One Way Street von Iwa (Wenn es keinen "rechten Weg" mehr gibt...) ================================================================================ Kapitel 4: Hush! ---------------- Renji versuchte erneut seine Augen zu öffnen, kein Sinn. Ironisch oder? Er war es gewöhnt in Dunkelheit zu leben, hatte er doch meistens seine Augen sowieso geschlossen. Aber wenn man plötzlich dazu gezwungen war, die Dunkelheit zu ertragen, konnte man es nicht mehr. Renji hatte Schmerzen in all seinen Gliedmaßen, vor allem in den Gelenken. Seit sie ihn in diesen Zustand gebracht hatten, hatte er sich nicht mehr bewegen können. ---- Flashback ---- Die Tür ging leise knarrend auf. Renji bewegte sich nicht. Er brauchte auch nicht hinsehen, es gab nur eine logische Möglichkeit, wer dort zur Tür herein kam. Der Polizist schritt zu dem Stuhl, auf dem Renji saß. Dessen Hände waren mit Handschellen hinter der Rückenlehne gesichert. Der große, schwarzhaarige Mann sah erfrischter aus als vorher. Er hatte in der Zwischenzeit zwei Aspirin genommen. Jetzt fühlte er sich sicherer für das „Verhör“. Einmal würde er Renji noch die Chance geben und er würde mit Sicherheit etwas aus dem Braunhaarigen mit dem ordentlichen Haarschnitt etwas heraus bekommen. Er grinste freudig. Und wenn er das Pack erst einmal richtig hinter schwedischen Gardinen hatte, würde er eine fette Beförderung kriegen. Oh, wie er den Triumph schon schmecken konnte. Lässig setzte er sich auf eine Ecke des Tisches, der sich in der Mitte des Raumes befand, und schaute Renji direkt an. „Dann packen Sie mal aus“, forderte er seinen Gegenüber auf. „Abgelehnt“, brachte ihm der Sitzende entgegen. Doch so schnell ließ sich der Polizist diesmal nicht entmutigen. „Seien Sie nicht so vorlaut. Sie sind sich sehr wohl bewusst, wie viel besser es für Sie ist mit der Sprache heraus zu rücken.“ „Gewiss. Zu 78%“, sagte Renji ruhig. Seine Augen waren immer noch geschlossen. „Und dennoch werde ich nicht kooperieren.“ „Sie können erzählen, so viel Sie wollen. Im Endeffekt werden Sie nachgeben. Sie sind doch ein vernünftiger Kerl.“ Der Polizist ließ sich immer noch nicht aus der Ruhe bringen. Diesen Sieg nahm ihm niemand. SO schwer konnte es nicht sein den Anderen zu überzeugen. Wenn sein Gegenüber sachlich und gelassen war, dann trat er ihm genauso entgegen. 'Ich werde ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen' dachte er lächelnd. „Nun“, fuhr Renji fort, „dann können Sie ebenfalls so viel reden, wie es Ihnen beliebt. Meine Entscheidung steht fest. Meine Loyalität ist zu...“ Plötzlich entstand eine Pause, allerdings fasste sich der Braunhaarige schnell wieder. „... zu 100% sicher.“ Seine Stimme war genauso fest und überzeugend wie zuvor. Er war ja kein Anfänger. Trotzdem war dem Polizisten das kleine Zögern nicht entgangen. Das war seine Chance! „Das kauft Ihnen doch niemand ab!“ Seine Stimme hob sich. Er war aufgeregt. Gleich! Gleich hatte er ihn in der Tasche und damit auch seine Beförderung. „Es ist mir gleich, ob Sie mir glauben oder nicht. Es ändert nichts an der Tatsache, dass sie nichts erfahren werden von mir.“ „Klappe!“ Hinüber waren alle guten Vorsätze, er hatte geschrien. „Warum sind Sie nur so stur?!“ Es konnte doch nicht wahr sein. Der Polizist ballte seine Hände zu Fäusten. Wie konnte der Typ vor ihm sich erlauben die Ruhe weg zu haben? Er spürte seine pochenden Kopfschmerzen zurückkehren. „Sie wollen uns ums Verrecken nichts sagen, ja?!“, brüllte er aufgebracht. „Gut, dann verrecken Sie doch! Vielleicht ändert das ja Ihre Meinung!“ Wie ein wilder Stier stampfte der Riese aus dem Raum. Kurze Zeit später wurde Renji weg gebracht. ---- Flashback Ende ---- Danach hatte man ihn in ein leeres Zimmer gesperrt, auf eine seltsame Vorrichtung gefesselt und ihm die Augen verbunden. Renji vermochte nicht zu sagen, wie viel Zeit seitdem vergangen war, es war schwer zu schätzen, wenn er nicht mal einen Funken Licht hatte. Schätzte er jetzt einfach so, würde er sagen, dass es Morgen bis Mittag des Folgetages ihrer Verhaftung war. Wenn dem so war, ließ ihn dies darauf schließen, dass er nichts zu Essen bekam. Logisch, sie folterten ihn. Sie ließen ihm keine Bewegungsfreiheit, untersagten ihm jegliches Essen und Trinken und nahmen ihm sein Zeitgefühl, um ihn aus der Reserve zu locken. Keine schlechte Vorgehensweise, wenn auch verboten, zu dumm, dass sie einen Fehler in der Rechnung hatten: Sie mussten ihm spätestens alle zwei bis drei Tage zu trinken geben, ansonsten würde er nicht überleben, und das konnte keiner verantworten, wo Folter doch gesetzlich illegal war. Ohne Essen würde er maximal 30 Tage durchhalten. In der zeit sollte Niou es geschafft haben sie zu befreien. '67 zu 33, dass er es in dieser Zeitspanne schafft' errechnete sich Renji. Nicht unbedingt die besten Aussichten, aber seine einzige Hoffnung. Die Rikkai hatte viele Feinde, die nur darauf warteten, jedes Mitglied einzeln zu beseitigen, anstatt die unbesiegbare Gruppe, die sie waren. Renji lächelte, ein trauriges Lächeln. 'Du solltest dich beeilen, Niou.' ---- Yukimura seufzte lautlos, aber erleichtert, als die schwere Zellentür hinter ihm zugeschlossen wurde. Er war dankbar, dass er mit Akaya in einer Zelle untergebracht war, schließlich wurden ihm aus diesem Grund die Handschellen abgenommen. Es würde ihn nicht wundern, wenn die Anderen selbst in ihrer Zelle mit gefesselten Händen herumlaufen mussten. Er bemerkte, wie sich Akaya, so weit es sein neuer Schmuck zuließ, anspannte, seit die Tür zu war. „Alles in Ordnung“, sagte Yukimura leise, um den Kleineren auf sich aufmerksam zu machen. „Yukimura?“, fragte Akaya, obwohl er den anderen längst an seiner Stimme erkannt hatte. „Ich habe Hunger“, jammerte er. „Wollen die mich elendig verrecken?“ Yukimura lächelte etwas über den weinerlichen Ton, den Akaya so selten an den Tag legte. „Schon gut“, besänftigte er ihn. „Ich habe Essen für dich.“ Er war sich sicher, er hätte Akayas Augen funkeln sehen, wären diese nicht verbunden. Er ging zu dem Gefesselten. „Dann mach mal 'aah'.“ Akaya gehorchte und öffnete seinen Mund. Yukimura begann ihn zu füttern. Vielleicht war es ganz praktisch, dass der Schwarzhaarige das komische Zeug nur essen und nicht sehen musste. ----- Sanada saß stocksteif auf seinem so genannten Bett. Es war zum Haare raufen. Yukimuras Anblick wollte nicht aus seinem Kopf verschwinden, und ebenso wenig seine schmerzhafte Erregung. Seit sich sein kleiner Freund beim Frühstück gemeldet hatte, weigerte er sich auf normale Weise wieder zu gehen. Früher hätte der Schwarzhaarige wohl ein Problem damit gehabt sich selbst an zu fassen, aber das hatte er irgendwann hinter sich gelassen. Seit er sich daran gewöhnt hatte, Yukimura an Stellen zu berühren, an die sonst niemand heran durfte, machte er auch mit sich kurzen Prozess. Da gab es nur ein Problem: Jackal. So sehr Sanada auch seine Tradition und Prinzipien vor 13 Jahren abgelegt hatte, DAS würde er nicht tun. Es war nicht nur gegen seine Natur, sondern würde zusätzlich das Versprechen an Yukimura, dass dieser der Einzige war, der ihn jemals so sehen, bzw. ihn so berühren durfte, brechen, und Sanada starb lieber an seiner unbeugsamen Erregung als dem schönsten Geschöpf der Erde gegenüber untreu zu sein. Doch diese bösen, bösen Bilder wollten ihn einfach nicht in Ruhe lassen. Als wäre das nicht genug, mischten sich nun unter die Bilder des Frühstücks auch noch Erinnerungen an vergangene Nächte, die er mit seinem Liebsten verbracht hatte. Allein die Vorstellung daran, Yukimura in seinen Armen zu halten, machte ihn wild, von dem betörenden Geruch ganz zu schweigen. Sanada biss sich auf die Lippe, um eventuelle Geräusche zu unterdrücken. Er musste Jackal ja nun wirklich nicht auf die Nase binden, wo ihm der Schuh drückte. Wenn nur nicht...! Er spürte genau Yukimuras Haut unter seinen Händen, sah wie der Blauhaarige seinen Kopf zurück warf und seinen Namen stöhnte, wie er seinen Körper gegen ihn drückte, seine Wangen rot vom letzten bisschen Blut, das nicht anderswo benötigt wurde, und der leicht Schweißfilm, der ihn bedeckte. Sanada grummelte. So konnte das nicht weitergehen! Wenn er nicht irgendetwas unternahm, kam er auch ohne, dass er selbst Hand anlegen musste. Ganz unbemerkt war das an Jackal allerdings auch nicht vorbei gegangen. Gerade als er fragen wollte, ob er sich weg drehen solle, stand Sanada auf und setzte sich auf den Boden in Seiza-Haltung. Sanada atmete tief ein und aus. Ja, so war es besser. In einer konzentrierten Haltung wie dieser konnte er seine Gedanken schneller in andere Bahnen lenken. Er merkte zwar, wie seine Erektion langsam abschwächte, doch seine Gedanken veränderten sich nur minimal. Er erinnerte sich an jene Nacht vor 13 Jahren, als er Yukimura das erste Mal derartig angefasst hatte. Es war die Nacht gewesen, in der sie erstmalig auf der Straße geschlafen hatten. Obwohl es inzwischen schon eine ganze Weile her war, erinnerte sich Sanada noch klar und deutlich daran. Yukimura stand vor ihm, mit diesem leeren, glasigen Blick. Er entkleidete sich oben rum, während er sich langsam auf Sanadas Schoß sinken ließ. Seine Finger begannen auch die Kleidung des Schwarzhaarige zu öffnen. 'Tu es an seiner Stelle' flüsterte der Kleinere und schaute ihn auf einmal wieder mit seinen feurigen Augen an. In diesem Moment hatte Sanada seinem Freund diese Bitte unmöglich abschlagen können. Er hatte mit ihm geschlafen, und obwohl er sich total ungeschickt angestellt hatte, war Yukimura immer wieder zu ihm gekommen und hatten ihn zum glücklichsten Menschen der Welt gemacht, als er die Liebe, die schon seit Jahren zwischen ihnen herrschte, bestätigte. Sanada hatte sich geschworen diesen Menschen mit seinem Leben zu beschützen, und er würde dieses Versprechen niemals brechen. ---- Niou lief durch die Straßen Tokyos, oder vielmehr durch die Straßen der riesigen Slumps dort. Er fühlte sich extrem erleichtert, seitdem ihn Mizuki aus seiner Gefangenschaft entlassen hatte. Er wusste nicht, wie lange er es mit diesem nervigen Weibsmann noch ausgehalten hätte. Eines störte sein Freiheitsgefühl jedoch: Die beiden Typen, die ihn, wie sie dachten, unbemerkt verfolgten. Niou hatte ja schon vor langer Zeit einsehen müssen, dass Mizuki eine total verquere Denke hatte, aber das hier verstand er beim besten Willen nicht. Warum spannte der Intrigant ihn extra für so eine nichtige Arbeit ein? Niou hätte es ja verstanden, wenn Mizuki gerade in größere Pläne verwickelt war und deshalb keine Leute für diese Aufgabe bereit standen. Doch da er nun zwei Verfolger am Hals hatte, konnte es Mizuki schlecht an Männern mangeln. Da hätte er seine Drecksarbeit auch ruhig alleine machen können. Dennoch beschwerte sich der Silberhaarige nicht, er zog schließlich auch einen Vorteil daraus. Außerdem war er für so eine Aufgabe doch wohl der Beste, den man in ganz Japan finden konnte. Trotzdem störten ihn die beiden Typen, die ihm hinterher liefen. Er war zwar Profi, aber wie sollte sich da jemand auf seine Mission richtig konzentrieren? Immerhin war die Yamabuki nicht umsonst als beste Defensiv-Gruppe Tokyos bekannt. Sie hatten zwar keine „Angriffsspezialisten“, sodass sie ihr Revier niemals vergrößerten, aber in zwei Sachen waren sie ungeschlagene Meister: Ihr Informationsnetzwerk hatte unvorstellbare Maße, und ihr Quartier wurde noch nie gefunden. Niou war sich ziemlich sicher, dass sie ihre „Basis“ ständig verlagerten, was es um so schwerer machte, es schnell ausfindig zu machen. Aber er hatte keine Zeit, er würde es jetzt eben das Unmögliche in Rekordzeit vollbringen. Er hieß ja nicht umsonst Niou Masaharu... auch wenn sein offizieller Name schon lange nicht mehr so lautete. Das spielte in diesem Augenblick eben keine Rolle. Jetzt braucht er erst einmal eine Möglichkeit seine Kletten los zu werden. Seine Augen scannten alles in der Umgebung. Tokyo hatte sich verändert, seit er das letzte Mal hier gewesen war. ... Andererseits, wenn es auffallen sollte, dass er seine Verfolger absichtlich abgeschüttelt hatte, wurde Mizuki möglicherweise misstrauisch. Vielleicht wartete Mizuki aber auch einfach nur darauf, dass Niou ihn zu dem Versteck führte, damit hätte er sich die lästige Sucharbeit erspart. Aber Niou war eigentlich nicht gewillt es ihm so einfach zu machen. Die Rikkai hatte zwar Waffenstillstand mit der Rudolph geschlossen, das beinhaltete dennoch keine Kooperation, und mit der Yamabuki hatte sich die Rikkai zumindest noch nicht verfeindet. Schließlich war ihr Revier Yokohama und nicht Tokyo. In Tokyo hätten sie ja auch noch viel mehr Feinde, weil hier so viele verschiedene Gangs ihr Unwesen trieben. Die Slumps von Yokohama waren dagegen praktisch alle unter der Kontrolle der Rikkai. Da ging plötzlich die wohl bekannte Birne in Nious Kopf an. Das war die Lösung! Tokyo war in mehrere Teile unter den Banden aufgeteilt. Und warum hat man das Quartier der Yamabuki nie gefunden? Richtig, weil man sie nur in ihrem Revier gesucht hatte. Niou grinste. Eigentlich ganz simpel, und dennoch hatte sich die Yamabuki damit so lange verstecken können. Nur machte diese Erkenntnis die Suche nicht wirklich einfacher. Doch er würde schon irgendwas finden, und bis dahin musste er Kisarazu und Yanagisawa wohl oder übel mit sich umher schleifen. Zu einem geeigneten Zeitpunkt würde er sie schon irgendwo entsorgen können. Es würde ein Wettlauf gegen die Zeit werden, so viel war Niou bewusst, er hoffte nur, dass das Glück auf seiner Seite war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)