Wie weit wirst du gehen...? von abgemeldet (Der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert) ================================================================================ Kapitel 5: Eskalation --------------------- Nach diesem Kapitel werden sich sicherlich (und hoffentlich) eine Menge Fragen ergeben *g*. Mir gefällt es eigentlich sehr gut, auch wenn ich Angst habe, dass ich es vielleicht etwas übertrieben haben könnte. Zumindest ist es lang, also hat ein gewisser Jemand wieder mal etwas "Richtiges" zum Lesen. ^.~ Am Anfang empfehle ich ruhige Musik, später dann habe ich "Our Solemn Hour" von Within Temptation gehört, dessen Text ich auch eingebaut habe. Die Stimmung dieses Songs ist einfach genial und der Text passt super, vor allem, wenn man wie ich noch den Rest der FF im Kopf hat. *g* Naja, viel Spaß ^^ _________________________________________________________________________________ Letztendlich war Kai doch nicht mehr trainieren gegangen. Den Rest des Tages hatte er auf seinem Bett liegend verbracht, den Kopf voller trübsinniger Gedanken und Fragen. Für ihn stand inzwischen fest, dass seine Freundschaft – es war eine gewesen, dessen war er sich jetzt vollkommen sicher – mit Tyson, Ray, Max und Kenny endgültig Geschichte war. Was hielt ihn also noch hier? Man sagte oft, dass man sich der wirklich wertvollen Dinge im Leben erst dann bewusst wurde, wenn man sie verlor. Kai hatte diesen Satz erst Jahre nach seiner Zeit in der Abtei gehört, doch was genau man damit meinte, hatte er bereits als kleines Kind begriffen. Es war lange her, dass seine Eltern gestorben waren… Damals war er in die Abtei gekommen und hatte alles verloren, was ihm noch geblieben war. Mehr, als er gedacht hatte, noch verlieren zu können. Kaum jemand wusste, was genau damals geschehen war. Die wenigen Wissenden schwiegen, einige aus Triumph, andere aus Mitleid und Resignation oder weil es ihnen einfach nicht wichtig war. Kai hatte es bisher genauso gehalten, doch er war sich stets bewusst gewesen, dass ihn das, was damals geschehen war, mehr geprägt und verändert hatte als alles andere es jemals gekonnt hätte. Unter anderem hatte er sich geschworen, niemals wieder zuzulassen, dass er etwas als selbstverständlich hinnahm und damit in Gefahr lief, es zu verlieren. Und doch lag er nun hier und hatte die einzige Freundschaft verspielt, die er in seinem ganzen Leben zustande gebracht hatte. Also was genau hinderte ihn noch daran, jetzt einfach zu Hiro zu gehen und ihn zu bitten, ihn wieder nach Hause zu bringen? Oder einfach so loszuziehen und zu trampen? Was blieb ihm noch? Die Bilanz war mehr als traurig: Ihm blieb nichts weiter als ein schwarzer Beyblade, der genau genommen eine Leihgabe Hiros war, und ein bösartiges Bitbeast, das die Tendenz hatte sein Leben zu zerstören, egal wie armselig es bereits war. Der silberhaarige Junge seufzte und verschränkte die Arme hinter dem Kopf: Es blieb dabei, eigentlich war sein Aufenthalt hier vollkommen sinnlos. Er drehte den Kopf zur Seite und runzelte die Stirn als der dunkle Beyblade auf seinem Nachttisch spöttisch zu blinken schien. Aus irgendeinem Grund gelang es Black Dranzer selbst das helle, warme Rot der Abenddämmerung in ein kaltes, kränkliches Grün zu verwandeln. Kai setzte sich auf und ballte unbewusst eine Hand zur Faust. „Lass das! Ich war schon in viel schlimmeren Situationen… Irgendetwas muss noch zu retten sein!“, zischte er den Blade an, der höhnisch glitzerte. Dennoch schien sich die bösartige Präsenz des Bitbeast zurückzuziehen. Ein zaghaftes Klopfen an seiner Zimmertür ließ den silberhaarigen Blader aufsehen. Ohne dass er den unerwarteten Besucher hereingebeten hätte, öffnete sich die Tür und Ian wankte herein. Mit der einen Hand balancierte er eine Teller, mit der anderen stützte er sich ab, die zweite Krücke unter den Arm geklemmt. Für einen Moment war Kai zu überrascht um ihm zu helfen, dann sprang er auf und nahm ihm den Teller ab. Ian nickte dankbar und ließ sich aufs Bett fallen. Seine Krücken landeten auf dem Boden, also schien er vorzuhaben, länger sitzen zu bleiben. „Für mich?“, fragte Kai und setzte sich neben ihn, den Rücken an die Wand gelehnt, den Teller auf seinem Schoß. Ian nickte und hievte sein Gipsbein aufs Bett: „Irgendwie schien es niemand für nötig zu halten, dir Bescheid zu sagen, dass es Abendessen gibt, da dachte ich, ich könnte mich für die Wasserflaschen heute Mittag bedanken – und gleich die Chance nutzen um mit dir zu reden.“ Kai zog skeptisch eine Augenbraue hoch und begann in seiner Mahlzeit herumzustochern. Kurz überlegte er, Ian mit einer seiner Standardantworten zum Teufel zu jagen, notfalls mitsamt dem Essen, entschied sich dann aber dagegen. Mit dem kleinsten Russen konnte man reden, wichtiger noch, er, Kai, konnte mit ihm reden… Das war eine Eigenschaft, die nicht viele Leute aufwiesen. Die meisten Menschen in Kais Umgebung wurden von ihm entweder als zu dumm, zu unwichtig, zu störend oder zu berechnend erachtet, als dass er tatsächlich an einer Unterhaltung mit ihnen interessiert wäre. Die wenigen Exemplare, auf die all diese Punkte nicht, oder nur im geringen Maße zutrafen, teilten entweder nicht seine Interessen oder waren zu bemutternd, zu egozentrisch oder einfach viel zu positiv eingestellt, um mehr als ein paar Worte mit ihnen zu wechseln. Auf Ian traf die meisten dieser Punkte gar nicht und einige im tolerierbaren Maße zu und vielleicht machte ihn gerade das zu einem guten Gesprächspartner für Kai. „Ich bin bei deinem Team im Moment nicht besonders beliebt… Keine Angst vor Streit?“, meinte der silberhaarige Blader schließlich und schob sich eine Gabel voll Nudeln in den Mund. Ian, der geduldig gewartet hatte, bis sich sein Gegenüber darüber im Klaren war, ob er mit ihm reden wollte oder nicht, schüttelte den Kopf und begann an den Fingern abzuzählen: „Spencer hat es nicht so mit dem Schreien und er schlägt niemanden der kleiner ist als er, es sei denn, er kommt ihm richtig frech. Da das bei seiner Größe eh kaum einer wagt, hat er sich schon seit Jahren nicht mehr wirklich geprügelt. Na ja, bis auf die Ausnahme mit dir nach dem Justice Five Turnier… Bryan weiß, dass ich hier bin, hat aber nichts dazu gesagt. Also scheint es ihm entweder egal zu sein, oder er will keinen Streit mit Spencer, weil er mich anbrüllt. Und Tala….“ Er starrte auf den dritten erhobenen Finger und zuckte dann seufzend mit den Schultern: „Tala wird es nicht unbedingt erfahren… Und selbst wenn, wird er mich höchstens schneiden und böse anstarren. Es hat auch seine Vorteile der Kleinste und Jüngste zu sein. Man genießt eine gewisse Narrenfreiheit.“ Ian grinste Kai breit an, dann wurde er wieder ernst. Sein Blick wanderte zu dem dunklen Blade, der noch immer offen auf dem Nachttisch lag. „Warum musstest du das Ding nur wieder einsetzten, Kai.“ Der größere Blader seufzte tonlos. Schon wieder dieses Thema. Als ob Ian nicht genau wüsste, dass das sinnlos war. „Ich habe Black Dranzer unter Kontrolle! Also besteht auch keine Gefahr!“ Der Jüngere sah ihn prüfend an, einen Funken Misstrauen im Blick, dann nickte er plötzlich und lehnte sich vor: „Weißt du, aus irgendeinem Grund glaube ich dir das sogar, Kai. Bleibt die Frage, was bei deinem Match gegen Tyson tatsächlich passiert ist.“ Sein forschender Blick wanderte über das Gesicht des Halbrussen, doch dieses blieb ausdruckslos wie immer. Die Maske saß perfekt. Seufzend lehnte Ian sich wieder zurück und stützte das Kinn in eine Hand. „Ich schätze, du wirst deine Gründe gehabt haben… Ich habe noch nie erlebt, dass du irgendetwas ohne einen konkreten Grund getan hast“, lenkte er ein und sah auf die Bettdecke. „Ich bin hier“, entgegnete Kai prompt und biss sich gleich darauf auf die Zunge. Das hatte er jetzt eigentlich nicht laut aussprechen wollen… Der violetthaarige Russe sah auf und grinste schief: „Sag bloß, du hast einmal etwas ohne konkreten Plan getan, Kai Hiwatari. Das bringt mein ganzes Weltbild durcheinander. Jetzt muss Kenny nur noch Weltmeister im Beybladen werden und der Tag des Jüngsten Gerichts steht bevor.“ Kai musste bei der Vorstellung gegen seinen Willen schmunzeln, nur um gleich darauf festzustellen, dass der Gedanke an seine alten Freunde schmerzte. „Ich schätze, selbst wenn du jetzt noch keinen Grund siehst, warum es dich hierher verschlagen hat, wirst du bestimmt noch einen finden. Und wenn es nur die Möglichkeit zum Trainieren ist“, Ian lächelte und knuffte ihm freundschaftlich gegen das Knie, etwas, was er unter normalen Umständen niemals wagen würde. Doch er hatte ein Gipsbein und selbst Kai zeigte manchmal Gnade mit Verletzten. Er grinste, als ihn blutrote Augen finster anblickten, und langte nach seinen Krücken. Mit einem Nicken zum Abschied öffnete er die Tür und ging wieder zu seinen Teamkameraden. Kai starrte auf die geschlossene Tür und lächelte schwach. Ians letzte Worte bedeuteten eigentlich nur eines: „Gib nicht auf. Irgendetwas Gutes wird sich schon ergeben, du musst nur nach vorne sehen.“ Mit einem neuen Gefühl von Sicherheit setzte er sich etwas bequemer hin und begann den letzten Rest seiner Mahlzeit zu vertilgen. Er hatte Recht behalten: Irgendetwas gab es noch zu retten. Er musste es nur finden! Auch wenn der Abend dazu beigetragen hatte, dass Kai sich etwas wohler in seiner Haut fühlte, machte die darauf folgende Nacht und der Morgen wieder alles zunichte. Auch als die Sonne hinter dem Horizont versunken war und sich ein schmaler Mond auf den dunklen Himmel stahl, sanken die Temperaturen kaum. Mehrere Stunden lang wälzte sich Kai unter dem Laken, das er anstatt einer Decke benutzte, herum ohne Schlaf zu finden und vertrieb sich die Zeit damit weiterhin nach einem überzeugenden Grund für seine Anwesenheit zu suchen. Irgendwann schlief er doch über seinem Brüten ein – und wünschte sich letzten Endes, er hätte es nicht getan: In seinem Träumen wanderte er an einen anderen, weitaus vertrauteren Ort. Dunkle Wände aus feuchtem Stein zogen sich bis hoch über seinen Kopf. Harter Beton befand sich unter seinen Füßen, kalt genug, dass er ihn sogar durch seine Schuhe hindurch spüren konnte. Über ihm kein Himmel, nur ein Gewölbe aus ewiger Nacht, durchsetzt mit wenigen, dafür aber umso helleren Lampen, deren Licht die Finsternis trotzdem nie ganz vertreiben konnte. Kai bewegte schwach den Kopf und bemerkte, dass er plötzlich nicht mehr allein war. Ganz im Gegenteil. Vor, hinter und neben ihm standen plötzliche Kinder, einige Teenager, die meisten aber nicht älter als fünf oder sechs. Sie standen in geraden, lautlosen Reihen, mit ausdruckslosen Gesichtern, die ebenso kalt und abweisend wirkten wie der Stein um sie herum. Nur ihre Augen, die lebten noch… Anspannung stand in ihnen, Nervosität, die schon fast an Panik grenzte, die nackte Angst, Schmerz, Einsamkeit, Verzweiflung und dumpfe Hoffnungslosigkeit. Sie wollten nicht hier sein, aber sie hatten keine Wahl. Sie gehörten diesem Ort und wussten, ohne dass es ihnen jemals jemand gesagt hatte, dass er sie nie wieder aus seinen Fängen lassen würde. Stumm standen die Kinder da, wie lebendige Statuen. Noch nicht einmal ihr Atmen war zu hören. Kai stand mitten unter ihnen, unfähig irgendetwas in diesem Albtraum selbst zu bestimmen oder sich aus ihm zu befreien. Hilflos spürte er, wie sich seine rechte Hand plötzlich hob, ganz langsam und vorsichtig, auf der Suche nach – Kai erwachte als ein Vogel vor seinem Fenster zu singen begann. Heftig atmend setzte er sich auf und starrte nach draußen, in das trübe Dämmerlicht, dass die Welt noch umhüllte. Grau und düster wirkte alles, und doch war der Anblick geradezu strahlend, wenn er an die Abtei zurückdachte. Es war schon einige Zeit her, dass er diesen Albtraum gehabt hatte, auch wenn er zu denen gehörte, die er wohl nie ganz loswerden würde. Mehrere Wochen hatte er seinen Schlaf ungestört gelassen, also warum musste er gerade jetzt zurückkehren? Fluchend stand Kai auf und begann sich anzuziehen. Vielleicht würde ihn Training auf andere Gedanken bringen. Nach einigem Suchen fand er die Küche, nur um festzustellen, dass er nicht der Einzige war, der früh erwacht war: Tala saß auf dem Boden, mit dem Rücken an den Herd gelehnt, eine dampfende Tasse vor sich, ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoß. Der rothaarige Russe sah bei Kais Eintreten auf, den Mund bereits zum Gruß geöffnet. Als er erkannte, wer da auf ihn zukam, verdunkelte sich sein Blick und er presste die Lippen zu einem dünnen, blutleeren Strich zusammen. Schnell wandte er sich wieder ab und durchbohrte das unschuldige Buch mit seinen Blicken. Kai ging an ihm vorbei und machte sich etwas zu essen, dann setzte er sich dem anderen Jungen gegenüber auf die Theke. Er zog ein Bein an und stützte das Kinn auf der so entstandenen Lehne ab, während er kaute. Ein kurzes, hellblaues Aufflackern war Talas einzige Reaktion, dann wandte er sich wieder vollkommen seinem Buch zu. Während draußen die Sonne langsam über den Horizont kroch und ihre warmen Strahlen das Innere der Küche in einen goldenen Glanz hüllte, löste sich die unsichtbar herrschende Spannung zwischen den beiden Jungen. Staub tanzte glitzernd im wabernden Schimmer des jungen Morgens und gab der ganzen Szene etwas Unwirkliches. Der warme Schein fing sich auf der hellen Haut der beiden Russen und nahm ihnen ihre Blässe. Kais rote, inzwischen mit Gold gesprenkelten Augen ruhten ruhig auf Talas etwas hellerem, roten Schopf, der tief über die dicht beschriebenen Seiten gebeugt war und sich nur dann und wann etwas bewegte, wenn Tala eine Seite umblätterte. Plötzlich waren Schritte draußen auf dem Gang zu hören und die Harmonie, die sich zuvor wie eine warme Decke im Raum ausgebreitet hatte, zerbrach so einfach wie ein Gebilde aus feinstem Glas. Kai sprang auf und flüchtete geradezu aus der Küche, Talas undefinierbaren Blick im Rücken… Ein paar Stunden später, zu einer weitaus humaneren Zeit, erwachten auch die restlichen Beyblader und schlurften mehr oder weniger ausgeschlafen zum gemeinschaftlichen Frühstück. Es gab kaum jemanden unter ihnen, dem die Hitze nicht zusetzte und so war die Stimmung eher gedrückt und leicht gereizt. Deshalb waren Judy, Romero, Mr. Dickinson und Tysons Großvater froh darüber, als Kais Platz, wie auch schon tags zuvor beim Abendessen, frei blieb. Bereits gestern war der junge Blader Thema Nummer Eins gewesen und es war deutlich geworden, dass die meisten Jugendlichen, die bei der Weltmeisterschaft vor drei Jahren dabei gewesen waren, mehr als nur wütend auf Kai waren. Die neueren Teams und Hillary hatten nur verwirrte Blicke austauschen können, während ihre Freunde dem silberhaarigen Blader lautstark die Pest an den Hals wünschten. Ihre Fragen, was genau überhaupt damals passiert war, waren von den Anderen rigoros ignoriert worden. Einzig die Justice Five hatte eine grobe Vorstellung von den Geschehnissen von vor drei Jahren, doch Garland hatte sein Team gebeten zu schweigen, da ihm sein Wissen immer noch zu vage vorkam und er die Kluft zwischen Kai und den anderen Beybladern nicht noch weiter vertiefen wollte. Hiro wusste, dass er im Moment auch nicht sonderlich gern gesehen war, und versuchte sich so gut es ging im Hintergrund zu halten. Er hatte bisher noch keine weitere Chance gehabt mit Kai zu reden, so dass er sich über die Motive des Jüngeren immer noch im Unklaren war und sich noch immer nicht hatte entschuldigen können. Nur in einem Punkt war er sich inzwischen sicher: Wenn er tatsächlich die Wahrheit über Kais Match gegen Tyson irgendwann offenbaren wollte, dann musste das in naher Zukunft geschehen oder der Bruch zwischen dem silberhaarigen Blader und den anderen Jugendlichen würde zu groß sein um sich noch einmal zu schließen. Er musste mit Kai reden und das so schnell wie möglich! Nach dem Frühstück verteilten sich die Beyblader über das Gelände um sich entweder ein schattiges Plätzchen zu suchen oder sich irgendwie von den Temperaturen abzulenken. Letztendlich schlug Romero vor, dass er und sein Team versuchen könnten, die Fähigkeiten der einzelnen Blader in einem Zweiermatch zu verbessern. Tyson und Daichi hatten bei der Weltmeisterschaft schließlich eindrucksvoll bewiesen, dass selbst ein überragender Beyblader sehr schnell verlieren konnte, wenn er nicht fähig war, mit einem Partner zu interagieren. Nach einigem guten Zureden fanden sich tatsächlich ein paar Teilnehmer für die spontane Trainingseinheit, die sich von Romero, Julia und Raul die Grundlagen eines funktionierenden Zweierteams erklären ließen. Auffällig war, dass vor allem die Mitglieder der drei jüngeren Teams an den Übungen teilnahmen. Anscheinend hofften sie so der schlechten Stimmung zu entkommen, die einige Blader in ihrem Zorn über Kai noch immer verbreiteten. Nachdem sich die F Dynasty sicher waren, dass ihre Schüler das Wichtigste verinnerlicht hatten, begannen sie Zweierteams aus den Bladern zu bilden und gegeneinander antreten zu lassen. Es dauerte nur kurze Zeit und die Schar der Zuschauenden und –hörenden wuchs zur Zufriedenheit der Erwachsenen. Endlich einmal schienen die Ereignisse der letzten Zeit vergessen zu sein. Da diese Reise vor allem dazu dienen sollte, die Feindschaften zwischen den einzelnen Beybladeteams ein für alle mal beenden, schlug Judy nach einiger Zeit vor, dass die Zweierteams aus Bladern zweier unterschiedlicher Teams gebildet werden sollten, was erst skeptisch, dann mit Begeisterung angenommen wurde. Nur die Blitzkrieg Boys verdünnisierten sich einer nach dem anderen, bis schließlich nur noch Tala übrig blieb, der unter einem schattenspendenden Baum im Gras saß und den Kämpfen zusah. Die unbeschwerte Zeit dauerte etwa eine Stunde – dann bemerkten die ersten Blader Kai, der in einiger Entfernung zu den anderen stand und ebenfalls zusah. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und versuchte so kalt und unnahbar auszusehen wie immer, was allerdings nicht ganz gelang, da seine Kleidung den Temperaturen entsprechend locker war und sein Gesicht ohne die Streifen, dafür aber mit immer deutlicher werdendem Sonnenbrand nicht einmal halb so bedrohlich wirkte wie sonst. Die Mienen der meisten Jugendlichen verdüsterten sich sofort und die ersten geflüsterten Verwünschungen wurden laut. Romero versuchte die Situation zu retten und ging auf den Neuankömmling zu: „Hallo Kai. Willst du auch mitmachen?“ Rubinrote Augen streiften über die versammelte Schar und erfassten die einzelnen Gesichter, auf denen entweder klare Feindschaft oder Unsicherheit zu sehen war. Wortlos schüttelte er den Kopf und ging auf das Haus zu. Romero kratzte sich am Hinterkopf und überlegte, wie er den Silberhaarigen doch noch dazu überreden konnte, sich etwas am Geschehen zu beteiligen. Er hatte keine Ahnung, was es mit diesem seltsamen Black Dranzer auf sich hatte und was genau bei dem Match gegen Tyson vorgefallen war. Wahrscheinlich hatte Kai nur bei einer Attacke etwas übertrieben. Im Gegenzug war er sich aber sicher, dass der so unnahbar und arrogant wirkende Halbrusse einen guten Kern hatte, der vielleicht sogar besser war, als er es sich selbst eingestehen wollte. Er verdiente es Romeros Meinung nach nicht, die ganze Zeit seines Aufenthalts hier von den anderen Bladern angefeindet zu werden. Aber wenn sich das ändern sollte, musste man irgendwie erreichen, dass Kai wieder Kontakt zu den anderen hatte und sich der Streit vielleicht sogar ganz von alleine klärte. Romero warf einen beinahe flehenden Blick zu Julia, die kurz zögerte und Kai dann nachlief: „Warte! Ich fordere dich heraus! Dich und…“ Sie sah sich um, entdeckte Tala unter dem Baum und hatte plötzlich die perfekte Ausrede, wie sie Kai zum Bleiben überreden konnte. „Dich und Tala. Ihr Beide seid inzwischen das einzige Team der letzten Weltmeisterschaft, das noch nie gemeinsam angetreten ist. Claude und Miguel haben wir vor etwa einer halben Stunde besiegt, also fehlt jetzt nur noch ihr.“ Kai sah alles andere als begeistert aus, doch Romero stürzte sich auf die Chance und begann auf den Jungen einzureden. Als er sah, dass Tala Anstalten machte, sich davonzuschleichen, bezog er ihn in seine Überredungsversuche mit ein und schleifte die beiden Blader geradezu zum Beystadium. Letztendlich tauschten Tala und Kai einen kurzen Blick und gaben sich dann geschlagen. Ohne große Lust holten sie ihre Beyblades heraus und bezogen Startposition. Einige andere Blader schüttelten die Köpfe und begannen besorgt auf Tala, Julia und Raul einzureden. Sie befürchteten, dass Kai erneut die Kontrolle über Black Dranzer verlieren und die anderen drei Beyblader ernsthaft verletzen könnte. Doch sie wurden ignoriert. Schließlich wurde beschlossen, dass sie nichts Anderes tun konnten, als Kai im Auge zu behalten und notfalls einzugreifen. „Wenigstens dürfte das Match schnell zu Ende sein. Ich halte weder Kai noch Tala für sonderlich teamfähig. Sie haben keine Chance gegen F Dynasty. Zumindest nicht zusammen“, murmelte Johnny mit einem grimmigen Lächeln. Einige Blader lachten und stimmten ihm zu, doch Ray, der mehr als besorgt beobachtete, wie die Beyblades gestartet wurden, darunter auch der so gefährliche, pechschwarze, schüttelte den Kopf: „Da wäre ich mir nicht so sicher. Die Beiden kennen sich schon sehr lange und sind ziemlich gute Freunde. Sie werden sich sicherlich aufeinander abstimmen können.“ „Die Beiden sind also doch Freunde? Als Tala damals gegen Garland angetreten ist, meinte Kai zu mir, dass sie sich noch nie sonderlich nahe gestanden hätten“, schaltete sich plötzlich Hiro ein. Einige Blader drehten sich zu ihm um und unter den vielen, nicht gerade freundlichen Blicken verfluchte der junge Mann seinen Wissensdurst. Er hätte doch lieber weiter still zugucken und sich nicht am Gespräch beteiligen sollen. Wie hielt Kai diese Abneigung nur die ganze Zeit aus? „Was Kai sagt, muss nicht immer unbedingt der Wahrheit entsprechen“, murmelte Max düster und wandte sich dem Match zu. „Aber es hat ihm ja scheinbar nicht das Geringste ausgemacht, dass Tala wegen der BEGA im Krankenhaus gelandet ist.“ Hiro runzelte die Stirn. Er hatte vor den Ereignissen rund um die BEGA auch immer angenommen, dass der Halbrusse und der Rotschopf miteinander befreundet wären. Anders hatte er sich nicht erklären können, dass der silberhaarige Beyblader so schnell bei den Blitzkrieg Boys aufgenommen worden war. Inzwischen wusste er allerdings, dass Kai das russische Team bereits länger kannte, auch wenn ihm ihre genaue Vergangenheit noch immer unbekannt war. Die Bladebreakers dagegen wussten Bescheid und auch sie schienen davon überzeugt zu sein, dass die Beiden Freunde waren. Aber warum? Was verleitete sie alle zu dieser Annahme? Hiro rief sich in Erinnerung, wie die BBA Revolution gegen die Blitzkrieg Boys angetreten waren. Was war genau geschehen? Was war gesagt worden? Gab es Unterschiede im Verhalten der Beiden, wenn sie miteinander und mit ihren restlichen Teamkameraden zu tun hatten? Überrascht stellte er fest, dass es tatsächlich einen Unterschied machte, ob Kai mit irgendjemandem oder mit Tala sprach. Dieser Unterschied war nur minimal, aber er war da. Und bei jemandem wie Kai, der normalerweise jeden Menschen gleich zu behandeln schien, so dass man selten feststellen konnte, was genau er von einem dachte, war dieser noch so winzige Unterschied bereits eine Sensation, der sie alle, Hiro eingeschlossen, dazu verleitet hatte anzunehmen, dass der silberhaarige Beyblader in Tala einen Freund sah. Aber wie sollten sie sich sicher sein, dass diese Besonderheit in seinem Verhalten tatsächlich auf etwas Positivem begründet war? Hiro war dabei sich in Theorien zu verlieren, die alle auf einem schwammigen „Vielleicht“ beruhten, als ihn Gebrüll aus seinen Gedanken riss. Sein erster Gedanke war, dass Kai doch die Kontrolle verloren hatte, doch das war nicht der Fall. Aber ob das tatsächliche Geschehen so viel besser war…? Kai startete seinen Blade ohne rechte Lust. Normalerweise nahm er jede Herausforderung ernst und kämpfte mit vollem Einsatz, aber dieses Mal sperrte sich alles in ihm dagegen, die F Dynasty so schnell und kraftvoll wie möglich aus dem Stadium zu kicken. Mürrisch hob er eine Hand und wischte sich den Schweiß vom Gesicht, wobei er die unnatürlich heiße Haut auf Stirn und Wangen fühlen konnte. Bescheuerte Sonne… Wie viel lieber wäre er jetzt irgendwo anders, wo es solche Erfindungen wie Klimaanlagen und Ventilatoren gab. Träge wich sein Blade einer von Julias Attacken aus, im vollen Bewusstsein, dass seine Spielweise zurzeit extrem von seiner normalen abwich. „Hast du heute eigentlich irgendwann noch mal vor richtig zu bladen?“, tönte es plötzlich gereizt von der Seite. Kai musterte Tala aus den Augenwinkeln: Auch der Rotschopf zeigte erste Anzeichen von Sonnenbrand, allerdings auf den Armen. Er schien ebenfalls keine Lust auf dieses Match zu haben – aber wenn er dachte, dass er seinen Frust bei Kai abladen könnte, hatte er sich geschnitten. Der silberhaarige Blader schenkte seinem „Partner“ ein provozierendes Grinsen: „Ich dachte, ich warte einfach bis dein Auslaufmodell aufhört zu kreiseln und erledige die beiden Amateure dann alleine.“ „Ach ja, ich vergaß… Der Herr bladet ja nicht mehr. Er lässt lieber sein übermächtiges Bitbeast für sich antreten”, kam es spitz zurück. „Wenigstens ist mein Bitbeast stark und mächtig – während deines nur ein billiger Abklatsch seines Herrn ist“, fauchte Kai und sein Beyblade machte einen Schlenker in Wolborgs Richtung. Talas Kopf flog herum und eisblaue Augen fixierten den Halbrussen neben sich. „Was soll das heißen“, zischte er. „Dass du ein Hund bist, Tala. Ein kleiner, braver Schoßhund, der Boris die Füße geleckt hat – und immer noch lecken würde, wenn er denn könnte!“, Kais Grinsen war breiter geworden, hatte aber jede Spur von Humor oder Vergnügen verloren. Es diente nur noch einem Zweck: Tala noch weiter zu ärgern. „Das reicht! So etwas muss ich mir von dir nicht sagen lassen, Kai! Gerade von dir nicht!“, Tala wich unbewusst von seinem „Partner“ zurück und brachte immer mehr Abstand zwischen sie, während sein Blade auf Black Dranzer zuschoss und ihm einen heftigen Stoß verpasste. „Was ist denn los? Verträgst du die Wahrheit nicht?”, stichelte Kai und startete seinerseits eine Attacke. ~~~+~~~ In my darkest hours I could not foresee That the tide could turn so fast to this degree ~~~+~~~ „Hey Jungs! Falls es euch entfallen sein sollte: Ihr tretet gegen uns an, nicht gegeneinander!“, rief Julia dazwischen. Ihr Blade und der ihres Bruders kreiselten unentschlossen am Rand der Arena, während ihre Besitzer verwirrt und zwischen Wut und Belustigung schwankend das Treiben ihrer Gegner verfolgten. Zwei eiskalte Blicke trafen sie, dann gab es zwei beinah identische Knalle und sowohl der blaue als auch der violette Blade lagen ein gutes Stück vom Beystadium entfernt im Gras, während sich Tala und Kai nun endgültig gegenüber standen, die Arena zwischen sich. Julia schnappte nach Luft vor Empörung, während ihr Bruder zu verstehen versuchte, was hier eigentlich vor sich ging. „Oh doch, die vertrage ich… Aber wenn wir schon bei der Wahrheit sind: Wer war denn der Musterschüler der Abtei? Ich will gar nicht wissen, wessen Füße du alles geleckt hast“, Kais Augen weiteten sich für einen Moment, dann verengten sie sich zu Schlitzen und eine heftige Attacke traf Talas Blade, was dieser mit einem Grinsen quittierte. „Habe ich etwa einen wunden Punkt getroffen?“, fragte er unschuldig. „Du weißt doch gar nichts… Ich hatte meine Gründe, so zu handeln, wie ich es getan habe. Wie steht es mit dir?“, murmelte Kai und der schwarze Beyblade ging auf Abstand. „Ich wollte überleben. Nichts weiter. Aber du, du wolltest mehr als das. Du wolltest der Beste sein, der Vorzeigeschüler, Boris’ und Großvaters kleiner Liebling…“, höhnte Tala weiter und nutzte seine Chance, als Black Dranzer kurz schwankte und aus der Bahn geriet, um Kais Beyblade hart zu attackieren. Kai starrte Tala an, der Blick undefinierbar. ~~~+~~~ Can’t believe my eyes How can you be so blind? Is this heart of stone, no empathy inside? ~~~+~~~ Plötzlich verengten sich seine Augen erneut zu Schlitzen und lodernde Wut blitzte in ihnen auf. Die nächste Attacke war heftig und warf Talas Blade fast bis an den Rand des Stadiums. „Halt die Schnauze, Tala! Du solltest nicht über Sachen reden, von denen du nichts weißt!“, brüllte Kai und attackierte Wolborg erneut. „Was gibt es da zu wissen? Du bist ein jämmerlicher, kleiner Speichellecker, Kai. So sieht’s aus!“, Tala hielt dagegen und sein und Kais Blick trafen sich. In ihrem Innersten spürten sie Beide genau das gleiche Gefühl, dass man schon lange nicht mehr Zorn nennen konnte… Es war egal, dass die Zeiten der Abtei vorbei waren. Es war egal, dass sie inmitten einer Menschenmenge waren, die inzwischen begonnen hatte auf sie einzureden. Was jetzt zählte, war nur noch eines: Es hatte sich absolut nichts seit damals geändert! ~~~+~~~ Time keeps on slipping away and we haven’t learned So in the end now what have we gained? ~~~+~~~ “Was ist denn hier los?”, tönte es plötzlich und Bryan drängte sich dicht gefolgt von Spencer durch die Reihen der Blader, die ziemlich ratlos um die beiden Kämpfenden herumstanden und vergeblich versuchten sie zu beruhigen. Einige der Jugendlichen atmeten auf, in der Hoffnung, dass die beiden Russen ihre Teamkollegen wieder zur Vernunft bringen konnten. „Wir haben sie zu einem Match Zwei gegen Zwei herausgefordert und plötzlich sind sie durchgedreht“, berichtete Julia etwas geschockt über den Ausbruch der beiden sonst so stillen und kühlen Blader. Bryan sah sie einen Moment geschockt an, dann quiekte er mit unnatürlich hoher Stimme: „Ihr habt was gemacht? Seid ihr verrückt geworden?“ Hinter ihm stieß Spencer einen saftigen, russischen Fluch aus. „Wir dachten, dass es eine gute Idee wäre. Wer konnte denn ahnen, dass die Beiden plötzlich anfangen würden zu streiten. Ich meine, sie sind doch schließlich Freunde…“, erklärte Romero heftig gestikulierend. Die Reaktion der beiden Russen beunruhigte ihn ziemlich. „Freunde?“, stieß Bryan mit einer Mischung aus ungläubigem Lachen und verzweifeltem Schnaufen hervor. „Kai? Und Tala? Die Beiden hassen sich! Die können noch nicht einmal länger als zwei Minuten alleine in einem Zimmer sein, ohne sich gleich gegenseitig ermorden zu wollen!“ Ein lauter, schriller Schrei ließ sie alle zur Arena starren: Ein dunkles Glühen hatte sich von ihnen unbemerkt über das Beybladestadium ausgebreitet und einige Grasbüschel in pechschwarze Flammen gesteckt. Es hatte nur ein paar weitere Sekunden gedauert und Black Dranzer war erschienen, wunderschön und majestätisch wie sein rotes Ebenbild, aber verdorben bis ins Mark. Seine Flammen leckten über die Wände des Stadiums, waren aber noch soweit gezügelt, dass sie den Kunststoff nur qualmen ließen. Der Schnabel des Wesens war zu einen bösartigen Fauchen geöffnet, die dunklen Augen blickten gierig auf Tala. Der wiederum rief ebenfalls sein Bitbeast. Wolborg erschien sofort, eingehüllt in Eis und Schnee, um sich vor der teuflischen Hitze des Feuervogels zu schützen. Unter seinen Pfoten gefroren einige der kleineren Lohen und der Geifer, der von den weiß schimmernden Fangzähnen tropfte, zersplitterte, sobald er den Boden berührte, zu winzigen Eiskristallen. Die bernsteinfarbenen Augen des Bitbeasts suchten kurz nach seinem Herrn, dann sogen sie sich an der schwarzen Gestalt vor sich fest und ein wildes, drohendes Knurren entwich seiner Kehle. „Das wird Verletzte geben“, flüsterte Bryan und Spencer fluchte erneut. Und die Bitbeasts gingen aufeinander los… ~~~+~~~ Sanctus Espiritus, redeem us from our solemn hour Sanctus Espiritus, insanity is all around us Sanctus Espiritus, is this what we deserve, Can we break free from chains of never-ending agony? ~~~+~~~ Eine Druckwelle riss die Zuschauer von den Füßen, als Feuer auf Eis, Black Dranzer auf Wolborg traf. Der Eiswolf suchte sofort nach der Kehle des Feuervogels und verbiss sich in dem dichten Halsgefieder, während Black Dranzer mit dem Schnabel nach seinen Augen hackte und seine furchtbaren Klauen tief im weißen Fell versenkte. Um sie herum entstand ein Wechselspiel aus Eisbrocken und lodernden Flammen, die um die Vormachtstellung kämpften, sie jedoch einfach nicht erlangen konnten. Und über das Stadium hinweg trafen sich Kais und Talas Blicke, in denen reiner Hass zu erkennen war. Wie oft hatten sie einander schon so gegenüber gestanden, meist unter den spöttischen, aber auch zufriedenen Blicken von Boris? Wie oft schon war dieser Kampf unentschieden verlaufen? Wie oft hatten sie ihren Hass ein weiteres Mal zügeln und sammeln müssen, nach der nächsten Gelegenheit lechzend, um seine Quelle endlich ein für alle Mal loszuwerden? Doch dieses Mal würde alles anders werden. Denn eine winzige Kleinigkeit hatte sich verändert und das fragile Gleichgewicht war zerstört worden. Die beiden Bitbeasts spürten den Hass ihrer Besitzer und kämpften wilder und rücksichtsloser denn je. Unter ihren heftigen Attacken und dem sich stetig verändernden Wüten der Elemente zerbrach das Beystadium, wovon sich Kai und Tala allerdings nicht stören ließen. Zu sehr brannte das, was jahrelang in ihnen gewachsen war – Was man in ihnen herangezogen hatte! ~~~+~~~ Are they themselves to blame, the misery, the pain? Didn’t we let go, allowed it, let it grow? ~~~+~~~ Federn und Fellfetzen wirbelten durch die Luft und die Zuschauer erlebten etwas, was äußerst selten vorkam: Die Bitbeasts bluteten. In den meisten Matches kämpften sie zwar gegeneinander, verletzten sich aber nicht wirklich. Es blieb ein simpler Wettstreit, ein reines Kräftemessen, dass mehr auf ihren übernatürlichen Mächten beruhte als auf körperlichen Angriffen. Doch dieses Mal war es anders. Dieses Mal war es ein Kampf auf Leben und Tod. Wolborg und Black Dranzer gaben inzwischen kaum noch einen Laut von sich und rangen stumm miteinander, die Muskeln zum Zerreißen angespannt, das Toben der Elemente um sich herum ignorierend. Und doch schien keiner von ihnen gewinnen zu können. Schließlich lösten sie sich wieder voneinander und gingen auf Abstand. Beide Bitbeasts begannen sich zu belauern, erschöpft, aber dennoch immer noch bereit erneut anzugreifen und alles einzusetzen um den Gegner endgültig zu besiegen. Langsam wichen sie zurück, angespannt wie zwei Raubtiere, und hielten erst an der Seite ihrer Besitzer wieder an. Wolborg löste seinen Blick für einen winzigen Moment von Black Dranzer und warf Tala einen prüfenden Blick zu, dann knurrte er und zeigte dem pechschwarzen Phönix erneut das mächtige Gebiss. Der fauchte zur Antwort, während den Zuschauern eisige Schauer über den Rücken liefen: In der kurzen Sekunde, in der der Eiswolf abgelenkt gewesen war, hatte in Black Dranzers dunklen Augen eine ungeheure Wildheit aufgeleuchtet, gepaart mit reiner Mordlust und etwas, dass man einfach nur als absolute Bösartigkeit bezeichnen konnte. Tala und Kai waren von der Arena zurückgewichen als sie in tausend Stücke zerborsten war, standen sich aber noch immer gegenüber, die Augen voll brennendem Hass, der schon beinahe an Wahnsinn grenzte. Auch sie atmeten schwer von der Anstrengung ihre Blades am Kreiseln zu halten und ihre Bitbeasts mit zusätzlicher Energie zu versorgen, doch ihr Wille den Anderen zu besiegen – wenn nicht sogar mehr – war immer noch ungebrochen. Plötzlich schlich sich ein hämisches Grinsen auf Talas zu einer Grimasse verzerrtes Gesicht und er begann leise zu lachen. „Was ist denn so lustig? Freust du dich bereits auf deine Niederlage?“, wollte Kai wissen, leichte Unsicherheit in der Stimme. Tala schüttelte den Kopf, das unangenehme Grinsen noch immer auf den Lippen: „Nein, ich dachte nur gerade darüber nach, dass du das mächtigste Bitbeast der Welt in den Händen hältst – und mich trotzdem nicht besiegen kannst. Es hat sich eben wirklich nichts geändert, Kai.“ Er senkte die Stimme und sein Tonfall wurde schneidend. Das Grinsen wich einem Ausdruck purer Verachtung: „Elender Schwächling! Du bist immer noch genauso erbärmlich wie früher!“ Kais Augen weiteten sich und er überschritt die letzte Grenze: Seine deutende Hand befahl Black Dranzer den direkten Angriff auf Tala! ~~~+~~~ If we can’t restrain the beast which dwells inside It will find it’s way somehow, somewhere in time ~~~+~~~ Der schwarze Phönix kreischte vor Genugtuung auf und schlug mit den flammenden Schwingen. Sensen aus Wind und Hitze rasten auf den rothaarigen Russen zu, der sich gerade so noch mit einem Sprung zur Seite retten konnte. Die schneidenden Böen rasten ungehindert weiter, bis sie auf einen Baum trafen und ihn glatt durchschlugen. Erst dann verloren sie sich zu winzigen Funken, die schwarz und grün zu Boden sanken. Viele Blader hatten bei der direkten Attacke aufgeschrieen, doch nun wurden sie von Talas Stimme übertönt, der Wolborg anfeuerte auf Kai loszugehen. Der weiße Wolf zögerte kurz, gehorchte dann aber mit einem schaurigen Heulen und ließ Eiszapfen entstehen, die scharf und tödlich wie durchsichtige Schwerter auf Kai zuschossen. Auch dem silberhaarigen Blader gelang es irgendwie auszuweichen, nur um den Wahnsinn fortzusetzen und eine erneute Attacke zu starten. Die anderen Blader erwachten endlich aus ihrer Erstarrung und versuchten brüllend und schimpfend zu den Beiden durchzudringen, wagten sich aber nicht näher heran, aus Angst, von einer der immer härter und schneller aufeinander folgenden Attacken getroffen zu werden. Ein lautes Jaulen schien die Situation zu verändern: Wolborg brach getroffen zusammen, ein Bein fürchterlich blutend, nachdem er sich vor Tala geworfen hatte um ihn vor einer Windsense Black Dranzers zu schützen. Fiepend versuchte er wieder hochzukommen, doch selbst wenn es ihm gelingen würde, würde es zu spät sein um seinen Herrn vor dem inzwischen rasenden Black Dranzer zu retten. Kai sah wie sich Talas Gesicht vor Todesangst und Sorge um seinen Freund verzerrte und eisiger Triumph leuchtete in seinen Augen auf, der kurz darauf von etwas Anderem ersetzt wurde. Er zögerte sekundenlang die finale Attacke zu befehlen, Zeit genug für Wolborg, um seinerseits eine Salve Eiszapfen in Richtung Black Dranzer zu speien. Der Phönix wich mit einer beinahe lässigen Bewegung aus und schnarrte erbost, weil man ihm nicht gestattete die Sache zu Ende zu bringen. Kai dagegen schrie auf als ihn eines der Geschosse an der Schulter streifte und presste eine Hand auf die stark blutende Stelle. Den darauf folgenden, kurzen Moment der Stille nutzten Bryan und Spencer geistesgegenwärtig aus um ihre eigenen Blades zu starten und sowohl Wolborg als auch Black Dranzer aus dem Ring zu stoßen. Durch die plötzliche Attacke von unerwarteter Seite wurden beide Kämpfer so sehr überrascht, dass sie die Kontrolle über ihre Blades verloren, die beinahe sofort aufhörten sich zu drehen. Doch auch wenn die größte Gefahr gebannt zu sein schien, war es noch nicht vorbei, denn Tala und Kai machten Anstalten jetzt persönlich aufeinander loszugehen. Mehrere Blader stürzten sich auf sie und hielten sie zurück, so dass sie sich nur russische Verwünschungen und Schimpfwörter entgegenbrüllen konnten, während sie verzweifelt darum kämpften freizukommen und den Kampf doch noch weiter zu führen. Spencer versuchte Talas Arme an dessen Körper zu drücken und redete sanft aber bestimmt auf ihn ein, während auf seinem Gesicht ein prächtiges Veilchen blühte. Der Rotschopf achtete kaum auf ihn, bezog ihn höchstens in sein Geschimpfe noch mit ein, und versuchte zu Kai zu gelangen, den ein paar andere Zuschauer inzwischen zu Fall gebracht hatten. Bryan hockte auf seiner Brust, ein Knie auf den linken Arm gepresst, und versuchte verzweifelt Kais freie Hand einzufangen, tatkräftig unterstützt von Garland und Lee. Ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein, flüsterte er die ganze Zeit die gleichen Worte, wie eine Beschwörung, vor sich hin: „Hört auf! Es ist doch vorbei! Es ist doch schon lange vorbei! Ihr seid doch gar nicht mehr in der Abtei! Es ist vorbei!“ ~~~+~~~ Will we remember all of the suffering Cause if we fail it will be in vain ~~~+~~~ Unbeachtet von den Beybladern standen sich Wolborg und Black Dranzer noch immer gegenüber, obwohl ihre Blades schon lange im Staub lagen. Ihre Körper zitterten vor Erschöpfung und Blut tropfte sowohl von Federn als auch von einstmals strahlendem Fell zu Boden, doch der Hass und der Wille ihrer Blader hielt sie noch immer in dieser Welt, wo sie sich drohend, wenn auch unfähig irgendetwas zu tun, anstarrten. Nur langsam verblassten ihre Konturen, beinahe widerwillig. Während Black Dranzer voller Hass, dass er noch immer gefangen war, aufschrie, galt der letzte Blick der bernsteinfarbenen Augen Tala und Kai… ~~~+~~~ Sanctus Espiritus, redeem us from our solemn hour ~~~+~~~ Garland hatte Kais rechte Hand zu fassen gekriegt und redete nun ebenfalls auf Kai ein, erschrocken über den Hass, der dem silberhaarigen Halbrussen deutlich anzusehen war. Seine Pupillen waren winzig wie Stecknadelköpfe und er stieß noch immer Verwünschungen aus, während er sich verzweifelt wand um wenigstens einen mörderischen Blick auf seinen Feind werfen zu können. Inzwischen waren Ray und Michael Spencer zur Hilfe gekommen und gemeinsam versuchten sie den tobenden Tala ebenfalls von den Beinen zu holen. Auch die restlichen Blader hatte der Lärm inzwischen an den Ort des Geschehens geholt und mitten unter ihnen standen die Erwachsenen, unfähig zu entscheiden, was sie tun sollten. Niemand hatte jemals mit so etwas gerechnet… ~~~+~~~ Sanctus Espiritus, insanity is all around us ~~~+~~~ Schließlich verlor auch Tala den Halt, richtete sich aber sofort wieder auf und versuchte wieder hochzukommen. Spencers Arme schlossen sich wie Schraubstöcke um ihn und pressten ihm langsam die Luft ab. Der Sauerstoffmangel und die fehlende Bewegungsfreiheit taten mit der Zeit ihre Wirkung und Tala wurde sich langsam aber sicher wieder seiner Umwelt bewusst. Schwer atmend und so ausgepowert wie nach einem Marathon, sah er zu, wie Bryan wenige Meter von ihm entfernt Kai eine Ohrfeige nach der anderen versetzte, um auch ihn endlich wieder halbwegs zur Vernunft zu bringen. ~~~+~~~ Sanctus Espiritus, is this what we deserve, ~~~+~~~ Bryan ließ erst von Kai ab, als sich dessen blutroten Augen, die mehr als jemals zuvor zwei höllischen Infernos glichen, endlich langsam klärten. In der folgenden, atemlosen Stille waren seine verzweifelten, beinahe schon schluchzenden Worte klar und deutlich zu hören: „Hört endlich auf! Verdammt, ihr seid doch gar nicht mehr in der Abtei. Es ist doch vorbei…“ ~~~+~~~ Can we break free from chains of never-ending agony? ~~~+~~~ _________________________________________________________________________________ Ich hoffe ihr verzeiht mir die Feindschaft, aber es musste sein. Und jetzt mal ehrlich, kam euch Kais Aussage beim Match Tala gegen Garland nicht auch komisch vor? ^.~ Naja, Fragen wie immer an mich, wer ein Kommi schreibt, kriegt auch eine ENS wie's weitergeht. Apropos, ich habe im Moment ein kleines Problem, weil die Story schneller voranggeht als eigentlich geplant. Falls also jemand Vorschläge hat, was noch so passieren könnte, soll er sich melden. ^^" Ansonsten muss ich alles Schlag auf Schlag erfolgen lassen. Also dann, bis zum nächsten Kapitel: "Schattenspiele" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)