Die Blutfehde der Youkaifürsten von Weissquell ================================================================================ Kapitel 51: Mit knapper Not --------------------------- Ungebremst stürmen die beiden Kämpfer aufeinander zu. Der mächtige Hund hat eine wahrlich beängstigende Geschwindigkeit drauf, doch es sieht nicht so aus, als ob der Daiyoukai die Konfrontation vermeiden will. Mit erhobenem Schwert sprintet Inu Yasha ihm entgegen. Nur wenige Augenblicke später treffen sie aufeinander. Riesige Kiefer schnappen nach den Hanyou, doch der reagiert geschickt und weicht gerade noch aus. Stattdessen holt er aus und schlägt auf den Kopf der Bestie ein. Doch auch dessen Reflexe sind ausgezeichnet und so gelingt es ihr, den Kopf gerade noch rechtzeitig wegzuziehen, dass die scharfe Klinge ihre Wange nur streift. Dennoch bleibt ein roter Schnitt als Andenken zurück und die riesige Gestalt zuckt unwillkürlich zusammen und knurrt gefährlich. Dann geht sie wieder zum Angriff über. Inu Yasha beißt die Zähne zusammen. Noch immer schmerzt ihm sein ganzer Körper und das Atmen fällt ihm durch die gebrochenen Rippen immer schwerer, trotzdem darf er sich keinen Augenblick der Unachtsamkeit erlauben, wenn er nicht zwischen den gewaltigen Kiefern seines Bruders enden will. Geschickt weicht er seinen Attacken aus und versucht seinerseits, seinen Bruder mit seiner Klinge zu treffen. Doch das erweist sich als schwieriger als angenommen, denn der riesige Hund hat wahrlich tödliche Reflexe, trotz seiner Verletzungen. Es scheint ihm wirklich ernst zu sein damit, Arashitsume zu töten. Dieser Idiot! Wieder schlägt Inu Yasha nach ihm, und der große Hund weicht erneut aus. „Sesshomaru!“, stößt Inu Yasha hervor, „Hör gefälligst auf mit dem Unsinn! Du kriegst deine Rache schon noch, aber erstmal musst du dich wieder einkriegen!“ Mit diesen Worten holt er erneut aus und ein weiteres Kaze no Kizu rollt über die Ebene. Doch diesmal springt der Daiyoukai einfach aus dem Weg und hält dann wieder auf den Hanyou zu. Nur ein unbeholfener Sprung, bringt diesen noch rechtzeitig aus dem Gefahrenbereich. „Verdammt!“, schnauft Inu Yasha. Die gebrochenen Rippen zehren auf unangenehme Weise an seiner Kondition. Schon jetzt muss er schwerer atmen, als gewöhnlich und sein Bruder scheint noch kaum erschöpft zu sein. Wenn er nicht bald eine Kräfteausgleich erreicht, könnte das wirklich übel ausgehen. „Schau an, die beiden Westbrüder zerfleischen sich gegenseitig!“ Inu Yashas Kopf ruckt herum. In einiger Entfernung sieht er eine wohlbekannte Person stehen, die spöttisch und mit verschränkten Armen zu ihm herüberschaut. Es ist Yarinuyuki und direkt hinter ihr schwebt der Streuner Kossoridoku und rührt sich nicht. Inu Yasha flucht innerlich. Das hat ihm gerade noch gefehlt! Was will die hier? Als hätte er nicht schon genug Probleme, jetzt muss er sich wahrscheinlich auch noch mit der Fürstin des Nordens persönlich herumärgern. Und zu allem Überfluss hat sie es wohl auch noch geschafft, den beiden Streunern ihren Gefangenen abzujagen. Vermutlich hat sie sie längst umgebracht. So ein Mist! Aber vielleicht hat wenigstens Dokutoge seinen Auftrag erfüllt und ihr klar gemacht, dass Arashitsume hinter der ganzen Angelegenheit die Fäden zieht. Er kann es nur hoffen. Doch weiter kommt er mit seinen Gedankengängen nicht, denn schon stürmt sein Bruder erneut auf ihn zu und setzt ihn mit seinen Attacken massiv unter Druck. Yarinuyuki betrachtet das Treiben aufmerksam. So so, Sesshomaru kämpft also gegen seinen Bruder. Entweder er versucht noch immer, ihre Bedingungen zu erfüllen, oder er will einen Zeugen verschwinden lassen. Wenn allerdings der Nishi-aitsu recht hat mit seiner Behauptung, würde das diesem Kampf eine ganz andere Bedeutung geben. Nachdenklich legt sich Yarinuyukis Stirn in Falten. Vielleicht erhält sie hier ja ein paar ihrer begehrten Antworten. Nun ja, das wird sich gleich herausstellen. Mit einem grazilen Sprung nähert sie sich den beiden Kämpfenden; ihr Gefangener verharrt an Ort und Stelle. „Sesshomaru!“, ruft sie mit einem herablassenden Lächeln, „So wie es aussieht, versucht Ihr doch noch zu Eurem Wort zu stehen. Ich hatte schon den Eindruck gewonnen, Ihr hättet Wichtigeres zu tun, als Eure Glaubwürdigkeit zu bestätigen.“ Für einen kurzen Augenblick geht der mächtige Hundekopf in ihre Richtung, doch dann ruckt er gleich wieder zurück und der Daiyoukai weicht einem erneuten Schlag seines Bruders aus. Wütend schnappt er nach dem Hanyou, der seinerseits noch immer alle Mühe hat, aus dem Weg zu springen. Yarinuyuki presst die Kiefer aufeinander. Der Kerl wagt es doch tatsächlich, sie zu ignorieren. Das lässt sie sich nicht bieten! Wenn das so ist, muss sie wohl deutlicher werden. „Wie ich sehe, stimmt es also“, sie stemmt einen Arm in die Seite, „Die Pflege der Beziehungen zwischen den Clans, scheint bei Euch keine große Bedeutung zu haben. Das wirft kein gutes Licht auf Euch, Sesshomaru. Schon gar nicht, wenn man so hört, dass Ihr Euch von einem Streuner beschützen lassen müsst.“ Kaum sind diese Worte verhallt, hält die mächtige Gestalt augenblicklich inne und reißt den Kopf herum. Rotglühende Augen funkeln die Nordfürstin an und der riesige Hund fletscht tödlich die Zähne, von denen noch immer ein gefährlich grünlicher Geifer tropft. Yarinuyuki grinst triumphierend: „Es stimmt also. Ziemlich erbärmlich, findet Ihr nicht?“, doch nun wird sie wieder ernst, „Aber lasst Euch gleich gesagt sein: Der Knabe stand in meinen Diensten und ich werde Euch für seinen Tod zur Verantwortung ziehen! Wirklich eine Schande, dass Ihr es nötigt habt, Euch von irgendwelchen dahergelaufenen Gesetzlosen beschützen zu lassen!“ In eben diesem Moment ertönt ein schauerliches Knurren in Sesshomarus Kehle. Seine Augen leuchten gefährlich auf und im nächsten Augenblick springt er auch schon direkt auf Yarinuyuki zu. Doch die Nordfürstin schaut ihm nur verächtlich entgegen: „Überlegt Euch gut, was Ihr jetzt tut, Sesshomaru!“, meint sie scharf, „Wenn Ihr es tatsächlich wagt einen Zwischenfall herbeizuführen, werden meine Leute Euch gnadenlos niedermachen! Ich hoffe das ist Euch klar!“ Doch der riesige Dämonenhund scheint sie nicht einmal zu hören. Ungebremst stürmt er weiter auf sie zu mit einem grausigen Knurren in der Kehle und mit stechend rotem Blick, bereit alles zu zerfleischen, was ihm zwischen die Kiefer gerät. Und irgendwie dämmert es Yarinuyuki, dass Argumente diesmal bei dem Fürst des Westens keinerlei Effekt haben werden. Ihre Augen weiten sich ein wenig und mit ungläubigem Erstaunen, blickt sie ihm reglos entgegen. Fast schon ist er bei ihr. Da endlich kommt wieder Bewegung in sie. Ihre Augen werden wieder schmal und mit einer geschmeidigen Bewegung zieht sie ihr Schwert: „Wenn das Eure Antwort ist, Sesshomaru, dann kommt nur! Ich werde Euch würdig empfangen!“ Schon reißt die riesige Bestie ihren Rachen auf, um die Daiyoukai mit einem wütenden Schnappen zu verschlingen. Die Nordfürstin jedoch ihrerseits reckt nun kampfbereit das Kinn und entschlossen hebt sie ihre Klinge zum Schlag. Doch nur einen Sekundenbruchteil bevor ihr Hyouamejin niedergeht und die gefährlichen Kiefer sich um sie schließen können, schiebt sich eine rotgekleidete Gestalt zwischen die beiden Kämpfer, fängt den Biss des riesigen Hundes mit der eigenen, hell leuchtenden Klinge ab und packt zur gleichen Zeit mit grimmiger Entschlossenheit das Handgelenk der Nordfürstin und hindert sie so am Schlag. Durch die Wucht des mächtigen Daiyoukais weggedrängt, wird Inu Yasha noch ein ganzes Stück über die Ebene geschoben, samt Nordfürstin, ehe seine in den Boden gepressten Füße der Bewegung ein Ende machen. Wieder wird eine beträchtliche Staubwolke aufgewühlt und verhüllt für einen kurzen Moment den Hanyou vor dem entrüsteten Blick der Fürstin. Dann verziehen sich die Schwaden wieder und nun kann man sehen, wie der Hanyou noch immer, scheinbar mit purer Willenskraft, die mächtige, reißzahnbewehrte Schnauze seines Bruders auf Abstand hält und unter heftigem Keuchen und mit vor Anstrengung zitternden Muskeln, die Nordfürstin davor bewahrt, von Sesshomaru angefallen zu werden. Mit verbissener Miene schaut er nun auf und mit wütendem Blick starrt er die Fürstin an. „Bist du lebensmüde?“, stößt er keuchend hervor, „Misch dich bloß nicht ein, du vorlaute Nervensäge! Ich hab mit ihm schon völlig genug zu tun, auch ohne, dass du ihn noch zusätzlich provozieren musst. Also verzieh dich besser und lass mich das hier alleine regeln!“ Doch schon im nächsten Augenblick hat der riesige Hund sich wieder aufgerichtet und ein weiteres wütendes Schnappen seinerseits zwingt den Hanyou gleich wieder dazu, rasch aus dem Weg zu springen. Im ersten Moment hat Yarinuyuki ihn nur verblüfft angeschaut, doch dann verfinstert sich ihre Miene schlagartig „Wie hast du mich gerade genannt, du kleine Pest?“ Und mit diesen Worten springt sie direkt auf die beiden Kämpfer zu, das Schwert zum Schlag erhoben. Flüchtig nimmt Inu Yasha die Bewegung der Fürstin aus den Augenwinkeln wahr. Na wunderbar! Das fehlte ihm jetzt gerade noch. Gleich zwei Daiyoukai die es auf ihn abgesehen haben. Als wäre der eine nicht schon schlimm genug. Na ja, vielleicht waren seine Worte gerade nicht besonders glücklich gewählt, aber es war nun mal das erste was ihm in der Situation eingefallen war. Den möchte er sehen der im Angesicht messerscharfer Reißzähne und riesiger, geifernder Fänge eine taktvollere Formulierung für „Halt dich da raus!“ gefunden hätte. Und nun hat er die Nordfürstin wohl noch zusätzlich verärgert. So ein Mist! Sesshomaru lässt ihn bereits jetzt schon keine Sekunde zu Atem kommen und wenn sich nun auch noch die Fürstin des Nordens in den Kampf einmischt, hat er wirklich keine Chance, mit dem Leben davon zu kommen. Das Schlimme ist nur, dass nach seinem Tod der Kampf zwischen den beiden Fürsten und damit zwischen den beiden Reichen beginnen wird und eben das sollte ja eigentlich verhindert werden. Verdammt! Was soll er bloß tun? Es scheint als wäre die Nordfürstin im Augenblick noch immer Sesshomarus vorrangiges Ziel und das gilt es erstmal zu verhindern. Mit aller Kraft schlägt Inu Yasha nach der geifernden Schnauze seines Bruders, die immer wieder in Yarinuyukis Richtung schnappt und stellt sich ihm jedes Mal demonstrativ in den Weg, wenn der gewaltige Hund an ihm vorbei will. Im Augenblick kann er ihn noch mit Mühe und Not in Schach halten, doch wie lange noch; die Nordfürstin ist schon fast bei ihm. Yarinuyukis Augen funkeln eisig mit hoch erhobenem Schwert stürmt sie auf den kämpfenden Hanyou zu. Soweit kommt es noch, dass sie sich von so einem niederen Wesen beleidigen lässt. Immerhin ist sie eine Fürstin und jeder der es wagt, ihr gegenüber frech zu werden, büßt das mit seinem Leben! Nein, es steht nicht länger Sesshomaru zu, ihn zu töten. Dieses Privileg wird sie für sich beanspruchen. Und danach ist dieser unverschämte Westfürst dran, der es gewagt hat, sie herauszufordern. Schon hebt sie ihre Waffe zum Schlag. In ihrem Blick liegt tödliche Entschlossenheit. Doch in diesem Augenblick nimmt etwas ganz anderes ihre Aufmerksamkeit in Anspruch. Ihr Kopf ruckt herum und wendet sich dem Saum des Waldes zu. Für einen Moment hält sie verblüfft inne, doch dann verzerrt sich ihre Miene zu grimmigem Ärger. Dieser Bastard! Also hatte der Higashi-aitsu doch recht gehabt und der Fürst des Westens ist tatsächlich auf Krieg aus. In diesem Augenblick tauchen am Rand der Lichtung die Westyoukais auf, unter der Führung von Chitsurao. Die Augen des Vizekommandanten mustern rasch das vor ihm liegende Szenario und rasch versucht er das Geschehen zu erfassen. Wie er es vermutet hatte. Sein Herr befindet sich im Kampf mit seinen Bruder. Anscheinend ist der Hanyou wirklich ein stärkerer Gegner als er bisher angenommen hat. Ihm sind die zahlreichen Wunden seines Herren nicht entgangen. Es muss wirklich ein harter Kampf sein, wenn sein Fürst sogar in seiner wahren Gestalt kämpfen muss. Ein flüchtiger Blick zum Himmel informiert ihn darüber, dass das Ultimatum bereits abgelaufen ist. Vermutlich ist die Fürstin des Nordens deshalb hier, um zu überprüfen, ob der Westen seine Zusagen einhält. Und offensichtlich ist sie mit der aktuellen Situation keineswegs zufrieden. Sie hat bereits beschlossen in den Kampf einzugreifen. Ob sie seinen Herrn für die Nichteinhaltung des Abkommens bestrafen will, oder einfach die Geduld verloren hat und den Hanyou selbst töten will, spielt im Augenblick keine Rolle. Chitsurao weiß, dass er nicht länger tatenlos zusehen kann. Der Hanyou muss beseitigt werden, so schnell wie möglich! Vielleicht lässt sich dann noch ein größeres Blutbad verhindern. Und im schlimmsten Fall werden sie ihrem Herrn gegen die Nordfürstin beistehen. Ein Wink und ein kurzer Blick zu seinen Leuten genügt und sie Westyoukais wissen was sie zu tun haben. Augenblicklich schnellen sie vor, um in den Kampf einzugreifen und den Widersacher ihres Herrn endgültig zu vernichten. Yarinuyuki fletscht die Zähne. Hier steht sie nun allein dem Heer das Westens gegenüber, doch das wird sie in keinster Weise abschrecken. Diese elenden, verlausten Nishi-aitsu werden gleich schmerzlich am eigenen Leib erfahren, was es heißt, sich mit einer Daiyoukai aus dem Norden anzulegen. Sie wird ihre Haut so teuer wie möglich verkaufen und wenn es nach ihr ginge, wird kein einziger dieser stinkenden Köter das Licht des nächsten Tages erblicken. Es kann gar nicht mehr lange dauern, bis ihre eigenen Leute da sind und dann wird sie diese ehrlosen Verräter lehren, sich mit dem Norden anzulegen. Mit halbem Auge nimmt Inu Yasha das Auftauchen der Westyoukais wahr und Yarinuyukis Reaktion darauf. Sie hat sich von ihm abgewandt und blickt jetzt den heranstürmenden Westyoukais entgegen. Eigentlich könnte es ihm ja nur gelegen kommen, dass sie nicht länger versucht, ihn in Stücke zu schneiden, doch das bedeutet auch, dass sie jetzt vermutlich den direkten Weg für einen politischen Zwischenfall bevorzugt, falls sie sich jetzt tatsächlich auf eine Auseinandersetzung mit dem Westheer einlässt. Verdammt! Und er kann das jetzt gerade nicht verhindern. Warum zum Geier greifen diese Deppen sie auch ohne jeden Befehl an? Doch dann dämmert es ihm. Sie greifen nicht Sie an, sondern Ihn! Für sie muss es so aussehen, als ob er gerade ihren Fürsten in Bedrängnis bringt. Inu Yasha lacht einmal bitter auf. Als ob er diesen Kerl tatsächlich in Bedrängnis bringen könnte. Alles was er bisher erreicht hat, ist dass Sesshomaru sich in den letzten Minuten nicht sonderlich viel weiter Richtung Ostpalast bewegt hat. Und selbst das hat ihn bereits einige Rippen gekostet. Und nicht mal das ist wirklich sein Verdienst, sondern eher die Tatsache, dass Yarinuyukis Worte ihn dazu gebracht haben, sie als sein neues Ziel anzusehen. Und nun mischen sich auch noch die Krieger seines Bruders ein und machen die ganze Angelegenheit nur noch komplizierter. Es ist doch wirklich zum Verrückt werden! Müsste er nicht jeden Moment damit rechnen von Sesshomarus Kiefern zermalmt zu werden, könnte er versuchen das Westheer fortzuschicken, doch so sind ihm zu seinem Leidwesen die Hände gebunden. Wenn es doch nur irgendwas gäbe, um die Situation zu entschärfen. Scheinbar gibt es nur eine Lösung. Er muss versuchen, Sesshomaru davon abzubringen, die Nordfürstin anzufallen; notfalls mit Gewalt! Damit zieht er zwar den Zorn des Westheeres auf sich, aber das ist ihm immer noch lieber als ein politischer Zwischenfall zwischen den Clans. Mit den Kriegern seines Bruders kann er sich später noch befassen, Hauptsache die Fürstin des Nordens nimmt nicht länger an, dass die Westkrieger Sie angreifen wollen; und das tut sie gerade, man sieht es ihr an. Dort drüben steht sie mit eisigem Blick, das Schwert zum Angriff erhoben und nun erkennt man auch das kühle Glimmen ihrer Aura die sich bedrohlich um sie legt. Vor ihr die Krieger des Westens die in ihre Richtung stürmen und dabei eigentlich nur ihrem Fürsten gegen diesen lästigen, zähen Hanyou beistehen wollen. Und hier direkt vor ihm lauert noch immer sein Bruder und wartet nur auf eine günstige Gelegenheit, um an ihm vorbeizukommen und die Nordfürstin zu zerreißen. Eine wahrlich verfahrene Situation. Inu Yasha beißt die Zähne zusammen. Verdammt, so hat er sich das Ganze wirklich nicht vorgestellt. Doch ihm bleibt einfach keine Wahl! Grimmig packt er seine Waffe fester. „Du hast es so gewollt!“, murmelt er leise, dann holt er mit seinem Schwert aus und schlägt zu. „Kaze no Kizu!“ Eine heftige, leuchtende Energiewelle fegt über den Platz und nur Augenblicke später wird der riesige Hund aus nächster Nähe davon eingehüllt. Ein heiseres Kläffen schallt über den Platz und dann ist die gewaltige Gestalt erneut in einer dichten Staubwolke verschwunden. Fassungslos sind die Westkrieger für einen Augenblick wie erstarrt stehen geblieben. Doch dann hört man ein vielfaches Grollen aus ihren Kehlen und mit urplötzlich rotleuchtenden Augen und vorgeschobenen Reißzähnen stürmen sie weiter vor. Yarinuyuki sieht sie kommen. Diese tollkühnen Irren! Sie wird ihnen eine gehörige Lehre erteilen. Schon hebt sie ihr Schwert zum Schlag. Kommt nur! Chitsurao sieht es. Die Nordfürstin ist zum Kampf bereit. Sie wird gegen sie kämpfen, das steht außer Frage. Ist der Konflikt bereits ernster als sie wissen? Fürst Sesshomaru hat ihnen noch keinen Befehl zum Rückzug gegeben. Bedeutet das, er billigt ihren Angriff? Um so mehr Grund für sie, ihr bestes zu geben, selbst wenn sie gegen eine Daiyoukai bestimmt kein leichtes Spiel haben werden. Doch nun gibt es kein Zurück mehr. Unaufhaltsam stürmen die Westyoukais der Daiyoukai aus dem Norden entgegen. Nur noch wenige Schritte und der Schlagabtausch beginnt. Doch in genau diesem Moment fegt ein scharfer Wind zwischen den beiden Parteien hindurch und durchkreuzt rigoros den Weg der Angreifer, wobei sich auf dem Boden eine deutlich sichtbare Furche in die Erde gräbt. Und im nächsten Moment steht an eben dieser Stelle eine Person. Sie ist hoch aufgerichtet und versperrt den heranstürmenden Westyoukais den Weg. „Auf der Stelle stehen bleiben!“, wettert eine laute, autoritäre Stimme und rotleuchtende Augen fixieren die Westkrieger unerbittlich. Ein wenig irritiert verringern die Westkrieger ihre Geschwindigkeit. Irgendetwas an dieser Stimme kommt ihnen vertraut vor und zwingt sie zum Gehorsam. Verwirrt mustert Chitsurao den Neuankömmling. Doch dann weiten sich seine Augen und er bleibt stehen. „Dokutoge-sama?“, fragt er verblüfft. Nun wo sich der Staub etwas verzogen hat, ist der Youkai deutlicher zu erkennen. Mit bleichem Gesicht und verkrampfter Miene steht Dokutoge da. Auch wenn er sich bemüht, Würde zu bewahren, sieht man wie seine Glieder vor Anstrengung zittern. Sein Atem geht stoßweise und sein Schwert liegt nur kraftlos in seiner Hand. Nun wendet er sich an Chitsurao. „Ruft sie auf der Stelle zurück!“, bringt er so energisch wie möglich hervor, „Kein Angriff!“ Zu lange schon ist Chitsurao es gewohnt, den Befehlen seines Vorgesetzten zu gehorchen. Ein Wink und ein Blick genügt und die Westkrieger halten, wenn auch etwas zögernd, inne. Chitsurao mustert seinen Hauptmann kritisch. Er sieht äußerst mitgenommen aus und nur noch die pure Willenskraft scheint ihn auf den Beinen zu halten. Offenbar ist inzwischen einiges vorgefallen von dem er nichts weiß und angesichts der momentanen Situation wäre es wichtig zu wissen was. „Was hat das zu bedeuten?“, den Ärger in seiner Stimme kann Chitsurao nicht völlig verbergen, „Sesshomaru-sama wird angegriffen. Was für ein Spiel spielt Ihr da Dokutoge-sama?“ Der ehemals so stattliche Westkrieger atmet schwer. Mit erschöpftem Blick schaut er zu seinem Vizehauptmann hinüber. „Chitsurao-sama, tut einfach was ich Euch sage. Ihr habt keine Ahnung was hier vor sich geht.“ Mit einer wütenden Geste zeigt Chitsurao in die Richtung in der gerade noch Sesshomaru und sein Bruder gekämpft haben und die noch immer von einer Staubwolke eingehüllt ist. „Der Hanyou greift unseren Fürsten an. Es ist unsere Pflicht, ihm beizustehen. Verdammt, besitzt Ihr denn überhaupt keine Ehre?“ Für einen Moment hängen diese Worte schwer in der Luft. Die Westkrieger halten teilweise den Atem an. Nie zuvor hat sich Chitsurao so verächtlich über ihren Hauptmann geäußert. Auch wenn sie wissen, dass Dokutoge nicht die freundlichsten Gefühle für ihren Fürsten hegt, so hat er doch bisher stets treu seine Pflicht getan und ihm gedient. Warum er jetzt befiehlt, ihn im Stich zu lassen, ist für sie unbegreiflich. Trotzdem verwundert sie der offene Ausbruch ihres Vizehauptmanns und im Augenblick wissen sie nicht recht, was sie davon halten sollen. Einen langen Moment schaut der angeschlagene Hauptmann seinen ersten Untergebenen an. Dann sagt er müde: „Chitsurao-sama, in den vergangenen Stunden hat sich viel verändert. Ihr müsst mir glauben, wenn ich sage, dass dies alles nur zum Wohle des Reiches dient.“ „Indem Ihr Sesshomaru-sama seinem Bruder und dem Feind preisgebt?“, fragt Chitsurao empört zurück, „Wie soll das dem Wohle des Reiches dienen?“ Doch Dokutoge kommt nicht mehr dazu zu antworten. In diesem Augenblick trifft ihn ein heftiger Schlag in den Rücken und mit schmerzverzerrtem Gesicht knicken ihm die Knie ein. Direkt hinter ihm steht mit erhobenem Haupt und zorniger Miene Yarinuyuki und ihre blutigen Klauen sind noch immer zum Schlag erhoben. „Du Hund!“, grollt sie tödlich, „Wie kommst du hierher?“ Sofort scheint aller Zwist zwischen den Westyoukai vergessen zu sein. Ihr Hauptmann wurde angegriffen und das werden sie nicht dulden. Mit bedrohlichem Knurren kommen die Krieger auf die Nordfürstin zu. „Stehen bleiben! Niemand mischt sich ein!“, rau fliegt der Schrei über die Lichtung. Mit großer Mühe stemmt sich Dokutoge wieder hoch. Widerwillig verharren die Krieger wo sie sind. Nun wendet sich der verwundete Youkai zu Yarinuyuki um. Ein weiterer Schlag der Fürstin trifft ihn; diesmal ins Gesicht. Wieder zucken die Westkrieger zusammen, doch ein erneutes „Halt!“ ruft sie zur Ordnung. Wieder schlägt sie zu und dieses Mal trifft sie sein Gesicht so hart, dass er mehrere Schritte fortgeschleudert wird. Schwach hebt Dokutoge den Kopf und blickt hinauf in ihr zorniges Gesicht. Er spuckt einen Schwall Blut aus. „Ich verdiene Euren Zorn, Yarinuyuki-sama“, sagt er, „Ihr habt alles Recht, mich zu bestrafen.“ Nun steht sie über ihm. „Deinetwegen, werde ich nun einige meiner besten Krieger umbringen müssen, du Bastard!“, zischt sie voll unterdrückter Wut. „Ich bedaure das sehr, edle Fürstin!“, gibt er schwach zur Antwort. „Lügner!“, ruft sie ungehalten, „Du bist doch bloß hier um deinen Herrn zu warnen, dass ich ihn durchschaut habe!“ Dokutoge schüttelt den Kopf: „Nein, edle Fürstin! Das ist nicht der Grund.“ Mit grobem Griff packt sie ihn und zerrt ihn zu sich hoch. Ihre Augen leuchten unheilverkündend. „Sesshomaru wollte einen Zwischenfall. Er wollte einen Grund für den Krieg. Deshalb hat er sein Heer hierher gebracht! Deshalb hast du versucht mich mit deinen Lügen in Sicherheit zu wiegen. Deshalb hat er gerade versucht mich anzugreifen und deshalb werde ich jetzt kurzen Prozess mit ihm machen!“ Dokutoge erwidert ihren gnadenlosen Blick. „Ihr seid im Irrtum, Yarinuyuki-sama! So ist es nicht!“ Ihr Griff wird fester und ihre Klauen graben sich tief in sein Fleisch. „Noch mehr Lügen!“, zischt sie, „Es reicht!“ „Yarinuyuki-sama!“, erwidert Dokutoge drängend, „Erinnert Euch! Bedenkt, warum Ihr vorhin gewillt ward, meinen Worten zu glauben.“ Er weist mit dem Kopf in die Richtung in der sich die beiden kämpfenden Brüder des Westens befinden. „Es ist nicht so wie Ihr annehmt!“ „Vielleicht hätte ich dir geglaubt, wenn du nicht vor meinen Wachen geflohen wärst, Köter!“, zischt sie wütend, „Und ich bin sicher, dass dir das klar gewesen ist.“ Dokutoge beißt die Zähne aufeinander. Gequält schlägt er die Augen nieder. „Dafür gab es einen Grund, edle Fürstin.“ Ihr Gesicht kommt näher an seines. Noch immer hält ihr stählerner Griff ihn in der Luft: „Was könnte wichtiger sein, als die Glaubwürdigkeit deines Herrn zu bewahren? Allein schon für diesen Treueverrat sollte ich dich töten. Jemand wie du verdient es nicht zu leben!“ „Lasst mich erklären, edle Fürstin!“, drängend schaut er sie an, „Hört mich noch ein letztes Mal an und dann tut mit mir was Ihr wollt!“ Yarinuyuki beißt hart die Kiefer aufeinander und ihre Hand zittert vor Wut. „Ich habe genug gehört!“, grollt sie, „Die Zeit des Redens ist vorbei!“ „Selbst wenn Ihr mir nicht glaubt und mich jetzt tötet, werdet Ihr nie erfahren, ob es wirklich so ist wie Ihr annehmt“, erwidert Dokutoge hastig, „Meine Gehorsamsverweigerung wird Euch keine Bestätigung für eine der Geschichten geben. Riskiert keinen Krieg ohne eindeutige Beweise!“ Für einen Augenblick scheint sie schwer mit sich zu ringen und ihre Kiefer mahlen. Dann zischt sie: „Ich werde die Beweise erhalten auch nach deinem Tod.“ Mit diesen Worten schleudert sie ihn zu Boden. Nur eine kleine Geste mit ihrer Hand und ihr vorhin beiläufig beiseite geworfener Gefangener schwebt nun wieder zu ihr hinüber und verharrt direkt hinter ihr. Ein leises Raunen geht durch die Reihen der Westkrieger als sie den Youkai in ihrem Gewahrsam erkennen. Dokutoge kniet auf dem Boden vor ihr und hält sich die blutenden Brust. Sein Atem geht rasselnd und sein Gesicht ist schmerzverzerrt. „Von ihm werde ich alles erfahren, was ich wissen muss“, sagt Yarinuyuki entschieden und nickt kurz in seine Richtung. „Und was werdet Ihr dann mit ihm tun, Yarinuyuki-sama?“, Dokutoges Stimme ist schwach. Verächtlich blickt sie auf ihn hinab. „Das sollte dir klar sein, Kerl! Warum soll ich ihn am Leben lassen, wenn er nicht länger von Nutzen ist für mich?“ Dokutoge keucht vernehmlich und seine Faust verkrampft sich. „Tut das nicht, edle Fürstin!“, stößt er hervor. „Schweig!“, herrscht sie ihn an, „Sag mir nicht, was ich tun oder zu lassen habe! Wenn es stimmt was du sagst, dann ist er ein Verräter und etwas anderes als den Tod hat er nicht verdient. Selbst euer Herr würde ihn dafür töten, was er getan hat. Und im Augenblick ist er mein Gefangener und ich werde es ganz bestimmt tun!“ Nun blickt Dokutoge zu ihr auf. Sein Gesicht ist bleich und blutverschmiert. Schweiß steht ihm auf der Stirn und in seinen blass-gelben Augen liegt tiefer Schmerz. „Yarinuyuki-sama...“, sagt er leise, „ich weiß, ich habe kein Recht auch nur irgendetwas von Euch zu fordern, doch ich bitte Euch, verschont sein Leben!“ Ein erneutes Raunen wird unter den Westkriegern laut. Was hat das zu bedeuten? Viele von ihnen kennen den Hintergrund von Kossoridokus Verschwinden damals, auch wenn niemand es wagt, dies laut vor ihrem Hauptmann anzusprechen. Für einen Moment, schaut die Nordfürstin lediglich verächtlich auf ihn hinab, doch dann macht sie zornig einen Schritt zurück. „Ich bin es Leid, dein Gefasel zu hören!“ Grob packt sie die Haare ihres Gefangenen und reißt sie ruckartig hoch. „Diese Kreatur wird für mich lediglich noch so lange von Bedeutung sein, bis ich alles von ihr erfahren habe was ich zu der aktuellen Situation wissen muss. Mehr ist sie für mich nicht wert!“ „Aber... für mich!“, kommt die leise Antwort von Dokutoge. Hart erwidert Yarinuyuki seinen Blick. Ihre Finger verkrampfen sich unter ihrem Griff. „Törichter Idiot! Kannst du es nicht sehen?“, sie reißt erneut Kossoridokus Kopf hoch; der Blick des gefangenen Westyoukais wirkt noch immer teilnahmslos benebelt und scheint ins Leere zu gehen. Ärgerlich packt Yarinuyuki seinen Kiefer. „Auch wenn sein Herz noch schlägt, in diesem Köter ist längst kein Leben mehr. Er ist gebrochen und sein Geist ist zerstört. Der Tod wäre wahrlich noch eine Gnade! Als Spion wird er nie wieder taugen und wenn es stimmt was du sagst, dann hat er seine Fürsten und sein Reich schmählich verraten. Was kann er dir also wert sein?“ Dokutoge presst die Kiefer aufeinander und kneift die Augen zu. „Er... ist mein Sohn!“ Lieblos lässt die Nordfürstin Kossoridokus Kopf los. Dann kommt sie wieder bedrohlich auf Dokutoge zu. „Du stellst also deinen Sohn über Fürst und Reich? Was für ein erbärmlicher Haufen von Verrätern seid ihr Nishi-aitsu doch!“ Nun blickt Dokutoge auf. „Nein!“, stellt er mit schwacher Stimme klar, „Ich stelle meinen Sohn nicht über meine Pflicht meinem Fürsten gegenüber. Aber ich kann einfach keine Chance ungenutzt lassen, um ihm das Leben zu retten.“ Sein Gesicht ist voller Qual. „Ja, er ist ein Verräter und hat große Schande auf sich und seine Familie geladen. Er hat sogar dazu beigetragen, einen Krieg zwischen den Clans heraufzubeschwören und dafür mit Sicherheit den Tod verdient, aber...“, sein Blick geht hinüber zu dem reglosen Kossoridoku, „er ist trotz allem mein Sohn.“ Sein leidvoller Blick geht wieder zurück zu Yarinuyuki. „Es ist wahr. Kein Vater sollte sein Kind im Stich lassen! Und ich bringe es ebenfalls nicht fertig!“ Mit wildem Blick und verbissenen Kiefern starrt Yarinuyuki auf ihn hinab. Ihre Hand krampft sich schmerzhaft um ihren Schwertgriff und sie schnauft vernehmlich. Es scheint als ringe sie gerade schwer mit sich selbst. Einen ganzen Moment lang verharrt sie so. Dann quetscht sie hervor: „Du bist solch ein Narr! Glaubst du, das ändert noch etwas an meinem Entschluss? Sobald ich alles erfahren habe was ich wissen muss, wird sein Leben nicht länger von Nutzen sein! Auf Sentimentalitäten kann ich keine Rücksicht nehmen.“ Nun richtet Dokutoge sich wieder ein Stück auf und seine Miene lässt keinen Zweifel an seiner Ernsthaftigkeit zu. „Dann bitte ich Euch, tötet mich an seiner statt! Verhört ihn und bringt in Erfahrung was immer Ihr müsst, aber verschont sein Leben! Dass aus ihm das wurde, was er heute ist, ist auch mein Verschulden und ich bin bereit, dafür die Verantwortung zu übernehmen! Wenn Ihr jemanden bestrafen wollt, dann mich! Gebt ihn frei!“ Nach diesen Worten liegt für einige Augenblicke gespanntes Schweigen über der Lichtung. Die Westyoukai können nicht glauben und noch weniger verstehen was ihr Hauptmann da von sich gibt, doch niemand wagt es, Einspruch zu erheben. Sie sind viel zu gespannt darauf welche Wendung diese Ereignisse noch nehmen werden. Die Fürstin des Nordens durchbohrt ihn noch immer mit grimmigen Blicken. Das Schwert in ihrer Faust zittert leicht vor Anspannung. Ihre Kiefer mahlen. Schließlich schnaubt sie verächtlich auf: „Wie ich schon sagte, du bist ein Narr! Die Sorge um deinen Sohn scheint dich offenbar deiner Vernunft beraubt zu haben, da du sogar dein Leben gegen das seine eintauschen willst, ungeachtet dessen, was das womöglich für deinen Ruf oder den deines Fürsten bedeuten würde. Was für ein törichtes und sinnloses Unterfangen!“ Dokutoges Körperhaltung versteift sich. Einen kurzen Moment hält er inne, doch dann atmet er einmal durch und hebt langsam den Kopf. Sein Blick ist unverwandt auf die Nordfürstin gerichtet. Seine Miene ist betrübt, doch in seinen Augen liegt etwas drängendes, das nur schwer zu deuten ist. Dann sagt er: „Das mag sein. Doch ich versichere Euch, der Verlust eines Kindes, kann einen Vater noch zu ganz anderen Dingen treiben!“ Yarinuyuki erstarrt. Ungläubig schaut sie auf den vor ihr knienden Youkai herab. Für einen langen Moment rührt sie keinen Muskel und es ist ihr fast anzusehen wie angestrengt es in ihren Gedanken arbeitet. Ihr Gesicht spiegelt eine Vielzahl an Emotionen wieder und nicht wenige davon beschäftigen sich mit der sofortigen Exekution des vor ihr knienden Westyoukai. Doch noch ehe sie mit sich zu einer Einigung kommt, werden ihre Gedankengänge jäh unterbrochen durch eine enorme Erschütterung des Bodens und das wilde Aufflammen einer mächtigen Aura hinter ihnen. Ruckartig dreht sie sich um, alle Muskeln und Sinne alarmbereit angespannt. Ein Stück entfernt erhebt sich gerade mit einem unheilvollem Geknurre eine riesige Gestalt, stößt ein trommelfellzerfetzendes Kläffen aus und im nächsten Augenblick macht sie schon kehrt und läuft mit beunruhigendem Tempo direkt in die Richtung des Ostpalastes; unmittelbar gefolgt von einer kleineren, rotgekleideten Gestalt. Für einen kurzen Moment hält Yarinuyuki überrascht inne, doch dann legt sich ihre Stirn nachdenklich in Falten und sie wendet sich von Dokutoge ab. Nur eine kurze Fingerbewegung, lässt ihren Gefangenen erneut auf gewohnter Höhe hinter ihr schweben. Dann steckt sie ihr Schwert ein und will sich daran machen, die gleiche Richtung wie die beiden Verschwundenen einzuschlagen. Doch sie hat kaum zwei Schritte unternommen, als auch schon Dokutoge ihr mit entschlossener Miene den Weg versperrt. Der Youkai scheint am Ende seiner Kräfte zu sein, doch der pure Wille hält ihn noch auf den Füßen und gibt ihm die Energie, der Nordfürstin zu trotzen. „Lasst ihn gehen!“, keucht er erschöpft jedoch entschieden, „Er ist nicht Euer Feind!“ Doch zu seiner Überraschung ist Yarinuyukis Miene diesmal völlig ausdruckslos. Schweigend blickt sie ihn an. Dann sagt sie: „Geh mir aus dem Weg!“ Ein wenig irritiert blickt Dokutoge drein, doch er rührt sich nicht vom Fleck. Yarinuyukis Stimme wird geringfügig schärfer: „Geh aus dem Weg! Du hast deine Schuldigkeit getan. Alles weitere betrifft dich nicht.“ Zögernd behält Dokutoge sie im Auge, doch er macht keine Anstalten, Platz zu machen. Mit eleganter Bewegung umschließt die Nordfürstin den Griff ihres Schwertes, zieht es aus der Scheide und streckt ihm dann demonstrativ die Waffe entgegen. Abschätzend betrachtet der Westyoukai seine Gegenüber. Ihre Wut scheint gänzlich verraucht zu sein. Lediglich kühle Berechnung liegt noch in ihrem Gesicht und es scheint, als hätte sie nun eine Entscheidung getroffen. Und eben diese Entschlossenheit ist es, die Dokutoge schließlich dazu bringt, einen Schritt beiseite zu treten und ihr den Weg freizugeben. Unmittelbar darauf setzt sie sich in Bewegung und schlägt auf direktem Weg die Richtung zum Ostpalast ein, ihren Gefangenen noch immer im Schlepptau hinter sich herschweben lassend. Wenige Augenblicke später ist sie zwischen den Bäumen verschwunden. Eine kurze Weile blickt Dokutoge ihr hinterher doch dann, als sie nicht länger zu sehen ist, geben letztlich seine Beine nach und er sackt kraftlos in sich zusammen. Rasch tritt Chitsurao an ihn heran und schaut mit leicht verstimmter Miene auf ihn herunter. Er schnaubt einmal vernehmlich auf. „Würdet Ihr mir vielleicht endlich mal erklären, was hier vor sich geht? Was hat das alles zu bedeuten? Was soll das Ganze, verdammt noch mal? Warum dürfen wir Sesshomaru-sama nicht beistehen, was wirft die Fürstin ihm vor und was zum Teufel hat Kossoridoku mit der ganzen Sache zu tun?“ Dokutoge atmet schwer. Mit zittrigen Fingern wischt er sich den kalten Schweiß von der Stirn. Dann blickt er zu seinem Untergebenen hoch. „Das ist eine komplizierte Angelegenheit. Zu kompliziert im Augenblick. Jetzt ist es erst mal unsere Aufgabe, unsere Soldaten zu Arashitsumes Palast zu bringen, um Sesshomaru-sama Rückendeckung zu geben.“ „Auf einmal?“, ereifert sich Chitsurao ungehalten, „Eben sollten wir uns noch heraushalten. Wisst Ihr überhaupt noch was Ihr tut?“ Mit Mühe und Not kommt Dokutoge wieder auf die Füße. Sein Gesicht ist schneeweiß und seine Augen haben eine wässrige Farbe. „Ich werde Euch unterwegs über alles Nötige in Kenntnis setzen. Doch jetzt haben wir keine Zeit zu verlieren. Vertraut mir...!“ Mit diesen Worten knicken ihm unwillkürlich wieder die Beine weg. Doch Chitsurao ist schneller. Mit raschem Griff, hat er seinen Kommandanten vor dem Sturz bewahrt und hält ihn nun mit sicherem Griff auf den Beinen. Ein wenig seufzend schüttelt er den Kopf. „Also auf diese Erklärung bin ich wirklich gespannt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)