Denn am Ende steht... von Leira ================================================================================ Kapitel 15: Frage und Antwort ----------------------------- Aloha! *schwitz* Sagt mal, ist es bei euch auch so warm…? Da muss man echt aufpassen, dass man nicht wegschmilzt *g* Nun- ich muss mich an dieser Stelle wohl ganz besonders bedanken- im letzten Kapitel haben wir die 200-Kommentar-Marke überschritten- als ich letztes Jahr, am 19.07. 2007 angefangen habe, hier meine ‚literarischen Ergüsse’ zu publizieren, dachte ich nicht mal im Traum daran, dass es mal soweit kommt. Ich danke euch so sehr- ich danke für Lob und Kritik, denn beides ist unglaublich wertvoll für mich. Das eine spornt an- das andere macht mich besser :) *verneig* So- mal schauen, was ich nächsten Monat zum Jubiläum mach. Ich hab noch gar nicht dran gedacht *g* Ansonsten- holt euch was zu trinken, lehnt euch zurück- viel Vergnügen beim Lesen wünsche ich, und verbleibe bis nächster Woche eure Leira :D PS: Es ist Halbzeit, Leute! _______________________________________________________________________ Er stand da, betrachtete sein Bild im Spiegel. Das Gesicht eines Grundschülers schaute zurück. Conan Edogawa. Keinen anderen Menschen auf dieser Welt hasste er so sehr wie diesen kleinen Jungen. Er war die Nacht über bei seinen Eltern geblieben, hatte Ran angerufen, dass er nicht nach Hause kommen würde. Sie hatte ein wenig komisch reagiert, sie hatte wissen wollen, warum er nicht nach Hause kam- er hatte daraufhin aufgelegt. Er wollte nicht lügen, also legte er auf. Und war geblieben. Er konnte ihr nicht sagen, was passiert war, noch nicht. Zuerst musste er es für sich verdauen, selber verarbeiten, einen Weg zur Lösung diese Problems finden. Fast die ganze Nacht über hatte er wach gelegen und nachgedacht- erst als der Morgen graute, erbarmte sich Hypnos seiner und senkte den Schleier des Schlafes für zwei, drei Stunden über ihn. Der Tag gestern hatte ihn sehr aufgewühlt, mehr, als er sich eingestehen wollte. Mehr, als er irgendjemandem eingestehen wollte. Der Besuch von Vermouth… Als er sie gestern stehen sah, vor seiner Haustür, als er mit Agasa und Ai, von denen er sich die neuesten Schritte bei der Forschung nach einem Gegengift erklären hatte lassen, zu sich nach Hause gekommen war- hatte sein Herz einen Schlag ausgesetzt. Es war ein Schock gewesen, ohne Frage. Er hatte sich zwar gleich wieder im Griff gehabt, aber nichtsdestotrotz… Er seufzte, ließ sich mit dem Kopf gegen den Spiegel sinken, atmete aus- beobachtet, wie die Scheibe beschlug, um gleich wieder klar zu werden. Dann lehnte er sich wieder zurück, angelte nach der Zahnbürste und der Tube mit der Zahncreme, drückte einen Streifen der grünweißen Paste auf die Borsten und begann gedankenverloren, seine Zähne zu putzen. Während all den Stunden, in denen er wach gelegen hatte, hatte er keine Lösung für sein Problem gefunden. Stattdessen… stattdessen war in ihm die Angst gewachsen. Angst um Ran. Er hielt inne, blinzelte sein Spiegelbild an. Langsam zog er die Bürste aus dem Mund. Was hatte er ihr eingebrockt? Okay- Gin suchte nach Ran und Shinichi, nicht nach Kohana und Conan- aber wie lange noch? Wie lange noch..? Der Mann war gerissen, das wusste er. Er war intelligent, grausam und skrupellos. Eine höchst gefährliche Mischung. Er schob sich die Zahnbürste wieder zwischen die Zähne, schrubbte weiter. Gin. Der Mann war ihm nicht geheuer. Früher oder später würde der große Blonde herausfinden, was mit Shinichi, Shiho und Ran passiert war, dessen war sich Conan sicher. Früher oder später würde er ihr Geheimnis lüften, und dann würden sie sterben. Er würde nicht eher ruhen, bis er sie zur Strecke gebracht hatte. Er spuckte Zahnpastaschaum aus, spülte seinen Mund aus und rutschte vom Becken. Das konnte doch nicht wahr sein. Zu jedem Problem musste es doch eine Lösung geben. Es musste einfach einen Ausweg geben… Leider würde das Gegengift von Ai noch ein wenig dauern. Sie hatte zwar ein paar viel versprechende Ansätze gefunden, aber welcher der Richtige war… und selbst wenn sie wieder die Alten wären, was kam dann? Was kam dann…? Sie wären in noch größerer Gefahr. Also klein bleiben… Und immer wieder hatten sich seine Gedanken um eine einzige Frage gedreht: sollte er Ran sagen, was Sache war, oder nicht? Ja, oder nein? Er wollte es nicht, weil er befürchtete, dass sie dann vor Sorge und Angst kein Auge mehr zu tun könnte… Allerdings- sie im Unklaren zu lassen wäre gefährlich für sie. Wenn sie wusste, dass die Lage sich zuspitzte, sich bereits zugespitzt hatte- dann würde sie vorbereitet sein. Sie würde auf sich Acht geben, vorsichtiger sein. Er wusste nicht, was er tun sollte. Alles in ihm sträubte sich dagegen, aber war es nicht unverantwortlich, sie noch länger im Unklaren zu lassen? Doch wenn er es ihr sagte- dann musste er es ihren Eltern auch sagen. Und unter Umständen sogar Sonoko. Er hatte gewaltigen Mist gebaut- und wenn er nicht wollte, dass es unter Umständen noch schlimmer wurde, wurde es Zeit, Klartext zu reden. Er konnte sie doch nicht ins offene Messer laufen lassen… Aber war das die richtige Entscheidung? Wie würden sie sich verhalten? Würde Ran nicht außer sich sein vor Angst- würde man ihr das nicht ansehen, würde sie sich nicht dann durch ihre eventuelle Schreckhaftigkeit gewisse Leute auf sich aufmerksam machen? Also nichts sagen? Unwillig streifte er sich einen Pullover über und schlüpfte in seine Jeans. Diese Ausgangssituation passte ihm gar nicht. Es sah fast so aus, als wäre er derjenige, der beim Poker mit dem FBI zuerst all in gehen würde. Er setzte seine Brille auf und verließ das Badezimmer. Er hasste das. Am Küchentisch fand er seine Eltern beim Frühstücken. Sein Vater war in seine Zeitung vertieft, seine Mutter war gerade dabei, den Kaffee in eine Thermoskanne umzuschütten, als er den Raum betrat. Es raschelte, als sein Vater die Zeitung ein wenig flacher hielt, um über den Rand hinweg einen Blick auf seinen Sohn zu werfen, der gerade einen Küchenstuhl erklomm. „Du siehst furchtbar aus.“ Conan warf ihm über seine Brille hinweg einen schrägen Blick zu. „Schlecht geschlafen.“ „Kann ich mir denken. Und was wirst du jetzt tun?“ „Es Ran sagen. Und ihren Eltern. Oder nicht? Ich weiß es nicht…“ Seine Stimme klang hilflos. Yusaku legte seine Zeitung beiseite, schaute seinen Sohn nachdenklich an. Die Sorge stand ihm nur allzu deutlich ins Gesicht geschrieben. Conan seufzte schwer, nahm seiner Mutter dankend eine Tasse Kaffee ab, aus der er erst einen großen Schluck nahm, bevor er zu einer Antwort ansetzte. „Wer weiß, wie lange die von der Organisation noch brauchen, herauszufinden, welche Wirkung APTX 4869 noch haben kann. Es kann noch Jahre dauern, oder sie könnten es morgen wissen. Aber sicher ist, wenn sie es dann festgestellt haben- dann wissen sie sofort, wer wir sind. Shiho ist wohl die erste, die ihnen auffallen würde- dann ich, nachdem Gin mich ja gesehen hat – und Conan Edogawa nun doch auch ein paar einschlägige Schlagzeilen gemacht hat. Und die nächste, die ihnen in den Sinn kommen wird, ist Ran, weil sie dabei war- im Vergnügungspark, und im Beika-Park. Und nicht zu vergessen, sie war diejenige, die Gin bei den Mänteln in der Umkleide gesehen hat. Er wird nicht lange brauchen, um herauszufinden, dass es sich bei dem kleinen Mädchen, dass bei Môri wohnt, um seine eigentlich schon achtzehnjährige Tochter Ran handelt. Es wäre verantwortungslos von mir, ihnen das nicht zu sagen. Ich kann sie nicht blind ins Messer laufen lassen. Erst Recht nicht, wo es doch meine Schuld ist, dass es soweit überhaupt gekommen ist.“ Er stöhnte auf, fuhr sich mit den Händen übers Gesicht und durch die Haare, was sie noch weiter zerzauste, als sie ohnehin schon waren. „Aber wenn ich es ihr sage- was tu ich ihr an damit? Sie wird in Panik verfallen, nicht mehr schlafen können, sich nicht mehr auf die Straße trauen und keine ruhige Minute mehr haben. Sie wird sich nicht nur um ihr Leben fürchten, sondern auch um meins, um Ais, um Sonokos, um das ihrer Eltern und eures- kann ich ihr das zumuten? Wird sie sich durch ihre Angst nicht viel eher verraten als durch Unwissenheit?“ Yusaku lehnte sich zurück, legte seine Hände vor sich auf den Tisch. „Du kennst sie besser als ich. Das musst du entscheiden. Aber so wie du die Sachlage schilderst, wäre es wohl das Beste, du lässt es, so wie es ist. Noch ist die Gefahr zwar drohend, aber nicht akut. Du kannst sie immer noch informieren, wenn sich etwas ändert. Bis dahin musst du sie im Auge behalten. Und ich werde auch meine Augen offen halten, du kennst mich. Deine Mutter und ich können auf uns aufpassen.“ Conan schaute ihn an. Und zum ersten Mal seit gestern Abend wich die Angst, die ihn bis gerade in ihren kalten Fängen gefangen hatte, ein wenig. Es tat gut, mit jemandem zu reden. Es tat gut zu wissen, dass er mit seinem Vater reden konnte. „Gibt es noch etwas, was du tun könntest?“ Yusaku nahm seiner Frau dankend ein belegtes Brötchen ab und biss hinein, kaute bedächtig, als er auf die Antwort seines Sohnes wartete. „Ich könnte das FBI in alles einweihen, was ich weiß. Ich wollte das zwar eigentlich nicht tun, weil sie mir ja auch nicht alles sagen, was sie wissen… aber momentan ist wohl nicht unbedingt die richtige Zeit für falschen Stolz.“ Yusaku leerte seine Kaffeetasse, schaute seinen Sohn nachdenklich an. „Woher hast du Kontakte zum FBI?“, fragte er schließlich. Conan hob den Kopf. „Miss Jodie Saintemillion, Rans ehemalige Englischlehrerin, ist eine Agentin, Jodie Starling. Wir erfuhren das allerdings erst später. Und James Black, dem die Detective Boys und ich mal über den Weg gelaufen sind, und ihn aus einer Verwechslungsgeschichte mit Entführung gerettet haben, ist ihr Chef, wie sich herausgestellt hat. Zusammen mit Shuichi Akai, den Ran damals in NewYork getroffen haben muss, denn sie sagte mal, er kommt ihr von damals bekannt vor, sind sie derzeit in Tokio. Und sie haben ebenfalls herausgefunden, wer ich bin. Und wer Ai ist. Sie bearbeiten den Fall mit der schwarzen Organisation schon eine Weile… und wollten nun wissen, was ich weiß, deshalb haben sie mich gestern mal abgefangen. Ich hab ihnen noch nicht alles verraten, was ich weiß… aber ich sollte es wohl doch tun …“ „Du steckst in gewaltigen Schwierigkeiten.“, bemerkte Yusaku lakonisch. „Ich weiß.“ Conan verzog verärgert das Gesicht. Als ob er das nicht selber wusste. Dann trank er seinen Kaffee aus, wollte die Küche verlassen, als sein Vater ihn zurückhielt. „Shinichi...?“ Der kleine Junge drehte sich um, zog eine Augenbraue fragend in die Höhe. „Tu nichts Unüberlegtes.“ „Hm.“ Damit verließ er die Küche, zog sich an und ging außer Haus. Er musste zu Ran. Und er fragte sich, ob sein Vater seine Gedanken lesen konnte. Genauer gesagt, einen Gedanken. Nämlich den, Gin und den Rest der Truppe zu finden, bevor dieser ihn fand. Ran schaute ihn in der Tat nicht nur etwas missmutig an, als er bei ihr aufkreuzte. „Sag mal, geht’s dir noch gut?! Wie kannst du mir einfach auflegen…?“, setzte sie an, hielt dann aber inne, als sie sein ernstes Gesicht bemerkte. „Shinichi?“ Er schüttelte den Kopf, dann drückte er sie sanft nach drinnen, zog hinter sich die Tür zu. „Frag nicht.“ Er versuchte, zu lächeln. Sie starrte ihn an. Conan sah ihr an, wie sie mit sich kämpfte. Die eine Ran wollte in mit Fragen löchern- die andere akzeptierte seine Bitte. Er seufzte, streckte fast zögernd die Hand aus, strich ihr sanft über die Wange. Sie schmiegte ihr Gesicht in seine Hand. „Ran, erinnerst du dich an dein Versprechen? Dass du wegläufst, wenn du einen von ihnen siehst, dass du dich in Sicherheit bringst, wenn du dir eine Person auch nur verdächtig vorkommt?“ Ran schaute ihn perplex an. Ihre Wut war verflogen- stattdessen machte sich ein mulmiges Gefühl in ihr breit. Irgendetwas war passiert, und er wollte es schon wieder nicht sagen. Warum vertraust du mir nicht? Oder besser- warum traust du mir nichts zu…? Dann seufzte sie und nickte geschlagen. „Ja. Ich erinnere mich daran.“ Wie könnte ich auch nicht, dachte sie. „Gut. Vergiss es nicht.“ Damit stellte er sich auf die Zehenspitzen, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und ging in Kogorôs Zimmer, sperrte hinter sich zu. Ran starrte ihm konsterniert hinterher. Einerseits rührte sie seine Fürsorge- andererseits spürte sie ganz deutlich, dass etwas im Argen lag. Dass etwas Schlimmes passiert war. Dass Gefahr drohte. Und er wollte es ihr offensichtlich schon wieder nicht sagen. Immer wollte er sie aus allem raushalten. Dass das langsam nicht mehr ging, und ihm nicht unbedingt gut tat, sah er nicht ein- oder wollte es einfach nicht einsehen. Sie schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und seufzte schwer. Sie liebte diesen Kerl. Also musste sie wohl warten, bis er von alleine rausrückte mit dem, was auch immer ihm auf dem Herzen lag. Noch einmal hinter seinem Rücken ausspionieren, herausfinden, was er vor ihr verheimlichte, wollte sie nicht. Er hatte wohl seine Gründe dafür, dessen war sie sich sicher. Auch wenn sie sich nicht wohl fühlte, wenn sie nicht wusste, was mit ihm los war. Conan zog ein kleines Kärtchen aus seiner Hosentasche. Jodies Handynummer. Er schaute sie skeptisch an, dann fischte er sein Handy aus seiner Westentasche und tippte die Nummer ein, wartete… Das Freizeichen ertönte. Er wartete… Und wartete. Gerade, als er wieder auflegen wollte, ihm das Tuuuut- tuuuut des Freizeichens zu dumm wurde, hob sie ab. „Jodie Starling?“ Ihre Stimme klang freundlich. Conan schluckte. Sein Hals war auf einmal seltsam trocken, sein Mund fast wie ausgedörrt. „Hallo? Wer ist da?“ Sie hörte sich ein wenig ungeduldig an. „Ich bin’s.“, sagte er dann in den Hörer. „Conan Edogawa…“ Nun hörte er seinerseits nichts als Stille in der Leitung. „Cool kid?!“ Das Erstaunen in ihren Worten war deutlich zu hören. „Oder so.“, seufzte der kleine Junge. „Hören Sie-,“ fuhr er dann fort, ließ ihr keine Zeit zum Reagieren. „Ich würde mich gerne mit Ihnen treffen. Ob nur mit Ihnen oder ob Ihre werten Herrn Kollegen auch mitkommen wollen, ist mir egal. Es… es gibt da noch ein paar Dinge, die ich Ihnen in Anbetracht der Situation erzählen will.“ Er schluckte. „In Anbetracht welcher Situation?“, hakte Jodie nach. „Das sage ich Ihnen, wenn wir uns sehen. Also, wann hätten Sie Zeit?“ „Sagen wir, in zweieinhalb Stunden im Café, wo wir uns das letzte Mal getroffen haben?“ „Schön. Ich werde da sein.“ Damit hängte er ein und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Zweieinhalb Stunden- damit hätte er noch Zeit, etwas anderes zu tun… Er verließ das Schlafzimmer. Der Gang war leer- Ran war in ihrem Zimmer, band sich ihre Haare zu einem Pferdeschwanz. Er blinzelte, schaute sie überrascht an. Sie drehte sich um. „Oh. Sieht’s nicht gut aus? Soll ich sie offen lassen?“ „Musst du wissen. Es sieht nicht unbedingt schlecht aus- nur… ungewohnt. Aber wenn du mich fragst- offen stehen sie dir besser.“ Er lächelte. Wie schön, dass es auch noch so banale Dinge im Leben gab. Sie zog den Haargummi wieder aus ihrer braunen Mähne. „Ich treff mich gleich mit Sonoko. Willst du mitkommen?“ Sie schaute ihm genau ins Gesicht, versuchte, irgendetwas zu lesen, was ihr Aufschluss über seinen Gemütszustand geben konnte. Erfolglos. Sie stöhnte innerlich auf. Im Gegensatz zu vorhin hatte er jetzt ein wahres Pokerface aufgesetzt. „Nimm’s mir bitte nicht übel, aber… nicht wirklich. Ich muss noch etwas recherchieren. Ich wünsch euch aber viel Spaß.“ Er grinste breit. Dann wurde er schlagartig ernst. Und da war es, der Ausdruck von Sorge, der sich in seinen Augen spiegelte. Ran sah ihn sofort. „Aber pass auf dich auf, ja?“ Er ging zu ihr, nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. „Bleib bei Sonoko, geh nirgendwo alleine hin…“ Sie ließ ihren Kopf auf seine Schulter sinken. „Willst du mir nicht sagen, was passiert ist…?“ Er schloss kurz die Augen, atmete tief durch. Roch den Duft ihrer Haare, spürte die Wärme ihres Körpers- dann ließ er sie los, schob sie auf Armeslänge von sich weg, lächelte sie an. „Es ist nichts. Nichts, worüber du dir den Kopf zerbrechen müsstest. Ich will nur, dass du auf dich acht gibst, dass ist alles. Schließlich bist du jetzt ein kleines Kind… Kinder sind viel mehr Gefahren ausgesetzt als Erwachsene…“ Conan streichelte ihr eine Strähne aus dem Gesicht, dann ging er nach unten in die Detektei, setzte sich an den Computer- und begann mit seiner Suche. Und sie stand oben, und hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie kurz er gerade davor gewesen war, es ihr doch zu sagen. Er suchte das Telefonbuch- und dann die Gesellschaftsneuigkeiten. Klatsch, Tratsch und Gerüchte. Als Ran kurz darauf ihren Kopf hereinstreckte und sich von ihm mit einem Winken verabschiedete, hob er den Kopf und winkte zurück. Dann widmete er sich ungestört seiner Recherche. Er suchte Chris Vineyards Aufenthaltsort. Er ahnte, dass das kein leichtes Unterfangen werden würde- aber irgendwo musste man ja schließlich anfangen. Nach einer guten Stunde füllten sieben Namen von Tophotels samt Adresse und Telefonnummern einen kleinen Zettel. Zwei davon waren durchgestrichen. Er hatte sich erlaubt, einfach mal alle Adressen zu streichen, von denen er in den Klatschspalten gelesen hatte. Er schätzte, dass diese Adressen, diese Hotels, in die sie so offensichtlich eingecheckt hatte, nur zur Tarnung und zur Verwirrung der Presse dienen sollten. Dass sie da tatsächlich wohnte, war eher unwahrscheinlich. Zu groß war die Gefahr, dass sich ein übereifriger Reporter als Page oder eine Journalistin als Zimmermädchen ausgab und von ihrer Doppelidentität Wind bekam. Nein. Sie wohnte woanders. Und wenn sie wirklich in einem Hotel wohnte, was er hoffte, dann blieben nur noch fünf der gehobenen Klasse übrig. Wenn sie da nirgendwo residierte, musste er halt wieder von vorne anfangen. Er seufzte, faltete seinen Zettel zusammen, schaltete den PC aus und hüpfte vom Stuhl. Es wurde Zeit, dass er sich auf den Weg zu seinem Date machte. Eine halbe Stunde später saß er zusammen mit Jodie an einem am Fenster in der hintersten Ecke des Lokals. Sie hatten die Bestellungen schon aufgegeben, und nun schwiegen sie sich erst einmal an. Nachdem die Bedienung ihm mit einem fragenden Blick seinen Kaffee vor die Nase stellte, den er gekonnt ignorierte, und auch Jodie ihre Torte und ihren Cappuccino vor sich stehen hatte, brach er schließlich das Schweigen. „Kommen Black und Akai auch, oder hatten die etwas Besseres zu tun?“ Jodie, die gerade ein Stück Torte auf die Gabel geschaufelt hatte, hielt inne. „James lässt sich entschuldigen, er muss eine Videokonferenz mit der Zentrale noch zu Ende halten, er meinte aber, er kommt eine halbe Stunde später, wir sollen unbedingt warten, bis er auch da ist. Aber Shuichi dürfte eigentlich jeden Moment kommen.“ Conan nickte, nahm dann einen Schluck Kaffee. „Dann warten wir eben noch ein wenig…“ Ran saß mit Sonoko in einem Eiscafé und aß ihren ersten Eisbecher dieses Jahres. Und zwar einen Kinderbecher. Gemäß seiner Vorschriften benahm sie sich wie ein kleines Kind. Vorbildlich, Ran. Sie grinste ironisch- dann schaute das kleine Mädchen missmutig auf Sonokos Traum aus Erdbeer- und Vanilleeiskugeln, die auf einem Bett aus vielen süßen, frischen Erdbeeren lagen, das Ganze gekrönt mit einer formvollendeten Sahnehaube, übergossen mit Erdbeersirup und locker bestreut mit Schokoladenraspeln. Sie stöhnte auf. Ihre Augen wanderten auf das Gebilde vor sich- missvergnügt stierte sie auf ihre einzige, große Schokoladeneiskugel, der man eine Eistüte als Hut aufgesetzt hatte, und die sie aus farbigen Schokolinsenaugen (ein rotes und ein grünes) fast schon spöttisch anschaute. Der Mund, den ihr ein verspielter Eisdielenmitarbeiter aus Schokoladensauce gemalt hatte, verzog sich langsam nach unten als sich der Sirup der Schwerkraft beugte- und verlieh der Eiskreation damit ein fast dämonisches Grinsen. Daneben hatte man ein kleines Sahnehäubchen gespritzt. Langsam verstand sie, warum er das alles so sehr hasste. Dann nahm sie ihren Eislöffel zur Hand und stach der Fratze ein Auge aus. Gedankenverloren schob sie es sich in den Mund, ließ das Eis auf der Zunge zergehen und genoss, trotz aller Unzufriedenheit, den schokoladigen Geschmack, der sich in ihrem Mund ausbreitete. Es knackte leise, als sie die Schokolinse zerbiss. Sie blickte wieder auf. Und erst jetzt fiel ihr Sonokos starrer Blick, sowie die Tatsache, dass sie ihren Eisbecher noch gar nicht angerührt hatte, auf. Sie blickte sie mit ihren großen Augen fragend an. „Sonoko? Was ist?“ Das blonde Mädchen schüttelte den Kopf, um sich wieder auf ihre Freundin zu konzentrieren. Sie öffnete den Mund- dann schloss sie ihn wieder, schien nach Worten zu suchen. „Wie hältst du das aus?“, fragte sie dann ernst. Ran schob sich den nächsten Löffel Eis in den Mund. „Was meinst du?“ Sie wusste, die Frage war eigentlich überflüssig. Sie konnte sich denken, was sie meinte. „Na, dass du…“ Sonoko beugte sich vor. „… dass du… na das halt… du weißt schon, was ich meine…“ Ran seufzte. „Ja, ich fürchte, ich weiß, was du meinst.“ Sie löffelte das zweite Auge aus dem Schokoladengesicht. Dann steckte sie sich den Löffel in den Mund, und wartete, bis das Eis völlig geschmolzen war, bevor sie ihn wieder herauszog. Zurück blieb die Schokolinse auf ihrer Zunge. Süß… Sie lutschte ein wenig daran herum, dann schob sie sie mit ihrer Zunge zu ihren Backenzähnen und biss zu. Es krachte, als die Zuckerhülle um die durch die Wärme in ihrem Mund flüssig gewordene Schokolade zerbarst. Ran schaute Sonoko gedankenverloren an, schmeckte, wie die flüssige Schokolade ihr Aroma entfaltete, dann schluckte sie runter. „Ich weiß es nicht. Und bevor du fragst- ich weiß auch nicht, wie er es aushält.“ Sie seufzte. „Manchmal denke ich, ist es gar nicht so schlimm. Das Leben als Kind hat viele Vorteile. Man muss sich um fast nichts kümmern, die Schule ist ein Witz, irgendwie macht das Kindsein auch Spaß… und nicht zu vergessen- dadurch, dass ich jetzt genauso alt bin wie er, sieht uns keiner mehr schief an, wenn wir Händchen halten.“ Sie lächelte verhalten. „Okay, gut. Vorher hat uns auch keiner schief angesehen. Aber sobald ich wusste, wer er war, wer Conan wirklich war- konnte ich nicht einfach so seine Hand halten. Es ging nicht mehr. Ich wusste, wer er war, dass er der war, den ich liebte, dass er mich liebte- und ich wusste, wie er aussah. Sah den jungen Mann- und das Kind. Ich kam mir seltsam vor, ihn als Kind an der Hand zu halten. Es ging so vieles nicht. Irgendwie dachte ich, dass nun alle Welt glaubt, ich wär in ein Kind verknallt. Was ich ja irgendwie auch war.“ Sie stöhnte auf. „Nun- wie dem auch sei. Jetzt sind wir gleich groß, ich kann ruhigen Gewissens nach seiner Hand greifen, mich festhalten- und keiner kann sich im Entferntesten dran stören. Die Leute finden uns niedlich.“ Sie lachte kurz leise, gekünstelt auf- dann verschwand das Lächeln wieder von ihren Lippen. „Dabei ist es das nicht. Es ist nicht niedlich. Es ist soviel mehr…“ Bei dem Gedanken nun schlich sich ein echtes, warmes Lächeln auf ihr Gesicht. Sie nahm die Eiswaffel in die Hand und zerbrach sie, stippte ein Bruchstück in die Sahne und biss ab, kaute knirschend. „Iss dein Eis, Sonoko, sonst zerläuft es.“ Die Angesprochene begann zu löffeln. Eine Weile war es still- bis Sonoko erneut ihren Eislöffel beiseite legte, mit zusammengezogenen Augenbrauen ihre kleine Freundin musterte. „Also hat es sich gelohnt? Vermisst du dein…“ Sie senkte ihre Stimme erneut. „Vermisst du dein altes Leben nicht manchmal?“ Ran schaufelte mit der Waffel ein wenig Schokoeis auf und steckte es sich in den Mund. „Du ahnst nicht, wie sehr. Aber ich weiß auch, wie sehr ich ihn vermissen würde.“ Dann lächelte sie traurig. „Natürlich wünsch ich mir mein altes Leben zurück…“ Sie griff mit ihrem Löffel über den Tisch, klaute eine Erdbeere aus Sonokos Eisbecher und schob sie sich in den Mund, verdrehte genießerisch die Augen. „Aber auf Shinichi will ich nicht verzichten.“ Sie lächelte bei dem Gedanken an Shinichi… an Conan- der nun endlich und endgültig ein und dieselbe Person für sie war. Sonoko erwiderte ihr Lächeln, dann schaufelte sie sich einen weiteren Löffel Vanilleeis in den Mund. „Also ist er es wert…?“ Ran schaute sie an, ihre Augen strahlten plötzlich. „Ja, das ist er. Definitiv.“ Sonoko legte den Kopf schief, schaute sie zufrieden an. Genau so hatte sie sie immer schon sehen wollen. Glücklich verliebt. Dann riss sie ein leises Seufzen aus ihren Gedanken. Ran schaute ein wenig betrübt ihre kleinen Hände, die vor ihr auf dem Tisch langen, an. „Aber ich mach mir Sorgen um ihn. Er ist so ein schrecklicher Geheimniskrämer, will mich immer um jeden Preis von jeder Situation, von jedem Menschen, von allem, was mir nur im Entferntesten gefährlich werden könnte, fernhalten. Er verheimlicht mir schon wieder etwas, dessen bin ich mir sicher. Ich hab Angst, dass ihm etwas passiert. Ich hab Angst um sein Leben… Aber ich kann ihn nicht zwingen, mir alles zu sagen, und ein zweites Mal ein Versprechen brechen und hinter seinem Rücken herum schnüffeln will ich nicht. Ich will unsere Beziehung nicht belasten, das Vertrauen, das er zu mir hat, nicht enttäuschen.“ Ran seufzte, löffelte frustriert Eis in sich hinein. „Manchmal kann er so kompliziert sein…“ „Das sind alle Männer…“, murmelte Sonoko und begann ebenfalls, ihr Eis zu verzehren, bevor die kunstvolle Süßspeise in sich zusammenfiel. Dann hielt sie inne. „Aber weißt du was, Ran?“ Ran sah auf. „Nein, was?“ „Ich denke, er weiß schon, was er tut… irgendwann wird alles wieder gut werden, und ihr werdet euer altes Leben wiederkriegen…“ Sie grinste. „Und dann könnt ihr ja da weitermachen, wo ihr an Weihnachten aufgehört habt…“ Ihr Grinsen wurde noch breiter. „Sonoko!!!“, zischte Ran, wurde so rot wie die Erdbeeren im Eisbecher ihrer Freundin. „Woran denkst du bitteschön schon wieder?!“ Doch als sie sich dem kümmerlichen Rest ihres Kinderbechers zuwandte, lag auch auf ihren Lippen ein Lächeln. Conan sah nicht auf, als Akai sich setzte. Er und Jodie hatten sich die letzten zwanzig Minuten nett übers Wetter und über die Einrichtung unterhalten- ein Musterbeispiel abgegeben, wie man vorbildlich Smalltalk machte. Lehrbuchreif. Als er sich nun setzte, verstummten sie beide. Sie redeten immer noch nicht, als eine vollschlanke Kellnerin sich durch Stuhlreihen kämpfte und seine Bestellung aufnahm. Als sie ihm seinen schwarzen Kaffee brachte, war immer noch nicht ein Wort gefallen. Conan setzte seine Kaffeetasse an die Lippen und trank den mittlerweile fast kalten Kaffee auf Ex aus, bestellte sich einen neuen. Die Bedienung warf ihm einen verstörten Blick zu, dann wanderten ihre Augen zu Jodie, die ihrerseits nickte. Es war offensichtlich, dass sie sie, wenn auch nicht gerade für seine Mutter, dafür sah er viel zu asiatisch und sie viel zu amerikanisch, beziehungsweise europäisch aus, doch für seine Aufsichtsperson hielt. Als sie von ihr das bejahende Nicken erhalten hatte, nickte sie ihrerseits, warf dem kleinen Jungen ein Lächeln zu und suchte sich dann ihren Weg durch das Meer der Gäste zurück zur Theke. „Sie wissen schon, dass Sie das jetzt auch bezahlen müssen? Sie hält Sie für meinen Vormund, und die lassen ihre Schützlinge eher selten selbst bezahlen…“ Seine kindliche Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Er klang genervt, es störte ihn offensichtlich, dass er für eine zweite Tasse Kaffee die Erlaubnis eines Erwachsenen brauchte. Als ob ihn Koffein umbringen würde… „Hm?“ Sie drehte ihren Kopf, schaute ihm ein sein junges Gesicht und- bemerkte, was sie eigentlich schon viel früher hätte bemerken sollen. Sie blinzelte, schalt sich eine schlechte Agentin, dafür, dass ihrem doch eigentlich geschulten Blick dieses Detail entgangen war. Es waren seine Augen. Es waren nicht die Augen eines Kindes. „Wie viel Leid hast du schon erblickt…?“, flüsterte sie, ohne auf seine Bemerkung einzugehen. Er stutzte- dann wandte er den Kopf ab, begann, die Passanten vorm Fenster zu beobachten. „Wie viel Leid hast du schon ertragen…?“, fragte sie weiter. „Wie viele tote Menschen, wie viele sterbende Menschen musstest du schon ansehen?“ Conan seufzte. „Warum wollen Sie das wissen?“ Akai betrachtete ihn von der Seite. „Weil man den Schmerz in deinen Augen sehen kann, cool kid… Selbst wenn man dein wahres Alter weiß, ist die Qual, die darin zu lesen ist, viel zu viel für jemand so Junges wie dich…“ Erst jetzt wandte er ihr sein Gesicht wieder zu. „Sie sagen es. Zuviel.“ Er legte seine Finger flach auf die Tischplatte, presste seine Handflächen gegen den kühlen Kunststoff. „Ich hab sie gesehen, die Leichen- die Selbstmörder, die Ermordeten, die Unfallopfer… viele. Ich hab sie nicht gezählt. Aber ich hab nie irgendwelche Probleme gehabt, weil ich- weil ich mich zwar für sie interessierte, ich ihren Tod erklären wollte- aber ich habe das nie persönlich genommen. Ich hab es nie mein Leben bestimmen lassen. Ran hielt mich für kalt, abgestumpft, das zumindest warf sie mir an den Kopf- Fakt ist, ich war es nicht. Das nicht- war es nie- aber ich konnte umgehen damit. Und hätten Sie mich als den kennen gelernt, der ich war, dann hätten Sie mir wohl auch nichts angesehen. Ich konnte mit dem Tod leben. Bis…“ Er hielt inne, als ihm die Kellnerin seinen Kaffee vor die Nase stellte und ihm auf den Kopf tätschelte, bevor sie ging. Und er ignorierte es. Schaute ihr nicht genervt nach, verdrehte nicht frustriert die Augen. Er überging es einfach. Jodie staunte. „Bis?“, hakte Akai nach. „Bis das hier passierte. Bis ein Fall kam, der mich aus der Bahn warf. Bis ich begriff, dass hinter jedem Toten ein ganzes Leben steckt, nicht nur die paar Stunden, die reichten, um über seinen Tod zu entscheiden… und ich begriff, dass das Leben manchmal recht kurz sein kann, dass man nicht vorhersehen kann, wie schnell alles vorbei sein könnte. Ich meine, ich wusste das vorher auch- aber erst jetzt ist es mir in seiner ganzen Tragweite bewusst. Das Schicksal kann es auch mal schlecht mit einem meinen, ohne dass man versteht, warum. Das hier hat mich verändert. Ich musste meine Lektion auf die harte Tour lernen- aber ich wusste nicht, dass man mir das ansieht.“ Er hob den Kopf, lächelte ironisch. „Ich weiß nicht, wie viele Tote es waren. Ich weiß nicht, wie viele Tragödien ich schon gesehen habe. Aber ich weiß, dass ich will, dass dieser Fall ohne Tote zu Ende gehen muss, dass das hier nicht zu einer Tragödie ausarten darf. Zumindest nicht zu einer noch größeren, als sie schon ist, und deswegen bin ich hier. Es sind Dinge passiert, die zu verschweigen sehr dumm von mir wäre- ich brauche Ihre Hilfe, deswegen sage ich Ihnen nun alles, was ich weiß.“ „Dann sprich dich ruhig aus, mein Junge.“ Alle blickten auf- alle, bis auf den kleinen Grundschüler. James Black ließ sich ihm gegenüber neben Jodie auf einen Stuhl sinken. „Mr. Sherlock Holmes.“ Conan lächelte. Black reichte ihm ein kleines Diktiergerät, welches Conan einschaltete und in seiner Hemdtasche verschwinden ließ. Dann begann er, nach einem kritischen Blick in die Gesichter seiner Zuhörer, zu erzählen. Als er endlich nach Hause kam, fühlte er sich erleichtert und besorgt zugleich. Er war erschöpft, ausgelaugt- wollte jetzt nur noch nach Hause, etwas essen, mit Ran einen Film ansehen und in sein Bett fallen. Oder auf seinen Futon, wohl eher. Stattdessen musste er noch zuerst zu Ai, sie über die neuesten Entwicklungen informieren. Als der Professor ihm die Haustür öffnete, hörte er Kinderstimmen. Neeeiiiin. Nicht doch. Nicht heute, geht nach Hause… Er seufzte, holte sich aus der Küche ein Glas Wasser, ging dann ins Wohnzimmer, wo er sie um den Tisch versammelt fand. Alle, außer Hana- Ran war ja mit Sonoko unterwegs. Sie spielten mit Ai eine Partie ‚Mensch ärgere dich nicht’, als er kam, sahen sie zuerst alle auf- dann, wie auf ein geheimes Zeichen erhoben sich Genta, Ayumi und Mitsuhiko. Conan nahm einen Schluck Wasser, runzelte fragend die Stirn. „Was ist los?“ Sie schwiegen ihn an. Ayumi schaute zu Boden, wippte vom Fußballen auf die Ferse, immer auf und ab; Genta starrte ihn an, ohne zu blinzeln, und Mitsuhiko knetete nervös seine Hände. Er überlegte, und er war nervös. Irgendetwas war los mit den dreien. Ai stand auf, stellte sich neben Conan, schaute ihn fragend an. Er zuckte mit den Schultern. Sie konnte sich also auch nicht erklären, was los war. „Ai. Conan.“, begann Genta nach einer Weile dann wichtigtuerisch, „wir, die Detective Boys denken, dass ihr uns eine Kleinigkeit über euch erzählen solltet. Wir hätten da mal eine Frage..." Conan und Ai wechselten erstaunte Blicke. „Die da wäre?“, hakte Ai nach. Conan trank einen weiteren Schluck Wasser. Mitsuhiko wandte sich Conan zu. Er schien seine Nervosität langsam in den Griff zu kriegen. „Du bist nicht der, der du zu sein scheinst. Dein Name ist Shinichi Kudô.“ Es klirrte, als das Glas den Boden traf und zerbarst. Conan hatte sein Wasser quer über den Teppich gespuckt, hustete, rang nach Luft. Ai wandte sich zu ihm und klopfte ihm auf den Rücken, während er versuchte, seine Atmung wieder unter Kontrolle zu kriegen. Als er sich wieder soweit gefangen hatte, dass er wieder reden konnte, schaute er ihnen nacheinander ins Gesicht. „Wie- wie zur Hölle kommt ihr darauf? Shinichi Kudô ist fast erwachsen… ist euch schon mal aufgefallen, wie alt ich bin…?!“ „Du und Ai wurdet geschrumpft. Durch ein Gift. Von einer gewissen Organisation. Ai heißt eigentlich Shiho, und du bist eigentlich Shinichi.“ „Wie kommt ihr…“ Er wollte es leugnen. Alles abstreiten. Und fragte sich, wie zur Hölle sie an diese Informationen gekommen waren. Ayumi schaute ihn an. In ihren Augen sammelten sich Tränen. „Ich hab’s gehört, vorgestern beim Professor, meine Mama war noch nicht da, um mich abzuholen und die Tür war noch offen, also ging ich wieder rein, um mit Ai zu warten, und dann hab ich euch gehört, dich und den Professor und diese anderen Leute…“ Mitsuhiko lächelte triumphierend. „Da hörst du’s. Abstreiten bringt nicht das Geringste! Gestehe!“ Conan wurde bleich. Was geht hier ab… hört das denn nie auf? Zuerst sieht Gin mich mit Ran, dann hört Ayumi mich und das FBI… Ai trat vor ihn. Ihre Haltung sprach von großer Entschlossenheit, ihre Schultern waren gestrafft, ihr Rücken gerade, ihr Kopf hoch erhoben. „Ihr seid doch wahnsinnig. Das wollt ihr gar nicht wissen.“ Er merkte, wie seine Knie weich wurden, ließ sich auf das Sofa sinken. Von dort schaute er von einem zum anderen, merkte, wie Ai sich neben ihn setzte. „Doch wir wollen es wissen. Definitiv. Alles. Jetzt gleich. Also…?“ Mitsuhiko baute sich vor ihm auf. Conan zog die Augenbrauen hoch. „Sag mal, wie redest du mit mir…?“ „Du hast uns angelogen! Die ganze Zeit hast du uns angelogen! Wahrscheinlich hast du dich die ganze Zeit über uns lustig gemacht…! Und du warst unser Freund…! Und für dich gilt das Gleiche!“ Conan schluckte, schaute sie an. Das war ein Desaster. Eine Katastrophe. Du hast ja Recht… ihr habt allen Grund, wütend zu sein… Ai neben ihm war erstaunlich ruhig. „Ganz genau. Nur den mittleren Teil würde ich streichen, das stimmt so nicht.“ Er fuhr sich müde übers Gesicht. „Ai hat Recht. Wir beide haben euch belogen. Aber wir haben uns zu keiner Zeit in irgendeiner Weise über euch lustig gemacht. Hört zu, es ist wichtig, dass ihr das für euch behaltet- und jetzt geht ihr am besten nach Hause und versucht, das zu vergessen.“ Conan starrte auf den Boden, als er das sagte. Seine Stimme klang ernst. Die drei starrten ihn mit offenen Mündern an. Mit allem hatten sie gerechnet, nur nicht damit. Nur nicht damit. Er saß vor ihnen- und sie erkannten ihn kaum wieder. Irgendwie hatte die Art, wie er saß, wie er sprach, wie er sich verhielt, so gar nichts Kindliches mehr. Conan existierte nicht. Als er aufsah, sahen sie in seinem Gesicht nur Bitterkeit. Und es dämmerte ihnen, dass hier sehr viel mehr vor sich ging, als sie ahnten. Dass es hier nicht um Spaß ging, oder um einen dummen Streich. Das hier war… ja, was war es? Ayumi war die erste, die sprach. „Wie ist das passiert? Warum laufen du und Ai so rum?“ Er schüttelte stumm den Kopf. „Aber…?“ „Kein aber. Bitte stellt keine Fragen. Nehmt einfach zur Kenntnis, dass weder Ai noch ich uns über euch lustig gemacht haben- und erzählt um Himmels Willen niemandem davon, was ihr wisst. Das ist wichtig.“ „Wie wichtig?“ Mitsuhiko bohrte weiter. „Sehr, sehr wichtig.“ Seine Stimme klang kaum lauter als ein Flüstern. „Warum willst du uns das nicht erzählen?! Du bist es uns schuldig! Ihr seid es uns schuldig!“ Ai schaute ihn an. Er war weiß im Gesicht, kalkweiß. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er stand unter Stress. Nach dem Desaster von Gestern schien der heutige Tag nicht unbedingt ruhiger gewesen zu sein. Sie wusste, er machte sich Sorgen- und offensichtlich wusste er momentan nicht, was er den Kindern noch entgegenzusetzen hatte. Er würde ihnen nichts sagen - aber zum Gehen bewegen konnte er sie auch nicht mehr. Dazu fehlten ihm nach allem was gestern passiert war, heute wohl die Nerven. „Jetzt reicht's.“ Ai stand auf. „Es sollte euch reichen, zu wissen, wer wir sind. Es sollte euch reichen, zu wissen, dass wir eure Freunde sind und sein wollen. Wenn ihr wirklich unsere Freunde seid, dann wartet ihr, bis wir mit diesen Informationen zu euch kommen, ihr erzwingt sie nicht von uns.“ Er warf ihr einen merkwürdigen Blick zu. Es tat gut, dass ihm jemand beistand- ihm die Entscheidung abnahm. Zugeben würde er das nicht. „Und hört auf, an unser Gewissen zu appellieren. Das funktioniert nur bei Shinichi, aber nicht bei mir- ich habe keins mehr. Und ihr solltet, wenn ihr wirklich jemals unsere Freunde wart, aufhören, uns Fragen zu stellen, die wir nicht beantworten können oder wollen- und hört auf, uns nachzuspionieren.“ „Aber-!“, begann Mitsuhiko, wurde allerdings von Ai sofort wieder unterbrochen. „Kein aber!“ Ihr Ton klang harsch, duldete keinen Widerspruch. Die drei schauten sie einigermaßen verdrossen an. „Offensichtlich stecken wir in Schwierigkeiten, soviel seht ihr doch. Wir müssen damit selber klarkommen, wir wollen euch nicht gefährden.“ „Aber…“, fing Genta an- brach allerdings unter dem Blick, mit dem sie ihn bedachte, sofort ab. Sie seufzte. „Gebt euch zufrieden mit dem, was ihr herausgefunden habt. Nun versprecht, dass ihr nichts sagen werdet und euch da raushaltet. Ihr mischt euch nicht weiter ein, hört ihr?“ Die drei nickten verblüfft. „Schwört es.“ Sie hoben fast synchron die Hand, schauten Ai einigermaßen perplex an. „Wir schwören es.“ „Und jetzt geht nach Hause.“ Sie schaute sie streng an, verschränkte die Arme vor der Brust. Sie nickten erneut. Die zwei Jungs waren schon zur Tür draußen, als sich Ayumi noch einmal umdrehte. Sie schaute ihn an. „Es tut mir Leid.“, flüsterte Conan. Er wusste ihre unausgesprochene Frage zu deuten. Sie schluckte. „Kohana, sie ist… ist sie?“ „Ja.“ Mehr sagte er nicht. Und mehr wollte sie auch nicht wissen. Sie blinzelte eine Träne weg. „Dann hatte ich nie…“ Sie räusperte sich. „Nein, hattest du nicht.“ Sie strich sich über die Augen. Dann ging sie. Conan schaute Ai von unten herauf an. Sie stand immer noch neben ihm, ihre Arme vor der Brust verschränkt, ihr Gesichtsausdruck unerbittlich. „Du hast kein Gewissen…?“ Er hob matt eine Augenbraue. „Doch. Aber es wirk beeindruckender, wenn ich sage, ich hätte keins.“ Sie grinste. Er schüttelte schläfrig den Kopf. Er war müde- war fix und fertig, mit den Kräften so gut wie am Ende- der Schlafmangel forderte seinen Tribut. Letzten Endes war er körperlich ein Kind. Und Kinderkörper waren für diese Art von Belastung nicht ausgelegt. Der Professor ging hinein, als die Kinder herauskamen. Er hatte aus der Küche jedes Wort gehört. Nachdenklich sah er ihnen hinterher, dann wandte er sich zu Ai uns Conan. „Du solltest Lehrerin werden, Ai. Du hättest deine Klasse gut im Griff.“ Der Professor schaute sie bewundernd an. Sie lächelte geschmeichelt. „Danke.“ „Glaubst du, sie geben Ruhe?“ „Mit Sicherheit nicht. Aber wir, beziehungsweise er, hat schon genug Stress, auch ohne dass ihn die drei Knirpse nerven. Heute sollten sie ihn in Ruhe lassen. Das mit Vermouth gestern, die Sache mit Gin- das alles ist im Moment wirklich genug.“ Sie seufzte. „Ich fahr dich nach Hause, Shinichi.“, bestimmte Agasa, schaute aus dem Fenster, an dem gerade die drei Grundschüler vorbeizogen. Conan reagierte nicht. Ai wandte sich dem kleinen Jungen zu, der immer noch neben ihr saß, und keinen Laut von sich gab. „Du musst zusehen, dass du etwas schläfst.“ Ais Stimme drang kaum zu ihm durch. Er war bereits auf dem Sofa eingenickt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)