Scatters von abgemeldet (Tief im Innern) ================================================================================ Kapitel 1: Serenade ------------------- §Serenade§ Sie sieht ihn an. Sein bloßes Antlitz zaubert ein herzhaftes Lächeln auf ihr Gesicht. Seine Worte umspielen ihre Ohren wie ein perfekt komponierter Singsang. Die Bewegung seines Körpers wiegen sie in einen endlos süßen Schlaf, bedeckt von einem Schleier. Jedes Mal, wenn sie seine Nähe spürt, öffnet sich ihr Herz und der noch nicht zerbrochene Teil davon flattert herum wie ein junger Vogel auf der Suche nach Neuem. Jede Sekunde ohne ihn schmerzt sie, so dass sie glaubt, in tausend Stücke zu zerbersten. Er weiß nichts von ihren Gefühlen und sie ist Meisterin darin, diese zu verbergen. Eine ganze Zeit lang spielt sie nun schon Scharade. Und sie hat nicht vor das Spiel so schnell zu beenden. Der Grund? Angst… Eine Angst, die tief in ihrer Seele verborgen ist. Geteilt in zwei mächtige Partien. Auf der einen Seite die Angst, zurückgewiesen zu werden. Ein weiterer Stoss in ihr Herz, das doch jetzt schon so zerbrechlich ist. Ein Schlag, dessen Folgen so immens wären, dass niemand etwas dagegen tun könnte. Auf der anderen Seite ist die Furcht vor der Veränderung. Es wird nicht mehr so sein wie früher… Das Zerstören der mühsam aufgebauten Freundschaft scheint so leicht. Mit bloß drei Worten. „Ich liebe dich.“ Wenn er ein guter Freund ist, würde die Freundschaft nicht zerbrechen. Das versuchte sie sich einzureden. Doch eventuell war er auch einfach zu emotional. Doch was, wenn er ihre Gefühle erwidern würde? Die Vorstellung war schlichtweg seltsam. Und trotzdem läuft ihr bei dem Gedanken ein wohliger Glücksschauer den Rücken hinunter. Einer, den sie gerne öfters erleben möchte. Sie möchte ihn berühren, seine Haut an der ihren spüren. Doch sie will das fragile Paradies nicht angreifen. Endlos lange ist sie in dem Boot ihres Lebens gerudert. Mit bloß dem einen Ruder. Es ist alt und vernarbt. Doch es leitet sie immer noch durch den Fluss des Schicksals. So, dass sie überleben kann. Nicht hundert Prozent glücklich, aber bestehend. Doch nun, plötzlich, völlig aus dem Nichts, liegt da noch ein zweites Ruder im Boot. Es ist neu und wunderschön und überstrahlt das Alte um Milliarden. Es könnte sie zu der hundert prozentigen Zufriedenheit lenken. Die, nach der sie sich so sehnte. Aber das Ruder war wild, eigenwillig und unkontrollierbar. Genau so könnte es sie in gefährliche, tödliche Strudel ziehen, aus denen sie nicht mehr herausfinden würde. Welches Ruder sollte sie nun also nehmen? Sie blieb beim Alten. Für das andere war sie zu feige… Die Angst übertraf das erhoffte Glücksgefühl. Leider… Oft bereute sie ihre Entscheidung. Doch es gab auch Lichtblicke. Und sie hätte alles dafür gegeben, diese Lichtblicke zu behalten. Er war so anders, als all die anderen. Sie wollte nicht ohne ihn sein. Keine Sekunde. Und auch wenn sie sich momentan mit Freundschaft zufrieden geben musste, hoffte sie immer noch darauf, eines Tages eine positive Antwort zu finden. Eine positive Antwort, auf die Frage, die tief in ihrem Fleisch brannte. Ihre ewige, endlose Suche. Ihre ganz persönliche Serenade. Kapitel 2: Tränen des Himmels ----------------------------- Tränen des Himmels Sie sah nach oben. Der Blick der Schwarzhaarigen war starr zum Himmel gerichtet von dem schon die ersten Tropfen fielen. „Midori-chan! Hayaku! Wir werden noch ganz nass!“ Die Stimme ihrer Freundin holte die Träumerin zurück in die Realität. Yuki stand immer mit beiden Füssen auf dem Boden. Heute trug sie das blonde Haar zu zwei neckischen Schwänzen gebunden, die aber wegen der hohen Luftfeuchtigkeit schon etwas in sich zusammengefallen waren. „Oder willst du Noda-kun warten lassen?“ Nun waren ihre Worte endgültig angekommen. Erschrocken riss Midori den Kopf herum. „Du hast Recht! Das kann ich echt nicht bringen!“ Und währenddem die beiden Mädchen auf den Zug spurteten, dachte Midori über das Chaos der letzten paar Tage nach. Sie und Noda-kun waren auf wundersame Weise zusammengekommen. In Wahrheit waren die beiden schon lange ineinander verliebt gewesen, dich niemand hat sich getraut den ersten Schritt zu machen. Wie im Film eben… Doch dann ging alles ganz schnell. Und seit sie das Glück wie ein Schlaghammer getroffen hatte, rauschten die Tage nur noch so an Midori vorbei. Wunderschöne Tage, wie sie doch immer sein sollten. „Gomen nasai, ich bin zu spät…!“ Hastig streifte die Schwarzhaarige ihre Schuhe im Eingangsbereich des Hauses ab und schüttelte die nassen Haare wie eine Katze ihr Fell. Eine ihrer vielen seltsamen Angewohnheiten. Aus dem Haus strömten dem Mädchen warme Luft und der angenehme Geruch von Zimtkeksen entgegen. Noda lächelte sie freundlich an. „Macht doch nichts. Solange du überhaupt kommst.“ Dann grinste er das verführerische Grinsen, das Midori schon lange den Kopf verdreht hatte. Die Schwarzhaarige hasste ihre Mutter! Warum musste sie bloß immer so früh zuhause sein?! Das ließ ihr neben der Schule fast keine Zeit mit Noda. Und das war das Schlimmste… Hastig spurtete Midori nach Hause. Es regnete immer noch in Strömen und einen Schirm hatte sie nicht. Außerdem breitete sich bereits die Dunkelheit über Asakusa aus. Davor hatte sie ihre Mutter immer gewarnt. Wenn es dunkel würde kröchen alle Mörder, Vergewaltiger und Verrückten aus ihren Löchern hervor. Lächerlich! Hier war kein Mensch. Doch gerade in dem Moment als Midori das dachte, packte sie eine Hand unsanft am Arm. „Hey!“ Doch schon in wenigen Sekunden wurde sie hinter die nächste Mauer gezogen. „Was soll denn das?!“ Vor sich sah die Schülerin das Gesicht einer älteren Frau. Ihr weißes Haar stand wirr vom Kopf ab und ihre Augen hatten einen irren Glanz. „Lassen Sie mich gehen!“ „Es regnet.“ Die Ältere lockerte ihren Griff etwas, aber nicht so sehr, dass Midori hätte flüchten können. Das Mädchen hielt die Seniorin zwar nicht für gefährlich, aber trotzdem war ihr unwohl in der Magengegend. „Wenn es regnet, weint der Himmel.“ „Was?!“ „Der Himmel weint. Es wird etwas Schreckliches geschehen…!“ „Unsinn! Lassen Sie mich jetzt gehen!“ „Hüte dich, Mädchen!“ Dann ließ die Alte los und Midori rannte so schnell sie ihre Füße trugen nach Hause. Der Regen hielt an. Auch am nächsten Morgen war kein einziger Sonnenstrahl in Sicht. Doch dieses Mal war Midori nicht so dumm wie gestern und wappnete sich mit einem Schirm für den gemeinsamen Schulweg mit Noda. Ja, wenn sie mit Noda zusammen war, war es ihr egal ob es regnete oder ob die Sonne schien. Das junge Pärchen lachte, scherzte und alberte herum wie es sich gehörte. Doch als Midori an der Ecke von gestern vorbeikam, hielt sie kurz inne. Nach einer Weile schüttelte die Schwarzhaarige ihre düsteren Gedanken ab und setzte ihren Schulweg fort. Währenddem die Verliebten der Strasse entlangschlenderten begann das Mädchen zu erzählen. „Weißt du, gestern hat mir eine alte Frau gesagt, dass der Himmel weinte, wenn es regne…“ Ihr Freund sah sie schief an. „Der Himmel kann weinen?“ Er musste sich ein Grinsen schwer verkneifen. Midori zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, das meinte sie zumindest. Außerdem hat sie behauptet, dass etwas Schreckliches passieren würde…“ Jetzt lachte Noda doch laut los. „So ein Unsinn! Dass es überhaupt noch solche Irre gibt!“ „Wahrscheinlich hast du Recht…“ Das Thema war abgeschlossen, die beiden waren auch schon fast bei der Schule angekommen. Sie hatten etwas getrödelt, deshalb spurtete der Junge, der mit der besseren Kondition, schon voraus über die Strasse. In der Eile bemerkte er das Auto nicht, das viel zu schnell von links kam. Es gab ein Geräusch des Aufpralls, schlimmer als jeder Donner, den Midori je gehört hatte. Dem Mädchen fiel der Schirm aus der Hand. Da lag er. Ihr Freund. Ihr Geliebter. Er lag da und rührte sich nicht. Und niemand konnte ihm helfen. Die Schwarzhaarige saß am Krankenbett und hielt die Hand des Verletzten. Sie wusste nichts Genaueres über den Gesundheitszustand ihres Freundes, die Ärzte wollten nicht mit den Informationen herausrücken. Wieder einmal betrat einer der Halbgötter in Weiß das Zimmer. „Wie ist sein Zustand?“ Midori sah dem Eingetretenen offen ins Gesicht. Doch dieser senkte den Kopf. „Der Aufprall war ziemlich hart… Außerdem waren wir reichlich spät. Dein Freund hat starke Hirnblutungen, er wird nur noch durch die Geräte am Leben gehalten. Und auch diese können wir ausschalten, sobald wir die Erlaubnis der Erziehungsberechtigten haben. Hontouni gomen nasai. Wir können nichts mehr für ihn tun.“ Bilder schossen durch Midoris Kopf als sie rannte. Und Worte. Die Worte rauschten wie ein Schwarm wütender Bienen. Drei verschiedene Stimmen konnte die Schwarzhaarige ausmachen. Zum einen die Stimme ihres toten Freundes. Wie er lacht, scherzt und einfach redet. Seine fröhliche, samtige Stimme… Dann die kratzige, raue Stimme der alten Frau. Sie wiederholte ihre Worte immer und immer wieder. „Der Himmel weint. Es wird etwas Schreckliches geschehen.“ Und dann war da noch der Arzt. Der Arzt, der Nodas Tod diagnostizierte. Fachmännisch und distanziert. Midori war einfach aus dem Zimmer gerannt ohne ihm weiter zuzuhören. Und nun rannte sie durch den anhaltenden Regen. Ohne Schirm, klitschnass. Sie rannte zu der Stelle, die sie in ihrer Kindheit so gemocht hatte. Es war eine kleine Lichtung im Wald, auf die das Sonnenlicht im perfekten Winkel fiel. Doch als kleines Kind durfte das Mädchen nicht mehr dort spielen, da immer sehr viel zerbrochenes Glas herumlag, was ihre Mutter für gefährlich hielt. Doch nun war Midori kein kleines Kind mehr. Sie packte sich einen der Scherben und starrte ihn an. Starrte ihn einfach an. Doch ihre Entscheidung war gefallen. Langsam, fast schon genüsslich, zog sich die Schwarzhaarige das scharfe Stück Glas über die Pulsadern. Das warme Blut, das wie auf Befehl hervorquoll und sanft ihren Arm hinunterlief gab einen angenehmen Kontrast zu dem niederprasselnden Regen. Nun saß sie dort, auf der Lichtung, die sie immer so geliebt hatte. Den Kopf zum Himmel gerichtet, die Augen leer. „Na, weinst du mit mir?“ Ein Sonnenstrahl drang durch die Wolken, kitzelte ihre Nase und Midori lächelte. Kapitel 3: Perfektionismus -------------------------- Perfektion Sie saß an dem Tisch an dem sie jeden Tag saß. Umgeben war das Mädchen von ihren Freunden. Die Sitzordnung war ihrer Meinung nach etwas unpassend geraten. Von der Person, die sie am liebsten mochte, saß sie nämlich am weitesten entfernt. Ihrem Freund. Trotzdem warfen sich die beiden ab und zu ein verschwörerisches Lächeln zu. Der Rest des Tisches unterhielt sich angeregt über alles Mögliche. Sie waren mit Abstand die lautesten. Normalerweise gehörte das Mädchen auch zu diesen Schreihälsen. Doch heute schwelgte sie lieber etwas in Erinnerungen. Plötzlich stupste sie von der einen Seite eine ihrer Freundinnen an. „Hattest du auch ein tolles Wochenende?“ „Ja, es war sehr schön.“ Dabei lächelte die Blonde verträumt. „Jaah, mein Wochenende auch. Ich habe mit meinem Freund rumgeknutscht!“ „Ach wirklich?“ „Jaah, und ich kann dir sagen, der Kerl hat einen Oberkörper…! Zum Dahinschmelzen…!“ Sofort verfiel die Erzählende ins Schwärmen. „Muskulös?“ „Muskulös ist kein Ausdruck!“ Dann warf die Sprecherin einen Blick zum Freund der Blonden. „Hm, da hast du wohl nicht das grosse Los, was?“ „Wie bitte?“ Die Jüngere schien nicht zu verstehen. „Nun ja, von Muskeln ist ja da keine Spur…“ Nachdenklich musterte die Blonde ihren Freund. Nein, Muskeln waren tatsächlich nicht vorhanden. Bevor die eine Freundin weiterschwärmen konnte, wurde das Mädchen schon von der anderen Seite angestupst. „Naa, wie war dein Wochenende`“ Die Blonde musste darüber lächeln, dass ihre beiden Freundinnen genau die gleiche Frage stellten. „Schön. Und deines?“ „Oh, auch wunderschön! Ich hatte eine ziemlich tiefsinnige Diskussion mit meinem Freund.“ „Oh, worüber denn?“ „Über dies und das. Er ist so reif!“ Und nun wanderte auch ihr Blick zum Freund der Jüngeren. „Kann man von ihm ja nicht behaupten…“ Die beiden Freundinnen hatten sich wieder abgewandt und die Blonde mit ihren Gedanken allein gelassen. Die Worte der beiden wollten ihr nicht mehr aus dem Kopf. Natürlich war es nicht böse gemeint gewesen, das wusste das Mädchen sehr wohl. Trotzdem nagte es an ihrem Herzen. Irgendwie schienen die Partner der anderen so perfekt! Muskulös, reif… Doch schon eine Sekunde nachdem sie das gedacht hatte, hätte sich die Blonde am liebsten selbst geschlagen. Ihre Blicke musterten ihren Freund forsch, der gerade in ein anderes Gespräch vertieft war. Nein, er war nicht muskulös. Schlaksig war wohl eher das richtige Wort. Ganz bestimmt nicht der nächste Mister Universe! Na und? Was wollte sie schon mit einem Muskelprotz?! Die hatte sie sowieso noch nie gemocht. Genau so wenig verhielt sich ihr Freund reif. Im Gegenteil. Er war ein ziemlicher Kindskopf. Aber sie doch auch! Was würde sie bloß tun, wenn er durchgehend bierernst wäre? Außerdem war er im richtigen Moment sehr reif. Und immer noch konnte das Mädchen ihre Blicke nicht von ihrem Partner wenden. Und dann, aus dem Nichts, wurde ein Lächeln auf ihr Gesicht gezaubert. Es wärmte ihre Seele. Was war schon perfekt? Perfekt sein ist doof. Perfekt sein ist langweilig. Perfekt sein lässt keinen Spielraum. Und nachdem sie diesen Gedankengang beendet hatte, stand das Mädchen auf, ging einmal um den Tisch herum und blieb bei ihrem Freund stehen. Sie ging in die Knie und legte ihre Arme um seinen nicht muskulösen Körper. Eine unglaublich angenehme Wärme durchflutete sie. Besser als jedes andere Gefühl. Perfekt? Perfekt ist relativ. Für sie war er perfekt. Absolut perfekt. Kapitel 4: Totengeflüster ------------------------- Totengeflüster Manchmal, wenn man einsam über den Friedhof spaziert um einen Verlorenen zu besuchen, glaubt man, doch nicht ganz allein zu sein. Man scheint die anwesenden Geister spüren zu können. Und manchmal, an ganz besonderen Tagen, glaubt man sie sogar flüstern zu hören. Bete nicht an meinem Grab, denn ich bin nicht dort. Ich bin der frische Wind, der das Laub aufwühlt. Ich bin der kühle Regen, der vom Himmel fällt. Ich bin der sanfte Sonnenstrahl, der deine Nasenspitze kitzelt. Ich bin überall – ich bin nicht tot. Weine nicht an meinem Grab, denn ich bin nicht dort. Und währenddem man sich noch fragt, ob alles nur Einbildung ist, verstummen die traurigen, bitteren Stimmen schon wieder. Wahrscheinlich für immer. Kapitel 5: Rausch ----------------- Rausch Drogen? So etwas hat sie nicht nötig. Nicht einmal im Geringsten. Denn sie hat ihre persönliche Droge schon gefunden. Er. Jedes Mal wenn sie ihn ansieht, hüpft ihr Herz vor Freude. Manchmal bekommt sie kaum noch Luft, so leicht scheint ihre Seele zu sein. Sie liebt einfach alles an ihm. Das wuschelige, schwarze Haar, welches länger war als das der meisten anderen Leute. Es fühlte sich so gut an, wenn sie mit ihrer Hand hindurchfuhr. Weich und warm. Dieses Gefühl der Geborgenheit, das sie immer verspürte. Sie liebt es in seine braunen Rehaugen zu schauen. Die Augen, die die Unschuld in Person symbolisieren. Zart harmoniert die Farbe mit dem Rest seines Gesichts. Und auch wenn sie es nie zugeben würde, liebt sie es auch, dass er gut einen Kopf größer ist als sie. Die Möglichkeit zu besitzen zu ihm aufzusehen, war ausnahmsweise unbeschreiblich großartig. Durch seine Größe fühlte sie sich so geborgen wie sonst nirgends. Er ist nicht muskulös. Und trotzdem schafft er es sie mit seinen Armen genau so fest zu umschließen, dass es perfekt ist. Sie könnte ewig in seinen Armen liegen. Seine warmen Hände sind fast doppelt so groß wie ihre. Nun gut, das mag etwas übertrieben sein. Aber sie sind größer. Und wenn sie seine warme Berührung auf ihrer Haut spürt, glaubt sie jedes Mal aufs Neue zu sterben vor Glück. Sie liebt seinen Geruch, der so etwas Unbeschreibliches hat. Der Geruch, der an jedem seiner Kleidungsstücke haftet. An den flauschigen Pullis, in die sie sich so gerne kuschelt, aber auch an jedem Partikel seines Körpers. Sie liebt seine zarte, weiche Stimme, die einem das Gefühl gibt von Samt umhüllt zu sein, wenn man sie hört. Der Versuch mit ihm ins Kino zu gehen wird jedes Mal wieder scheitern. Es kommt absolut nicht darauf an, für welchen Film sie sich entscheidet, das weiß sie mittlerweile. Denn vom Film selbst bekommt sie sowieso nichts mit. Absolut keine Chance. Trotzdem hat sie es kürzlich wieder versucht. Völlig erfolglos… Am Anfang, als noch Popcorn da war, da ging es noch. Somit bekam sie die ganze Vorgeschichte mit, die eigentlich recht hübsch ausgearbeitet war. Doch nachdem die Tüte leer war, versuchte sie sich etwas an seiner Schulter anzulehnen. Die pure Wärme, die wie immer von ihm ausging, ließ sie müde werden. So müde. Und ohne es zu merken entspannte sie sich so sehr, dass sie einschlief. Ungefähr in der Mitte des Films schreckte sie mit fürchterlichen Nackenschmerzen auf. Sie konnte unmöglich an dem so bequemen Platz liegen bleiben. Also setzte sie sich wieder gerade hin und begann sich das Genick zu massieren. Währenddem startete sie den Versuch den Faden des Films wieder aufzunehmen. Nach einer Weile war es ihr mit ein paar kleinen Unklarheiten knapp gelungen. Aus dem Nichts spürte sie, wie eine seiner warmen Hände zu einer der ihren wanderte. Augenblicklich gab sie nach und umschloss seine Hand mit ihrer. Und dann machten sie es so, wie sie es immer machten. Er legte seine zweite Hand oben auf ihre und sie positionierte ihre zweite ganz unten. Eine unglaubliche Wärme durchflutete ihren ganzen Körper. Verzweifelt versuchte sie die Untertitel des Films zu entziffern. Keine Chance. Bei der kleinsten Berührung, dem winzigsten Streicheln verschwamm die ganze Leinwand vor ihren Augen und sie fiel in den allzu bekannten Rauschzustand. Der Versuch sich zu beklagen wenn ihr etwas nicht passte, scheiterte genau so. Sie hatten sich etwas mehr als eine Woche nicht mehr gesehen und sie fühlte sich sehr vernachlässigt. Und genau das hatte sie beschlossen ihm heute vorzuwerfen. Ihn damit zu konfrontieren und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Denn sie fand Offenheit einen der wichtigsten Faktoren in einer Beziehung. Sie hatte ihren Mut immer noch, als er ihr aus dem Zug entgegenkam. Sie hatte ihn auch noch als sie sich nach so langer Zeit wieder umarmten, und sie eigentlich nie mehr hätte loslassen wollen. Doch dann, als sie ihr ernstes Gesicht aufsetzte begegneten ihre tiefblauen, strengen Augen seinen Rehaugen. Die, die sie so liebte. Er blickte sie an, erstaunt, verwirrt, auch etwas neugierig. Er wartete darauf, was jetzt kam. „Also, ich…“ Sie stockte. Konnte sie das diesen Augen antun? „Ich, ähm, ich…“ Das mit den vollständigen Sätzen ging ordentlich daneben. Noch ein letzter Blick in die Augen der Unschuld, dann gibt sie auf. Ihre Züge milderten sich und ein Lächeln breitete sich über ihr Gesicht aus. „Ist auch egal. Lass uns einfach gehen.“ Beklagen? Keine Chance. Kapitel 6: Geteiltes Herz ------------------------- Geteiltes Herz Hektisch verschlang sie ihre Finger ineinander. Dann öffnete sie sie wieder. Ab und zu knabberte sie unmerklich an einem Nagel. Dann zupfte sie wieder an ihrem Pulli herum. Sie war wie immer zwanzig Minuten zu früh am Treffpunkt und hatte keine Ahnung, wie sie sich beschäftigen sollte. Vor allem da sie total nervös und hysterisch war. Eine dumme Angewohnheit. Sie konnte nicht still sitzen, stand auf, ging den Bahnsteig auf und ab und setzte sich dann doch wieder auf die sonnige Treppenstufe. Geschäftsmänner hasteten an ihr vorbei auf den früheren Zug und warfen ihr seltsame Blicke zu. „Was glotzt ihr so blöd?!“, hätte sie am liebsten gesagt, doch in ihrer Nervosität war sie nicht fähig vollständige Sätze zu bilden. Da kam er! Da kam der Zug! Hektisch sprang sie auf, richtete noch einmal jede Falte und stellte sich brav an den Rand des Bahnsteigs. Fahrig durchsuchte sie die Türen nach ihrem Freund, aber sie konnte ihn nirgends entdecken. Was war, wenn er sie versetzt hatte? Warum sollte er sie versetzen? Hasste er sie plötzlich? Und noch während sich ihre hysterischen Gedankengänge ein Ziel suchten, leerte sich der Bahnsteig langsam. Als sie schon aufgeben wollte, entdeckte sie ihn am anderen Ende des Zugs. Er trug trotz dem kühlen Wind ein kurzes T-Shirt und lächelte das Lächeln, das sie so gut kannte. Erfreut machte ihr Herz einen Sprung und sie begann schnell auf ihn zuzugehen. Sie war gerade im Begriff ihre Arme auszubreiten und ihn endlich wieder an ihrem Körper zu spüren als sie die beiden anderen Jugendlichen entdeckten, die ihm anscheinend folgten. Ausländer, eindeutig und sie sahen nicht freundlich aus. Zögerlich zog sie die Arme wieder zurück. Sie hatte gute Kampfkenntnisse, er hingegen gar keine. Flink begann sie ihre Chancen gegen die beiden auszurechnen. Das, was sie immer tat, wenn ihr jemand seltsam vorkam. Sie konnte es mit bis zu drei Leuten gleichzeitig aufnehmen… Aber die sahen nicht gerade schwach aus… Bevor sie zu einem Ergebnis kommen konnte nahm sie ihren Freund an der Hand und flüsterte ihm zu: „Sind die beiden schon länger in deiner Nähe?“ Er nickte unmerklich. Verdammt…! Und wie prophezeit spürte sie plötzlich eine Hand in ihren Haaren. Erschrocken keuchte sie auf. Der Größere der beiden riss ihren Kopf herum. „Na, Kleine, Lust auf ein bisschen Spaß?“ Sie fackelte nicht lange. Solche Situationen war sie sich gewohnt. Hastig brachte sie ihn mit einem Bein zum Fallen. Seine Finger ließen ihre Haare los. Noch währenddem er fiel schlug sie ihm mit aller Kraft in die Magengrube. Erschrocken keuchte er auf. So viel Widerstand hatte er nicht erwartet. Und nun der Zweite! Er war schon in Abwehrposition gegangen, und bei ihm zog der Überraschungseffekt leider nicht mehr. Er hatte eine gute Verteidigung und sie hatte Mühe ihn mit ihren Schlägen zu erreichen. Unerwartet erwischte sie an seinem Nacken die Sehne, nach der sie gesucht hatte. Unter Schmerzen ging er zu Boden. „Achtung!“ Die Stimme ihres Freundes schien durch den ganzen leeren Bahnhof zu hallen. Und ihm nächsten Moment spürte sie den dumpfen Aufprall einer Eisenstange auf dem Hinterkopf. Gegen ihren Willen wurde alles schwarz. Als sie ihre Augen wieder aufschlug lag sie immer noch auf dem kalten Boden des Bahnhofsteigs. Anscheinend war sie nicht all zu lange bewusstlos gewesen, denn einer der Angreifer versuchte immer noch seine Schmerzen zu überwinden, währenddem der andere direkt vor ihrem Freund stand. Es war der Größere von beiden, der jetzt schwungvoll mit der Eisenstange ausholte. „NEIN!“ Hastig rappelte sie sich auf und rannte zu ihrem Freund. Genau im richtigen Moment konnte sie ihren Körper schützend vor den Seinen stellen. Die Eisenstange traf sie mit voller Wucht im Bauch. Sie hustete Blut. Es lief ihr aus den Mundwinkeln. Die Sterne tanzten vor ihren Augen. „Miyako!“ Die Stimme ihres Freundes schien aus einer anderen Welt zu kommen. Während der Angreifer noch weitere Male lachend mit der Eisenstange auf sie einschlug, überlegte sie, wie sie ihn zu Boden bringen konnte. Schließlich trat sie ihm mit allem was sie noch hatte gegen das Schienbein. Erschrocken ließ der Größere die Eisenstange los. Augenblicklich rammte sie ihm die Faust mit aller Kraft ins Gesicht und schlug ihn damit bewusstlos. Vorsichtshalber nahm sie die Eisenstange an sich. Mittlerweile war der andere Angreifer wieder auf die Beine gekommen und hatte ihren Freund am Hals gepackt. Und er drückte zu. Sie sah genau wie er keine Luft mehr bekam. Mit einer letzten Bewegung holte sie mit der Eisenstange aus und schlug den zweiten nieder. Auch als er schon längst bewusstlos am Boden lag, ließ sie die Stange noch viele Male auf ihn niedersausen. Niemand verletzte ihren Freund! Schlussendlich ließ sie das Werkzeug fallen und sah ihn an. „Alles in Ordnung?“ Sein Blick war besorgt und ängstlich. „Ja klar! Aber was ist mit dir? Du hast die Eisenstange ziemlich schlimm abbekommen! Und du blutest! Miyako? Miyako, sag doch etwas! Miyako?!“ Und zum zweiten Mal an diesem Tag versank die Welt in die Dunkelheit. Als sie dieses Mal die Augen aufschlug lag sie auf einem bequemen Bett. Benommen sah sie sich um und erkannte die Umrisse der Wohnung ihres Freundes. Ihr Kopf schmerzte wie nichts und allgemein tat ihr alles weh. Auch konnte sie zahlreiche Verbände ausmachen. Vorsichtig versuchte sie sich aufzusetzen, doch ihr Freund drückte sie sanft zurück aufs Bett. „Bleib noch etwas liegen. Immerhin hat es dich wirklich schlimm erwischt. Und genau da will ich ansetzen. Du musst mir etwas versprechen! Tu das nie wieder! Riskiere nie wieder dein Leben für mich! Nimm nie wieder solche Verletzungen für mich in Kauf! Versprichst du mir das?“ Sein Gesichtsausdruck war besorgt aber bestimmt. Doch sie lächelte nur und drückte sich seiner Hand entgegen. „Gomen ne. Das kann ich dir nicht versprechen. Niemals. Ich habe dir einen Teil meines Herzens gegeben. Und solange dieser Teil in dir schlägt, lebt der andere Teil nur für dich. Und solange das der Fall ist, wird der andere Teil alles dafür tun, dass der Teil in dir keinen Schaden nimmt. Auch sterben.“ Dann stand sie auf und wankte ziemlich wackelig Richtung Kühlschrank. Kapitel 7: Wärme ---------------- Wärme Zugegeben, die Wiese war nicht ganz so bequem wie erwartet. Es gab bestimmt bequemere Orte, aber die standen ihnen nun einmal im Moment nicht zur Verfügung. Also machte es sich das junge Pärchen im kühlen Gras bequem. Ihr Kopf und ein Teil ihres Oberkörpers ruhte auf dem Seinen. Diese unglaubliche Wärme, die er ausstrahlte war atemberaubend. Es war absolut nicht greifbar. Das Gefühl durchflutete ihren ganzen Körper und machte ihre Knochen schwer. Nicht auf eine unangenehme Art und Weise, ganz im Gegenteil. Eine wohlige Müdigkeit breitete sich in ihr aus. Sie machte sich Sorgen, sie könnte irgendwie sein Blut blockieren, doch er verlor kein Wort darüber. Langsam gewöhnte sie sich an das heftige Pulsieren unter seinen Rippen. Sie lauschte dem angenehmen Geräusch und lernte es zu lieben, wie jedes andere noch so kleine Detail an ihm. Aus dem Nichts spürte sie seine kühle Hand an ihrem Oberarm. Seine Hände waren immer kalt, daran hatte sie sich gewöhnt. Aber keine unangenehme Kälte, nein, besonders an warmen Sommertagen wie diesem waren sie extrem erfrischend. Trotzdem durchfuhr sie ein kleiner Schauer. Sogleich entspannte sie sich wieder. Das gleichmässige Streicheln seiner zärtlichen Finger passte sich dem Rhythmus seines Herzschlags an. Eine kühle Briese wehte ihr sanft durch das Haar. Kapitel 8: Innere Schönheit --------------------------- Innere Schönheit Es gab keine bequemeren Betten als Wasserbetten. Das war zumindest ihre Meinung. Doch in genau diesem Moment hätte sie überall liegen können, auch auf dem eiskalten Steinboden, es wäre ihr völlig egal gewesen. Denn das Einzige, was in diesem Moment zählte, war ihre Begleitung. Sie lag hier, gemeinsam mit ihrem Freund, ihre Hände berührten sich. Der kontinuierliche Fluss der Wärme gab ihr ein beruhigendes Gefühl. Sie hielten beide die Augen geschlossen, und doch schliefen sie nicht. Es war die ultimative Entspannung. Jedoch war es auch ziemlich gefährlich. Wenn sie nämlich einschliefen, könnte das Probleme geben… Deshalb hatte sie beschlossen ihn einmal aus der Trance zu befreien. Vorsichtig öffnete das Mädchen ihre Augen. Sie blickte direkt und ohne Vorwarnung in sein schlafendes Gesicht. Sie hatte sein Gesicht schon immer wunderschön und atemberaubend gefunden, aber das war schöner als alles was sie je in ihrem Leben gesehen hatte. Er hatte so einen friedlichen Ausdruck auf seinem Gesicht, er verkörperte die pure Unschuld. Sein Ebenbild war so rein und bildhübsch, dass sie die Augen hastig wieder schließen musste. Sie hatte schon fast Angst an dem Kunstwerk seines Daseins zu erblinden. Ihr Herz pochte heftig, sie war froh, dass es nicht ganz zum Stillstand gekommen war. Langsam versuchte sie ihre Atmung zu beruhigen. Sie musste diese unbeschreibliche Schönheit unbedingt noch einmal erblicken! Dessen war sie sich sicher. Das Mädchen nahm all ihren Mut zusammen und öffnete ihre Augen erneut, dieses Mal vorsichtiger. Und da war es wieder. Das unberührte Engelsgesicht, kein bisschen verändert. Sie konnte nicht anders als seine Hand anzuheben und ihm einen sanften Kuss auf seine Fingergelenke zu geben. Wenig später lagen sie wieder auf den Betten, dieses Mal etwas anders. Die Gesichter nicht mehr gegeneinander gerichtet. Ihr Rücken lag an seinem Oberkörper an, ein Arm war quer über den ihren gezogen. Mit den Händen hielt sie seine fest. Gemeinsam streichelten sie sich. Das, was er so gut konnte. Sanft fuhren seine Fingerkuppen über ihre Haut, und bei jeder Bewegung schien ihr ein kleiner Schauer den Rücken hinunterzulaufen. Er war so gewandt und geschickt, er traf immer genau die Stellen, die es am meisten nötig hatten. Und in diesem Moment der absoluten Geborgenheit begann sich das Mädchen darüber Gedanken zu machen, was wahre Liebe ist. Wahre Liebe ist nicht das Gefühl von tausend Schmetterlingen im Bauch. Nicht das Gefühl fast in tausend Stücke zerrissen zu werden, wenn man den Geliebten erblickt. Nein, das ist irgendeine dumme Verknalltheit oder Schwärmerei. Nichts anderes. Zumindest nichts Gegenseitiges. Denn sobald von beiden Seiten etwas kommt, ändert sich das Gefühl. Dann ist man nicht mehr hibbelig, im Gegenteil. Dann ist man total entspannt und ruhig. Man fühlt die ultimative Geborgenheit, so wie sie jetzt. Das Gefühl, für immer so bleiben zu können, ließ mit keiner Sekunde nach. Das Vergessen von Zeit und Raum. Sie atmete gleichmäßig, ihr Brustkorb hob und senkte sich, seine Hand darauf ruhend. Sie atmete für ihn. Sie bewegte sich für ihn, sie redete für ihn. Sie lebte für ihn. Was wäre, wenn er weg wäre? Was würde sie dann tun? Herausgerissen aus ihrer kleinen perfekten Welt. Sie hätte keinen Grund mehr zu atmen. Keinen Grund mehr sich zu bewegen, zu reden. Keinen Grund mehr zu leben. Kapitel 9: Lebe --------------- Lebe „Okay, also wir sehen uns übermorgen?“ „Klar doch! Wehe du bist nicht pünktlich, dann bin ich beleidigt!“ „Ich? Nicht pünktlich? Ist dir überhaupt bewusst mit wem du redest?“ Cassady zog ein empörtes Gesicht. „Ich hab’s nicht böse gemeint, sei nicht gleich beleidigt!“ Nun brachte auch Tom seinen Schmollmund zu Tage. Und gleichzeitig lachten beide los. „Also, bis um vier, ja?“ „Bingo, bis dann!“ Das Mädchen stieg grinsend in den Zug ein und winkte noch, bis ihr Freund aus dem Sichtfeld verschwunden war. Der Wind peitschte ihr ins Gesicht. An diesen warmen Sommertagen war das Gefühl doppelt so angenehm wie sonst. Gleichmäßig, in einem lockeren Rhythmus setzte Cassady einen Fuss vor den anderen. Die schweren Inlineskates die daran befestigt waren fühlten sich leicht an, fast wie Federn. Das war genau das, was das Mädchen jetzt brauchte! Sie würde ihren Freund erst morgen wiedersehen, und sie hasste die Tage ohne ihn. An diesen Tagen musste sich die Schwarzhaarige irgendwie abreagieren, sonst drehte sie durch. Und Sport war dafür genau das Richtige. Dass sie ein Sportmuffel war, hielt Cassady nicht davon ab, für ihr Leben gerne mit den Skates durch die Stadt zu brausen. Doch heute war es nicht so wie sonst. Es hatte mehr Verkehr, doch das Mädchen ließ sich nicht ablenken. Trotzdem übersah sie an der einen Kreuzung das rote Auto, das viel zu schnell von links kam. Mit einem dumpfen Aufprall rammte das Heck des Wagens ihre Hüfte. Cassady spürte bloß noch wie sie durch die Luft flog. Dann kam ein extrem harter Aufprall, viel härter als der des Wagens und alles wurde schwarz. Weiß, so viel weiß. Wie wenn jemand ein Seidentuch über die Welt gespannt hätte. Ein sanftes weiß. Und keine Menschenseele. „Wo bin ich hier?“ „Wo ist sie?! Lasst mich zu ihr!“ „Junger Mann, Sie können hier nicht rein!“ „Ich bin ihr Freund!“ Der Schwarzhaarige schien völlig außer Kontrolle. Die Schwestern hatten schon Angst, sie müssen den Sicherheitsdienst benachrichtigen. „Sie können hier nicht rein, wenn sie nicht zur engen Verwandschaft gehören.“ Der Arzt blieb ruhig, obwohl die Situation hektisch war. „Aber sie braucht mich!“ Eine Person erschien vor Cassady. Ein Mädchen in einem wunderschönen weißen Kleid. Ihr braunes Haar war lange und seidig, wie der ganze Ort hier. „Wer bist du?“ „Das ist nicht wichtig…“ „Aber-!“ „Du bist tot.“ „Cassady! Cassady, kannst du mich hören?!“ Gegen die Anweisung der Ärzte hatte Tom das Zimmer betreten und stand nun neben dem Bett seiner Freundin. Sie war leichenblass, noch blasser als sonst. „Cassady, sag doch bitte etwas!“ „Ich bin… tot…?“ Die Augen des Mädchens wurden leer. Die Erscheinung nickte nur. Dann lächelte Cassady. Und eine Träne floss über ihre Wange. „Das ist gut so. Das ist Schicksal. So ist es richtig. Nun bin ich frei. Ich muss keine Schmerzen mehr spüren. Ich bin endlich frei.“ Die Ärzte hasteten hektisch um das Bett, mit allen möglichen Spritzen und Geräten in der Hand. „Sie atmet nicht! So tun Sie doch etwas! Können Sie nicht sehen, dass sie nicht atmet?!“ Tom raufte sich die Haare, seine Stimme war verzweifelt. „Junger Mann, bitte, wir geben unser Bestes…!“ „Du bist nicht traurig?“ Cassady schüttelte den Kopf. Der sonst so milde Ausdruck auf dem Gesicht der Erscheinung wurde urplötzlich von Zorn verzerrt. „Lügnerin! Du belügst dich selbst! Du willst überhaupt nicht tot sein! Es ist dir nicht egal! Du denkst oberflächlich und achtest nicht auf deine Seele! Was ist mit Tom?! Was ist mit ihm wenn du tot bist? Was ist mit deinen Freunden? Willst du sie alle einfach im Stich lassen?!“ „Aufladen auf 300! Alle weg!“ Die Sanitäter traten vom Bett zurück, als die elektrischen Wellen Cassadys Körper zucken ließen. Keine Reaktion. Immer noch keinen Herzschlag. Das endlos gleichbleibende Piepsen der Herzlungenmaschine schien Tom den Verstand zu rauben. Augenblicklich wurden die Augen des Mädchens wieder klar. Besorgnis spiegelte sich darin. „Ich will sie nicht alleine lassen…“ „Ja! Hör auf zu lügen! Sie in diesen Spiegel!“ Die Erscheinung wies auf einen Spiegel, der aus dem Nichts aufgetaucht war. Cassady sah hinein. „Was siehst du?“ „Ich… Ich sehe mich… Mit ihnen…!“ Die Schwarzhaarige zitterte unter Tränen. Der leitende Arzt ließ resigniert die Hände sinken. „Zeitpunkt des Todes: 14:30 Uhr.“ Seine Stimme war klar, aber traurig. „Was?! Sie ist tot?! Sie ist nicht tot! Sagen Sie mir, dass sie nicht tot ist!“ Tom packte den Arzt am Kittel und begann ihn wild zu schütteln. „Ich will noch nicht gehen! Bitte! Ich habe mich anders entschieden! Ich will sie nicht alleine lassen! Ich will nicht ohne sie sein! Niemals!“ Es war schwierig das Mädchen zu verstehen. Heftige Schluchzer unterbrachen ihr Flehen. Sie lag auf Knien vor der Erscheinung und hatte ihre Hände fest in ihr Kleid geschlungen. Nun lächelte die Erscheinung wieder. „Du hast es erkannt. Deine Zeit ist noch nicht gekommen. Also lebe.“ Ihre Hand berührte sanft Cassadys Stirn. Der plötzliche Atemzug der für tot erklärten erschütterte den Raum. Ein paar Sekunden herrschte Totenstille. Dann begann die Herzlungenmaschine den Puls anzuzeigen. Er stieg und das Piepsen wurde schneller. Verblüfft ließ Tom den Arzt los. Dieser reagierte sofort. „Sie ist nicht tot! Gebt ihr zehn Milligramm Epi und holt mehr Wärmedecken!“ Sofort begannen die anderen wieder herumzuhasten. Tom hatte Tränen der Erleichterung in den Augen, als er neben seiner Freundin auf dem Boden kniete und ihre Hand hielt. Langsam öffnete diese ihre Augen. Sie konnte noch nichts klar erkennen, doch eines wusste sie auch so: Sie würde nicht gehen. Nicht, bevor alle anderen nicht auch gingen. Sie würde bleiben. Für immer. Kapitel 10: Hölle ----------------- Hölle Du suchst nach Gerechtigkeit? Dann bist du hier falsch… Das Einzige, was du hier finden wirst ist Verrat. Jeder verrät seine Nächsten um sich selbst zu retten. Doch zu retten vor was? Ewiger Verdammnis? Dieser Fluch wurde uns schon auferlegt als wir geboren wurden… Also von was muss man uns dann noch retten? Vor Nichts… Warum gibt es dann den Verrat? Unbegründete Selbstsucht… Du suchst nach Toleranz? Dann bist du hier falsch… Hier gilt nicht leben und leben lassen. Hier gilt fressen oder gefressen werden. Wer klein oder schwach ist wird zermalmt. Bloß die Grossen und Starken können überleben. Eine Übermacht von Tyrannen regiert. Unter ihnen ein paar zurückgebliebene Märtyrer, die aber auch niemandem mehr helfen können. Du suchst nach Gnade? Dann bist du hier falsch… Gnade bekommst du eventuell von Gott. Doch Gott ist nicht hier. Weder mit seinem Herz noch mit seinen Augen. Gott ist nicht für Leute unserer Art da. Von wem willst du also Gnade erwarten? Nicht einmal von dir selbst. Du suchst nach Glauben? Dann bist du hier falsch… Glauben findest du höchstens im Himmel. Vielleicht auch im Nirwana. Doch beides ist unendlich weit weg. So unendlich, dass nicht einmal der größte aller Tyrannen mit den Fingerspitzen herankommen würde. Woran willst du glauben? Glaube an den Tod. Er ist das einzig Sichere. Du suchst nach Harmonie? Dann bist du hier falsch… Einigkeit und Eintracht gibt es nicht. Jeder ist ein Individuum und jedes Individuum kämpft für sich selbst. Freundschaft ist ein Fremdwort. Du suchst nach Liebe? Dann bist du hier falsch… Hier gibt es keine Liebe. Hier gibt es keine Gefühle. Nicht einmal Hass. Die Leute sind unfähig geworden zu empfinden. Keinerlei Emotionen finden sich in ihren leeren Seelen. Wonach suchst du also, wenn du all das nicht findest? Warum suchst du überhaupt? Kannst du nicht mit dem zufrieden sein, was du hast? Es ist nicht viel, und es ist nichts Gutes. Aber es ist dein. Kapitel 11: Paradies -------------------- Paradies Ich lebe hier, auf der Erde. Auf der Erde, auf der ihr alle auch lebt. Ich sehe den gleichen Himmel, atme die gleiche Luft ein. Und trotzdem habe ich mein eigenes kleines Paradies. Mein Paradies auf Erden. Geschaffen von einem ganz besonderen Menschen, dem Menschen, den ich liebe. Er lässt mich alles um mich herum vergessen. Alles Leid, alle Sorgen. Seine Haare sind von einem dunklen braun. Wenn sie nicht von der Sonne berührt sind, könnte man sogar zeitweise meinen, sie seien schwarz. Er hat sie auf einer Länge, die perfekt ist. Man kann unglaublich gut hindurchwuscheln. Sie sind warm und angenehm auf der Haut. Ich möchte mich bedanken, dass du sie nicht kürzer geschnitten hast. Seine Augen sind auch braun. Braune Rehaugen. Sie sind so tiefgründig, wenn ich zu lange hineinsehe, werde ich hypnotisiert. In deinen Augen spiegelt sich meine kleine, persönliche Welt. Mein persönliches Paradies. Sein Lächeln hat etwas ganz Besonderes. Es ist nicht so, wie ein normales Lächeln. Es ist jedes Mal rein und pur. Jedes Mal verströmt es Liebe und Barmherzigkeit. Seine Lippen sind voll, voller als die der meisten anderen Männer. Sie sind so zart, als wären sie aus Samt. Diese Lippen verwöhnen mich fast täglich, machen das Paradies noch schöner. Sein Oberkörper ist nicht muskulös. Er ist von schlanker Statur, besitzt sogar leichtes Untergewicht. Doch von seinem Brustkorb strömt eine unendlich weite Wärme nach draußen. Sie lässt mich schlafen, taumeln, träumen. Und das Herz, das unter seinen Rippen schlägt, ist so gütig, dass kein anderes Herz dafür gut genug wäre. Seine Hände sind groß. Im Gegensatz zum Rest seines Körpers sind sie fast immer kalt. Kühl ist das richtige Wort. Angenehm kühl. Wie eine sanfte Briese im Sommer. Seine Fingerkuppen sind so sanft, man würde meinen, er schont sie den ganzen Tag. Seine Berührungen rauben mir den Atem, lassen mein Herz schneller schlagen, lassen das Paradies vor meinen Augen verschwimmen. Seine Stimme ist zart wie Butter. Normalerweise ist sie schon wunderschön, doch wenn er etwas vorliest, oder singt, verändert sie sich. Sie wird tiefer und noch samtiger. Es ist schwierig für mich, nicht in Ohnmacht zu fallen, wenn dies geschieht. Wie ihr dem Text vielleicht schon entnehmen konntet: Er ist absolut perfekt. Er hat keinen Makel, nichts. Es ist, als wäre er Gott höchstpersönlich. Und ich habe das Recht an Gottes Seite zu sein. Ich weiß nicht, womit ich mir das verdient habe, aber ich nehme es dankend an. Seine Anwesenheit berauscht mich, seine pure Existenz lässt mich überleben. Vielen Dank, dass es dich gibt! Kleine Anmerkung am Rande: Ich durfte heute deiner Konfirmation beiwohnen. Ich weiß, dass ich mich schon bedankt habe, und du gesagt hast, dass ich mich nicht bedanken muss, aber ich mache es trotzdem noch einmal. Es war einer der schönsten Anlässe in meinem Leben. Du warst wunderschön, als ich dich das erste Mal gesehen habe, war ich sprachlos. Deine Worte hallten von den Kirchenwänden, wie wenn du uns alle mit ihnen segnen wolltest. Dein Klavierspiel erfüllte das heilige Gebäude mit Harmonie und Herrlichkeit. Ich kann es nicht oft genug sagen: Vielen, vielen Dank! Kapitel 12: Preis-Leistungsverhältnis ------------------------------------- Preis-Leistungsverhältnis Im Supermarkt herrscht immer Krieg. Krieg um die Produkte. Jeder will genau das, was er sich vorstellt und nichts anderes. Dabei gibt es verschiedene Arten von Käufern. Es gibt die, die immer nur das Beste kaufen. Völlig egal wie teuer, es muss immer das Beste sein. Es gibt aber auch Gewohnheitstiere. Die wollen einfach immer das Gleiche. Auch ihnen ist der Preis egal. Und dann gibt es noch die letzte Gruppe. Sie achten auf das Preis-Leistungsverhältnis. Ist der Preis dem gerecht, was das Produkt bietet? Wenn ja, kaufen sie eventuell. Wenn nein ist das Ganze diskussionslos abgeschlossen. Es ist seltsam. Ich liege hier auf diesem Sofa. Ich spüre seinen Körper auf meinem. Er ist überhaupt nicht schwer. Ich spüre es kaum. Das Einzige, was ich wahrnehme, ist die kontinuierliche Wärme. Die kontinuierliche Wärme, die mir so vertraut ist. Mein Gesicht habe ich in seinen Haaren vergraben. Seine weichen, kuscheligen Haare. Sie riechen so gut. Es ist ein unbeschreiblicher Duft. Der Duft, der immer von ihm ausgeht. Eine betörende Mischung. Ich habe Angst, ich könnte jeden Moment ohnmächtig werden vor Glück. Also lenke ich meine Gedanken etwas in eine andere Richtung, sonst ist das zu viel für mich. Irgendwie, Gott weiß wie, kommen meine kruden Gedanken zum Preis-Leistungsverhältnis. Wie verhält es sich hier damit? Welchen Preis zahle ich? Zahle ich überhaupt einen Preis? Wenn, dann habe ich ihn schon bezahlt. Ganz am Anfang. Dann ist der Preis Angst. Angst, Überwindung und grenzenlose Panik. Die Gefühle, die ich hatte, als ich ihm meine Liebe gestand. Das könnte man als Preis bezeichnen. Doch was ist mit der Leistung? Die Leistung hält immer noch an. Sie ist konstant und riesig. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt überhaupt nicht. Aber im positiven Sinne. Was mich doch eindeutig zu der Frage führt: Womit habe ich mir das denn überhaupt verdient? Es ist doch Geben und Nehmen… Aber wenn ich viel weniger gebe, als ich nehme, gerät doch irgendetwas aus dem Gleichgewicht. Ich weiß, man soll sich mit dem zufrieden geben, was man hat und sich nicht beklagen. Aber ich bin doch zufrieden! Und ich beklage mich auch nicht! Ich glaube nur nicht ganz zu verstehen… Ist es paranoid und abartig Beispiele mit dem Preis-Leistungsverhältnis zu machen, wenn es um meinen Freund geht? Natürlich sehe ich ihn nicht als Produkt, um Himmels Willen, nein. Trotzdem. Ich finde der Vergleich –obschon er etwas unpassend ist- zeigt einem gut auf, dass nicht alles gerecht ist. Aber auch, dass nicht gerecht nicht zwingend ungerecht ist. Es kommt auf den Standpunkt an. Und schon hüpfe ich wieder von einem Thema zum nächsten. Völlig sinnlose, unwichtige Gedanken, die absolut niemanden interessieren. Kapitel 13: Apokalypse ---------------------- Apokalypse Es wird viel darüber geredet. Unser aller Untergang. Wie wird er sein? Wann wird er sein? Beides kann niemand genau sagen. Die Menschheit spekuliert gerne darüber. Die meisten hoffen selbstverständlich, dass die Apokalypse nicht allzu bald kommt. Oder am besten gar nicht! Aber das ist unwahrscheinlich… Nichts währt ewig. Und mal ganz ehrlich: Die Menschheit währt jetzt schon ziemlich lange… Wie auch immer. Es könnte sein, dass die Sonne explodiert und unsere ganze Galaxie mit sich reißt. Unangenehme Vorstellung. Was ist danach? Die andere Theorie, die mit dem Weltraum zusammenhängt: Ein Meteorit wird auf die Erde einschlagen. Schon möglich. Ist ja immerhin schon einmal passiert. Kommt auch jetzt noch in kleinerem Ausmaß vor. Oder da der Planet zu einem Grossteil aus Wasser besteht, könnte eine riesige Flutwelle uns alle ertränken. Doch was soll sie auslösen? Ein Erdbeben unter Wasser? Wenn es stark genug ist um so eine riesige Flutwelle zu erzeugen, gibt es sowieso Risse in der Erde. Oder ein riesiger Tornado fegt uns alle von der Bildfläche. Wir wissen es nicht. Jeder kann an das glauben, was er gern hätte. Ich glaube daran, dass wir uns alle selber vernichten werden. Bis auf den Letzten werden wir uns ausrotten, mit dem Hass, der tief in unseren Herzen lodert. Unwahrscheinlich? Denkt doch einmal an die Weltkriege. Es wird sowieso alles nur noch schlimmer in den nächsten Jahren. Ja, ich bin davon überzeugt, dass die Menschen sich alle selber töten werden. Und dass es kein allzu schönes Szenario sein wird… Ich, als Egoist, kann bloß hoffen, dass ich dann schon lange tot bin, nicht wiedergeboren werde und von all dem nicht allzu viel mitbekomme. Aber wann es geschehen wird, und wie es geschehen wird kann immer noch niemand sagen. Das ist ein Fazit. Wahrscheinlich das Wichtigste. Also bleibt uns nur eines: Warten. Bereitet euch nicht vor, es wird euch nichts nützen. Nichts wird euch Schutz gebieten können, wenn der eine Moment gekommen ist. Also genießt euer Leben, solange ihr noch könnt. Lebt jeden Tag, wie wenn es euer letzter wäre. Denn irgendwann wird es euer letzter sein. Kapitel 14: Wehr dich! ---------------------- Wehr dich! [Kleine Anmerkung, vor ich mit Schreiben beginne: Diesen kleinen Text widme ich einer lieben Freundin, Nicole. Ich bitte dich, lass nicht zu, dass die Stimmen dich bekommen.] Da sind sie wieder. Die Stimmen in deinem Kopf. Du kannst sie hören. Deutlich und klar. Du sollst aufgeben, sagen sie. Du sollst dich der Dunkelheit endlich hingeben. Es wäre so schön, so einfach. Woran liegt dir? Der Mensch, an den du dein Herz gebunden hast, hat dich betrogen. Hat dich betrogen, wie eine miese kleine Ratte. Und trotzdem konnte er dich nicht zum Fallen zwingen. Mit vielen Messerstichen wollte er dein Herz vom Schlagen abhalten. Doch du bist wieder aufgestanden. Du hast die Wunden, die er verursacht hat, mit Mühe und Not zusammengehalten. Und trotz all dem Leid liebst du ihn noch immer. Liebst ihn mit den letzten Scherbenfragmenten, die von deiner einst so wunderhübschen Seele noch übrig geblieben sind. Aber er sieht dich nicht. Das weißt du, und du weißt, dass du es nicht ändern kannst. Aber du lebst weiter. Tag für Tag kämpfst du um jeden Atemzug. Doch langsam kannst du nicht mehr. Die Stimmen in dir zerfressen dich. Sie füllen deinen Körper von innen mit Dunkelheit. Ihr Klang macht dich träge und müde. Sie wollen dich ganz bei sich haben. Sie wollen dich für immer in die Dunkelheit ziehen. Dein Leben zu einem einzigen Vegetationsprozess machen. Manchmal willst du dich ihnen hingeben. Manchmal denkst du, es sei die richtige Lösung. Aber es stimmt nicht! Es ist nie die richtige Lösung! Egal wie hoffnungslos die Situation erscheint. Deine Freunde werden immer für dich da sein. Auf sie kannst du dich immer verlassen. Wende dich nicht von ihnen ab. Geh zu ihnen. Lebe mit ihnen. Hör nicht auf die Stimmen. Lass nicht zu, dass sie dich bekommen. Wehr dich! Kapitel 15: Elegie des Mondes ----------------------------- Elegie des Mondes Prachtvoll und stolz wird Mondesglanz in meinen Augen reflektiert. Der Mond ist ganz alleine da oben. Und trotzdem ist er wunderschön und eigenwillig. Er ist es sich gewohnt, allein zu sein, der Einzige. Ich bin es mir nicht mehr gewohnt. Ich war es einmal. Vor einer Zeit war ich auch die Einzige. Doch jetzt bin ich ein Mensch der Gemeinschaft geworden. Ich brauche meine Mitmenschen um zu überleben. Ich versuche mir einzureden, dass alles in Ordnung ist. Dass es nicht darauf ankommt, dass ihr weg seid. Aber das stimmt nicht. Ich vermisse euch in jeder Sekunde. Es kommt nicht darauf an, was ich mache. Nichts kann mein trauriges Herz ablenken. Meine einsame Seele ist auf der Suche nach einem Zeichen von euch. Doch alles, was mich an euer Dasein erinnert, zerfetzt mich innerlich nur noch mehr. Ich vermisse eure Stimmen, die unbeschwerte Art, in der sie von den Wänden hallen. Ich vermisse eure Gesichter, auf denen sich schon so viele Emotionen spiegelten. Ich vermisse eure ganze Existenz, die den Raum mit einem lieblichen Glanz füllt. Aber was ich am meisten vermisse, ist euer Lachen. Jedes euer Lachen ist einzigartig. Bloß schon ein kleines Lächeln, das eure Lippen umspielt, verbreitet in meinem Körper so viel Freude und Glückseligkeit, dass ich alle Sorgen vergesse. Aber dieses Lachen fehlt. Es ist weit, weit weg von mir. Und ich bin allein. Es schmerzt an euch zu denken, aber ich kann meine Gedanken nicht von euren Gesichtern leiten. Ich bin nicht wie der Mond. Ich bin weder prachtvoll noch stolz. Ich bin nur ich. Allein gelassen in purer Einsamkeit. Nicht stark genug diese ehrenvoll zu bewältigen. Geprügelt und zurückgelassen. Und mit Tränen in den Augen betrachte ich den wunderhübschen Mond. Kapitel 16: Graues Entchen -------------------------- Graues Entchen Es gibt die Geschichte des grauen Entchens. Das kleine elende Flügelhäufchen, das einfach nicht so schön ist wie die anderen. Es wird von allen anderen Enten verspottet und leidet sehr. Doch eines Tages entwickelt sich daraus ein wunderschöner Schwan. Und nun sehen alle zu ihm auf. Auch ich war nie etwas Besonderes. Ich war nie hübsch, ich war nie schlank. Ich war nicht groß, ich war nicht unterwürfig. Ich war nicht stolz, ich war nicht selbstsicher. Ich war einfach nur ich. Das Einzige, was ich besaß, war meine gute Seele. Das kleine treue Ding, das tief in meinem Innern ruhte. Doch niemand konnte es sehen. Alle sahen nur das seltsame, sturköpfige, flachbrüstige Blondinchen, das zu keinen großartigen Leistungen im Stande war. Ich hatte keine Freunde. Niemand wollte seine Zeit mit einer unwichtigen, unsympathischen Person wie mir verschwenden. Ich war allein. Aber ich fügte mich dem Schicksal. Ich war perfekt geeignet für die Rolle des grauen Entchens. Ich lebte dafür, gehasst zu werden. Doch dann kamst du in mein Leben. Und du hast alles verändert. Du hast mich akzeptiert ohne nachzufragen. Ich musste dir nichts beweisen. Du hast von Anfang an durch mich hindurchgesehen wie durch frischgeputztes Fensterglas. Du hast mein tiefstes Inneres nach außen gestülpt. Du hast meine gute Seele gefunden und sie an dich genommen. Du hast mich zu einem anderen Menschen gemacht. Dank dir bin ich nun stolz und selbstsicher. Ich fühle mich schön, ich fühle mich schlank. Ich lasse mir nichts mehr sagen. Ich lasse mich von niemandem kritisieren. Ich bin stark, ich bin ich. Dank dir bin ich zu einem bezaubernden Schwan geworden. Ich glaube nicht an die Geschichte des grauen Entchens. Es ist nicht möglich, dass das kleine hilflose Geschöpf ohne fremde Hilfe zu dem stolzen Schwan geworden ist, den es am Ende ist. Es brauchte Hilfe. Und solange die Geschichte, nicht von irgendeinem wunderschönen, netten, höflichen Enterich erzählt, muss ich mir Wohl oder Übel einen dazu denken. Kapitel 17: Steine ------------------ Steine Ein weiterer Abend ohne meinen Engel. Allein muss ich mit der nutzlosen Zeit fertig werden. Ich beschließe, mein Zimmer aufzuräumen. In längst verstaubten Schubladen entdecke ich Steine. Nicht irgendwelche Steine. Bunte Steine. Farbig bemalt von mir und meiner Mutter. Wie viele Jahre müssen die jetzt schon dort verweilen? Mindestens acht oder neun… Die lächelnden Gesichter wecken schöne Erinnerungen. Von den Steinen geht eine enorme Energie aus. So schwer es mir auch fällt: Platz habe ich keinen mehr, für die wunderschönen Objekte… Doch wohin damit? Ich will sie auf keinen Fall wegwerfen. Dann kommt mir die Idee. Ich grabe einen alten Plastiksack hervor und lege alle Steine säuberlich hinein. Das Gewicht ist enorm, es bricht mir fast den Rücken. Und doch trage ich den Sack tapfer nach draußen. Mühselig wälze ich mich durch die Nachbarschaft. Und immer nach ungefähr zehn Metern bleibe ich stehen, um einen Stein auf eine Mauer zu legen. So gehe ich weiter, mit immer weniger Last, bis schließlich alle Steine einen neuen Platz gefunden haben. Ich drehe mich um und schlendere zurück. Ich schaue jeden der Steine, die ich so sorgfältig positioniert habe, noch einmal an. Es ist, als wären sie immer da gewesen. Als gehörten sie dahin. Als wäre es ihr Platz. Es scheint fast so, wie wenn sie sich eingelebt hätten. Nach so kurzer Zeit. Eine faszinierende Eigenschaft. Bis wir Menschen uns an Neues gewöhnt haben, kann es ewig dauern. Falls wir uns überhaupt irgendwann richtig daran gewöhnen… Den Steinen ist es egal, wo sie sind. Sie können überall existieren. Menschen nicht. Wir brauchen unser gewohntes Umfeld, unsere sozialen Kontakte, sonst werden wir einsam und verzweifelt. Die Steine sind ruhig. Man kann mit ihnen machen, was man will, es stört sie nicht. Die Steine brauchen keine Aufgabe, außer ihrer puren Existenz. Die Steine brauchen keinen Sinn für ihr Dasein. Die Menschen hingegen schon. Ständig sind wir auf der Suche nach dem Sinn. Irgendetwas, an das wir uns klammern können. Eine höhere Macht. Wir können einfach nicht mit der Leere leben, die die Steine tagtäglich so graziös bewältigen. Aber weil eigentlich bloß Leere existiert, stopfen wir unser Leben mit fiktiven Sorgen und Freuden voll. Der Stress, den wir dabei verursachen, ist enorm. Wir kommen niemals zur Ruhe. Nicht, bis wir im Grab liegen. Die Steine sind ruhig. Sie brauchen keine Gräber. Sie müssen nicht sterben. Steine sind nicht vergänglich. Steine sind ewig. Von Steinen könnten wir noch viel lernen. Kapitel 18: Gedanken und Träume ------------------------------- ~*Gedanken und Träume*~ Ich sehe aus dem Fenster. Es regnet. Die Tropfen sind ungewöhnlich groß. Wie war das noch einmal? Wenn es regnet, weint der Himmel… Dann wird etwas Schlimmes geschehen… Unsinn. Aberglaube. Trotzdem hat der Regen etwas Trauriges. Etwas Melancholisches. Und er scheint mich zu kennen. Wenn ich traurig bin, beginnt es zu regnen. Es ist faszinierend. Auch jetzt beobachte ich die tanzenden Tropfen. Ich bin einsam und schwach. Ich weiß genau, dass es nicht so bleiben wird. Sobald ich dein Gesicht wiedersehe, blühe ich auf. Wie eine Blume, die sich für die kalte Winterzeit unter die Erde zurückzieht. Doch bis dahin kann ich nicht fröhlich sein. Nicht unbeschwert. Denn die Sehnsucht lastet auf meinem Herzen. Ich will nicht, dass sich etwas ändert. Meine Gedanken sind ein wilder Strom. Ich kann sie nicht kontrollieren. In alle Richtungen schwärmen sie aus. Ich werde dich nie verlassen. Ich verspreche es. Und ich halte meine Versprechen immer, egal, was ich dafür tun muss. Was ist mit meinen Träumen? Sind sie nur Schatten, Illusionen, die der Realität weichen müssen? Ich weiß es nicht. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Chaos in meinem Kopf. Wo ist mein Herz? Du hast es mitgenommen. Lass mich nicht allein! Kapitel 19: Höhere Prüfung -------------------------- Höhere Prüfung Ironie des Schicksals? Strafe für unangemessenes Verhalten? Gott ist Sadist? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass das Schicksal mich erneut auf eine harte Probe stellt. Es ist nicht die erste, nein, weiß Gott nicht. Vielleicht ist es auch nicht die härteste… Das kommt auf den Standpunkt darauf an. Anscheinend werde ich vom Unglück verfolgt. Vielleicht hat mich irgendetwas einmal gezeichnet und jetzt findet die Trauer mich immer wieder. Es war wie ein Fluch. Schon früher. Für fast ein Jahr dachte ich, es wäre weg. Nie konnte ich so glückliche Zeiten verbringen. Ihr habt mir meine verlorene Kindheit zurückgebracht. Und ich bin euch unglaublich dankbar. Ich könnte ewig so weiterleben. Eingeschlossen in meiner rosa Blase, in der Zeit und Raum keine Rolle spielen. Aber so scheint es nicht gedacht. Es hat mich wieder gefunden. Das Pech. Wobei Pech noch ziemlich harmlos klingt, für das was irgendeine höhere Macht mir antut. Ich versuche es als Prüfung zu sehen. Eine höhere Prüfung. Eine wirklich hohe. Also könnte es Ironie des Schicksals sein. Oder eine Botschaft? Wiege dich nie in Sicherheit? Lebe jede Sekunde, wie wenn sie deine letzte wäre? Die Strafe schließe ich aus. Ich bin kein perfekter Mensch, aber im Grunde ist mein Herz rein. Wenn all das Unglück und Leid in meinem bisherigen Leben eine Strafe war, müsste ich Verbrechen begangen haben wie keiner zuvor. Und das habe ich noch. Gott ist Sadist? Der Gedanke lässt mich in meiner Bitterkeit abrupt auflachen. Ja, den Gedanken verfolge ich schon lange. Er sieht uns gerne leiden, an seinen Prüfungen zu Grunde gehen. Er ist in seiner Seele genau so miserabel wie wir alle. Egoistisch, bekümmert nur um sein eigenes Wohl. Ich bin gläubig. Sehr sogar. Ich bete seit vielen Jahren jeden Abend und fange immer brav damit an mich für das Gute in meinem Leben zu bedanken. Auch wenn ich manchmal stark suchen muss. Und trotz meiner langjährigen Treue: Wenn ich mich jetzt auf den Boden werfe, Gesicht erschüttert gen Himmel, und mit aller Kraft meiner Stimme „Warum?!“ nach oben rufe, werde ich keine Antwort erhalte. Nicht weil er mich nicht hört oder gerade einkaufen gegangen ist, nein, weil er unter seinem sadistischen Lachen keine Worte mehr bilden kann. Ja, meine Zeit das Paradies zu verlassen ist gekommen. Wie gerne wäre ich länger geblieben. Ewig… Aber es geht nicht. Mein Schicksal treibt mich weiter. Ich bin der Wind, der Wind… Ich suche meinen Weg. Kapitel 20: Pirouette --------------------- ~*Pirouette*~ Pirouette ist kein Mensch. Pirouette ist eine verlorene Seele. Allein gelassen, als sie noch lebte. Gestorben in tiefer Trauer um ihren Geliebten. Pirouette ist das Unglück. Und nun trat sie in mein Leben. Die kleine, zerbrechliche Pirouette. Plötzlich begann sie um mich herumzuschwirren, wie eine Mücke um ihr Opfer. Ich versuchte sie zu ignorieren, so gut ich konnte. Doch dann manifestierte sie sich. Sie rannte an mir vorbei und ich hinterher. Ich wollte sie anhalten. Ich war im Recht. Ich wollte es ihr sagen. Sie musste mir zuhören. Ich hatte mir das Unglück, das sie brachte nicht verdient. Doch ich schien sie einfach nicht einzuholen. Plötzlich blieb sie stehen. Überrascht torkelte ich zurück. Dann drehte sie sich um. Und ich konnte ihr Gesicht sehen. Ihre bleiche, seidige Haut, ihr schmaler, blutroter Mund und ihre eisblauen, kalten Augen. Und genau in dem Moment, in dem ich in ihre eiskalten, blauen Augen sah, wusste ich, dass es vorüber war. Alles. Schonungslos. Diskussionslos. Für immer. Ich brach zusammen. Mitten auf meinem Weg. Und sie drehte sich um und verschwand. Ihre Arbeit war getan. Und ich? Ich blieb zurück. Allein, verletzt, gefangen. Ich würde so werden wie sie. Irgendwann. Nein, es gab keine Hoffnung mehr. Pirouette, Pirouette, kleine Pirouette… Kapitel 21: Sommerbriese ------------------------ ~*Sommerbriese*~ Das Wetter ist leicht schwül. Die Hitze tendiert zu drückend. Das Gras ist noch nass vom Regen. Die Hängematte schaukelt leicht. Mein Kopf ruht auf seiner Brust. Unsere Hände sind ineinander verschlungen. Eine angenehm kühle Briese streicht mir über das Gesicht und spielt mit meinem Haar. Es gibt keine Zeit mehr. So scheint es zumindest. Aber in Wahrheit verstreichen die letzten gemeinsamen Sekunden gnadenlos. Könnte ich die Zeit anhalten, würde ich es tun. Auch wenn das bedeuten würde, dass ich nie mehr etwas anderes machen könnte. Ich würde es tun. Nur um diesen einen Moment des puren Glücks einzufangen. Doch die ausgelassene Sonne wird von einer Wolke der Besorgnis verschleiert. Wenn ich ihn jetzt festhalte, ganz fest halte, so fest wie ich nur kann, wird er dann nie gehen müssen? Nein, auch dann wird er gehen müssen. Und mich mitnehmen. Aber das geht nicht. Ich muss loslassen. Ich darf nicht länger an ihm festhalten. Was wird passieren, wenn wir in wenigen Minuten von dieser Hängematte aufstehen werden? Wir werden mit dem Bus zum Zug fahren. Und dann, in nicht einmal einer Stunde, werde ich ihn verlieren. Ich werde ihn an eine höhere Macht verlieren. Und nichts kann das noch verhindern. Natürlich habe ich Angst. Ich hasse Veränderungen. Zu Recht. Ich will nicht, dass alles anders wird. Ich will alles genau so beibehalten wie in diesem einen Moment. Aber es geht nicht. Und irgendetwas in mir, sagt mir, dass die Zeit jetzt abgelaufen ist. Jetzt ist Schluss. Genau jetzt. Nicht in ein paar Minuten. Sondern jetzt. Ohne auch nur den Spielraum eines Wimpernzuckens. Sanft stehe ich auf. Die Hängematte schaukelt noch mehr. Ein starker Wind saust durch die Blätter. Er scheint zu flüstern: „Lass los… Lass los… Lass los…“ Kapitel 22: Wolke ----------------- ~*Wolke*~ Ich saß auf meiner Wolke. Einsam und allein. Nicht glücklich. Und ich sah euch zu. Euch Menschen. Ihr, die ihr da unten durch eure Strassen geht. Oft gestresst und mit verzerrten Gesichtern. Und ich musterte euch. Und ich beschloss, dass ich meine heilige Wolke nie verlassen würde. Nie wollte ich so werden wie ihr. Und dann, eines harmlosen Tages, sah ich dich. Du warst anders. Du schienst dort unten so völlig fehl am Platz. Du gehörtest zu mir. Nach hier oben. In mein kleines Paradies. Also rief ich nach dir. So laut ich nur konnte. Aber du hörtest mich nicht. Redetest immer zu mit den anderen Menschen. Ich war verzweifelt. Was sollte ich tun? Du musstest nach oben! Du musstest! Also wagte ich das Unmögliche. Das, was noch nie jemand zu vor gewagt hatte. Ich streckte meine Hand aus. Und ich bückte mich. Bückte mich so weit ich konnte nach unten. Zu dir. Und wie durch ein Wunder sahst du mich. Plötzlich nahmst du mich wahr, mit all deinen göttlichen Sinnen. Und du nahmst meine Hand. Ich konnte dich einfach nach oben ziehen, leicht wie eine Feder. Und du bliebst. Bliebst bei mir. Ich war überrascht, was für ein gesegnetes Geschöpf du warst. Und dass du immer hier bleiben wolltest. Ich zeigte dir viele Dinge, die du nie zuvor gesehen hattest. In meinem kleinen Paradies. In unserem kleinen Paradies. Doch dann geschah das Unantastbare. Die Menschen entdeckten uns. Sie entdeckten uns auf unserer Wolke. Und sie duldeten es nicht. Sie wollten dich wieder unten haben. Unten in ihrer grausamen, kleinen Welt. Und sie erwischten deine Hand. Und sie zogen. Eine riesige, dunkle Macht zog. Aber ich hielt dich fest. So fest ich konnte. Doch ich war wieder einmal zu schwach. Verzeih mir. Bitte, verzeih mir… Ich konnte dich nicht halten. Und du fielst. Der Fall schien endlos. Ein Aufprall folgte nicht. Sie fingen dich. Die gierigen Monster fingen dich und begrüßten dich freundlich. Doch hinter ihrem schleimigen Lächeln konnte ich ihre dunklen Herzen schlagen sehen. Sie waren gegen uns. Grundlos gegen uns. Und jetzt beobachte ich dich wieder. Von meiner Wolke aus. Ganz selten wage ich noch, die Hand auszustrecken. Und noch viel seltener kommst du zu mir hoch. Ja, ich bin wieder allein. Ich sitze auf meiner Wolke. Kapitel 23: The lost bride -------------------------- [Anmerkung: Warum eine Geschichte auf Englisch? Hey, warum nicht XD Ich mag Englisch und bin an einer englischen Schule oô Alse, shut your cakehole uû) ~*The lost bride*~ She’s all dressed up in white. The long dress is just slightly touching the ground. Her fair hair is floating down her back like an endless river. The gloves press onto her skin. The silvery necklace she wears cools her too hot skin. The deep red lipstick makes her lips look completely artificial. Her blue eyes are opened wide, as she stares at the altar. And out of these incredibly beautiful blue eyes, small tears are crawling silently. Slowly the salty water runs down her cheeks. The hand holding the flowers she forces into a strong fist. Her tiny little heart seems to be bumping so fast, it has to explode every second. Her pure and serene soul is torn apart into a thousand pieces, locked up in the church, desperately trying to find a way out. But there’s none. For nearly half a year the young girl had been able to experience love. She considers that time as the luckiest she ever had, and also as the luckiest she will ever have had. But right now, she only wants to erase all of those lovely memories. Because they give her nothing but horrible pain. Her parents force her to marry another man. One she never met. One she can impossibly love. Never. All the eyes of his and her family seem to be staring at her. Of course. Because she’s the bride. In a few seconds she will walk to the altar, accompanied by her proud, greedy father. It will be her last walk as a human being. Her last walk as a young girl able to love. As soon as she reaches the altar, she will be an object. A slave to the world’s dark compassion. She wants to scream. She wants to cry out loud. She wants to rip her heart right out of her breast. But she keeps quiet. Because she’s the lost bride. Kapitel 24: Versteckt --------------------- ~*Versteckt*~ Ich sehe diese Leute dort stehen. Doch sie sind nur leblose Hüllen. Körper sind nichtsnutzige kleine Dinger. Von Seelen gelenkt. Menschliche Körper sind nur dazu da, dass die Seelen einen größeren Aktionsradius haben. Den, den sie brauchen, um ihren Auftrag zu erfüllen. Seelen können denken. Seelen können empfinden. Seelen sind unsterblich. Und Seelen empfinden Gefühle eigentlich viel zu stark. Darum werden sie von den Körpern gedämpft. Doch ab und an ist eine Seele stärker als sie sein sollte. Doch diese Menschen sind alle unter Kontrolle. Keinerlei Emotionen spiegeln sich in ihren kalten Gesichtern. Ihre Züge scheinen aus Wachs zu sein. So wie der normale, angepasste Mensch nun einmal sein sollte. Ruhig und beherrscht. Unterdrückt. Ein Sklave der Gesellschaft. Doch ich befürchte, dass mein kleiner Körper eine zu starke Seele abbekommen hat. Momentan ist das negativ. Denn die Gefühle wirbeln in mir herum wie ein Orkan. Viel zu stark für meinen Körper. Keine Chance sie zu dämpfen. Meine Seele scheint gegen die Innenwände meines Körpers zu rammen. Sie will raus aus dieser belanglosen Hülle. Frei sein. Nicht an irdische Gesetze gebunden. Ungezügelt lieben können, hassen können, leiden können. Doch selbstverständlich kann sie nicht ausbrechen. Und somit trommelt mein Herz im Takt mit ihren verzweifelten Versuchen. Ich kann sie fast schreien hören. Die kleine, zerbrechliche Seele. „Ich will kein Sklave sein! Lasst mich frei!“ Doch ich muss meine Maske bewahren. Ich versage. Ich bin klein und schwach. Warme, salzige Tränen kullern meine erhitzten Wangen hinunter. Und ich bin gezwungen, meine wahren Gefühle zu verstecken. Kapitel 25: Nacht ----------------- ~*Nacht*~ Ich sehe zum Fenster hinaus. Wie ein schwerer Vorhang legt sich die Nacht über die Welt. Doch was ist sie eigentlich, die Nacht? Das Gegenteil des Tages. Viele Menschen bevorzugen den Tag. Warum? Er ist freundlich. Die Sonne verstrahlt Wärme. Man kann alles machen, was man will. Die Menschen strömen in Scharen auf die Strassen. Doch auch bei Tag gehen sie ihren dreckigen Beschäftigungen nach. Korruption, Verrat, Mord. Die Menschen beflecken den Schein der Sonne. Warum also keine ewige Nacht? Der Mond wirft ein kaltes Licht. Ein kaltes Licht für die kaltherzigen Wesen dieses Planeten. Ewige Dunkelheit, damit wir unsere blutverschmutzten Hände nicht mehr sehen müssen. Die Gier in unseren Augen wird unsichtbar. Das Schwarz der Nacht macht unsere schwarzen, verdorbenen Herzen unsichtbar. Nur die Sterne funkeln in all ihrer Pracht und stellen all unsere Werke in den Schatten. Ja, warum keine ewige Nacht? Es wäre für alle das Beste. Die Nacht ist endlos. Sie ist unschuldig und schwer. Wenn wir Nacht über uns legen würden, gäbe es vielleicht noch Hoffnung… Kapitel 26: Da -------------- ~*Da*~ Schon wieder glaube ich eine neue Definition von Liebe gefunden zu haben. Immer wieder ändere ich meine Meinung. Und ich habe das dumpfe Gefühl, dass dies nicht das letzte Mal sein wird. Vielleicht liegt das auch daran, dass es keine wirkliche Definition für Liebe gibt. Aber auch das werde ich wohl nie herausfinden. Liebe ist, wenn man immer füreinander da ist. Da sein kann und da sein will. Wenn man wirklich füreinander da sein will, dann gibt es keine Ausreden warum man nicht füreinander da sein kann. Denn die Liebe kann Berge versetzen. Und wahre Liebe lässt sich nicht von nichtigen Hindernissen materieller Art aufhalten. Und bloss dann, wenn man alle Zweifel überwunden hat, kann man vollkommen sein. Bei wahrer Liebe gibt es keinen Grund für Zweifel. Wer sich trotzdem zu Zweifel hinreißen lässt, ist noch nicht bereit für die unendliche Macht der Liebe. Sobald man bereit ist, spürt man, dass es sich um etwas Ewiges handelt. Nicht vergänglich. Alle Dinge vergehen. Aber die Liebe nicht. Wahre Liebe kann nicht vergehen. So sehr man es sich in manchen Momenten auch wünschen würde. Und seit ich das festgestellt habe, kann ich eines mit Sicherheit sagen: Ich bin bereit. Ich habe keine Zweifel mehr. Ich habe meine sterbliche Hülle abgelegt und bin bereit für Größeres. Göttliches. Unendliches. Ewiges. Ich werde immer für dich da sein. Ich kann immer für dich da sein. Ich will immer für dich da sein. Meine beiden Arme werden dich immer offen empfangen. Mein Herz schlägt für dich. Bei mir erwartet dich immer Wärme. Egal wann. Für immer. Und ewig. Kapitel 27: Unbedeutend ----------------------- ~*Unbedeutend*~ Ich dachte immer, ich sei etwas Besseres. Ich habe mich über all den anderen Menschen gesehen, mit ihren lächerlichen, minderwertigen Problemen. Mit ihren oberflächlichen Emotionen. Mit der Gier, die sich bei jedem Lächeln in ihren Augen spiegelt. Ich dachte, aus mir wird einmal etwas Grosses. Eine Person, die nicht so ist, wie alle anderen. Jemand, zu dem man aufsehen kann, ohne ihn fürchten zu müssen. Und ich dachte immer, ich sei für mein Alter schon viel zu weit. Eine grosse Denkerin. Ein Engel, gefangen in einem Kinderkörper. Das meiste davon denke ich jetzt noch. Jedoch hat sich mein Enthusiasmus, meine Motivation in Ernüchterung verwandelt. Es gibt für mich keinen Platz auf dieser Erde. Ich werde nicht ernst genommen. Meine leidenschaftlichen Emotionen werden unter den Tisch gekehrt wie lästige Staubhäufchen. Niemand der herzlosen Erwachsenen denkt, dass ich mindestens genau so empfinden kann wie sie. Und meine Träume? Die darf ich nicht verwirklichen. Ich sei zu jung… Ich scheine zu rennen, doch ich komme nicht vom Fleck. Egal was ich sage, egal wie laut und verzweifelt ich schreie, niemand scheint mich hören zu wollen. Und die, die mich hören wollen, können mir nicht helfen. Ich bin nicht die Schwächste in diesem ganzen Komplott aus Lügen, Verzweiflung, Ignoranz und Verlust. Doch ich kann mich einfach nicht dazu aufrappeln den noch Schwächeren zu helfen. Ich sollte für sie da sein, ihnen meine Hand entgegenstrecken. Doch was mache ich? Ich verkrieche mich in mein schmutziges Loch und weine. Offensichtlich habe ich mich getäuscht. Offensichtlich bin ich nichts Besseres. Offensichtlich bin ich nicht zu Großem bestimmt. In Wahrheit bin ich klein und unbedeutend. Ich habe die Macht einer Stubenfliege. Und auch wenn ich das Herz einer Heiligen haben mag, so wird es nie jemand erfahren. Denn es interessiert sich niemand dafür. Ich bin ja nur schwach und unbedeutend… Kapitel 28: Die Gehängte ------------------------ ~*Die Gehängte*~ Mein Name ist Persephone. Und ihr schaut mich an. Schaut mich an, wie ein seltenes Tier im Zoo. Von eurem sicheren Platz aus. Eurem Platz in der Welt. Mit viel Wärme und Geborgenheit… Ob ihr es glaubt oder nicht: Dort war ich auch einmal. Sie nannten mich damals Wanderer, da ich keinen festen Platz hatte. Doch dann fand ich ihn. Meinen ganz persönlichen Hades. Und plötzlich hatte ich alles, was ihr auch zu haben glaubt. Wärme, Geborgenheit, Liebe… Einen Platz auf dieser Welt. Doch ich war zu unvorsichtig. Ich ließ die Zeit verstreichen, leichtsinnig wie ein Kind, im Glauben mehr als genug davon zu haben. Was war ich doch dumm… Drum merkt euch, ihr höhnisch grinsenden Fratzen: Zeit ist kostbar. Genießt jede Sekunde. Innerhalb eines Augenblicks kann nichts mehr so sein, wie es einmal war… Dann haben sie ihn mir weggenommen. Einfach so. Ohne zu fragen. Und sie haben mich gepackt und weggezerrt. Und jetzt hänge ich hier, kopfüber. Ich kann euch nicht richtig sehen, meine Sinne sind getrübt. Und sowieso seid ihr falsch. Alles ist falsch. Ich hänge an einem seidenen Faden, der mich kaum halten kann, und die Gravitation zieht mich immer weiter nach unten. Unten, der Abgrund. Spitze Felsen, die darauf warten, meinen zerbrechlichen Körper zu durchbohren. Sobald der Faden reißt, ist es aus. Und oben? Oben ist der Himmel. Aber da komme ich nicht hin. Denn wenn ich mich bewege, reißt der Faden. Ich will auch gar nicht nach dort. Ich will zu euch, auf den Boden. Die Welt wieder richtig sehen. Ihr könnt euer Glück nicht sehen. Ich bin die Letzte, auf diesem verdorbenen Planeten, die hier hängen sollte. Ich bin Persephone, die Gehängte. Kapitel 29: The little things ----------------------------- ~*The little things*~ It’s no tour love Because our love’s a big thing It’s not you as a person Because you’re a great person It’s the little things They make my feelings so pure When you hold me in your arms When I hear the sound of your voice The touch of your fingers When you blow me a kiss When I hear your heart It’s the little things That hurts so much Because I know exactly You’re not gonna decide for me, are you? Not because you don’t love me Just because it’s easier And you like easy, don’t you? You’re not going to fight for me I can understand this Somehow But I’m dying because of it It’s the little things That takes my soul Kapitel 30: Weg --------------- ~*Weg*~ Und wir gehen. Der Wind peitscht uns um die Ohren. Die kalte Luft lässt meinen Körper taub werden. Ich kann nichts mehr spüren. Bloss den inneren Schmerz. Denn ich fühle mich wie Jesus am Kreuz. Denn ich weiss, dass das Ende kommen wird. Und es wird nicht schnell gehen. Und es wird nicht angenehm sein. Und wir gehen. Und die Konturen unseres Ziels nähern sich. Doch ich kann nicht mehr klar sehen. Tränen nehmen mir die Sicht. Ich wäre lieber tot, als in diesem Moment hier. Und wir bleiben stehen. Bleiben stehen, um uns noch ein letztes Mal zu verabschieden. Verabschieden, wie wir es schon die ganze Zeit getan haben. Denn von dem Moment an, in dem wir uns wiedersehen, müssen wir uns schon wieder verabschieden. Es ist unser Schicksal. Und es ist grausam. Wenn man in jeder Sekunde nur an Abschied denken kann, egal, wie sehr man versucht glücklich zu sein, weil man weiss, dass man nur jetzt die Chance dazu hat. Und unsere Lippen berühren sich. Und ich wünschte, der Moment würde ewig halten. Ich will dich nicht noch einmal verlieren. Nicht schon wieder. Es bricht mir das Herz. Zum hundertsten Mal. Alles bricht mir das Herz. Und meine Tränen fühlen sich kalt an, in der frühwinterlichen Luft. Warum? Warum ich? Und wir lösen unsere Lippen. Weil wir beide wissen, dass es Zeit ist. Weil wir beide wissen, dass es kein Entkommen gibt. Egal, wie sehr wir danach streben. Und die Luft scheint noch kälter als zuvor. Eine kurze Zeit schauen wir uns in die Augen. Nicht länger als zwei Sekunden. Doch der Moment hält für die Ewigkeit. Und dann trete ich zurück. Trete zurück, weil ich weiss, dass ich nicht die Einzige bin, die leidet. Und ich schaue den anderen zu, wie sie dich umarmen. Und der Schmerz trifft mich wie ein Messer. Und dann gehen wir weiter. Wir haben uns die Tränen abgewischt. Und wir kommen an. Und es ist vorbei. Und wir müssen so tun, als wäre die Welt ein schöner Ort. Als gäbe es kein Leid und keine Trauer. Als würde das Morgen nicht zählen. Als könnten wir loslassen. Als könnten wir jetzt einfach zurückgehen und weiterfeiern. Und nun ist es definitiv. Eine letzte Umarmung. Ein Schmerz, so fürchterlich und unbeschreiblich, dass man nicht einmal unbewusst an ihn denken will. Und wir drehen uns um. Gleichzeitig. Wie Cowboys im Wilden Westen. Bloss in die falsche Richtung. Und wir gehen. Voneinander weg. Und du gehst weiter. Und du entfernst dich von uns. Unweigerlich. Doch wir bleiben stehen. Denn wir können nicht mehr. Wir bleiben stehen und umarmen uns. Und weinen, und halten uns ganz fest. Doch es nützt nichts. Denn du kommst nicht zurück. Und du bleibst auch nicht stehen. Du gehst immer weiter. Immer weiter weg von uns. Und auch wir gehen weiter. Die Entfernung wird grösser. Und es ist vorbei. Vorbei. Denn du bist wieder weg. Und wir gehen. Kapitel 31: Happy End --------------------- ~* Happy End*~ Alle Geschichten sind auf demselben Prinzip aufgebaut. Am Anfang ist die Hauptperson durch irgendetwas fürchterlich unglücklich, dann muss sie mit Aufgaben ihre eigenen Grenzen überwinden, am Schluss scheint alles verloren und es gibt ein Happy End. Das sind Märchen. So funktioniert das. Es würde niemand auch nur auf die Idee kommen, das Happy End einfach wegzulassen. Soll ich ehrlich sein? Ich glaube nicht an Happy Ends. Happy Ends gibt es nur im Märchen, in Filmen oder in Büchern. So habe ich zumindest bis vor Kurzem gedacht. Doch nun ist der einzige Grashalm, an dem ich mich in meinem Leben noch klammern kann, mein ganz persönliches Happy End. Wenn man mein Leben genau betrachtet, ist es wie im Märchen. Ich war immer alleine und traurig, bis mein Prinz auftauchte, mein ganzes Leben auf den Kopf stellte und mich überglücklich machte. Ich musste meine eigenen Grenzen überwinden und hatte die schönste Zeit meines Lebens. Und dann kam er. Der grosse Wendepunkt. In der Literatur auch der Klimax genannt. Der Punkt an dem die Spannung ins Unermessliche steigt. Und an dem am Schluss etwas Fürchterliches geschehen muss. Und das ist geschehen. Mein Glück wurde mir ruckartig weggerissen und ich fiel in ein tiefes Loch. Und dort bin ich noch immer. Einsam, alleine und verlassen. Und auch wenn du nicht der perfekte, noble, edle Traumprinz bist, und ich nicht die harmonische, liebende und zuckersüße Prinzessin, so glaube ich doch an unser persönliches Happy End. Ich muss einfach. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird. Höchstwahrscheinlich länger als in den meisten Märchen. Aber es wird kommen. Es muss kommen. Denn in Wahrheit sind wir alle in einem schaurigen Märchen gefangen, wie Marionetten, deren Fäden von einer höheren Macht gezogen werden. Und ich sehne mich danach. Ich sehne mich wirklich danach. Und es wird kommen. Irgendwann. Wenn die Zeit reif ist. Mein persönliches Happy End. Kapitel 32: The lion and the lamb --------------------------------- ~*The lion and the lamb*~ “I’m going to tell you a special tale. Not one about princesses, kings, or heroes. One about animals like us. It’s a tale, which travelled from mouth to mouth and always became a bit more different. My mother used to tell me that tale, when I was little. And I adored it.” And so the raven sat down on his branch and started to tell his tale. Once upon a time, there was a lamb. Unlike the other lambs, its fur was of a dark black. It lay completely alone on a beautiful meadow, and chewed a blade of grass. But it was so lonely, that it couldn’t swallow anything. Somewhere close, a lion walked through the grass, looking for food. It was a proud animal, but the hunger made him look a little desperate. Out of nothing, he discovered the lamb, lying in its meadow. His mouth watered and he smacked his lips. That would be his dinner. Slowly he approached the lamb, but the grass made a crinkly sound and the lamb raised her head. “Who is there?”, she asked, a slight panic in her voice. The lion knew that there was no use in hiding anymore, the lamb would escape anyways. So he showed himself. “It’s me, the lion.” But unlike other lambs, the lamb didn’t run away. “Oh, Mister Lion. Just come closer, so we can chat a little.” The lion did as he was told and moved next to the lamb. “Well, Miss Lamb, what are you doing here? So lonely without your herd?” Even in his starvation, the lion was as polite as always. “They abandoned me… Sit down, Mister Lion, the grass is very cosy.” So the lion lay next to the lamb. “Abandoned you? But why?” Normally sheep stayed in their herd, because they were scared of lions. “Because my fur is so black. I’m not like the other sheep. They don’t want to be near me. They’re afraid that their fur will also become black.” The lion barked a laugh. “That’s nonsense.” “I know. But I don’t like them anyways. They’re mean and impolite.” The lamb answered. The lion furrowed his eyebrows. Sheep always like each other, it’s their instincts. “Very unlike you, Mister Lion. You are very nice and polite. You didn’t know me, but you just sat next to me, with no mistrust at all. You are proud and your movements are elegant. I wish I had such a beautiful mane as you, one I could shake the whole day! I wish I could roar as loud as you can, to impress all the other animals! I wish I was you!” “Well, but you’re yourself. You are very pretty in your own way. Your fur looks beautiful and it calms my eyes. The white furs are always covered in dirt, and they don’t look beautiful at all.” The lamb raised her voice in surprise. “You think so?” “Of course I do!” The lion smiled and licked over the lambs face. The lamb chuckled. “Well, that’s nice.” They lay next to each other, until the sun went down. And so the lion fell in love with the lamb. Kapitel 33: Träume ------------------ ~*Träume*~ Ich schaue nach oben in den Himmel und träume. Etwas, das ich oft tue. Warum? Weil ich mit der Realität nicht zufrieden bin. Wer ist das schon? Darum träumen auch so viele Menschen. Man träumt sich sozusagen die Welt schön, um irgendwie weiter leben zu können ohne zusammen zu brechen. Aber irgendwann sind die Träume vorbei, und man kehrt in die bittere Realität zurück. Doch nun frage ich mich: Woraus sind Träume eigentlich gemacht? Wissenschaftler behaupten, Träume bestehen aus nicht verarbeiteten Ereignissen, die uns im Unterbewusstsein beschäftigen. Aber das wäre ja deprimierend. Denn, warum verarbeitet man Dinge nicht? Richtig, weil man sich nicht mit ihnen beschäftigen will. Und wer würde da noch freiwillig träumen? Sind Träume aus Wünschen gemacht? Unseren Wünschen, wie die Welt sein sollte? Vielleicht. Aber ich glaube es nicht. Es kann nicht nur das sein. Ein einfacher Wunsch ist zu wenig für einen anständigen Traum. Sind Träume aus Sehnsucht gemacht? Aus unserer unendlich tiefen Sehnsucht nach einem besseren Leben? Wenn das so wäre, würde einem bei jedem Traum vor lauter Sehnsucht, das Herz fast in tausend Stücke zerspringen. Ich gebe zu, manchmal ist es so. Aber doch nicht immer! Träume sind nicht zwingend mit Schmerz verbunden. Also kann es das auch nicht sein… Sind Träume aus Liebe gemacht? Aus einer tiefen Liebe, die man für seine Mitmenschen und Umgebung empfindet? Das würde dann bedeuten, je mehr man liebt, desto intensivere Träume kann man haben. Aber was ist mit den Menschen, die nicht lieben? Den Menschen die einfach nicht lieben können? Weil es zu viel Schmerz in ihrem Leben gibt, und sie zu viel Angst davor haben zu lieben. Was ist mit denen? Träumen die nicht auch? Doch, auch diese Menschen träumen. Manchmal sogar noch intensiver als die Menschen, die Liebe für alles uns jeden empfinden. Somit scheidet die Liebe aus. Sind Träume aus Glück gemacht? Aus dem Glück, das tief in jeder Seele ruht, das wir aber nicht sehen können? Das heißt also, dass uns unser verstecktes, ruhendes Glück zeigen möchte, dass es da ist? Sozusagen ein Warnsignal, dass wir keinen Grund haben zu träumen, da unser Leben sowieso schon erfüllt ist. Ein Traum ist ein Wink mit dem Zaunpfahl. Aber können wir so blind sein? Können wir so blind sein, und unser Glück einfach nicht sehen, auch wenn es uns den ganzen Zaun mitten ins Gesicht schlägt? Nein, so unsensibel können nicht einmal wir Menschen sein. Vielleicht ist es ja auch eine Mischung, aus der Träume gemacht sind. Eine Mischung aus den oben genannten Zutaten und vielleicht noch ein paar mehr. Ja, das könnte sein? Aber wollt ihr wissen, was ich denke? Soll ich ganz ehrlich sein? Ich glaube, dass Träume aus Seelenstaub gemacht sind. Was Seelenstaub ist? Nun ja, meine Vermutung ist, dass jedes Mal wenn ein Mensch niest, ein bisschen Staub von seiner Seele in die grosse, weite Welt hinaus katapultiert wird und dann dort herumschwebt. Und wartet. Worauf wartet? Jedes Mal, wenn ein Mensch träumt, fliegt ein Stückchen Seelenstaub zu ihm hin, das er einatmet. Aber nicht sein eigener Seelenstaub. Das wäre ja langweilig. Nein, ein Stückchen Seelenstaub eines anderen Menschen, vielleicht eines geliebten Menschen, oder eines Menschen der einem nahe steht, oder einfach eines Menschen, der einem etwas sagen möchte. Träume als unterbewusste Kommunikation unter uns verzweifelten Menschen. Das ist meine Meinung. Ja, daran glaube ich. Und davon kann ich auch träumen. Kapitel 34: Klavier am Meer --------------------------- ~*Klavier am Meer*~ Dies ist eine alte schottische Legende, bekannt als „The piano by the sea“. Sie wurde von Müttern zu ihren Kindern weiter gegeben, an den ganz schaurigen Tagen, die Schottland zu dem machten, was es war. Auch meine Mutter hat mir diese Legende erzählt, die sie von einer Freundin gehört hat. Die Geschichte wurde durch das viele Erzählen oftmals verändert und ist ganz sicher nicht mehr originalgetreu. Aber ich werde euch einfach die Version erzählen, die ich kenne. An einem schrecklichen Tag, vielleicht für Schottland sogar schon schön, peitschte der Wind an die raue Küste. Die Wellen waren hoch und schäumten, sie wirkten wie wilde Tiere. Der kleine Strand in der Nähe von Aberdeen lag verlassen. Doch wenn man sich bei dem Wetter nach draussen wagte, dem Strand von Aberdeen entlang schlenderte, hörte man etwas. Und wenn man sich ganz fest konzentrierte, und versuchte über den harten Wind hinweg zu hören, dann merkte man, dass die Klänge eindeutig vom Strand kamen. Und wenn man dann noch einmal seine Ohren spitzte, hörte man die wunderschöne Melodie, die das ganze Ufer erfüllte. Und wenn man dann versuchte, durch den Nebel hindurch etwas zu erkennen, sah man schemenhaft ein Klavier. Ein schwarzes Klavier, schwarz wie die Nacht. Der Lack bröckelte schon ab, und das nackte Holz kam zum Vorschein. Es sah verwildert aus, und sollte schon gar nicht mehr gehen. An dem Klavier sass ein Mann, Er war alt, sein Haar grau, und sein einst schwarzer Anzug zu grau vergilbt. Und trotzdem spielte er. Er spielte kein bestimmtes Stück, er spielte einfach gegen den Wind an. Als ob er diesen ungemütlicheren Ort etwas schöner machen wollte. Doch für wen? Und wenn man dem Spektakel eine Weile zuhörte, die rauschenden Wellen und der Wind mit dem Klavier harmonierend, dann schien plötzlich die Zeit stillzustehen. Der Wind setzt aus, die Wellen ebben ab. Bloss das Klavier spielt. Und die plötzliche Stille ist überwältigend. Aus dem Nichts taucht eine weitere Person auf. Mitten im Wasser. Eine junge Frau, völlig durchnässt. Sie trägt ein blaues Kleid. Wie kann man in dieser Kälte bloss ein Kleid tragen? Ist sie überhaupt ein Mensch? Oder vielleicht doch eher eine Nixe? Nein, keine Nixe. Die Frau schreitet langsam durch das Wasser auf das Klavier zu. Woher auch immer sie kam, sie schien von den bezaubernden Klängen angelockt worden zu sein. Als sie schliesslich den alten Mann erreichte, setzte sie sich zu seinen Füssen nieder. Und dann geschah erst das wahre Wunder. Sie begann zu singen. Aber ihre Stimme glich weder der eines Menschen, noch der eines Tieres. Der Klang war göttlich. In diesem Moment setzten auch Wind und Wellen wieder ein. Alle vier Geräuschquellen zusammen gaben eine Sinfonie, die mit nichts verglichen werden kann. Ja, das geschieht an den rauen Tagen in Schottland, wenn sich niemand nach draussen wagt. Kapitel 35: Was ich mir wünsch ------------------------------ ~*Was ich mir wünsch*~ Bald habe ich wieder Geburtstag. Und alle Leute fragen mich, was ich mir wünsche. Doch so auf die Schnelle habe ich da gar keine vernünftige Idee. Also denke ich etwas genauer darüber nach. Zuerst wandern meine Gedanken in eine unmögliche Richtung. Möchte ich eine riesengroße Villa mit Butler? Nein, denn je größer das Haus ist, desto einsamer bin ich… Möchte ich eine pechschwarze meterlange Limousine mit integrierter Cocktailbar? Nein, denn ich hätte niemanden zum Anstoßen bei mir… Möchte ich unendlich viel Geld, so viel Geld, dass ich mir alles auf der Welt kaufen könnte? Nein, denn mit allem Geld der Welt könnte ich mir deine Nähe auch nicht kaufen… Möchte ich ein traumhaftes Wasserbett? Nein, denn ich habe niemanden, an den ich mich kuscheln könnte… Ich sah ein, dass ich lieber über reale Wünsche nachdenken sollte. Möchte ich irgendein tolles Spiel? Nein, denn ich habe niemanden, der mit mir spielen würde… Möchte ich ganz viel schönen Schmuck? Nein, denn ich habe niemandem, dem ich gefallen könnte… Möchte ich eine tolle Reise in eine moderne Stadt? Nein, denn ich habe niemanden der mit mir reisen würde… Und so kamen mir einfach keine Wünsche in den Sinn, egal, wie lange ich dachte. Was ich mir wünsche? Ich wünsche mir, dass du an meiner Seite bist, für immer und ewig… Kapitel 36: Hold me tight ------------------------- ~*Hold me tight*~ Umarmungen. Alle Menschen sehnen sich danach. Ob es dabei nun um Liebe, Wärme oder Familie geht, kommt gar nicht darauf an. Doch warum ist uns diese Art von Berührung so wichtig? Wenn man das ganze medizinisch betrachtet, stößt man auf ganz komplizierte Abläufe im Nervensystem. Wenn man umarmt wird, erhöht sich der Druck auf den ganzen Körper. Man wird von etwas eingeschlossen, und hat keine Bewegungsfreiheit mehr. Es scheint unverständlich, warum man sich nach dieser Art der Enge und Gefangenschaft sehnen könnte. Die ganze Situation erinnert uns Säugetiere an die Zeit, als wir noch im Bauch unserer Mutter waren. Auch dort hatten wir sehr wenig Bewegungsfreiheit, und bekamen Wärme von einem anderen Körper gespendet. Höchstwahrscheinlich liegt es an der Wärme, die man bekommen kann. Es ist sozusagen ein Urinstinkt. Schon früher schliefen Menschen dicht nebeneinander um möglichst viel Wärme zu konservieren. Die Nächte waren kalt, die Möglichkeiten Wärme zu schaffen begrenzt, und somit waren Umarmungen ein Teil der Überlebensstrategie. Wenn man einen Menschen umarmt wird er automatisch ruhiger. Der ganze Kreislauf beruhigt sich. Durch Umarmungen können Panikattacken vermieden, oder zumindest abgeschwächt werden. Dieses Phänomen wurde oft bei Leuten mit starker ADHS beobachtet. Im Allgemeinen haben solche Patienten starke Berührungsängste, und sind unfähig mit Gefühlen im Alltag umzugehen. Wenn sie von zu vielen Gefühlen bedrängt werden, oder gegen ihren Willen berührt werden, kriegen sie Panik und beginnen zu hyperventilieren. In solchen Situationen kann eine feste Umarmung helfen, das Nervensystem wieder zu beruhigen. Ja, jeder Mensch sehnt sich nach der Wärme einer Umarmung. Auch wenn es nicht alle zugeben möchten. Denn die Umarmung macht uns klar, dass wir nicht alleine sind, auf dieser grausamen Welt. Sie gibt uns neue Kraft um weiterzumachen, neuen Mut um schwierige Situationen zu bestreiten. Sie macht uns glücklicher. Doch was ist, wenn man niemanden hat, der einen umarmen könnte…? Kapitel 37: Anschuldigungen --------------------------- Anschuldigungen Ich habe mir oft gesagt, ich brauche nicht zu denken, da du sowieso nicht zurückkommst. Ich habe mir gesagt, dass das alles vorbei ist, definitiv, und dass uns nur ein dünner Faden verbindet. Ich habe mir gesagt, ich kann diesen Faden lassen, da da nie mehr sein wird, als ein Faden. Doch nun muss ich mir überlegen: Was würde ich machen, wenn ich dich sehen würde? Würde ich blind vor Wut auf dich einschlagen, dich würgen? Vielleicht sogar versuchen dich zu töten? Würde ich zusammenbrechen, weil ich es nicht mehr aushalte? Oder würde ich mit dir reden? Wenn ja, was würde ich dir sagen? Was würde ich dir sagen, wenn Gott unsere Schicksale wieder zusammenführen würde? „Hallo. Wie geht es dir? Hattest du eine schöne Zeit? Wolltest du sterben? Ich würde mir wünschen, dass du sterben wolltest… Wieso rede ich überhaupt mit dir? Du hörst mir ja sowieso nicht zu… Wieso eigentlich? Wieso hast du mir nie zugehört, egal was ich gesagt habe? Egal, wie fest ich innerlich geschrien habe, wie fest ich geweint habe… Du hast mich deiner Aufmerksamkeit immer für unwürdig gehalten… Trotzdem werde ich jetzt mit dir reden. Vielleicht dringen doch ein paar meiner tiefen Worte, zu deinem kalten Stein durch, der dein nie vorhandenes Herz ersetzt. Ich habe gelitten. Und ich habe wegen dir gelitten. Sooft du willst, kannst du behaupten, dass ich selber schuld bin… Weil ich nicht loslassen konnte… Weil ich Gefühle hatte. Weil ich ein Mensch war. Oh ja, ich war jung, ich war naiv, und ich liebte. Ich liebte so ausgelassen, wie es sonst nur Kinder können. Ich liebte mit meinem ganzen Herzen. Und plötzlich hast du mir alles genommen. Nicht sanft, Stück für Stück. Auf einen Schlag war mein Leben ein Scherbenhaufen. Wegen deinem Egoismus. Hast du jemals bereut? Ist dir jemals, auch nur für eine klitzekleine Sekunde, der Gedanke durch den Kopf getan, dass das, was du tust, falsch sein könnte? Dass du ein Menschenleben unwiderruflich zerstörst? Du denkst, ich wäre fähig darüber hinwegzukommen? Äußerlich, ja. Die Narben auf meiner Haut heilen. Die Schnitte sind bloss noch weiße Linien. Zeugen meiner Verzweiflung. Aber innerlich hast du mir alles genommen. Du hast mir die Fähigkeit genommen, frei zu lieben. Rein zu lieben. Mit meinem ganzen Herzen zu lieben. Ja, ich kann noch lieben. Erstaunlicherweise… Aber bloss noch mit einem Teil meines Herzens. Ein Teil, lebt noch, Blut durchfließt ihn, Emotionen. Aber das Meiste ist abgestorben, verdorrt. Ich glaube nicht mehr an die grosse Liebe. An das Gute in den Menschen. Ich kann nicht mehr Freude empfinden, ohne dabei zu leiden, weil ich genau weiß, dass sie nicht ewig währen kann. Du hast mich meiner Emotionen beraubt, meiner Unschuld. Ein ganzes Jahr verging, ohne dass ich fähig war, etwas zu unternehmen. Und auch jetzt noch werde ich von Albträumen heimgesucht. Bilder verfolgen mich, tagsüber, immer, egal was ich mache. Du folgst mir, auf Schritt und Tritt, wie ein böser Schatten, der das Leben aus mir saugt. Weißt du, ich habe nie gedacht, dass ich Menschen hassen könnte. Von ganzem Herzen. Aber, dich kann ich hassen. Ich wünsche dir nicht den Tod. Ich wünsche dir die Hölle auf Erden. Wenn es mich nicht persönlich betreffen würde, würde ich dir wünschen, dass du dein Kind verlierst. Sieh zu, wie es langsam krepiert. Der Hauch des Lebens langsam in deinen Armen schwindet. Vielleicht würdest du dann verstehen… Wohl kaum… Also wirst du dein Leben weiterhin im Alkohol ersäufen. Ich wünsche dir viel Glück dabei.“ Ja, was würde ich wohl sagen, wenn ich dir wieder begegnen würde? Kapitel 38: Vogel im Käfig -------------------------- ~*Vogel im Käfig*~ Du warst frei. Frei wie ein Vogel. Bist herumgeflogen, ohne Sorgen, ohne Schmerzen. Ich habe meine Freiheit schon lange verloren, meine Unschuld, meine Reinheit. Und ich habe dich beobachtet. Ich habe gesehen, wie du herumgeflattert bist, deine wunderschönen Flügel in der Sonne geräkelt hast. Und ich fand meine Freude in dir. Ich liebte es, dir zuzusehen. Manchmal hatte ich Angst, du könntest abstürzen, doch die Luft war dein Element. Vom Wind getrieben, flogst du über unsere Köpfe hinweg. Und ich schloss dich so sehr in mein Herz ein, dass ich dich behalten wollte. Für immer. Aber wie sollte ich es anstellen, wenn du da so frei herumflogst? Du würdest nie voll und ganz mir gehören. Und ich fühlte mich, wie wenn ich ohne dich nicht mehr könnte. Also schloss ich dich ein. In einen goldenen Käfig, ganz für dich allein. Einen goldenen Käfig, den ich immer bei mir trug. Am Anfang ging das ganz gut. Du liebtest es, verwöhnt zu werden, ständig bei mir zu sein. Und ich dachte, ich hätte das Richtige getan. Aber schon bald begannst du damit, deine Freiheit zu vermissen… Du wolltest wieder fliegen, konntest es aber nicht sagen. Nur singen konntest du. Und deine Gesänge klangen so traurig. So traurig, dass ich enttäuscht war. Enttäuscht von dir, enttäuscht von mir, enttäuscht von der Liebe, von der ich dachte, dass sie uns verbindet. Und ich nahm den Schlüssel, zu deinem heiligen Käfig, und warf ihn weg. Danach entfernte ich mich. Und ich liess dich stehen, in deinem goldenen Käfig. Ich dachte mir, wenn du es bis jetzt darin ausgehalten hast, würdest du es auch noch länger darin aushalten. Doch ich war bloss egoistisch. In Wahrheit wollte ich nur, dass du nicht mehr fliegen kannst. Ich wollte nicht sehen, wie du deine Schwingen ausbreitest, neue Kräfte sammelst, und wieder auflebst, währenddem ich am Boden zerstört war. Doch das war nicht richtig. Ich brauchte Zeit um zu verstehen, was ich da getan hatte. Denn wenn man einem Vogel die Fähigkeit nimmt zu fliegen, nimmt man ihm auch die Fähigkeit zu lieben. Und als ich das endlich erkannte, kam ich zurück zu dir, und deinem Käfig. Doch was ich dort vorfand, erschreckte mich. Dein Anblick fuhr mir in die Knochen. Dein Gefieder matt und ungepflegt, deine Augen leer. Die Gefangenschaft in meinem Käfig hatte das ganze Leben aus dir gesaugt. Eiligst holte ich den Schlüssel hervor, und liess dich frei. Doch du wolltest nicht mehr fliegen. Du wolltest nur noch allein sein, für immer. Selbst wenn du jetzt wieder vorsichtig versuchst, deine Flügel auszubreiten, frage ich mich: Wie kannst du mir nur vergeben? Ist Vergebung hier wirklich angebracht? Ich glaube nicht. Doch du scheinst keiner Logik zu folgen, keinen Rachegefühlen. Nein, du folgst bloss dem Wind. Denn der Wind ist dein Element. Kapitel 39: Vergiss mein nicht ------------------------------ ~*Vergiss mein nicht*~ Und wenn sie so da sitzt, nichts zu tun hat, und weiß, wie ewig es noch dauern wird, bis sie ihn wiedersehen wird, dann verlässt sie alle Kraft. Sie könnte sich einfach nur noch auf den Boden legen, und dahin vegetieren. Nichts mehr essen, nichts mehr trinken. Einfach nur nich da liegen. Still, reglos. So einsam ist sie in diesen Momenten. Manchmal will sie auch schreien. Klagt alle möglichen Leute an. Ihn, weil er nicht da ist, sich selbst, weil sie nicht dort ist, und Gott, weil er all dies zulässt. Und dann schreit sie, bis ihr die Stimme versagt. Oder aus dem Nichts schleichen sich Tränen aus ihren Augenwinkeln, und bahnen sich ihren Weg über die geröteten Wangen. Solange, bis keine mehr Tränen mehr da sind. Und wenn sie sich dann fragt, weswegen sie das tut, kann sie bloss eine Erklärung finden. Angst. Die Angst ihn zu verlieren. Die Angst von ihm vergessen zu werden. Angst, dass er in der Zeit der Trennung merkt, dass er ganz gut ohne sie zu kommt. Angst, dass er sie nicht vermisst, nicht an sie denkt. Angst, dass er sie einfach alleine stehen lässt, in dieser grausamen, kalten Welt. Und in diesen Momenten steht sie auf ihren Balkon und schaut in den klaren Nachthimmel. Sie sucht den Horizont nach einem Zeichen von ihm ab. Was natürlich völlig unmöglich ist, da er meilenweit weg ist, und irgendwo gerade seinen Spaß hat. Im fahlen Mondesschein wirkt die düstere Nacht noch kälter, noch einsamer. Und dann schreitet sie langsam und behutsam zu dem Blumentopf. Dem Blumentopf, der die schönsten und sogleich traurigsten Blumen der Welt enthält. Vergiss mein nicht. Ein verzweifelter Schrei. Eine Bitte, ein Flehen, kaum hörbar. Und dann streicht sie mit ihren Fingern sanft über die behutsamen Blüten dieser ängstlichen Pflanzen. Der Wind streicht ihr durch das Haar, und platziert einige Strähnen so, dass sie mit den fast getrockneten Tränen verkleben. Ob der Wind sie wohl hören kann? Ihr Flehen, ihr Bitten? Und ob er es wohl weiterleiten kann? Ein Versuch wäre es wert, verlieren konnte sie nicht. „Vergiss mein nicht…“, flüstert sie sanft, und fast erstickt unter ihrem Schluchzen in den kühlen Nachtwind. Die Worte scheinen sofort zu verschwinden. Verschluckt von der unbarmherzigen Dunkelheit. Doch der Wind weht weiter. Und irgendwo in einem einsamen Haus, in dem nur noch eine kleine Schreibtischlampe brennt, peitscht derselbe Luftstrom ungeduldig gegen das Fenster, und bittet um Einlass. Er, der sich bis jetzt konzentriert über seine Arbeit gebeugt hatte, erhebt sich, und öffnet das Fenster um die stickige Luft aus dem Zimmer zu verdrängen. Und sobald der Windstoss um seine Wangen streicht, glaubt er ihre Stimme zu hören. Bloss ganz leise. „Vergiss mein nicht…“ Kapitel 40: Weggabelung ----------------------- ~*Weggabelung*~ Wenn wir so auf dem Weg des Lebens gehen, fällt es uns bestimmt nicht immer auf, aber fast jede Minute kommen wir an mehrere Kreuzungen. Und dann müssen wir uns entscheiden. Welchen Weg sollen wir nehmen? Rechts oder links? Meist sind die Entscheide belanglos. Nudeln oder Kartoffeln? Rot oder Blau? Gross oder Klein? Oft haben wir auch keine Zeit lange darüber nachzudenken. Man stelle sich vor, vor jedem Abendessen müsste man zuerst einmal noch eine Stunde lang eine Vergleichsliste aufstellen, um sich überhaupt entscheiden zu können, was für eine Salatsauce man denn heute gerne hätte. Etwas mühsam, oder? Aber manchmal gibt es dann doch auch die grossen Entscheidungen, bei denen man Bedenkzeit braucht. Soll ich mir ein Auto kaufen? Wenn ja, welches? Diese Dinge. Solche Entscheidungen sind meist auch noch mit einem gewissen Mass an Geld verbunden. Und dann gibt es Lebensentscheidungen. Das ist die höchste Gruppe. Hier geht es nicht mehr um Geld, oder um Gemütlichkeit. Hier geht es um Emotionen. Soll ich ihn heiraten? Will ich ein Kind? Was tue ich nun? Und dann findet man sich plötzlich wieder vor so einer Kreuzung. Es gibt keinen richtigen, und keinen falschen Weg. Die Entscheidung ist nicht offensichtlich. Nirgends steht geschrieben, was man tun soll, und oft ist guter Rat teuer. Es gibt nur einen leichten, und einen anstrengenden Weg. Bekanntlich führt der anstrengende Weg oft zum längeren Glück oder Erfolg, als der leichte. Doch ist es uns das dann auch wert? So viel Mühe auf uns zu nehmen, bloss um am Ende vielleicht Glückseligkeit zu finden? Glückseligkeit, die es vielleicht gar nicht gibt? Ein Mythos, eine Legende? Das sind die Momente in denen wir inne halten müssen. In denen wir in uns hineinfühlen müssen. Denn wir alle haben einen genetischen Code einprogrammiert. Und wenn wir ihn abrufen, und richtig deuten können, können wir alles überstehen. Jedes Hindernis, jede Schwierigkeit. Jeden noch so grossen Fehltritt. Fast immer brennt am Ende des Tunnels ein Licht. Und was wenn nicht? Dann sollte man sich vielleicht mal überlegen ein paar Schritte zurückzugehen, die Weggabelung noch einmal genau anzusehen, und die Entscheidung zu überdenken. Kapitel 41: Eifersucht ---------------------- ~*Eifersucht*~ Ich sage mir: Ich bin nicht eifersüchtig. Ich sage mir: Ich habe es nicht nötig. Ich sage mir: Ich bin besser als die. Doch um nicht eifersüchtig zu sein, dazu gehört eine gehörige Portion Selbstvertrauen. Und diese scheine ich mir einfach nicht anhäufen zu können. Mein Entschluss bricht meist schnell. Ich war schon immer so. Eifersüchtig. Aber nicht, weil ich dich einschränken, oder binden will. Sondern aus Angst. Angst allein zu sein. Verlassen. Endgültig und für immer. Doch ich sehe, dass es dich verletzt. Ja teilweise sogar ärgert. Deswegen versuche ich es einzugrenzen, so gut ich kann. Doch ich wurde schon mal verletzt. Schon mal schlug man mir ins Gesicht. Ich glaubte, da wäre nichts. Ich erklärte mich für paranoid, komplett durchgeknallt. Und als ich dann die Wahrheit erfuhr, fühlte ich mich grässlichst vor den Kopf gestossen. Ich hätte nie gedacht, dass es so weit kommen würde. Und dann noch durch dich. Dass ausgerechnet du, meine beste Freundin, zu einem dieser Dämonen geworden bist. Diesen seelenlosen Wesen, die andere Menschen verletzen, ohne es wirklich einzusehen. Ich war enttäuscht, und ich war wütend. Aber ich musste gute Mine zum bösen Spiel machen. Was hätte ich denn sonst tun sollen, als lächeln und nicken? Er gehörte schon nicht mehr mir. War mir entglitten. Durch meinen Leichtsinn. Meine Dummheit. Nein, verdient hatte ich ihn wirklich nicht. Aber du auch nicht. Nicht auf diesem Weg. Und deswegen bin ich vorsichtig geworden. Von seiner besten Freundin betrogen. Sozusagen mein Fleisch und Blut. Und ich sehe, wie dich gewisse dieser Wesen ansehen. Sicher haben nicht alle von ihnen böse Absichten. Aber ein Teil. Ich sehe, wie sie nach dir gieren, nach dir lechzen, sich nach dir sehnen. Diese Huren der Unterwelt, Dienerinnen Satans. Und ich habe das Bedürfnis, dich zu beschützen. Ich muss dich beschützen. Vor den Abgrund in den sie dich ziehen wollen. Mich und dich. Ich muss uns beschützen. Doch du sagst, es wäre nicht nötig. Du könnest auf dich selbst aufpassen. Und ich? Ich bin hilflos. Ich stehe daneben, und muss zusehen, wie sie um dich buhlen. Aber ich will nicht. Ich kann nicht. Eifersucht ist kein bösartiges Gefühl. Kein Gefühl, das aus Naivität resultiert. Und auch keines, das man einfach abstellen kann, wenn der gute Wille da ist. Eifersucht ist Angst. Nackte Angst. Eifersucht ist Schwäche. Kapitel 42: Betrogen -------------------- ~*Betrogen*~ Ich habe dir vertraut. Wahrscheinlich mehr als meiner Mutter. Du warst meine beste Freundin. Wir sind durch dick und dünn gegangen. Ich sage, ich habe dir verziehen, und das habe ich auch. Trotzdem muss ich dies hier niederschreiben, um meine innere Ordnung wieder einigermassen herzustellen. Denn du hast dort Einiges durcheinander gebracht. Das was du getan hast, hätte ich in meinen kühnsten Träumen nie für möglich gehalten. Ich dachte, wir hätten einen Pakt. Einen Eid, den wir mit unserem schwesterlichen Blut besiegelt hätten. Wir gehen nicht fremd. Wir nicht. Jeder andere kann das tun, das ist uns egal, aber wir werden kein menschliches Wesen so in den Abgrund stürzen. Und dann gab es da noch ungeschriebene Gesetze, die ich aber für selbstverständlich hielt. Der Ex-Freund der besten Freundin ist tabu. Verbotenes Gebiet sozusagen. Und gelogen wird nicht in einer wahren Freundschaft. Niemals. Egal, wie hässlich die Wahrheit ist. Die Lüge ist hässlicher. Und doch hast du alle diese Gesetze gebrochen. Du hast gegen meinen Ethos verstossen. Meinen Ethos, den ich auch für deinen hielt. Ich war immer für dich da, wenn du mich brauchtest. Auch zu der Zeit, als ich durch die Hölle ging und kaum für mich selber da sein konnte. Du kamst immer an erster Stelle. Ich würde deinen Ex nie anfassen. Nicht bloss, weil ich weiss, dass du ihn noch liebst. Aus purem Ekel. So etwas ist abstossend. Es grenzt an Inzest. Eine Tat so grausam, wie sie bloss der Teufel selbst verüben kann. Dieser Mann war mein Leben. Woher willst du wissen, dass er es nicht mehr ist? Bloss, weil wir einen Schlussstrich unter unsere Beziehung gezogen haben? Das heisst automatisch, dass ich ihn nicht mehr liebe? Dass ich nichts mehr für mich empfinde? Naiv, blind. Wie kann man nur so dumm sein? Weisst du denn nicht, dass man Gefühle nicht einfach abstellen kann? Ich dachte, du wüsstest es von allen am besten. Und trotzdem verführtest du ihn. Du verführtest mein Leben. Du dreckige, kleine Hure. Was hast du dir dabei gedacht? Was hast du dabei empfunden? War es Genugtuung? Genugtuung, dass du die Männer, die ich haben kann, auch haben kannst? War es Triumph? Triumph, über mich? Wolltest du mir beweisen, dass du besser bist? Oder warst du wirklich so dumm, und dachtest, es würde mich nicht verletzen? Ich kann es mir kaum vorstellen. Ja, ich werfe dir schlimme Dinge an den Kopf, das ist mir bewusst. Doch jedes einzelne Wort ist genau bedacht. Jeder Satz ein Stück meiner verstümmelten Seele. Und mit diesem Akt hast du nicht nur mich betrogen, sondern auch deinen Freund. Bloss, weil er dir nicht mehr in den Kram passt, hat er automatisch keine Gefühle? Hast du das Recht, ihn einfach so zu verletzen? Er tat mir leid, das arme Geschöpf. Fast noch mehr, als ich mir leid tat. Ich konnte seinen gekränkten Blick sehen. Oh ja, du hast ihn getroffen, falls es das war, was du wolltest. Und zwar dort, wo es weh tut. Und wie wenn das nicht genug wäre, hast du mir ins Gesicht gelogen. Ich bin nicht dumm, ich merke, was da läuft. Doch du versicherst mir das Gegenteil. Aus Angst, wie du im Nachhinein beteuerst. Angst, dass ich nicht verstehen würde. Angst, unsere Freundschaft aufs Spiel zu setzen. Nein, du hast Recht, ich verstehe nicht. Aber unsere Freundschaft hast du in dem Moment aufs Spiel gesetzt, indem du Hand an meinen Geliebten gelegt hast, Hure. Hättest du dir das bloss früher überlegt. Und du hast es immer wieder getan. Ausrutschen kann jeder. Aber es immer und immer wieder zu tun. Mir immer wieder ins Gesicht zu spucken. Wie konntest du nur? Ich kann es nicht verstehen. Du hast ein weiteres Stück meiner Seele verstümmelt und verkrüppelt. Wieso? Wieso ich? Was habe ich dir getan? Ich verstehe es heute nicht. Und ich werde es auch nie verstehen. Aber das habe ich mittlerweile auch aufgegeben. Ich versuche mich jetzt im Loslassen und im Verzeihen. Und ich hoffe, dass es mir nach dem Niederschreiben dieses Textes endgültig gelingt. Kapitel 43: Spuren im Schnee ---------------------------- ~*Spuren im Schnee*~ Sie liegt in ihrem Bett und kuschelt sich in die warmen Decken ein. Schwere Schneeflocken fallen vom Himmel, mit nur einem Ziel. Alles unter sich zu begraben. Jedes letzte Fünkchen Leben zu ersticken. Dazu ein eisiger Wind, kalt genug, um einen direkten Weg in die Herzen der Menschen zu finden. Jetzt würde sie wieder allein sein. Eingeschneit. Abgeschnitten von ihm. Und plötzlich kommt ihr eine Idee. Welch kindische Idee. Das hat sie früher oft gemacht, doch irgendwann kam sie sich dabei doof vor. Trotzdem. Jetzt scheint genau der richtige Augenblick, um es wieder einmal auszuprobieren. Vorsichtig befreit sie sich aus ihren Decken, und taumelt leicht benommen zu ihrem Fenster. Zögerlich zieht sie den Vorhang zurück, und betrachtet die Winterlandschaft. Andere würden es ein Wunder nennen. Eine wunderschöne Schneedecke, wie es sie in ihrer Stadt nur selten gibt. Doch das Einzige, was sie darin sehen kann, ist Tod. Tod von allem Leben. Abgeschnittenheit. Isolation. Kälte. Der Wind bläst die Schneeflocken mittlerweile waagerecht durch die Gegend. Bald müsste er in ihrem Sichtfeld auftauchen. Und tatsächlich. Da ist er! Eingepackt in eine dicke Winterjacke. Trotzdem scheint er so zerbrechlich. Wie ein tapferer Bergsteiger kämpft er sich durch das Schneemeer. Der Wind peitscht ihm ins Gesicht. Seine Nerven müssen die Kälte registrieren, und sie als Schmerzsignale an den Körper weitergeben. Bei diesem Gedanken fröstelt es sie, und sie ist froh, dass sie jetzt nicht auch in der dunklen, grausamen Nacht sein muss. Er bemerkt sie nicht. Schaut nicht hoch. Natürlich nicht. Wer käme schon auf die lächerliche Idee, dass es tatsächlich noch Menschen gibt, die anderen Menschen am Fenster nachschauen? Und nun ist er auch schon wieder weg. Das Einzige, was bleibt, sind seine Fussspuren im Schnee. Ein klares Zeichen, dass er diesen Weg gegangen ist. Ein Beweis, dass er hier war. Doch bald würden auch diese vom Schnee unerbittlich erdrückt werden. Der Schnee würde die letzte Erinnerung an ihn ersticken. Eingeschneit. Sie schliesst den Vorhang. Kapitel 44: Parallelwelten -------------------------- ~*Parallelwelten*~ Ich hatte seit langer Zeit meine zwei Welten. Zwei Welten, die so verschieden sind, dass sie sich nie treffen dürften. Privates und Berufliches, sozusagen. Bloss viel strikter getrennt, und mit mehreren Elementen. Seit diversen Jahren schaffe ich es problemlos, diese beiden Welten voneinander fernzuhalten. Keine Welt weiss, dass die andere existiert, die Grenzen sind klar gezogen. Doch nun muss ich feststellen, dass dies nicht einfach nur zwei Welten sind, die in anderen Zeitperioden, anderen Räumen, reibungslos aneinander vorbei gleiten. Es sind Parallelwelten, die gleichzeitig und im gleichen Raum koexistieren. Mit Hilfe eines Gleichgewichts, dass so fragil ist wie die Flügel eines Marienkäfers. Doch ich war immer ein Genie darin, dieses Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Oft half mir auch das Glück. Doch heute ist der Tag gekommen. Der Tag an dem meine Parallelwelten aufeinander treffen. Zuerst nur sanft, doch dann entsteht eine immer stärke Reibung. Sie verschlingen sich gegenseitig, wie riesige, unaufhaltbare schwarze Löcher. Und ich kann nichts dagegen tun. Ich kann nur schockiert da stehen, und zuschauen. Mit Tränen in den Augen. Ich kann weinen, doch niemand sieht mich, weil das Licht der verschmelzenden Parallelwelten so gross ist. Ich kann schreien, doch niemand hört mich, weil die Reibung der Parallelwelten so laut ist. Und sie vermischen sich zu einem riesigen Chaos. Einem Chaos, dem ich nicht mächtig bin. Einem Chaos, den niemand mächtig ist. Und ich sehe, dass es so nicht weitergehen kann. Heute ist der Tag der Entscheidung. Ich kann nicht mehr länger beides haben, ich muss mich für eine entscheiden. Und selbst wenn ich flehe, und bettle – es wird keine Mischung meiner beiden Parallelwelten mehr geben. Und es gibt kein Zurück mehr. Eine der beiden Welten muss ich für immer verlassen. Ich werde die Menschen aus dieser Welt nie wieder sehen. Werde nie wieder die Gerüche aus dieser Welt riechen, oder ihre liebliche Musik hören. Es gibt keine Gnade. Und wenn ich mich nicht entscheiden kann, wird das mein Ende sein. Doch wie entscheide ich mich? Was ist richtig, was falsch? Was wichtig, was unwichtig? Wenn ich das wüsste, hätte ich dann nicht schon längst eine der beiden Parallelwelten abgekoppelt? Wenn ich es damals nicht wusste, wieso sollte ich es heute wissen? Es ist mir unbegreiflich. Eine Entscheidung von so grosser Bedeutung kann ich doch unmöglich alleine treffen! Egal, was ich tue, andere Menschen werden darunter leiden. Doch die Last liegt alleine auf meinen Schultern. Also entscheide ich mich. Für mein Wohl, und das der Parallelwelten. Eine Welt wird abgekoppelt. Wandelt nun alleine, ohne mich, durch die ewigen Weiten des Raums. Und ich sehe die Enttäuschung in ihren Augen. Und ich weiss nicht, was sagen. Denn keine Worte könnten meine Entscheidung rechtfertigen. Nichts kann das. Denn war sie richtig? War sie falsch? Ich weiss es nicht, und ich werde es vermutlich auch nie wissen. Alles was ich weiss ist, dass es an der Zeit ist loszulassen. Kapitel 45: Missing you ----------------------- ~*Missing you*~ Ein weiterer einsamer Abend. Ich checke meine Mailbox, und sehe, dass du nicht geschrieben hast. Du meinst das nicht böse. Du machst das nicht, um mich zu demütigen oder zu verletzen. Du hast einfach bloss viel zu tun. Wobei, das klingt jetzt nach einer billigen Ausrede. Aber es ist wirklich so. Ich könnte dir auch nie böse sein. Wahrscheinlich weißt du gar nicht, wie fest ich dich vermisse. Ja, das wird es sein. Trotzdem sehnt sich mein Herz nach dir. Ich mag dich wirklich gerne, weißt du. Nicht im Sinne von lieben, um Gottes Willen. Bloss als Freund. Weil du für mich da bist. Und ich für dich. Weil wir miteinander reden, uns Wärme geben. Ich genieße das sehr. Und ich brauche das. Und trotzdem sitze ich hier alleine. Ich denke an dich, versuche mir dein Gesicht vor Augen zu rufen. Falls das scheitert, deinen Geruch. Vielleicht stöbere ich sogar durch ein paar alte Fotos. Mit irgendeinem nostalgischen Lied. Ich sehne mich danach, von dir in den Armen gehalten zu werden. Wir sehen uns einfach zu wenig. Aber wir haben beide keine Zeit. Unsere Leben sind vollgestopft mit anderen Dingen, die uns wichtig erscheinen. Dabei kommt das ganz Grundliegende oft zu kurz. Die Freundschaft. Eine gut gepflegte Freundschaft ist mehr Wert, als die vermeintliche Liebe des Lebens. Bei dir fühle ich mich wohl. In deiner Wohnung fühle ich mich zuhause. Doch das Einzige, was ich momentan fühle ist Sehnsucht. Sehnsucht nach dir. Denn ich vermisse dich. Aber ich will nicht, dass dieses Gefühl die Oberhand über mich gewinnt. Denn es ist ein schmerzhaftes Gefühl. Und es ist ja auch nicht so, dass ich von dir abhängig bin. Es wäre bloss schön, wenn wir uns sehen könnten. Aber es ist nicht lebensnotwendig. Deswegen kann ich meinem Alltag auch gut nachgehen. Doch am Abend, wenn sich der Stress etwas liegt, und ich den lauen Sommerabend genieße, würde ich mich freuen, dich an meiner Seite zu haben. Diese kleine Traurigkeit, die sich in mir ausbreitet, ist wie der sanfte Duft eines Parfüms, der sich seinen Weg durch eine grosse Halle voller Leute sucht. Ja, ich vermisse dich. Kapitel 46: Albtraum -------------------- ~*Albtraum*~ Manchmal überlege ich mir, ob ich nicht bloss in einem furchtbaren Traum gefangen bin. In einer Welt, in der Nichts real ist. Ob ich mich einfach nur kneifen müsste, um wieder aufzuwachen. Um wieder in die schöne Welt zu kommen. Und ab wo es ein Traum ist. Wann bin ich eingeschlafen? Wann hat mein Unterbewusstsein damit begonnen, diese wirre Geschichte zu spinnen? Und wie kann ich dieses Desaster wieder stoppen? Wie kann man die Realität vom Traum unterscheiden? Gibt es überhaupt eine klare Grenze? Wenn ja, dann kann ich sie nicht finden. Ich weiß nicht, ob ich bloss in einer Illusion gefangen bin, oder ob das doch wirklich alles passiert. Aber etwas weiß ich: Ich würde wirklich gerne aufwachen. Aber ich weiß nicht wie. Ich habe es mit Kneifen versucht. Kneifen funktioniert nicht. Überhaupt kein Schmerzreiz funktioniert. Und alles wirkt äusserst real. Vielleicht ist es also doch kein Traum. Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich ist das tatsächlich mein Leben. Mein Leben, aus dem ich nicht einfach aufwachen kann. Doch wer überlegt sich dieses ganze Szenario? Gott? Wer kommt auf solche Ideen? Ich kann es mir nicht erklären. Aber ich kann mir auch nur sehr wenige Sachen erklären. Aber vielleicht ist der Traum auch nur einfach sehr real. Es gibt diese Träume, die man nicht vom echten Leben unterscheiden kann. Es kommt darauf an, wer die Albträume verursacht. Die Alben und Nachtmahren aus der Schattenwelt. Die ganz bösartigen unter ihnen, die, die schon ihr ganzes Leben lang Albträume bringen, sind äusserst gut darin. Es ist ihre ganz persönliche Kunst. Ihr Handwerk, auf das sie sich verstehen. Wenn die Sonne untergeht schleichen sie aus ihren Löchern. Sie kriechen aus der Unterwelt hervor. Um in unsere Schlafzimmer einzudringen. Und uns unseren Seelenfrieden zu rauben. Sie legen ihre kalten, schwarzen Hände auf unsere Stirn. Und dann lassen sie ihre dunkle Macht in unsere Körper übergehen. Ihre dunkle Macht, die sich in unseren Gehirnwindungen festsetzt. Oder besser gesagt festsaugt, wie ein Blutegel. Um uns die schwärzesten Ideen einzupflanzen. Uns in eine Welt des Schreckens und des Elends zu ziehen. Ja, das ist das Handwerk der Alben und Mahren. Und sie sind gut darin. Deswegen denke ich, dass alles doch nur ein Albtraum sein könnte. Dass die Albe immer noch seine Hand auf meiner Stirn hat, und mich nicht mehr gehen lässt. Dass ihn noch kein Sonnenstrahl verscheuchen konnte. Oh, wie ich das Morgengrauen herbeisehne! Ich sehne mich nach den ersten Sonnenstrahlen, die den Nachtmahr zurück in die Unterwelt flüchten lassen! Doch sie kommen einfach nicht. Und es bleibt ewige Nacht. Und ich bin ewig in meinem schlimmsten Albtraum gefangen. Ich will schreien, doch ich kann nicht. Was ich schreien würde, wenn ich könnte? Weckt mich! Kapitel 47: Wie geht es dir? ---------------------------- ~*Wie geht es dir?*~ Wie geht es dir? Eine Frage, die oft beiläufig gestellt wird. Man erwartet eine Standart-Antwort wie „Gut“. Die meisten Leute antworten auch mit gut. Auch wenn es ihnen in Wahrheit gar nicht gut geht. Sondern ziemlich schlecht… Ich persönlich halte nicht viel von Standart-Fragen und den dazugehörigen Standart-Antworten. Ich antworte lieber die Wahrheit. Und das ist dann halt oft schlecht oder nicht so gut. Die Leute, die gefragt haben, sind dann meistens völlig überrascht und komplett überfordert mit der Situation. Ich beruhige sie dann, sage ihnen, dass es schon okay ist, und dass sie sich nicht sorgen sollen. Auch das ist eine Lüge, aber eine notwendige. Ich kann sie ja schlecht anschreien, und ihnen meine halbe Seele offenbaren. Damit würde keiner klar kommen… Denn, wenn ich ehrlich sein soll: Nein. Nein, mir geht es nicht gut. Mir geht es sogar sehr schlecht. Um nicht zu sagen absolut beschissen. Warum? Ganz einfach. Momentan, weil ich immer an ihn denke. Ich kann ihn nicht vergessen. Doch ich bedeute ihm Nichts. Keine unbekannte oder gar neue Situation. Trotzdem schmerzhaft… Mir geht es schlecht, weil ich ihn nicht sehen kann. Mir geht es schlecht, weil ich mich nicht in seinen tiefbraunen Augen verlieren kann. Mir geht es schlecht, weil ich mit meinen Händen nicht durch seine göttlichen Locken fahren kann. Mir geht es schlecht, weil ich seinen betörenden Duft nicht riechen kann. Mir geht es schlecht, weil ich die Berührung seiner sanften Lippen vermisse. Oh ja, ich vermisse ihn. Viel zu sehr. So sehr, dass es mir zwischendurch das Herz zu zerreissen scheint. Liebeskummer nennt man das. Ich nenne es Abhängigkeit. Ich bin abhängig von ihm. Ohne, dass ich das will. Und es gibt Nichts, was ich dagegen tun kann. Wenn er da ist, geht es mir gut. Wenn er weg ist, geht es mir schlecht. Aber ich kann mein Leben nicht nach ihm ausrichten. Das ist absolut unmöglich. Besonders, da er teilweise einfach durch mich hindurch zu sehen scheint. Er merkt nicht, was ich für ihn empfinde. Er empfindet nicht das Gleiche. Er verletzt mich, mit seinen Worten, ohne, dass er es will. Ich bin seine nutzlose Marionette. Also bleibt mir eigentlich nur noch eine Möglichkeit, diesem Teufelskreis zu entkommen. Ich muss mich entlieben. Doch wie nur? Es klingt so einfach und ist doch so schwer. Denn es gibt keinen Schalter dafür. Nirgendwo. Und es gibt auch keinen Trick. Das braucht Zeit. Und nicht einmal Zeit bringt die sichere Heilung. Trotzdem kann es mir jetzt nicht jeden Tag schlecht gehen, bloss weil er nicht hier ist. Das ist ja kein Leben. Ausserdem würde ich meine Umwelt damit belasten. Also setze ich meine Maske auf, und erbaue mir meine Fassade. Und wenn mich dann jemand fragt, wie es mir geht, was antworte ich dann? Gut… Kapitel 48: Angst ----------------- ~*Angst*~ Ich habe mich geändert. Ich bin nicht mehr die Person, die ich einmal war. Ich bin kein Kind mehr. Nun ja, es drängt sich die Frage auf, ob ich jemals wirklich ein Kind war. So früh schon wurde mir alles genommen. Aber mindestens irgendwann zwischendurch ging es mir gut. Und ich lebte unbeschwert. Lachte unbeschwert. Aber mit dem ist jetzt endgültig Schluss. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, ist gefallen. Ach, ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Doch was würde das schon nützen? Es kommt ja sowieso immer alles so, wie es kommen muss. Was ist mir geblieben? Stille. Stille und Leere in mir drin. Ab und zu geht ein Lachen durch mein Innerstes, doch schon bald wird es wieder von der immer herrschenden Dunkelheit verschluckt. Ein Leben in Angst. Angst um alles, das irgendwie gut für mich ist. Weil ich bis jetzt so wenig Gutes hatte. Und alles Gute, das ich jemals hatte, wurde mir weggenommen. Oder hat mich verlassen. Ich weiss gar nicht, was schlimmer ist. Oh ja, ich habe Angst. Solche Angst. Angst vor kleinen Dingen, wie zum Beispiel, dass ich den Bus verpassen könnte. Und Angst vor grossen Dingen. Dass ich meine Freunde verliere. Dass sie sterben. Oder dass sie sich aus irgendeinem Grund von mir abwenden. Oh bitte nicht… Bloss schon der Gedanke daran, lässt mein vernarbtes Herz schrumpfen. Tränen steigen in meine Augen. Panik breitet sich in meinem Körper aus. Was soll ich nur machen gegen diese nagende Angst? Am meisten Angs t habe ich davor wieder depressiv zu werden. Ich weiss ganz genau, dass ein Teil meiner Depression immer noch in mir ruht. Denn so etwas kann man nie ganz loswerden. Man kann es nur verarbeiten, und dann so tief verbuddeln wie nur möglich. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich tief genug gegraben habe. Denn ich spüre es fast jeden Tag. Dieses schwarze Loch inmitten meiner Seele, das immer wieder alles zu verschlingen droht, was mich ausmacht. Das mich zu verschlingen droht. Ich habe Angst, dass ich ganz langsam und in kleinen Schrittchen depressiv werde. Und dass ich es dabei selbst nicht merke. Dass es nur meine Umgebung sieht. Und irgendwann wache ich in einer Psychiatrie auf und frage mich, was ich hier mache. Es gibt Tage, an denen will ich mich nur noch auf den Boden legen, mich zusammenziehen und weinen. Weinen, bis alle meine Tränen vergossen sind. Weinen, bis meine Wangen trocken sind. Und dann einfach mit leerem Blick liegen bleiben. Für immer im Limbo verschwinden. Nichts mehr machen. Denn dann brauche ich auch keine Angst zu haben. Dann kann mir nichts mehr passieren. Weil ich nicht mehr ich bin. Ich habe vor so vielen Dingen Angst, dass es mich manchmal zu ersticken droht. Ich weiss gar nicht, wovor ich heute Angst haben soll. Oder wovor ich morgen Angst haben werde. Ich weiss nur, dass diese Angst nicht einfach verschwindet. Und dass sie mich jeden Tag von Neuem aufzufressen droht. Eine weise Frau hat mir zu diesem Thema einmal Folgendes gesagt: ‚Es spielt doch keine Rolle, wovor du Angst hast. Im Endeffekt hast du einfach Angst. Das Gefühl bleibt das Gleiche.‘ Oh ja, ich habe einfach Angst… Kapitel 49: Stummer Schrei -------------------------- ~*Stummer Schrei*~ Ihr habt mir schon vieles genommen in meinem Leben. Zu viel, wenn ich so darüber nachdenke. Aber ich bin immer wieder aufgestanden. Egal, was ihr euch noch so Furchtbares für mich ausgedacht habt, ich bin immer wieder aufgestanden. Und ich habe Wege gefunden, wie ich mit all diesen Verlusten umgehen kann. Einer davon war meine Stimme. Ich habe entdeckt, dass ich mit ein bisschen Übung wundervollen Gesang produzieren kann. Und ich fühlte mich frei. Ich fühlte mich so frei, wie ich mich sonst nie fühlte. Nichts kann mit dem Prozess des Singens verglichen werden. Keine Aktivität des Lebens erfüllt mich so. Wenn ich traurig bin, singe ich, und es geht mir besser. Wenn ich wütend bin, singe ich, und ich beruhige mich. Wenn ich glücklich bin, singe ich, und ich bin noch viel glücklicher. Doch nun habt ihr mir auch noch das genommen. Und ich kann es nicht fassen. Ich bin wortwörtlich sprachlos. Ihr habt mir meine Stimme genommen. Einfach so. Von einem Tag auf den nächsten. Komplett ohne Vorwarnung. Und ich stehe mit Nichts da. Ich bin wütend und traurig. Und ich will singen. Doch ich kann es nicht. Ich will schreien, doch es wird für immer ein stummer Schrei bleiben. Die Tränen finden den Weg aus meinen Augen nicht, und das Schluchzen bleibt mir im Hals stecken. Zum ersten Mal seit langer Zeit, weiss ich nicht, was ich machen soll. Ich weiss nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich weiss nicht, wie ich es verarbeiten soll. Normalerweise singe ich, und die Belastung fällt von mir ab. Aller Schmerz fliegt einfach so frei hinaus in die Welt, weit, weit weg von mir. Doch jetzt ist all dieses Leid, all dieser Schmerz, in mir gefangen. Und ich kann es nicht freilassen. Es ist in mir und frisst mich langsam von innen auf. Es ist ständig bei mir, in jeder Sekunde, in jeder Minute, in jeder Stunde, in jedem Tag. Und ich versuche glücklich zu sein, da ich weiss, dass das nicht das Einzige ist, für das es sich zu leben lohnt. Und es ist so unglaublich schwierig. Denn es holt mich immer wieder ein. Immer wieder steht es vor mir, wie eine dunkle, unheimliche Gestalt, die versucht mich zu verschlingen, mich zu unterdrücken. Das ist meine härteste Prüfung seit langem. Was ihr mir da genommen habt, ist nicht ersetzbar. Ich kann es nicht einfach so mit etwas anderem kompensieren. Sie haben mir gesagt, wenn ich nicht aufhöre zu singen, bekomme ich Krebs. Und ich überlege mir, wäre das wirklich so schlimm? Wäre der Krebs wirklich schlimmer? Sollte ich nicht bis zur letzten Sekunde singen? Singen mit all meiner Kraft? Singen, mit allem, was ich habe? Bis es zu Ende geht? Ich finde mich vor voll befahrenen Strassen, vor Zuggleisen, und ertappe mich bei dem Gedanken, was jetzt wäre, wenn ich jetzt einfach diesen einen Schritt nach vorne machen würde. Was wäre, wenn ich mich unter diesen Umständen für diesen Weg entscheiden würde? Ich bin nicht so weit, dass ich es tun würde. Es gibt zu viel, für das es sich zu leben lohnt. Aber alleine die Gedanken reichen, um mich tiefer in das Reich der Verzweiflung zu drängen. Immer tiefer, bis kein Licht mehr von aussen hinein fällt. Bis es mir unmöglich ist, den Weg hinaus wieder zu finden. Und ich weiss, dass ich mich dort nicht verirren darf. Dass das keine Lösung ist. Aber ich würde es so gerne tun. Denn es ist so einfach… Es ist bei weitem das Einfachste… Und meiner Kehle entweicht ein stummer Schrei. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)