Vampires Will Never Hurt You von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 5: Blood on our hands ----------------------------- 5. Kapitel Blood on our hands Ein paar wenige Blätter wurden über den grauen Asphalt gewirbelt, doch der Wind schien schnell die Lust an diesem Spiel zu verlieren und hinterließ das welke Laub im Rinnstein, wo es sich traurig zu seinen Brüdern und Schwestern gesellte, die in einer dreckigen Pfütze ihre letzte Ruhestätte gefunden hatten. Eine schwere dunkle Wolkendecke hatte sich über die Stadt gelegt und tauchte die Häuser in ein trübsinniges Licht. Es war, als ob sie alle daran erinnern wollte, dass der Sommer vorbei und auch vom Herbst nicht mehr viel übrig war. Es wurde Winter. Jake lehnte an einem Auto, das neben dem Rathausplatz geparkt hatte und sah wieder und wieder die Ausdrucke durch. Ich kickte einen Stein quer über die Straße und er schlitterte bis kurz vor die Füße meines Partners. Dieser sah kurz von den Papieren auf und zog die Stirn in Falten. „Wo ist mein Kaffee?“, fragte ich – teils um überhaupt etwas fragen zu können, teils weil es mich wirklich interessierte. Seit ich ihn Jake gegeben hatte, war der kleine Plastikbecher spurlos verschwunden. Wenn ich gestresst war, konnte ein Kaffee manchmal Wunder wirken. „Woher soll ich das wissen?“, gab Jake genervt zurück. Er war kein Freund von einfachen, klaren Antworten. „Weil ich ihn dir gegeben habe, Jake...“, sagte ich und stellte mich neben ihn. „Also? Wo ist er?“ „Weiß nicht...“ Er war sah wieder auf die Papiere und kramte mit einer Hand in der Tasche seiner Jacke – vermutlich auf der Suche nach einem Kugelschreiber um etwas zu unterstreichen und einzukringeln. Ich ergriff blitzartig seinen Arm, stellte mich auf die Zehenspitzen, führte mein Gesicht ganz nah an seines und starrte ihn so böse wie möglich in die Augen. Er fuhr nicht zurück, aber sein Arm zuckte leicht. „Ich habe deinen verdammten Kaffee nicht!“, sagte er unwirsch und versuchte mich wegzudrücken. Doch ich schnüffelte nur leicht und trat von selbst wieder einige Schritte zurück. „Natürlich nicht. Du hast ihn ja auch getrunken...“, erklärte ich entrüstet und sah ihn vorwurfsvoll an. „Du riechst nach ihm!“ Jake verengte seine Lippen zu einem schmalen Strich, als ob er damit ungeschehen machen könnte, dass ich seinen Kaffeeatem gerochen hatte. „Ich hasse Kaffee...“, sagte er, rollte die Papiere zusammen, drehte sich um und ließ mich einfach stehen. Verdutzt blieb ich stehen und sah ihm hinterher. Fünf Jahre und dieser Mann war mir immer noch ein Rätsel... Das Motel schien immer noch nicht wirklich gut besucht zu sein – eine Tatsache, die von den neun verbliebenden Schlüsseln an den Haken nur unterstützt wurde. Die alte Frau war immer noch nicht wieder an ihrem Platz hinter dem Tresen. Ich erwähnte den Gedanken, dass sie vielleicht tot in ihrem kleinen Büroraum liegen könnte, der sich hinter dem Tresenbereich befand – abgetrennt durch eine Glasscheibe mit billiger Jalousie dahinter. Jake lief immer noch vor mir her. Auch nachdem ich mich aufgerappelt hatte und ihm gefolgt war, hatte ich ihn doch trotzdem nicht einholen können. Vielleicht wirkte das Koffein so bei ihm. Er schloss die Tür zu unserem Zimmer auf und betrat den trostlosen Raum. Ich verriegelte die Tür hinter mir und warf mich auf eines der beiden Betten. Ich bekam in der letzten Zeit einfach zu wenig Schlaf. „Was willst du tun?“, fragte ich meinen Partner und schälte mich im Liegen aus meinem Mantel, was sich als nicht so einfach herausstellte. Jake setzte sich an den kleinen Tisch, der neben dem Fenster mit den schmierigen Scheiben stand, und breitete die ausgedruckten Papiere aus dem Stadtbüro vor sich aus. Der alte Stuhl knarrte bedenklich unter seinem Gewicht. „Ich schmiede einen Plan...“, sagte er ruhig und bestimmt. Mit einer Hand zog er sich seine Jacke aus, während er mit der Rechten weiter etwas auf den Zetteln unterstrich. Ich hatte mich unterdessen meines Mantels entledigt und drehte mich auf den Bauch, damit ich Jake beobachten konnte. „Du tust was?“ Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. „Schmieden ist ein furchtbares Wort...“ Jake sah mich nur einmal kurz an und wandte sich dann wieder den Ausdrucken zu. „Wenn du meinst...“ Ich schwieg und stützte mein Kinn auf die Handflächen. Jake begann jetzt Straßen und Häuser auf dem von mir gekauften Stadtplan einzukreisen. Dabei handelte es sich vermutlich um die früheren Residenzen der Verstorbenen. Ich kannte die Arbeit zu Genüge. Vampire jagen war nicht so romantisch und einfach wie es in diversen Filmen und Serien gezeigt wurde. Vampire jagen bedeutete akribische Planung und eine präziseste Vorgehensweise – wenn man von kleinen Ausnahmen wie der Sache in Oregon oder der in New York oder der in Texas mal absah.... „Wenn wir davon ausgehen, dass die Toten inzwischen Ghule sind...“, murmelte Jake zu sich selbst und runzelte die Stirn. Hektisch und ruckartig strich er etwas durch. Er lehnte sich seufzend zurück und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. „Ich brauche ganz dringend eine Zigarette...“ Er warf mir einen fragenden Blick zu. „Was ist los?“, fragte ich ihn und rappelte mich auf, so dass ich sitzen konnte. Jake zuckte mit den Schultern. „Es passt nicht!“ Ich hob eine Augenbraue und schickte mich an aufzustehen. Doch Jake war schneller und warf mir den Stadtplan aufs Bett. „Was passt nicht?“ Ich faltete den Plan auseinander und versuchte aus dem Gewirr von Jakes gemalten Linien schlau zu werden. „Alles!“, rief mein Partner aus und stöhnte noch einmal. „Ich stimme dir ja zu, dass diese Todesrate nicht normal ist, aber sie dir bitte mal den Bereich an, in dem diese Menschen gestorben sind!“ Ich erkannte, was Jake meinte. Er hatte mit Rot die Häuser der Toten markiert. Sie lagen alle in einem Umfeld von ungefähr fünf Meilen um die Hayden Street verteilt. Ich stöhnte ebenfalls. „Keine Ghule...“, sagte ich leise und Jake nickte. „Jap, du hast es erfasst. Ghule würden sich niemals auf so einen kleinen Radius beschränken! Es könnte also sein, dass wir es hier mit einem Vampir zu tun haben, der seine Opfer sofort zu vollwertigen Vampiren macht. Von dieser Sorte gibt es nicht viele, aber erinnerst du dich noch an den Vampir aus Maine?“ Ich nickte bedächtig. Dann ließ ich mich wieder zurück fallen und starrte nachdenklich an die ehemals weiße Decke. Durch die Klimaanlage hatten sich schwarze Streifen auf die weiße Farbe gelegt und zeugten davon, dass das Motel renoviert werden sollte. „Was machen wir denn jetzt?“, fragte ich mit gepresster Stimme, obwohl ich schon wusste, was Jake antworten würde – auch ohne in die Zukunft gesehen zu haben... „Wir gehen zur Hayden Street!“, sagte Jake, genau wie ich befürchtet hatte, und stand von dem wackeligen Stuhl auf. „Dann sehen wir uns dort mal genau um. Wenn es keine Ghule gibt, dann ist es vielleicht etwas weniger gefährlich für uns. Das würde nämlich heißen, dass sich der Virus nicht so schnell verbreitet. Die Umwandlung zu einem wirklichen Vampir, der auch von selbst töten kann, dauert mindestens einen Monat...“ „Obwohl wir nicht wissen, wie lange dieser Vampir schon in Caven’s Hill ist...“, sagte ich und versuchte eine gute Miene zum bösen Spiel zu machen, doch es wollte mir nicht so recht gelingen. Jake zog eine Grimasse und fuhr sich mit einer unbestimmten, raschen Bewegung durchs Haar. Es zögerte eine Sekunde lang – zumindest schien es so – doch dann zog er seine Jacke wieder an und sah mich kurz an. „Lass uns gehen, Chestnut...“ Auf eine seltsame Art hatte ich plötzlich das Gefühl, als ob mein Name etwas schrecklich Endgültiges hätte, als ob Jake jetzt schon daran dachte, dass wir vielleicht nicht zurückkehren würden. Wir mussten nicht wirklich weit laufen bis wir die Hayden Street erreichten. In diesem Punkt hatte eine kleine Stadt wie Caven’s Hill ihre Vorteile. Trotzdem erschien es mir, als würde der Marsch zu der kleinen Straße am Rande der Stadt ewig dauern. Jake war die ganze Zeit schweigend neben mir hergelaufen, doch ich hatte aus dem Augenwinkel beobachtet, wie er immer wieder in seine Tasche griff, in der er ein geweihtes Kruzifix aufbewahrte. Ich war mir nicht sicher, ob Jake besonders religiös war, aber er glaubte an sein Kruzifix, denn das war wie Gift für Vampire. Ich hatte dem alten Klischee lange keinen Glauben schenken wollen, doch das kleine Eisenkreuz hatte uns schon mehr als ein Mal das Leben gerettet. Mittlerweile hatte ich mich dafür entschieden selbst immer eins mit mir zu tragen. In der Hayden Street standen zwar einige Autos und ich konnte auch kurz den Blick auf eine grau-getigerte Katze erhaschen, doch sonst war die Straße wie alle anderen in Caven’s Hill wie ausgestorben. Vielleicht war sie das sogar. Wir befanden uns in der nobleren Gegend, die Jake schon erwähnt hatte, denn die Häuser waren prächtig und waren von gepflegten Vorgärten und protzigen Auffahrten gesäumt. Ich erinnerte mich daran, dass Jake gesagt hatte, die Villen wären nicht das ganze Jahr bewohnt und fühlte so etwas wie Erleichterung. Vielleicht war das der simple Grund für die dunklen Fenster und leeren Straßen. Doch irgendetwas in der letzten Ecke meines Verstandes hörte nicht auf Zweifel zu säen und mir zu sagen, dass ich doch langsam gelernt haben müsste, dass es in diesem Leben für nichts eine einfache Erklärung gab. Die Hayden Street lag in einer gepflegten Gegend – anders als die Häuser die wir auf dem Weg zu Drake gesehen hatten – doch das graue Herbstlicht ließ selbst die weißverputzten Fassaden und den ordentlich gemähten Rasen trostlos erscheinen. Plötzlich blieb Jake stehen und packte mich am Arm, damit ich ebenfalls stoppte. „Was...“, begann ich, doch Jake brachte mich mit einem Kopfschütteln zum Schweigen und deutete mit ausgestrecktem Finger auf eine der Villen. Es mag wie ein Klischee erscheinen, aber ich hatte im Laufe der Zeit gelernt, dass die Dinge, die am verdächtigsten aussahen, es auch wirklich waren. Und dieses Haus war der Inbegriff des Verdächtigen. Es erhob sich auf einer kleinen Anhöhe, zu der eine gepflasterte Auffahrt führte, die links und rechts mit Töpfen aus rötlichem Terrakotta gesäumt war. Doch das erste, das mir wirklich auffiel, war der Garten, der sich vor und sicherlich auch hinter dem Haus erstreckte. Im Gegensatz zu allen anderen Anwesen in der Hayden Street war dies der erste Garten, der tatsächlich und wahrhaftig ungepflegt war. Das Gras wuchs wild und einige vorwitzige Pflanzen hatten sich die schmutzigweiße Hauswand hochgewunden. Die meisten der Töpfe bei der Auffahrt waren zerschlagen – ob durch Witterung oder mutwillige Zerstörung war nicht zu erkennen. Das Gebäude selbst schien seit längerem keinen neuen Anstrich verpasst bekommen zu haben und alle Fenster waren durch Jalousie oder eine schwere Gardine verhangen. Die Scheiben waren schmierig und grinsten schwarz in die Welt hinaus. Ich konnte nicht erkennen, ob am Dach vielleicht einige Ziegel fehlten, doch es hätte mich nicht gewundert. Um das Bild eines absolut verdächtigem Haus abzurunden erhob sich direkt hinter dem Anwesen der Wald, der Caven’s Hill von seinen beiden Nachbarorten trennte und der hauptsächlich aus dunklen Nadelbäumen bestand. „Ist es das?“, fragte ich leise und Jake zuckte mit den Schultern. Langsam zogen wir uns hinter einen Subaru zurück, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand und gingen vorsichtshalber in Deckung. „Nun ja...“, sagte Jake langsam, als müsste er aufpassen, was er sagt. „Es ist zumindest ein Anfang, oder nicht?“ Ich nickte und Jake fuhr sich wiedereinmal durchs Haar. „Am besten teilen wir uns auf, Chestnut. Du schleichst dich von hinten an das Haus heran und sicherst dort. Ich versuche hier vorne einen Eingang oder so etwas zu finden. Du weißt, wie du vorgehen musst?“ Er warf mir einen fragenden Blick zu und ich nickte. Aus irgendeinem Grund erinnerte ich mich wieder an das Gespräch zwischen Jake und seinem Bruder, das ich belauscht hatte. Ich sah auf meine Armbanduhr und seufzte. „Es ist schon fast vier Uhr, Jake. Lange haben wir nicht Zeit bis es dunkel wird. Und du entschuldigst doch sicher meinen dringlichen Wunsch dann wieder im Motel zu sein...“ Mein Partner verdrehte die Augen auf eine Heul-nicht-rum-Art und winkte ungeduldig ab. „Warum stehst du denn dann noch hier rum? Geh endlich an die Arbeit!“ Ich streckte ihm genervt die Zunge raus und machte mich auf den Weg. Ich fand relativ schnell einen Weg durch die Gärten der umliegenden Häuser, bis ich den Waldrand erreichte und mich so von hinten an das Haus heranschleichen konnte. Das hohe Gras raschelte leise und umspielte meine Beine als ob es mich daran hindern wollte weiter zu gehen. Ich verscheuchte diesen Gedanken und schlich mich näher an das Gebäude heran. Die Bäume hinter mir warfen lange Schatten, die bis in den vernachlässigen Garten fielen. Ich blieb kurz stehen und kontrollierte Waffe und Kruzifix auf ihre Anwesenheit. Wie von selbst huschte meine Hand erst zu dem Gürtel um meine Hüften und dann in meine Manteltasche, wo sie das kühle Metall des Kreuzes umfasste. Es war eine Routine, die mir fast ein bisschen Angst machte. Ich konnte all die Momente wie diesen nicht mehr zählen. Es war für mich wie für andere Leute der letzte Blick in den Spiegel bevor sie das Haus verließen. Nur dass bei mir mein Überleben davon abhing. Hinter dem imposanten Haus war eine klapprige Art Hütte aus dunklem Holz direkt an der Wand aufgebaut worden. Ich vermutete, dass dort Holz oder Kohle gelagert wurde. Vielleicht auch Gartengeräte. Obwohl letzteres beim Anblick dieses Gartens unwahrscheinlich wurde. Ich näherte mich der Hütte und legte eine Hand auf das rostige Schloss, das mir den Zugang verwehrte. Ich besah es mir näher, aber trotz des Rostes schien es mir zu stabil, als dass ich es hätte zerschlagen können. Wütend ließ ich es los und es knallte gegen kleine Tür der Hütte. Ich wollte mich grade umdrehen und beginnen nach einem offenstehenden Fenster zu suchen, als ich plötzlich einen Geruch vernahm, der mich zusammenzucken ließ. Der Gestank nach Verwesung entwich der kleinen Holzhütte und ich ging einige Schritte zurück um dem Schlimmsten nicht ganz so ausgesetzt zu sein. Trotzdem suchte ich nach einer Stelle, an der dieser Gestank hätte austreten können. Zwischen zwei splittrigen Holzplatten klaffte eine harzige Spalte, durch die man in die Hütte sehen konnte. Ich hielt mir eine Hand vor die Nase und trat näher um einen Blick ins Innere zu werfen. Doch außer tiefster Dunkelheit konnte ich nichts erkennen. Der Gestank war furchtbar, also zog ich mich wieder zurück. Seufzend verschränkte ich die Arme vor der Brust. Ich biss mir nachdenklich auf die Unterlippe. Dem Gestank nach zu urteilen lagen vielleicht eine oder zwei Leichen in dieser Hütte. Oder vielleicht befand sich hinter dieser verschlossenen Tür auch ein Kellereingang. Ein Kellerraum war immer ein guter Schlafplatz für einen Vampir. Das würde den Verwesungsgeruch ebenfalls erklären. Mit schnellen Schritten ging ich an der Hauswand entlang, um die Ecke und auf die Auffahrt zu. Ich musste Jake Bescheid sagen, vielleicht konnte er das Schloss aufbrechen. Ich passierte einige Fenster, die allesamt mit geschlossenen Vorhängen versehen waren. Ungefähr zwei Meter neben der Hauswand war eine Hecke hochgezogen, die mir den Blick auf das Nachbarhaus verwehrte und während ich die kurze Strecke bis zur Auffahrt entlang lief, konnte ich nicht umher mich eingeengt und bedroht zu fühlen. Ich beschleunigte meinen Gang bis ich fast rannte und versuchte mich krampfhaft davon abzuhalten mich ständig umzudrehen, als hätte ich Angst verfolgt zu werden. Vielleicht hatte ich das auch. „Jake?“ Meine Stimme klang irgendwie heiser und brüchig. Ich hatte die Auffahrt beinahe erreicht, doch meine Panik ließ nicht nach. Das Haus zu meiner Linken erschien mir immer bedrohlicher, dunkler, böser... Mit einem plötzlichen Knall zersprang das Fenster direkt neben mir. Ich kreischte laut und riss schützend die Arme über den Kopf. Mit einem Hechtsprung landete ich in der Hecke und spürte sofort, wie die Zweige mir Arme und Gesicht zerkratzten. Hinter mir prasselten Scherben auf den Rasen. „Scheiße!“, brüllte ich und versuchte panisch mich aufzurappeln. Ich war auf meinen rechten Ellenbogen gefallen und er schmerzte höllisch. „Was zum...“ In diesem Moment gab es einen zweiten Knall und begriff, dass er nur von einer Waffe stammen konnte. Jemand, der sich im Haus befinden musste, schoss auf mich! Fluchend befreite ich mich aus der Hecke, in der ich ein klaffendes Loch hinterließ und rannte los. Fast wäre ich in Jake hineingelaufen, der urplötzlich an der Hausecke aufgetaucht war. „Was ist los?“, schrie er, doch ich konnte ihm nicht antworten. Hektisch riss ich an seinem Arm und stürzte beinahe. Er hielt mich fest und ich keuchte. Mein Herz raste vor Schreck und ich war sicherlich total bleich. „J-Jemand... schießt...“ Mehr konnte ich nicht rausbringen und wie zur Bestätigung meiner Worte erklang ein weiterer Schuss. Wir zuckten beide zusammen und Jake stieß mich um die Ecke bevor er mir folgte. Er bedeutete mir still zu sein und ging vorsichtig zurück. „Das Fenster ist kaputt...“, stellte er flüsternd fest und warf mir einen Blick über die Schulter zu. „Ach nee!“, zischte ich und zog ihn am Arm zurück. „Lass uns verschwinden, Jake!“ Doch mein Partner schüttelte den Kopf. Er sah aus, als wollte er etwas sagen, aber bevor es dazu kommen konnte, ertönte erneut Lärm aus dem Haus hinter uns. Diesmal schien etwas Großes umzufallen und kurz danach hörten wir einen erneuten Schuss. Ich warf Jake einen bedeutungsvollen Blick zu und er trat vorsichtig zurück. „Okay...“, sagte er langsam und bedächtig. „Vielleicht hast du Recht...“ Ich schnaubte und warf einen Blick auf meine Uhr. „Es ist gleich halb sechs. Wir sollten wirklich gehen!“ Ich hoffte meine Stimme klang so dringlich wie ich sie haben wollte. Jake nickte. „Ich habe au...“ Ein lauten Knall über unseren Köpfen ließ mich wieder ungewollt kreischen. Jake ergriff meine Hand und zog mich von der Hauswand weg bevor es wiederholt Scherben regnete. Ich hob den Kopf und sah, dass die Scheiben eines Fensters aus dem ersten Stock zersprungen waren. Eine der Glasscherben steckte in Jakes rechtem Unterarm und Blut tropfte von der Hand, mit der er meine hielt. „Jake!“, rief ich und sah meinen Partner vorwurfsvoll an, als hätte er das Fenster zerschossen. Er warf mir einen kurzen Blick zu und nickte dann noch einmal. „Lass uns gehen!“, sagte er bestimmt und ließ meine Hand los. Ohne ein weiteres Wort rannten wir die Auffahrt hinunter bis zur Straße, wo ich stehen blieb und noch ein letztes Mal hoch zur Villa sah. „Jake...“, sagte ich leise und er stoppte ebenfalls. Mit zitternder Hand deutete ich zu dem kaputten Fenster, aus dem jetzt einer der Vorhang im Wind flatterte. Für einen kurzen Moment erhaschten wir einen Blick auf eine dunkle Gestalt, die uns hinterher sah, bevor sie lautlos verschwand. Jake hob eine Augenbraue. „Na, wenn das mal keine Überraschung ist...“ Mit einem knirschenden Geräusch, das ich wohl nie vergessen werde, zog er sich die Scherbe aus dem Arm und warf sie auf die Straße, wo sie rot von seinem Blut liegen blieb. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)