Der Drachenkrieg von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 10: Der heimtückische Mord ---------------------------------- An den Webmaster: Ich möchte diese Fanfic unter dem Pseudonym "El Jugador" veröffentlichen. Danke. Es wird echt immer schwieriger, an nur zwei Tagen so viel zu schreiben. Ich werde auch weiterhin versuchen, am Wochenende immer ein neues Kapitel hier reinzustellen, aber es kann sein, dass ich auch mal nicht fertig werde. Gut, des weiteren danke ich allen, die mir bis jetzt treu sind und hoffe, dass die Geschichte immer noch spannend ist. Reviews sind natürlich erwünscht. Dass Escaflowne nicht mir gehört, weiß man ja inzwischen. Der Drachenkrieg Folge 10 - Der heimtückische Mord Ist es nur ein Traum oder ist es Wirklichkeit? Während ich über Vans seltsames Verhalten nachdenke, habe ich eine Vision, in der der tote Kaiser Dornkirk mir prophezeit, dass nur ich die Menschen auf Gaia retten kann, wenn ich Van vertraue. Als ich allerdings mit Farnelias König reden will, endet das in einem Streit. Mittlerweile sind Millerna und Dryden eingetroffen und gemeinsam mit den anderen finden sie heraus, dass die geheimnisvolle Armee aus Drachen bestehen muss. Van will dem Katzenmann um jeden Preis Informationen entlocken, aber Merle verhilft diesem zur Flucht. Van, der sich nun von allen verraten glaubt, verbannt Merle daraufhin aus Farnelia... Hitomi lag teilnahmslos im Bett und dachte darüber nach, was aus ihrem und Vans Gespräch geworden war. Wieso lief in letzter Zeit nur alles schief? Ein Teil der Wut brodelte zwar immer noch in mir, aber der größte Teil ihres Ichs hatte inzwischen eingesehen, wie dumm sie sich benommen hatte. Sie hatte Dornkirks Rat beherzigen und sich mit ihm versöhnen wollen und was war herausgekommen? Jetzt waren sie endgültig zerstritten. Hitomi hoffte, dass das alles nur ein böser Traum war. Als die Tür aufgestoßen wurde, ruckte ihr Kopf herum. Sie wollte den unerwünschten Besucher gerade anschreien, er solle sich zum Mond, welchem, war ihr egal, scheren, als sie erkannte, wer da in welchem Zustand hereingekommen war. Im Nu war sie wieder hellwach. "Merle!", rief sie überrascht. "Was ist denn passiert?" Das Katzenmädchen zitterte am ganzen Leib und ihr Gesicht war tränennass. Es stand einfach da und starrte Hitomi an wie ein verwundetes Reh. Hitomi war entsetzt. Was war Merle zugestoßen? In diesem Moment stieß diese einen klagenden Laut aus und warf sich in Hitomis Arme. Innerhalb von Sekunden wurde das Bruststück ihres Pullovers tränennass. Hitomi wusste nichts, was sie hätte tun können, außer das Katzenmädchen beruhigend zu halten und ihr Haar zu streicheln. "Hitomi", schluchzte Merle völlig aufgelöst. "Hi-Hitomi, er hat... er hat mich..." "Merle, ich verstehe nichts von dem, was du sagst", sagte Hitomi so sanft wie möglich. "Reiß dich zusammen und erzähl mir, was passiert ist." Das Katzenmädchen schluckte einmal und kuschelte sich fest an Hitomi. Dieser war das ein wenig unangenehm, schließlich war Merle nur zwei Jahre jünger als sie. Aber momentan erschien ihr ihre Freundin eher wie ein hilfloses Kind, denn wie die junge Frau, die sie war. Schließlich fand Merle unter vielen Tränen ihre Sprache wieder. "Hitomi... Van hat mich... aus Farnelia verbannt", verkündete Merle und gleich darauf brach eine weitere Wasserflut über Hitomi herein. "WAS?" Hitomi war schockiert. "Wieso hat er das getan?" Sie fragte nicht, ob das wahr war, denn ein einziger Blick in das Gesicht des sonst so lebensfrohen Mädchens hätte jedes Leid der Welt bestätigt. "Weil ich... weil ich Llorin freigelassen habe", wimmerte Merle und umklammerte Hitomi wie eine Ertrinkende. "Ich musste es tun, Hitomi. Van... hätte ihn gefoltert. Ich konnte ihn... nicht sterben lassen." "Schhhhh", machte Hitomi und fuhr damit fort, das Katzenmädchen beruhigend zu streicheln, obwohl sie langsam so nass wie nach einem Bad war. "Merle, beruhige dich doch. Bestimmt hat er das nicht so gemeint." Aber die Erinnerung an seine Augen überzeugte sie vom Gegenteil. "Doch, doch." Merle schniefte. Ihr schienen langsam die Tränen auszugehen. "Er hat befohlen, dass ich draußen ausgesetzt werde. Hitomi, ich will nicht weg!" Hitomi fühlte sich so hilflos wie selten zuvor. "Ich kann dir nicht helfen, Merle", teilte sie ihrer Freundin behutsam mit. "Auf mich ist Van momentan noch schlechter zu sprechen als auf dich. Ich kann erst wieder für dich eintreten, wenn er sich beruhigt hat." "Aber das ist zu spät", heulte Merle. "Vor deiner Tür steht ein Wächter, der mich gleich in mein Zimmer bringt, damit ich meine Sachen packen kann. Was soll ich nur tun, Hitomi?" "Ich werde mit Van sprechen, so bald ich kann", versprach Hitomi dem weinenden Mädchen und wiegte es sanft. "Dann wird auch er verstehen, warum du Llorin freilassen musstest. Und dann wird er sich ebenso für dich freuen wie ich." "Freuen?", fragte das Katzenmädchen nach. "Wofür?" Hitomi lachte auf, obwohl ihr eigentlich nicht danach zumute war. "Merle!", rief sie. "Liebe, dumme Merle! Ich glaube, außer Van hat jeder gemerkt, dass du in Llorin verliebt bist. Und wenn er sich beruhigt hat, wird auch er es begreifen und sich für dich freuen." Hitomi wuschelte durch Merles dichtes Haar und sah sie zärtlich an. "Was auch vorgefallen ist, du bist seine Schwester, Merle. Und er wird glücklich sein, dass du endlich jemanden gefunden hast, den du liebst." "Glaubst du wirklich?", flüsterte Merle, aber die Tränen waren versiegt und in ihren Augen leuchtete vorsichtige Hoffnung auf. "Aber was soll ich jetzt machen?" "Llorin suchen natürlich", entgegnete Hitomi. "Du musst ihm folgen, Merle. Hol ihn dir zurück. Ich werde inzwischen alles versuchen, damit Van dir verzeiht. Na, was ist?" "Du hast Recht", schniefte das andere Mädchen und löste sich von Hitomi. "Du bist eine gute Freundin, Hitomi. Ich werde gehen und Llorin sagen, dass ich ihn liebe." "Das wollte ich hören", antwortete Hitomi zufrieden. "Ich wünsche dir alles Glück dieser Welt, Merle. Und jetzt verschwinde, bevor ich auch noch zu heulen anfange. Mein Pullover ist schon nass genug." Merle machte ein schuldbewusstes Gesicht, dann lächelte sie scheu und fuhr Hitomi kurz mit ihrer Zunge über die Wange. Dann stand sie gefasst auf und ging auf die Tür zu. Bevor sie sie jedoch öffnete, drehte sie sich noch einmal um. "Ich hoffe, dass du und Van euch bald wieder vertragt", verkündete sie. "Und das nicht nur wegen mir. Ihr beide ergänzt euch perfekt, Hitomi. Lass nicht zu, dass ihr auseinander treibt." Sie lächelte noch einmal und winkte spielerisch. "Auf Wiedersehen, Hitomi." "Das hoffe ich auch, Merle", antwortete Hitomi, obwohl Merle gleich darauf hinausging und die Tür schloss. "Das hoffe ich wirklich." Dann begann sie sich auszuziehen. Sie kam sich in ihren Kleidern langsam wie ein Fisch vor. Es wurde Zeit, dass sie mit Van ein sehr ernstes Wort redete... von Beinahe-Fisch zu Mann. Plötzlich klopfte es wieder an der Tür. Hastig zog Hitomi sich ein neues Hemd über, bevor der Besucher ein weiteres Mal klopfte und sie ihn hereinbat. Es war Millerna. "Hallo, Millerna", begrüßte Hitomi sie freudig. "Was führt dich zu mir?" "Nun, eigentlich sollte ich wohl sagen, deine Gesellschaft, nachdem wir uns so lange nicht gesehen haben", antwortete die Herrscherin lächelnd. Dann wurde sie allerdings ernst. "Aber leider geht es nicht darum. Weißt du, wo Van steckt?" Hitomis Gesicht wurde hart und sie drehte sich um. "Sollte ich?", fragte sie betont geringschätzig, obwohl ihr klar war, dass das kindisch war. Das fand Millerna anscheinend auch. "Hitomi!", sagte sie scharf. "Ich weiß nicht, was zwischen euch beiden vorgefallen ist, aber anscheinend seid ihr beide zu stur, um darüber zu reden! Doch jetzt ist es ernst! Van ist verschwunden!" Hitomi horchte auf, obwohl sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Millerna sprach unbeirrt weiter: "Seit gestern nacht hat ihn niemand mehr gesehen. Eine Wache hat mir eine konfuse Geschichte erzählt, dass er Merle aus Farnelia verbannt hat. Heute morgen war er nirgends mehr zu finden. Und Escaflowne ist auch verschwunden." "Nun, ich weiß nicht, wo er ist", erklärte Hitomi und legte sich wieder auf das Bett, jedoch so, dass Millerna die verräterischen nassen Spuren auf ihrem Gesicht nicht sehen konnte. "Ihr könnt ihn ja suchen, wenn ihr wollt. Ich werde dabei nicht helfen, weil er wahrscheinlich wegen mir geflohen ist." Einen Moment lang stand Millerna kurz vor der Explosion, aber sie beherrschte sich knapp. "Schön", entgegnete sie knapp. "Wenn das deine Meinung ist. Aber ich dachte wirklich, dass du ihn liebst, Hitomi. Und jemanden, den man liebt, gibt man nicht auf." Damit drehte sie sich um und verließ das Zimmer, deshalb bekam sie das Zucken von Hitomis Schultern auch nicht mehr mit. "Aber ich liebe ihn doch", flüsterte diese leise. "Und ich habe Angst vor ihm." Als sich das große Tor langsam senkte, kam sich Merle so verlassen vor wie schon seit dem Tod ihrer Eltern nicht mehr. Dennoch ließ sie sich nicht von den wenigen schadenfrohen Gesichtern, die ihr hinterher starrten, etwas anmerken, sondern ging festen Schrittes auf den Wald zu. Wenn sie Farnelia schon verlassen musste, dann wenigstens mit Würde. Dennoch, tief im Inneren war sie verzagt. Es war nicht einmal so sehr die Tatsache, dass sie jetzt nicht mehr nach Farnelia zurück durfte, sondern vielmehr die, dass ihr Van, ihr König, ihr Freund, ihr Adoptivbruder, verletzt war. Und dass nicht einmal sie ihm hatte helfen können. Sie seufzte leise, als sie an Hitomis Gesicht von vorhin dachte. In diesem Moment hatte sie noch nicht so sehr darauf geachtet, aber jetzt fiel ihr auf, dass auch ihre Freundin einen verletzten und traurigen Ausdruck gezeigt hatte, auch wenn sie sich bemüht hatte, Merle zu trösten. Warum tust du allen um dich herum weh, Van?, fragte sich das Katzenmädchen, als sie mit ihrem leichten Bündel den Weg zum großen Wald vor Farnelia ging. Und wer ist die Person, mit der du geredet hast? Merle dachte nicht einmal an die Möglichkeit, dass Van verrückt geworden sein könnte... nun ja, nicht besonders lange. Irgendetwas musste Van verletzt haben. Etwas, das mit Hitomi zu tun hatte. Aber was? Nachdenklich, wie sie war, bemerkte sie die Bäume vor sich erst, als sie beinahe an sie stieß. Sie ließ sich kurzentschlossen auf alle viere nieder und nahm ihr kleines Päckchen zwischen die scharfen Zähne. Sie würde wohl lange laufen müssen, da war es besser, wenn sie so viel Kraft wie möglich sparte. Zum Glück besaß sie nicht sehr viele Sachen, die sie hatte mitnehmen wollen. Ein bisschen zu essen, das eine oder andere Wechselkleid... viel mehr besaß sie eigentlich nicht. Van hatte ihr zwar gestattet, alles mitzunehmen, was sie wollte, aber was hätte sie davon? Das einzige, das sie wollte, war die gesamte Stadt, und die konnte sie schwer mit sich herumtragen. "Leb wohl, Majestät", flüsterte sie, ohne sich umzudrehen. "Leb wohl, Hitomi. Bitte findet bald wieder zueinander. Vielleicht kann ich dann irgendwann nach Farnelia zurückkehren... wenn ich Llorin wiederfinde." Mit diesen Worten tappte sie los, den schmalen Waldweg entlang. Ja, wenn sie ihren Geliebten wiederfand. Jetzt erst, nachdem Hitomi es ihr an den Kopf geworfen hatte, stellte sie beschämt fest, dass sie es zugeben konnte: Sie war verliebt. Nicht so wie bei Van. Natürlich hatte sie einst auch ihn geliebt, aber das war vielmehr die Liebe eines Beschützten zu seinem Beschützer, die Liebe zweier Geschwister gewesen, die sie in ihrer Unwissenheit für die Liebe von Mann und Frau gehalten hatte. Das war jetzt anders. Doch wo sollte sie Llorin finden? Er war ein ausgebildeter und trainierter Kämpfer und hatte gute Gründe, sich so schnell wie nur möglich von Farnelia zu entfernen. Wie sollte sie so jemanden aufspüren? Und wer sagte ihr, dass er eigentlich dasselbe für sie empfand? Er hatte ja nicht einmal begriffen, warum sie ihn befreit hatte. Hatte es für Treue zu ihrem Volk gehalten oder vielleicht auch für Barmherzigkeit. Aber nicht für Liebe. Merle schluckte, als ihr das erste Mal der Gedanke kam, dass Llorin sie zurückweisen könnte, wenn sie ihm ihre Gefühle darlegte. Ihr Schritt wurde langsamer. Was war, wenn sich die Treue zu seiner Herrin als stärker erwies als Merles Überredungskünste? Konnte sie mit diesem Wissen weiterleben... Farnelia und Llorin verloren zu haben? Plötzlich erschien Hitomis lächelndes Gesicht vor ihr. Das Mädchen glaubte an sie. Sie vertraute darauf, dass Merle ihr Glück finden würde, und das in einer Zeit, in der Hitomis Glaube an die Gefühle hart auf die Probe gestellt war. Merle war im Grunde verpflichtet, mit Llorin glücklich zu werden. Stolz streckte sie sich und rannte mit neuem Elan in den Wald hinein. Für dich, Hitomi, dachte sie dabei, während ihr leichtes Bündel gegen ihre Arme pendelte. Weil du an mich glaubst. Nach einigen Sekunden hörte sie etwas. Sie hörte sofort auf zu laufen und spitzte die Ohren. Das waren doch... Leute. Merle schüttelte ärgerlich den Kopf über diese hochgenaue Erkenntnis. Natürlich waren das Leute! Aber welche und vor allem, was machten sie so tief im Wald? Die Menschen aus Farnelia blieben meist an seinen Randbezirken, weil man nicht sicher sein konnte, was darin hauste. Schließlich hatte auch Vans Bruder Folken hier seinen Kampf gegen einen Drachen ausgetragen. Leise schlich Merle sich näher an die Stimmen heran. Sie waren ausnahmslos tief und schienen von mindestens fünf Personen zu kommen. Neugierig lugte sie hinter einem Strauch hervor und riss die Augen auf. Eine Karawane von Wolfsmenschen hatte sich auf dem Weg niedergelassen und machte gerade eine Pause. Es waren insgesamt sieben, alle kräftig gebaut wie jeder ihrer Rasse und mit diesem wilden Ausdruck im Gesicht, auch wenn sie normalerweise friedlich waren. Sie verzehrten gerade ein Stück Wild, das sie wohl auf ihrer Fahrt durch den Wald gefangen hatten. Merle schauderte. Sie war nun mal ein Katzenmensch und die Gruppe am Feuer besaß eine Seite, welche ihre Instinkte dazu brachte, Angsthormone en masse auszuschütten. Außerdem war da noch die Sache, dass sie in ihrer Kindheit von diesen... Wesen verkauft worden war. Vermutlich spürte sie deswegen die Hand an ihrer Schulter erst, als sie sich fest geschlossen hatte. Angsterfüllt kreischte sie auf und versuchte sie abzuschütteln, aber der Griff war viel zu stark. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie sich ein weiteres Mitglied der Gruppe an sie heran geschlichen hatte. "So, so", brummte eine tiefe Stimme hinter ihr. "Was haben wir denn da? Eine kleine Diebin, nehme ich an?" "Nein", rief Merle panisch aus. "Ich bin keine Diebin! Ich bin nur den Weg hier entlang gegangen und dabei auf euch gestoßen! Bitte lass mich los!" Sie strampelte weiterhin, aber der Griff lockerte sich nicht. "Noch nicht", entschied die Stimme. Sie klang fast wie ein Knurren, was Merle einen Angstschauer über den Rücken laufen ließ. "Erst kommst du mit zu den anderen. Sie werden entscheiden, was wir mit dir machen sollen. Keine Sorge, wir werden dich schon nicht fressen... zumindest nicht gleich." Das veranlasste Merle dazu, nach der Hand zu schnappen, die sie hielt, aber eine weitere packte ihre andere Schulter und hielt sie hilflos ausgestreckt, während ihr Besitzer auf den Weg trat. Merles Mund war so trocken wie Schleifpapier, als sich alle Köpfe ihr zuwandten. "Seht mal, wen ich gefunden habe", teilte die Wache mit. "Eine Katzengöre. Sie ist um das Lager herumgeschlichen." Das veranlasste Merle trotz ihrer Angst zu der Äußerung: "Ich bin nicht geschlichen! Ich wollte bloß wissen, wer da auf dem Weg lagert!" "Du bist ganz schön mutig, dich ganz allein an eine so große Gruppe Fremder heranzuschleichen", knurrte ein anderer Wolfsmensch und legte seinen Bissen weg. "Was willst du hier?" "Nichts von euch", versicherte Merle hastig und schluckte. "Ich komme aus Farnelia und bin auf der Suche nach jemandem aus meinem Volk, der von dort geflohen ist." "Aus Farnelia?" Die Augen des Wolfsmenschen glühten auf, was Merle sofort verstummen ließ. Während er sie musterte, blieb sie stocksteif und hielt den Atem an. Was würden sie mit ihr machen? Würden sie... "Bist du etwa... Merle? Die Freundin von König Van?" "Ja", gab sie überrascht zu. "Woher kennt ihr mich?" "Ich wusste es", sagte der Wolfsmensch nickend, ohne auf sie einzugehen. "Es gibt nur eine einzige Katzenfrau in Farnelia. Lass sie los, Re'nac." Nachdem der Wächter dieser Aufforderung nachgekommen war, deutete der andere auf den Boden. "Setz dich. Der Platz hier ist für alle da. Du musst wissen, wir kennen deinen König schon sehr lange. Schon bevor er mit diesem Mädchen vom Mond der Illusionen herkam, besuchte er uns. Er ist sehr tapfer... für einen Menschen." "Van hat euch besucht?" Nun überwog ihre Neugier ihre Angst. "Warum?" "Wegen Warenlieferungen." Der Wolfsmensch zeigte seine Zähne, aber nur als Grinsen. "Mit einer Gruppe von uns legt sich so schnell kein Bandit an, wie du dir denken kannst. Er hat einmal von dir gesprochen und dich ziemlich genau beschrieben. Deswegen glaube ich dir." Er schwieg etwas. "Warum suchst du diesen Katzenmenschen?" Auf einmal kam Merle dieses Gesicht gar nicht mehr so furchtbar vor. Stimmt, es war immer noch fremdartig und für eine Katze unheimlich, aber seine Worte gaben ihr Vertrauen. "Ich... ich habe ihm bei der Flucht geholfen,... weil ich ihn liebe." Sie senkte den Kopf. "Deshalb hat König Van mich aus Farnelia verbannt. Der Gefangene war sehr wichtig." Wieder herrschte Schweigen, dann legte sich eine weitere Hand auf ihre Schulter, diesmal allerdings sanfter. "Das tut mir Leid", bekannte der Wolfsmensch. "Ist es dir ernst?" "Natürlich", fauchte sie verärgert, aber dann verrauchte ihr Zorn wieder. "Entschuldigung, ich..." "Komm doch mit uns", lud sie der Wolfsmensch unvermittelt ein. "Das Reisen wäre um einiges bequemer, außerdem können wir bei unseren Handelsposten nachfragen, ob dein Geliebter dort war. Außerdem glaube ich nicht, dass König Van glücklich wäre, wenn dir etwas zustößt, egal, warum er dich verbannt hat." Hoffnungsvoll sah Merle auf. Obwohl sie nicht sehr geübt war im Lesen von Wolfsgesichtern, deutete nichts auf eine Lüge hin. Und das Angebot war gleichzeitig sinnvoll und verlockend. Vielleicht war dieser Tag doch nicht ganz so schwarz, wie sie geglaubt hatte. Die Hexer starrten auf das Bild, das sich ihnen bot. Keinem von ihnen gefiel sonderlich, was sie sahen. "Nun", brach Foruma schließlich das Schweigen. Er wirkte noch blasser als sonst und seine Augen waren zusammengekniffen. "Jetzt haben wir bekommen, was wir wollten. Seid Ihr jetzt zufrieden, Garufo?" Der angesprochene Hexer reagierte erst gar nicht auf die Worte, erst nach einigen Sekunden schienen sie zu ihm durchzudringen. Er schreckte hoch und meinte: "Nun..." "Sie ist zweifellos in der Lage, Asturia zu schlagen", stellte Paruchi tonlos fest. Er hatte seine schwarze Kutte um sich geschlungen und sie flatterte in der erhitzten Luft, die von jenseits der Stadtmauern von Zaibach heraufkam. Der Grund dafür war die Armee. "Früher hätten wir sie vielleicht besiegen können... aber heute hat keiner mehr genug Guymelefs dafür." "Die Frage ist", ergänzte Kuaru, der letzte von ihnen, das Unausgesprochene, "werden wir in der Lage sein, sie auch zu bändigen?" Alle vier starrten wieder auf die Ebene vor Zaibachs Hauptstadt hinunter, wo eine ganze Hundertschaft von Riesenechsen den Boden verdeckte. Grüne Schuppen, rote Hornhaut, gelbe Augen, weiße Zähne... alles war hier zu sehen. Die meisten der Drachen lagen bereits, außer einigen wenigen, die noch mitsamt ihren Reiter in der Luft schwebten. Beinahe ausschließlich Katzenmenschen lenkten die Ungeheuer, nur wenige, die größten Exemplare, wurden von Menschen gesteuert. Allerdings war an diesen Menschen etwas seltsam. Sie wirkten alle sehr arrogant und die Blicke, die sie der Stadt zuwarfen, waren mit Sicherheit nicht freundlich. Sogar noch düsterer als die Gleichgültigkeit der Katzenmenschen. Und diese wiederum schienen diesen Menschen untertan zu sein, jedenfalls verbeugten sich die Mischlinge oft vor ihnen. Manchmal traf auch der Blick eines der Drachen die vier Hexer. Die Augen dieser Ungetüme waren das Schlimmste an ihnen. Die Krallen waren furchtbar und blitzten im Licht der Sonne. Die Mäuler waren grauenhaft und verhießen einen schnellen Tod. Die ungeheuren Leiber würden jeden Gegner verzweifeln lassen. Aber die Augen waren so voller bestialischer Wildheit, dass sich jeder der Hexer insgeheim fragte, mit welchen Mitteln die Reiter diese furchtbaren Geschöpfe überhaupt bändigen konnten. "Glaubt ihr, wir... haben einen Fehler gemacht?", fragte Garufo. Er, der vorher so vehement für diese Armee gewesen war, war nun anscheinend am meisten erschüttert. Diese Armee konnten sie unmöglich kontrollieren. Falls sie außer Kontrolle geriet... dann konnten die Hexer nichts tun, um sie aufzuhalten. Nichts. Die anderen schwiegen. Sie wussten es nicht. Es war beinahe absolut sicher gewesen, dass Zaibach einmal angegriffen werden würde. Aber es war ebenso sicher absoluter Wahnsinn, solche Geschöpfe in sein Land zu lassen, um es zu verteidigen. "Ihr kennt die Prophezeiungen, die Kaiser Dornkirk machte", sagte Kuaru leise und erinnerte sich an das Gespräch, das die vier Generäle Zaibachs mit Folken führten, kurz bevor der abtrünnige Farnelier Allen Shezar und Hitomi Kanzaki per Schicksalsmaschine verkuppelte. "Eine große Armee Drachen würde in Zaibach einfallen und es auslöschen. Bisher dachten wir ja, damit wären Escaflowne und andere Guymelefs gemeint, aber jetzt..." "Du meinst... der Kaiser wusste von diesem Schicksal?", wollte Foruma wissen. "Und hat deswegen versucht, es zu verändern?" "Niemand weiß genau, über welche Macht er gebot", warf Paruchi ein. "Ich könnte es mir immerhin vorstellen. Aber das hilft uns jetzt nicht weiter. Was sollen wir mit dieser Armee anfangen, damit sie sich nicht gegen uns wendet?" "Ich glaube, diese Entscheidung wird uns gerade abgenommen", entgegnete Garufo leise. "Seht doch. Da kommen einige der Reiter auf die Stadt zu." Die anderen drehten sich sofort wieder um. Tatsächlich. Zwei der Menschen, wenn es wirklich welche waren, hatten ihre Tiere zurückgelassen und kamen auf das große Tor zu, dass die Hauptstadt des Zaibacher Reiches vor Feinden schützen sollte. Eskortiert wurden sie von zwei Katzenmenschen, die äußerst grimmig dreinblickten. Außerdem sprachen ihre Muskeln Folgendes aus: Greift unsere Herren an und ihr werdet euch nie wieder jemandem aus eigener Kraft nähern können. Diese schienen ihre Hilfe jedoch kaum zu brauchen. Als sie das riesige Tor erreichten, welches sich in der Mauer befand, wollte Paruchi gerade ein Zeichen geben, um es öffnen zu lassen, als ihn Foruma, der neben ihm stand, beinahe die Schulter quetschte. Der Hexer drehte sich um und riss ebenfalls die Augen sperrangelweit auf, als er sah, was unter ihm passiert war. Den beiden Menschen, ein Mann und eine Frau, die außerdem seltsam altertümliche Gewänder trugen, waren Flügel gewachsen! Herausfordernd blickten sie die vier Hexer über sich an. "Vom Drachenvolk!", krächzte Garufo mühsam. "Sie sind verfluchte Draconier!" Während er dies noch sagte, erhoben sich die beiden mit ihren Schwingen vom Boden und landeten neben den Hexern auf der Mauer. Von diesen war nur Kuaru gefasst genug, um nicht einen Schritt zurückzuweichen. Käseweiß war er allerdings trotzdem, als er sich zwei Vertretern aus dem verfluchten Volk gegenübersah, die ihn geringschätzig grinsend musterten. Er schluckte. "Wer... mit wem haben wir die Ehre?" "Namen spielen keine Rolle", entgegnete der Mann kühl. "Wir haben euch die Armee gebracht, die ihr wolltet." "Und was... verlangt ihr dafür?", fragte Paruchi behutsam. Auch er kam wieder einen Schritt heran und stellte sich neben Kuaru. Neben den schwingenbewehrten Draconiern wirkten sie allerdings beide sehr klein. "Das ist im Moment nicht von Bedeutung", wies ihn die Frau zurecht. Ihre melodische Stimme wurde von dem Spott, den sie in die Worte legte, etwas getrübt. "Über den Preis werden wir später verhandeln. Jetzt wollen wir nur wissen, wohin wir eure Armee führen sollen." "Seid Ihr etwa die Generäle? Gehorchen Euch die Drachen?", wollte Foruma wissen. Obwohl ihm immer noch nicht ganz wohl war, setzte sich seine Neugier nun doch durch. "Natürlich gehorchen sie uns", entgegnete der Mann. Er verzog den Mund, sodass für die Zahnpastawerbung prädestinierte Zähne zum Vorschein kamen. "Wir haben sie erschaffen." "Erschaffen?", ächzte Garufo. Er war sichtlich am meisten mitgenommen. "Aber..." "Schluss mit diesem Gewäsch!", befahl die Frau wieder und machte eine abwehrende Handbewegung. Garufo verstummte sofort. "Sagt uns, wen wir für euch angreifen sollen!" Kuaru fasste sich wieder. "Nun gut", meinte er. "Wir werden euch das Ziel von Zaibach nennen, aber erst, wenn unsere eigene Armee ebenfalls bereit ist. Sie wird in Bälde zu euch stoßen." "Wir brauchen keine Hilfe!", wies ihn die Frau heftig zurecht. "Unsere Drachen sind unbezwingbar." "Das dachten die Zaibacher auch von ihrer Armee im Großen Krieg", wies Foruma hin. "Wir werden den Fehler, einen Feind zu unterschätzen, nicht noch einmal begehen!" Er wusste gar nicht, woher er diesen Mut nahm. Da draußen lagerte eine Armee, die ganz Zaibach in Schutt und Asche legen konnte, weil ihre Guymelefs noch nicht aktiviert waren. Dennoch wollte er auf keinen Fall, dass diese Armee unbeaufsichtigt blieb! Eine Zeitlang folgte Schweigen, von beiden Seiten. Dann nickte der Mann schließlich. "Ihr wisst, wo ihr uns finden könnt", teilte er den Hexern mit und drehte sich um. "Wir werden vor der Stadt warten. Aber nicht ewig!" "Wir sind euch nicht zur Treue verpflichtet", ergänzte die Frau. "Wenn unsere Herrin uns ruft, werden wir euch verlassen. Also beeilt euch mit euren Vorbereitungen." Wieder ließ sie ein schmales Grinsen sehen. "Wir wollen doch nicht, dass die Drachen unruhig werden, oder?" Mit diesen Worten hoben die beiden ab und landeten wieder bei ihren Leibwächtern. Ihre Federn fielen langsam zu Boden, als sie wieder zu den Drachen zurückkehrten. Auf der Mauern herrschte eisige Spannung, während die Hexer den Abzug der beiden Kommandanten beobachteten. "Nun", bemerkte Kuaru schließlich. "Dann ist also höchste Eile geboten." "Sehr richtig", stimmte Paruchi zu und drehte sich um. "Kehren wir sofort in den Palast zurück. Wir müssen sofort unsere Armee mobil machen." "Wollt ihr etwa, dass unsere Guymelefs mit diesen Bestien zusammen marschieren?", fragte Garufo panikerfüllt. "Ist es Euch lieber, wenn die Armee ohne Kontrolle durch Zaibach zieht?", fragte Foruma kalt. "Glaubt Ihr etwa, es würde von unserer Stärke zeugen, wenn wir jemand anderen unseren Krieg führen lassen?" Als Garufo den Kopf senkte, nickte er. "Dann machen wir uns auf. Die Rache an Asturia und seinen Verbündeten wird bald vollendet sein!" Als er den königlichen Palast von Pallas betrat, merkte Allen Shezar sofort, dass etwas nicht stimmte. Nirgends war jemand, der sich um ihn gekümmert hätte, aber große Spannung schien über allem zu liegen. Wo er auch hinsah, die Gestalten, die durch den Palast schlichen, schienen nervös und ängstlich zu sein. Selbst die Wachen, die an den wichtigen Türen postierten, waren etwas blass und einige von ihnen hatten den starren Blick, den manche Leute aufsetzten, wenn sie krampfhaft nicht an etwas denken wollten. Unsinnig zu erwähnen, dass es keinem von ihnen zu gelingen schien. Was war hier nur los? "Du!", fuhr Allen eine der Wachen an, die daraufhin zusammenzuckte. Allen runzelte die Stirn. Hier musste wirklich etwas Außergewöhnliches vorgefallen sein. "Was ist hier los? Warum sind alle hier so verschüchtert?" Der Mann presste die Lippen zusammen, dann fasste er sich jedoch und nahm Haltung an. "Etwas Furchtbares ist geschehen, Ritter Allen", meldete er so leise, als befürchtete er, jemand könnte sie belauschen. "Prinzessin Eries... sie ist... sie ist..." "Was ist mit ihr?", schnappte Allen und packte die Wache am Kragen. Seine Gedanken kreisten wild, aber er weigerte sich zu glauben, was sie ihm zuschrieen. "Reiß dich zusammen, Mann! Was ist mit der Prinzessin passiert?" "Ich... kommt mit mir mit, Ritter Allen", brachte der Mann hervor, nachdem er die Hände des Schwertmeisters von seiner Kleidung gelöst hatte. Aber auch dieser Angriff von Allen hatte ihn scheinbar nicht berührt. Etwas Schreckliches war geschehen, das war nun klar. "Ich bringe Euch zu Helvan Ducon. Er kann Euch die Sachlage besser erklären." Während Allen der Wache durch die Gänge des Palastes zu den Gemächern von Prinzessin Eries folgte, rief er sich in Erinnerung, was er über diesen Ducon wusste. Offiziell war er einer der vielen Handwerker in Asturia, der einigermaßen zu Wohlstand gekommen und deswegen nach Pallas gezogen war. Er machte sein Geld angeblich durch die Fertigung von Guymelef-Bauteilen, da bei diversen Turnieren immer wieder etwas kaputtging. In Wirklichkeit jedoch war er Eries' oberster Spion. Er koordinierte zusammen mit ihr die Pläne, nach denen sie Verräter aufspürte und Unruheherde auskundschaften ließ. Allen wusste nicht, wie weit man so einem Menschen vertrauen konnte, aber jetzt musste er erst einmal wissen, was genau sich zugetragen hatte. Nachdem sie noch über eine Treppe hinausgestiegen waren, kamen Allen und die Wache endlich bei Prinzessin Eries' Zimmerflut an. Er hatte nie verstanden, warum eine Person so viele Zimmer benötigte, aber Millernas ältere Schwester schien viel Platz zu genießen. Vor der Tür, wo sonst allerdings immer ein oder zwei Diener standen, war nun allerdings nur noch ein Mann zu sehen. Sein Gesicht wirkte zwar nicht düster, aber durch die dicken Augenbrauen sehr ernst, das kastanienbraune Haar war kurzgeschnitten und der schmächtig wirkende Körper wurde von einer Robe aus ziemlich teurem Stoff verborgen. Helvan Ducon. "Ritter Allen?" Der Mann schien überrascht ihn zu sehen, aber er versuchte es nicht zu zeigen. "Wie habt Ihr so schnell von dieser... Tragödie erfahren?" Allen entließ die Wache mit einem Kopfnicken, woraufhin diese fast fluchtartig davonstürzte. Dann wandte er sich an Ducon: "Momentan weiß ich noch nicht einmal, worum es geht, Ducon. Würdet Ihr mich bitte aufklären, warum alle hier im Palast wie verängstigte Küken herumlaufen?" Der Mann presste die Lippen zusammen und warf einen Blick auf die Tür, hinter der sich die Schlafräume der Prinzessin verbargen, als wollte er abwägen, ob er den Ritter einweihen sollte. Dann drehte er sich um und ergriff die Türklinke. Es schien ihm schwer zu fallen. "Wappnet Euch, Ritter", riet er Allen tonlos. "Der Anblick wird vielleicht sogar Euch hart treffen." Einige Dinge registrierte Allen, als er an den Mann vorbei durch die Tür trat, nebenbei, so wie sein geschulter Kämpferinstinkt es verlangte. Die beiden Wachen, die neben dem Bett der Prinzessin standen und scheinbar noch geschockter waren als ihre Kollegen draußen. Die alte Frau, die auf dem Bett saß und momentan gerade in einer kleinen Tasche nach irgendeinem Kraut wühlte. Sie schien nicht mehr sehr gut zu sehen, aber offenbar fand sie noch immer, was sie suchte. Umgeworfene Möbel. Kleine rote Spritzer an einigen Stoffen. Ein blutiger Dolch, der auf einem der Tische lag. Und auf dem Bett... Allen biss sich auf die Zunge. Eries' Gesicht war eingefallen und blass, während der Prinzessin gleichzeitig Schweißströme die Stirn herabrannen. Von Zeit zu Zeit stöhnte sie, auch wenn sie ohne Bewusstsein war. Jemand hatte sie beinahe völlig entkleidet, nur die wichtigsten Stellen waren noch bedeckt. Allen wünschte, man hätte dasselbe auch mit der grässlichen Wunde getan, die Eries' Bauch verunstaltete. Blut kam in kleinen, pulsierenden Strömen heraus, trotz der Kräutermischungen und kleinen Verbandstücher. "Ein Attentäter", erklärte Ducon ohne vorherige Frage. Er sah weg. "Ein Morph. Er hatte die Gestalt eines der Diener angenommen. Als die Prinzessin ihm den Rücken zuwandte, zog er den Dolch. Allerdings kam in diesem Moment der Junge herein, der den Tee bringen wollte, deshalb traf der Stich nicht das Herz. Der Junge schrie und der Morph sprang aus dem Fenster, als die Wachen herangerannt kamen. Er war sofort tot." "Wie lange ist das her?", fragte Allen, nur, um irgendetwas zu sagen. Sein Blick klebte an Eries' verkrampftem Gesicht fest. Sie musste Schmerzen haben, selbst wenn die Ohnmacht ihr die schlimmsten ersparte. "Etwa drei Stunden", teilte Ducon ihm mit. "Ich wurde sofort hergerufen und ordnete an, dass niemand mehr den Palast verlassen darf. Jeder muss auf einen anderen achten, bis wir sicher wissen, ob nicht noch weitere Morphe hier sind." "Die Wachen und die Frau?", fragte Allen mit einem Blick auf die weiteren Leute im Zimmer. "Die beiden Wachen haben heute den ganzen Tag im Hafen patrouillieret", entgegnete Ducon und unter allem Zorn und Schmerz schwang auch etwas Selbstgefälligkeit mit. "Sie wurden von mir durch Zufall ausgewählt, hier Wache zu halten. Die Frau war bis vor einigen Stunden bei einem anderen Kranken. Sie sind vertrauenswürdig." "Gut." Allen verstummte kurz. "Wie geht es ihr?", fragte er leiser. "Weniger gut, Ritter Allen", beantwortete diesmal die Kräuterfrau. Ihr Gehörsinn war anscheinend durch ihre schlechte Sehgabe geschärft worden. "Sie hat viel Blut verloren und ist sehr schwach. Ich kann nicht sehr viel für sie tun." "Ich verstehe." Allen drehte sich zu Ducon um, der die bleiche Prinzessin mit undeutbarem Blick musterte. Der Ritter selbst erstarrte jedoch fast, als er Eries erneut wimmern hörte. Dennoch zeigte er es nicht. Nicht hier. "Wer war es? Dieses Kartell?" "Wer sonst?", fragte Ducon düster. "Niemand sonst wäre so verrückt. Diese Irren werden versuchen, die Bestürzung der Bevölkerung zu nutzen, um ihren Krieg gegen Zaibach zu beginnen." "Ich dachte, niemand hätte den Palast verlassen?", erinnerte ihn Allen. Ducon schnaubte abfällig. "Denkt Ihr etwa, so etwas würde sich lange geheim halten lassen, Ritter Allen?", verlangte er zu wissen. "Wir müssen die Leute auch wieder aus dem Palast herauslassen, und dann wird diese Nachricht wie ein Lauffeuer umgehen. Wir können es nicht geheim halten." "Und was werdet Ihr gegen dieses Kartell unternehmen?", fragte Allen und legte seine Hand auf den Schwertgriff und seine Augen funkelten. "Ich möchte Euch gerne dabei unterstützen." "Nun, da Regentin Millerna und Regent Dryden nicht zugegen sind, wird wohl der Kronrat zeitweise die Herrschaft übernehmen." Ein humorloses Lächeln zeigte sich auf den Zügen des Spions. "Aber in Wahrheit werde ich die Fäden ziehen. Keine Sorge, Ritter Allen, ich werde dafür sorgen, dass sich diese Mörder nicht lange an ihrem Sieg freuen werden." "Das hoffe ich", sagte Allen und sah noch einmal zu Eries hin. Nun war sein Blick eher nachdenklich. "Zu schade, dass Millerna und Dryden nicht hier sind. Es hätte Eure Aufgabe sicher erleichtert, weil sie diese Leute einfach hätten festnehmen lassen können, ohne Gründe nennen zu müssen." "Mag sein", gestand der Spion ein. "Aber ich habe den Vorteil, dass ich sie nicht am Leben lassen muss, bis ihre Schuld in einem langwierigen Verfahren bewiesen wurde." Sein Gesicht war von düsterer Vorfreude erfüllt. "Ich werde sie einen nach dem anderen töten lassen." "Dennoch wäre es gut, wenn Millerna und Dryden bald zurückkämen", erwiderte Allen und drehte sich wieder Ducon zu. "Eries war vermutlich sehr erzürnt darüber, dass die beiden einfach abgereist sind, ohne sie einzuweihen, oder?" "Darauf könnt Ihr Euch verlassen", bestätigte Ducon nickend. "Ich habe sie selten so aufgebracht erlebt. Die beiden haben verantwortungslos gehandelt. Ohne sie ist das Reich viel schwerer zu kontrollieren." "Ja." Allen nickte ernst. Dann zog er ohne die Miene zu verziehen sein Schwert und setzte es dem Spion an die Kehle. Als dieser erschrocken bis zur Tür zurückwich, folge ihm die Klinge unbarmherzig. Dann verzog sich sein Gesicht wütend. "Was soll das, Ritter?", verlangte er zu wissen. "Wachen", teilte Allen den beiden überraschten Männern mit. "Kommt her. Lasst diesen Morph nicht entkommen." Auf das überraschte Keuchen verdüsterte sich Allens Gesicht. "Du brauchst dich nicht weiter zu verstellen, Scheusal. Du hast dich selbst verraten. Eries selbst war es, die Millerna und Dryden geraten hat, nach Farnelia zu reisen." Einen Moment lang blieb die Maskerade aufrecht, dann ließ der Morph die angenommene Gestalt verschwimmen und die unmenschliche Fratze seines wahren Ichs zeigte sich. Er wirkte zwar noch etwas verärgert, aber Angst und wirkliche Wut suchte Allen auf seinem Gesicht vergebens. Selbst als die beiden erschrockenen Wachen neben ihm Aufstellung nahmen, blieb er ruhig. Er sah Allen weiterhin an. "Ein wahres Bravourstück, Ritter", beglückwünschte er Allen. "Ich hätte nicht geglaubt, dass Ihr so misstrauisch seid. Aber was Eure nächste Frage angeht, kann ich Euch beruhigen: Es gibt keine weiteren Mitglieder meines Volkes mehr hier. Mein Bruder und ich waren die einzigen." Er war einen Blick zum Bett hin. "Wir haben unser Ziel erreicht." Allen war nahe daran, ihm das Schwert in den Hals zu rammen, aber er beherrschte sich mühsam. "Du hättest Millerna und Dryden ebenfalls umgebracht, wenn sie zurückgekommen wären, nicht wahr?", vermutete er. "Und das Kartell in seinem Krieg unterstützt, während du es nach außen hin verfolgt hättest?" "Ihr habt Recht", gab der Morph zu, noch immer nicht das kleinste bisschen beunruhigt. Schon jetzt befindet sich die Armee meiner Herrin in Asturia. Sie wird unter dem Kommando dieser Einfaltspinsel bald in Zaibach einfallen." "Herrin?", fragte Allen und hob die Augenbraue. "Heißt das, du arbeitest gar nicht für das Kartell?" "Nur zum Schein", gestand der Nicht-Mensch achselzuckend. "In Wahrheit brauchte meine Herrin nur jemanden, der Asturia in den Krieg mit Zaibach führt. Da kamen diese machthungrigen Idioten gerade recht." "Warum?", bohrte Allen weiter und ritzte leicht die Kehle des Morphs. "Wieso will diese Herrin unbedingt Krieg?" "Das werde ich Euch nicht sagen, Ritter", entgegnete der Morph. "Wenn es sein muss, nehme ich dieses Geheimnis mit ins Grab. Aber Ihr werdet mich ohnehin nicht töten, oder?" Ein hämisches Grinsen zeigte sich auf seinen Lippen. "Schließlich seid Ihr ein Ritter und ein Ritter tötet keine Unbewaffneten, oder?" Allen musterte ihn einige Sekunden lang. Dann sah er zu einer der Wachen hin. "Deine Pike", befahl er kalt. "Gib sie ihm!" Der Mann war im ersten Moment ebenso überrascht wie der Morph, aber er reagierte etwas schneller. Er packte die Hand des Nicht-Menschen, öffnete sie und drückte ihm die Pike hinein. Der Morph kam gar nicht dazu, sich zu wehren, er konnte lediglich noch seine Augen ungläubig aufreißen, als Allens Klinge sich durch seinen Hals bohrte. Der Ritter sah ihn hasserfüllt an, während er zu Boden sank. "Schafft ihn weg!", befahl er und drehte sich um. "Aber seht zu, dass keiner etwas davon mitbekommt! Niemand im Palast darf erfahren, dass es einen zweiten Morph gab!" Er hörte nicht hin, wie die beiden Wachen stumm mit der Leiche den Raum verließen, sondern trat an das Krankenbett heran. Die Kräuterfrau war zwar ebenfalls blass geworden, aber als er sein Schwert wegsteckte und sich traurig zu Eries hinunterbeugte, fasste sie sich wieder. "Ritter Allen... es tut mir Leid, aber ich kann sie nicht retten." Einige Sekunden fürchtete sie einen Ausbruch, aber er kam nicht. Allen schloss lediglich die Augen und setzte sich an Eries' Seite. "Sie... sie ist einfach zu schwach. Ich kann nicht..." "Es ist gut", warf Allen ein, ohne den Blick von Eries' Gesicht abzuwenden. "Geht nur, gute Frau. Ihr habt Eure Pflicht erfüllt. Aber verratet niemandem, was hier drin vorgefallen ist." Mehr brauchte er nicht zu sagen. Die alte Frau packte mit erstaunlicher Behändigkeit ihre Habseligkeiten zusammen, überprüfte noch einmal, ob die Verbände, die sie angelegt hatte, obwohl nutzlos, noch intakt waren, dann schlich sie unter einigen Verabschiedungen zur Tür hinaus. Allen wartete, bis sie sich geschlossen hatte und bis auf Eries' flachen Atemzügen Ruhe im Zimmer herrschte. Dann nahm er ihre Hand. "Es tut mir Leid, Prinzessin", sagte er leise. "Wieder habe ich meinem Königreich schlecht gedient." "Allen?" Das Wort war so leise, dass es beinahe unhörbar war, aber in Allens Ohren hallte es nach wie eine Kirchturmglocke. Sofort riss er die Augen auf. Eries war offenbar bei Bewusstsein, auch wenn sie zu schwach war, um sich zu bewegen. Aber ihre Augenlider waren halb geöffnet und sahen den Ritter tränend an. "Allen?" Sofort ergriff er auch mit der anderen Hand die ihre und beugte sich zu ihr hinunter. "Ja, ich bin hier, Eure Hoheit", meldete er. "Bitte schont Eure Kräfte. Sprecht nicht." "Allen... ich sterbe." Der Ritter schloss wiederum die Augen. Er konnte nicht widersprechen, weil es offensichtlich war. Aber er brachte es auch nicht über sich, es zu bestätigen. Es hätte es noch endgültiger gemacht. Statt dessen drückte er sanft die Hand der Prinzessin und schwieg. "Millerna...?" "Es geht ihr gut", antwortete er, froh, wenigstens etwas Gutes sagen zu können. "Sie und Dryden haben Farnelia sicher erreicht. Sobald ich die Hintermänner dieses Komplotts getötet habe, werden sie wieder die Regentschaft übernehmen." "Nein... Ihr... müsst fliehen." "Fliehen?" Allen glaubte sich verhört zu haben. Er sah Eries an, sah aber nur Klarheit in ihrem Blick. Sie phantasierte nicht. "Ich werde Euren Tod nicht ungerächt lassen, Prinzessin!" "Unwichtig", hauchte sie und hustete daraufhin. Als sie sich wieder beruhigt hatte, sprach sie stockend weiter. "Millerna... Ihr müsst... sie beschützen... Krieg... wird bald beginnen." "Aber Dryden und sie können diesen Krieg verhindern, Eries", argumentierte Allen. "Ich werde sie beschützen, wenn sie zurückkehren und dann werden wir Eure Mörder ihrer gerechten Strafe zuführen!" "Zu gefährlich!", brauste Eries auf. Gleich darauf sank sie heftig atmend wieder zurück. Als Allen sie jedoch stützen wollte, sprach sie bereits wieder. "Millerna... ist jetzt die letzte... Prinzessin von Asturia... Sie darf nicht... in Gefahr gebracht werden... Beschützt sie... bis der Krieg vorüber ist..." Allen senkte den Kopf. "Also gut. Ich werde Euch gehorchen, Eries. Ich werde Millerna beschützen, bis jede Gefahr gebannt ist. Dann werde ich sie und Dryden wieder auf Asturias Thron setzen, und wenn ich dabei sterbe." "Allen..." Eries' Stimme wurde schwächer, nun, nachdem sie ihren letzten Befehl gegeben hatte. "Bitte... wiederholt Euren Fehler nicht... macht Millerna... nicht unglücklich..." "Seid unbesorgt." Seine Stimme wurde bitter. "Ich weiß jetzt, dass meine Liebe nur Unglück bringt. Ich werde Millerna nicht berühren. Ich schwöre bei meiner Ehre als Ritter des Himmels, dass ich nicht noch einmal meinen König betrügen werde." "Allen..." Als er die Augen wieder auf die sterbende Prinzessin richtete, sah er, dass sie weinte. Sanft wischte er ihre Wangen sauber, aber sie hörte nicht auf, Tränen zu vergießen. Die Worte kamen immer schwerer über ihre Lippen. "Ich... lie... be... Euch... ich..." Dann schlossen sich ihre Lider und ihr Kopf sackte zur Seite. Als auch Allen die Augen schloss, spürte er, dass auch ihm eine Träne über die Wange lief. Er presste ihre leblose Hand auf seinen Mund und küsste sie. "Ich weiß, Eries", flüsterte er. "Ich wusste es schon lange." Einige Minuten saß er einfach nur so da und starrte das erstarrte Gesicht an, dann richtete er ihre Frisur und legte ein weiteres Tuch über die Wunde, bevor er sie vollständig mit dem Leintuch bedeckte. Wortlos verließ Allen Shezar das Zimmer. Sein Gesicht war steinern, als er den Palast durchquerte und Kurs auf den Kasernenhof nahm. Es tat gut, wieder in Sherezade zu sitzen, auch wenn er es nicht wirklich auskosten konnte. Eries Gesicht und ihre Worte kreisten noch immer in seinem Kopf herum. Dennoch lenkte er den Guymelef mit den langjährig automatisierten Bewegungen eines Berufskriegers aus Asturia hinaus. Niemand versuchte ihn aufzuhalten. Warum auch? Und wer? Auch die Wachen an der Stadtmauer fragten ihn nicht, wohin er wollte. Da Millerna und Dryden in Farnelia waren, nahmen sie zurecht an, dass er dorthin wollte, außerdem stand es dem Ritter des Himmels frei zu gehen, wann und wohin er wollte. Vermutlich trug auch seine emotionslose Stimme, mit der er befahl, das Tor zu öffnen, dazu bei, die Neugier der Soldaten zu dämpfen. Vermutlich waren sie sogar erleichtert, als der graue Guymelef aus der Stadt verschwand. Allen wusste nicht, wie lange er mit der Kampfmaschine einfach nur so dahinmarschierte, ohne zu denken. Es war ihm auch egal, solange er nicht an die Tragödie erinnert wurde, die er gerade erlebt hatte. Warum konnte es auf Gaia nur keinen Frieden geben? Auch Hitomi hatte sich das gefragt, und nun begann auch er damit. Er hörte das Fauchen erst, als es direkt über ihm war, da ihn das Scheppern von Sherezade und seine düsteren Gedanken ablenkten. Dann jedoch hob er sofort den Kopf und griff mit schnellen Bewegungen nach seinem Schwert, ohne es jedoch zu ziehen. Er verengte die Augen zu Schlitzen und zeigte seine Zähne, als er sah, welches Tier da so geschrieen hatte. Der Drache schwebte einige Hundert Meter über ihm und musterte ihn mit demselben Hass wie Allen das Untier. Dennoch griff er nicht an. Er zog lediglich seine Kreise, spie gelegentlich eine Handvoll Feuer, die Allen, der stocksteif stehen blieb, nicht einmal annähernd erreichte und beobachtete seinen Feind. Auch Allen ließ ihn nicht aus den Augen und betete beinahe darum, das Untier möge ihn angreifen, damit er seine Wut an ihm austoben konnte. Doch der Drache schien anderes im Sinn haben, denn er stieß abermals ein lautes Fauchen aus und schlug dann schneller mit seinen Flügeln. Sehr rasch entfernte er sich von seinem Gegner, der ihm finster hinterher starrte. Es entging Allen nicht, dass das Monstrum in Richtung Grenze zu Zaibach floh. War die Drachenarmee etwa schon in Asturia eingetroffen? Hatte Eries Recht und ein Krieg war unvermeidlich? Aber diese Fragen konnte er nicht beantworten. Beinahe widerwillig nahm er seine Metallhand von Griff des riesigen Schwertes und fing an zu rennen. Der Boden erzitterte unter dem Gewicht des gigantischen Kampfroboters, als Allen immer schneller Richtung Farnelia lief. Er hatte Eries versprochen, Millerna unter allen Umständen zu schützen... und bei allem, was ihm heilig war, dieses Versprechen würde er einhalten! Selbst wenn er gewusst hätte, was dabei auf ihn zukommen würde, hätte ihn das nicht davon abbringen können. In der nächsten Folge... Chid unterhält sich mit Serena, was er machen soll, wenn sein Reich angegriffen wird... Van landet in einem weit entfernten Wald und findet eine junge Frau, die mit einem Drachen spielt... sie ist die Frau, die zu ihm gesprochen hat und will ihn zu seinem Volk bringen... die anderen drängen Hitomi, ihnen bei der Suche nach Van zu helfen und sie stimmt widerwillig zu... die junge Frau bringt Van dazu, dem Menschlichen zu entsagen und Escaflowne zu deaktivieren... Titel: Das Mädchen im Wald Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)