Wie weit wirst du gehen...? von abgemeldet (Der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert) ================================================================================ Kapitel 3: Falsches Spiel ------------------------- Wow, dieses Kapitel war eine schwere Geburt. Nachdem ich erstmal zwei Tage damit verbracht habe, passende Hintergrundmusik zu suchen, um mich in Stimmung zu bringen, bin ich dann fast am Anfang verzweifelt. Seht es mir also bitte nach, wenn der Beginn langweilig ist. Zum Glück habe ich dann eine neue CD bekommen, die meinen Ansprüchen endlich gerecht wurde. Der schicksalhafte Morgen begann mit Blut. Zumindest sah es so aus, als eine riesig erscheinende Sonne langsam über den Horizont kroch, der von roten bis orangegelben Farbenspielen bedeckt war, während ganz weit oben am Firmament noch ein dunkles Rotviolett vorherrschte. Nur wenige, zarte Wolken zogen über den Himmel, doch waren sie alle ausnahmslos rostrot, wobei sich die Farbe mit jedem Zoll, den der tiefrote Feuerball aufstieg, weiter aufhellte, bis er schließlich in einen hellen Purpurton überging. Während die Schatten immer länger wurden, kroch das Licht über Straßen, Häuser und Lebewesen wie eine Welle aus feurigem Wasser, zäh und dickflüssig, träge – wie Blut. Kai genoss den Anblick von seinem Küchenfenster aus, eine Tasse vor sich stehend, seinen Beyblade in der Hand, den er immer wieder gedankenverloren auf der Tischplatte in Drehung versetzte, nur um ihn sofort wieder einzufangen und das Spiel zu wiederholen. ‚Wie weit willst du gehen, Kai Hiwatari?’, fragte er sich selbst und rieb sich mit der freien Hand über den Nacken, der leicht schmerzte. Er kannte die Antwort bereits, auch wenn er sich immer noch nicht sicher war, den richtigen Weg gewählt zu haben. Die Sonne stieg höher und ihre Strahlen fluteten durch sein Fenster und ließen ihn die Augen geblendet zusammenkneifen. Er fühlte Tränen seine Wangen hinabrinnen, ausgelöst durch das unangenehme Brennen und die hellen Blitze, die auf seiner Netzhaut tanzten. ‚Wie weit kannst du gehen?’ Noch eine Frage, die er beantworten konnte und damit nicht weiter von Bedeutung war. Knifflig wurde es erst jetzt: ‚Und wie weit wirst du letztendlich gehen?’ Kai nahm einen Schluck aus seiner Tasse, die Augen noch immer geschlossen, da ihm die Sonne noch immer rotglühend durch die geschlossenen Lider fuhr, dann steckte er Black Dranzer in die Tasche und erhob sich. Der Stuhl scharrte leicht über die Fliesen. Es brachte nichts jetzt über die letzte Frage nachzudenken. Er konnte ja doch nur hoffen, dass er das Richtige tun würde. Jegliche Zweifel verbannend, ging er in den hinteren Teil des Hauses und erprobte ein letztes Mal vor dem großen Match seine Fähigkeiten… Einige Stunden nach Sonnenaufgang betrat Hiro das neue Trainingsgebäude der BBA und sah sich interessiert um. Es war lange nicht so groß und gut ausgestattet wie das der BEGA es gewesen war, aber die Organisation befand sich ja auch noch im Wiederaufbau. Der schwache Geruch von Farbe hing in der Luft und in einem Gang lehnte eine vergessene Leiter an der Wand, doch ansonsten schien die Anlage betriebsbereit zu sein. Tatsächlich entdeckte Hiro unter einer Bank ein liegen gelassenes Handtuch und einige leere Flaschen in den Mülleimern. Also hatte die BBA bereits wieder Zulauf. Er stromerte noch eine Weile durch das wie ausgestorben wirkende Gebäude, dann betrat er die Wettkampfhalle und setzte sich auf eine der Spielerbänke. Nun hieß es warten, bis sein Bruder und seine Freunde hier auftauchten… Etwa zur gleichen Zeit schloss Kai die Haustür hinter sich und warf einen prüfenden Blick zum Himmel. Hell und gleißend strahlte die Sonne von oben herab, eingebettet in einen seltsamen gelbstichig und staubig wirkenden, blauen Himmel. Es war heiß heute, unangenehm heiß, und drückend, als ob irgendetwas in der Luft liegen würde. Selbst der heftige Wind, der um jede Ecke fegte und an Kais weißem Schal riss, konnte daran nichts ändern. Ein blasses Lächeln auf den Lippen reihte sich der junge Blader in die hastenden Menschenmassen ein, die trotz der Schwüle auf dem Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder zu irgendwelchen Verabredungen waren. Sie schwitzten, atmeten heftig und hielten die Köpfe gesenkt, während sie immer weiter liefen und sich vermutlich nichts weiter wünschen, als nach Hause gehen zu können. Zu dem dunkel gekleideten Jungen in ihrer Mitte ließ sich eine Weile mitziehen, dann brach er aus dem Strom aus und hielt auf ein mittelgroßes Gebäude zu, in das gerade ein paar lachende Jugendliche traten. Die Klimaanlage des Trainingscenters war bisher noch nicht richtig justiert worden, weshalb sämtliche Türen und Fenster weit geöffnet waren, um den stetig wehenden Wind einzufangen und damit auf altmodische Art wenigstens für ein bisschen Kühlung zu sorgen. Tysons und die anderen Blader begrüßten diese Entscheidung, auch wenn es im Inneren des Gebäudes immer noch drückend war und ihnen der Schweiß auf der Stirn stand. Aber es war nun einmal Hochsommer und da gehörten solche Temperaturen halt dazu. Zudem schien es nicht so, als ob es noch länger so heiß bleiben würde, denn von Nordosten zogen dunkle, tief über der Stadt hängende Wolken auf. Fröhlich schwatzend durchquerten die beiden Teams die Eingangshalle und hielten auf die große Halle zu, die eigentlich für Wettkämpfe gedacht war. Helles Sonnenlicht fiel durch die gläserne Kuppel über ihren Köpfen, als sie den weitläufigen Raum betraten, und nahm ihnen für einen Moment die Sicht. Erst als sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatten, entdeckten sie die wartende Gestalt, die, die Arme vor der Brust verkreuzt und ein undeutbares Lächeln auf den Lippen, auf einer der Trainerbänke saß und sie zu erwarten schien. „Hiro?“, Tyson erkannte seinen Bruder als Erster, schien sich aber nach der Sache mit der BEGA nicht mehr ganz sicher zu sein, ob er sich über das Wiedersehen freuen sollte oder nicht. Die Gesichter seiner Teamkameraden drückten dagegen offenkundiges Misstrauen aus, während die Justice Five sichtlich überrascht waren den jungen Mann zu sehen. „Was machst du hier?“, Tyson hatte sich entschieden, dass er sich trotz allem, was geschehen war, freute und ging lächelnd auf seinen Bruder zu. „Auf dich warten“, Hiros Grinsen verursachte bei Ray ein schlechtes Gefühl und er runzelte die Stirn. Was lief hier ab? „Was er wohl dieses Mal plant“, murmelte Max an seiner Seite. Tyson war stehen geblieben und wirkte verwirrt: „Warum? Wenn du mich sehen willst, warum bist du dann schon so lange nicht mehr nach Hause gekommen? Wo warst du überhaupt die ganze Zeit?“ Sein Ton wurde immer unglücklicher und anklagender. Inzwischen hatten sich die Justice Five wieder gefangen und schlossen zu Tyson auf. Brooklyn lächelte Hiro freundlich zu, während die restlichen Teammitglieder unsicher wirkten, welche Bedeutung sie dem Auftauchen ihres alten Trainers beimessen sollten. Nur Garland wirkte ebenso wenig erfreut den Blauhaarigen zu sehen wie Ray, Max, Daichi, Kenny und Hillary: Er hatte mit angesehen, wie Hiro Kai verspottet hatte, als er gegen einen übermächtigen Gegner verlor. Er war dabei gewesen als Tysons Bruder Brooklyn immer weiter in seinem Hass und seiner Wut bestärkt hatte, nur um ihn gewinnen zu sehen. Er wusste, wie rücksichtslos der junge Mann sein Ziel verfolgt hatte und irgendetwas sagte ihm, dass er das auch immer noch tat. Der hellhaarige Blader legte Tyson eine Hand auf die Schulter und hinderte ihn so am Weitergehen. Fragend blickte ihn der Weltmeister an, wurde jedoch nicht beachtet. „Was willst du, Hiro!“, fragte Garland scharf. „Bei einem Beybladematch zusehen“, das Lächeln wurde zu einem hinterlistigen Grinsen. „Wirklich?“, man konnte an Tysons Stimme hören, dass er sich absichtlich alle Mühe gab, sich falsche Vorstellungen zu machen. Er lächelte seinen Bruder an, doch es wirkte unsicher und fast flehend. „Und wer tritt an?“ „Du, Tyson!“ Der jüngere der beiden Brüder zuckte zusammen und schluckte sichtlich. Normalerweise würde er sich freuen eine Herausforderung anzunehmen, doch in diesem Fall… Auch wenn es nicht abzustreiten war, dass er oft naiv und zu vertrauensvoll reagierte, in diesem Fall war selbst ihm klar, dass Hiro keine guten Absichten hatte. Resignierend ließ er die Schultern sinken, während sich nun auch seine Teamkameraden zu ihm gesellten: „Und gegen wen?“ „Gegen mich!“ Die Gewitterwolken waren schneller herangezogen als erwartet und schoben sich just in diesem Moment vor die Sonne. Schlagartig wurde es dunkel in der Halle, während der scharfe, nun eisig kalte Wind zur Tür des Gebäudes hereinschoss, heulend durch die Gänge raste und zwei Enden eines weißen Schals nach vorne riss, so dass sie genau in Tysons Sichtfeld flatterten. Der blauhaarige Blader musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wer knapp zwei Schritte hinter ihm stand… „Kai…“, flüsterte er und sah zu Boden. Er hatte zwar ein Rematch mit dem silberhaarigen Blader gewollt, aber nicht so… Ray und Max fehlten die Worte, Garland hatte dafür umso mehr zu sagen: „Bist du völlig übergeschnappt? Das kann nicht dein Ernst sein!“ Ein eisiger Blick brachte ihn zum Verstummen. Kai ließ beide Beybladeteams links liegen und ging um die Arena herum zu seinem Komplizen. Hiro war inzwischen aufgestanden, das hinterhältige Grinsen noch immer auf dem Gesicht, und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Ein weiterer kalter Blick brachte ihn dazu, sie schnell wieder wegzuziehen. Garland musste sich ein Grinsen verkneifen und sah aus den Augenwinkeln, wie Brooklyn ein Lachen hinter der vorgehaltenen Hand versteckte. Auch wenn das alles hier vermutlich Hiros Idee war, so schien er doch nicht das Sagen zu haben, egal was er sich auch einbilden mochte. Also konnten sie nur hoffen, dass Kai vernünftiger war als sein „Coach“ und das Alles hier beendete. Allerdings sah es nicht so aus, denn der silberhaarige Blader zog bereits seinen Starter und einen Blade aus der Tasche. „Was ist das für ein Beyblade?“, fragte Mystel als er das für Kai ungewöhnliche Design bemerkte. Auch Garland und die anderen Blader wurden nun darauf aufmerksam: Die typischen Farben Dranzers waren blau und rot, doch dieser Blade war pechschwarz, mit grünen Verzierungen. Ray begriff als Erster und schnappte nach Luft: „Das wagt er nicht!“ Max sah kurz zu ihm, dann zu dem ungewöhnlichen Beyblade. Auch er zählte eins und eins zusammen und wurde kreidebleich: „Aber ich dachte Black Dranzer wäre zerstört.“ Tyson zuckte zusammen und drehte sich zu seinen Freunden um. Er lächelte unsicher und winkte ab: „Ihr müsst euch irren. Kai würde dieses verdammte Ding kein zweites Mal gegen uns einsetzen.“ Die Blicke, die ihm seine Teamkollegen zuwarfen, zeigten ihm, dass sie anderer Meinung waren. Tyson schluckte, dann drehte er sich um und ging ziemlich steif auf das Beybladestadium zu. Es graute ihm vor dem Gedanken Black Dranzer noch einmal gegenüber zu stehen, aber als Feigling wollte er auch nicht dastehen. Vor allem nicht vor seinem Bruder, seinem gottverdammten großen Bruder, der den Bogen so langsam überspannt hatte und sich, wenn Tyson Kai besiegt hatte, auf sonst was gefasst machen durfte! Damit kam er nicht durch! Der hatte sie doch wohl nicht mehr alle! Seinen eigenen kleinen Bruder und einen seiner besten Freunde dermaßen in Gefahr zu bringen! Tyson spürte wie die Wut in ihm hochkochte und seine Angst zurückdrängte. Seine Hand schloss sich fest um Dragoon und er spürte, wie ihm sein Bitbeast noch mehr Selbstvertrauen einflößte. Dieses Match würde ein Klacks werden, durchgeknalltes, absolut bösartiges Bitbeast hin oder her! Auf der anderen Seite des Stadiums bemerkte Hiro grinsend die Veränderung, die mit Tyson vor sich ging. Er hatte schon gefürchtet, dass sein kleiner Bruder zu eingeschüchtert wäre um seine volle Kraft zu entfalten, aber scheinbar war er inzwischen genauso heiß auf den Sieg wie sonst auch. „Sieht so aus, als ob das ein aufregendes Match werden würde, Kai!“, er warf dem bereits startklaren Blader neben sich einen Seitenblick zu. „Hast du etwas Anderes erwartet?“, kam die trockene Antwort. ‚Und wie aufregend es werden wird’, dachte Kai und konnte nicht verhindern, dass sich ein sardonisches Lächeln auf seine Lippen legte. „Hau ab! Du stehst mir im Licht!“, schnauzte er seinen „Coach“ plötzlich an, ohne dass sich seine Miene veränderte. Hiro wollte etwas erwidern, doch ein stechender Blick hielt ihn zurück. Er wusste nicht warum, aber plötzlich brach ihm der Schweiß aus. Der junge Mann ließ Kai alleine stehen und schlenderte zu den beiden zuschauenden Teams hinüber, während ihm ein kalter Schauer nach dem anderen den Rücken hinunter lief. Kai nicht im Blick zu haben machte ihn im Moment nervös… Ray, Kenny und Max waren gerade damit beschäftigt den Anderen zu erklären, was es mit Black Dranzer auf sich hatte, wobei sie immer wieder besorgt zu Tyson schielten, der inzwischen ebenfalls in Start-Position war. Hiro beschloss sich vollkommen auf das Match zu konzentrieren, konnte aber nicht anders als unbewusst doch mit halbem Ohr zu zu hören. „Ein künstlich geschaffenes Bitbeast?“, fragte Garland gerade, der Blick mehr als skeptisch. Max nickte heftig und gestikulierte wild in der Luft, doch das Starten der beiden Beyblades lenkte sowohl ihn als auch die anderen Blader für einen Moment ab und sie starrten zur Arena. Die beiden Blades, weiß und schwarz, umkreisten einander vorsichtig in einigem Abstand. Tyson und Kai schienen sich erst gegenseitig abschätzen zu wollen, was Ray die Zeit gab, Max’ Erklärungen weiterzuführen: „Es ist absolut böse und überaus mächtig.“ Hiro runzelte die Stirn und wandte seine Aufmerksamkeit kurz von dem Match ab: „Übertreib nicht!“ Drei Augenpaare starrten ihn auf eine Art und Weise an, die er sonst nur von Kai gewohnt war. Ein lautes Krachen ließ alle herumfahren. Anscheinend hatten Tyson und Kai die Phase des gegenseitigen Austestens beendet und gingen nun zum offenen Schlagabtausch über. Wütend auf sich selbst, dass er die Attacken wegen ein paar Gruselgeschichten verpasst hatte, fluchte Hiro und versuchte Blader neben sich auszublenden. Sein jüngerer Bruder schien hochkonzentriert, während Kai die gestikulierenden Beyblader beobachtete. Als sein Blick den seines „Coaches“ kreuzte, verzog er die Mundwinkel zu einem finsteres Lächeln, dass, so dachte Hiro zumindest, wohl aufmunternd oder siegesgewiss wirken sollte. Der junge Mann musste allerdings zugeben, dass es ihn eher beunruhigte. Der schwarze Blade schien mit Dragoon zu spielen, ließ ihn immer wieder auf Millimeter herankommen, ohne dass sie sich tatsächlich berührten. Worauf wartete Kai? „Er hat ihn schon einmal vor drei Jahren gegen uns eingesetzt und dabei einige Bitbeasts der anderen Teams gestohlen“, Hiro wandte den Kopf unwillig Max zu, ein Auge immer auf das Match gerichtet. Gut, zugegeben, das klang jetzt nicht gut…. Aber warum sollte Kai Bitbeasts stehlen, wenn er doch selbst das Mächtigste von allen in den Händen hielt? Es gab also keinen Grund zur Aufregung. „Warum sollte man Bitbeasts stehlen?“, Ming Ming krauste die Nase und schien ernsthaft über den Grund für eine solche Tat nachzudenken. „Ähm… Erklären wir später, tut im Moment eh nichts zur Sache… Zumindest hat er es damals nicht ganz freiwillig gemacht“, Kenny hatte seine Schüchternheit in Gegenwart des Popsternchens vergessen und versuchte recht verzweifelt von dem Thema abzulenken. Vielleicht sollte er sich nach dem Kampf noch einmal näher mit Kais Vergangenheit beschäftigen, dachte sich Hiro und hörte wieder weg. Stirnrunzelnd musste er feststellen, dass das Lächeln seines Favoriten immer seltsamer wurde. Schon beinahe beängstigend. Er schüttelte den Kopf, um diesen idiotischen Eindruck loszuwerden und sah sich wieder nach den anderen Zuschauern um. Kai schien im Moment eh noch gänzlich in sein Spiel vertieft zu sein… „Ein Bitbeast, das seinen Blader unter Kontrolle hat?“, ächzte Garland gerade. „Davon habe ich noch nie gehört!“ „Es ist aber so! Deshalb verstehe ich auch nicht, wieso Kai Black Dranzer wieder einsetzt. Er hat schon einmal die Kontrolle verloren und damals ist, wenn ich richtig informiert bin, ein halbes Gebäude hochgegangen!“ „Was?“, krächzte Hiro und ein Teil seines Bewusstseins fragte sich, wo plötzlich seine Stimme abgeblieben war. Alle Augen wandten sich ihm zu. Ray runzelte die Stirn: „Wusstest du das nicht?“ Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte sich der junge Chinese köstlich über die Tatsache amüsiert, dass Hiro mal von etwas keine Ahnung hatte und ein derart entgeistertes Gesicht machte – aber die Sache war nun mal ernst, todernst, im wahrsten Sinne des Wortes! „Kai wurde damals schwer verletzt und von seiner Umgebung ist nur noch Schutt und Asche übrig geblieben“, Hiro brauchte einen Moment um Max’ Worte richtig zu verstehen, dann hörte er Garland neben sich fluchen: „Scheiße!“ Er konnte ihm nur beipflichten. Kreidebleich wandte sich Hiro zu Kai und Tyson um, deren Blades einander noch immer zu umtanzen schienen. „Kai! Stop! Hör auf!“, rief er und rannte auf das Stadium zu. Der silberhaarige Blader sah auf, warf einen Blick auf Hiros panisches Gesicht – und schenkte ihm das psychopathischste Grinsen, zu dem er fähig war. Eine Druckwelle löste sich plötzlich von seinem Blade und schleuderte den jungen Mann davon. Hiro landete hart auf dem Rücken, alle Luft aus seinen Lungen gepresst und die Rippen bestialisch schmerzend. Er brauchte einen Moment um wieder hochzukommen und dieser kurze Zeitraum reichte Kai aus, um das dämliche Versteckspiel zwischen seinem und Tysons Blade zu beenden und endlich richtig zur Attacke über zu gehen. Ein lautes Krachen erfüllte die Halle und Dragoon wurde fast aus der Arena gekickt. Gerade so hielt er sich am Rand, für ein paar Sekunden gefährlich schlingernd. Kai wartete genüsslich, bis er wieder sicher kreiselte, bevor er seinen eigenen Blade erneut auf Kollisionskurs schickte. Sein Gesichtsausdruck ließ die Zuschauer frösteln und auch Tyson wich merklich zurück. „Was habe ich nur getan?“, flüsterte Hiro, als er mit ansehen musste, wie Black Dranzer erneut den Blade seines kleinen Bruders durch die Arena jagte und dieses eindeutig verhinderte, dass Dragoon über den Rand geschleudert wurde. Mit weit aufgerissenen Augen verfolgte er, wie sich Kai plötzlich versteifte, jede Emotion aus seinem Gesicht wich und den Kopf nach oben wandte, als ob er auf etwas lauschen würde, dass niemand sonst hörte. Und mit einem Mal wurde es kalt… Es war alles ein Fehler gewesen. Von Anfang an. Das wusste Hiro nun, doch jetzt war es zu spät und er würde seinen Irrsinn, der ihn so weit getrieben hatte, auf ewig bereuen. Dunkelheit breitete sich wie ein schwarzes Tuch über den Boden aus, legte sich um die Ränder des Beystadium und zerrieb sie zu Staub, dann wanderte sie weiter, schneller als ein Atemzug, seltsam substanzlos und doch eindeutig spürbar in ihrer alles durchdringenden Kälte. Gierig streckten sie sich nach jedem lebenden Wesen in der großen Halle aus und leckten über ihre Haut und ihre Seelen. Ein eisiges Frösteln breitete sich in Hiro aus, doch die Angst, die sich wie eine Klaue um sein Herz geschlossen hatte, war noch kälter. Alle Blader um ihn herum wirkten wie erstarrt, auch Kai, der, das hell schimmernde Gesicht mit den geschlossenen Augen nach oben gewandt hatte und die wallenden Nebel aus Nacht, die von seinem Körper und seinem Blade ausgingen, nicht zu spüren schien. Beinahe zärtlich umschmeichelte die sich ausbreitende Dunkelheit ihre Quelle, schlang sich in lockeren Bahnen um seine Arme und Beine und umrahmte sein Gesicht. Erste Eisblumen zeigten sich auf dem Boden der Halle und den Rändern des Stadiums, als die Schwingen der Nacht alles und jedem in diesem Raum die lebensspendende Wärme entzogen. Raureif zog sich über Hiros Haut und doch ahnte er, dass dies alles hier erst der Anfang war, ein erster Hauch der Hölle, die noch folgen würde. Wie auf Kommando begann sich Kais Beyblade schneller zu drehen und sein Besitzer öffnete die blutroten Augen. Sofort wich die unerträgliche Kälte einer alles verzehrenden Hitze und die Dunkelheit ging in Flammen auf. Schwarze Schwingen mit goldenen Rändern erschienen über dem Beyblade und zogen einen befiederten, wunderschönen Körper aus dem darauf befindlichen Bitchip. Pechschwarze Federn raschelten leise, ein kurzer Lichtblitz huschte über einen grausam scharfen Schnabel, dann bäumte sich Black Dranzer, der schwarze Phönix, auf, entfaltete seine mächtigen Schwingen zu voller Spannweite und schrie seinen Triumph und seinen Hass in die Welt hinaus. Hiros Herz schien für einen Moment stillzustehen, dann wandte sich sein Blick seinem Bruder Tyson zu, der seltsam hilflos und schutzlos wirkend auf der anderen Seite der Arena stand und mit verängstigten Augen zu der wunderschönen Kreatur aus reiner Bosheit aufsah, die Kai soeben freigelassen hatte. Hinter all dem Horror und der Panik bemerkte Hiro aber auch einen ungeheuren Schmerz, dessen Verursacher nicht der silberhaarige Blader war, der Black Dranzer gerade den Angriff befohl, sondern er selbst, der große Bruder, der für all das hier verantwortlich war. Mit einem weiteren Kreischen voller Hass und Zerstörungsfreude, raste der schwarze Phönix auf Tyson und Dragoon zu, ohne dass irgendjemand etwas tun konnte. Hiro spürte, wie sich sein Mund zu einem Schrei der Verzweiflung öffnete… Immer schneller flog der pechschwarze Phönix, den scharfen Schnabel zu einem Schrei voller Hass und Bosheit geöffnet, die zentimeterlangen Klauen vorgestreckt und zum Töten bereit, die Augen voller Zerstörungslust und wahnsinniger Freude über die Erfüllung seiner grausamen Wünsche. Schwarze Flammen tropften von seinen Schwingen, schmolzen die Arena und folgten schließlich seinen Weg, um das zu vernichten, was er übrig lassen würde. Hiro sah mit an, wie sich das furchtbare Wesen, diese Gestalt aus den dunkelsten, schrecklichsten Albträumen, auf seinen Bruder stürzte, der noch nicht einmal den nutzlosen Versuch unternahm, sich zu wehren oder irgendwie zu schützen – und wie es, Millimeter vor Tyson, mit einem hasserfüllten Aufschrei verschwand, so schnell, als ob es niemals da gewesen wäre. Selbst die Flammen in der Arena erloschen mit einem Schlag. Der einzige Hinweis, dass sich der pechschwarze Phönix überhaupt gezeigt hatte, waren die breiten Ströme aus geschmolzenem Plastik, die noch immer in die Mitte des einstigen Beybladestadiums flossen. Immer noch starr vor Grauen registrierten die Blader nur langsam, dass es vorbei war. Tyson sank dort, wo er stand, in sich zusammen, Dragoon in seinen Händen, noch nicht ganz im Klarem darüber, ob und wie er überlebt hatte. Auf der anderen Seite der Arena fing Kai seinen Blade ein und schlenderte mit einem so ruhigen Gesichtsausdruck auf die immer noch regungslosen Zuschauer, als ob nie etwas gewesen wäre. Vor Hiro hielt er an. „Du hast gesagt, dass du mich kennen würdest, Hiro… Wenn es tatsächlich an dem wäre, wüsstest du, dass ich niemals eine andere Gesundheit riskiere als meine eigene. Kleiner Rat: Lass dir alles was ich gesagt habe, ob jetzt oder früher, noch mal durch den Kopf gehen… Aber jetzt kümmere dich erstmal um deinen kleinen Bruder!“, flüsterte er so leise, dass es nur der Mann vor ihm es verstehen konnte. Dann ging er weiter, vorbei an den immer noch geschockten Bladern, raus aus der Halle und dem Trainingscenter und verschwand im einsetzenden Regen. Und Hiro begriff… Es war eine Lektion gewesen! Eine grausame, brutale, schreckliche Lektion, aber vielleicht der einzige Weg, wie er hatte lernen können, dass es manche Dinge nicht wert waren, dass man sie riskierte, egal, wie hoch und wertvoll das Ziel auch war. Kai hatte niemals die Kontrolle verloren, sondern alles nur geschauspielert, vielleicht sogar von Anfang an… Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Lachen, weil es seinem Bruder gut ging, oder weinen, weil er ihn so sehr in Gefahr gebracht hatte. Letztendlich, als er langsam zu seinem Bruder wankte, um sich zu vergewissern, ob es ihm auch wirklich gut ging, um sich zu entschuldigen, für alle Fehler, die er jemals auf seine Kosten gemacht hatte, um ihn einfach nur in die Arme zu schließen, entschied er sich für Letzteres… _________________________________________________________________________________ Der zweite Teil des Kapitels hat eine Menge Fun gemacht *g* Ich hab die ganze Zeit beim Schreiben vor mich hingegrinst und im Stillen hämisch gelacht *drop*. Ich bin verrückt ^^" Tja, das war für Hiro wohl ein Ende mit Schrecken, aber bevor ihr diese FF jetzt zu den Akten legt, sage ich jetzt gleich: Das war erst der Anfang! Black Dranzer ist noch, Kais Motive unklar, die Abtei noch immer greifbar, selbst drei Jahre nach ihrem Fall... Und schließlich, verdient selbst Hiro eine Chance sich zu revanchieren, oder? Also, bis demnächst ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)