Tales of Lonelyness von MitsuruSenpaii (The Lonelyness, I search in you [Presea x Sheena || Sheena x Zelos]) ================================================================================ Kapitel 6: Der Tag danach... ---------------------------- Als Zelos am nächsten Morgen erwachte, wusste er ersteinmal nicht, wo er war. Es war kein Bett, auf dem er lag, sondern ungleich härter, und als er die Augen aufschlug, sah er nicht das gewohnte Deckenbild vor sich. Aber als er sich dann umsah, wurde ihm schnell bewusst, was geschehen war: Aufgrund seiner Niedergeschlagenheit schien er tatsächlich unter dem Fenster eingeschlafen zu sein. Zu allem Überfluss war dieses auch noch die ganze Nacht offen gewesen. Er konnte - zumindest dachte er es - förmlich spüren, wie die Viren durch den Körper rasten - was natürlich völliger Schwachsinn war. Außerdem fühlte er sich eigentlich recht wohl - Einbildung? Wunschdenken?. Sah man von der Sache mit Sheena ab. Und genau in dem Moment erinnerte er sich wieder an den Abend - etwas, was er lieber nicht getan hätte. Ihm wurde klar, dass er Sheena sicherlich unglaublich verletzt hatte, aber er konnte es nicht mehr rückgängig machen. Das einzigste, was er tun konnte, war, so zu tun, als sei nichts passiert - oder zu versuchen, ihr zu erklären, was Sache war. Er stand auf, was aber nicht ohne Zittern ging. Als er zum Fenster hinaus sah, sah er, dass sich eine weiße Decke über die Welt ausgebreitet hatte. In seinem Hals bildete sich ein Kloß. Er hasste Schnee, er hasste den Winter, und er hasste alles, was damit zu tun hatte. Er wollte sich gerade verbittert umdrehen, als er draußen ein Pärchen vorbei laufen sah. "... ach komm schon, so schlimm ist Schnee doch gar nicht", sagte das Mädchen da. "Außerdem ist es doch so schön romantisch." Der Junge knurrte nur genervt. "Pah! Was soll an eklig kalten und widerlichen Schnee schon romantisch sein?" Da blieb das Mädchen stehen und baute sich vor ihm auf. "Nun sei mal nicht so mürrisch. Außerdem hab ich dich nicht umsonst hergebracht. Ich muss dir etwas wichtiges sagen!" "So, und was? Überhaupt, was kann es schon wichtiges sein, um mich hier in die Eiseskälte zu locken?" Er wandte genervt den Blick zur Seite, und das Mädchen zuckte zusammen. Sie sagte dann etwas, was Zelos nicht verstehen konnte, worauf der Junge dann meinte: "Aber... deshalb musst du doch nicht gleich weinen!" Idiot, dachte Zelos, seufzte dann aber. Ich hab gut denken... das, ausgerechnet von mir? Ich bin doch selber ein Idiot sondersgleichen! Da hörte er das Mädchen sagen: "Verdammter Idiot! Ich würde dich nicht mit hernehmen, wenn es mir nicht so verdammt wichtig wäre!" Eine kurze Pause, und dann: "Verdammt, ich liebe dich!" Aus irgendeinem Grund versetzte dies Zelos einen Stich ins Herz. Was würde er dafür tun, um diesen einen Satz aus...- "Ähm... das... äh... das... das überrascht mich... ich hätte nie gedacht, dass du... genauso fühlst..." Der Junge war über beide Backen errötet, und Zelos musste, als er das sah, trotz seiner miesen Laune darüber schmunzeln. Früher, vor sehr, sehr langer Zeit, war er mal so ähnlich wie dieser Junge gewesen, ein Rebell mit großem Herzen. Das war aber noch lang vor... - Zelos dachte diesen Gedanken nicht weiter. Es brachte nichts. Wie könnte sich sein Leben je ändern, wenn er dauernd mit seinen Gedanken in der Vergangenheit lebte? Zelos lachte verbittert auf. Es war doch kein Wunder, dass keiner ihn wirklich möchte, wenn er dauernd so in Selbsthass versank. Das Mädchen meinte gerade, dass sie Angst hatte, er würde nicht wie sie fühlen, und dass sie unendlich erleichtert ist. "Vielleicht hat der Schnee ja nun auch etwas positives für dich?", grinste sie. Da kam er Junge auf sie zu und nahm sie in den Arm. "Oh, das hat er, ganz gewiss." Zelos hatte genug gesehen. Es war so, als hätte er eben erfahren, wie es aussah, wenn Menschen ihre Masken fallen ließen. Auch er trug eine Maske. Seine ganze Fröhlichkeit war nur aufgesetzt, seine angebliche Liebe zu allem weibliche nur eine Fassade, um die Frau, die er liebte, zu verletzten und auf Distanz zu halten. Aber plötzlich - als würden es ihm wie Schuppen vor die Augen rieseln - erkannte er, dass das nun nicht mehr nötig war. Er war kein Auserwählter mehr, jedenfalls keiner, den man in Gefahr bringen konnte, den er spielte keine Rolle mehr. Er hatte nichts mehr an sich, was ihn und seine Liebe in Gefahr bringen konnte. Als hätte sein ganzes Leben nur für diesen einen Satz existiert, blühte in Zelos eine Hoffnung auf, wie er sie noch nie gekannt hatte. Plötzlich hatte er das Gefühl, Berge versetzten zu können! Natürlich wusste er nicht erst seit eben, dass er kein Auserwählter mehr war. Aber dadurch, dass sich in seinem Leben seit der Reise der Weltenerneuerung und dem Kampf gegen Mithos nichts für ihn geändert hatte, war er sich die ganze Zeit nach wie vor wie der Auserwählter vorgekommen. Dieses Gefühl wurde erst geschwächt, als Presea auftauchte und Sebi ihn klarmachte, dass sein Ruf unmerklich nach unten gegangen war. Und als Sheena auftauchte. Denn diesmal konnte er nicht die so gewohnten flotte Sprüche, für die sie ihn für einen Macho und Perversen hielt, reissen. Stattdessen sagte er etwas, was er früher nie gesagt hätte, nämlich, dass er auf der Suche nach einer wahren Liebe ist und kein Interesse mehr an Affären hat. Es schien, als habe sich, einen Moment bevor er das gesagt hatte, sein Gehirn aufgehängt, denn normal hätte er das nicht gesagt. Er wusste, dass es Sheena nur aus den Konzept gebracht hatte, und er hatte sich lange dafür auch gescholten und gerüdigt, aber nun wusste er, dass es kein Fehler war, das zu sagen. Er musste nicht mehr der große, unnahbare Zelos sein. Er konnte endlich so sein, wie der Junge, den er eben gesehen hatte. Er, Zelos Wilder, schien von einem Augenblick zum anderen ein vollkommend anderer Mensch geworden zu sein. War ihm bis eben noch Bange gewesen, Sheena gegenüber zu treten, so fühlte er sich nun mutig genug, um mit ihr endlich Klartext reden zu können. Mit diesem mutigen Entschluss machte er sich auf, um in das Wohnzimmer zu gehen. Hinter sich schloss er die Tür, und er ging den ersten Schritt in richtung Treppe hinunter, rutschte aber aus, versuchte noch, das Geländer zu fassen zu bekommen, griff aber daneben und...- ... fiel. Schöner kann man das nicht umschreiben, er fiel einfach die Treppe hinunter, was weder schön noch lustig aussah. "Ouch, Scheiße!", schrie er Auserwählte. "Wa...?" Von dem Lärm aufgeweckt, stürmte nicht nur Sebastian, sondern auch Sheena und Presea herbei. Sheena rannte sofort die Treppe hinunter, ein spitzes "Zelos!" auf den Lippen, während Sebi aus irgendeinem unerfindlichen Grund wegrannte. Sheena kniete sich vor Zelos nieder. "Oh, mein Gott, Zelos!", stammelte sie. "H... Hast du dir was getan? Verdammt, wo ist dein Diener hin?" Der Auserwählte antwortete nicht, worauf sie ihre Hand auf seine Stirn legte - und gleich darauf wieder zurück zog. "Mein Gott, Zelos, deine Stirn glüht ja regelrecht!" Von dem in Sheenas Augen ab diesem Moment an nichtsnutzigen Diener im Stich gelassen, sah Sheena keinen anderen Ausweg, als Zelos Huckepack zu nehmen - sie versuchte es zumindest. "Das... kannst du vergessen...", sagte der Auserwählte schwach, aber grinsend. "Ich denke, da bin ich etwas zu schwer für dich." Er lachte leise. Sheena bedachte ihn mit einem vernichteten Blick. "Jaja, lach du ruhig. Dann macht es dir auch sicher nichts aus, wenn ich dich hier liegen lasse, nicht?" Aber noch ehe Zelos antworten konnte, dass er auch sehr gut alleine laufen konnte - er war ja immerhin kein alter Tattergreiß, sondern ein junger, bildhübscher Mann, der noch reichlich Power in den Knochen hatte - war Presea bei ihnen unten, und packte Zelos unter dem Arm. Sie wollte ihn anscheinend ganz alleine hochschleppen, doch noch ehe sie auch nur versuchte, ihn anzuheben, sagte sie: "Ich schaff das in meinem momentanen Zustand nicht. Ich bin zwar wieder fit, aber noch nicht so fit, wie ich einst mal war. Du musst mir helfen, Sheena-san." Sheena wollte antworten, dass der Spinner das ganz bestimmt auch alleine schaffen würde - was er ja auch konnte -, verkniff es sich aber, weil sie Presea nicht widersprechen wollte, und packte stattdessen Zelos unter der anderen Schulter. Den Arm legte sie sich über die Schultern, und so begannen sie, ihn hoch zu tragen. "Ähm... Ladys... ich kann sehr wohl...-" alleine laufen, wollte er sagen, schwieg aber lieber, als er Sheenas mürrischen Geschichtsausdruck sah. Würde er jetzt sagen, dass er noch nicht zu schwach war, um selber zu laufen, würde sie ihn mit der Frage 'Wieso sagst du das nicht eher, du blöder Idiot" wahrscheinlich töten oder so ähnlich. Also schwieg er unbehaglich. Zusammen mit Presea schafften sie ihn ins Bett. "Danke, meine Ladys", sagte er, aber Presea war auch gleich wieder aus dem Zimmer verschwunden. "Was hat sie nur...?", fragte Zelos leise, eher an sich gewandt. "Keine Ahnung", antwortete Sheena seufzend. Sie sah sich um, um den Grund für die eisige Kälte im Zimmer zu entdecken, und sah zum Fenster, welches immer noch offen stand. "Sag bloss, das Fenster war die ganze Nacht offen?" Mit Unbehagen merkte Sheena, dass die Decke, die sie sich am Vorabend um die Schulter geschlungen hatte, an Ort und Stelle, nämlich der Fensterbank, lag. Er wird doch nicht an Ort und Stelle... Da es Zelos zu peinlich war, ihr zu erklären, dass er wirklich direkt an Ort und Stelle, nämlich direkt unterm Fenster, eingeschlafen war, sagte er lieber nichts dazu, sondern nickte nur. Als er die Augen wieder öffnete, hatte sich Sheena vor ihm aufgebaut. "Ich weiß", sagte sie, "du wirst das nur wieder in den falschen Hals bekommen, aber es muss sein: Du musst dich umziehen!" Noch ehe Zelos etwas sagen konnte, setzte die Ninja schon zu einer Erklärung an. "Du kannst nicht in diesen kalten und verschwitzen Klamotten bleiben! Ich... helfe dir auch..." Sie errötete, worauf Zelos lächelte - nicht grinste. "Gut, abgemacht.", antwortete er heiter. Er dirigierte sie zu seinem Schrank, wo sie ein paar Schlafanzüge fand. Sie nahm einen (einen hellblauen - die Farbe verwirrte Sheena, sie dachte, Zelos würde nur pink und rosa tragen), und als sie sich umdrehte, hatte Zelos sich schon über die Hälfte ausgezogen. Nur Hose und Stiefel waren noch über, der Rest lag schon auf dem Boden verstreut. Sheena drehte sich erschrocken wieder zum Schrank, rot bis über beide Backen. Oh mein Gott, Oh mein Gott, Oh mein Gott, Oh mein Gott, Oh mein Gott... Das dachte sie immer und immer wieder. Als ihr das Bild von seinem nackten Oberkörper in den Sinn kam, errötete sie nur noch mehr, und versuchte, dieses Bild zu verjagen. Denk nicht dran, denk nicht dran, denk ja nicht...- "Was ist, Hunny? Kalte Füße bekommen?" Er riess Sheena aus ihren peinlichen Gedanken, und lachte, und diesmal, endlich, hörte Sheena, dass es echt war. Sie drehte sich um und sah, dass sich Zelos mittlerweile selbst ungezogen hatte und immer noch lachte. Sie starrte ihn ein paar Sekunden lang gespielt böse an - wobei sie betete, dass er nicht merkte, wie rot sie immer noch war - woraufhin er nur noch mehr lachen musste, und dann stimmte sie in dieses Lachen mit ein. Das Eis schien gebrochen, bis Zelos, vor lauter Lachen nur japsend, meinte: "Ach, Gott, du bist ja soo verdammt süß!" Sheena hielt mitten im Lachen inne. Und da war es wieder, dieses beklemmende Gefühl. Bis eben noch hatte sie versucht, einfach nicht mehr an gestern zu denken, aber ihr war klar, dass das nicht möglich war. Früher oder später musste sie sich Zelos stellen. Aber sie konnte einfach nicht. Urplötzlich war ihr die Luft zu dünn, sie klapperte vor lauter Kälte, und die Wände schienen näher zu kommen. Sie wandte sich zum Gehen. "Wenn was ist, ruf nach mir oder deinem bescheuerten Diener - sollte der wieder auftauchen..." Sie war fast bei der Tür, doch da spürte sie, wie sich Arme um sie legten, und dann war sie schon in Zelos Armen, der sie von hinten umarmt hielt. "Bitte...", flüsterte er, "geh nicht." Die Kunoichi sagte nichts. Sie versuchte, sie frei zu machen, aber aus Angst, den angeschlagenen Zelos zu verletzten, waren es nur halbherzige Versuche. "Lass mich versuchen, es dir zu erklären..." Zelos drückte sie noch fester an sich. Angst, sie könnte vielleicht von seinem wegen dem Fieber verschwitzen Körper angeekelt sein, hatte er nicht, zumindest dachte er in diesem Moment nicht daran. "Ich... ich wollte dich gestern nicht verletzten..." Sheena versuchte weiterhin, sich loszumachen, aber ihre eh schon schwache Gegenwehr erlahmte immer mehr. "Hast du auch nicht. Deine Witze kannst du dir in Zukunft aber sparen, denn das nächste mal lass ich dich nicht ohne eine gehörige Tracht Prügel davon kommen, Penner.", sagte sie barsch. "Die hast du eigentlich jetzt schon verdient!" Zelos lies sich davon nicht irritieren. "Und es war auch kein Witz... ich... wusste in dem Moment nicht, was ich tat, und danach hatte ich Angst, du würdest mich umbringen... also wollte ich etwas sagen, was die Stimmung heben würde. Zu spät erkannte ich, dass dieser Satz dich gewiss verletzten würde - als er schon gesagt war..." Er merkte, wie Sheena in seinen Armen zu zucken anfing. "Sheena, bitte...! Ich... l... lie...-" Weiter kam er nicht, den in diesem Moment kam Sebi rein, und Sheena nutzte diese Gelegenheit, um Zelos einen Stoss - einen leichten, damit er nicht fiel - zu geben und war, noch ehe er wieder aufblicken konnte, durch die Tür verschwunden. Presea nagte die Ungewissheit. Was machte Sheena gerade bei Zelos? Worüber sprachen sie? Waren sie ineinander verliebt? Waren sie gar ein Paar? Presea wusste keine Antworten. Sie wusste auch nicht, wieso es sie so sehr interessierte - es war einfach so. Gestern hatte sie sich in einem unbedachten Moment einfach aus dem Institut geschlichen und hierher geflohen. Sie konnte dort einfach nicht bleiben. Die ganze Atmosphäre dort war kalt und unfreundlich, und sie hatte das starke Gefühl, nicht erwünscht zu sein, sondern eher nur erduldet, weil es die Ereignisse nicht anders zuließen. Aber als sie hier ankam, fühlte sie sich noch weniger erwünscht als im Institut. Sie schien Sheena und Zelos bei etwas gestört zu haben. Und das tat weh, wieso auch immer. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen, und Sheena kam hinein gestürmt. Erst dachte sich Presea nichts dabei, aber als sie sah, dass Sheena weinte und sich in eine Ecke verkroch, krampfte sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. Eine Zeit - Presea kam sie vor wie eine Ewigkeit - lang sah sie der ehemaligen Auftragskillerin einfach nur beim weinen zu, aber irgendwann hielt sie es nicht mehr aus. "Was ist... denn passiert, Sheena-san?", fragte sie daher zaghaft. "Nichts...", antwortet Sheena kurz angebunden. "Aber du weinst doch! Da kann doch schlecht die Rede von Nichts sein!", begehrte Presea auf. "Ich sagte, es ist nichts.", sagte Sheena, diesmal mit mehr Nachdruck. "Aber..." "Ich sagte, es ist nichts! NICHTS!!!" Sheena fegte die Hand, die Presea ihr auf die Schulter gelegt hatte, zur Seite, woraufhin Presea sich zurück zog. Und wieder saß Sheena eine Zeit nur so da und weinte, und Presea schaute ihr zu, während sie sich fragte, was vorgefallen sein mochte. Es hatte zu 100% etwas mit Zelos zu tun, soviel stand fest. Es machte sie rasend, zu wissen, dass Zelos sie zum weinen gebracht hatte, aber sie konnte nichts tun. In dieser Hinsicht war sie einfach hilflos. Eine Ewigkeit schien zu vergehen. Wie viel Zeit war vergangen? 15 Minuten? 30? Eine ganze Stunde? Presea wusste es nicht. Aber schließlich regte sich etwas, und Sheena sah auf. Ihre Augen waren vom Weinen verquollen, und sie hatte eine tiefe Traurigkeit im Blick. "Entschuldige... wegen vorhin...", murmelte sie. Aber Presea schüttelte nur den Kopf. "Schon vergessen", sagte sie. Für eine geraume Zeit lang schwiegen die beiden, während Sheena versuchte, den verweinten Ausdruck aus ihrem Gesicht weg zu bekommen. Aber irgendwann sagte Presea schließlich: "Geh zu ihm." Sheena, die zuerst nicht wusste, was das Mädchen meinte, stockte. "Hm?" "Ich meine Zelos. Geh zu ihm." Presea unterkämpfte die Drang, sie festzuhalten und nie wieder loszulassen. Es war am besten so. Sheena sah sie an. "Bist du sicher, dass das das richtige ist...?", fragte sie leise. Nein! Bleib bei mir!, hätte Presea am liebsten gesagt, aber sie hütete sich davor, das auszusprechen. "Natürlich", log sie. Beziehungsweise, sie log nur aus ihrer Sicht. Aus der Sicht von Sheena und Zelos war dies ganz gewiss das richtige. Sie spielte in dieser Geschichte keine Rolle... "Du hast... wahrscheinlich... Recht!", sagte Sheena. "Und sei es nur, um dieses Missverständnis aus der Welt zu schaffen." Presea wusste nicht, um was für ein "Missverständnis" es handelte, aber sie fragte auch nicht nach. Das ging sie eh nichts an. Sheena stand auf und ging richtung Tür, aber ehe sie sie öffnete und dadurch verschwand, sagte sie noch eines: "Danke." Und mit diesen Worten fiel die Türe zu, und Presea hatte das Gefühl, dass dies die Türe zu Sheenas Herzen symbolisieren musste, die eben ganz bestimmt für immer zu gefallen war... Als Sheena Zelos' Zimmer betrat, spürte sie sofort wieder die Kälte. Das Fenster war immer noch offen, vorhin, als sie es hatte zumachen wollen, hatte sie sich unter Herzschmerz an den gestrigen Tag zurück erinnert, worauf sie das Fenster offen gelassen hatte (sie wollte die Decke nicht berühren, was natürlich schwachsinnig war.) Als sie nun einen Blick hinaus warf, merkte sie, zum ersten Mal, dass sich die Welt in eine weiße Schneelandschaft verwandelt hatte. Der Anblick fazinierte sie mindestens 5 geschlagene Minuten, ehe sie sich dazu durchringen konnte, das Fenster zu schliessen und sich Zelos zuzuwenden. Dieser schlief - ein Umstand, der erst zuließ, dass sich Sheena so lang an der Winterlandschaft ergötzen konnte. Sie sah ihn an. Sah ihn - vielleicht zum ersten Mal im ihren Leben - richtig an. Er war schön. Unglaublich schön. So seidig glatte Haut hatte er, so schöne, glänzende Haare. Das er lange Haare hatte, störte Sheena mittlerweile nicht mehr. Sie erinnerte sich noch zu gut daran, was sie dachte, als sie Zelos nach langer Zeit wieder zum ersten Mal sah - wie bekloppt es für einen Mann doch eigentlich war, so lange Haare zu haben. Immerhin hatte er längere Haare als sie - was jedoch noch nichts zu heißen hatte - und auch längere Haare als die Tussen, mit denen er doch so gerne zusammen war. Auch, dass er eine rosa Weste trug, fand sie anfangs albern, aber auch daran hatte sie sich gewohnt. Um ehrlich zu sein: Sheena hatte sich an Zelos, mit seinem Aussehen und all seinen Ecken und Kanten, gewöhnt, ja, selbst an seine perversen Witze - was sie aber nie offen zeigen oder gar zugeben würde. Sie konnte einfach nicht normal mit ihm umgehen, nicht nach all dem, was er ihr schon angetan hatte. Es kotzte sie an, dass er dauernd von großer Liebe sprach, und zwei Sekunden später dem nächsten Rockzipfel hinterher jagte. Die wahre Gründe für sein Verhalten kannte sie nicht. Sie hatte zwar von Zeit zu Zeit das Gefühl, das alles sei nur eine riesige Farce von ihm, aber immer kam etwas, was diesen Eindruck wieder zerstörte. Um ehrlich zu sein: Sie kam sich von ihm einfach nach Strich und Faden verarscht vor, und bei aller Zuneigung, die sie vielleicht je für Zelos hätte empfinden können, sowas ließ sie sich nicht gefallen. Sie hasste Verräter, und er war einer, und noch mehr hasste sie es, angelogen zu werden, und das tat er - dauernd! Und noch während sie diese Gedanken dachte, kullerte ihr erneut unbemerkt eine Träne hinunter, und Zelos...- - schlang in diesem Moment die Arme um sie und zog sie zu sich hinunter. "Was...!?!", entwich es Sheena. Sie lag mit dem Kopf nun genau auf Zelos' Oberkörper - auf seinem nackten Oberkörper, um genau zu sein, denn er hatte sein Hemd ausgezogen, weil es ihm zu warm war -, was Sheena die Schamesröte bis über beide Backen ins Gesicht trieb. Wäre sie - wieder einmal, denn in letzter Zeit war sie das ja ungewohnterweise ziemlich häufig - ehrlich zu sich gewesen, hätte sie sich eingestehen müssen, dass es angenehm war, auf dem warmen Körper zu liegen. Aber sie konnte - mal wieder - nicht ihre wahren Gefühle zulassen, denn würde sie das tun, so hatte sie das Gefühl, wäre alles verloren. Sie durfte sich einfach nicht von sowas dummen wie Gefühlen regieren lassen. Also begann sie zu zetern und zu keifen. "Zelos, du elender Lustmolch, lass mich los, bevor ich...-" Weiter kam sie nicht, denn Zelos schafft es, mit einer Hand ihr den Finger auf den Mund zu legen - eine Berührung, die in Sheena ein Kribbeln auslöste. Nach einer Weile, die Sheena wie eine Ewigkeit vorkam, fragte Zelos, wieso sie weinen würde. "Ich weine gar nicht!", log sie zunächst. Aber als Zelos weiterschwieg, meinte sie irgendwann: "Das... kann ich dir nicht sagen..." Welcher Teufel hat dich denn geritten?!?, keifte sie sich gedankenlich an. In letzter Zeit schien sich auch ihr Mund immer mehr zu verselbstständigen, so, als wäre sie nicht mehr Herrin über ihren eigenen Mund! Der Gedanke klang absurd, aber genau so fühlte es sich an. Aber dann fragte sie sich, wieso sie es ihm nicht sagen konnte. Was hatte sie denn noch großartig zu verlieren? Für diesen Gedanken hätte sie an einem anderen Tag, unter anderen Umständen, eine kalte Dusche unter einem Wasserfall genommen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, aber dies war kein anderer Tag, und dies waren auch keine anderen Umstände - von dem fehlenden Wasserfall ganz zu schweigen. "Ich frage mich... wieso ich dir nicht verzeihen kann... wieso ich dich immer noch so sehr hasse...", sagte Sheena da, laut, aber ehe sie begriff, was sie da sagte, war es zu spät. Zelos zuckte zusammen. Nach einer Weile meinte er: "Es tut mir leid... das alles ist meine Schuld... hätte ich dich damals nicht so sehr verletzt, wäre nun alles anders..." Er drehte den Kopf zur Seite, weg von Sheena. "Weißt du... ich interessiere mich eigentlich nicht sonderlich für Frauen... Es gibt nur eine, die mich interessiert..." Er sprach extra nicht aus, wen er meinte. Wozu auch? Sheena schwieg. Was sollte sie dazu sagen? Er konnte sagen, was er wollte, es änderte nichts daran, dass er dauernd bei anderen Weibern war, dass er eine Liebschaft nach der anderen hatte. Wieso tut man sowas, wenn man angeblich verliebt ist? Und als könnte er ihre Gedanken lesen, meinte er da: "Ich habe mich nur mit diesen Groupies abgegeben, um dich auf Distanz zu halten..." Und genau auch in diesem Moment platze Sheena der Kragen. "Was, zur Hölle nochmal, hast du da gesagt?" Sie versuchte sich nun mit voller Gewalt, loszureissen, aber Zelos hielt sie weiterhin fest umklammert. "Lass mich verdammt nochmal los! Du bist ja komplett durchgedreht!" Unberührt sprach Zelos weiter. "Versteh mich nicht falsch", sagte er, und seine Stimme war voller Schmerz. "Ich tat es... weil ich der Gottverdammte Auserwählte bin!" Sheena, die sich eben beinahe losgerissen hätte, hielt inne und verlegte sich so, dass sie sein Geschicht sehen konnte. Es war eine einzige Fratze aus Schmerz und Leid und Hass. "'Was... ?! Zelos... ich..." "Verstehst du?!? Weil ich dich nicht unnötig in Gefahr bringen wollte, habe ich dich in dem Moment, in dem du anfingst, mir zu vertrauen, verletzt - damit du mir fern bleibst!" Er lachte verbittert auf. "Weißt du, wie scheiße ich mich fühlte? Wieder einmal war mir mein Titel als Auserwählter zum Verhängnis geworden. Als ich drüber nachdachte, wurde mir klar, dass ich nicht bei dir bleiben konnte. 1. wärst du nur als Zielscheibe geendet, um den großartigen Auserwählten in die Enge zu treiben, und 2. hätte man unser Glück, solange ich Auserwählter war, eh nie gebilligt, weil dir als Auserwählten natürlich auch vorgeschrieben wird, wen du zu heiraten hast! Du darfst ja nicht mal entscheiden, was du essen magst!" Sheena starrte ihn entgeistert an. Aber... wenn das wirklich so ist... dann macht ja alles doch Sinn?! Lange Zeit herrschte Schweigen zwischen den beiden. Irgendwann sagte Sheena leise, so leise, dass man sie fast gar nicht verstand: "Ich wünschte, ich könnte mich in dich verlieben und alles um mich herum vergessen..." Das sagte sie, ohne auch nur einmal zu stocken. Sie meinte es ernst, und ehrlich gesagt wäre das der schönste Traum, der in Erfüllung gehen könnte. Das sie sowas nicht denken durfte, war ihr bewusst, aber sie wollte einmal, nur ein einziges mal, ihr Ninja-Dasein und die damit verbundenen Pflichten und Lehren vergessen. Doch anstatt zu lachen oder böse oder sonstwas in der Art zu werden, fragte Zelos nach einer Weile nur: "Und wieso tust du es dann nicht?" Sheena stockte. Wie viel konnte sie ihm sagen...? "Weil ich es mir geschworen habe..." Zelos sagte wieder eine geraume Zeit lang nichts, bis er nur ein Wort fragte, beziehungsweise, eher ein Name: "Lloyd?" Sheena nickte stumm. "Hast du es ihm je gesagt?" Es war schwer für Zelos, mit Sheena über Lloyd, in dem sie, wie er nun mit Gewissheit sagen konnte, verliebt war, zu reden. Aber es musste sein. Wie sonst könnte er sein Versprechen, dass er ihr einst gegeben hatte, halten? Egal, was dir auf dem Herzen liegt, du kannst immer zu mir kommen, und mit mir über alles reden! Gestern hatte er sich beschwert, dass sie trotz dieses Angebotes nie mit ihm über die wirklich wichtigen Dinge sprach, wie könnte er sie heute, wo sie sich endlich öffnete, wegstoßen? "Wozu? Er und Colette... die beiden gehören zusammen, schon seit jeher. Anfangs war ich so blöd zu glauben, dass ich Chancen hatte - weil Lloyd so nett zu mir war. Aber schnell merkte ich, dass er 1. zu jedem, bis auf seine Gegner, so nett war, und dass ich 2. keine Chance gegen Colette haben würde." "Bist du darüber hinweg gekommen?" Sheena schwieg kurz, fragte sich selber, ob sie das war. "... Ja..." Zelos schwieg ebenfalls ein paar Sekunden, ehe er dann fragte: "Und wieso hindert dich das daran, dich in mich zu verlieben?" Er schwieg. Er erwartete keine Antwort, aber es tat gut, diese Worte wenigstens mal ausgesprochen zu haben. Doch zu seiner Verwunderung antwortete Sheena nicht nur, sie sagte sogar den Grund: "Weil ich... Angst habe... Davor, verletzt werden zu können...", gestand sie. Weitere Tränen gesellten sich der ersten hinzu. "Aber Sheena..." Er drückte sie noch ein Stückchen fester an sie. "Ich weiß, ich bin ein unverbesserlicher Chaot und Kindskopf, aber ich würde dich doch nie verletzen!" Sheena zuckte noch mehr zusammen, und Zelos wusste, dass er wieder etwas falsches gesagt hatte. "Aber... das hast du bereits... schon unzählige Male...", weinte Sheena nun aus vollem Herzen. Zelos fuhr wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Natürlich hatte er das, schon von Anfang an, und gerade gestern auch! Trotzdem sagte er: "Ja, aber nie, weil es mir Spass oder so machte, nie, weil ich dich unglücklich sehen wollte. Es musste sein, um dich zu schützen! Glaub mir, Sheena, nichts liegt mir ferner, als dich unglücklich zu sehen!" Er berührte sanft ihren Kopf. "Bitte! Gib mir eine Chance, dir das zu beweisen!" Eine Zeit lang herrschte Schweigen, aber dann schüttelte die Ninja traurig den Kopf. Die Tränen waren zwar momentan versiegt, aber sie war wieder kurz davor, zu weinen. "Das... geht nicht... und das weißt du ganz genau...", meinte sie schwach. "Mizuho... hab ich recht?" Sheena nickte nur. "Dann... lass uns weg gehen. Irgendwohin, wo sie uns nicht finden können!", rief Zelos aufgebracht. Wenn es nur ein blödes Dorf war... "So geht das doch nicht... als gebe es einen Ort, an dem sie mich nicht finden würden..." Sie seufzte. Dieses Gespräch war sinnlos. Diese Überlegungen waren sinnlos. Alles war sinnlos. "Dann... ziehen wir umher. Die können nie und nimmer überall gleichzeitig sein!" Sheena fuhr auf. "Ohne Zuhaus und ohne Besitztümer, ein Leben auf der Straße?" "Ja!", rief Zelos. "Lieber arm und glücklich als...-" Er sprach nicht zuende. Er wäre glücklich, solange er mit Sheena zusammen sein konnte, aber wieso sollte es auch Sheena sein? Ein Leben auf der Flucht... das war keine rosige Zukunft... "Dann... werde ich mit ihnen reden!", sagte Zelos da entschlossen. Er hatte einen Entschluss gefasst, und diesmal würde er ihn umsetzten. Sheena ruckte auf und sah ihn entsetzt an. "Das... kann nicht dein..." "Und ob er das ist!", unterbrach Zelos sie. "Ich werde nach Mizuho gehen und sie bitten, dich loszulassen. Ich werde sie bitten, dich aus dem Ninjastand zu entlassen. Und ich werde sie bitten, dich heiraten zu dürfen." Und er meinte es ernst, das merkte Sheena. Lange Zeit sagte keiner von beiden was. Irgendwann meinte Sheena dann: "Okay... aber warte damit, bis die Sache mit Presea vorbei ist... wenn dieser Auftrag zu Ende ist, lass uns gemeinsam hingehen." Sie entriss sich seiner Gewalt, noch ehe er etwas sagen konnte, und lächelte. "Nun muss ich aber auch mal nach ihr schauen.", sagte sie freundlich, aber bevor sie zur Türe draußen war, sagte sie noch "Lass uns morgen, wenn es dir besser geht, durch den Schnee spazieren, okay?" und noch ehe Zelos auch noch ein Wort sagen konnte, war sie zur Türe hinaus. Er konnte nicht wissen, dass Sheena direkt hinter der Tür wieder anfing zu weinen - aber er ahnte es. Und insgeheim wussten beide, dass das alles nur leere Worte waren: Keiner von beiden würde Mizuho je aus diesem Grund ersuchen... OOC: Ich konnte einfach nicht schlafen, und weil ich wegen dieser Geschichte nicht schlafen konnte, entschloss ich mich, sie sofort aufzuschreiben... leider dauerte das Aufschreiben aber dann aufgrund einiger Bewusstseinsstörungen doch länger ^^; Wegen Rechtschreibfehler, etc. schau ich morgen - wie immer - erneut nach, für heute bin ich einfach nur fix und alle... Grüße Eure Mitsu-Miku Hosted by Animexx e.V. 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