Scatters von abgemeldet (Tief im Innern) ================================================================================ Kapitel 49: Stummer Schrei -------------------------- ~*Stummer Schrei*~ Ihr habt mir schon vieles genommen in meinem Leben. Zu viel, wenn ich so darüber nachdenke. Aber ich bin immer wieder aufgestanden. Egal, was ihr euch noch so Furchtbares für mich ausgedacht habt, ich bin immer wieder aufgestanden. Und ich habe Wege gefunden, wie ich mit all diesen Verlusten umgehen kann. Einer davon war meine Stimme. Ich habe entdeckt, dass ich mit ein bisschen Übung wundervollen Gesang produzieren kann. Und ich fühlte mich frei. Ich fühlte mich so frei, wie ich mich sonst nie fühlte. Nichts kann mit dem Prozess des Singens verglichen werden. Keine Aktivität des Lebens erfüllt mich so. Wenn ich traurig bin, singe ich, und es geht mir besser. Wenn ich wütend bin, singe ich, und ich beruhige mich. Wenn ich glücklich bin, singe ich, und ich bin noch viel glücklicher. Doch nun habt ihr mir auch noch das genommen. Und ich kann es nicht fassen. Ich bin wortwörtlich sprachlos. Ihr habt mir meine Stimme genommen. Einfach so. Von einem Tag auf den nächsten. Komplett ohne Vorwarnung. Und ich stehe mit Nichts da. Ich bin wütend und traurig. Und ich will singen. Doch ich kann es nicht. Ich will schreien, doch es wird für immer ein stummer Schrei bleiben. Die Tränen finden den Weg aus meinen Augen nicht, und das Schluchzen bleibt mir im Hals stecken. Zum ersten Mal seit langer Zeit, weiss ich nicht, was ich machen soll. Ich weiss nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich weiss nicht, wie ich es verarbeiten soll. Normalerweise singe ich, und die Belastung fällt von mir ab. Aller Schmerz fliegt einfach so frei hinaus in die Welt, weit, weit weg von mir. Doch jetzt ist all dieses Leid, all dieser Schmerz, in mir gefangen. Und ich kann es nicht freilassen. Es ist in mir und frisst mich langsam von innen auf. Es ist ständig bei mir, in jeder Sekunde, in jeder Minute, in jeder Stunde, in jedem Tag. Und ich versuche glücklich zu sein, da ich weiss, dass das nicht das Einzige ist, für das es sich zu leben lohnt. Und es ist so unglaublich schwierig. Denn es holt mich immer wieder ein. Immer wieder steht es vor mir, wie eine dunkle, unheimliche Gestalt, die versucht mich zu verschlingen, mich zu unterdrücken. Das ist meine härteste Prüfung seit langem. Was ihr mir da genommen habt, ist nicht ersetzbar. Ich kann es nicht einfach so mit etwas anderem kompensieren. Sie haben mir gesagt, wenn ich nicht aufhöre zu singen, bekomme ich Krebs. Und ich überlege mir, wäre das wirklich so schlimm? Wäre der Krebs wirklich schlimmer? Sollte ich nicht bis zur letzten Sekunde singen? Singen mit all meiner Kraft? Singen, mit allem, was ich habe? Bis es zu Ende geht? Ich finde mich vor voll befahrenen Strassen, vor Zuggleisen, und ertappe mich bei dem Gedanken, was jetzt wäre, wenn ich jetzt einfach diesen einen Schritt nach vorne machen würde. Was wäre, wenn ich mich unter diesen Umständen für diesen Weg entscheiden würde? Ich bin nicht so weit, dass ich es tun würde. Es gibt zu viel, für das es sich zu leben lohnt. Aber alleine die Gedanken reichen, um mich tiefer in das Reich der Verzweiflung zu drängen. Immer tiefer, bis kein Licht mehr von aussen hinein fällt. Bis es mir unmöglich ist, den Weg hinaus wieder zu finden. Und ich weiss, dass ich mich dort nicht verirren darf. Dass das keine Lösung ist. Aber ich würde es so gerne tun. Denn es ist so einfach… Es ist bei weitem das Einfachste… Und meiner Kehle entweicht ein stummer Schrei. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)