Die Blutfehde der Youkaifürsten von Weissquell ================================================================================ Kapitel 17: Über Zweikämpfe --------------------------- Belustigt blickt Sokudo zu dem jung wirkenden Streuner hinüber. „Du kannst den Tod nicht erwarten, was? Ein Jammer, dass du warten musst bis dich dieser kleine Hanyou von der Leine lässt, nicht wahr?“ Tenmaru beißt die Kiefer aufeinander und eine leichte Schamesröte steht ihm im Gesicht. Doch dann atmet er einmal tief durch und erwidert entschlossen den Blick. „Ich diene Inu Yasha-sama mit allem was ich habe! Das habe ich geschworen! Mag sein, dass er über mein Leben und meinen Tod verfügt, doch du bist es ganz sicher nicht! Ich mach dich fertig!“ „Hey, Inu Yasha“, wendet sich jetzt Sango an den Hanyou, „Willst du ihn wirklich kämpfen lassen?“ Inu Yasha schaut sie schief an: „Von mir aus soll er ruhig, der ist mir bisher eh viel zu passiv gewesen. Ständig hat er schlechte Laune, vielleicht bringt ihn das mal auf andere Gedanken.“ „Dir ist aber schon klar, dass er diesen Sokudo möglicherweise töten könnte, oder?“, fügt die Dämonenjägerin mit gedämpfter Stimme hinzu. „Pah, soll er doch! Der Kerl hat es doch nicht anders verdient. Eine Sorge weniger!“ „Sango hat recht“, gibt Kagome zu bedenken, „Er scheint ja wohl der Befehlshaber dieser Youkais zu sein. Momentan verhalten die sich ja noch ganz friedlich. Was werden die wohl machen, wenn er von Tenmaru umgebracht wird?“ „Besonders, nachdem Sesshomaru gerade versucht hat einen Kampf zu vermeiden“, setzt Miroku noch einmal bedeutsam nach. „Is ja schon gut, is ja schon gut!“, Inu Yasha gibt auf, „Meinetwegen soll er ihn halt verschonen.“ Er wendet sich an Tenmaru: „Du hast es gehört! Wenn du so scharf drauf bist, kämpf halt mit ihm, aber bring ihn nicht um, ok?“ Tenmaru ballt die Faust. So hat er sich das nicht vorgestellt. Er wollte doch mit diesem Kampf bei Sesshomaru Eindruck schinden und nun das! Wenn er ihn nicht vernichten kann, wird es aussehen, als ob er schwach ist. Aber Befehl ist nun mal Befehl und dem muss er sich fügen. Verdammt! „Wie ihr befehlt, mein Fürst!“, sagt er und zieht seine Dolche aus ihrer Scheide. „Ich weiß nicht ob ich das niedlich oder erbärmlich finden soll!“, spottet Sokudo, „Du willst mich besiegen? Dass ich nicht lache! Der Versuch mich zu besiegen, ohne mich töten zu wollen, ist genau so lächerlich wie dein neuer Herr. Und nebenbei bemerkt...“, er grinst boshaft, „genau so lächerlich war auch eure Anführerin!“ „Hat er Anführerin gesagt?“, wundert Kagome sich leise. Doch Sokudo redet schon weiter: „Sie hat bereits bekommen was sie verdient und sie war immerhin eine Daiyoukai. Was rechnet ihr Streuner euch also für Chancen aus, hmm? Ihr seid so oder so dem Untergang geweiht. Ohne die einzige Daiyoukai in eurem Rudel gibt es auch kein Rudel mehr. Wer soll denn euch Bande aus ehr- und ranglosen Youkai, euch Bodensatz der Gesellschaft, zusammenhalten, wenn niemand mehr da ist der euch regelmäßig Benehmen einprügelt?“ Tenmaru fletscht wütend die Zähne: „Du elender Mistkerl! Spricht nicht so über Chutaisho!“ Doch Sokudo grinst nur hämisch. „Sieh es ein Streuner, ohne Sie habt ihr gar nichts mehr und ihr werdet in alle Himmelsrichtungen auseinandergetrieben, bis wir euch einen nach dem anderen abgeschlachtet haben! Und mit dir fange ich hier und jetzt an!“ Von einem Moment auf den anderen ist Sokudo aus Kagomes Blickfeld verschwunden nur um Sekundenbruchteile später mit wild erhobenem Schwert hinter Tenmaru aufzutauchen und mit einem wütenden Hieb nach dem Streuner zu schlagen. Doch der Hieb geht ins Leere denn Tenmaru hat die Bewegung aus den Augenwinkeln wahrgenommen und unmittelbar darauf ist auch er den Blicken von Kagome und den anderen entschwunden um nun seinerseits ein gutes Stück entfernt wieder aufzutauchen und seine Dolche zum Angriff zu heben. Sofort nimmt Sokudo die Verfolgung auf und ein Hagel an Schwerthieben geht auf den Streuner nieder, der jedem von ihnen entweder geschickt ausweicht, oder mit seinen Dolchen pariert. Kagome hat alle Mühe dem Kampf zu folgen. Du liebe Güte! Die beiden sind einfach unglaublich schnell! Ihre Bewegungen sind fast nur verschwommen zu sehen. Mit einem wütenden Hieb schlägt Sokudo auf Tenmaru ein, doch der Streuner fängt das Schwert ab und hält mit aller Kraft dagegen. Durch die Wucht des Aufpralles wird eine wahre Druckwelle erzeugt die bis hin zu den Umstehenden reicht und sie leicht taumeln lässt. Erstaunt beobachten Inu Yasha und seine Gefährten den Kampf. „Wer hätte gedacht, dass Tenmaru so stark ist?“, meint Miroku. „Und schnell ist er!“, staunt auch Shippo. „Pah, Kouga ist schneller!“, murmelt Inu Yasha. Mit klopfendem Herzen beobachtet Kagome die Szene. Es stimmt, Tenmaru ist stark! Unwillkürlich muss sie an die Unterhaltung zwischen ihm und Sesshomaru am Lagerfeuer zurückdenken. Hätte Inu Yasha überhaupt eine Chance, wenn er irgendwann doch beabsichtigen würde, sich gegen ihren Hanyoufreund zu wenden? Doch im Moment scheint das eher ihre geringste Sorge zu sein. Sämtliche Anwesenden beobachten den Kampf. Es steht außer Frage wessen Sieg die Ostyoukais erwarten. Ihr Blick wandert hinüber zu Sesshomaru. Auch der Youkaiprinz verfolgt mit regloser Mine den Kampf, doch er lässt nicht erkennen, wem der beiden Kämpfer er eher den Sieg wünscht, oder sollte man besser sagen, die Niederlage! Mit grimmigem Gesicht drückt Sokudo den jungen Streuner von sich. „Das hier wird schneller vorbei sein, als du denkst, Köter!“ „Wenn du nicht mehr zu bieten hast, mit Sicherheit!“, grollt Tenmaru. Mit hellen Streifen durchschneidet Sokudos Klinge die Luft: „Mach dich nicht lächerlich!“, er hebt sein Schwert und um die Spitze der Klinge bildet sich ein mächtiger Energiewirbel, „Dieser Kampf ist jetzt vorüber! Kaze no Ha!“ Mit einem blitzartigem Schlag schleudert der Ostyoukai einen gigantischen, grünen Energierotor in Tenmarus Richtung und der Windstoß, den er dabei erzeugt, holt Kagome und die anderen fast von den Füßen, so dass sie kämpfen müssen um das Gleichgewicht zu halten. Mit einem hellen, grünen Licht steuert das Sägeblatt auf den Streuner zu und unmittelbar darauf wird die Lichtung in ein so gleißendes Licht getaucht, dass die Umstehenden für einen Moment geblendet die Augen schließen müssen. Als sie die Augen wieder öffnen, sehen sie Sokudo leicht pustend da stehen und triumphierend die gigantische Schneise betrachten die seine Attacke in den Wald gerissen hat. Die Bäume sind sauber gefällt worden und die Erde wurde aufgewühlt. Von dem Streuner fehlt jede Spur. Doch dann plötzlich sieht man wie Sokudo erstarrt und die Augen aufreißt. Augenblicke später taucht direkt hinter ihm eine hoch aufgerichtete Gestalt auf. „Du hast recht. Dieser Kampf ist zuende!“, sagt Tenmaru ruhig. Für ein paar Momente hängen diese Worte in der Luft. Kaum einer wagt zu atmen. Doch dann urplötzlich sieht man es, Blut! In unaufhaltsamen Strömen läuft es an Sokudos Körper herunter. Unwillkürlich will seine Hand an seine Brust fassen, doch der Ostyoukai muss feststellen, dass er sich nicht rühren kann. Sein gesamter Körper ist mit tiefen Schnitten übersät und auf seiner Brust klafft eine tiefe Wunde aus der unaufhörlich ein dunkler Strom Blut hinaussickert. „Wie...wie kann das... sein? Er ist... nur ein Streuner...“, ungläubig starrt Sokudo auf seine zahllosen Verletzungen, doch dann geben seine Beine nach und er stürzt nach vorne auf sein Gesicht. Ruhig steht Tenmaru da ohne ihn eines Blickes zu würdigen. „Mach nicht so eine große Sache daraus! Ich habe deine sämtlichen Sehnen durchtrennt, du wirst dich also eine Weile nicht bewegen können, aber du wirst es überleben.“ „Du dreckiger, feiger Köter!“, grollt Sokudo mit letzter verbliebener Kraft. „Ich sag das jetzt nur einmal!“, Tenmarus Stimme wird scharf, „Diesmal bist du noch mal davon gekommen. Aber wenn du jetzt vielleicht mit dem Gedanken spielst, deine Lakaien auf uns zu hetzen als kleine Racheaktion“, und seine Augen strahlen nun eine eisige Kälte aus, „Dann mache ich augenblicklich kurzen Prozess mit dir!“ Finster schielt Sokudo zu ihm hoch. „Tss, du machst mir nichts vor! Solange dein Herr dir nicht die Erlaubnis dazu gibt, wirst du nichts dergleichen tun!“ Tenmaru wendet sich von ihm ab. Seine Hand ist so sehr zur Faust geballt, dass sie richtig weiß ist. „Möchtest du es gerne darauf ankommen lassen?“, fragt er leise. Einige Sekunden lang herrscht Schweigen über der Ebene in denen man deutlich Sokudo überlegen hören kann. Doch dann sagt er: „Es hat keine Eile! Seht zu dass ihr hier verschwindet, aber ich verspreche dir: Wir sehen uns wieder, Streuner, und dann werde ich dich eigenhändig ausweiden! Bis dahin werde ich mir einen Spaß daraus machen jeden einzigen von eurem Streunerpack, der noch über ist, aufzuspüren und ihn genüsslich zur Strecke zu bringen!“ Sofort eilen zwei der Ostyoukais zu ihm hinüber und heben ihren Befehlshaber auf. Dabei schicken sie finstere Blicke in die Richtung der kleinen Gruppe. Doch da ihr Herr diesen Fremdlingen freie Passage gewährt hat, müssen sie von einer Vergeltung absehen. Sokudo wendet sich an seine Untergebenen: „Wir ziehen ab! Sucht mir die restlichen Streuner und tötet sie! So schmerzvoll wie möglich, klar? Und behaltet mir gefälligst diese Kita-aitsu im Auge! Es macht mich ganz krank, dass die hier einfach in unserem Revier wildern dürfen. Wenn auch nur einer von denen sich nicht an das Abkommen hält, meldet ihr das augenblicklich!“ Mit diesen Worten haken die beiden Ostyoukai Sokudo unter und nur wenige Augenblicke später verschwinden sie mit ihm zwischen den Bäumen im Wald und auch die restlichen Youkais stieben auseinander und kurz darauf ist die Gruppe um Sesshomaru alleine auf der Ebene. Die Anspannung in Tenmarus Körper lässt nach und dreht sich zu seinen Reisegefährten um. Sein Blick versucht den von Sesshomaru einzufangen. Welchen Eindruck hat er bei dem Fürsten des Westens hinterlassen? Doch kaum treffen sich ihre Augen, wendet Sesshomaru sich langsam ab, als hätte er es ohnehin gerade vorgehabt und mit gewohntem Reisetempo setzt er sich in Bewegung. Tenmaru lässt die Schultern hängen. Keine Reaktion von dem hochgewachsenen Youkaiprinzen zu bekommen ist fast noch schlimmer als eine offene Ablehnung. Wahrscheinlich war ihm dieses kleine Geplänkel nicht die Aufmerksamkeit wert die er ihm zu Beginn noch entgegen gebracht hat. Was soll er denn noch machen? Tenmaru blickt zu Boden. Dann setzt auch er sich in Bewegung und folgt der kleinen Gruppe die ihre Wanderschaft in Sesshomarus Gefolge wieder aufgenommen hat. Yaeba stützt nun Raiuko und die Menschen die zu Inu Yasha gehören, werfen immer wieder Blicke über die Schulter zurück um zu sehen ob er ihnen folgt. Eilig macht er sich daran aufzuschließen. Inu Yasha beobachtet ihn aus den Augenwinkeln. Er kann also doch kämpfen, der Streuner. Warum denn nicht gleich so? Aber es bereitet ihm schon ein wenig Sorge. Er wusste ja, dass Tenmaru bisher nicht seine wirkliche Stärke gezeigt hat, doch der Grund dafür ist ihm schleierhaft. Warum bloß macht er immer einen auf unterwürfig? Das hat er doch gar nicht nötig. Was bezweckt er damit? Dieser Typ bemüht sich zwar es zu verbergen, aber ich merke doch sofort, dass er im Grunde versucht Sesshomaru zu beeindrucken. Wenn er das verstecken will, muss er aufhören ständig zu meinem Bruder rüber zu schauen. Ich frage mich, warum ihm das bloß so wichtig ist. Wenn er es wirklich darauf anlegt, sollte man ihm vielleicht mal sagen, dass das völlig vergebliche Liebesmühe ist. Als ob Sesshomaru sich überhaupt von irgendetwas beeindrucken lässt. Der Kerl ist kaltherzig von Grund auf und was immer Tenmaru da versucht, es wird nicht funktionieren! Inu Yasha wendet sich im Gehen zu Tenmaru um der nur ein paar Schritte hinter ihm geht: „Wenn ich dir einen Tipp geben darf, du hast dir da ein völlig falsches Ziel gesteckt!“ Tenmaru zuckt leicht zusammen und schaut überrascht auf: „Was... was meint ihr, mein Fürst?“ Inu Yasha schüttelt genervt den Kopf: „Hach, hör auf, mich ständig ‚Fürst’ zu nennen! Inu Yasha reicht. Und was ich meine, ist mein Bruder. Ganz offensichtlich kann er dich nicht leiden und Sesshomaru ist nicht gerade dafür bekannt, so einfach seine Ansichten zu ändern.“ Tenmaru lässt den Kopf etwas sinken: „Ich weiß nicht wovon ihr sprecht, mein F... ähm Inu... Yasha-sama.“ „Doch, ich glaube du weißt genau was ich meine“, stichelt der Hanyou weiter, “Was willst du von meinem Bruder?” Etwas verhalten blickt Tenmaru auf: „Ihr braucht euch keine Sorgen machen! Ich werde euch weiterhin treu dienen. Ich habe es geschworen!“ „Danach hab ich nicht gefragt!“, erwidert Inu Yasha aber innerlich gibt er zu, dass ihn die Frage doch bewegt hat, wem Tenmarus wahre Loyalität gilt. „Was wollt ihr denn hören?“, fragt Tenmaru zurück. Innerlich muss Inu Yasha stark an sich halten. Der Kerl regt mich auf! Alles muss man ihm aus der Nase ziehen! Missmutig verzieht Inu Yasha das Gesicht: „Gib es zu! Es stört dich, dass ich ein Halbdämon bin, hab ich nicht recht? Wahrscheinlich würde dir Sesshomaru als Herr besser gefallen, was? Wenn du dich da mal nicht stark täuschst!“ Tenmaru blickt zu Boden doch er sagt keinen Ton. „Pah!“, Inu Yasha wendet sich ärgerlich von ihm ab, „Soll mir recht sein! Ich hab ohnehin keine Lust auf das ganze Theater! Es zwingt dich niemand mein Diener oder was auch immer zu sein. Von mir aus kannst du machen was du willst! Ich hab nicht den Eindruck, dass du beschützt werden musst. Also sehe halt zu wie du alleine klar kommst!“ Fassungslos ist Tenmaru stehen geblieben. Sprachlos starrt er den Hanyou an und sein Gesicht verliert schlagartig jegliche Farbe. Sein Herz schlägt bis zum Hals. Nein, das darf nicht sein! Das darf nicht passieren! Unwillkürlich fliegt sein Blick hinüber zum Fürsten des Westens. Nur allzu gut erinnert er sich an dessen Worte. Sesshomarus Schritt verlangsamt sich und Tenmaru kann erkennen, dass kalte, goldene Augen ihn aus den Augenwinkeln beobachten. Rasch setzt er sich wieder in Bewegung. „Nein, nein, Inu Yasha-sama!“, wehrt er hastig ab, „Ihr missversteht mich! So meinte ich das nicht! Bitte glaubt nicht, dass ich irgendetwas gegen euch habe, es ist nur... Nun ja, ähm, das ist eine ganz neue Situation für mich. Ich... ähm kenne eben nicht viele Hanyous und... nun ja, also für einen Hanyou seit ihr doch ganz passabel. Ich habe wirklich kein Problem unter euch zu dienen!“ Doch Inu Yasha ist nicht so leicht wieder zu versöhnen. Betont gelangweilt stützt er sein Schwert auf seiner Schulter ab: „Und das soll ich dir glauben? Ich bin doch nicht blöd! Du hast doch nur Schiss, dass Sesshomaru dich killt, wenn ich dich nicht mehr beschütze!“ Nun läuft Tenmaru purpurrot an. „Das... ähm... das stimmt doch gar nicht! Es ist mir eine Freude euch zu dienen! Ja, wirklich!“ „Pah, lüg nicht!“, meint Inu Yasha schnippisch. Tenmaru schwimmen alle Felle davon: „Ähm... ich... ähm... Inu Yasha-sama!” Inu Yasha winkt ab: “Meine Güte! Is ja schon gut! Behalte ich dich halt noch ne Weile. Oder willst du ihn haben, Sesshomaru?“, wendet er sich mit einem verschmitzten Grinsen an seinen Bruder. Doch der Fürst des Westens wendet sich nicht einmal um als er sagt: „Wozu? Was für einen Nutzen hätte ich von ihm?“ Geknickt lässt Tenmaru bei diesen Worten den Kopf hängen. Er hätte es wissen müssen! Sesshomaru hat noch immer kein Interesse an ihm. Schlimmer noch! Der junge Streuner ist sich sicher, dass der Westfürst gerade kurz davor gewesen ist, ihn ohne weitere Worte umzubringen. Verdammt, was mache ich denn nur falsch? Inu Yasha bemerkt das betrübte Gesicht des Streuners. Nein, der junge Youkai freut sich im Grunde kein bisschen darüber in seinen Diensten zu stehen. Aber soviel ist auch ihm klar: Seine Angst vor Sesshomaru übertrifft diese Abneigung bei weitem! Warum also versucht er noch immer noch sich bei seinem Bruder lieb Kind zu machen? Wahrscheinlich hat das wieder irgendwas mit dieser ganzen Fürstensache zu tun; irgendwas was er wieder nicht versteht. Vielleicht fragt er einfach mal seinen Bruder bei Gelegenheit. Nur nicht gerade jetzt. Sessomaru hat schlechte Laune. Das wittert er bis hier hin. Eben gerade hätte er diesen dummen, kleinen Streuner fast getötet. Wer weiß zu was sich Sesshomaru sonst noch hinreißen lässt wenn ihm irgendjemand heute noch auf die Nerven geht? Nein, er wird seine Freunde lieber nicht in Gefahr bringen. Hoffentlich ist diese ganze lästige Angelegenheit bald vorüber! Nach einem zum Glück ereignislosen Nachmittag bricht langsam der Abend herein und einmal mehr wird ein Lager aufgeschlagen. Innerlich fragt sich Kagome wie lange diese Reise wohl noch dauern wird. Hoffentlich haben sie das alles bald überstanden. Etwa am späten Nachmittag hat der Streuner Raiuko das Bewusstsein zurückerlangt, doch er kann noch immer nicht selbstständig laufen. Deshalb wird er von Yaeba gestützt und als schließlich das Lager errichtet wird, lässt der stattliche Streuner seinen Kameraden behutsam am Feuer zu Boden gleiten. Der schmächtige Youkai ist zwar wach, doch er sagt kein einziges Wort und scheint seinen Gedanken nachzuhängen. Überhaupt scheint sich das Schweigen auch auf alle anderen auszuweiten, ungeachtet des Sprechverbotes durch den Fürsten des Westens. Sesshomaru sitzt zwar ein wenig abseits an einer eigenen Feuerstelle doch nicht deshalb herrscht Stille, sondern niemandem ist wirklich nach plaudern zumute. Besonders Tenmaru ist verschwiegener als je zuvor. Nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dem verletzten Streuner nichts weiter fehlt, was nicht ein bisschen Zeit heilen kann, erhebt er sich, verlässt das Lagerfeuer und verschwindet lautlos im Wald. Inu Yasha lässt ihn gewähren. Er hat es aufgegeben aus dem Streuner schlau zu werden, aber er weiß aus Erfahrung, dass Tenmaru wiederkommen wird. Wo sollte er auch sonst hin? Die Nacht senkt sich zunehmend über den Wald, doch die Dunkelheit stört Tenmaru nicht. Auch die Kälte die vom Boden aufsteigt kann er problemlos ignorieren. Eine Weile wandert er ziellos umher bis er einen kleinen Felsvorsprung erreicht, der hinab in ein weites Tal führt. Schweigend lässt er sich darauf nieder. Gedankenverloren lässt er die Beine baumeln und schaut dabei hinauf in das sternenübersäte Himmelszelt. Eine ganze Weile sitzt er so reglos da. Dann auf einmal lässt er den Blick sinken. „Ich weiß, dass du da bist! Was willst du?“ Aus den Schatten der Bäume tritt Yaeba und kommt zu ihm herüber. „Ich wollte einmal nach dir sehen. Ich vermute, du flüchtest dich in letzter Zeit öfters in die Einsamkeit.“ „Na, und wenn schon.“, Tenmaru blickt wieder hinauf zum Himmel, „Bist du gekommen um mir wieder eine Predigt zu halten?“ Yaeba lässt sich neben ihm am Felsvorsprung nieder. „Eigentlich wollte ich dich etwas fragen.“ „Und was?“, Tenmaru lässt sich auf den Rücken sinken und verschränkt die Hände unter dem Kopf. Yaeba beobachtet ihn schweigend, dann fragt er: „Warum hast du Sokudo nicht getötet?“ Tenmaru verkrampft sich kurz, doch dann entspannt er sich wieder: „Du hast es doch selbst gehört, es war ein Befehl!“ Yaeba schaut ihn abschätzend an: „Ich muss dich nicht daran erinnern, was du eigentlich machen sollst, oder?“ Tenmaru verzieht das Gesicht und dreht sich von Yaeba weg. Verstimmt blickt er zu Boden. „Was willst du von mir? Ich sagte doch, es war ein Befehl! Ich weiß auch, dass ich damit Sesshomaru nicht beeindrucken kann. Glaube mir, ich hätte diesen Mistkerl liebend gerne ins Jenseits befördert, aber du selbst hast mich doch schwören lassen, mich der Fürstenfamilie des Westens unterzuordnen. Darum unterstehe ich jetzt diesem Hanyou und darum muss ich seinen Befehlen gehorchen.“ Ärgerlich dreht sich Tenmaru nun zu Yaeba um: „Kannst du mir mal sagen, warum ich das alles machen muss? Warum, zum Teufel, muss ich das machen?“ Einen langen Moment schaut Yaeba Tenmaru an. Dann sagt er ruhig: „Tenmaru, zunächst mal weißt du genau, dass nicht ich dich das habe schwören lassen, sondern, dass das Ihr letzter Wunsch war...“, er hält einen Moment inne und sein Blick betrübt sich für einen Moment, doch dann spricht er weiter, „Und wenn du das wirklich fragen musst, dann hast du es immer noch nicht verstanden!“ Hilflos blickt Tenmaru ihn an: „Was denn verstanden? Was, Yaeba? Ich verstehe es wirklich nicht. Wovon sprichst du?“ Der alte Streuner seufzt. „Tenmaru, weißt du warum Hanaki sich diesem Zweikampf gestellt hat?“ Nun weicht Tenmaru seinem Blick aus. „Um uns zu beschützen!“, murmelt er. Yaeba nickt. „Ja, sie war unsere Anführerin. Sie bot jedem an ihrem Rudel beizutreten, unabhängig von Herkunft und unabhängig dessen was ihn hertrieb. Was sie dafür forderte war nur bedingungslose Loyalität. Doch sie trug auch die Verantwortung für uns. Sie hatte sich geschworen jeden einzelnen zu beschützen.“ Tenmaru blickt zu Boden: „Ich weiß...“ Doch Yaeba redet schon weiter: „Inu Taihyouga hat ihr niemals vergeben, dass sie ihn damals besiegt hat. Er wollte sich schon immer an ihr rächen und an allem was ihr wichtig ist. Wenn sie nicht auf einen Zweikampf bestanden hätte, hätte er wohl nicht gezögert, uns alle zu töten. Damit tauschte sie freiwillig ihr Leben für uns alle ein.“ „Ich weiß!“, wiederholt Tenmaru. Ernst schaut Yaeba ihn an: „Tenmaru, weißt du denn auch, warum sie uns befohlen hat, dass wir sie nicht rächen sollen, wenn sie unterliegen sollte?“ „Weil sie uns beschützen wollte“, antwortet Tenmaru, „Inu Taihyouga sollte keinen Grund haben uns zu töten!“ „Nein!“, schüttelt Yaeba entschieden den Kopf, „Du hast es offenbar immer noch nicht begriffen!“ Tenmarus Kopf fliegt hoch. Überrascht starrt er Yaeba an. „Nicht? Aber... warum dann?“ Ernsthaft blickt Yaeba auf den jungen Streuner hinunter. „Sie tat es für dich, Tenmaru! Sie wollte, dass du es endlich verstehst!“ Verständnislos schaut Tenmaru ihn an: „Was verstehen?“ „Dass man niemals nur Befehlen gehorcht, weil es Befehle sind!“ Yaeba schaut wieder hinauf zu den Sternen, während Tenmaru nun mit großen Augen wie gebannt an seinen Lippen hängt. „Und sie tat es auch für sich“, redet der Youkai nun etwas leiser weiter, „Sie hat sich niemals einfach nur an Befehle gehalten! Hätte sie das getan, wäre wahrscheinlich alles ganz anders gekommen. Sie hätte vieles so viel einfacher haben können. Sie wäre vielleicht niemals ausgestoßen worden, aber... vielleicht war sie mit uns Streunern freier als sie es andernfalls je gewesen wäre.“ „Sie musste ihren Clan verlassen weil und trotzdem sie immer tat was ihr Herz ihr befahl. Sie hat immer daran geglaubt, dass man sich seine Loyalität erarbeiten muss. Niemand hat ein Recht auf bedingungslosen Gehorsam nur allein auf Grund seiner Herkunft oder seines Ranges. Ganz egal wer man ist, das gilt für alle! Selbst für sie! Sie gab uns diesen Befehl um zu sehen, ob sie in der Lage gewesen war, ihre eigenen Ideale zu befolgen, ob sie eine wirkliche Anführerin gewesen war oder es nur ihre Abstammung gewesen war, die diesen zusammengewürfelten Haufen aus Ausgestoßenen zusammengehalten hat. Sie wollte wissen, ob sie den Titel Chutaisho tatsächlich verdiente!“ Unsicher schaut Tenmaru seinen Mentor an: „Yaeba... ich verstehe nicht...“ Yaeba unterbricht ihn und schaut ihn direkt an: „Tenmaru, sie befahl uns sie nicht zu rächen. Hätten wir ihren Befehl befolgt, dann wäre es einfach nur ein Befehl gewesen und sie unser Befehlshaber. Aber wenn sie unsere Chutaisho war, wenn sie nicht nur eine Anführerin war... wenn wir sie trotz ihrer Härte, trotz ihrem Konsequenz, trotz unserer Unterschiede...wenn wir sie wirklich... geliebt hätten...wie könnten wir dann nicht anders als sie dennoch zu rächen?“ Sprachlos starrt Tenmaru ihn an. Er bringt kein Wort heraus. Darum ging es? Wirklich darum? Er schlägt die Augen nieder. Da hört er wieder Yaebas Stimme: „Verstehst du jetzt warum sie das getan hat? Es war ihr letzter Versuch, dir das klar zu machen. Seit sie dich nicht mehr beschützt hat, war dein Platz der niedrigste im Rudel. Du hast dich immer angepasst und dich bemüht es allen recht zu machen. Du hattest es vielleicht nicht leicht aber statt dich wieder hoch zu kämpfen und deinen Platz zu behaupten, hast du dich immer zurück gehalten und versucht kein Aufsehen zu erregen. Vielleicht ist das auch mein Fehler gewesen.“ Ruckartig setzt Tenmaru sich auf: „Yaeba, nicht doch! Es liegt nicht an dir, du... du hast mir doch immer wieder geholfen...“ „Vielleicht war das der Fehler. Ich habe dir zu viel Aufmerksamkeit gewidmet und dir damit den Kampfwillen genommen.“ Der Streuner senkt den Blick, „Ich trage ebensoviel Verantwortung an dieser Situation wie du.“ „Yaeba, bitte sag so etwas nicht!“, Tenmaru fasst Yaeba an der Schulter, „Vielleicht lag es nicht an meinem Kampfwillen, vielleicht... vielleicht habe ich mich einfach ein wenig einsam gefühlt. Du hast mir einfach das Gefühl gegeben... so etwas wie eine... Familie zu haben. Das wollte ich einfach nicht aufs Spiel setzen. Also bin ich jeder Konfrontation aus dem Weg gegangen.“ Einen langen Moment schaut Yaeba den jugendlich wirkenden Youkai an, dann erhebt er sich. „Tenmaru, manchmal muss man alles riskieren und kämpfen um das zu beschützen was einem wirklich wichtig ist. Dieser Hanyou hat das längst verstanden. Du solltest dir ein Beispiel an ihm nehmen! Hanaki kämpfte dafür, dass du weder Arashitsume noch der neuen Fürstin des Nordens in die Hände fällst. Wenn du entschieden hast was es für dich ist, dann weißt du hoffentlich was du zu tun hast.“ „Und wenn ich es nicht weiß?“, ruft Tenmaru verzweifelt zu ihm hoch. Yaeba wendet sich zum Gehen: „Ich bin sicher, du wirst es wissen!“, mit einem kurzen Blick schaut Yaeba zurück und seine Augen leuchten tief violett. Dann dreht er sich wieder dem Wald zu und verschwindet zwischen den Bäumen während er hinzufügt: „Du bist ihr nämlich sehr ähnlich!“ Dann verschwindet er aus Tenmarus Blickfeld und der junge Youkai schaut ihm noch eine Weile schweigend nach. Dann seufzt er tief und lässt sich zurück ins kühle Gras sinken um weiter die Sterne zu beobachten. „Ach, Chutaisho...“, murmelt er leise, „Warum bloß musstest du mich unbedingt zu Sesshomaru schicken?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)