Nur einmal von Vanillaspirit ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Schon von Weitem konnte Orihime die auffälligen, orangeroten Haare unter dem Schirm hervor blitzen sehen. Seine Schultasche lässig über die Schulter geschwungen, den grimmigen Blick stur geradeaus, überquerte Ichigo gerade die Straße. Orihime beschleunigte ihre Schritte, lief durch die Pfützen und störte sich auch nicht an dem Dreckwasser, das bis zu ihren Knien hochspritzte oder den Passanten, die sie verwundert anglotzten. Sie hob die Hand, umklammerte mit der anderen ihren Schirm und rief nach ihm. „Kurosaki-kun!“ Sieh mich an! Erst nach einigen Rufen drehte der Junge sich um. Er wirkte überrascht, als seine Klassenkameradin atemlos bei ihm hielt. Mit ihrem sonnigen Lächeln blickte sie ihn an. Ihr Gesicht war leicht gerötet von der Anstrengung und brachte ihn dazu fragend eine Braue zu heben. „Inoue, ist alles in Ordnung?“ Ihr Lächeln wurde zu einem Grinsen und wegwerfend winkte sie ab. Es war nichts weiter, solange sie ihn eingeholt hatte. Er nickte nur knapp und setzte seinen Weg nach Hause, mit ihr als Begleitung, fort. Seine Augen waren wieder nach vorn gerichtet, schweiften nur ab und zu kurz nach links und rechts auf der paranoiden Hut vor Angriffen. Unauffällig versuchte Orihime näher an ihn zu rücken, bis beide Schirme zusammenstießen. Beachte mich! „Oh, Entschuldigung.“ Sie lächelte verlegen, als Ichigo fragend zu ihr schaute und die Situation schließlich mit einem Knurren abtat. Etwas mehr Enttäuschung mischte sich in Orihimes Lächeln. Es erreichte kaum noch ihre Augen, doch davon nahm er keine Notiz. Wieder ging sein Blick nach vorn, immer geradeaus, ohne weit genug abzuweichen, um sie auch nur zu streifen. „Hast du den Aufsatz für Geschichte schon fertig?“, fragte Ichigo irgendwann doch. Er hielt es für höflich, Orihime nicht den ganzen Weg in Schweigen verbringen zu lassen. Diese blickte sofort zu ihm hoch – überrascht und erfreut zugleich. „Uhm … nein noch nicht.“ Ihr Herz schlug schneller und voller Hoffnung. Fröhlich erzählte sie ihm allerlei, dies und das, jenes und welches. Begeistert registrierte sie, dass er immer wieder nickte, ab und zu auch einmal den Blick zu ihr schweifen ließ. Sie überhörte den kleinen Teil in ihr, der erklärte, dass seine Augen durch sie hindurchschauten, dass alles nur Höflichkeit war und für ihn etwas wie Ablenkung. Als der Rothaarige abrupt stoppte und seine Blicke hastig die Gegend absuchten, hörte sie die leise Stimme endlich. „Ku-kurosaki-kun?“ Ichigo reagierte nicht. Unruhig ging er den Fußweg auf und ab, schaute in die kleinen Gassen zwischen den Geschäften. Orihime musterte ihn, registrierte, wie er sich besorgt auf die Lippe biss und den Schirm umklammerte, bis die Knöchel weiß hervortraten. „Ein Hollow?“ Es war, als würde sie gegen eine Wand reden. „Kurosaki-kun? Was ist los?“ Hör mich! Er reagierte noch immer nicht, schien ihre Stimme nicht einmal zu hören. Erst, als sie zu ihm ging und mit ihren Fingern die kühle Haut seiner Hand berührte, schenkte er ihr einen Blick. Sorge flackerte in seinen Augen. „Hörst du das?“, fragte er ruhiger, als er es wohl selber erwartet hatte. Orihime runzelte verwirrt die Stirn. Ihre Augen ließen ihn los und drehten sich zur Seite. Angestrengt versuchte sie zu lauschen. Da war nichts Besonderes, nur Menschen, Autos, ein bellender Hund. Sie spürte auch nichts Ungewöhnliches, keinen Hollow oder ein unbekanntes Reiatsu. Da war nichts. „Es ist Rukia.“ Nach seiner knappen Erklärung setzte Ichigo sich wieder in Bewegung. Seine Schritte waren schneller und Orihime hatte Mühe ihm zu folgen. Irritiert starrte sie auf den breiten Rücken des Jungen. Er bildete sich das alles ein. Wie sollte er Rukia hören können und sie nicht? Es war sogar unmöglich ihr viel zu schwaches Reiatsu spüren zu können. Sie war der Überrest eines Shinigami, in einem künstlichen Körper – nicht viel stärker als ein Mensch. Ein Stoß riss das Mädchen aus ihrer Gedankenwelt. Ichigo hatte seine Hand in ihre Richtung ausgestreckt und sie war dagegen gelaufen. Enttäuscht stellte sie fest, dass er sich nicht einmal die Mühe machte zu ihr zu schauen. Seine Augen starrten zu einem Punkt auf der anderen Straßenseite. Orihime folgte seinem Blick: Menschen, vorbeifahrende Autos und dann sie. Ihre großen, dunklen Augen schauten zum grauen Himmel hoch. Die dünnen Arme zogen die Jacke der durchnässten Schuluniform noch etwas mehr um den zierlichen, zerbrechlich wirkenden Körper, um der Kälte weniger Angriffsfläche zu bieten. Man konnte Rukia leicht übersehen, so unscheinbar war sie in dieser Welt geworden. Ichigo stieß einen erleichterten Seufzer aus. Das dumme Ding war vom Regen überrascht worden und hatte natürlich keinen Schirm bei sich. „Ach verdammt“, fluchte er und lief über die Straße. „Kurosaki-kun…“ Orihimes Ruf ging unter. Ichigo hatte nicht einmal reagiert und ihre Hand griff ins Leere. Sie konnte ihn nicht zurückhalten und sah zu, wie er bei Rukia zum Stehen kam. Grimmig schaute er auf das Mädchen hinab und hielt den Schirm über sie. Es war nicht zu verstehen, was er sagte, aber es war mit Sicherheit eine Rüge, die Rukia sich auf keinen Fall gefallen lassen würde. In den Lücken zwischen den fahrenden Autos konnte man beide streiten sehen. Orihime stand still. Ihre Hand hatte sie noch immer ausgestreckt und spürte nun die Regentropfen darauf. Unter all den Menschen, all dem Lärm hatte er Rukia gehört. Er hatte nur sie gehört, als etwas in ihr verzweifelt nach Hilfe rief. Bitte hör mich nur einmal! Sie bemerkte, wie beide gingen, ohne überhaupt darauf zu achten, dass sie noch immer da war und ihr wurde bewusst, dass, egal wie laut sie auch rief, Ichigo sie niemals hören würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)