Denn am Ende steht... von Leira ================================================================================ Kapitel 30: Der Beweis zur Theorie ---------------------------------- Seid gegrüßt, seid gegrüßt! Nun… das hier ist also das letzte Kapitel dieser Fic; nächste Woche folgt, wie versprochen, der Epilog. Also erwartet noch nicht zuviel hiervon, besonders spannend ist es nicht (aber das soll ein Ende auch nicht sein, oder?); die Beantwortung der einen oder anderen Frage, kommt, wie ich hoffe, im Epi; dafür isser ja da :D Also wünsche ich euch viel Vergnügen beim Lesen des sanften Ausplätscherns dieser Fic… Liebe Grüße, eure Leira :D PS: Danke für die Kommentare zum letzten Kapitel!!! *verneig* ______________________________________________________________________ Er wachte auf, weil ihn etwas blendete. Es schimmerte rot durch seine geschlossenen Augenlieder- also musste da draußen eine sehr helle Lichtquelle sein. Genauer gesagt eine Lichtquelle, die mit 3,846 × 10 hoch 26 Watt die Erde erhellte - die Sonne schien durchs Fenster. Keine einzige Regenwolke war mehr am Himmel. Shinichi schluckte, blinzelte müde, rieb sich dann mit einer Hand den Schlaf aus den Augen und stellte erst jetzt fest, wo er eigentlich war - in einem Krankenhaus. Genauer gesagt, in einem Bett in einem Zimmer in einem Krankenhaus. Nicht mehr auf regennassem, kaltem Asphalt. Man hatte ihn also ins Krankenhaus gebracht, nachdem er erneut das Bewusstsein verloren hatte. Und auf dem Bett lag Ran, ihren Kopf in auf ihre Arme gebettet, das Gesicht ihm abgewandt. Ich glaube, ich hab ein Déjà-vu… Er schluckte, dann stemmte er sich langsam an den Ellenbogen hoch, ignorierte den Schmerz, der in seiner Seite zu pochen begann. Damals… nachdem er in dieser Höhle angeschossen worden war und Ran ihm Blut gespendet hatte… als er glaubte, seine Tarnung wäre endgültig aufgeflogen… damals war sie genauso wie heute auf seinem Bett gelegen. War, während sie über seinen Schlaf gewacht hatte, genauso eingeschlafen wie dieses Mal. Dann ging die Tür auf und hier endete sein Déjà-vu; denn anstelle von Kogorô betrat sein eigener Vater das Zimmer. „Mein Gott, du bist wach.“ Yusakus Gesichtszüge entgleisten, anstelle von angespannter Aufmerksamkeit machte sich ein Ausdruck großer Erleichterung auf seinem Antlitz breit. „Sohnemann tut’s auch.“, murmelte Shinichi leise, lächelte müde. Yusaku stutzte - dann grinste er. Langsam trat er näher, richtete die Decke, die man über Ran gelegt hatte, zurecht, zog sich einen Stuhl heran und schaute ihn an, seinen Sohn. Er war immer noch ziemlich blass um die Nase. Er sah müde aus, auch wenn er versuchte, nicht allzu erschöpft zu wirken, versuchte, sich zu konzentrieren. Es war einfach eine Tatsache, dass er beinahe gestorben wäre... Lange Zeit schwiegen beide. Schließlich war es der Yusaku, der die Stille zerstörte, das Schweigen durchbrach. „Ich hab dich fallen sehen.“ Er schluckte, wandte den Kopf ab. Shinichi wollte etwas sagen, öffnete den Mund – und schloss ihn wieder, ohne dass auch nur ein Wort über seine Lippen gekommen wäre. Er fühlte, dass er jetzt nicht mit Reden an der Reihe war. Es wäre igendwie falsch gewesen, jetzt etwas zu sagen. Yusaku griff nach dem Bettlacken, begann es gedankenverloren zu zerknüllen, als er weitersprach. „Nie... niemals in meinem ganzen, bisherigen Leben hab ich etwas erblickt, das mich mehr mitgenommen hat - es fühlte sich schlimmer an, als hätte er auf mich geschossen, der Schmerz hätte kaum größer sein können.“ Shinichi schaute seinen Vater bestürzt an. „Diese Machtlosigkeit, diese Hilflosigkeit - es ging so schnell. Gerade noch bemitleidete ich Kogorô, der zusehen musste, wie man seine Tochter erschießen wollte, dann - dann traf es dich. Als du gefallen bist… hast du nicht mal geschrieen…“ Shinichi schluckte. Es wunderte ihn, dass ein Vater ihm gegenüber nun so offen sprach... aber es tat gut. Auch wenn das Thema... heikel war. Yusaku blickte kurz auf. „Nicht mal geschrieen...", wiederholte er. „Du bist einfach nur gefallen. Dein Körper schien plötzlich all seine Kraft zu verlieren, die Spannung, die Lebendigkeit - waren auf einmal fort. Es war dunkel, manche haben gar nicht umrissen, was passiert war…“ Er hielt inne, seufzte, wischte sich mit den Handrücken über die Stirn, stützte seinen Kopf schwer in beide Hände. „Ich bin nur froh, dass Yukiko das nicht gesehen hat. Und dass sie nicht dabei war, in den bangen Minuten, als wir nicht - als nicht klar war, ob… als du da im Regen lagst…“ Yusaku brach ab, schaffte es nicht, den Satz zu beenden. „Ich weiß schon, was du meinst...", murmelte Shinichi. Ihre Blicke trafen sich. Shinichi richtete sich weiter auf, biss sich kurz auf die Lippen. „Es - es tut mir Leid, dir so was angetan zu haben, wirklich. Wirklich! Aber… Ich konnte nicht… du musst verstehen, ich konnte doch nicht zulassen…“ Er warf einen besorgten Blick auf Ran. „Ich weiß.“ Yusaku nickte. „Du musst dich nicht rechtfertigen. Ich will nur, dass du begreifst, dass du mir wirklich viel bedeutest. Wir waren... in letzter Zeit etwas rar, aber... du bist mein Sohn. Zu sehen, wie dich jemand umbringt…“ „…ich bin ja nicht…“ Der Schriftsteller ob die Hand, Shinichi verstummte. „Allein der Anblick, allein das Bangen, die Unwissenheit genügten, Shinichi. Allein die Hilflosigkeit, als wir tatenlos zusehen mussten, wie dieser Mann den Befehl gab…“ Er seufzte, stand auf, wandte seinen Kopf zum Fenster. „Ich hab ihm die Nase gebrochen. Ich hätte ihm dafür noch ganz andere Sachen brechen sollen…“ Langsam sank sein Blick zu Boden. „Auch wenn das etwas ist, auf was man nicht stolz sein darf. Eigentlich sollte man sich nicht so gehen lassen, aber... ich hab die Beherrschung verloren." Dann drehte er sich wieder um, schaute Shinichi fest in die Augen. „Aber was ich sagen will - ich war bis jetzt immer der Ansicht das dir schon nichts passiert. Du gingst spielen, gerietst in Schwierigkeiten oder auch nicht - du kamst immer heil nach Hause. Du warst ein Kind, um das man sich keine Sorgen machen brauchte. Du warst ein Jugendlicher, der außerordentlich selbstständig war. Du konntest auf dich aufpassen, für dich selber sorgen. Dann kam diese Sache mit Conan, und eigentlich hätte mir das eine Lehre sein sollen. Aber das war es anscheinend nicht. Ich ließ dir auch weiterhin freie Hand - schließlich wusstest du, was du tatest. Ich vertraute darauf. Und ich ging immer noch davon aus, dass du heil wieder aus der Sache raus kommst. Der Gedanke, dass es anders sein könnte, kam mir gar nicht in den Sinn. Dann warst du auf einmal weg. Ran hat uns angerufen - und erst da habe ich mir mal so langsam meine Gedanken gemacht. Und dann gestern, beziehungsweise heute Nacht, die Schießerei… es war entsetzlich. Und ich spreche nicht nur für mich. Ich spreche auch für deine Mutter. Für Ran. Für alle, die dich kennen, wahrscheinlich. Du musst besser auf dich aufpassen… so was will und kann ich nicht noch mal mitmachen, und deine Mutter auch nicht. Ich kann dich nicht dazu zwingen, aufzuhören - dazu habe ich kein Recht. Aber ich bitte dich… ich bitte dich, pass besser auf dich auf.“ Yusaku stand auf. „Versprich mir das. Versprich mir, dass ich so etwas nie wieder mitmachen muss, Shinichi.“ Shinichi starrte ihn fassungslos an. Er hatte seinen Vater Zeit seines Lebens noch nie so erlebt. So erschüttert. „Ich verspreche es.“ Yusaku griff nach seinem Arm und drückte ihn. „Dann geh ich jetzt mal deine Mutter holen. Und den Rest der Truppe…“ Ein müdes Lächeln glitt über sein Gesicht. Er ging zur Tür, drückte die Klinke hinunter. „Du hast ihm die Nase gebrochen?!“ Yusaku drehte sich um, schaute Shinichi an, der ihn gleichermaßen erstaunt und belustigt anblickte. „Du hast dem Boss die Nase…?“ „Traust du mir das nicht zu, Sohnemann?“ Er grinste amüsiert ob des verdutzten Gesichtsausdrucks seines Sohnes, dann ging er. Gerade als die Tür ins Schloss fiel, seufzte Ran leise auf, hob den Kopf. Anscheinend hatte das Knallen der zufallenden Tür sie geweckt. Genau wie bei ihm, fiel auch ihr erster Blick aus dem Fenster. Das Sonnenlicht schien, wie zuvor schon ihn, auch sie zu blenden, denn sie blinzelte ein paar Mal, ehe sie sich schlaftrunken über die Augen wischte. Dann erst drehte sie ihren Kopf - und sah ihn. Sie schluckte nur, sagte nichts. Dann stand sie auf, stieg aus ihren Schuhen, krabbelte neben ihn ins Bett, schmiegte sich an ihn und lauschte seinem Atem. Er legte wortlos einen Arm um sie, drückte sie an sich, berührte mit seinen Lippen sanft ihr Haar. Lange, lange sprach keiner ein Wort. Allein die Anwesenheit des jeweils anderen genügte ihnen. Kurz ging die Tür auf, Yukikos Kopf erschien - ihre Blicke trafen sich mit denen ihres Sohnes und sie schloss die Türe wieder leise. „Warum hast du das getan?“ Ran sah ihn nicht an, als sie die Frage leise flüsternd äußerte. Er antwortete nicht. „Warum hast du das getan, Shinichi, verdammt - du hättest sterben können, du bist fast - gestorben, warum…“ Sie wischte sich unwirsch eine Träne, die ihr aus dem Augenwinkel quoll, weg, starrte ihn nun doch an, ihre Lippen bebten. „Warum hast du das getan?“ Ihre Stimme wurde lauter. Er drehte den Kopf. Sie hatte ihren erhoben, sich auf einem Ellenbogen hochgestemmt, schaute ihn fragend an. In ihren Augen lag neben ihrer Erleichterung auch ein Hauch von Kummer und Anklage. Sie würde die Minuten im Regen ihr Leben lang nie vergessen. Nie wieder würde das Bild aus ihrem Kopf verschwinden, sich ewig daran erinnern, wie bleich er gewesen war... wie leblos. Als er nicht antwortete, wiederholte sie ihre Frage erneut. Ihre Stimme klang rau. „Warum- warum hast du das getan…?“ Er biss sich auf die Lippen, kämpfte sich ebenfalls wieder ein wenig in seinen Kissen hoch. „Weil ich nicht ohne dich leben will. Und weil ich dich nicht sterben sehen will.“, wisperte er dann, gab ihr einen zarten Kuss auf die Nase. „Aber… Du bist so ein Idiot, Shinichi…!“ „Ach ja?“, murmelte er. „Schön. Aber dann bist du das auch, Ran.“ In seiner Stimme schwang leiser Vorwurf. „Ha?“ „Was sollte denn das, was du angestellt hast, bitte? Was hattest du denn mit deiner Aktion…“, er räusperte sich, „bezwecken wollen? Ich dachte mich trifft der Schlag, als ich dich da stehen sah...“ „Ich wollte dich retten.“ „Hat ja prima funktioniert.“ Leiser Sarkasmus schwang in seinem Tonfall mit. „Was machst du immer für Sachen? Schmuggelst dich in anderer Leute Kofferraum durch die Gegend, stielst Gifte aus Jacken in Theatergarderoben, riskierst dein Leben, weil du unbedingt schrumpfen willst und dann läufst du mehr oder weniger planlos in die Hände des Feindes… warum das alles…?“ „Ich liebe dich.“ „Das freut mich.“ Seine Stimme klang für Ran ein Spur zu zynisch. Ran knuffte ihn in den Arm. Er seufzte. „Nein ernsthaft. Ich... bin glücklich darüber, wirklich." Er lächelte sie warm an, streichelte ihr über die Wange. „Aber ich finde, du... tust zuviel, ich weiß nicht, ob das so gut ist... Ich will nicht, dass du dich wegen mir in Gefahr…“ Sie starrte ihn an, als ob der Verstand verloren hätte. „Das sagt der Richtige.“, krächzte sie schließlich heiser. „Wer wäre denn bitte fast draufgegangen, weil er sich in die Schussbahn werfen musste?“ Er atmete langsam aus. „Okay, das ist ein Argument..." Ihre Unterlippe zitterte bei der Erinnerung daran. „Du hättest das nicht tun sollen…“ Er schaute sie an, strich ihr sanft über die Wange. „Ran.“ Sie schluckte. Shinichi seufzte, dann blickte er sie ernst an. „Warst du es nicht einmal, die wissen wollte, ob ich für sie sterben würde? Nun, ich sagte Ja. Und wie du jetzt weißt, hab ich nicht gelogen. Ich würde es. Ich würde sterben für dich. Dein Leben ist mir wichtiger als meins. Damit wäre die Theorie jetzt durch die Praxis bewiesen, nicht wahr? Und außerdem, wie wir ja gerade festgestellt haben, bist du nicht besser.“ Er lächelte sanft. „Aber da ich trotz allen guten Willens nicht… gestorben… bin, und du dich auch bester Gesundheit erfreust, lassen wir dieses Thema jetzt vielleicht ruhen und freuen uns, dass wir beide mehr oder weniger heil aus dieser Sache rausgekommen sind.“ Ran seufzte. „Du hast auf alles eine Antwort, oder?“ „Ja.“ Dann beugte er sich vor, berührte ihre Lippen mit seinen - und sie ließ sich nur allzu gerne von ihm mitreißen, vergrub ihre Finger in seinen Haaren, spürte seinen Arm um ihre Taille, genoss seine Nähe. Endlich war es wieder da, dieses Gefühl vollständiger Geborgenheit. Endlich fühlte sie sich wieder rundum wohl. Endlich. Dann ging die Tür auf. „Na, so schlecht kann’s dir ja gar nicht gehen.“ Sonokos Stimme triefte vor Zynismus - ihr Gesichtsausdruck hingegen war nicht anders zu bezeichnen als sensationslüstern. Shinichi drehte den Kopf zu ihr, Ran tat es ihm gleich. Und bei der Gelegenheit sahen sie, dass nicht nur Sonoko in der Tür stand. Die Detective Boys standen mit aufgerissenen Mündern im Zimmer, hinter ihnen standen Shiho, die mit beinahe unverschämten Grinsen mit lässig vor der Brust verschränkten Armen am Türrahmen lehnte und neben ihr der Professor, der mindestens so rot war wie Ran - dahinter Yukiko, auf deren Lippen ein verzücktes Lächeln lag, neben ihr Yusaku, der zusammen mit Eri als einziger den Anstand gehabt hatte, sich taktvoll abzuwenden - Kogorô neben ihm schaute glatt wie ein Bus. „Mausebein…?“ Ran verdrehte die Augen. „Du hast doch gewusst, dass wir zusammen sind, Paps. Warum überrascht dich das jetzt?“ „Huh?“ Er kratzte sich am Hinterkopf. „Nunja. Da wart ihr Kinder…“ Shinichi ließ sich ins Kissen zurücksinken. „Erinnere mich nicht dran. Ich will das vergessen…“ Kogorô warf ihm einen langen Blick zu. „Du scheinst ja eifrig damit beschäftigt zu sein…“ Shinichi drehte im den den Kopf zu, schaute ihm etwas perplex und gleichzeitig abwartend in die Augen. War das jetzt Kogorôs Art von Humor…? Oder war er doch nicht so verständnisvoll, jetzt, wo er tatsächlich mit Ran zusammen war…? Mit seiner Tochter…? Das war doch etwas anderes, als wenn zwei Kinder miteinander rumhingen. Ran schaute von einem zum anderen. Sie hegte ähnlich Gedanken wie ihr Freund. Dann durchbrach Kogorô die Stille. „Als Kind warst du mir irgendwie lieber-…“ „Als Kind hätte ich mich aber schlecht vor deine Tochter werfen können, Onkelchen.“, bemerkte Shinichi trocken. Shinichi starrte ihn an- Kogorô starrte zurück. „Auch wieder wahr.“ Rans Vater seufzte. „Das war im Übrigen, äh- sehr nett von dir. Danke.“ Ran atmete unhörbar auf. „Keine... Ursache... Nichts zu danken...“ Shinichi zog die Augenbrauen hoch. „Wirklich nicht.“ Kogorô nickte langsam. „Gute... Besserung.“ „Danke.“ Dann wurde ihr ohnehin nur sehr schleppendes Gespräch unterbrochen, als es ein paar der Anwesenden zu langweilig wurde; denn in diesem Moment hüpften drei Grundschüler auf sein Bett, schaute ihn mit großen Augen an… „Erzähl! Wie war’s!? Gefangen in den Fängen des Feindes - das muss aufregend gewesen sein…!“ Gentas Stimme kippte fast. Ihre Neugierde schien offensichtlich keine Grenzen zu kennen. Shinichi verengte die Augen, zog die Augenbrauen hoch. Sein Mitteilungsbedürfnis hatte klare Grenzen. „Im Gegenteil. Es war sehr langweilig…“ Den Satz schienen sie alle geflissentlich zu überhören. „Und außerdem ist es deine heilige Pflicht als Ehrenmitglied der Detective Boys-…“ „Ehrenmitglied?!? Ich war der Gründer-“ Mitsuhiko schaute ihn verständnislos an. „Na, was dachtest du, Co- äh, Shinichi - ein ‚boy’ bist du ja nicht mehr unbedingt… Du musst verstehen, dass…“ Shinichi starrte sie erstaunt an - dann winkte er ab. „Ja, schon klar.“ Nun setzte sich auch Shiho auf die Bettkante, schaute ihn durchdringend an. Sie wusste, die drei würden aus ihm nichts herauskriegen, was er ihnen nicht freiwillig sagen würde. Er war wieder der, der er sein sollte; es gab keinen Grund mehr, warum sie ihm noch helfen musste. Diesmal würde er es auch ohne ihre Intervention schaffen, die Kinder in die Schranken zu weisen. „Ich sagte doch, es war langweilig. Ein dunkles Loch voller Ratten. Wahrscheinlich hab ich jetzt die Pest…“ Die drei schauten ihn ungläubig an. „Dann war da aufregendste echt, als sie dich angeschossen haben?“ Seine Kinnlade klappte nach unten, ihm wurde schlagartig kalt. „Sagt bitte nicht, dass ihr das gesehen habt.“ Ayumi schüttelte den Kopf. „Haben wir nicht. Wir haben nur den mit den blonden Haaren gesehen, der auf Ran gezielt hat, dann hat uns der Professor verboten, weiter hinzusehen. Wir mussten die Augen schließen und uns die Ohren zu halten und...“ Sie schluckte, ihre Stimme senkte sich zu einem Flüstern. „Ich wollt auch gar nicht… sehen…“ Shinichi schaute sie an, blinzelte. Dann streckte er die Hand aus, hob ihr Kinn an, stupste sie mit einem Finger an die Nase und lächelte. „Du brauchst darüber nicht mehr nachzudenken, Ayumi…“ Ayumi lächelte leicht, als Mitsuhiko fort fuhr. „Als wir hinschauen durften, lagst du am Boden, wurdest gerade auf eine Trage gelegt… und dann hat uns Ai… äh… Shiho… mit dem Professor zum Professor gefahren. Wir durften nicht im Krankenhaus warten…“ Ein verärgerter Unterton schwang in seiner Stimme mit. Shinichi fuhr sich durch die Haare. Nicht so schlimm wie er befürchtet hatte, aber immer noch schlimm genug. Er warf Shiho einen dankbaren Blick zu. Er konnte sich denken, warum sie darauf bestanden hatte, sie heimzubringen. „Das war schon gut so. Leute, wann kapiert ihr es, das ist nichts für Kinder…“ Er seufzte leise. “Aber war da gar nichts Aufregendes???“, hakte Mitsuhiko noch einmal nach. “Wie biste denn da rausgekommen?“ Shinichi verdrehte die Augen. “Na schön... also hört zu...“ Und dann begann er von seiner Flucht mit Sharon zu erzählen, während die Kinder ihm gebannt an den Lippen hingen. „Heiji, du benimmst dich irrational.“ Kazuha starrte ihn an. „Was bitte?!“ Er stand am Bahnhof, betrachtete scheinbar gedankenversunken die Anzeigentafel. Die Wahrheit war - er hatte keinen blassen Schimmer, was da zu lesen war. Seit geschlagenen fünf Minuten schaute er glatt durch sie hindurch. „Dein bester Freund liegt im Krankenhaus und du gehst ihn nicht besuchen? Er könnte dich jetzt brauchen, stattdessen haust du ab!“ Kazuha baute sich vor ihm auf, stemmte ihre Hände in ihre Hüften, funkelte ihn böse an. „Du bist mir ein schöner Freund!“ Heiji wandte sich ab. „Kazuha, lass mich in Frieden.“ „Nein.“ „Kazuha…!“ „NEIN!“ Sie packte ihn am Kragen. „Was haste nur? Ich dachte, Kudô wär dein Freund?!“ „Isser auch.“ Heijis Stimme war leise, sein Blick auf den Boden gesenkt. „Isser ja auch. Fragt sich nur, ob ich…“ „…sein Freund bin?“ Kazuha starrte ihn mit offenem Mund an. „Was zur Hölle meinstn damit?“ „Weißte, an dem Tag, als es passiert is - da haben wir über euch geredet. Über dich und Ran. Shinichi - er hat schon länger behauptet, dass ich, -äh- dass ich dich liebe… nunja. An jenem Tag, da hab ich’s auch gecheckt. Und ich hab ihn gefragt, ob er etwas dagegen hätte, wenn er mit Ran schon mal vorgeht, damit ich in Ruhe mit dir ein paar Takte reden kann…“ Und da verstand sie. „Aber Heiji… das konnteste doch nicht wissen…“ Heiji biss die Zähne zusammen. „Ich nicht, da haste Recht. Aber er - er hat’s gespürt. Ich hab’s in seinen Augen gesehen, Kazuha. Er hat es nicht gesagt, aber es wär’ ihm lieber gewesen, wenn wir nich’ gegangen wärn. Wenn wir alle auf einem Haufn geblieben wärn, und er hatte Recht, verdammt - wärn wir nich’ woanders gewesen, hätt’ ich’s nich’ auf einmal so eilig gehabt… dann…“ Kazuha starrte ihn an. „Hat er das gesagt?“ „Nein. Natürlich nich’.“ Sie streichelte ihm mit ihren Fingern über die Wange. „Geh ihn besuchen, Heiji. Er wundert sich sonst, was er angestellt hat…“ Sie packte ihn am Arm und zog ihn mit sich. „Red’ mit ihm darüber. Glaub mir, anders wirst du’s nich kapiern…“ Er starrte sie nur wortlos an, ließ sich aber von ihr mitschleifen. Kurze Zeit später stand er vor der Tür. Ran war gerade nach Hause gegangen, um sich zu waschen und sich umzuziehen, hatte ihnen gesagt, er wäre jetzt allein. Alle anderen wären von der Schwester schon rausgeschmissen worden, seine Eltern wollten am Abend wieder kommen. Ein idealer Zeitpunkt also, um reinzugehen, ihn zu besuchen, und mit ihm zu reden. Und stattdessen stand er neben Kazuha vor dieser Tür und wäre am liebsten wieder gegangen. Er sah ihn immer wieder vor sich, blass wie der Tod - der Sensenmann hatte seine Hand bereits nach ihm ausgestreckt. Und das alles hätte verhindert werden können, wenn er… Er war gerade soweit, wieder kehrtzumachen, als Kazuha die Tür aufmachte. Heiji starrte sie an. Was hatte er sich mit ihr nur angetan? „Hey, Shinichi, biste wach?“ Er hörte nicht, was die Person im Zimmer sagte - Kazuhas Stimme klang umso lauter wieder an sein Ohr. „Fein. Heiji will dir nämlich doch noch die Ehre seiner Anwesenheit gewähren. Glaub mir, er braucht nicht lang.“ Damit zerrte sie ihn in die Türöffnung, stieß ihn unsanft ins Zimmer und knallte die Tür zu, ließ sich dagegen sinken. Und grinste. Heiji stand total perplex in dem kleinen Raum, wandte sofort den Blick nach unten. Er konnte ihn nicht ansehen. Er schaffte es nicht. Es ging nicht. Er hörte Kissenrascheln - dann traf ihn was Hartes am Kopf. „Idiot!“ “Au!“ Heiji hob die Hand um sich den Kopf zu massieren, schaute auf das Buch, das auf dem Boden lag. Das Zeichen der Vier Dann hob sich sein Blick, wanderte zum Gesicht des Werfers, der ihn mit genervtem Gesichtsausdruck anstarrte. „Häh?!“ Heiji hob das Buch auf, ging näher. „Du machst dir doch nicht noch immer Vorwürfe, Heiji?“ Irgendwie haftete seiner Stimme etwas Drohendes an. „Na, weißte, Shinichi, irgendwie…“ „Dich plagt wirklich immer noch dein Gewissen?“ Er schaute ihn ernst an - dann schüttelte er verständnislos den Kopf. „Warum?“ Heiji legte das Buch auf den Nachttisch. „Für was war das gut?“, fragte er, ohne auf die Frage seines Freundes einzugehen. Leichte Verärgerung schwang in seiner Stimme mit. „Leichte Schläge auf den Kopf erhöhen bekanntlich das Denkvermögen, Hattori. Ich wollte dir lediglich ein wenig helfen.“ Er seufzte. „Also Heiji. Was macht dir so zu schaffen, dass dich Kazuha zum Krankenbesuch zwingen muss? Ist es wirklich wegen…?“ „Das weißte doch.“ Heijis Stimme klang leise, besorgt. Keine Spur mehr verärgert. „Und wenn ich mich mal blöd stelle, und sage, ich wüsste es nicht?“ „Würd’ ich dir nich glauben.“ Shinichi seufzte matt. Dann lächelte er ihn bitter an. „Heiji, du weißt es, und ich weiß es auch, dass sich das hier eigentlich nicht vermeiden ließ. Man kann es in hundert Variationen aufblättern, begonnen damit, was passiert wäre, wenn Ran damals nicht das Stadtturnier gewonnen hätte - deswegen hab ich nämlich überhaupt erst einen Fuß in diesen Vergnügungspark gesetzt. Und wäre ich da nicht rein gegangen, dann hätte ich die Männer in Schwarz nie getroffen, und dann wäre auch das hier…“, er machte eine bezeichnende Geste mit seinem Arm, „nicht passiert. Ich mach keinem einen Vorwurf. Also sei so gut - hör auf, den Helden zu spielen, alle Schuld auf dich nehmen zu wollen. Zuallererst bin ich selber dran Schuld. Dann die Männer in Schwarz. Oder andersrum? Wie auch immer, du stehst ganz unten auf der Schuldigkeitsliste. Und nun halt die Klappe, hör auf dir 'nen Kopf zu machen und lass mich schlafen.“ Er gähnte, vergrub sich in seinen Kissen. Heiji seufzte - dann lächelte er. Was Kudô sagte, machte Sinn. Wie das Meiste, was der Schülerdetektiv des Ostens so von sich gab. Kazuha hatte Recht gehabt - es war gut gewesen, mit ihm zu reden. Gerade wollte er gehen, den Wunsch seines Freundes erfüllen, als er ein leise in Kissen genuscheltes Wort vernahm - und innehielt. „Frauenheld.“ Heiji fuhr herum. Dann grinste er breit, ging wieder ein paar Schritte näher. „Was bitte? Das sagt genau der Richtige. Du bist doch nicht besser…“ „Verzieh dich…“ „Kein Stück besser…“ „Hau ab…“ „Nicht ein klitzekleines Stückchen…“ „Heiji, wenn du an deinem Leben hängst-…“ „Und wir müssen den Valentinstag nachfeiern.“ Shinichi schlug die Augen auf, drehte sich schneller um, als gut für ihn war, hielt sich stöhnend die Seite. „Bitte, WAS?“ „Tja.“ Heiji grinste breit, zuckte scheinbar hilflos mit den Schultern. „Da musste durch. Ich denk mir, wir können Kazuha und Ran nicht ohne dastehen lassen. Sie haben einen verdient, nachdem du ihnen ihren ersten verdorben hast. Aber so was von verdorben haste den...“ „Du…!“ „Schlaf gut!“ „Heiji!“ „Bis morgen!“ „HEIJI!!!“ Heiji rannte aus dem Zimmer, als er sah, das Shinichi wieder nach dem Buch gegriffen hatte, schlug die Tür hinter sich zu - hörte den dumpfen Schlag, als das Buch gegen die Tür krachte, lachte befreit auf. Dann hielt er Kazuha seine Hand entgegen, die ihn einigermaßen verwirrt anschaute - sie aber dann ergriff, und in zufrieden anlächelte. „Sag es, Heiji.“ „Ich liebe dich.“ „Das meinte ich nicht.“ Sie grinste in breit an, kniff die Augen leicht zusammen, hob ihr Näschen in die Höhe. „Sag. Es!“ „Ahhh… Du hattest Recht, Kazuha…“ Er stupste ihr mit dem Finger gegen die Nase. „Genau das wollt ich hören.“ Ein triumphierendes Lächeln umspielte ihre Lippen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)