffen hätte, wenn sie als Mensch geboren wäre? Ich wollte mich erstmal wieder anziehen. Zumindest frische Boxershorts und ein T-Shirt. Ich drehte mich ab und ging zu meinem Kleiderschrank. »Übrigens, danke für’s Kompliment.« Ich erstarrte. Ich brauche einige Sekunden um zu begreifen, was Silver damit meinte. In meinen Gedanken habe ich sie einen schönen Drachen genannt. Das Blut schoss mir in den Kopf und ich errötete. Ich drehte mich zu ihr um. »Das ist mir jetzt furchtbar peinlich.«, sagte ich. »Ach das muss es doch nicht. Wir hatten eine Symbiose, die über alles Menschliche hinausgeht. So etwas ist intimer als Sex.« Ich hielt es zwar für unmöglich, doch ich errötete mehr. Um meine Anspannung etwas zu lockern lächelte sie. »Was zum... Wovon redet ihr?«, meldete sich Mike. »Nichts!«, sagte ich knapp. Die ganze Situation empfand ich als äußerst kurios. Ich hatte einem Mädchen ein Kompliment gemacht, ohne es zu wollen oder bewusst zu tun. Dabei bin ich unglaublich schüchtern. Und jetzt erzählt sie mir, dass wir sogar intimer wurden als beim Sex. Na ja, an solche Kuriositäten musste ich mich halt gewöhnen. Ich drehte mich wieder zum Kleiderschrank um und zog eine Boxershort aus untersten Schublade, die links in dem Schrank waren. Außerdem noch ein T-Shirt vom Kleiderbügel. Es war ganz schlicht und einfach grau. Ich empfand das als passende Farbe, zweckmäßig für silbern, für meine erst kurz zurückliegende Verwandlung. Ich zog die Shorts an streifte das T-Shirt über. Als ich mich wieder Silver zugewandt hatte, war sie bereits mit ihrem String und ihrem Top bekleidet, hegte aber keinerlei Ambitionen ihre Jeans an zu ziehen. Auch ihr weißer BH lag immer noch auf der Couch. »Wer spricht da?« Mike hatte sich zu Wort gemeldet. »Zeig dich!« Mit dem Rücken zu Mike stehend, musste Silver erneut grinsen. Durch ihre leicht auf und ab wippenden Brüste konnte ich erkennen, wie sie krampfhaft versucht hat ein Lachen zu verhindern. Mike brach inzwischen scheinbar der Schweiß aus. Ich konnte es nicht sehen, doch er verhielt sich leicht panisch. »Sie erlaubt sich einen Scherz.« Silver hatte gesprochen, ohne ihren Mund zu bewegen. Doch ihre Worte lagen klar und deutlich in meinem Ohr. »Was?« Ich schaute verdutzt Silver an. »Ja wie, was? Hörst du es denn nicht?«, sagte Mike. In seiner Stimme klang etwas Panik oder Verzweiflung, vielleicht sogar beides. Ich konnte es nicht raushören. »Ich schick dir meine Worte telepatisch. Also kann Mike sie nicht hören, aber ich glaube Obsidian erlaubt sich mit Mike einen Spaß.« Sofort begriff ich und nickte leicht. Ich wusste nicht, wie ich meine Worte telepatisch zu Silver lenken konnte, also ließ ich es bleiben. Stattdessen reagierte ich auf Mike. »Nein, was denn?«, sagte ich »Diese Stimme!« »Wovon sprichst du?« Ich tat so, als wäre mir das Phänomen, was er gerade durchlitt, vollkommen unbekannt. »Mike, beruhig dich erstmal. Von wo kommt die Stimme denn? Vielleicht hält sich einer versteckt, für unmöglich halt ich jedenfalls nichts mehr.« »Halt die Klappe!«, schrie Mike. »Beruhigen, sagte ich!«, zischte ich Mike scharf an. »Nen tobsüchtigen Drachenritter kann ich gerade nicht gebrauchen.« »Dave. Ich glaube bei mir ist was schief gegangen!« Ja, es war Panik und Verzweiflung. »Ich höre von überall diese Stimme. Und ich kann sie nicht abstellen!« In diesem Augenblick leuchtete Mike schwarz. Er und Obsidian trennten sich voneinander und zurück blieben zwei nackte Personen, wovon die eine schweißnass ist und die andere fast keine Luft mehr vor Lachen bekommt. »Stimme verstellt.« lachte Obsidian. Silver und ich fielen in das Lachen mit ein. Wir wussten ja, was los ist, doch Mike selbst nicht. »Ha, ha! Wie lustig wir doch alle meine Schizophrenie finden.« »Das war keine Schizophrenie.«, erklärte Silver, »Obsidian hat dich nach Strich und Faden verarscht.« Silver und Obsidian lachten erneut auf. Mike allerdings bekam etwas schlechte Laune. Das war mir nichts Neues. Die bekam er immer, wenn jemand ihn auf den Arm nimmt. Auch wenn wir uns erst seit Gestern kannten, so hatte ich doch das Gefühl, als ob die beiden Drachen schon immer unsere Freunde waren. Auch wenn Mike jetzt seinen Miesen schob. Das würde wieder vergehen. Während Obsidian sich ihr Kleid wieder überzog und schließlich ihren Slip, nörgelte Mike ein wenig vor sich hin und streifte sich seine Boxershorts an. »Kann ich nen frisches Shirt haben?«, fragte Mike und deutete auf den Schrank »Mein Haus ist dein Haus.«, entgegnete ich. Während Michael in meinem Schrank rum kramte, setzte ich mich und nahm meine Jeans an mich um dort meine Zigarettenschachtel raus zu holen. Danach schmiss ich die Jeans auf den Boden. Auf dem Wohnzimmertisch lag ein Feuerzeug und ich entzündete eine Zigarette. Das war genau das, was ich brauchte um jetzt alles zu verkraften. Silver setzte sich neben mich. So nah, dass man glauben mochte, es handelte sich bei uns zwei um ein Liebespaar. Als Mike fertig war, setzte dieser sich auf den Zweisitzer und Obsidian auch direkt daneben. Wir waren nun Partner. Wir würden bis an unser Lebensende mit den jeweiligen Drachen zusammen sein. Der Gedanken beängstigte mich ein wenig. Ein Wesen, dass ich so gut wie gar nicht kannte würde bis in ans Ende an meiner Seite sein. Und dieses Ende ist nicht etwa in einigen Jahrzehnten, sondern in Jahrhunderten, sofern wir nicht früher sterben würden. Silver schien zu merken, was in meinem Kopf vorging. Oder aber sie durchwühlte ihn wieder. Sie legte ihren Kopf auf meine Schulter und machte es sich mehr oder weniger gemütlich. Och, so lässt’s sich doch leben, dachte ich. Die Beziehung, in der ich zu Silver stand, ging über alles Menschliche hinaus, also machte ich mir nichts draus. Ganz im Gegenteil, ich legte meinen linken Arm über ihre Schulter. Mike und Obsidian allerdings waren relativ distanziert zueinander. Das konnte daran liegen, dass er noch leicht sauer auf sie war. Kein guter Start in eine Partnerschaft, bis das der Tod sie scheidet. »Immer noch sauer?«, fragte Obsidian zaghaft »Ja!«, gab Mike knapp zurück. »Entschuldigung. Ich konnte nicht wissen, dass du so reagierst. Aber das ist nun mal mein Humor.« »Grandioser Humor. Ich dachte, ich wäre verrückt geworden.« Obsidian seufzte. Es verging einige Zeit, in der sich die beiden anschwiegen und ich in Gedanken an meine Zukunft versunken war, bis sich Silver zu Wort meldete. »Ich jedenfalls bin froh, dass wir alle überlebt haben.« »Was heißt alle?«, fragte Mike »Ich wills mal so erklären. Wir haben euch sterben lassen, weil es nötig war. Dann haben wir uns mit euch vereinigt und mit allen Mitteln versucht euch wieder zu beleben. Hätte das nicht geklappt, wären wir mit euch gestorben, da ihr ab dem Zeitpunkt der Vereinigung schon unsere Dragoons gewesen seid. Hättet ihr das nicht geschafft, wären wir unmittelbar danach gestorben. Und der Zeitraum ist nicht groß. Wir mussten handeln, solange ihr bewusstlos wart, aber noch nicht hirntot.« Ich drückte meine Zigarette aus. »Heilige Scheiße!«, stammelte ich. »Ihr wusstet also, dass wenn eine von euch einen Fehler macht, ihr euch nie wieder sehen würdet?«, wollte Mike wissen. »Ja, deswegen waren wir so angespannt vorher.«, antwortete Obsidian. »Eigentlich sind wir zwei ganz umgängliche, humorvolle Frauen.« »Japp! Und die Männer laufen uns in Scharen hinterher.«, fügte Silver grinsend hinzu. Wir lachten. Seit langem hatte ich mich nicht mehr so wohl gefühlt, wie jetzt. Unser Leben hatte sich grundlegend geändert. Bis Gestern war ich praktisch alleine. Hatte zwar viele Freunde, doch die eine Frau in meinem Leben hatte gefehlt. Das hat sich Heute geändert. Zwar war es nicht etwas, was man eine normale Beziehung nennen konnte, doch ich fühlte... Nein! Wusste, dass das, was Silver und ich miteinander hatten, mehr ist, als jemals zwei Menschen miteinander haben könnten. Obsidian war es, die meine Gedanken unterbrach. »Welche Berufe habt ihr bisher ausgeführt?« »Ich bin Koch.«, sagte ich. »Arbeitslos, aber bis vor kurzem Soldat gewesen.« Mike klang nicht ganz so erfreut, diese Antwort geben zu müssen. »Gut, wann musst du wieder arbeiten?«, fragte mich Silver »Ich hab derzeit Urlaub. Übernächste Woche geht’s los. Also in acht Tagen um genau zu sein.« »Deinen Job wirst du aufgeben müssen, Dave.« Mir stockte der Atem. »W-Warum?«, stotterte ich. Ich war nichts lieber gewesen als Koch. Das war der Beruf für mich. Auch wenn ich täglich lange weg war und dabei nur gestanden hatte, wollte ich es weiterhin machen. Ich liebte es schließlich zu kochen und ein Beruf, der gleichzeitig dein Hobby ist, ist das geilste was es gibt. Außerdem war da noch das Geld. »Und wovon soll ich leben?«, fügte ich hinzu. »Von uns. Ihr werdet bei uns als Dragoons angestellt sein. Der Beruf wird auf alle Fälle unkündbar sein und demnächst ziemlich gefragt werden.« Mike wurde neugierig. »Und was müssen wir da machen?« »Eure Aufgaben können total unterschiedlich sein. Aber auf jeden Fall müsst ihr kämpfen. Das beinhaltet natürlich ein Training, welches demnächst einen Großteil eurer Zeit beanspruchen wird. Da ist dann keine Zeit mehr für einen weiteren Beruf. Dave, du wirst morgen früh kündigen müssen.«, erklärte Silver. »Und was soll ich denen sagen? Etwa tut mir Leid, aber ich bin kein Mensch mehr, sondern ein Dragoon und ich hab jetzt andere Pflichten und kann nicht mehr täglich einhundertundzwanzig Desserts machen?« »Das könntest du sagen. Ich allerdings würde nicht jedem direkt sagen, dass du ein Dragoon bist. Die Gegenseite schläft nicht.« »Was ist eigentlich die Gegenseite?«, fragte Mike »Es ist Korya. Wir sind von Elantria«, sagte Obsidian »Aha... Und weiter?« »Nun. Das wolltest du doch wissen, oder?« »Ja, schon. Allerdings noch was mehr. Wer sind die Guten und wer die Bösen?« »Bei jedem von uns gibt es gute und böse Drachen. Allerdings haben die beiden Reiche unterschiedliche Konflikte.« »Ah, ok. Die da wären?« »Ein Äonen alter Konflikt. Die wahren Ursachen kennt heute niemand mehr. Allerdings hält die Feindschaft bis Heute an.« »Und was ist mit Frieden?«, wollte ich wissen. »Gibt es. Wenn eines der Reiche aufgibt oder komplett zerschlagen wird.«, erklärte Obsidian weiter. »Ja ganz toll.«, sagte Mike. »Wie sieht unser weiteres Vorgehen aus?« Ich interessierte mich daran, was die nächsten Wochen und Monate auf mich zukommt. Silver zählte auf: »Joa... Erstmal lernen wir zusammen, wie ihr leise denken könnt. Dann Gibt es die Waffen und schließlich trainieren wir eure Fähigkeiten und den Kampf.« »Waffen jetzt!«, sagte Mike knapp. »Später!«, gab Obsidian zurück. »Jetzt!«, setzte Mike nach. »Wie schaffen wir es denn, leise zu denken?«, wollte ich wissen. »Ach prinzipiell ist es ganz einfach.«, sagte Silver, »Du musst nur den Trick raus haben.« »Und der wäre?« »Scheiß aufs Denken! Waffen, Leute!« Mike ließ nicht locker. Silver ignorierte ihn völlig und antwortete auf meine Frage: »Wirst du dann sehen. Ich zeige es dir, wenn wir das nächste Mal Drachenritterform inne haben.« »Na gut.« Mike stand auf und ging aus dem Raum. Ich wusste nicht wo er hin wollte und Obsidian machte auch keine Anstalten hinter ihm her zu laufen. »Zurück zu Elantria.», sagte ich schließlich, »Haben wir ein bestimmtes Gebiet oder so? Und wo liegt der Feind?« »Wir haben fast ganz Europa, einen Teil südlichen Asiens und große Gebiete in Afrika und Südamerika.«, meinte Silver, »Korya hat Nordamerika, Teile von Südamerika und Afrika und außerdem den Rest von Asien und komplett Ozeanien für sich beansprucht.« »Aww, Mist. Also gehört Japan denen?« »Wenn du’s so sehen willst, ja« »Dann will ich an die Asien Front!« »Warum denn?« »Ich kann Japan doch nicht dem Feind überlassen.« »Und warum nicht?« »Japan ist meine Nation of Choice.«, sagte ich, »Da wollte ich schon immer mal hin.« »Ach so. Dann müssen wir mal schauen, ob wir Asien zuerst holen.« Silver grinste. »Mike!«, schrie ich »Ja?« Er schien in der Küche zu sein. »Die Gegenseite hat Japan!« »Was zur Hölle! Moment, ich komm sofort.« »Dass die soviel von Amerika haben ist allerdings unsere Schuld. Wir waren zwar schon durch die Kollonisten aus Europa vorher in Amerika, nur haben wir viel geschludert.«, sagte Obsidian. »Ah ja... Uns fällt ja nicht auf, dass wir da nen ganzen Kontinent für uns haben können.« »Das wissen wir selber zu gut.« Obsidian klang etwas bedrückt. Klar, wenn wir jetzt noch Amerika komplett für uns hätten, wären wir riesig im Vorteil gegenüber Korya. Aber das störte mich gerade wenig. Japan war jetzt Feindesgebiet. Das heißt im Klartext, dass ich da jetzt nicht mehr eher hin kann, als dass es uns gehört. Vorbei du Traum von Japan. Zumindest für eine lange Zeit. »Haben wir schon eine Kriegsstrategie entwickelt?« »Nein.«, sagte Obsidian »Aber unsere Strategen sind schon dran. Und die Arbeiten laufen auf Hochtouren.« »Wie viele haben Drachen haben wir denn?« »Also in Deutschland alleine leben etwas mehr als zweitausend. Dazu muss man aber bedenken, dass hier in Deutschland eines von zwei Hauptquartieren der Drachen in Europa ist. Der Deutsche Hort, wie wir ihn nennen?« »Hort? So ne Höhle mit Goldschätzen?« Silver und Obsidian mussten lachen. »Neee!«, sagte Silver. »Eher ne Kommandozentrale mit viel technischem Schnickschnack.«, fügte Obsidian hinzu. »Und die liegt wo?« Plötzlich kam Mike ins Zimmer und hielt mein Whiteboard aus der der Küche über seinen Kopf. Darauf stand: Waffen für Befreiung Japans, JETZT! Ich musste lachen. Auch das war typisch Mike. Unsere Drachen guckten verdutzt auf das Board. »Das ist ein ganz Eifriger. Das gefällt mir sehr gut.«, sagte Obsidian. »Wollen wir ihnen nicht den Gefallen tun und denen ihre Waffen geben?« Einige Zeit starrten sich die Beiden an, als dann Silver kurz auflachte und sagte: »Ja, so machen wir’s. Gib mir mal deine Arme, Dave.« »Du auch, Mike!«, sagte Obsidian. Ich löste meinen Arm von Silvers Schultern und setzte mich aufrecht hin und hielt Silver meine Arme hin. Sie griff mit ihren Händen um meine Handgelenke und konzentrierte sich. Ich schaute zu Mike und Obsidian tat es Silver gleich. Einige Zeit geschah nichts, als ich plötzlich etwas Kaltes um meinen Unterarm spürte. Sie löste ihren Griff und sagte: »Tada!« Ich schaute an meinen Armen runter. Dort sah ich an jedem Arm eine Spirale, die sich mit zwei Windungen von meinem Handgelenk bis kurz vor meinem Ellenbogen drehte. Sie bestand aus einem hellen Metall, was leicht bläulich schimmerte. »Spiralen.«, sagte Mike, »Wir haben Spiralen. Oh schau mal, ein fürchterlicher Dragoon mit zwei Armspiralen! Rennt um euer Leben! Ja, ihr habt Humor... Wäre ich mal Gestern zu Hause geblieben und hätte grausame Freundschaftsbänder geknüpft. Dave! Lass und Japan erobern mit Armspiralen! Vielleicht kriegen wir noch ne schöne Kette dazu!« Er machte eine kurze Pause, »Und wo sind jetzt die echten Waffen?« »Das da sind eure Waffen.«, sagte Obsidian. »Yeah!«, sagte ich, »Ich kann mit meinen Zigaretten mehr Dragoons töten.« »Das glaube ich nicht.«, sagte Silver, »Dieses Pallantium kann mächtiger sein, als jede Waffe, die du dir vorstellen kannst.« »In wie fern?« »Wir sollten es ihnen zeigen.«, sagte Obsidian. »Ja!« Beide Drachen glühten in ihren Farben und vermischten ihre Körper mit uns. Nach wenigen Sekunden waren wir beide in unseren Drachenritterformen. Die Armspiralen wurden von unseren Armschienen aus Drachenschuppen verdeckt. Sehr gut, dachte ich, noch nutzloser als ohne hin schon. »Du wirst schon sehen!«, meldete sich Silver in meinen Gedanken. Ja wie denn? Soll ich sie ausziehen und damit anderen würgen? »Du kannst sie nie wieder ausziehen.« Auch das noch. Verdammt mein Leben lang diese Spiralen zu tragen. Ich wollte ne Waffe und keinen hässlichen Armschmuck. »Ob er hässlich ist oder nicht, liegt im Auge des Betrachters. Allerdings können Menschen ihn ohnehin nicht sehen.« Na wenigstens das. Nun zeig mal, was die Waffe drauf haben soll. Ich merkte, wie sie das Metall unter meinen Armschienen blitzschnell verformte und in Bruchteilen von Sekunden hielt ich, ohne es vorher zu merken, einen ungefähr ein Meter achtzig langen Speer in meinen Händen. Der Griff und die Spitze waren aus dem selben Metall wie die Armschienen. Es hieß glaub ich Pallantium. Das war sie also. Meine neue Waffe. Ich wirbelte ein bisschen damit rum, ließ mich aber nicht von zu viel Enthusiasmus leiten, denn meine Inneneinrichtung würde es mir sonst nicht danken. »Darf ich vorstellen? Das ist Nachtwind, deine Waffe.« »Verdammte Scheiße!«, schrie Mike, »Ich bin durch die Hölle gegangen, einmal verreckt und als Dankeschön bekomme ich diesen Piss-Speer? Ja Thupa!« Beide Drachen beendeten fast zeitgleich die Drachenritterform und standen neben uns. Unschwer zu erkennen war es, dass wir diesmal alle unsere Kleidung an hatten. Silver hatte also recht, das entkleiden ist nur beim ersten Mal von Nöten. »Was soll der Scheiß?, wollte Mike wissen, »Der Kerl im Traum hatte ein brennendes Schwert und wir bekommen die nutzloseste Waffeart auf Erden. Einen Speer.« »Das ist die Standart Waffe eines Dragoons.«, erklärte Silver, »Die kann sich noch verändern. Zum Beispiel in ein brennendes Schwert, wie beim Dragoon meines Vaters.« »Was bringt mir das, wenn sie sich verändern kann. Was soll ich machen, wenn sie ewig so bleibt? Ich kämpfe nicht mit einem Speer! Ich hasse Speere!« »Das ist dann deine Sache!« Silver war etwas sauer. »Wie heißt er denn?«, wollte ich wissen. »Wer?« Mikes Antwort war sehr gereizt. »Dein Speer, du Trottel! Meiner heißt Nachtwind.« Mike drehte sich zu Obsidian »Wieso hat sein Speer einen Namen und meiner nicht?« »Weil du deine Waffe nicht akzeptiert hast. Er schon!« Mike sprang auf und zog sich seine restlichen Klamotten an. »Was hast du vor?«, fragte ich. »Leck mich, ich bin sauer!« Mike ging zur Tür. Ohne ein Wort zu sagen haute er ab und knallte die Tür hinter sich zu. Obsidian verdrehte die Augen, blickte kurz zu Silver, bis sie nickte. Dann zog sie ihre Schuhe an und verschwand auch zur Haustür. Anders als Mike knallte sie jedoch nicht die Türe. »Ehm... ist der immer so?« »Nein, nur wenn er extrem sauer ist.« »Na ja.« »Und Obsidian ist hinter ihm her?« »Was soll sie machen? Sie sind schließlich Partner.« »Ja, ich hoffe die raufen sich schnell zusammen. Bei uns hat’s doch super geklappt.« »Hat bisher noch bei jedem Funktioniert. Und je besser sie sich verstehen, desto stärker werden sie.« »Wann wird unser Training richtig los gehen?« »Ich würde sagen in etwa einer Woche. Du bist jetzt noch geschwächt von deinem Tod.« »Tja, wenn klein Silver mir gesagt hätte, dass ich auf jeden Fall sterbe, hätte ich abgelehnt. Allerdings bin ich froh, es doch gemacht zu haben.« »Silver klingt so streng... Bitte nenn mich Sil.« »Ok, Sil! Was machen wir Heute noch?« »Ich denke mal auf Mike warten. Ansonsten hab ich so nichts vor.« Ich legte die Beine auf den Tisch und machte den Fernseher mit meiner Fernbedienung an. Im TV lief nichts Besonderes. Allerdings verhalf es mir ein wenig mit den heutigen Erlebnissen fertig zu werden. Silver kuschelte wieder ihren Kopf an meine Schulter und schaute mit mir fern, während wir auf Mike warteten. »Ich bin auch froh.«, sagte sie schließlich. Kapitel 5: Neustart ------------------- Vier Stunden nachdem Mike und Obsidian verschwunden waren machte ich mir langsam Sorgen. Mikes Handy war ausgeschaltet und auch im Internet war er nicht aufzutreiben. Sil versuchte es auf die moderne Art und Weise... Sie hatte versucht Obsidian anzurufen, doch auch sie schien ihr Handy ausgeschaltet zu haben. Weder in den Chatprogrammen, noch in den Spielen, die wir für gewöhnlich teilten, konnte ich Mike erreichen. Weil ich nichts Besseres zu tun hatte und mein Hungergefühl langsam einsetzte, begann ich zu kochen. Vorsichtshalber hatte ich eine Lasagne für vier Personen gemacht. Die war schnell zubereitet, einfach und ich hatte alle nötigen Zutaten zu Hause. Als die Lasagne im Ofen war, ging ich zurück ins Wohnzimmer, wo Silver immer noch wartete und TV sah. »Ich mach gerade essen.«, sagte ich »Isst du was mit?« »Solange es kein Echsenfleisch ist. Ich mag keine Artverwandten essen«, gab sie wieder und musste dabei kichern. »Ne quatsch! Mir kannst du alles vorsetzen.« »Und… Die Frage mag komisch erscheinen… Aber immerhin bist du ein Drache… Isst du normale Menschenportionen?« Silver musste lachen. »Ja natürlich! Solang ich nicht sechs Meter hoch bin, verspeis ich auch keine ganzen Kühe« Ich empfand die Situation als etwas peinlich. »Was gibt's denn?«, fragte sie schließlich. »Gemüse Lasagne mit Champignons, Erbsen, Mais und Lauch.« »Klingt lecker!« »Ist es auch, wenn sie mir nicht verbrennt.« »Ich freu mich drauf.« Ich setzte mich hin und sagte: »Sie ist schon im Ofen. Ich hoffe Mike kommt bis dahin zurück.« »Wenn er bis heute Abend nichts von sich hören lässt, gehen wir ihn suchen, ok?« »Lieber wäre mir, wenn wir ihn sofort suchen gehen.« »Glaub mir… Leichter fällt es uns nachts.« »Was soll das heißen?« »Da können wir auf ein paar Sachen zurückgreifen, die wir tagsüber nicht haben.« »Und die wären?« »Wir könnten fliegen. Können wir tagsüber auch, allerdings will ich unsere Existenz solange geheim halten, wie möglich.« »Ehm, dir ist bewusst, dass wir nächstes Jahr in 'nem Krieg leben? Und dass die Menschheit da sicher was von mitbekommt?« »Ja, bis dahin will ich es geheim halten.« Das stellte mich nicht sonderlich zufrieden. Einerseits brannte ich darauf Mike wieder zu finden und ihm eine rein zu hauen, doch andererseits gönnte ich ihm seinen kleinen Freiraum. Wenn alles so laufen würde, wie ich dachte, dass es kommen sollte, würden wir bald eh noch öfter zusammen sein um zu Trainieren. Und gerade jetzt ist er abgehauen, weil er scheinbar nachdenken muss. Ich hatte ja jetzt mehr oder weniger meinen Freiraum. Zwar war Sil anwesend, doch ich hatte mich schon damit abgefunden, dass wir von nun an zusammen leben würden. Dieser kleine Gedanke ließ mich hochfahren. Mein Vermieter. Ich musste Sil schnellstmöglich anmelden. »Sil?« fragte ich. »Ja?« »Wie sieht das aus? Wirst du jetzt hier wohnen?« »Solange bis wir umziehen denk ich schon.« »Umziehen?« »Ja. Wir bekommen von Elantria eine Wohnung gestellt.« »Hier in der Stadt?« »Nein. Wahrscheinlich in der Nähe vom Elantria-Hauptquartier in Deutschland oder einem Außenposten. Allerdings nur innerhalb Deutschlands.« »Ok. Neue Wohnung, Job kündigen. Das hättet ihr alles früher sagen sollen.« »Wieso?« »Schau... Mike ist weg und ich weiß nicht ob und wann er wiederkommt. Ich muss meinen Traumberuf kündigen und das Kriegshandwerk erlernen und jetzt zieh ich von meinen Verwandten und Bekannten weg.« »Ja«, sagte sie. Danach war einige Sekunden eine bedrückende Stille zu spüren, bevor sie fortfuhr, »Aber jetzt gibt es kein zurück mehr.« »Ich weiß ja.«, ich unterbrach, weil ich nicht weiter wusste. Eigentlich hätte mir fast alles bewusst sein können. Wie sollte ich einen Krieg schlagen, wenn ich kochen sollte oder hier immer noch wohnen würde? Meine Gedanken wurden durch ein Klingelgeräusch unterbrochen. »Oh, Essen ist fertig!«, sagte ich Sil und ich standen auf und gingen in die Küche. Dort holte ich die heiße Lasagne aus dem Ofen und stellte sie auf den Untersetzer auf dem Tisch. Er war für vier Personen gedeckt, doch ich wusste, dass erstmal zwei Teller leer blieben. Die Lasagne war wirklich lecker. Doch ich bekam kaum mehr als die Hälfte meiner üblichen Portion auf. Das lag vielleicht daran, dass ich jetzt ein Dragoon bin, doch eher vermutete ich die Umstände und Sorgen als Ursache für meine Appetitlosigkeit. Nach dem Essen beschloss ich nicht weiter an Mike oder die Zukunft zu denken, sondern nur noch auf den Abend zu warten. Als es schließlich dämmerte, ergriff Sil das Wort. »Ich würde sagen, wir machen und langsam Flugfertig.« sagte sie und schaute an sich runter »So! Ich bin fertig.« Sie saß so da wie sie gekommen ist. Klar, sie würde der Drache sein. Kein Grund also sich jetzt umzuziehen. Aber ich musste es tun. Ich ging zu meinem Kleiderschrank und suchte mir eine warme Jeans, ein paar dicke Socken, einen Pullover und eine dicke Jacke. Außerdem kramte ich Handschuhe und einen Schal aus dem Schrank hervor. Ich zog mich um und sah aus, als ob wir draußen Minustemperaturen hätten. Sil musste lachen und sagte mir, ich soll mich wieder sommerlich anziehen. Also zog ich die Jacke und den Pullover aus, nam mir aber ein dünnes Hemd mit langen Ärmeln raus und zog dieses anstelle an. Wenige Minuten später befanden wir uns im Freien und spazierten mehr oder weniger durch die Straßen. »Was wird jetzt kommen?« »Ich halt Ausschau nach einer Stelle mit genügend Platz.« »Und dann wirst du dich verwandeln und wir fliegen blind umher?« »Fast. Wir sind nicht blind. Und während wir fliegen werde ich versuchen Obsidian anzufunken. Per Telepathie. Sie sollte in seiner Nähe sein.« »Sehr gut, ich zeig dir ne Stelle, wo du dich ungestört verwandeln kannst.« Wir brauchten knapp fünfzehn Minuten um den alten Bolzplatz zu erreichen. Ich wusste nicht wie groß Sil sein wird, aber ich hatte gehofft, dass es reicht. »Ist das hier groß genug?« »Sollte mehr als genug sein. Bleib hier stehen.« Ich wartete am Rande des kleinen Fußballfeldes und sah zu, wie Sil sich von mir entfernte. Nach einigen Metern hielt sie inne und fing an silbern zu glühen. Nach einigen Augenblicken stand vor mir ein riesiger Drache, gut sechs Meter hoch mit einem riesigen Schweif und silbernen Schuppen. Heißer Rauch stieg aus ihren Nüstern empor und ich wagte nicht mal dran zu denken, wie aus diesem kleinen Rauch ein ausgewachsener Drachenodem werden konnte. Mit einem gewaltigen Flügelschlag stieg sie in die Luft empor und vollzog ein kleines Kunststück in der Luft, wobei ich hoffte, dass sie das nicht während ich drauf sitzen werde macht. Ich staunte alles in allem nicht schlecht. Sie landete und legte sich hin und wartete darauf, dass ich aufstieg. Ich ging zu ihr, berührte ihre Schuppen. Sie waren scharf wie Rasierklingen, doch ich schnitt mich nicht an ihnen. Ich erklomm ihren linken Arm und hievte mich dann auf die Schultern. Das ging leichter als ich dachte. »Festhalten!« brüllte sie in meinen Kopf. Schon wieder diese Telepathie. Ich konnte mich gerade eben so festkrallen, als sie ihre riesigen Flügel ausbreitete und mit einem einzigen Flügelschlag mehr als zehn Meter vom Boden entfernt war. Es fühlte sich großartig an. Ein wenig wie Achterbahn fahren, nur wesentlich besser. Der Wind peitschte mein Gesicht, doch nie zuvor habe ich mich lebendiger gefühlt. Das war schon immer der Traum der Menschheit. Fliegen. Nach wenigen Minuten, in denen wir über die Dächer der Stadt flogen wurde Sil langsamer und setzte auf einem Parkplatz zur Landung an. Diese selbst war sanfter als ich gedacht hatte. Ich stieg ab und Sil verwandelte sich zurück in ihre Menschenform. »Ich weiß wo Obsidian ist.« sagte sie, doch wenn ich ehrlich bin, wollte ich das gar nicht mehr wissen. Der Parkplatz auf dem wir gelandet waren gehörte zu einem Krankenhaus. »Wieso landest du gerade hier?« fragte ich mit einem leichten Anflug von Panik... Gerade ein Krankenhaus hat mir noch gefehlt... Das würde erklären, warum Mike und Obsidian ihr Handy ausgeschaltet haben. Vielleicht ist etwas Schlimmes passiert? »Auf dem Friedhof lässt sich so schwer landen... Ich will keine Gräber aufwühlen und Grabsteine umwerfen.« Ja klar! Der Friedhof war um die Ecke... Mike mochte ab und an solche Atmosphären wie ein Friedhof oder sonst etwas dergleichen. Wir gingen vom Krankenhausparkplatz hinunter auf die andere Straßenseite des Krankenhauses. Sehr makaber, ein Friedhof neben einem Krankenhaus zu haben... Noch makaberer ist es, wenn im Krankenhaus ein Durchgang zu einem Altenheim ist und der Steinmetz für die Grabsteine auch nicht weit entfernt liegt. Aber das ist was anderes. Jedenfalls liefen wir ein wenig auf dem Friedhof umher, wo uns auch schon Obsidian abfing. »Was ist los, Obsidian?« fragte ich sofort. »Nenn mich bitte Dy! Und Mike sitzt schon seit Stunden da bei dem Familiengrab. Lässt sich selten ansprechen und wenn, dann sagt er ich solle abhauen.« »Ok, Dy... Ich werde es mal versuchen. Mehr als den Kopf verlieren kann ich wohl nicht, oder?« Ich lief zum Massengrab einer mir unbekannten Familie. Das große Gebäude strahlte etwas Cooles und zugleich unheimliches aus und ich fragte mich, warum er sich ausgerechnet diesen Ort zum Abschalten ausgesucht hat. Auf der anderen Seite des Grabes saß Mike auf einem kleinen Steinvorsprung. Ich setzte mich daneben und starrte in die gleiche Richtung wie er es tat. Die Tannen am Rande des Friedhofes sahen aus wie riesige Zipfelmützen von gigantischen Gartenzwergen. Es war besser, dass nicht ich mit dem Gespräch anfing, sondern er, wenn er dazu bereit ist. Viel Zeit verging und es war stockfinstere Nacht geworden. Die Zipfelmützen am Horizont verschmolzen mit der Schwärze der Nacht und Mike hatte eigentlich nichts, außer Grablichter, was er sehen konnte. Ich konnte ihn noch atmen hören, so vergewisserte ich, dass er noch da war. Plötzlich begann er zu sprechen: »Ich denke, ich sollte mich für meinen Auftritt entschuldigen!« »Ach wo!« sagte ich »Es gibt schlimmeres... Und jeder muss sein Schicksal anders verkraften. Vielleicht hätte ich auch so reagiert, aber ich fand's eher cool, muss ich sagen.« »Pah! Cool? Ich hab nachgedacht, Dave! Vielleicht war es wirklich nicht so klug ein Dragoon zu werden.« »Du warst doch Feuer und Flamme!« erwiderte ich entrüstet. Warum wollte er auf einmal nicht mehr? »Ja, am Anfang! Aber du kennst mich doch! Ich bin am Anfang immer Feuer und Flamme und später lässt die Begeisterung nach und ich hab kein Bock mehr drauf!« »Kein Bock mehr? Kauf dir 'ne Ziege! Alter du bist 'ne Verpflichtung eingegangen! Ist wie ne Vereidigung beim Bund, nur auf Lebenszeit und nicht nur auf Abruf!« »Ich weiß ja auch, aber das ist es ja gerade, was mir zu schaffen macht. Ich kann nicht mit dem Gedanken leben nicht mehr frei zu sein!« »Ok, Mike... Dann denk daran: Wenn wir Korya besiegt haben, werden wir frei sein! Und noch besser, wir haben dann Drachen! Also beweg' gefälligst deinen Arsch rüber zu Dy, sie wartet da schon den ganzen Tag in der Kälte, nur weil du hier einen Miesen schiebst.« Mit diesen Worten verließ ich Mike und ging zurück zu den Drachen. »Netter Vortrag« sagte Dy »Du hast mit gehört?« war meine Antwort. »Ja selbstverständlich. Ich kann mich in seinen Kopf einschleichen und alles mithören, was er hört. Sehr gute Spionagetechnik.« Sie zwinkerte mit den Augen »Ich muss mich bei dir bedanken, dass du mit Mike gesprochen hast, auch wenn er immer noch nicht da ist.« »Der kommt schon noch! Der hat gesessen und in zehn Minuten steht er hier.« »Meinst du?« »Du musst noch viel lernen. Er wird!« Ich hielt einen kurzen Augenblick inne »Ist besser, wenn ich dann nicht hier bin. Er ist nach solchen Aktionen von mir immer relativ sauer. Legt sich aber wieder. Wenn das Training beginnt, treffen wir uns wieder.« »Alles klar!« entgegnete Dy. Ich drückte sie und Sil und ich verließen den Schauplatz. Wir gingen zurück zu meiner Wohnung. Allerdings liefen wir und flogen nicht wie die Berserker durch die Stadt. Am nächsten Morgen begann ich damit mein Leben zu beenden. Geschlafen habe ich irgendwie gar nicht. Der Wecker klingelte früher als sonst, was für mich ein Zeichen war, aufzustehen. Ich schaltete das Licht an und Sil saß auf dem Sessel und laß ein Buch... Im Dunkeln. »Morgen!« sagte ich »Morgen, Dave! Na? Konntest du schlafen?« »Kein Stück« Nach diesem Satz lachte sie lauthals und kriegte sich nicht mehr ein. »Hallo? Was ist los?« »Du konntest nicht schlafen, weil du kein Stück müde bist! Das liegt daran, dass du kein Mensch mehr bist! Du brauchst von jetzt an weniger Schlaf. Alle paar Tage mal.« »Wahnwitzig witzig! Das hättest du mir ruhig schon früher sagen können. Ich find' das nämlich gar nicht lustig die ganze Nacht wach zu liegen, ohne dass ich weiß, dass ich gar nicht wach liegen brauche, weil ich ja gar nicht schlafen muss.« Und sie lachte wieder. Ich ignorierte sie und ging direkt zu meinem Rechner und schaltete ihn an. Ich musste die Kündigung für meinen Job schreiben und das machte mir relativ großen Kummer, weil ich eigentlich nicht kündigen möchte. Aber ich kann nicht die Welt retten und kochen gleichzeitig. Zumindest nicht in großem Stil. Also schrieb ich 'ne gute halbe Stunde an dem Dokument, druckte es aus und unterschrieb mit meinem Namen. Danach duschte ich, putze mir die Zähne und zog mir was an. »Ich muss los! Meine Kündigung einreichen!« »Alles klar, ich komm mit!« »Warum willst du denn mitkommen? Das kann ich auch alleine!« »Klar, kannst du das, allerdings bleibe ich ab heute immer in deiner Nähe!« »Immer, zu jeder Zeit und an jedem Ort? Bis wir sterben?« »Ja, so ist es vorbestimmt zwischen Drache und Dragoon. Wie du mich in deine Familie oder Freundeskreis integrierst, bleibt alleine dir überlassen. Aber drum rum kommen kannst du nicht.« »Oha!« Ich überlegte einen kurzen Augenblick: »Wir könnten dich ja als meine feste Freundin ausgeben. Ich denke das wäre am leichtesten, oder?« »Ich würde mitspielen, mach dir deswegen keine Sorgen, Dave.« »Alles klar, machen wir das so, aber wir müssen jetzt los.« Mit diesen Worten gingen wir geschlossen die Haustüre hinaus und beeilten uns zur Straßenbahnhaltestelle. Die Arbeit war weniger als eine halbe Stunde entfernt von meinem Haus und ich schrieb schon mal eine SMS an meinen Chef als Vorwarnung, dass gleiche eine Hiobsbotschaft kommt. Im Restaurant angekommen machte keiner die Türe auf. Klar, ich war ja auch über eine halbe Stunde zu früh und keiner war da. Also warteten wir, bis mein Chef angekommen ist. »Was ist los, Goldi?« fragte er »Och, fast nichts, Chef!« ich druckserte ein bisschen rum. »Komm, raus damit!« »Willst du die ganze Wahrheit hören oder nur der Teil, der von dir von Belang ist?« »Der von Belang, wenn's geht.« »Ich muss kündigen. Und zwar schon heute! Resturlaub und Überstunden gehen dabei drauf, den Rest nach Ablauf der Kündigungsfrist kannst du behalten.« »Bitte was?« die Stimme von Stefan ließ sich kaum noch in Zaum halten. »Jetzt will ich die ganze Wahrheit hören!« Ich blickte kurz zu Sil rüber, die etwas Abseits stand. Mit ihrer Telepathie gab sie mir zu verstehen, was ich zu tun hatte. »Dazu müssen wir in dein Büro gehen.« »Nein, ich will es jetzt hören!« »Tut mir Leid Chef, das geht absolut nicht!« »Ok, komm mit! Und ich will einen triftigen Grund dafür hören!« Man konnte anhand von Stefans Stimme erkennen, dass er eindeutig wütend war. In seinem Büro nahm ich Platz. Silver stand leger an der Türe, aber sie hatte eine unglaublich charismatische Ausstrahlung. So als ob sie sagen würde: Jedes Wort gleich stimmt! »So, David!« Stefan nannte mich nie David oder Dave, immer nur Goldi oder Herr Golsteyn. »Was ist so unglaublich wichtig, dass du deinen Job praktisch fristlos kündigen willst und mich wegen Personalmangel direkt mal in die Scheiße reiten würdest?« »Ganz einfach: Das da vorne ist Silver, sie ist ein Drache und ich bin seit gestern Abend kein Mensch mehr, sondern ein Dragoon vom Königreich Elantria und Anfang nächsten Jahres befinde ich mich mit anderen Dragoons im Krieg und dafür muss ich Trainieren und kann meinem Beruf nicht mehr nachgehen, klar soweit?« Nach meinem letzten Wort schnellte die Hand von Stefan nach vorne und gab mir solch eine harte Ohrfeige, wie ich sie schon sehr lange nicht mehr bekam. »Meinst du von dem Scheiß glaub ich dir ein einziges Wort?« »Musst du nicht, aber da du dich jetzt körperlich an mir vergriffen hast, kann ich sogar fristlos kündigen. Sie da vorne ist meine Zeugin, falls du vor Gericht gehen willst, mich siehst du hier nicht mehr wieder!« Mit diesen Worten stand ich auf und verließ das Büro und ging Richtung Umkleidekabine um meinen Spind zu leeren und diesen Betrieb auf nimmer wieder sehn zu verlassen. Stefan tat mir irgendwie Leid, denn ich wollte es nicht soweit kommen lassen, aber die Aggression von ihm konnte ich mir super zu nutze machen, ohne die nächsten vier Wochen fristgerecht noch arbeiten zu müssen. Auf dem Weg nach draußen kam ich durch die Küche. Ich hinterließ meinem Chef auf seiner To-Do-Liste eine Nachricht: Danke für alles, mfg Goldi. PS: Bunker Lebensmittel für nächstes Frühjahr! Als ich draußen war, fiel mir mehr oder minder ein Stein vom Herzen. Ich hatte mir die gesamte Fahrt zur Arbeit über Gedanken über die Kündigung gemacht, aber Sil hat mir im Entscheidenden Moment den Tipp gegeben, 'ne fristlose Kündigung raus zu hauen. Nachdem wir wieder zu Hause waren beschloss ich kurzerhand meinen Eltern einen Besuch abzustatten. Sie mussten schließlich wissen, was los ist und vor allem, was nächstes Jahr passieren wird. Also spazierten Sil und ich zu ihnen. Auf das Klingeln an der Türe reagierte niemand, aber das Auto war neben dem Haus geparkt, demnach mussten sie im Garten sitzen. Ich öffnete die Gartentüre und trat einfach mal so hinein. Meine Eltern waren gerade dabei Kirschen vom Baum zu pflücken, vielleicht für Marmelade oder sonst was. Allerdings bemerkten sie mich nicht. »Hallo Mama!« sagte ich Meine Mutter drehte sich um und sah mich und Silver dort stehen. Merklich begann in ihr die Aufregung zu wachsen. »David!« Ja, in ihrer Stimme war deutlich Aufregung zu erkennen. »Hast du eine neue Freundin?« »Nicht ganz, aber ich bin wegen ihr hier. Sil, das ist meine Mom, Ulrike und das mein Dad, Erwin. Eltern, das ist Silvia!« »Freut mich!« sagte mein Vater Meine Mom begrüßte sie wie eine alte Freundin oder halt meine feste Freundin ganz herzlich mit einer Umarmung, während mich mein Vater bei Seite nahm und mich für meinen guten Geschmack gelobt hatte. »Ich finde, wir sollten rein gehen. Das, war jetzt kommt ist nicht für alle Augen und Ohren bestimmt.« »Was ist los?« fragte meine Mom. »Wirst du dann sehen.« »Ist etwas Schlimmes passiert?« »Mama, bitte! Lass uns das drinnen klären.« Mit einigem Nachdruck ließ sich meine Mutter schließlich dazu überreden ins Haus zu gehen und dort ins Wohnzimmer zu setzen. Sie bot uns Kaffee an, den wir auch guter Laune annahmen. »So, schieß los, David.« sagte mein Vater »In welcher Klemme steckst du jetzt wieder?« »In einer sehr großen, Dad!« »Geht es um Geld?« »Nein, so hart es auch klingen mag, es geht um mein Leben!« Mutter bekam Panik: »David Golsteyn, sag uns sofort was los ist!« »Ich werde nächstes Jahr zusammen mit diesem Wesen da in den Krieg ziehen.« ich deutete dabei auf Silver. »Wesen?« wollte mein Dad wissen. »Zeig's ihnen bitte, Sil.« Silver nickte und mit einem silbernen Leuchten verwandelte sie sich kurze Zeit später in ihre kleine Drachenform. Meine Eltern starrten auf den kleinen Drachen, als ob sie ein Wunder gesehen hätten. Vielleicht war es für sie auch ein solches. Ich selbst hatte mich halt längst schon mit den Verwandlungen abgefunden und es war demnach nichts Besonderes mehr. »Und jetzt Drachenritter!« Kurz darauf fingen wir beide an zu leuchten und ich verschmolz mit ihr zu einem Wesen in strahlender, silberner Rüstung. Meine Eltern starrten absolut fassungslos auf unsere Gestalt. Sil fragte mich in Gedanken, ob sie auch meine Waffe holen sollte. Kaum bejahte ich dies, merkte ich, wie die Pallantiumspiralen um meine Arme bewegten und langsam einen Speer in meine Hände bildeten. Als der Speer fertig war, bemerkte ich wie meiner Mom die Farbe aus dem Gesicht wich und die Augen nach hinten drehte. Wenige Sekunden später verlor sie das Bewusstsein. Sil trennte uns sofort voneinander und ich halt meinem Dad sie auf die Couch zu hieven und die Beine auf den Armlehne zu legen. Sofort eilte er in die Küche um einen nassen Lappen zu holen. »Ok, Nachtwind zu aktivieren war etwas übertrieben, würd' ich sagen, oder?« »Jau,« entgegnete ich knapp »aber wird sich Nachtwind immer so langsam verwandeln?« »Nein... Ich wollte nur die Show eindrucksvoller machen.« Wir beide lachten. »Hört auf euch zu amüsieren, deine Mutter ist umgekippt!« »Entschuldigung! Aber sie wird gleich sicher wieder zu sich kommen.« warf Silver ein. Einige Minuten vergingen. Wir holten immer wieder nasse Lappen für die Stirn meiner Mom und fächerten ihr unentwegt Luft zu, bis sie zu sich kam. »Willkommen zurück!« sagte ich »Ist mir gestern auch schon passiert. Nur bin ich 'ne halbe Stunde später krepiert!« »Was?« meine Mom war sofort hellwach »Du bist was?« »Ich bin gestorben und wurde ein paar Sekunden später als Dragoon wiedergeboren. Entschuldige den Schock von eben, aber ich wollte es schnell hinter mir bringen. Wir stehen ab jetzt offen für Fragen aller Art.« »Dann sag uns mal lieber was das war!« fragte mein Dad »Ich denke, er meint mich. Ich bin ein leibhaftiger Drache und ihr Sohn ist der dazu gehörige sogenannte Dragoon. Das ist so etwas wie ein enger Vertrauter, mit dem ich noch mächtiger werde, aber auch er hat seine Vorteile dadurch.« »Ein Drache!« meine Mutter stand wohl immer noch unter Schock. Kann man ihr ja auch nicht verübeln. »Jupp, live und in Farbe!« »Das müsst ihr uns jetzt erstmal erklären!« forderte mein Vater. Also erzählte ich ihm die ganze Story, wie ich Silver und Obsidian kennen gelernt habe und wie Mike und ich schließlich Dragoons wurden. Sil hingegen erzählte alles, was so in Elantria vorgefallen ist. Die ganze Story über Bahamut und Tiamat und den Krieg, den es bald geben wird. Schließlich trumpfte ich damit auf, wie ich meinen Job losgeworden bin. »Aber ihr dürft keinem ein Wort sagen. Wenn die Zeit gekommen ist und wir euch grünes Licht geben, könnt ihr Daves Geschwister und den Rest der Familie einweihen. Aber bis dahin müsst ihr unbedingt Stillschweigen wahren! Es ist auch ganz wichtig, wenn der Krieg ausgebrochen ist, nicht an die große Glocke zu hängen, dass ihr die leiblichen Eltern eines Dragoons seid, denn dann könntet ihr als Geisel oder ähnlichem gegen uns eingesetzt werden.« »Und dein Chef?« wollte Mom wissen. »Der wird kein Wort glauben.« »Warum meinst du?« »Weil ich es so ausgesehen lassen hab, als suche ich nur einen Grund mir eine zu ballern.« »Und wie erklärt ihr, dass ihr praktisch immer zusammen seid?« »Er ist ein Mann, ich bin eine Frau. Was gibt es da noch zu erklären?« merkte Sil an. Meine Mutter wurde knallrot im Gesicht. Der Rest musste lachen. Sil und ich verbrachten den restlichen Tag bei meinen Eltern. Ich musste meiner Mutter versprechen auf jeden Fall vorsichtig zu sein und mich regelmäßig während meines Trainings melden. Mein Vater wollte noch einige Male die Verwandlung von Sil in einen Drachen sehen und ich genoss es jedes Mal, dass meine Mom den Kiefer weit nach unten geöffnet hatte. Abends verabschiedeten wir uns dann und flogen nach Hause. Dort angekommen rief ich Mike an. Auf seinem Handy konnte er scheinbar erkennen, dass ich anrief. »Nabend, Dave!« »Moin Mike! Na, alles wieder paletti?« »Mehr oder minder. Gabi ist am toben. Kommt ja nicht oft vor, dass ich ein Mädel mit nach Hause schleppe und sage, dass sie jetzt bei uns wohnen wird.« »Weiß sie die Wahrheit?« »Nein. Ich glaube, das würde sie nicht vertragen.« »Ich hab's meiner gesagt.« »Wie hat sie es aufgegriffen?« »Ohnmacht und Unglaube, was sonst?« wir lachten »Und? Schon einen Rundflug gemacht?« wollte ich wissen. »Nein, du etwa?« »Schon zwei! Einen gestern. Als wir dich gesucht haben und einen eben erst um schneller nach Hause zu kommen.« »Ist cool?« fragte Mike. »Mega!« »Muss ich unbedingt mal ausprobieren. Ich frag Dy gleich mal.« »Wie ich höre, habt ihr euch zusammen gerauft?« »Ja, mehr oder minder.« »Na gut, lass ich euch mal in Ruhe. Ich würde gerne schlafen gehen, mal schauen, ob ich es diese Nacht kann.« »Alles klar. Viel Spaß beim Warten.« »Jo! Ich ruf die Tage noch mal an. Ciao!« »Warte noch. Ich hatte vor die Clique am Samstag zusammen zu trommeln, hast du auch Lust zu kommen?« »Soll das ein Scherz sein? Na klar komm ich.« »Alles klar, dann bis Samstag spätestens!« »Ciaoi!« An diesem Abend legte ich mich wieder ins Bett. Ich wollte schlafen, konnte aber wieder nicht. Unruhig wälzte ich mich hin und her, bis schließlich, es muss so gegen zwei Uhr gewesen sein, Sil sich auch nachtfertig gemacht hat. Aber anstatt, wie ich erwartet hätte auf der Couch zu schlafen, kroch sie zu mir ins Bett, legte sich unter meine Decke und kuschelte sich an meinem Rücken liegend ein. Ich spürte ihren warmen Atem im Nacken und ihre warmen, sanften Brüste in meinem Rücken. Zögernd umschloss ich eine ihrer Hände mit meiner und konnte gerade eben so noch denken, was für ein genialer Neustart das für mein Leben war, bevor ich tief und fest einschlief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)