A new Life von BigLeoSis ================================================================================ Kapitel 3: Verluste ------------------- Als Chloe im Altenheim ankam, bezahlte sie zuerst den Fahrer und stieg wieder aus dem Taxi. Sie atmete tief die frische, kühle Nachtluft ein, ehe sie die Stufen zum Gebäude nach oben stieg. Auf dem Parkplatz konnte sie Andromedas Wagen erkennen. Es war ausergewöhnlich, dass sie um so eine späte Uhrzeit noch hier war. Sie betrat das kleine Heim und machte sich sofort auf den Weg in den ersten Stock, in welchem Narzissa ihr Zimmer hatte. Die Schwestern grüßten Chloe freundlich, da sie natürlich wussten, dass sie die Enkeltochter von Mrs. Malfoy war. Leise klopfte die Blonde an die Tür ihrer Großmutter, betrat das Zimmer wenige Sekunden später. Ihr kam eine völlig aufgeregte Andromeda entgegen, die bei Chloes Anblick augenblicklich stehen blieb. „Ich dachte, du wärst mit Darren auf dem Weihnachtsball?“ fragte sie kalt. „War ich auch“ antwortete Chloe, während sie die Tür leise wieder schloss. Der kalte Ton in Andromedas Stimme war ihr nicht entgagnen, doch sie ignorierte ihn einfach. „Aber es war total langweilig. Und ich hab Grandma schließlich versprochen, dass ich heute nochmal zu ihr komme.“ „Sie ist völlig klar Chloe. Sie erinnert sich wieder an Draco und auch an alles was passiert ist. Doch es geht ihr nicht gut. Sie hat hohes Fieber und die Sehkraft auf einem der Augen ist verlorengegangen. Deinen Vater kann ich auch nicht erreichen Chloe! Ist er ausgegangen? Es geht niemand ans Telefon und vom Flohnetzwerk ist er anscheinend auch abgekoppelt.“ Andromeda war ganz aufgewühlt und gestikulierte wild, während sie ihrer Nichte die Lage erklärte. „Papa hat Besuch, ich hab das Telefon abgestellt, bevor ich weggegangen bin. Ich wollte nicht, dass ihn jemand stört. Und er hat sich letztes Jahr schon vom Flohnetzwerk abgemeldet. Grandma ist völlig klar? Kann sie sich denn auch an mich erinnern? Also an mich, nicht an ihre Enkeltochter?“ „Sie will nur noch Draco sehen. Sie redet von nichts anderem mehr! Chloe du musst ihn holen, sofort!“ Chloe schüttelte den Kopf. „Nein, dass kann ich nicht. Hör zu Andromeda, er hat wirklich wichtigen Besuch heute Abend und ich will nicht, dass ihn jemand stört. Er kann ja morgen auch noch herkommen und dann hat er sicher auch mehr Zeit für Grandma.“ „Du verstehst es nicht Chloe oder? Narzissa wird den morgigen Tag vermutlich nicht erleben. Der Hirntumor verursacht bei ihr große Schmerzen und die Tatsache, dass sie ihre Sehkraft bereits verloren hat, ist schlimm genug und kein gutes Zeichen. Sie will nur noch ein letztes Mal Dracos Stimme hören.“ Entsetzt sah die Blonde auf. Ihre Großmutter würde sterben? Dabei hatte es ihr doch am Nachmittag noch so gut gegangen! Keine Anzeichen von Fieber oder des Tumors. Und jetzt, so plötzlich? Doch sie schüttelte erneut den Kopf. Sie wollte ihrem Vater diesen Abschied nicht antun, er war doch gerade so glücklich. Andromeda seufzte resigniert. Sie wusste, dass sie Chloe nicht würde knacken können, da sie dafür einfach viel zu stur war. „Dann geh du wenigstens zu ihr. Wir können sie jetzt nicht alleine lassen.“ Chloe senkte den Blick, während sie ihre Tasche kurz abstellte, um ihren Mantel auszuziehen. Diesen hängte sie an einen Kleiderhaken. Anschließend ging sie in das kleine Schlafzimmer, dass gleich hinten am Gang lag. Die Blonde klopfte leise und betrat, gefolgt von ihrer Großtante, den Raum. Narzissa schien zu schlafen, da ihre Augen geschlossen waren, doch an ihrem unruhigen Atem erkannte Chloe, dass dem nicht so war. Sie musste große Schmerzen haben. Die Blonde nahm einen Stuhl und zog ihn zum Bett, ehe sie sich darauf setzte. Liebevoll schloss sie die Hand ihrer Großmutter in die ihren. „Chloe?“ „Ja, ich bin hier ...“ „Weißt du wo Draco ist Chloe? Andromeda kann ihn nicht finden und ich würde so gern noch einmal mit ihm sprechen.“ Chloe traten Tränen in die Augen. Narzissas Stimme war so leise und zerbrechlich. Sie wirkte so schwach. „Ja, ich weiß wo Dad ist Grandma.“ Chloe schniefte kurz. „Er hat Besuch von Harry Potter, er wollte den ganzen Abend bei Vater verbringen, allein. Deshalb sind Darren und ich auch auf den Hogwarts-Weihnachtsball gegangen, damit sie ihre Ruhe haben.“ Narzissa seufzte leise. Es schien sie irgendwie zu erleichtern, der Gedanke daran, dass Draco endlich mit Harry vereint war. „Es freut mich für Draco, dass er endlich den Mut aufgebracht hat, es Harry zu sagen. Er hat sich schließlich lange genug gequält. Warum hast du mir nie gesagt, wer deine Eltern sind Chloe?“ Die junge Blonde schluckte hart. Wie sollte sie ihrer Großmutter nur erklären, wieso sie das getan hatte, aus welchem Grund sie es immer verschwieg? „Nun ... ich weiß nicht, in wie weit dir Andromeda alles erzählt hat, aber du leidest an einer posttraumatischen Amnesie, die sich jetzt schon über 13 Jahre hinzieht. Du konntest dich nicht an Draco erinnern, bzw wolltest es gar nicht. Einzig Andromeda hat für dich noch existiert, nachdem Lucius gestorben war. Wie sollte ich dir erklären, wer ich bin, wenn du dich nicht einmal an deinen eigenen Sohn erinnern konntest? So blieb ich lieber das freundliche, fremde Mädchen, dass trotzdem jeden Tag bei dir sein konnte...“ Chloe brach ab, da ihr die Tränen nun unaufhörlich über die Wangen ronnen. Sie wischte sich schnell mit einem Ärmel der Bluse über die Augen. Ein Glück, dass sie wasserfestes Make-Up verwendet hatte. Andromeda trat nun hinter Chloe und legte die Arme um ihre Nichte. Sie gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Du solltest jetzt schlafen Narzissa. Es ist sicherlich noch genügend Zeit über alte Zeiten zu plaudern, aber zuerst solltest du wohl wieder gesund werden nicht wahr?“ Narzissa nickte. Während Chloe unaufhörlich ihre Hand streichelte, schlief die ältere Frau langsam ein. Ihre Atmung blieb unregelmäßig und das Mädchen hatte das Gefühl, dass sie immer wieder aussetzen würde, doch sie wollte ihrer Großmutter ihre Ruhe gönnen. Vielleicht lag Andromeda ja richtig und sie würde sich wieder erholen. Langsam. Nach einer Weile nahm die Brünette ihre Nichte mit nach draußen und sie setzten sich in die Sitzecke. Bei einem Blick auf die Wanduhr fiel Chloe auf, dass es bereits nach elf Uhr war und sie in einer Stunde zu Hause sein musste. Aber sie wollte jetzt nicht gehen, die letzten Stunden noch mit ihrer Großmutter verbringen. Andromeda nahm für sie beide je eine Tasse Tee vom Wagen. Sie reichte Chloe das warme Getränk, während sie sich ihr gegenüber in einen Sessel sinken ließ. Die Blonde fühlte sich so leer. Ihr wäre es lieb gewesen, wenn ihr Vater bei ihr wäre oder Darren. Doch sie wollte ihnen mit dieser Aufgabe nicht zur Last fallen. Schließlich hatte sie es sich selbst eingebrockt. „ ... Chloe?“ Sie schreckte aus ihren Gedanken hoch, als Andromeda sie ansprach. „Bitte?“ Die Blonde hatte nicht zugehört. „Ob du Ted auch auf dem Ball gesehen hast? Er war heute so in Eile. Kam nur kurz aus der Arbeit, hat sich fein gemacht und ist schon wieder abgedüst.“ Chloe nahm einen Schluck von ihrem Tee und nickte. „Ja, ich hab ihn getroffen. Ich bin ihm noch einen Tanz schuldig“ gestand Chloe. „Typisch Ted, wo er doch genau weiß, dass du es nicht magst.“ „Er wirkte ein klein wenig eifersüchtig, weil ich zuvor mit Drew getanzt habe. Er hat mich einfach damit überrumpelt. Ted hat uns vermutlich gesehen, als er angekommen ist.“ Andromeda und Chloe unterhielten sich noch eine ganze Weile. Ihre Gespräche waren schon immer ungezwungen und ziemlich persönlich gewesen, da das blonde Mächen die Brünette als Mutterersatz sah. Sie hatte in ihrer Kindheit sonst keine weibliche Bezugsperson gehabt. Chloe schlief nach zwanzig Minuten einfach ein. Andromeda breitete lächelnd eine Decke über das Mädchen aus, ehe sie zu ihrer Schwester zurückkehrte. Chloe wurde durch das hektsiche Treiben um sich herum geweckt. Einige Schwestern liefen aufgeregt hin und her, während sie etwas von einem Arzt murmelten. Andere wiederum standen in einer Ecke, sahen abwechselnd betroffen auf sie. Verschlafen wischte sich die Blonde über die Augen, ehe sie sich ersteinmal aufsetzte. Langsam registrierte sie, was wohl geschehen war. Erschrocken sprang sie von dem Sofa auf und lief in das Zimmer ihrer Großmutter. Andromeda saß am Bett, ihren Kopf auf Narzissas Bauch gelegt. Stoßweise hoben sich ihre Schultern und Chloe war sich sicher, ab und zu ein leises Schluchzen zu vernehmen. Sofort stiegen ihr die Tränen in die Augen. Nur schwer konnte sie sich zusammenreißen. Eine kleine untersetzte Frau trat auf die großgewachsene Malfoy zu und legte mitfühlend eine Hand auf die ihre. „Sie ist sanft entschlafen Miss Malfoy. Sie hatte kaum Schmerzen. Es war besser so, sie hätte sich sonst nur noch unnötig lange geqäult.“ Chloe nickte tapfer und schluckte heftig, um ihre Trauer irgendwie zu bewältigen. Am liebsten hätte sie jetzt einfach nur geschrieen, ihren Gefühlen freien Lauf gelassen, doch sie musste jetzt stark sein. Für ihre Tante und für ihren Vater. (Lied: Your Song accustic – Moulin Rouge) „Sollen wir Ihren Vater informieren?“ fragte die Frau. Chloe schüttelte den Kopf. Sie wollte es Draco selbst sagen und Darren auch, wobei sie nicht genau wusste, wie sie es anstellen sollte. „Nein“ sprach die Blonde mit zittriger Stimme. „Ist schon okay.“ Die ältere Dame strich ihr nocheinmal liebevoll über die Hand und verabschiedete sich von den beiden Frauen, überließ sie ihrer Trauer, um noch Abschied von Narzissa nehmen zu können. Chloe jedoch drehte sich noch einmal um. „Wie lange ist sie noch hier?“ „Lange genug Miss Malfoy. Ihr Vater hat sicherlich noch die Möglichkeit sich von ihr zu verabschieden.“ Chloe nickte, ehe sie zu Andromeda ging. Die Brünette hatte sich noch nicht vom Fleck bewegt, lag immer noch mit ihrem Kopf auf dem Bett. Das Mädchen ging neben ihrer Tante in die Hocke, legte sanft ihre Hand auf Andromedas Oberschenkel. Diese hob kurz den Kopf und sah Chloe aus tränenverschleierten Augen an. Es musste ihr schier das Herz brechen, erneut eine Schwester zu verlieren. Chloe wollte nicht im Entferntesten daran denken, wie sie sich wohl ohne Darren fühlen würde. Bellatrix war in einem Kampf gestorben, der nicht ungleicher hätte sein können. Jede der Blackschwestern hatte in diesem Krieg gekämpft, zwei von ihnen hatte er das Leben gekostet und der letzten verbleibenden, Andromeda, ihre Familie. Ihr Mann war ermordet worden, ihre Tochter und ihr Schwiegersohn. Einzig ihr Enkel, ihr Neffe und dessen Kinder waren ihr geblieben. Ebenso die schönen Erinnerungen. Doch diese waren jetzt in diesem Moment mehr als nichtig. „Du solltest nach Hause gehen Chloe. Es ist weit nach Mitternacht und dein Vater macht sich sicherlich schon Sorgen“ meinte Andromeda mit außergewöhnlich fester Stimme. „Ich will dich nicht allein lassen.“ „Mach dir um mich keine Sorgen Chloe. Ich komm schon zu Recht.“ Die Brünette wischte ihrer Nichte die Tränen aus den Augen, küsste anschließend ihre Stirn. „Du musst es Draco nicht sagen, ich mach das schon.“ Daraufhin schüttelte die Blonde den Kopf. Das wollte sie selbst machen. Niemand sollte ihr diese Aufgabe abnehmen müssen. So stand sie nun auf und ging einmal um das Bett herum, dort wo Narzissas Kopf ruhig auf dem Kissen ruhte. Die einst so stolze Malfoy wirkte ruhig, als ob sie einfach nur schlafen würde. Das Mädchen beugte sich nach unten und hauchte ein letztes Mal einen Kuss auf den Stirn ihrer Großmutter. Sie flüsterte noch ein paar Worte, die lediglich an Narzissa gedacht waren, ehe sie sich auf den Weg nach Hause machte. Chloe hob ihre Tasche vom Boden auf, nahm den Mantel vom Hacken und verließ das Zimmer so leise wie möglich. Wie in Trance wanderte die Fünfzehnjährige nach draußen, wo sie auf ein Taxi wartete, welches sie zurück zum Manor fahren sollte. Als endlich eines dieser scharzen Gefährte vor ihr stehen blieb, war es bereits ein Uhr morgens. Sie erklärte dem Fahrer den Weg zum Haus der Malfoys. Sie hoffte nur, dass ihr Geld noch reichen würde, um die Fahrt zu bezahlen. Als der Wagen endlich vorm Altenheim startete, ließ Chloe sich in ihren Sitz zurücksinken und schloss ihre Augen. Ihre Großmutter war also wirklich tot und sie war nicht einmal bei ihr gewesen, sondern hatte geschlafen. Sie kam sich so nutzlos vor, so verloren. Aber jetzt musste sie sich ersteinmal auf die Konfrontation mit ihrem Vater bereit machen. Sie hoffte ja inständig, dass wenigstens Harry noch da war, um ihn vor dem tiefen Fall zu bewahren, er eigentlich unweigerlich auf diese Nachricht folgen würde. Chloe wandte ihren Blick nach draußen und verfolgte die vorbeifliegenden Lampen, die dunkel daliegenden Häuser und Straßen. Kein einziger Stern schien am Himmel, jedoch hatte ein leichtes Schneetreiben eingesetzt, dass nun immer stärker wurde. Der Taxifahrer konnte so nur mit langsamen Tempo fahren und nach einer guten halben Stunde erreichten sie das Manor. Chloe bat ihn, vor dem großen Tor stehen zu bleiben, bezahlte und stieg aus. Sie wartete bis sich das Auto entfernt hatte und trat schließlich in die lange Auffahrt. Chloe ließ sich Zeit, sie war schon fast zwei Stunden zu spät, auf die paar Minuten kam es jetzt auch nicht mehr drauf an. Einen Fuß vor den Anderen, immer näher kam das große Gebäude und ihr Mut sank stetig. Der Schnee klebte bereits im Haar der Blonden, hing auf ihrem Mantel sowie der Tasche, doch es störte Chloe nicht im Geringsten. Langsam schritt sie die Stufen zur Tür nach oben, doch noch ehe sie diese erreicht hatte, wurde sie von einem wütenden Darren aufgerissen, der ihr finster ins Gesicht blickte. So leise wie möglich zog er seine jüngere Schwester ins Haus, die es ohne Gegenwehr über sich ergehen ließ. Chloe schlüpfte aus ihrem Mantel, hängte ihn in den Schrank, ehe sie sich zu Darren umdrehte, der bereits zu einer Schimpftriade ansetzen wollte, doch bei ihrem Anblick sofort wieder verstummte. „Wo ist Dad?“ „Im Wohnzimmer. Mit Harry, sie schlafen. Was ist passiert Chloe? Du siehst schrecklich aus. Hast du geweint?“ Chloe achtete nicht auf Darren, der noch immer seinen Anzug trug, auch wenn die Krawatte mittlerweile in seiner Tasche steckte. Sie zog ihre Schuhe aus und schlich anschließend ins Wohnzimmer. Der Anblick den die beiden Erwachsenen boten war wirklich süß. Harry hatte anscheinend am Rand des Sofas gelegen, ihr Vater an ihn gelehnt. So waren sie eingeschlafen und lagen nun halb übereinander, während ihre Hände fest umschlungen waren. Dieses Bild hätte so perfekt sein können, wäre da nicht der Ehering an Harrys rechter Hand gewesen. Mit einem Mal hatte Chloe einen Klos im Hals. Sie konnte es einfach nicht. Sturzbachartig rannen die Tränen erneut über ihre Wangen und mit Mühe konnte sie das Schluchzen unterdrücken. Darren, der das alles beobachtet hatte, nahm sie nun und führte sie in die Küche, wo er seine kleine Schwester auf einen Stuhl setzte, ihr als erstes die Tränen aus den Augen wischte. „Was ist los Chloe? Du bist ja völlig durch den Wind.“ Darren zog sein Jacket aus, während Chloe von erneuten Schluchzern gebeutelt wurde. Sie versuchte das mit aller Kraft zu unterdrücken, doch es gelang ihr einfach nicht. „Sie ist tot ...“ brachte sie schließlich hervor. Der blonde Malfoy hielt in seiner Bewegung inne, sah seine kleine Schwester verdutzt an. „Wer Chloe?“ „Großmutter! Ich war nach dem Ball bei ihr im Heim. Andromeda war auch dort, weil sich ihr Zustand verschlechtert hatte. Sie war völlig klar Darren! Sie konnte sich sogar an Dad erinnern! Und sie hat sich so gefreut, als ich ihr das mit ihm und Harry erzählt habe. Irgendwann bin ich dann eingeschlafen und als ich wieder wach wurde, war sie tot!“ Darren starrte Chloe fassungslos an. Wie sie da saß auf dem Stuhl vor ihm, von Weinkrämpfen geschüttelt und völlig verzweifelt. Schnell überbrückte der Ältere den Abstand zwischen ihnen und nahm Chloe tröstend in den Arm. Er vermittelte ihr all die Liebe und Zuneigung, die er für sie empfand allein mit dieser Geste. Darren war der Erste, der sie nicht bemittleidete, sondern Aufrichtig zu ihr war. Beruhigend strich er über ihren Rücken, während Chloe sich in seinem Hemd festkrallte, den Gefühlen einfach freien Lauf ließ. Es war seltsamerweise ziemlich erleichternd, das alles jetzt aus sich raus zu lassen. So bemerkten die Zwillinge auch nicht, wie ihr Vater verschlafen die Küche betrat und den Kühlschrank öffnete. „Ihr seid noch wach?“ fragte Draco gähnend. Darren nickte und ließ Chloe los, die sich schnell über die Augen wischte. Stutzig betrachtete Draco seine Kinder. Sie wirkten so bedrückt, das war nicht die richtige Stimmung, um von einem Ball nach Hause zu kommen. „Was ist hier los?“ kam es misstrauisch von dem älteren Malfoy. „Dad ...“ setzte Chloe an und schluckte. „Es ist wegen Grandma.“ „Was ist mit ihr?“ Draco war hellhörig geworden. Chloes Zustand, wie sie aussah und sich benahm, verhieß nichts gutes und er machte sich wohl besser auf eine schlimme Nachricht gefasst. Die Malfoytochter sah bedrückt zu Boden. „Sie ist ... sie ist tot Dad. Sie ist gestern Abend gestorben. Die Schwester meinte, sie sei einfach friedlich eingeschlafen und hätte keine Schmerzen gehabt ...“ Als die Plastikflasche auf dem Boden aufschlug, sah Chloe erschrocken hoch. Draco war zu Boden gesunken, kniete jetzt vor dem geöffneten Kühlschrank und sah seine Tochter an, als sei sie ein Geist. „Das ist nicht wahr!“ flüsterte er. „Chloe sag, dass das nicht wahr ist!“ Das Mädchen schüttelte den Kopf. Erneut kullerten Tränen über ihr hübsches Gesicht. „Ich kann nicht ... Glaub mir, nichts wäre mir lieber. Aber ich kann es nicht Dad.“ Darren stand jetzt etwas verloren zwischen seinem Vater und Chloe. Er wusste nicht, was er tun sollte. Bei ihr bleiben oder zu Draco gehen? Doch das Erscheinen Harrys nahm ihm diese Entscheidung ab. Als er seinen Geliebten auf dem Boden knien sah, ging der Dunkelhaarige schnell neben ihm in die Hocke und schlang die Arme tröstend um ihn. Er flüsterte sanfte Worte in Dracos Ohr, der sich verzweifelt in Harrys Umarmung drückte. Auch in den Augen ihres Vaters standen Tränen, doch er hatte sich noch weit genug unter Kontrolle, ihnen nicht einfach freien Lauf zu lassen. Zumindest jetzt noch nicht. Schließlich wandte er sich wieder an seine Tochter. „Geh auf dein Zimmer Chloe. Wir reden später.“ In Dracos Stimme lag eine Schärfe, die er nur selten seinen Kindern gegenüber an den Tag legte. Entsetzt sah Darren zu seinem Vater, doch Chloe gehorchte ohne ein Wiederwort. Sie rutschte von ihrem Hocker, strich Darren nocheinmal über den Arm und verließ anschließend die Küche. Langsam ging sie in den ersten Stock, in ihr Zimmer. Zum ersten Mal seit Jahren kam es ihr so leer und verlassen vor, obwohl es mit jeglichem Schnickschnack gefüllt war. Ein großer Mahagonischrank, der all ihre Klamotten beinhaltete. Das Himmelbett mit der eisblauen Seidenbettwäsche, der Schreibtisch aus Kirsche. Die Bücherregale, die bis oben hin gefüllt waren mit den Werken aus vielen Jahrhunderten, einigen Bildern und CDs. Die Blonde ging zu ihrem Schrank, öffnete ihn und hängte ihre Kleider wieder hinein. Anschließend zog sie ein schwarzes Top sowie eine Boxershort heraus, welche sie sich überstreifte. Mehr brauchte Chloe nicht zum schlafen, ihre Decke war schließlich warm genug. Mit leichten Kopfschmerzen ging sie in das angrenzende Badezimmer. Als die Zwillinge alt genug gewesen waren und nicht mehr ständig bei ihrem Vater schliefen, hatte Draco die Zimmer der beiden ausbauen lassen. Ein eigenes Bad mit Dusche und WC, außerdem große geräumige Schlaf- und Wohnräume. Nichts war gut genug für Darren und Chloe gewesen, somit besaßen sie nun wahrliche Palastzimmer. Die Blonde erschrak beim ersten Blick in den Spiegel. Ihr Make-Up war doch nicht so wasserfest, wie sie gemeint hatte, einzig die Wimperntusche war nicht verlaufen. Sie drehte den Wassrehahn auf und wusch sich mit dem warmen Nass das Gesicht, den Hals und reinigte ihre Augen. Hinterher putzte sie noch brav ihre Zähne, ehe sie wieder zurück in ihr Zimmer ging, um dort unter die Bettdecke zu schlüpfen. Sie hatte keine Lust, auf ein Gespräch mit ihrem Vater, auch nicht mit Darren, sie wollte einfach nur ihre Ruhe haben. Sie schnappte sich ihren Lieblingsteddy und knuddelte ihn ganz fest. Seit Jahren hatte sie das schon nicht mehr gemacht, hatte es als zu kindisch abgetan, doch erst jetzt bemerkte die Fünfzehnjährige, wie sehr ihr das gefehlt hatte. Es waren die einfachen Dinge im Leben, die jetzt, mit dem Tod ihrer Großmutter wieder mehr Bedeutung für sie bekamen. Sie würde wohl auch wieder öfter zu ihren ehemaligen Schulkameraden schauen. Nicht umsonst hatten sie und Darren fünf Jahre lang eine Muggelschule besucht. Es war eine schöne Zeit gewesen und auf sie hatte sich Chloe bis jetzt immer verlassen können. Leise klopfte es an Chloes Tür, doch sie reagierte gar nicht darauf. Ihr war jetzt einfach nicht nach reden und schon gar nicht wollte sie ihrem Vater unter die Augen treten. Die Blonde konnte hören, wie die Tür leise aufging und jemand das Zimmer betrat. Da das Licht noch brannte, war sie nur allzu leicht zu finden, sodass sich wenige Augenblicke später ihr Bette in klein wenig bewegte, als sich jemand darauf setzte. Eine warme Hand strich über den blonden Schopf. „Hey Kleines, wie fühlst du dich?“ Es war Harry. Chloe drehte sich zu ihm um und sah in die grünen Augen, die ihr Vater so sehr liebte. Tränen hingen noch immer in ihren Wimpern und auch auf Harrys Pullover waren ein paar nasse Flecken zu erkennen. Liebevoll strich er über die Wangen des Mädchens. „Er hat es nicht so gemeint. Draco kann das alles nur nicht verstehen Chloe. Es ging einfach viel zu schnell.“ „Ich doch auch nicht“ antwortete Chloe mit zittriger Stimme. „Ich hab einfach geschlafen, als sie gestorben ist! Ich hätte bei ihr sein müssen!“ „Du brauchst dir dafür doch keine Schuld zu geben Chloe. So ist das Leben nunmal. Es ist hart und grausam. Ich weiß wovon ich spreche, ich habe es selbst erfahren müssen. Der Krieg hat mich viel gekostet, vor allem gute Freunde. Deinen Onkel Ted, Fred Weasley und Lee Jordan, Teddys Mutter und seinen Vater, meine Eltern ... es geht weiter Chloe.“ Die Blonde setzte sich auf, während sie Harrys Worten lauschte. Er hatte ja Recht, aber es tat so unendlich weh. Bei jedem Gedanken an ihre Großmutter. Allein die Erinnerung an die vielen Stunden, die sie bei ihr im Heim verbracht hatte. Das glockengleiche Lachen Narzissas hallte noch immer in ihren Ohren, als ob sie neben Chloe sitzen würde. „Sie fehlt mir so ...“ schniefte die Blonde nun, während sie sich an Harry lehnte. Der Schwarzhaarige nahm das zierliche Mädchen in den Arm und wiegte sie, wie ein kleines Kind. Er konnte nachvollziehen, wie sie sich fühlen musste, es war ihm vor 17 Jahren nicht anders ergangen. Von Schuld geplagt war er tief in sich zerrissen gewesen, erst die Nachricht das Ginny schwanger war, ließ ihn wieder etwas Licht in dieser trostlosen Finsternis sehen. Chloe schmiegte sich fest an Harry, weinte jedoch nur stille Tränen. Es war ihr zuwieder, diese Art von Gefühlen zu zeigen. Viele ihrer `Schulfreundinnen´ würden das mit Sicherheit als Schwäche auslegen, doch Samantha würde für ihre Worte noch teuer bezahlen, dass schwor sich die Blonde insgeheim. Ihr hatte sie schließlich dieses ganze Unglück zu verdanken. Wenn dieses Miststück nicht gewesen wäre, hätte sie den Ball nicht verlassen, wäre nie ins Heim gefahren. Die schreckliche Nachricht hätte sie erst am Morgen erreicht und ihr Vater wäre mit Sicherheit nicht sauer auf sie gewesen. Harry drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, während er durch ihr langes Haar fuhr. „Dein Dad wollte dich sehen, deshalb bin ich eigentlich hier. Er war sich nicht sicher, ob du ihn sehen wolltest ...“ „Ich kann ihm doch nicht unter die Augen treten, nicht nachdem was passiert ist ...“ „Er möchte dich gerne sehen Chloe ... Dray braucht jetzt dich und Darren ziemlich dringend. Ihr gebt ihm schließlich den Halt, den er braucht.“ „Ich weiß nicht, ob ich das kann Harry ... ich weiß es einfach nicht!“ „Du bist eine Malfoy Chloe“ Harry lächelte. „Du schaffst das schon. Um einfach aufzugeben hast du viel zu viel von deinem Vater. Eher würdest du dir die Zähne ausbeißen, als einfach das Handtuch zu werfen.“ Ein leichtes Grinsen schlich sich auf Chloes Lippen. Der Schwarhaarige hatte Recht, sie würde nicht aufgeben, nicht weil sie eine Malfoy war, sondern es hatte einfachere Gründe, ihre Gründe. Es passte keineswegs in ihren Stil. Harry schien zu bemerken, dass das Mädchen ihre Meinung doch geändert hatte und erhob sich vom Bett. Die Blonde setzte ihren Bären zurück auf das Kissen, flogte anschließend Harry zurück ins Wohnzimmer. Draco saß auf dem Sofa, seinen Blick auf den Boden gerichtet. Er wirkte wie ein Häufchen Elend, während Darren vor ihm kniete, ihn einfach wortlos ansah. Chloe betrat leise das Wohnzimmer, ihre Arme hatte sie vor der Brust verschränkt, während sie ihre Familie so betrachtete. Hinter sich spürte die Blonde Harrys Gegenwart, die sie irgendwie dazu brachte, einfach zu Draco zu gehen. Sie wollte dem Schwarzhaarigen beweisen, dass sie auch für ihn da sein konnte und auch wollte. Ihr Vater sah auf, als sie neben ihm zum stehen kam. Noch immer schimmerten Tränen in seinen Augen, er wirkte um Jahre gealtert. Die Fünfzehnjährige setzte sich nun neben ihren Vater, der sie so plötzlich umarmte, das sie einige Sekunden brauchte um zu reagieren. Sie schloss den Blonden ebenfalls in ihre Arme, spürte das Zittern, da er mit aller Macht versuchte sein Schluchzen zu unterdrücken. Beruhigend strich die Blonde über seinen Rücken, während sie Darren deutete, sich auch auf das Sofa zu setzen, was dieser auch tat. Ohne eine weitere Aufforderung legte auch Darren seine Arme um seinen Vater. Er wollte ihn genauso trösten wie Chloe, das verriet sein Blick. Bei einem Blick auf Harry bemerkte sei sein Lächeln. Er betrat noch einmal kurz den Raum. „Ich geh jetzt nach Hause. Ginny wird schon mehr als misstrauisch sein, dass ich um halb drei Uhr morgens noch immer nicht zurück bin. Ich schau später mal nach euch, vielleicht bring ich auch meine Familie mit.“ Liebevoll strich er Draco über die blonden kurzen Haare, anschließend verschwand er leise, überließ die drei sich selbst. Als die Haustüre sich schloss, brachen über Draco nun doch seine Gefühle herein und er weinte hemmungslos an die Schulter seiner Tochter, welche ihren Kopf gegen seinen legte. Darren lehnte auf der anderen Seite halb auf seinem Vater, streichelte über dessen Arme und flüsterte beruhigende Worte in sein Ohr. Chloe verflocht ihre Finger mit denen von Draco, sie fühlte sich langsam wieder besser, ihre Selbstsicherheit kehrte zurück. Draco hatte sich nach einer Weile so weit beruhigt, dass er ruhig in den Armen seiner Zwillinge lag. Es war nicht wirklich gemütlich, so zu sitzen, aber keiner von ihnen wollte dieses Beisammensein auflösen. Die Köpfe der beiden Kinder lagen auf den Schultern ihres Vaters, der seine Arme fest um sie geschlungen hatte. Wenigstens sie waren jetzt noch bei ihm, darüber war er wirklich froh. Darren war schon vor einer Weile eingeschlafen, nur Chloe lag noch mit geöffneten Augen, jedoch völlig still, an ihn gelehnt. Sie hörte einfach auf den ruhigen und gleichmäßigen Herzschlag ihres Vaters. „Wir sollten langsam mal ins Bett gehen“ meinte Draco schließlich. „Die nächsten Tage werden mit Sicherheit ziemlich anstrengend werden.“ „Ja ...“ murmelte Chloe. Sie löste sich langsam von ihrem Vater und sah in seine grauen Augen. Er lächelte sie liebevoll an und streichelte über ihre Wange. „Es tut mir Leid Schatz, dass ich vorhin so gemein zu dir war. Ich wusste nur nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Ich wollte es nicht wahr haben, dass meine Mutter tot sein soll. All die Jahre hat sie sich nicht mehr an mich erinnert. Das war schon schlimm genug für mich, aber dass sie jetzt völlig aus meinem Leben verschwinden sollte. Das war mir einfach zu viel.“ Chloe drückte einen Kuss auf die Handfläche ihres Vaters. „Schon gut. Ich kann es verstehen, wenn dir oder Darren was passieren würde, ginge es mir vermutlich genauso.“ Ihr Vater nickte. Anschließend sah er auf seinen Sohn, der noch immer schlafend auf ihm lag. „Wir sollten ihn wohl ins Bett bringen nicht wahr?“ Draco stand langsam auf, während Chloe noch immer auf dem Sofa kniete. Vorsichtig, um Darren nicht zu verletzen, hob der ältere Malfoy ihn hoch. Er sah zu seiner Tochter, forderte sie mit einem stummen Kopfnicken auf, ihm zu folgen. Chloe kam dieser Bitte nur zu gern nach, sah jedoch etwas verwundert zu ihrem Vater, als er nicht in Darrens Zimmer ging, sondern den Weg in sein Schlafzimmer einschlug. Sie hatten schon lange nicht mehr gemeinsam dort geschlafen, doch es machte Chloe mit Sicherheit nichts aus. Dafür war es ihr viel zu sehr abgegangen. Ihr Vater bettete Darren auf die linke Seite der Matraze und zog ihm vorsichtig den Anzug aus. Der Fünfzehnjährige grummelte, als Draco ihn von der wärmenden Kleidung befreite, doch so wollte er ihn keinesfalls in seinem Bett schlafen lassen. Chloe kletterte nun auch auf die große Matraze. Sie war noch immer genauso weich, wie vor vielen Jahren. Langsam rutschte sie zu Darren. Es war üblich, dass sie zwischen ihrem Bruder und ihrem Vater schlief. Todmüde kuschelte sich Chloe an ihren Zwilling, während ihr Vater noch kurz im Bad verschwand. Sie war schon halb eingeschlafen, als Draco sie durch die Gewichtsverlagerung auf der Matraze noch einmal weckte. Entschuldigend gab er ihr einen Kuss auf die Stirn, legte seinen Arm um das Mädchen, ehe sie beide in einen erholsamen Schlaf fielen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)