Sicarius Vita von Flordelis (Custos Vitae I) ================================================================================ Kapitel 5: Ein Abend unter Freunden ----------------------------------- A/N: Viel Zeit ist seit dem letzten Kapitel vergangen... Es ist viel passiert bei mir, aber egal. Hier ist Kapitel 5. Viel Spaß! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Am Abend, nach einem entspannendem Bad, saß Landis in dem kleinen Restaurant, in dem er sich mit Kenton und Nolan treffen wollte. Celia hatte ihm den Weg hierher erklärt, als er seine Sachen wieder abgeholt hatte. Im Stall hatte Svarog ihm eröffnet, dass er zwar vorhatte zu reiten – sein Page aber gefälligst hinterher zu laufen hatte. Das Spiel hatten sie den ganzen Nachmittag durchgeführt. Eigentlich hatte Landis sich gleich ins Bett fallen lassen wollen, um die nächsten drei Tage durchzuschlafen, aber nach dem Bad hatte er sich wieder wach genug für das Essen gefühlt. Außerdem hatte Aurora angekündigt, dass sie gegen später auch vorbeikommen würde. Landis kannte dieses Restaurant nicht und es schien auch noch nicht so alt zu sein. Anhand der Gespräche zwischen der Bedienung und den anderen Gästen erfuhr er sogar, dass das Restaurant erst vor ein paar Wochen eröffnet worden war und dass noch Leute als Bedienung gesucht wurden. Interessant. Muss ich mir merken. Zum dutzendsten Male an diesem Abend ging die Tür auf. Nolan kam herein, sah sich nur schnell um und setzte sich dann an Landis' Tisch. „Na, Lan, wie war dein erster Tag im Palast?“ „Furchtbar. Weißt du, wenn du auf einem Pferd sitzt und darauf reitest, kommt dir das gar nicht so schnell vor. Aber wenn du einem hinterherläufst... puh.“ Er erzählte Nolan wie der Nachmittag gelaufen war. Sein Freund grinste. „Ich bin froh, dass ich auf den Pferden reite anstatt ihnen zu folgen.“ „Kannst du auch sein, No. Wenn der Prinz das jeden Tag macht, bin ich auch wieder draußen.“ Die Bedienung kam, nahm Nolans Bestellung auf und ließ die beiden wieder allein. Landis lächelte andächtig. Wenn Nolan früher bestellt hatte, war er erst einmal ausgelacht worden und hatte anschließend ein Glas Milch bekommen. Er selbst hatte sich immer gleich lediglich einen Saft bestellt. „Und was sagst du zu unserem beschäftigten Kenton?“, fragte Nolan plötzlich. Landis nahm einen großen Schluck aus seinem Glas. „Armer Kerl. Er muss wirklich viel arbeiten, hm?“ Sein Freund nickte bestätigend. „Oh ja, das muss er. Würde mich nicht wundern, wenn er nachher auftaucht und nur fünf Minuten bleibt. Seit diese Attentäter immer näher an New Kinging herankommen, muss er immer mehr arbeiten.“ „Attentäter? Oh ja... Sicarius Vita.“ Nolan nickte, urplötzlich war er ernst geworden. „Aber eigentlich ist da noch mehr. Alle im Schloss wissen es, nur die wenigsten reden darüber.“ Landis hob fragend eine Augenbraue. „Was ist da denn noch? Meinst du die Sache mit den Rebellen gegen die Königin?“ Nolan schüttelte den Kopf. „Nein, auch nicht. Das nimmt auch nur einen kleinen Teil von Kentons Arbeit ein.“ Er beugte sich zu Landis hinüber und senkte verschwörerisch die Stimme. „Der eigentliche Hauptgrund für Kentons Mehrarbeit ist -“ „Nolan, Landis, schön euch zu sehen.“ Die beiden Angesprochenen zuckten zusammen. Kenton zog den Stuhl zurück und setzte sich zu ihnen an den Tisch. „Worüber redet ihr?“ „Wir haben uns nur darüber unterhalten wie toll die Bedienung aussieht“, antwortete Nolan. Er blinzelte der jungen Frau zu, die ihm in dem Augenblick gerade sein Glas brachte und danach Kentons Bestellung aufnahm und sie erneut alleine ließ. „Na, Ken, heute mal nicht nur fünf Minuten Zeit für uns?“ Nolan sah ihn belustigt an, Kenton nickte. „Ihre Majestät hat mir in Anbetracht meiner Leistungen für heute freigegeben.“ „Gutes Stichwort“, bemerkte Landis. „Kenton, wie kommt es, dass du schon Berater der Königin bist und noch dazu diese absolute Entscheidungsfreiheit hast?“ Verlegen sah der Gefragte auf den Tisch, um dem Blick seines Freundes auszuweichen. Ein seltsames Gefühl der Vorahnung erfüllte Landis. Bestimmt hatte Frediano etwas damit zu tun. Der Mann hatte schon immer Beziehungen zum Königshaus gehabt. Immerhin hatte schon sein Vater den Posten des Kavallerie-Kommandanten inne gehabt. Schließlich seufzte Kenton. „Um ehrlich zu sein hat Frediano mir dabei geholfen. Er hat bei der Königin ein gutes Wort für mich eingelegt, sie hat sich ein Jahr lang meine Fähigkeiten angesehen und mich dann fest eingestellt.“ Ich wusste es. „Verstehe. Frediano hat ja ganz schönen Einfluss. Aber wie kann es sein, dass er schon Kommandant ist? Und was ist mit seinem Vater?“ „War es das, was du vorhin fragen wolltest?“, hakte Kenton nach. Landis nickte, worauf sein Freund antwortete: „Sir Caulfield verstarb vor drei Jahren überraschend und die Senatsmitglieder haben dafür gestimmt, dass Frediano sein Nachfolger wird.“ Nolan verzog sein Gesicht, aber ein warnender Blick von Kenton hielt ihn davon ab, etwas zu sagen. Landis merkte sich das für ein zukünftiges Gespräch allein mit Nolan. Immerhin gab es da auch noch etwas, was er ihm hatte sagen wollen. Die Kellnerin brachte Kenton sein Getränk und wuselte dann wieder davon. Langsam wurde das Lokal wirklich voll. Mundpropaganda funktionierte in New Kinging offensichtlich sehr gut. „Ich hab gehört, die Ehe zwischen Frediano und Oriana soll nicht so gut sein“, spann Landis das Gespräch schließlich weiter. Nolan holte tief Luft, aber gerade als er enthusiastisch antworten wollte, fuhr Kenton dazwischen: „Aus Respekt gegenüber Oriana und Frediano sollten wir darüber nicht reden, wenn nicht zumindest einer von beiden oder beide anwesend sind.“ Diesmal verzog Landis sein Gesicht. Von Kenton konnte er also keine Informationen über Frediano erwarten. Vielleicht war es dann ganz gut, dass Aurora noch kommen würde. Immerhin würde sie den Berater hoffentlich ausreichend ablenken können. Kenton sah Landis an. „Und? Was hast du so gemacht in den letzten Jahren?“ Der Mann wiederholte die Ausführungen, die er auch gegenüber den anderen schon gemacht hatte, erzählte von Dawn und teilweise von irgendwelchen Aufträgen, die er durchgeführt hatte. Kenton schmunzelte. „Klingt als kämst du ganz nach deiner Mutter.“ Landis nickte. „Stimmt irgendwie.“ Er war sich nicht sicher, wie Kenton das gemeint hatte, aber sehr nett hatte es nicht geklungen. Seine verantwortungsvolle Stelle musste den Freund wirklich sehr verändert haben. Oder Kenton war schon immer so gewesen und Frediano hatte das erst zum Vorschein gebracht. Landis hoffte, dass letztere Möglichkeit grundlegend falsch war. Normalerweise ließ ihn seine Menschenkenntnis nicht so sehr im Stich. Wortlos saßen die Freunde sich nun gegenüber. Es gab so viel zu erzählen, aber doch so wenig zu sagen. In den letzten sieben Jahren hatte Landis sich so viele Dinge gemerkt, die er seinen alten Freunden irgendwann hatte mitteilen wollen. Und nun erkannte er, dass er möglicherweise keine alten Freunde mehr hatte. Dass er sich all die Jahre nur etwas vorgemacht hatte. Gerade als das Schweigen zwischen ihnen erdrückend zu werden schien, wurde die Tür geöffnet. Der rote Haarschopf gehörte unverkennbar zu einer einzigen Person. Landis stand auf und winkte sie herüber. Nolan, der mit dem Rücken zur Tür saß, sah Landis überrascht an. „Willst du schon gehen oder warum winkst du der Bedienung?“ „Oh, mein Lieber, ich hoffe doch, dass du nicht jede Frau als Kellnerin bezeichnest.“ Aurora stand inzwischen neben dem Tisch und sah ihn lächelnd an. Nolan sah sie erstaunt und mit leicht geöffnetem Mund an. Er schluckte, während er verzweifelt nach Worten zu suchen schien, die ihr imponieren könnten – oder die zumindest spontan klangen. Kenton musterte sie ebenfalls stumm. Sein Gesichtsausdruck war völlig neutral, aber an seinen nervösen Fingern konnte Landis sehen, dass er ebenfalls um Fassung rang. Innerlich grinste er, denn es erinnerte ihn an seine erste Begegnung mit Aurora – damals hatte er eine Mischung aus Nolan und Kenton dargestellt. Landis legte eine Hand auf ihre Schulter. „Aurora, das sind Nolan und Kenton. Leute, das ist Aurora. Eine junge Frau, die ich ebenfalls während meiner Reise traf.“ Sie begrüßte die beiden Männer lächelnd, dann setzten sie und Landis sich wieder. Nolan schaffte es immer noch nicht, seinen Mund zu schließen, Kenton dagegen hatte seine Fassung zurückgewonnen. „Es freut mich sehr, Euch kennen zu lernen.“ „Oh bitte,“, erwiderte Aurora lächelnd, „ich bin einfach nur Aurora. Es ist mir unangenehm, wenn Ihr mich so vornehm behandelt.“ Nolan schmolz regelrecht dahin. „Wow...“ Aufgrund des großen Andrangs schien die Kellnerin nicht zu bemerken, dass ein neuer Gast gekommen war. Landis nutzte die Gelegenheit. Er stand wieder auf. „No, lass uns für Aurora was zu trinken holen.“ Wie er seinen Freund kannte, würde er sich diese Gelegenheit, Eindruck zu schinden, nicht entgehen lassen. Nolan nickte heftig und stand auf. Landis klopfte Aurora auf die Schulter, gab ihr damit das vereinbarte Zeichen und ging dann mit seinem Freund an die Bar hinüber. Auch hier herrschte großer Andrang, was Landis nur ganz recht war. Damit hatte er schon eine Ausrede, warum sie so lange weg waren. Nolan sah zu ihrem Tisch zurück. Aurora schien Kenton inzwischen in ein sehr anregendes Gespräch verwickelt zu haben. Ein sehnsuchtsvolles Seufzen entfuhr dem Schwarzhaarigen. „Wow, du hast es so gut. Gehst sieben Jahre auf Reisen und triffst so eine tolle Frau.“ „Mhm, ja, Aurora ist nett.“ Ungläubig sah Nolan ihn an. „Nett!? Alter, die Frau ist mehr als nett!“ „Alter?“, fragte Landis verwirrt. „Ja, das sagen die Jugendlichen heute so.“ Der Braunhaarige hob eine Augenbraue. „So so, die Jugendlichen.“ Nolan schnitt eine Grimasse, direkt gefolgt von einem Seufzen. Sicher machte er sich Sorgen darum, dass Aurora und Kenton sich näherkommen würden, während er hier darauf wartete an die Reihe zu kommen. „Mach dir keinen Kopf“, riet Landis ihm. „Aurora flirtet nur auf meine Anweisung mit ihm. Da wird nichts Ernstes draus.“ Nolan sah ihn fragend an. „Huh? Warum hast du ihr diese Anweisung gegeben?“ „Weil ich allein mit dir reden wollte, No.“ „Oh, geht es wieder um Frediano?“ Landis nickte. „Du stellst ganz schön viele Fragen über ihn“, stellte Nolan stirnrunzelnd fest. Er erwiderte darauf nichts. Es war ihm klar, dass es irgendwann auffallen musste, aber immerhin hatte er nur ein geringes Zeitfenster zur Verfügung. Wenn Frediano vorher Wind bekam, dass er wieder hier war und er Nachforschungen über ihn anstellte, dauerte es sicherlich nicht lange, bis der Kommandant eins und eins zusammenzählte und sich seinen eigenen Reim auf die vergangenen Ereignisse machte. Und wenn das erst einmal geschehen war, war es zu spät, noch etwas zu tun. Landis nickte. „Glaub mir, es ist wichtig. Ich muss so viel wie möglich über ihn wissen.“ „Ich weiß zwar nicht, warum, aber... na ja, wenn es wichtig ist... Bestimmt willst du wissen, wie Frediano so jung zum Kommandanten werden konnte.“ Er nickte noch einmal und warf einen besorgten Blick auf die anderen Gäste an der Bar. Nolan winkte ab. „Mach dir keine Gedanken um die. Das normale Volk hält eh nicht viel von Fredi. Also... wo soll ich anfangen?“ Der Schwarzhaarige dachte nach. „Nun, vor sechs Jahren wurde Sir Caulfield plötzlich schwer krank. Kein Arzt und kein Medikament konnte ihm helfen. Er quälte sich gut ein Jahr und dann starb er. Sein Nachfolger war Sir Dorugon, der damals dienstälteste Kavallerist.“ Landis erinnerte sich an den Mann, der ab und zu auch als ihr Lehrmeister gedient hatte. Das furchteinflößende Äußere des Kavalleristen hatte über seine Nettigkeit hinweggetäuscht. Nolan räusperte sich. „Sir Dorugon war etwa sechs Monate der Kommandant und wir waren alle glücklich... aber dann... Frediano beschuldigte Sir Dorugon, Kontakte zu ausländischen Aggressoren zu haben.“ „Das ist doch lächerlich“, entfuhr es Landis. Der Schwarzhaarige nickte. „Aber Frediano schaffte es, das sogar nachzuweisen und genügend Beweise zu sammeln, dass Sir Dorugons Erklärungen alle blass erschienen. Sir Dorugon wurde also in den Kerker gesperrt, wo er heute immer noch ist. Danach ging es darum, einen neuen Kommandanten zu bestimmen. Die Mehrheit der Senatsmitglieder entschied sich für Frediano in Anbetracht seiner Leistung, Sir Dorugon einzukerkern.“ „Das klingt als wäre noch mehr daran faul.“ Nolan nickte zustimmend. „Genau das habe ich mir auch gedacht – genau wie viele andere. Die meisten Kavalleristen haben die Kavallerie aus Protest verlassen und sich neue Berufe gesucht.“ „Warum bist du geblieben?“ „Das hatte viele Gründe. Vor allem aber wollte ich in der Kavallerie bleiben, um die Wahrheit herauszufinden. Schau mich nicht so an. Ich meine, was hinter dem Tod von Sir Caulfield und den Vorwürfen gegen Sir Dorugon steckt.“ „Hattest du schon Glück?“ Bedauernd schüttelte Nolan den Kopf. „Nein, leider nicht. Frediano hütet seine Geheimnisse besser als unsere Königin ihre Schätze.“ Ein enttäuschter Ausdruck hatte sich in sein Gesicht geschlichen. Landis verspürte den Drang, ihn aufzumuntern, wusste aber nicht, was er sagen sollte. Also klopfte er ihm lächelnd auf die Schulter und sagte das Nächstbeste, was ihm einfiel: „Mach dir keine Gedanken, No. Du hast bestimmt getan, was du konntest.“ „Aber genau das ist ja das Schlimme. Ich kann anscheinend gar nichts. Irgendwie muss man diese Barriere des Schweigens doch durchbrechen können, oder?“ Landis nickte. „Irgendwie.“ Und ich habe das Gefühl, ich weiß auch wie. Viel Zeit hatten die drei Freunde nicht mehr zusammen verbracht. Kurz nachdem Landis und Nolan an den Tisch zurückgekehrt waren, hatte Kenton sich entschuldigt und war nach Hause gegangen, um sich auf den morgigen Tag vorzubereiten. Eine halbe Stunde waren sie dann noch zu dritt am Tisch gesessen, dann hatte auch Landis sich entschieden, zu gehen. Nolan hatte ein langes Gesicht gemacht, sich dann aber doch noch wortreich von Aurora verabschiedet. Doch Landis und Aurora hatten noch andere Pläne, weswegen sie den Weg zum Gasthaus wählten. Der Gastwirt begrüßte sie mit einem knappen Nicken und wies sie in den Schankraum, der fast vollständig leer war. An der Bar saß eine braunhaarige junge Frau vor einem Glas Wasser. Egal wie mürrisch sie ihr Gesicht verzog, niemand nahm ihr ab, dass sie schon volljährig war. Ihre braunen Augen wirkten einfach zu groß und unschuldig. Aurora blieb in der Tür stehen, Landis setzte sich ebenfalls an die Bar. „He Nadia.“ Erschrocken sah sie ihn an. „Oh, Landis, du bist es.“ Er lächelte. „Ganz genau. Na, immer noch keinen Alkohol für dich?“ „Nein.“ Noch einmal verzog sie ihr Gesicht. „Das ist so unfair. So viele Jahre bis zur Volljährigkeit sind es nun auch nicht mehr.“ „Na ja, ich hab dennoch einen Job für dich. Ich war gerade in einem Lokal, dort braucht man noch gutaussehende Bedienungen.“ Nadia lächelte geschmeichelt und spielte mit ihrem Zopf. „Danke, Lan, dass du dabei direkt an mich denkst.“ „Ja, ich dachte mir, die Uniform würde dir gut stehen.“ Sie lachte leise. „In Ordnung, ich werde mich dort vorstellen. Wo ist das denn?“ Landis erklärte ihr den Weg zu dem Lokal aus dem er eben gekommen war. Hastig gab sie ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke, Lan.“ Er verabschiedete sich von ihr und ging wieder zu Aurora. „Gehen wir wieder zu Richard?“, fragte sie. „Ja, ich bin todmüde.“ Lächelnd hakte sie sich unter und ging gemeinsam wieder mit ihm hinaus, um den Tag endlich abzuschließen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)