Not being alone von fluffymausi-chan (Sheena/Zelos) ================================================================================ Kapitel 1: Nicht alleine ------------------------ Leise fiel der Schnee auf die Dächer des Dörfchens Mizuho und ließen eine schwarzhaarige Frau leise und traurig aufseufzen. Nun waren es nur noch einige Tage bis Weihnachten und sie hockte hier in ihrer Hütte und bemitleidete sich selbst, denn sie würde dieses Weihnachtsfest alleine feiern müssen. Ihr Großvater war unterwegs um Mizuho zu vertreten und würde spätestens nächstes Jahr zurückkommen. Tiga war mit Orochi und Kuchinawa etwas abseits vom Dorf hingezogen, denn Kuchinawa mochte nicht mit ihr zusammen wohnen. Dieser Gedanke ließ sie abermals aufseufzen. Er hasste sie immer noch, da sie ja Schuld am Tod seiner Eltern hatte und er ignorierte die Tatsache auch einfach, dass das damals ein Unfall gewesen war. Sheena ließ sich rücklings auf ihr Bett fallen und verschränkte ihre Arme hinter ihrem Kopf. Sie musste schmunzeln. So lag Zelos immer wenn er müde war oder es einfach einmal schaffte nachzudenken. Ja Zelos… Vielleicht sollte ich mal nach ihm sehen? Immerhin ist er noch immer angeschlagen wegen der Sache im Turm des Heils, überlegte sie im Stillen und ging schließlich nach draußen um ihren Rehaid zu holen. Ja, es war wirklich eine miese Zeit für Zelos. Durch seinen „Verrat“ hatte er haufenweise das Vertrauen verloren, nicht nur bei der kleinen Gruppe, sondern auch beim Volk. Seltsamerweise war diese Geschichte nämlich an die Öffentlichkeit geraten und der springende Punkt, dass Zelos sie nur scheinbar verraten hatte, das war immer noch nicht durchgesickert, egal wie sehr die Gruppe und er selbst sich auch anstrengten. Wenige Minuten später hatte sie eine Tasche mit ihren wichtigsten Utensilien und Wechselklamotten angelegt und saß mit dieser auch schon auf ihrem Rehaid um auch sogleich abzuheben. Kalter Wind blies ihr ihre Kapuze ihres dicken Wintermantels vom Kopf und ließ sie schaudern. Trotz ihren Handschuhen und ihrem warmen Mantel fröstelte sie und betete für gutes Wetter für ihren Flug. Sie hatte Glück denn es gab nur einen leichten Schneesturm, der aber kein weiteres Problem darstellte. So hatte sie noch etwas Zeit sich seelisch auf das Treffen mit dem Ex-Auserwählten vorzubereiten. Ihr war klar, dass er nur wieder seine Sprüche loswerden wollte und sie machte sich erst gar keine Hoffnungen ein ernsthaftes Gespräch mit ihm führen zu können, dazu war er wirklich nicht der Mensch. Noch dazu kam, dass sie sich irgendeinen brauchbaren Grund für ihr Erscheinen aus den Fingern saugen musste. Mit den Worten: „Ich wollte nur mal nach dir sehen.“, würde er ihr das ganze Weihnachten über nachlaufen und sich noch Martel weiß was zusammenreimen. Darauf hatte sie keine Lust. Doch andererseits wollte sie den nervenden Mann um sich wissen und sei es nur um nicht diese Einsamkeit am Fest der Liebe zu verspüren. Hoffentlich ist er überhaupt da. Nach einer schier endlosen langen Zeit landete sie vor dem Stadttor der größten Stadt in Thet-alla, in Meltokio. Ein erleichterter Seufzer verließ ihre Lippen und sie ließ ihren Rehaid auch sogleich in ihrer Flügeltasche verschwinden um dann mit schnellen Schritten in die Stadt zu gehen. Selbst hier lag viel Schnee und überall leuchtete es. Lichterketten waren an den schneebedeckten kalten Ästen angebracht und strahlten in dieser Kälte eine künstliche aber dennoch weihnachtliche Wärme aus, die Sheena inne halten ließ. Sie hatte die richtige Entscheidung getroffen! Sie beschleunigte ihre Schritte, doch das kümmerte sie nicht, denn sie war damit beschäftigt, ihre Kapuze überzuziehen, denn diese durfte auf keinen Fall verrutschen. Wie sähe das denn aus, wenn das Oberhaupt von Mizuho dem Ex-Auserwählten zu dieser späten Stunde um Obdach bitten würde? Auch wenn sie sich kaum um die Meinung anderer kümmerte, so wollte sie nicht das Gesprächsthema Nummer eins am Hof werden. Einige Minuten später stand sie vor der großen Villa in der Zelos lebte. Zaghaft klopfte sie gegen die schwere Eichentür. Als sich nichts regte und sie nun aber doch die Geduld verlor (wie so oft) schlug sie etwas mutiger an der Tür. Kleine Schneeflocken tanzten vor ihrer Nase und sie nieste einmal. Auch wenn sie vorhin noch über die kleinen Eiskristalle gelächelt hatte, so verdeutliche die beißende Kälte ihr nur wieder wie unbehaglich der Winter außerhalb schützender und vor allem warmer vier Wände sein konnte. Mistwetter!, murrte sie in Gedanken. Ihre Gedankengänge wurden jäh unterbrochen als sich die Tür öffnete und ein verschlafener Zelos ihr ins Gesicht blickte. Augenblicklich veränderte sich seine Miene und er lächelte sie mit seinem üblichen Machogrinsen an. „Sheena- Schatz! Dich hätte ich nicht erwartet. Komm erst mal rein.“, begrüßte er sie worauf sie nur nickte und ihre ganze Wut auf ihn runterschluckte. „Du hast dich nicht verändert, Macho!“, grummelte sie und drückte sich an ihm vorbei in die warme Eingangshalle. ******* Sheena sah in ihre Kaffeetasse an und wusste nicht was sie sagen sollte. Sie würde ihm sicher nicht sagen, dass sie ihn vermisst hätte und ihn deswegen besuchen wollte. Nein das kam nicht in Frage. Sie war immer noch Sheena und keins dieser Groupies. Verächtlich blickte sie ihr braunes Spiegelbild an. Sie konnte diese Mädchen einfach nicht ausstehen, dass das vielleicht Eifersucht war, verdrängte sie ganz einfach. „Sheena-Maus was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?“, fragte er sie mit einem seiner Grinsen, worauf sie ihm am Liebsten eine gepfeffert hätte. „Ich wollte dich fragen ob wir nicht ne Weihnachtsfeier mit unseren Freunden machen könnten, ne kleine Überraschung für sie. Wie wär‘s?“ Sheena war weitaus mehr überrascht über diesen Vorschlag als Zelos. Woher konnte sie so gut lügen? Eine richtig gute Notlüge. „Eine Weihnachtsfeier? Okay warum nicht.“, lachte er. „Hilfst du mir dabei? Oder willst du wieder zurück nach Mizuho? Du bist doch die Nachfolgerin. Du hast dort doch sicher deine Pflichten?“ Seine Fragerei ließ sie erst mal verdutzt aufschauen. Warum interessierte es ihn so sehr was sie im Dorf tat? „Naja mein Großvater ist noch nicht zurück und ich könnte Tiga eine Nachricht schicken, es ist im Winter nichts los bei mir Zuhause.“, seufzte sie resigniert. Er sah sie verwirrt an. „Wie nichts los? Weihnachten steht vor der Tür. Feiert ihr das etwa nicht?“, fragte er sie worauf sie nur traurig in ihre Tasse sah. „Doch klar aber mein Großvater ist auf einer Reise und Tiga feiert mit Orochi und Kuchinawa. Sie feiern Weihnachten also als kleine Familie.“, murmelte sie leise. Ihre Augen begannen zu schimmern und sogleich blinzelte sie die störenden Tränen weg. Er sollte sie jetzt nicht auch noch bedauern. Es reichte schon, dass sie das tat. „Du feierst also alleine.“ Sie schwieg und vermied es ihm in die Augen zu sehen. Wahrscheinlich hätte sie dann erst recht angefangen zu heulen. Kurz herrschte eine bedrückte Stille zwischen ihnen und gerade als Sheena das Thema wechseln wollte, kam er ihr zuvor. „Kommt nicht in Frage. Wenn dann feiern wir alle zusammen. SEBASTIAN?“, schrie er durchs ganze Haus. Wenige Minuten später erschien dieser, nach Atem ringend, im Wohnzimmer. „Sie haben gerufen Master Zelos?“ Zelos nickte. „Könntest du bitte das Gästezimmer auf Vordermann bringen? Wir haben einen Gast.“ Sebastian nickte lächelnd und verschwand sofort um alles vorzubereiten. Sheena konnte nichts sagen, nur dankbar lächeln. Er kannte sie wirklich zu gut. ******* Der nächste Morgen hatte recht gut begonnen. Nach einer erholsamen Nacht und einer warmen Dusche fühlte sie sich gleich besser. Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen betrat sie die Küche in der Sebastian schon fleißig am Arbeiten war. „Morgen!“, gähnte sie und streckte sich. Sebastian drehte sich erschrocken um, hatte wohl noch nicht so früh am Morgen mit jemandem gerechnet, doch als er Sheena sah lächelte er freundlich. „Guten Morgen, Miss Sheena.“ Sheena sah ihn verwundert an. Sie würde ihn wohl wieder zurechtweisen müssen. Grinsend stemmte sie ihre Hände in die Hüften und versuchte ermahnend zu klingen. „Sebastian lass das Miss weg, ich fühle mich sonst älter als ich bin.“ Er lachte nur, doch beide wussten, dass er sie weiterhin siezen würde. „Soll ich dir was helfen?“ Er sah sie erschrocken an. „Sie wollen mir helfen? Aber sie sind doch ein Gast von Master Zelos.“, stammelte er völlig überfordert. Sie zuckte nur mit den Schultern und nahm ihm das Messer mit dem er gerade das Brot geschnitten hatte aus der Hand. „Na und? Ich kann dir doch trotzdem helfen.“, lächelte sie. Er schaute sie erst verwundert an ehe er sie machen ließ. Mit einem Blick in ihr entschlossenes Gesicht, war sofort klar, dass sie kein Nein akzeptieren würde und mit dem Brotmesser sah das schon etwas bedrohlich aus. „Ja, sicher. Haben Sie vielen Danke.“ „Keine Ursache Sebastian. Sag mal wo steckt denn Zelos?“ Sie sah kurz von ihrer Tätigkeit auf. Es war bereits halb 12, das Mittagessen wäre eigentlich schon fast überfällig, doch sie bereiteten gerade einmal das Frühstück vor. „Master Zelos pflegt es lange zu schlafen.“ „Wann steht er denn auf?“ „So gegen 4 Uhr nachmittags.“ Sheena hätte sich fast in die Hand geschnitten. „Was?“ Sebastian zuckte nur nochmal mit den Schultern ehe er sich wieder seinem Teekessel zuwandte. Später setzte sich mit einer Tasse Tee und einem Toast an den Tisch und fing an gemütlich zu essen, während Sebastian die Küche aufräumte. Er hatte darauf bestanden und sie hatte nach langem Hin und Her zugestimmt, wenn auch widerwillig. Sie musste bei diesem Gedanken grinsen denn Sebastian konnte wirklich hartnäckig sein auch wenn man es ihm nicht zutraute. Nach einigen Stunden Faulenzen, stand sie schließlich auf, räumte ihre Sachen weg und ging sich umziehen. Als sie fertig war entschied sie sich ihre Weihnachtsbesorgungen zu erledigen. Mit einigen schnellen Handgriffen, hatte sie sich ihren dunkelroten Mantel angezogen und ihre schwarzen Handschuhe übergestreift. Mit einem Ruck machte sie die Tür auf und wurde auch gleich von der klirrenden Kälte willkommen geheißen. Schnell schloss sie die Tür wieder und stapfte durch den Schnee zu einem Geschäft. Sie wusste dass sie länger weg bleiben würde, wegen den Besorgungen und deshalb hatte sie einen Zettel dagelassen um Zelos zu informieren. Hoffentlich findet dieser Depp diesen Zettel überhaupt. Bei dem Gedanken, dass Zelos schlaftunkend den Zettel wegschmeißen könnte, musste sie grummeln aber trotzdem huschte ein Lächeln über ihre Lippen. Das würde zu ihm passen, mit diesem Gedanken ging sie weiter und erreichte auch gleich das Geschäft in dem sie wenige Minuten später verschwand. ******* Oh Mann, diesen alten Knacker bring ich um wenn ich ihn das nächste Mal sehe. Dieser Kerl hatte sie nicht nur fast mit seinen Augen ausgezogen, sondern auch noch so unverschämte Preise genannt, dass sie übel Lust verspürt hatte, ihn von Ifrit einäschern zu lassen. Schließlich hatte sie doch bezahlt und war schnell verschwunden. Was für ein überaus schöner Weihnachtseinkauf. Ja, das war Sarkasmus! Während sie durch den Schnee spazierte, hielt sie plötzlich inne. Hatte sie überhaupt alles? Sie stellte die Tasche neben sich und holte alles nochmal raus um es sich wieder ins Gedächtnis zu rufen. Für Raine eine antike Vase auf die sie sicher fliegen würde. Für Genis ein aktuelles Kochbuch, für Presea einen blaugrün schimmernden Schleifstein. Für Lloyd einen Bilderrahmen indem sie später ein Bild von der Truppe verewigen wollte. Da Colette ja total auf Hunde stand, hatte sie dem kleinen Engel eine Hundestatue besorgt und für Regal ein Notizheft mit einem handgefertigten Deckel aus Meltokio für das er als Präsident sicher Verwendung hatte. Falls Kratos kommen würde hatte sie ihm einen Gürtel aus dem Leder eines Flugdrachens gekauft und für Zelos einen schwarzen Mantel aus Flanoir. Im Großen und Ganzen war sie zufrieden mit ihren Geschenken. Mit einigen schnellen Handgriffen hatte sie alles wieder sorgfältig eingepackt und schlenderte durch die verschneiten Gassen Meltokios. Leise summend betrachtete sie die Häuser und die Menschen die an ihr vorbeigingen. Überall hingen Lichterketten und einige Mistelzweige. Bei diesem Anblick wurde sie etwas nachdenklich. Sollte sie einen holen gehen? Schließlich entschied sie sich später einen Abstecher in den Wald zu unternehmen und einen Zweig auf alte Manier holen zu gehen. Es war schon Nachmittag und morgen war Weihnachten. Sie mussten noch Plätzchen backen, einen Tannenbaum besorgen und die Einladungen verschicken. Es sollten nicht allzu viele Gäste kommen, hatte Zelos gestern noch betont aber bei ihm konnte man ja nie wissen. Seufzend schloss sie die Tür hinter sich. Die Weihnachtszeit war zwar schön aber an sich doch recht anstrengend. Sie war nur froh, dass sie nicht noch einmal so bald vor die Tür musste. Besonders jetzt wo es begonnen hatte dicke Schneeflocken vom Himmel zu fallen Sich die Haare aus dem Gesicht streichend stellte sie ihre Tasche ab und hing ihren Mantel auf. Schlussendlich verstaute sie ihre Geschenke in dem Schrank im Gästezimmer und ging schließlich wieder nach unten in die Küche wo sie auf Zelos traf. „Hey Zuckerschnäutzchen und war der Ausflug in die Stadt schön? Hast du mich nicht zu sehr vermisst?“ Sheena setzte sich müde auf einen Stuhl, nicht ehe sie sich noch eine Tasse Kaffee gemacht hatte. Sie war sogar zu erschöpft um ihn anzuschnauzen. „Sheena-Schatz? Was ist denn?“, fragte er sie nun wirklich etwas besorgt. Sie schüttelte den Kopf und ging ins Wohnzimmer um sich auf die Couch zu setzten. „Sheena? Hey ist was?“ Er ließ sich nicht abwimmeln und folgte ihr ins Wohnzimmer um sich neben sie auf die Couch zu setzen. Sheena war schon ein Dickkopf, besonders wenn es ihr schlecht ging musste sie immer die Starke spielen. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Du bist und bleibst ein Dickschädel Sheena! Übrigens ich habe eine Liste mit den Leuten gemacht, die ich einladen will.“ Er wedelte mit einem Stück Papier vor ihrer Nase um sie auf andere Gedanken zu bringen, was er auch schaffte. Im Nu hatte er ihr ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert. „Ist ja gut Mister Superschlau, gib her.“, lachte sie und entriss ihm das Blatt. Lloyd Colette Raine Genis Kratos Presea Regal Tabatha Altessa Dirk Yuan Seles Kuchinawa (nur wenn Sheena einverstanden ist) Wieso wollte er Kuchinawa einladen? Mal davon abgesehen, dass er sie bei ihrem letzten Treffen hatte umbringen wollen? Und was sollte dieser Satz in den Klammern hinter seinem Namen? Doch sie konnte ihn nichts mehr fragen, da Zelos schon wieder in der Küche verschwunden war. Nachdenklich musterte sie den Zettel in ihren Händen. Er schaffte es immer noch sie zu überraschen. Ein kleines Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie aufstand und ihm in die Küche folgte. „Zelos wir brauchen noch einen Baum. Du gehst ihn mit Hilfe von Sebastian holen. Ich schmücke währenddessen die Räume und schreibe die Einladungen. Alles klar?“, befahl sie den Beiden. „Sheena, hast du nichts dagegen, dass Kuchinawa kommt?“ Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Wenn du ihn irgendwie hierher bewegst ist er halt hier. Aber wenn er anfängt herumzumotzen, dann ist er schneller draußen als ihm lieb ist.“, knurrte sie. „Wo ist der Weihnachtsschmuck?“, fragte sie die Beiden, die schon im Begriff waren zu gehen. „In einer Schachtel auf dem Kaminsims ich wollte das eigentlich machen aber es ist schon in Ordnung, wir sind schon weg.“ Noch bevor sie verschwanden flüsterte Sheena dem Diener noch etwas zu, was ihn amüsiert lächeln ließ. Und schon waren beide draußen. „Na dann auf geht’s!“ ******* Stunden später funkelte das ganze Haus und überall leuchtete es weihnachtlich. Doch Sheena hatte noch keine Zeit das alles zu betrachten, denn sie war damit beschäftigt die Einladungen zu schreiben. Schlussendlich gab sie die Einladungen am Postamt ab. Als sie wieder ins Haus kam, standen dort ein großer, grüner Tannenbaum und ein keuchender Zelos. Sebastian war damit beschäftigt, den Tannenbaum zu stützen. „Zelos, du bist ihm ja gar keine Hilfe! Warte Sebastian ich helfe dir.“ Angesprochener Mann mit roter Mähne seufzte theatralisch. „Es ist keineswegs meine Schuld, dass ich kein Brocken wie Regal bin.“ Sheena schüttelte nur den Kopf. Mit der Hilfe von Sebastian steckten sie den Tannenbaum in einen Topf mit Wasser. „Danke Sheena.“, bedankte er sich und begab sich in die Küche um Wasser aufzusetzen. „Geht’s dir besser?“, fragte Zelos, als sein Diener außer Hörweite war. Sie sah den Rothaarigen verwirrt an. „Klar, ich habe die Einladungen schon verschickt und der Tannenbaumschmuck steht da! Komm wir fangen an.“ Sie wollte nicht mit ihm über ihr derzeitiges Gefühlschaos reden. Natürlich wusste sie, dass Zelos es nur gut meinte, aber so richtig wollte sie sich mit dem Gedanken, Kuchinawa bald wiederzusehen nicht anfreunden. Mit einigen schnellen Handgriffen hatten sie den Baum geschmückt. Dabei hatte der Rothaarige wirklich alles daran gesetzt sie bei guter Laune zu halten. Sie kannte den Grund. Sie beiden waren diejenigen die Weihnachten immer alleine feierten, ohne Verwandte und Familie. Sie wusste es und war ihm so dankbar, dass sie ihm, der sich in silbernem Lametta verheddert hatte, sogar einen Kuss auf die Wange drückte, nur um ihm zu zeigen: Ich bin hier. Du bist nicht alleine. Danke für alles. Kapitel 2: Heilig Abend ----------------------- Der warme Geruch von frischem Gebäck erfüllte den Raum und nur das Knistern des Kaminfeuers zerriss die angenehme Stille. Sheena hatte sich mit einem Buch, das sie sich aus Zelos Bibliothek geliehen hatte, auf das Sofa verzogen und war tief in das romantische Werk vertieft. Gab es etwas Besseres als eine Schnulze zu Weihnachten? Neben sich auf dem kleinen Wohnzimmertisch standen eine heiße Schokolade und ein Teller mit Keksen, die Sebastian ihr noch hingestellt hatte. Der Diener hatte sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, dass Sheena ihm beim Abwasch helfen wollte. Ein kleines Lächeln huschte über ihre Lippen bei dem Gedanken, wie Sebastian sogar Yggdrassil Angst eingejagt hätte. Die Vorstellung mit ihm im Rage-Zustand die Welt zu retten war mehr als nur lustig. Leise kichernd schloss sie das Buch und ließ ihren Blick verträumt auf dem bunt leuchtenden Weihnachtsbaum verweilen. Zum ersten Mal nach langer Zeit fühlte sie sich an diesem Festtag Zuhause und richtig wohl. Selbst Zelos war nicht so nervig wie sonst. Vielleicht lag es auch nur daran, dass er sich nicht die Chance auf ein Geschenk verderben wollte. Wer wusste das schon? Ich werde nie schlau aus dem Mann, dachte sie nur kopfschüttelnd. Ihr Blick glitt zu der kleinen Uhr auf dem Kaminsims. Es war fast schon gegen Mitternacht und eine gute Uhrzeit um zu Bett zu gehen. Sie würde den Schlaf brauchen um für den morgigen Tag fit zu sein. Ihre müden Glieder streckend, erhob sie sich aus dem kuscheligen Sofa, als zwei Hände sie von hinten wieder zurück in die Kissen drückten. „Was…?“ Alarmiert wollte sie sich losreißen, da erblickte sie das lange rote Haar. Damit war ja schon mal klar wer der Übeltäter war. „Zelos, was soll das werden wenn’s fertig ist?“, grummelte sie leicht genervt, als sie nach oben blickte und die funkelnden blauen Augen des Ex-Auserwählten schaute, der nach wie vor hinter dem Sofa stand. Er grinste nur und reichte ihr eine große Packung. Doch die Stille wehrte nicht lange. Als Sheena immer noch nicht wusste, ob sie das offensichtliche Geschenk (schön bunt verpackt mit einer weißen Schleife) annehmen oder ablehnen sollte, brach er endlich etwas ungeduldig sein Schweigen. Hatte er sich etwa extra für sie zurückgehalten? „Jetzt nimm es doch endlich, Sheena. Es beißt dich schon nicht.“ Bei seiner letzten Bemerkung hatte er einen bösen Blick seitens der Beschwörerin kassiert. Er hatte wirklich das Talent sie immer wieder aufs Neue zu reizen. „Du weißt schon, dass morgen erst Weihnachten ist, oder?“, fragte sie ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue. Zelos nickte nur, als er sich neben sie aufs Sofa setzte. „Natürlich. Aber morgen werde ich kaum Zeit haben dir dein Geschenk zu geben. Außerdem haben wir Heilig Abend.“ Als würde das als Erklärung reichen, deutete er ihr mit einer Handbewegung an, endlich das Geschenk zu öffnen. „Jaja, ist ja schon gut.“ Sich dem violetten Packet zuwendend, löste sie die Schleife und begann dann vorsichtig damit das Geschenkpapier zu lösen. Der Rothaarige schien fast als würde er auf glühenden Kohlen sitzen. Etwas verdächtig war das schon. Gnade ihm Gott wenn da jetzt eine Dummheit drin ist. Geschenk hin oder her. Endlich hatte sie das ganze Papier sorgfältig abgenommen und hob für ihn quälend langsam den Deckel der weißen Schachtel an. „Zelos… Nein… Das kann ich unmöglich annehmen... Das muss doch ein Vermögen gekostet haben!“ Völlig überfordert über die großzügige Geste des Mannes, wollte sie die Schachtel wieder schließen, da hatte er den Deckel einfach genommen und hinters Sofa geschmissen. „Papperlapapp. Ich habe nicht oft das Vergnügen Geschenke zu verteilen und ich glaube, dass selbst Sebastian so langsam die Schnauze voll von meinen vielen Geschenken hat.“ Es schien, als hätte Sebastian ihn einmal gründlich deswegen zurecht gewiesen. Auf jeden Fall würde es das breite Grinsen auf dem Gesicht des rothaarigen Mannes erklären. Sheena hatte ihm nur mit halbem Ohr zugehört. Ihre Augen klebten immer noch auf dem Inhalt der Schachtel. In dieser lag ein violettes Kleid und obwohl es recht einfach gehalten war, wusste sie, dass es teuer gewesen sein musste. Sie traute sich nicht einmal es anzufassen. Das nahm Zelos ihr auch sofort ab, als er sah, dass sie immer noch zögerte. Vorsichtig nahm er das Kleid aus der Schachtel und hielt es vor sie, damit sie es einmal in Augenschein nehmen konnte. Die junge Frau, die eigentlich sonst immer so schnell mit Worten bei der Hand war, war immer noch sprachlos und genau diese Tatsache ließ den Mann neben ihr lächeln. Das hatte er auch eigentlich erreichen wollen. Sheena streckte zögernd eine Hand nach dem hauchdünnen Kleidungsstück aus, als ihr klar wurde, wie nah er ihr auf einmal war. Fast glaubte sie seinen Atem auf ihrem Hals zu spüren. Augenblicklich richteten sich ihre Nackenhärchen auf. Eine Gänsehaut bildete sich auf ihrem Körper und sie versuchte krampfhaft die aufsteigende Röte zu unterdrücken. Dabei hatte sie sich immer noch nicht bei ihm für sein Geschenk bedankt. Ihren ganzen Mut zusammennehmend drehte sie sich langsam um, um in die strahlenden blauen Augen zu blicken, die nichts außer reiner Freude und vielleicht etwas Belustigung wiederspiegelten. Wer hatte schon das Glück eine sprachlose Sheena zu erleben? Kurz hielt sie inne. Vielleicht lag es an dem wenigen Licht des Kaminfeuers oder an dem wohligen Gefühl Zuhause zu sein. Doch sie kam nicht um den Gedanken, dass er sie gerade unheimlich anzog. Ich weiß ganz genau was die vielen Frauen an ihm finden. Vielleicht war ich bis eben nur zu blind oder habe es einfach ignoriert… Ihre Wangen erhitzen leicht bei ihren Gedanken und sie hätte sich am Liebsten einfach weggedreht um ihre Schwäche zu verbergen, doch letztendlich gab sie sich einen Ruck und schloss den verdutzten Mann mit einem warmen Lächeln einfach in die Arme. Kein Geschenk der Welt war besser, als seine Gesellschaft an diesem Festtag. Ihr Gesicht in seiner Halsbeuge vergrabend, versuchte sie ihr rotes Gesicht zu verstecken. Doch er hatte es trotz ihrer Anstrengung doch gesehen. Seine Verwirrung machte augenblicklich reiner Freude Platz. Zelos schloss die junge Frau in seine Arme und obwohl er sie gerne etwas aufgezogen hätte, hielt er ihretwillen den Mund. Leise hörte er ihr Flüstern und spürte wie ihr Atem seine Haut kitzelte. „Danke Zelos. Für alles.“ Hätte er seinen momentanen Gefühlszustand beschreiben müssen, er hätte auf hundert verschiedene Wörterbücher zurückgreifen müssen, da ihm in diesem Moment alle Worte fehlten. Es war als hätte man sein Gehirn leer gefegt und stattdessen blieb nur das warme Gefühl einem Menschen nahe zu sein, der einen schätzte und ihn so nahm wie er war. Langsam lehnte er sich mit ihr in den Armen im Sofa zurück und strich ihr fortwährend über ihr offenes Haar. Sheena legte ihren Kopf auf seine Brust und blickte nachdenklich zu dem farbig leuchtenden Tannenbaum. Niemand sagte etwas und beide lauschten nur dem Knistern des Feuers und dem Herzklopfen des anderen. Jede verstreichende Sekunde fühlte sich wie ein wunderschöner Moment an, den man einfangen musste, um ihn für immer zu behalten. Obwohl sie es beide nie offen zugegeben hätten, so war genau dieser Moment der Grund warum sie einander so mochten. So wie sie dort lagen, Sheena an ihn gekuschelt und Zelos mit seinem Arm um ihre Schulter, das waren sie. Die schüchterne und zerbrechliche Sheena und der ruhige und beschützende Zelos. Sie mussten sich nicht verstellen. Vielleicht war nun der Augenblick gekommen um endlich reinen Tisch zu machen? Ihren Kopf langsam von seiner Brust nehmend, blickte sie ihn verlegen an. „Zelos, ich…“ Da ging das Licht plötzlich an. Die Magie war gebrochen. „Master Zelos? Ich sollte die Gästezimmer ja… Oh es tut mir von Herzen Leid.“ Betretenes Schweigen war eingetreten und Sheena hatte sich augenblicklich mit hochrotem Kopf erhoben und verließ, die weiße Packung an ihre Brust gepresst, so schnell es ging das Wohnzimmer mit einem leisen „Gute Nacht.“ Zelos hatte sie festhalten wollen, entschied sich dann aber innerlich ohrfeigend dagegen. Wieso er sie nicht aufhalten konnte? Er war ein Feigling. Sich tief seufzend durch die rote Mähne streichend erhob er sich ebenfalls von dem gemütlichen Sofa. Sebastian sah aus, als hätte man vor seinen Augen einen Welpen überfahren. Ein leichtes Lächeln aufsetzend legte Zelos seinem alten Freund eine Hand auf die Schulter. „Es war nicht deine Schuld, Sebastian. Gute Nacht.“ Der Diener sah ihm nur kopfschüttelnd hinterher. Kapitel 3: Das Gerücht des Tages -------------------------------- Leises Klopfen weckte Sheena am nächsten Morgen. Einen müden Blick auf die im Raum hängende Uhr werfend, stellte sie fest, dass es 8 Uhr war. Ein weiteres Klopfen riss sie dann endgültig aus ihrer Traumwelt. Da schien wohl jemand nicht an seinem Leben zu hängen. Es gab 3 Dinge, die sie nicht ausstehen konnte. Erstens, die Aristokraten, Zweitens, einen überdrehten Zelos und Drittens, wenn man sie an ihrem freien Tag nicht ausschlafen ließ. Die junge Ninja hatte in ihrem Kopf bereits sämtliche A und B Pläne ausgearbeitet um die unglückliche Seele vor der Tür für seine Störung zu foltern, da drang die gedämpfte Stimme von Sebastian an ihre Ohren. „Miss Sheena? Ich wollte Sie daran erinnern, dass wir heute ein volles Haus haben werden und wir etwas in Verzug mit unseren Vorbereitungen sind.“ Damit waren jegliche Mordpläne und der Gedanke auf Schlaf mit einem Mal vertrieben. Sekundenschnell sprang sie aus dem Bett, stolperte dabei nicht sehr ninjahaft über einen Hocker, auf dem ihre Klamotten lagen und stieß mit ihrem Kopf gegen die Tür des Badezimmers. Natürlich hatte sie nicht aufgeschrien, das wäre nun wirklich eine Blamage gewesen, sie als Oberhaupt von Mizuho! Dennoch reichte der Krach um den Diener besorgt zu stimmen. „Miss Sheena? Ist alles in Ordnung? Brauchen Sie Hilfe?“ Innerlich fluchte sie lauthals über ihre Tollpatschigkeit. Der Tag fing ja gut an. „Nein, nein. Es ist alles in Ordnung! Ich komme sofort.“ Sheena hatte nicht auf seine Antwort gewartet, sondern war sofort im Bad verschwunden. Sie hatten noch ungefähr vier Stunden um zu kochen, zu backen und den Tisch zu decken. Da seine Hoheit, alias Zelos, es jedoch pflegte lange zu schlafen, würden sie und Sebastian wohl das meiste selbst machen müssen. Vielleicht ist das sogar besser. Mit ihm würden wir es nie rechtzeitig schaffen. Bis der seine Haare fertig hat, haben wir schon ein 3-Gänge Menü gekocht. Bei dem Gedanken musste sie leicht lächeln. Vorsichtig trat sie aus der Dusche und wickelte sich auch sofort in ein warmes Handtuch. Es roch nach ihm, wie alles in diesem Haus. Sich im Spiegel des Badezimmers betrachtend, fiel ihr auf wie sehr sie sich in seinem Heim schon Zuhause fühlte. Als hätte sie bereits Jahre hier gewohnt. Möglicherweise lag es auch nur daran, dass der Hausherr und sein Diener ihr so ans Herz gewachsen waren und das schon seit langem. Besonders Zelos. Als ihre Gedanken zum gestrigen Abend schweiften wurde sie leicht rot um die Nase und als müsse sie ihre Verlegenheit vor irgendjemandem verstecken, sah sie auf ihre Finger herab. Das nasse Haar hing ihr ins Gesicht und mit einer nervösen Handbewegung strich sie sich die nervigen Strähnen aus den Augen. Wenn doch nur alle Tage so sein würden wie dieser Abend. Sie hatte sich schon lange nicht mehr so wohl gefühlt und insgeheim hatte sie gehofft ihm endlich sagen zu können, dass sie wegen ihm hier war. Nicht wegen der Party. Nicht wegen ihren Freunden, obwohl sie sie alle mochte und gerne wiedersehen würde. Nur wegen ihm war sie hier. Bei dem Gedanken an seine warmen saphirblauen Augen, spürte sie wie ihr Magen einen leichten Sprung machte. Eine Gänsehaut hatte ihren Körper überzogen und sie wünschte sie wäre nicht gegangen, sondern wäre neben ihm eingeschlafen. Mit einem Seufzer strich sie sich abermals durch die nasse schwarze Mähne. Es war zum verrückt werden. Wieso suchte sie ständig seine Nähe? Noch bevor sie weiter in ihren Gedanken versinken konnte, hörte sie wie es vor den Fenstern laut wurde. Schrille Stimmen drangen gedämpft durch den Schnee und die verschlossenen Fenster an ihre Ohren. Um ihre Neugierde zu stillen, warf sie sich einen weißen Bademantel um, der höchstwahrscheinlich dem großen Auserwählten höchstpersönlich gehören musste. Wieder umgab sie sein Geruch und sie musste sich zurückhalten um nicht dauernd an dem Kleidungsstück zu schnuppern. Mit wenigen Handgriffen hatte sie das Fenster aufgemacht und wurde auch sofort von fallendem Schnee und einer klirrenden Kälte empfangen. Doch das war nicht mehr wichtig. Vor Zelos Villa standen wieder einmal sein kleiner Fanclub und schien auf etwas oder wohl eher auf jemanden zu warten. Wussten sie nicht, dass der Weiberheld erst um Nachmittag die Güte hatte andere Leute mit seiner Anwesenheit zu erfreuen und sie anzumachen? Das klang jetzt aber gar nicht eifersüchtig, Sheena, schalte sie sich selbst in Gedanken. Doch als sie gerade wieder das Fenster schließen wollte, hielt ein Schrei sie auf. Bitte, lass sie eine Schneeflocke entdeckt haben. Ungewollt war die Ninja zusammengezuckt. Als hätte man sie bei etwas Verbotenem erwischt. „Was macht DIE denn hier?“ Wäre ja auch zu schön gewesen. Laut aufseufzend blickte sie zu dem blonden Mädchen herunter, das sie mit so einer Wut ansah, die fast an Wahnsinn grenzte. Doch sie war nicht die Einzige. Auf einmal blickten vielleicht fünfundzwanzig Augenpaare zu ihr hoch und allen stand ihre Missbilligung deutlich im Gesicht geschrieben. „Was willst du?“, fragte die Ninja in einem reserviert kühlen Ton. Das schien die Stalker nur noch wütender zu machen. Anscheinend hatte sie gerade etwas sehr, sehr, sehr, sehr, sehr schlimmes getan. Was das sein sollte? Sie hatte keinen Plan. „Wie kannst du es wagen in seinem Haus zu sein?! Du hast da oben nichts zu suchen! Weder bist du hübsch noch reich. So ein armes Pack hat hier in Meltokio und besonders in diesem Haus nichts zu suchen!“ Ihre Stimme war zum Ende hin ziemlich schrill geworden. Sheena rollte nur genervt mit den Augen. Die hatten wirklich keine anderen Probleme, als ihr auf die Nerven zu gehen. Gerade wollte sie wieder die Fenster schließen, immerhin hatte sie keine Lust an Weihnachten jemandem wehtun zu müssen, da hielt sie inne. Anscheinend hatte da aber jemand andere Vorstellungen oder wohl eher den Wunsch nach einer gründlichen Tracht Prügel. „Du Mizuho-Hure!“ Ruckartig hielt Sheena in ihrem Vorhaben inne und versuchte sich zu beruhigen. Welches Recht hatten diese Stalker, diese hirnlosen Weiber, die ihren Körper und ihre Seele für Anerkennung verkaufen würden, sie eine Hure zu nennen?! Nur weil sie in Zelos Haus war? An dem Platz an dem sie gerne sein wollten? Das Fenster mit einem Ruck wieder aufgerissen und den Fuß auf dem Fensterbrett setzte sie zum Sprung an. Ihr war egal, dass sie nur einen Bademantel und ihre Unterwäsche darunter trug. Diese Frechheit würde Folgen mit sich bringen! Da riss eine starke Hand sie zurück und gegen einen warmen Körper. „Wa…?“ Hinter ihr stand niemand anderes als der rothaarige Casanova in Person. Sie wollte sich gerade von ihm entfernen, da zog er sie wieder an seinen warmen Körper, der nur mit einer weißen Hose bekleidet war. „Zelos was soll das?“, grummelte die Schwarzhaarige den Ex-Auserwählten an, doch dieser hatte seinen Blick auf die jungen Frauen vor seinem Haus gewidmet. Nun schienen nämlich auch diese verwirrt zu sein und brachten das natürlich auch sofort zum Ausdruck. „Master Zelos? Was hat das alles zu bedeuten?“ Sheena wollte ihr auch sofort antworten, wohl mehr mit Flüchen und Verwünschungen als mit klaren Antworten, da drückte Zelos sie noch näher an sich und grinste übers ganze Gesicht. „Nach was sieht es denn aus? Ihr habt uns geweckt und dann auch noch diese Beleidigungen.“, er fasste dabei die Blonde fest ins Auge, die zu weinen begonnen hatte. Sie war nicht die Einzige. Sheenas Gesichtsfarbe war indessen von Weiß in Rot gewechselt. „Heute ist Weihnachten und ich glaube, da gibt es bessere Orte für euch hübsche Damen, als vor meinem Haus. Ich möchte nicht noch einmal gestört werden wenn ich mit meiner Schönheit alleine bin, haben wir uns verstanden?!“ Wie auf Knopfdruck nickten alle und entfernten sich von seinem Grundstück, doch nicht ohne der Ninja noch einen bösen Blick zuzuwerfen. Damit waren sie mit Sicherheit das morgige Gesprächsthema in ganz Tethealla. Als niemand mehr zu sehen war, löste sie sich von dem immer noch grinsenden Mann. „Zelos, was sollte das verdammt nochmal? Wir stehen morgen sicher auf der Titelseite von Meltokios Extrablatt!“ Sie hätte ihm am liebsten das Grinsen vom Gesicht geschlagen, hielt sich aber zurück, als er das Fenster wieder schloss und seine Arme vor seiner nackten Brust verschränkte. „Wieso? Ich habe einen Konflikt friedlich gelöst, Sheena-Schatz und das noch bevor die dämonische Todesfee ihrem Leben ein grauenvolles Ende bereiten konnte. Ich denke, dass wir gerade Zeuge einer erfolgreichen Schlichtung seitens des großen Zelos geworden sind.“ „Und die Gerüchte? Halt, nein. Sag nichts. Ich will deine Ausreden gar nicht erst hören, denn du … HATSCHU.“ Das Niesen hatte ihrer Standpauke mit einem Schlag alle Wut und Ernsthaftigkeit genommen. Gerade als sie wieder ansetzen wollte, wurde alles rot. Zelos hatte sich ein Handtuch geschnappt und begann damit ihr Haar zu trocknen. Dabei hatte seine Stimme etwas Ermahnendes. „Du kannst doch nicht einfach mit nassen Haaren an einem offenen Fenster stehen Sheenalein. Noch dazu bei der Kälte!“ Viele Male versuchte die junge Frau ihn wegzuschieben, wurde aber immer wieder geschickt von dem Rothaarigen ignoriert, der sich viel Zeit nahm, ihre Haare zu trocknen. Nach einigen Minuten gab sie den Widerstand auf und ließ zu, dass er ihren Kopf massierte. Es war völlig still geworden. Niemand sagte etwas und doch war es kein unangenehmes Schweigen. Doch schließlich unterbrach die junge Frau die Stille. „Danke Zelos.“ „Wofür?“ Er schien überrascht. „Dafür, dass du mich aufgehalten hast einen Fehler zu begehen.“, flüsterte sie leise und innerlich war sie froh, dass das Handtuch ihr verlegenes Gesicht verdeckte. Es war so schon peinlich genug. „Kein Problem mein Hunny!“ „Zelos wie oft denn noch, ich bin nicht dein Hunny!“ Sie grummelte leise in ihren nicht vorhandenen Bart und hörte darum nicht sein nachdenkliches Flüstern. „Leider.“ ***************** „Meine gutgebaute Göttin, ich will dich wirklich nicht kränken, doch was soll das für ein … ähm … Gebräu sein?“, fragte Zelos die junge Frau, während er die dunkle Flüssigkeit misstrauisch über ihre Schulter hinweg musterte. Es sah nicht wirklich ungefährlich aus und er hoffte inständig, dass es sich bei der Farbe lediglich um einen Fehlgriff bei den Lebensmittelfarben gehandelt hatte. Ansonsten würde er gut daran tun, sein Testament noch einmal zu überdenken. „Was soll denn jetzt diese blöde Frage? Natürlich kann man das trinken! Das nennt sich Mizuho-Glühwein und ist bei uns ein absolutes Muss bei Weihnachten.“ Ihre Hände in die Hüfte stemmend fixierte sie den jungen Mann mit einem Blick der so viel aussagte wie: Wehe du hältst jetzt nicht die Klappe! Ihre Aura war um einiges dunkler geworden und jeder der noch bei gesundem Menschenverstand war, hätte Reißaus genommen. Aber Zelos wäre nun mal nicht er selbst, hätte er die Warnung nicht einfach gekonnt ignoriert. „Du zauberst eine heimische Spezialität nur für mich, meine Zuckerpuppe? Ich fühle mich geehrt!“ Sheena wollte gerade auf ihn losgehen, als Sebastian sich mit einem Räuspern im Türrahmen bemerkbar machte. „Entschuldigt bitte die Störung. Aber Miss Sheena? Ich bräuchte Hilfe bei den Plätzchen.“ Sie nickte mit einem herzlichen Lächeln. Die Ablenkung konnte sie gut gebrauchen. „Kein Problem Sebastian. Ich bin sofort bei dir.“ Der Diener nickte und beugte leicht sein Haupt, bevor er wieder in die Küche verschwand. Sheena wollte ihm gerade folgen, als sie von einer warmen Hand festgehalten wurde. Sie hatte kaum geblinzelt, da hatte er wieder seine Arme um sie gelegt und sie an sich gezogen, als wäre es das Normalste auf der Welt. Sie wollte ihn, rot geworden durch Scham und aufgekeimter Wut, von sich drücken, da legte er ihr einen behandschuhten Finger an die Lippen. „Könntest du mich nicht einmal so anlächeln?“ Seine Stimme klang ernst und nachdenklich. Meinte er das ernst? Ihr Herz pochte ihr schmerzhaft gegen ihre Rippen und sie war sich sicher, dass wenn er sie nicht festgehalten hätte, sie bestimmt in wenigen Sekunden zu seinen Füßen gelegen hätte. Doch er stützte sie und somit konnten ihre weiche Knie auch nicht nachgeben. Ihr Mund stand leicht offen, entweder weil sie ihn hatte anschreien wollen oder ihn fragen wollte, was das alles sollte. Doch für beides fehlten ihr die Worte. Seine Augen hatten sie in ihren Bann gezogen und sie fühlte sich mit einem Mal wieder wie ein kleines Mädchen. Sie drohte fast in den blauen Ozeanen zu ertrinken, als sie endlich ein leises, heiseres Krächzen zustande brachte. „Wieso..?“ Die wenigen Augenblicke, die verstrichen zogen sich hin wie Stunden. Sheena suchte in seinen Augen nach einem Grund für sein Handeln, denn zum ersten Mal nach langer Zeit hatte er kurzzeitig seine Maske abgelegt wie am vorigen Abend. Das war der Mann, den sie vor so langer Zeit kennengelernt hatte und der unersetzlich für sie geworden war. Auch wenn er sie aufs Übelste reizen konnte, verging kein Tag an dem sie sich nicht wünschte bei ihm zu sein. Er strich ihr mit seinem Daumen von der Stirn bis über die Nase zu ihren Lippen, an welchen er verweilte. Seine Lippen formten sich zu einem warmen Lächeln und sie konnte nicht anders, als es zu erwidern. „Weil ich es unglaublich l…“ „Miss Sheena? Wir haben nur noch 2 Stunden!“ Damit war der Zauber gebrochen und als hätte man sie auseinander gerissen, entfernte sie sich schnell von ihm. Doch sie blieb noch einmal im Türrahmen stehen und schaute zurück zu ihm, wie er sich seufzend durch die rote Mähne strich. „Zelos?“ „Hm?“, fragte er überrascht, dass sie immer noch nicht gegangen war. Noch bevor sie zu dem, nun bereits hysterisch gewordenen Diener eilte, schenkte sie Zelos eins ihrer schönsten Lächeln. Kapitel 4: Chaos ---------------- Das Ticken der Uhr hatte bis vor kurzem noch etwas Gemütliches, doch unter Zeitdruck änderte sich dieses Bild. Sheena, Zelos und Sebastian arbeiteten so schnell es ging. Sie wären wahrscheinlich auch schon fertig wenn sie Zelos nicht aufgetragen hätten auf die Plätzchen aufzupassen. Das hatte der Rothaarige nämlich binnen Sekunden vergessen und stattdessen von seinen Heldentaten geprahlt, die wenigstens zu 98, 56 % erstunken und erlogen gewesen waren. Davon mal abgesehen waren durch seine Unachtsamkeit 240 Kekse verbrannt und kaum mehr als dunkle Aschehäufchen gewesen. Sie verloren eine weitere halbe Stunde in der Sheena versuchte Zelos zu fassen zu kriegen um ihn vor der Tür im Schnee abzusetzen. Dabei hatte Zelos Sebastian angerempelt, der dabei war einen weiteren Teig anzurühren. Diese Schüssel segelte zu Boden und man konnte in Ozette zu diesem Zeitpunkt das Schreien eines sterbenden Mannes hören. Nachdem besagter Rothaariger zum Schneeschaufeln verdonnert wurde, konnten die anderen beiden endlich die Vorbereitungen abschließen. Sheena ließ sich schweratmend auf das Sofa sinken und schaffte nur noch ein kleines dankbares Lächeln für Sebastian, der ihr einen Tee brachte. Sie fühlte sich, als wenn sie einen überaus schweren Kampf hinter sich hätte. Dabei waren es nur Plätzchen, Glühwein und ein Zwei-Gänge-Menü gewesen. Die Augen schließend lehnte sie sich zurück. Sie hatte nur noch eine Dreiviertelstunde bis ihre Freunde eintrudeln würden. Sie musste sich noch duschen und umziehen. Bei dem Gedanken an das Wahnsinnskleid, das Zelos ihr geschenkt hatte, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Es war wirklich wunderschön und obwohl sie nun wirklich kein großer Freund von teuren Geschenken war, musste sie zugeben, dass es ihr unglaublich gut gefiel. Sie hätte noch eine ganze Weile so daliegen können, hätte ein Rufen von draußen sie nicht aus ihrer wohligen Trance gerissen. Seufzend erhob sie sich, als sie merkte, dass Sebastian nicht zur Tür gehen würde. Wahrscheinlich war er dabei, das Schlachtfeld aufzuräumen. Dieser Depp wird mir draußen sicher nur einen Schneeengel zeigen oder wie gut er seinen Namen in den Schnee pinkeln kann…. „Sebastian, ich geh schon zur Tür!“ Sie streifte sich ihren Mantel über, während sie die Tür genervt öffnete, da wurde sie auch schon herzlich von einem Schneeball begrüßt. „Ich bring ihn um…“, knurrte die nun wieder topfitte Ninja bedrohlich, ehe sie sich nach draußen in die eisige Kälte stürzte um den rothaarigen Übeltäter einzuseifen. Alle Müdigkeit und Bedenken wegen der Kälte waren vergessen, es zählte nur noch diesen Kerl zu erwischen damit sie sich an ihm rächen konnte. „Sheena-Schatz, der hätte dich nicht treffen sollen! So glaub mir doch!“ So schnell ihn seine Beine trugen rannte er durch die Straßen von Meltokio. Vorbei an den schnatternden Groupies, die mehr als nur verwundert durch diese Szene waren. Doch Zelos hatte keine Zeit für Erklärungen, sein Leben stand hier auf dem Spiel und egal wie gerne er Sheena aufzog, so wusste auch er wann das Spiel zu Ende war und ihrem tödlichen Ausdruck auf dem Gesicht zu urteilen hatte er wohl etwas übertrieben. Die Betonung lag auf ‚etwas‘. „Sheenalein, ich bitte dich, verschone mein Leben!“ „Das hättest du dir überlegen sollen, als du noch Gelegenheit dazu hattest! Ich krieg dich ja doch und dann wisch ich mit dir den Boden!“ „Um Himmels Willen dann verschon nur mein Gesicht! An was könntest du dich sonst erfreuen wenn ich völlig entstellt bin?“ „Zelos!“ Ohne es bemerkt zu haben, waren sie an einem Weihnachtsmarkt angekommen, woraufhin Zelos sofort ruckartig stehen blieb. Sheena, die das nicht hatte kommen sehen, segelte frontal gegen seinen Rücken. Keuchend packte sie ihn am Kragen, damit er seine Augen von dem Markt nahm. Sie war immer noch fuchsteufelswild und zitterte vor Wut, als sie plötzlich etwas bemerkte. Etwas war anders an ihm. Er versuchte sein Gesicht so zu halten, damit niemand ihn erkannte. (Obwohl allein seine Haare reichten um ihn zu verraten.) Dieser Mann, der nichts tat um diskret zu sein, der vor Selbstverliebtheit nur so strotzte und die Öffentlichkeit so sehr suchte wie eine Motte das Licht, wollte nicht erkannt werden. Ihre Augen weiteten sich bei dieser Erkenntnis. Wie verpufft war ihre Wut mit einem Mal und sie ließ seinen Kragen langsam los. „Zelos, was..?“ Er antwortete nicht sondern stülpte sich seine Kapuze über, doch es hatten bereits einige Leute ihn erkannt. Binnen Sekunden begann es in jeder Ecke zu tuscheln und Sheena spürte wie auf einmal jede Menge Augenpaare auf ihnen lagen. Der Weihnachtsmarkt wirkte mit jeder verstreichenden Sekunde immer weniger einladend auf die junge Frau, was womöglich auch an der angespannten Stille lag, die sich ausgebreitet hatte und schwer auf ihnen lastete. „Sheena-Schatz, lass uns gehen.“ Er schenkte ihr ein aufgesetztes Lächeln, vielleicht damit sie sich keine Sorgen machte. Dafür war es aber bereits zu spät. Zelos machte auf dem Absatz kehrt um wieder zurück zur Villa zu gehen. Sein Haupt hielt er jedoch nicht gesenkt sondern aufrecht. Er wollte nicht aussehen wie ein geprügelter Hund, immerhin war er Teil der Gruppe gewesen, die die Welten gerettet hatte. Sheena blickte ihm verwirrt nach. Diese Seite kannte sie nicht von ihm. Sie hatte zwar gehört, dass das Volk Probleme mit seinem Heldenstatus hatte, aber dass es sich so entwickelt hatte, hatte sie nicht geahnt. Dieser Mann hatte für diese Menschen sein Leben gegeben und sich für die Vereinigung der Welten eingesetzt. Woher nahmen sich diese Leute das Recht über ihn zu urteilen? Wieso behandelte man ihn wie einen Ausgestoßenen? Aber was noch schlimmer war, wieso hatte er ihr nichts davon erzählt? Sie blickte ihm nach wie er den Platz verließ. Der kalte Wind zerrte an seinem Mantel und wie er so im fallenden Schnee ging, konnte sie nichts gegen das beißende Gefühl in ihrem Inneren tun. Sie war kein Mensch der Worte. Sie war ein Mensch der Taten. Ohne noch weiter nachzudenken lief sie hinter Zelos her um ihn am Arm zu packen, damit er stehen blieb. „Sheena?“, fragte Zelos überrumpelt, doch sie gab ihm keine Zeit für weitere Fragen. Ein weiteres Raunen ging durch die Menge, aber es interessierte sie nicht. Sie nahm seine Hand und verhakte ihre Finger miteinander. Mit einem aufmunternden Lächeln zog sie ihn hinter sich her. Dieser Mann hatte sein Leben für sie alle riskiert und obwohl sie wusste, dass man sich jetzt das Maul über sie zerreißen würde, so wusste sie, dass es nicht bei diesem einen Gerücht bleiben würde. Das würde es nie wenn man mit diesem Mann unterwegs war. Doch sie wusste, dass sie das Richtige getan hatte. Sein aufrichtiges Lächeln war es wert gewesen. ***************** Im Kamin prasselte ein großes Feuer, das ausreichend Wärme spendete und die Wohnung äußerst gemütlich wirken ließ. Leise Jazzmusik war im Hintergrund zu hören und es duftete bereits herrlich nach Essen. Alles war fertig für das Fest. Sheena stand etwas hibbelig neben dem Weihnachtsbaum mit einem Glas Sekt in der Hand und musterte nun bereits zum x-ten Mal ihr neues Kleid. Wie hat dieser Kerl nur so ein tolles Kleid aussuchen können mit meinen Maßen und all… Nein, ich will es vielleicht doch nicht wissen. Bei dem Gedanken wie er mit einer Verkäuferin geflirtet haben könnte, wurde ihr schlecht. Aber so war es doch die ganze Zeit. Zelos konnte sagen was er wollte, er gehörte der ganzen Welt und ihn zu teilen, dafür war sie nicht der Typ. Der Grund für ihre Grübelei betrat das Wohnzimmer in einem geschmackvollen schwarzen Anzug mit weißem Hemd. Er hatte seine langen Haare offen und trug sein weißes Stirnband nicht. Sie konnte nicht lügen, er sah wirklich umwerfend aus und er wusste es auch. Wieso sonst dieses dumme Grinsen auf den Lippen? Sie schüttelte nur den Kopf mit einem leichten Lächeln. Er würde sich doch nie ändern. Aber was hatte sie auch erwartet? Sie nippte an ihrem Glas, als Sebastian zu ihnen trat und Zelos ebenfalls ein Glas Sekt brachte bevor er wieder in der Küche verschwand. Beide standen nun stumm vor dem Weihnachtsbaum. Sie nippte hin und wieder an ihrem Sekt während er den Baum eingehend musterte, als würde er angestrengt über etwas nachdenken. Doch im Grunde wollte sie, dass diese Stille anhalten würde. Sie mochte seine Nähe, wenn er einfach nur still war und sie ihn nicht für irgendwelche Dummheiten foltern wollte. Ihre Augen schließend stand sie so neben ihm und absorbierte dieses Gefühl nicht alleine zu sein. Es war großartig, doch nicht von langer Dauer. „Sheena?“ Kein Kosename? Kein Hunny, kein Mäuschen und kein Liebes? Sie öffnete die Augen und sah zu ihm. Er wirkte auf einmal ernst. Am Rande bemerkte sie wie er sein Glas auf den Kaminsims stellte. Sie konnte ihren Blick aber nicht von seinem Gesicht nehmen. Etwas war sehr seltsam und sie spürte wie die Nervosität in ihr hochkroch. „Ich wollte etwas mit dir besprechen so lange unsere Freunde noch nicht da sind..“ Er brach ab, als würde er nach den richtigen Worten suchen. Sheena hätte fast ihr Glas zerdrückt, so angespannt war sie mit einem Mal und doch konnte sie nicht wegsehen. Seine Augen zeigten auf einmal so viele neue Emotionen, die sie sonst nur eher selten zu Gesicht bekam. Es verwirrte sie auf eine sehr seltsame Art und Weise. Sie stockte. So bekam ihn sonst niemand zu sehen. Diese Erkenntnis ließ sie einen Schritt auf ihn zu machen und das Glas wegstellen. Es war leer. So zeigte er sich nur ihr. Einen weiteren Schritt. Niemand hatte ihn so gesehen. Letzter Schritt. Sie standen einander nun so nah, dass sie jede einzelne seiner Wimpern hätte zählen können. Er war mittlerweile verstummt, was wohl vermutlich an ihrem Verhalten lag. Seine Augen leuchteten fragend im Schatten seiner roten Mähne. Sein Name ging ihr flüsternd von den Lippen und sie hatte die Hand nach seinem Gesicht ausgestreckt. Zelos stand völlig bewegungslos vor ihr und starrte sie nur nachdenklich an, als würde er auf etwas warten. Plötzlich war da diese Anspannung und sie glaubte kaum noch genug Luft zu kommen, so sehr hatten seine Augen sie in seinen Bann gezogen. Das Klingeln der Vordertür ließ sie aufschrecken. Die Magie war wieder einmal gebrochen. Sheena brachte sogleich einen großen Abstand zwischen sie beide bevor sie zur Vordertür eilte. „Sheena, jetzt warte doch!“ Aber Angesprochene hörte nicht auf ihn. Zelos konnte ihr nur hinterher blicken. Er hörte noch wie sie Colette überschwänglich begrüßte ehe er sein Sektglas mit einem Schluck leerte und ihr zu den Gästen folgte. ***************** Nach und nach trudelten die vereinzelten Gäste ein und mit im Gepäck hatte jeder seine verschiedenen Geschenke, die auch sofort unter dem Weihnachtsbaum aufgestapelt wurden. Besonders Genis, Lloyd und Colette fanden viel Spaß daran zu überlegen was in den jeweiligen Päckchen drin sein könnte. Sheena hatte dafür wenig Zeit, denn obwohl Sebastian ihr tüchtig half, hatte sie immer noch eine Menge Arbeit mit dem Catering und dem Essen zu tun. Raine hatte ihr angeboten zu helfen, woraufhin alle Anwesenden auf einen Schlag kreidebleich geworden waren und sofort versucht hatten die Lehrerin mit irgendetwas abzulenken. Pech nur für Lloyd, dass das neue Thema seine Noten waren. Um das Ganze noch schöner für den jungen Mann zu gestalten waren seine beiden Väter auch noch anwesend und redeten ihm, mit tatkräftiger Unterstützung von Raine, eindringlich ins Gewissen. Sheena musste ein Grinsen unterdrücken und gerade als sie dabei war wieder in die Küche zugehen wurde sie von Yuan und Regal abgefangen. „Sheena, lass uns dir zur Hand gehen. Ich kann auch für einen Moment in der Küche stehen. Du wirst es vielleicht nicht für möglich halten, aber jetzt mit zwei freien Händen, bin ich noch um einiges nützlicher.“ „Ich kann‘s mir vorstellen.“, grinste Sheena und reichte ihm ihre Schürze, die sie bisher dauernd getragen hatte um ihr Kleid zu schonen. Beide Männer musterten die junge Frau anerkennend. Sie war eine wirkliche Schönheit. Yuan umrundete sie einmal ehe er neben Regal trat und schelmisch grinste. „War es Absicht sich so hinter der Schürze zu verstecken? Immerhin entgeht einem da ja etwas Bildschönes.“ Regal nickte zustimmend, doch Sheena verschränkte nur die Arme vor der Brust um gespielt beleidigt zu wirken. „Ich glaube ihr habt schon zu tief ins Glas geschaut.“ „Der Anblick ist dennoch überwältigend, Frau Fujibayashi.“, sagte Yuan und verbeugte sich vor ihr nachdem er ihr einen leichten Kuss auf den Handrücken gegeben hatte. Regal konnte nur über seinen Kollegen lachen. Sheena wusste, dass er sie nur hochnehmen wollte, aber sie konnte nichts an der Röte in ihrem Gesicht ändern. Es war schön einmal so behandelt zu werden. Es lenkte sie ab von bestimmten Dingen und eins davon hatte rote Haare. „Ich wusste doch, dass es ihr gut stehen würde.“ Sie spürte wie jemand einen Arm von hinten um sie legte. War ja klar, dass er seinen Pfeffer dazugeben wollte. Sie hätte ihn sonst immer von sich gestoßen aber heute nicht. Vielleicht, weil es ihr einfach gefiel. Zelos hatte etwas Beschützendes an sich, wie er sie so an sich zog. Yuan ließ sich aber wenig davon beeindrucken und wenn überhaupt wurde sein Grinsen noch breiter. „Zelos scheint sich ja gut mit Frauenkleidern auszukennen.“ Altessa und Dirk, die unweit von ihnen entfernt saßen, brachen daraufhin in schallendes Gelächter aus und sogar Sheena konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Zelos, dessen Ego ziemlich angekratzt war, stürzte sich sogleich auf Yuan, wobei beide in die Küche fielen. Man hörte das Scheppern einiger Pfannen und Töpfe bevor Regal beide mit einem überaus bösen Ausdruck im Gesicht hochkantig aus der Küche schmiss. Das wollte schon was heißen. Sheena, die nun endlich wieder etwas Zeit hatte, nahm sich sofort ein Glas Sekt und ließ sich auf einem Sofa nieder. Völlig in Gedanken versunken bemerkte sie die Präsenz einer Person neben sich erst, als diese neben ihr Platz nahm. Es war Kratos. „Man hat alle Hände voll zu tun mit dieser Bande, stimmt’s?“ Sie staunte nicht schlecht, als sie ihn in schwarzer Hose und blauem Hemd erkannte. Er hatte sich ordentlich in Schale geschmissen. „Das kannst du aber laut sagen. Wie der reinste Kindergarten, wobei die Ältesten dabei noch diejenigen sind, die am schlimmsten sind.“ Sie deutete kopfschüttelnd mit einer Handbewegung auf Zelos und Yuan, die immer noch heftig diskutierten ob Zelos Frauenkleider trug oder nicht. Kratos schmunzelte nur, während er an seinem Rotwein nippte. Beide schauten dem Trubel stumm zu, wobei Sheena jedoch dauernd dem Mann mit den roten Haaren mit ihrem Blick folgte. Sie massierte sich die Schläfe. Wieso gerade so ein Schwachkopf? Als jemand ihren Namen rief, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Kratos hatte sie gerufen. „Sheena? Ich wollte mich für die Einladung bedanken.“ Sie winkte sofort nervös ab. „Das musst du doch nicht. Ich.. wir machen das doch gerne.“, lächelte sie verlegen. Hatte sie gerade wir gesagt? Natürlich. Es war ja immerhin Zelos Haus und sie hatten das beide zusammen geplant. Zelos. Wieder war er in ihrem Kopf. Kratos blickte an ihr vorbei zu dem rothaarigen Mann, der gerade dabei war Yuan eine Schleife umbinden zu wollen und dabei Unterstützung von Lloyd und Genis bekam. Sein Blick streifte die gesamten Gäste und nahm einen warmen Glanz an. Sie saßen eine Weile stumm nebeneinander, den Gesprächen der Menschen und der leisen Hintergrundmusik lauschend, bis er die angenehme Stille mit seiner ruhigen Stimme brach. „Das Gefühl von Familie oder Nähe ist unbezahlbar. Man sollte jede Chance nutzen um es festzuhalten. Zu schnell sind solche Momente vorbei.“ Es ging ihm hier vielleicht darum Zeit mit seinem Sohn zu verbringen oder vielleicht an etwas anderem, das Sheena jedoch nicht deuten konnte, aber sie wollte nicht nachfragen. Es war schon seltsam genug, dass Kratos mit ihr ein Gespräch anfing und sich bedankte. Es war eine positive Überraschung, dass dieser Mann auch offen aussprach was er dachte. Ihre Lippen zierte ein herzhaftes Grinsen. „Cheers?“ Sie hielt ihm ihr Glas hin, woraufhin er mit einem kleinen Lächeln sein Glas an ihres stieß. „Cheers.“ ***************** Das Essen verlief weitgehend problemlos. Naja, so problemlos wie es mit dieser Bande möglich war. Genis und Lloyd hatten ordentlich Spaß sich mit Erbsen zu bewerfen, wobei einige der grünen Gemüsekügelchen in Colettes Haaren hängen blieben, die darüber aber nur herzhaft kichern musste. „Habt ihr keine Manieren? Schluss jetzt mit dem Unsinn!“ Nachdem Raine den beiden eine Kopfnuss verpasst hatte, waren sie wieder etwas zivilisierter, obwohl man auch nicht gerade von Raine behaupten konnte, das beste Beispiel zu sein. Sie hatte ihr Essen ‚verfeinern‘ wollen und ohne jetzt zu übertreiben, konnte niemand abstreiten, dass sich ihr Essenshaufen äußerst lebendig verhielt und sich sogar zu bewegen begann. „Raine? Ich weiß nicht warum aber ich habe das dumpfe Gefühl, dass dein Kartoffelpüree mich anschaut.“, flüsterte Regal besorgt. „Papperlapapp. Ich hab es nur etwas anders gewürzt. Fühl dich bitte nicht so schlecht, dass du nicht selbst auf so eine grandiose Idee gekommen bist.“, sagte sie während sie ihn aufmunternd auf die Schulter klopfte. Niemand hätte erwartet, dass dieses Püree sie hätte eingreifen können und dementsprechend waren alle sprachlos, als besagtes Püree auf Raine losging. „Stone blast!“ Genis hatte sogleich einen Zauberspruch aufgesagt um das Vieh zu erledigen, als Presea ihm zuvorkam und die Kreatur samt Geschirr und Tisch mit ihrer Axt durchschlug. Dabei segelte die zum Glück etwas abgekühlte Suppe auf Tabathas Schoß, Kratos bekam ein Stück Truthahn gegen den Kopf und Seles konnte sich gerade noch vor einer Portion Fritten in Sicherheit bringen. Eine unangenehme Stille breitete sich aus und man hörte nur noch die weihnachtliche Musik um Hintergrund spielen, als Zelos lauthals zu lachen anfing, obwohl er nun einen neuen Tisch bezahlen konnte. „Ich wusste gar nicht, dass man so schnell abräumen kann. Presea-chan du überraschst einen immer wieder!“ Daraufhin stürzte sich der eifersüchtige Genis auf den Rothaarigen, woraufhin ein weiteres Chaos losbrach. Sheena und Sebastian, die im Grunde viel Zeit in das Essen gesteckt hatten, kamen auch nicht um ein Grinsen. Zum Glück hatten sie zum größten Teil schon zu Ende gegessen. Regal, Dirk und Colette begannen das Chaos zu beseitigen, während Zelos, Yuan und Kratos einen neuen Tisch herbeischafften. Also ein ganz normaler Tag mit den Helden der Welterneuerung. ***************** Sachte fiel der neue Schnee auf die Erde. Es war nicht mehr so windig wie am Vormittag aber immer noch eiskalt. Sheena wickelte sich ihren dicken Schal um den Hals und den Mantel enger um ihren Körper. Sie hatte einmal nach draußen müssen. Drinnen war es neben chaotisch nämlich auch sehr warm geworden und mit den vielen Gläsern Sekt, die sie schon getrunken hatte, war ihr einmal schwindelig geworden. Trotzdem fand sie den Abend sehr gelungen und sie war glücklich. Definitiv besser, als alleine in Mizuho zu sitzen und dort zu feiern. Es war eine gute Entscheidung gewesen hierherzukommen. Seufzend lehnte sie sich an die Hauswand und starrte in den Himmel. Ihr Atem wurde sichtbar durch die Kälte und sie blickte den kleinen Atemwölkchen nachdenklich hinterher. Sie wollte im Grunde nicht lange hier stehen, denn als Gastgeberin hatte man nicht zu fehlen aber woher hätte sie auch ahnen sollen, dass sie Gesellschaft bekommen würde? Die Tür öffnete sich neben ihr und heraus trat Zelos in seinem dicken schwarzen Mantel und Wollschal um den Hals. Er blickte sich um und seine Züge verloren etwas an Anspannung, als er sie entdeckte. „Willst du mir sagen, warum du lieber hier in der Eiseskälte stehst anstatt mit uns zu feiern? Die wollen die Geschenke so langsam öffnen und nicht ohne dich anfangen.“, meinte er während er sich neben sie an die Hauswand lehnte und sie fragend anblickte. „Hast du mich etwa vermisst?“, grinste sie. Das war im Grunde seine Rolle, aber nach den vielen Gläsern Sekt wusste sie nicht mehr wo ihr der Kopf stand. Sie wollte einmal nicht so verkrampft und schüchtern sein. Schuld war Kratos mit seinen vielen Trinksprüchen. Der Mann hatte so viel Wein gekippt und trotzdem nicht einmal gestottert oder sich versprochen. Zelos Gesicht zierte ein breites Grinsen. „Du kennst die Antwort auf diese Frage.“, lachte er. Er hatte sie noch nie flirten gesehen und er musste sich eingestehen, dass sie etwas eingerostet war. Es machte es aber nicht weniger interessant. „Stimmt.“, murmelte sie mit einem breiten Lächeln. Wieso konnte nicht jeder Tag so unbeschwert und angenehm wie dieser sein? „Wie viele Gläser Sekt?“ Sie guckte schelmisch zu ihm hoch. „3 oder 4. Können aber auch 6 gewesen sein.“, kicherte sie was ihn die Augenbrauen heben ließ. 6 Gläser? Alle Achtung. Er legte einen Arm um ihre Schultern was sie widerstandslos mit sich machen ließ. Sanft geleitete er sie wieder zurück zur Tür und aus diesem elenden Wetter. Er hasste den Schnee. Sheena war jedoch nicht völlig betrunken, nur etwas beschwipst. Sie lehnte sich an ihn um ihn zu stoppen. „Sheena, wir sollten wirklich wieder zurück zu den Anderen. Du willst doch nicht, dass sie sich die schlimmsten Dinge ausmalen.“ Sie lächelte nur und schaute in den Himmel. Im fahlen Schein der Straßenlaterne leuchteten die Schneeflocken golden. Unbewusst griff sie nach seiner Hand und umschloss seine Finger mit ihren. Sie wusste, dass er den Schnee hasste. Sie wusste, dass er ihn an viele schlimme Dinge erinnerte. Doch sie wollte nicht, dass das so bleiben würde. Er hatte ihr damals geholfen, als Corinne gestorben war. Er hatte nicht aufgehört sie wieder ins Licht zu ziehen. Dafür war sie ihm dankbar. Sie stellte sich auf die Zehenspitze und flüsterte ihm etwas ins Ohr. „Ich bin froh, dass es dich gibt, Zelos.“ Er war sprachlos und wollte etwas sagen, irgendetwas, aber jemand kam ihm zuvor. „Sheena!“ Angesprochene drehte sich hastig um, bereit sofort einen ihrer Elementargeister zu beschwören, als sie Kuchinawa erkannte. Es war mit einem Mal um einiges kälter geworden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)