Edward - Bis(s) der Tag anbrach von Ricchan ================================================================================ Kapitel 2: Jagen ---------------- Kapitel 2 Jagen Ich starrte weiterhin auf Carlisle Cullen, der mich eindringlich mit seinen schwarzen Augen musterte. Was ich sagen, fragen oder wie ich überhaupt reagieren sollte wusste ich nicht. Ich wusste was ich jetzt war, dass ich ab jetzt zur selben Gattung gehören würde wie mein Arzt, doch glauben konnte ich es nicht. Wie auch! Wenn man von einem zum anderen Tag Tod krank wird und plötzlich aufwacht und merkt, dass man kein Mensch mehr ist. Meine Gedanken fuhren im Kreis. Er dachte nichts. Denn sonst hätte ich es gehört. Er sah mich nur an und wartete. Ich schwieg weiter und mit jeder Stunde und jedem Tag der verging vergas ich mehr und mehr von meinem vorigem Dasein. Menschliche Erinnerungen verblassen schnell. Es gibt viele, die im Langzeitgedächnis, die man für immer beibehält, auch wenn man wie ich zu einem Monster wurde. Doch die im Kurzzeitgedächnis gespeicherten Erinnerungen… diese verblassten schnell. Ich vergas die Namen, Stimmen und Aussehen von Freunden, Verwandten, Familie. Ich konnte mich nicht mehr erinnern wie ich bisher Geburtstage gefeiert habe oder wie ich in der Schule mit meinen Klassenkameraden klar kam. Das alles gehörte der Vergangenheit an, zu der ich nie wieder zurückkehren konnte! Plötzlich stand Dr. Cullen auf und ging zur Wand neben dem Karmin. Dort hing ein kleiner Abrisskalender. Er riss das vorderste Blatt runter und setzte sich dann wieder in den Sessel mir gegenüber. Das nun oberste Stück Papier zeigte eine große 1 und darunter stand, in feinen Buchstaben getippt, November. Ich wendete den Kopf und sah nach draußen. Es war stock düster. Es waren schon über 24 Stunden vergangen, die wir nur so da saßen, uns ansahen, aber nicht sprachen. Mir kam es so vor, als seien gerade mal zehn Minuten vorüber gezogen, und kein Tag! Doch jetzt unterbrach er die Stille. „Edward.“, sagte er und seine Stimme klang matt. Ich schüttelte nur den Kopf. „Sie können nichts dafür. Es ist nur… so neu, so ungewohnt. Ich muss versuchen mit der Situation klar zu kommen… die sich meine Mutter für mich wünschte.“ Fügte ich am Ende noch hinzu, denn ich wusste, dass ich dieses Leben niemals selbst gewählt hätte. Dr. Cullen lächelte. „Gut. Wir wäre es denn, wenn ich dir ein wenig von diesem Leben zeigen würde, Edward.“ Es klang nicht wie eine Frage sondern mehr wie eine Aufforderung. „Vielleicht ist es für dich dann leichter, dich daran zu gewöhnen, wenn du erst einmal die wenigen Vorteile gesehen hast.“ „Gerne, Dr. Cullen.“, antwortete ich und in mir breitete sich auf einmal das Gefühl der Neugierde und spannender Erwartung aus. Es interessierte mich, was für Fähigkeiten ich jetzt hatte und welche ich erst erlernen muss. „Zunächst, nenn mich bitte Carlisle. Ich bin nicht sehr für diese Höflichkeitsfloskeln.“ Mit einer schwungvollen Bewegung sprang er vom Sessel und wenn ich nicht selbst diese Gabe an mir schon entdeckt hätte, wäre ich bestimmt beeindruckt gewesen. Ich stand ebenfalls auf und folgte ihm zur Tür. Doch hatte ich plötzlich Lust, die neue Schnelligkeit meiner Beine zu nutzten und sprintete voraus um dann für Carlisle die Tür auf zu halten. „Nach ih~…dir, Carlisle.“, sagte ich höflich, fing aber keine Sekunde später an zu lachen. Das hört sich plötzlich so albern an, dachte ich mir. „Danke, Edward“ und dann fiel auch er ins Gelächter ein. Um kurz nach Mitternacht verließen wir die kleine Hütte. Ich folgte ihm, oder besser, ich ging neben ihm her, denn von Geschwindigkeiten nahmen wir uns beide nichts. Wir liefen schnurstracks durch den Wald und in mir pulsierte eine Kraft, die meine Muskeln ständig anspannen ließ und mich immer in die Richtung zerrte, wenn sich ein Tier in den Büschen und Fahnen bewegt hatte. „Wo hin wollen wir denn, Carlisle?“ fragte ich und sprang aufgeregt um ihn herum. Irgendwie war es komisch, doch ich schien mich immer mehr an das neue Leben zu gewöhnen. Es machte mir sogar Spaß! Dann traten wir auf eine große Wiese, auf die von oben hinab der Mond schien. Sie war vom Wald eingekreist. „Was wollen wir hier?“ Ich war so aufgeregt, dass still stehen gar nicht für ich in Frage gekommen wäre. „Ich zeige dir unsere Natur, Edward, das hab ich doch vorhin versprochen.“ Er lächelte mich an, was meine Hochstimmung nur unterstützte. „Gut. Setzt dich hin.“ Befahl er und widerwillig gehorchte ich und ließ mich auf das feuchte Gras sinken. Erwartungsvoll sah ich Carlisle an und beobachtete jede seiner Bewegungen. „Also, Edward, du solltest erst einmal wissen, was wir eigentlich genau für Wesen sind und welcher Natur oder besser gesagt: welche Trieben wir nachgehen.“ Er machte eine kurze Pause. In mir wuchs die Anspannung. „Vampire, verfügen über übermenschliche Fähigkeiten. Wir können schneller rennen als jeder Gebart! Die höchst Geschwindigkeit ist von Vampir zu Vampir unterschiedlich. Wir haben eine außergewöhnlich Stärke, die alles was sich uns in den Weg zerstören kann. Und wir haben Waffen!“ „Welche?“ fragte ich. Ich brannte vor Neugierde und freute mich wie ein kleines Kind darauf, endlich mit den praktischen Übungen zu beginnen. Er grinste breit und ließ mich dabei seine perfekt weißen Zähne erblicken. „Ah~…Und was mach ich damit?“ „Immer alles zu seiner Zeit, Edward. Denn wir haben alle der Welt. Vampire sind unsterbliche Wesen, es gibt fast nichts, was uns töten kann! Du solltest wissen, dass wir keinesfalls gute Wesen sind. Wir sind Monster! Und unsere eigentliche Natur befiehlt es uns, das was uns vorher mal lieb und teuer war zu töten um überleben zu können.“ Ich starrte Carlisle mit aufgerissenen Augen an und dachte darüber nach, doch so recht verstehe n konnte ich es nicht. Die Antwort auf die Frage in meinen Augen kam gedacht. « Wir jagen Menschen! Wir trinken ihr Blut, das gibt und Kraft. » In mir tobte der Zwang, der Hass gegen mich selbst. Ich war doch selbst ein Mensch gewesen! Und jetzt sollte ich plötzlich meines gleichen jagen…töten…um mich selbst am Leben zu halten?! Das konnte ich nicht…nie! Doch er nahm mir wieder den Gedanken ab, der sich gerade in mir festsetzte. „Du kannst dich nicht dadurch töten, Edward, dass du versuchst dich irgendwo einzusperren, kein Blut anzurühren und verhungerst! Glaub mir, das habe ich auch schon versucht und es klappt nicht! Aber ich kann verstehen, dass du jetzt angewidert bist und dich selbst hasst. Es ging mir anfangs genauso. Doch mittlerweile hat sich das geändert. Ich akzeptierte mein Schicksal und nahm das an, was mir daran geschenkt wurde: die Zeit! Ich habe viel studiert und so lange gekämpft, bis ich den Durst nach menschlichem Blut völlig unterdrücken konnte!“ „Wie haben sie das geschafft?“ Die Verwunderung stand in meinen Augen, aber auch der Respekt. Obwohl ich so was noch nie durch gemacht hatte, wusste ich, dass es ihm einiges abverlangt hat, das stand fest. Mit einem räuspern wie er mich auf meine Satzkonstellation. „Oh… ich meine: Wie hast du das geschafft?“ Carlisle lächelte mich an und fuhr dann in seiner Lektion fort. „Ich wollte nie das sein, was mein Schicksal mir gab. Du musst wissen, ich war Sohn eines Pastors. Wir führten die Verfolgungsjagden für Hexen, Werwölfe und Vampire. Ich wurde bei einer davon gebissen und verwandelte mich. Ich wusste, dass mein Vater mich töten lassen hätte, also verschwand ich. Anstatt menschlichen Blutes ernährte ich mich von Tierblut! Das stillt den Durst nicht völlig aber es gibt genügend Kraft um zu überleben.“ Voller Ehrfurcht bewunderte ich den jungen Doktor. Es war fast unvollstellbar, dass er es allein geschafft hat, sich dem Durst nach Menschenblut zu entsagen! „So kannst auch du dein Schicksal annehmen, Edward.“ Ich schluckte den ätzenden Speichel, der schon seit meinem Erwachen in meinem Hals brannte, runter und sprang von der feuchten Erde auf, um ihm eine Antwort von Angesicht zu Angesicht mitzuteilen. „Carlisle, das heißt also, ich habe die Chance kein Monster zu sein? Und ein normales Leben weiter zu führen?“ „Ja, Edward, die hast du.“ Und wie zur Besiegelung dieses Versprechens reichte mir Carlisle Cullen die Hand. Als ich jene ergriff dachte er mit einem freudigen Lächeln : « Willkommen in der Familie Cullen, Edward. » Es war bereits 6 Uhr in der früh, als ich den praktischen Test beinahe bestanden hatte. Ich fand heraus, dass ich um einiges schneller war als mein Lehrer und Vater, aber dafür gegen seine Intelligenz nicht ankam. „Gut, dann nur noch eins für heute!“, rief Carlisle mir zu, obwohl… es war mehr leise gesprochen, da mein Hörverstehen sich um ein vielfaches verbessert hatte, konnte ich jetzt Töne hören, die für Menschen nie möglichen gewesen wären. Zum einen da sie zu hoch bzw. zu tief für sie waren und zum anderen da sie zu leise waren und da wir meist viel zu schnell sprachen, als das ihre Sinne ihnen überhaupt möglich machen könnte, unsere Lippenbewegung zu sehen. „Was denn?“, fragte ich zurück und meine Muskeln zuckten wieder. „Ein kleiner Kraft und Koordinierungstest. Such dir einen dicken Baum und schleudere ihn so, dass er den Baum hier trifft.“ Er deutete auf eine alte Eiche, die schon einiges an Jahren hinter sich hatte. Ich glaubte sogar, dass sie schon älter war als mein Schöpfer. „Gut.“ Also drehte ich mich zum Wald, ließ meine Augen einmal quer über die Stämme schweifen und griff dann zu einem Ahornbaum links von mir. Ohne jegliche Anstrengung lag das alte Holz dann auch auf meiner Hand. Ich schärfte meinen Blick, zielte auf die Eiche und warf den Stamm mit voller Wucht in ihre Richtung. Dann geschahen mehrere Dinge gleichzeitig. Ein Wolf sprang aus dem Dickicht der Fahne direkt vor die Eiche. Der Ahornstamm prallte mit einer enormen Geschwindigkeit an diese. In meine Nase stieg ein stechender Geruch. Die Speicheldrüsen arbeiteten auf Hochtouren. Meine Kehle brannte schmerzhaft und trocken. In meinen Venen pulsierte der Durst. Jeder meiner Muskeln spannte sich und ich sprang. Ich sprintete auf das verschreckte Tier zu, was vor meinen Augen gerade vom Stamm gestreift wurde. Aus der Wunde wandte sich kaum merklich das dunkele Blut und setzte sich in meinem Geruch fest. Nichts anderes zählte mehr, als die beute zu erlegen! Ich trieb mich weiter an, als ich von der rechten Seite Carlisle heran eilen hörte. Ich hätte einen Kampf gewagt, den ich verloren hätte. Doch meine Schnelligkeit machte mich überlegen. Ich erreichte als erster den verwundeten Wolf. Er knurrte und richtete sich ebenfalls zum Sprung nachdem er mich heran rennen sah. Auch ich fauchte jetzt und als ich nur noch einen Meter vor ihm war, sprang er. Wir streiften einander. Er traf meinen Arm hinterließ aber nichts als ein zerrissenes Shirt. Sobald ich vorbei war stemmten meine Beine wie selbst sich von dem nächst gelegenem Baum ab und ich schnellte zurück. Der Baum fiel um. Keine Sekunde später erreichte ich zum zweiten mal den Wolf, der immer noch in seinem Sprung war. Meine Finger krallten sich in das weiche Fell. Meinen Kopf senkte ich zur Halsschlagader und mit einem Biss floss das heiße Blut in meinen Mund. Das Tier heulte auf. Der Geschmack ließ jeden meiner Sinne verstärkt hervor treten. Mit einem male sah ich klarer. Und noch bevor Carlisle mich rammen konnte hatte ich jegliches Blut aus dem Wolf gesaugt. Dann prallten wir aneinander und ich ließ das tote Tier fallen. Carlisle stemmte sich gegen mich, hielt meine Arme umklammert und verhinderte so mein Entkommen. Ich wollte mich wehren, doch hörte ich in seinen Gedanken, dass alles gut wäre. Ich atmete ruhig ein und aus. Der Geruch war mit dem Blut verschwunden. Gegen einen Baum gelehnt sah ich Bedeutungsvoll in das Gesicht meines Vaters. „Edward.“ Es klang nicht bösartig oder wütend. Ich hob den Blick und in seinen dunklen Augen konnte ich meine golden Glühen sehen! Dann lächelte er und die innere Gelassenheit kehrte zurück. „Glückwunsch, mein Sohn, zu deiner ersten Jagd!“ Wir sahen uns an und lachten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)