Nightdancer von Mihikoru (- Past Sequenzen -) ================================================================================ Kapitel 4: Summer of the age of 17 - Together Part 1 ---------------------------------------------------- Huhu! Ja, ich lebe noch! *ein Wunder* oO Hat relativ lange gedauert bis ich mal wieder was halbwegs befriedigendes zustande gebracht habe, jedenfalls nach meiner Meinung. Schon während des Schreibens habe ich jedoch erkannt, dass diese Story als One-Shot zu lang werden würde und habe sie deswegen in zwei Teile gespalten. Da ich jedoch den zweiten Teil noch nicht zu Ende geschrieben habe, müsst ihr euch nach dem ersten Teil wohl noch eine Weile gedulden aber das seit ihr ja gewohnt, nicht? *hehe* Viel Spaß beim lesen und Kommentare sind wie immer gerne gesehen Eure Mihikoru Story 4: Summer of the age of 17 - Together Part 1 Es gibt Sätze, die man einfach nicht hören will in seinem Leben. Und damit meine ich immer und überall! Bestimmt kennt das jeder, dessen war ich mir ganz sicher. Diese unheilvollen Sätze aus eigentlich harmlosen Wörtern zusammen gebaut die einem den ganzen Tag oder gar die ganze Woche vermiesen können. So Sätze wie: “Dein Vater und ich lassen uns scheiden.” oder: “Frau Yakamura, ihr Versetzung ist massiv gefährdet.” Okay, zugegeben… Was dies anbelangte war ich wahrscheinlich ein Glückskind, denn weder den einen, noch den anderen Satz hatte ich jemals zu hören bekommen. Jedoch gab es auch noch einen anderen, schrecklichen Satz. Dieser Satz, der mit seinem aussprechen schon eine halbe Apokalypse einläutete. Der Satz, der eigentlich nur Frauen bestimmt war und der noch tausend mal schlimmer war, wenn Männer ihn aussprachen. Mit diesem unheilvollen Satz fing damals eine Katastrophe der besonderen Art an… „Suzuna… Wir müssen reden.“ Vollkommen perplex sah ich von meinen Englischaufgaben auf als sich mit einem Male Kyusukes Schatten wie eine unheilvolle Wolke über meinem Pult ausbreitete. Ahnungslos sah ich hoch in sein merkwürdig angespanntes Gesicht und wusste nicht Recht was ich davon zu halten hatte. Es war mitten in der Woche und ich war gerade dabei in einer Freistunde meine morgigen Aufgaben zu erledigen. Mein Kumpel hatte seit Anfang dieser Zeit mit einigen seiner Kendo-Kameraden unseren Klassenraum verlassen um in der Halle zu trainieren, doch jetzt stand er mit einem male wieder vor mir und machte den Eindruck als wäre er hochgradig geladen. „Kyusuke… Über was denn?“ Gab ich neckend im gleichen ernsten Tonfall wie er zurück und verzog spaßig die Lippen während er nur sichtlich seine Brauen verzog. Ähm, okay… Vielleicht sollte ich doch lieber ernst bleiben. „Was hast du denn?“ Erkundigte ich mich nun gleichsam besorgt wie interessiert da so ein Verhalten gar nicht zu seiner Art passte. „Die Frage ist wohl eher ob du sie noch alle hast!“ Presste er nun zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor sodass ich eher verwirrt als böse die Stirn in Falten legte. Hatte ich irgendetwas getan? Hatte ich seinen Geburtstag vergessen? - Nein, der war doch schon gute 6. Wochen her und ich hatte ihm auch etwas geschenkt. War ich nicht zu einer Verabredung gekommen? - Nein, das konnte es auch nicht sein. Moment mal! Hatte ich etwa vergessen ihm meine Mitschriften für die gestrige Geschichtsarbeit zu geben? - Oh… nein, das hatte ich auch getan. Ich konnte mich noch gut erinnern, wie er sich über meine hektische Schrift beklagt hatte. Aber, was war denn dann? „Ich weiß nicht, wovon du redest.“ Vollkommen ahnungslos sah ich ihm in seine Smaragde die sich - aufgrund meiner Worte - verdunkelten. „So, weißt du also nicht?“ Knurrend zog er sich einen Stuhl heran und ließ sich gegenüber an meinem Pult nieder. „Suzuna… das geht so nicht! Das kannst du nicht machen!“ Zustimmend nickte ich. „Genau, du hast Recht. Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe.“ Kritisch zog er die Stirn in Falten. „Hast du nicht gerade eben behauptet, dass du nicht weißt wovon ich rede?“ „Weiß ich auch nicht. Ich dachte nur, es wäre klüger dir zuzustimmen.“ Erwiderte ich nun fröhlich sodass er seufzend auf dem Tisch zusammen sank. „Verdammt! Nimm mich mal ernst!“ Oje.. Da war aber einer ganz böse, was? Wenn Kyusuke schon Worte wie Verdammt oder Verflucht in den Mund nahm, war er wirklich wütend. „Okay.“ Mit reglosem Gesicht nickte ich, wollte ihn nicht noch mehr anstacheln da es ihm wirklich ernst zu sein schien. „Also…” Mein Kumpel holte tief Luft um mich dann ein weiteres mal mit einem empörten Blick in Grund und Boden zu starren. „Du kannst das doch nicht machen! Das geht so nicht! Du bist wohl von allen guten Geistern verlassen!” Fauchte er dann wieder zusammenhanglos sodass ich genervt mit dem Stift zu klackern anfing. Machten wir hier Rateshow? Von was - zum Geier - sprach er?! „Du weißt genau, dass das verboten ist.” „Aha…” „Du weißt hoffentlich, dass du tierischen Ärger bekommen wirst, wenn das herauskommt.“ „Achso…?“ „Natürlich, das weiß doch jeder! Also, hör auf damit.“ „Sicherlich.“ Aus starren Iriden sah ich zurück während er mich einige Sekunden ebenso reglos ansah bevor eine Ader auf seiner Stirn verdächtig zu pochen anfing. „Weißt du jetzt, wovon ich rede?“ „Nein.“ Überaus gelangweilt blinzelte ich ihn teilnahmslos an. „Aber ich weiß, dass du mich seit knappen 3 Minuten von meinen Aufgaben abhältst. - Hast du die Nummer drei? Dieser Text ist wirklich schwer zu übersetzen…“ „Ich warne dich, mach mich nicht wütend!” Zischte er nun dazwischen sodass ich ebenso die Brauen verengte. „Ich habe dich - wie es aussieht - schon wütend gemacht, obwohl ich gar nicht weiß warum. Rede endlich Klartext und quatsch nicht so ein wirres Zeug!“ “Du kannst aufhören Theater zu spielen, Suzuna. Ich weiß es von Masaru und zwar alles.” “Du weißt was von Masaru?” So langsam hatte ich keine Lust mehr auf dieses höchst verquere Gespräch. Kyusuke wohl ebenso wenig, denn endlich rückte er ohne Umschweife mit der Sprache heraus: “Masaru hat dich gestern Abend gesehen…” War das etwa verboten? “… in einem Ramen [1] Lokal das quer der Hauptstraße von Akasaka liegt. Du hast darin gearbeitet.” Einen Moment blieb mir sämtliche Spucke weg bevor ich versuchte ein gleichmütiges Gesicht aufzusetzen, indem ich einfach amüsiert lächelte. “Das hat Masaru gesagt? Dieser Spinner, bestimmt wollte er dich nur in Panik versetzen.” Kyusuke Brauen vertieften sich misstrauisch. “Nein, das denke ich nicht. Er war während des ganzen Tages schon ungewohnt wortkarg zu mir und beim Training war er so abwesend, dass ich ihn zur Rede stellte und er hat es mir mehr als stockend erzählt. Es hat ihn beschäftigt und auch die Frage, ob ich in deine illegalen Tätigkeiten eingeweiht war. - Suzuna, du weißt genau, dass wir als Schüler keine Erlaubnis haben Jobs anzunehmen. Das verstößt gegen die Schulordnung!” “Sicherlich weiß ich das und ich tue es ja auch nicht.” Gab ich nun mit unbeschwerter Miene zurück und hoffte, dass mein Lächeln nicht zu verdächtig wirkte. “Masaru muss sich geirrt haben. Er muss eine fremde Person mit mir verwechselt haben.” “Tut mir ja Leid, dass ich dir das sagen muss aber… du stichst aus der Masse heraus und das weißt du ganz genau.” Grummelte nun mein Kumpel noch immer auf der Hut. “Deine blonden Haare und deine saphirblauen Augen kann man unmöglich verwechseln.” “So, so… saphirblau also? Woher weißt du das denn so genau? Schaust du mir so tief in die Augen, Kyu?” Neckte ich ihn nun mit einem provozierenden Augenaufschlag sodass er ein paar rote Flecken auf seinem Gesicht bekam und fassungslos die Augen aufriss. “Hör auf mit deinen Scherzen, Suzu! Ich meine das verdammt ernst und ich mache mir Sorgen um dich! Du hast nicht zu arbeiten, wenn das Shinji herausbekommt versohlt er dir deinen Hintern.” “Dafür bin ich etwas zu alt geworden, findest du nicht auch?” “Du weißt genau, wie ich das meine.” Ein leichtes Seufzen entfuhr meiner Kehle. “Kyusuke… was willst du denn jetzt von mir hören?” “Die Wahrheit vielleicht…?” Hellgrüne Smaragde schienen mich zu durchbohren. “Deswegen lässt du dein Kendo-Team im Stich…? Ihr habt in 2. Wochen ein wichtiges Turnier.” “Vergiss das blöde Turnier, ich mache mir Sorgen um dich!” “Dann hör doch richtig zu: Ich arbeite nicht. Ich habe viel zu viel andere Dinge im Kopf und Shinji würde mich wohl kaum ohne eine Erklärung jeden Abend für mehrere Stunden aus dem Haus lassen, oder?” “Das ist wahr, aber…” “Nein, kein aber.” Leicht schüttelte ich den Kopf während ich meine Schulsachen zusammenpackte. “Ich weiß nicht wen Masaru gesehen hat, mich auf jeden Fall nicht und mir kann keiner irgendetwas anderes nachsagen. - Wenn du mich entschuldigst, ich muss kurz in die Bibliothek.” Mit diesen Worten nahm ich meine Schulmappe und wandte mich zur Tür. “Suzu…?” Kurz blieb ich stehen und sah Kyusuke über die Schultern fragend an. Es versetzte mir einen kurzen Stich wie besorgt er mich musterte. “Und… Und dir geht es wirklich gut?” Hackte er nun stockend nach sodass ich kurz glucksen musste. “Hey, Unkraut vergeht nicht.” Schelmisch streckte ich ihm die Zunge raus. “Du brauchst dich wirklich nicht um mich zu sorgen… Mir geht es ausgezeichnet.” “Du brauchst dich wirklich nicht um mich zu sorgen… Mir geht es ausgezeichnet.” Meine fadenscheinige Lüge hallte mir noch immer in den Ohren nach, als ich die Gänge unserer Schule durchquerte um zu meinem Schließfach zu gelangen. Ich hatte ein mehr als schlechtes Gewissen und schämte mich in Grund und Boden, dass ich Kyusuke nach all den Jahren über und über mit Lügen bombardieren musste. Aber was blieb mir denn für eine andere Wahl? Wenn ich ihm die Wahrheit gesagt und ihm erzählt hätte, dass ich wirklich in diesem Lokal als Haushilfsmädchen fungierte hätte er mir eine Standpauke gehalten die an Länge nicht mehr zu überbieten gewesen wäre. Er hätte Shinji informiert, aus der Gewissheit damit das richtige zu tun, denn eine Petze war er wahrlich nicht. Doch er würde meine Beweggründe für diesen eindeutigen Regelverstoß nie verstehen. Genauso, wie er nie verstehen würde, warum ich seit über einem Jahr mehr als unausgeschlafen und unkonzentriert war. Mein Doppelleben zerrte ganz schön an meinen Reserven und ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal mehr als 5 Stunden schlafen konnte. Ich fühlte mich müde, ausgelaugt und erschöpft… bei weitem älter als eine 17 jährige Oberschülerin die nächstes Jahr schon ihre Abschlussklausuren zu bewältigen hatte. Mir wurde schlecht wenn ich an die baldigen Examina dachte. Doch nicht nur diese Dinge raubten mir meine letzte Kraft, sondern auch das die Kluft zwischen mir und Kyusuke immer größer wurde. Unser Verhältnis war seit meinem Eintritt in die Organisation mehr als angespannt, da ich ihm viel vorenthalten und meinen Kummer verbergen musste. Doch seit einigen Monaten gingen wir mehr als nur vorsichtig miteinander um, wir trafen uns sogar kaum noch privat und dabei brauchte ich seine Nähe so dringend. Wie gerne wäre ich eine normale Oberschülerin und hätte ihm offenbart, wie sehr ich ihn liebte und an ihn gebunden war. Nichts hätte ich schöner gefunden als die freie Zeit in diesen sonnigen Tagen im Park oder im Freibad mit ihm zu verbringen. Stattdessen musste ich mir immer neue Alibis unter Eris besorgter Mimik und Shinji wachsamen Auge ausdenken und auch noch meine nächtlichen Streifzüge unter einen Hut bringen. Ich sagte es nicht gerne, aber langsam wuchs mir diese ganze Verantwortung über den Kopf. “Suzuna…?” Eine bekannte Stimme ließ mich von meinem Schließfach aufsehen, was ich gerade eben geöffnet hatte. Vor mir stand Masaru Toyama. Er ging in die benachbarte Parallelklasse und war Mitglied in der Kendo-Mannschaft von Kyusuke. “Hallo Masaru.” Obwohl ich dem Freund meines Kindergartenkumpels diese ganzen düsteren Gedanken zu verantworten hatte versuchte ich ihm ein normales Lächeln zu schenken. “Ich hoffe, zwischen Kyusuke und dir ist alles in Ordnung…?” Seine Aussage klang eher wie eine Frage und er fasste sich kurz ins Haar um seine sichtbare Nervosität zu überspielen. “Diese Sache von gestern Abend hat mir irgendwie keine Ruhe gelassen und du weißt ja, wie Fuma ist. Als er mein seltsames Verhalten bemerkte, hat er sofort nachgefragt und nicht mehr locker gelassen.” Ja, so kannte ich Kyusuke. Gegen ihn war jeder Lügendetektor billiger Schnickschnack. “Mach dir keine Vorwürfe, zwischen uns ist alles bestens. Das war alles nur ein Irrtum.” Winkte ich nun gelassen ab - gab es zumindest vor - und verstaute die Bücher, die ich für heute nicht mehr brauchen würde, in meinen Spind. “Ich weiß zwar nicht, welches blondhaarige Mädchen du in diesem Suppennudellokal gesehen hast, Masaru aber ich war es definitiv nicht.” “Nicht?” Mein Mitschüler schien höchst verdattert. “Aber Suzuna, ich habe dich doch erkannt. Du trugst ein blaues Kleid mit einer Schürze und einem farblich passenden Häubchen, du hattest deine blonden Haare zu zwei geflochtenen Zöpfen geknotet.” “Sehe ich so aus, als ob ich mich freiwillig der Demütigung eines Häubchens und geflochtenen Zöpfen unterziehen würde?” Kicherte ich ihn nun gespielt und grinste ihn breit an. “Ehrlich Masaru, dafür bin ich nicht der Typ und das weißt du doch auch. Ich leite die Aikido-Gruppe… das ist lächerlich!” “Ja… vielleicht hast du Recht.” Masaru runzelte die Brauen und seine Mundwinkel zuckten kurz hoch. “Ich muss mich da wohl gründlich verschaut haben.” “Sag ich doch.” Hoffentlich würde damit diese leidliche Diskussion endlich erledigt sein. “Tut mir Leid, wenn ich dir damit Ärger gemacht haben sollte, Suzuna.” “Vergiss es, schon gut…” Allem Anschein nach hatte ich sowohl Kyusukes Vorbehalte wie auch Masarus festen Standpunkt, ausgerechnet meine Person gesehen zu haben erfolgreich zerstreut. So machte ich mir über diesen leidlichen Zwischenfall in der Schule keine Gedanken mehr sondern ging nach den Unterricht meinem geregelten Alltag nach. Wie immer gegen 18 Uhr verabschiedete ich mich von meinen Eltern um in aller Stille die nächste Bahnlinie nach Akasaka zu nehmen. Bis jetzt war mein gelogenes Alibi vor Shinji nicht aufgeflogen und ich hoffte inständig, dass es weiterhin dabei blieb. “Suzuna…! Die Spezialsuppe mit Ei und Currybeilage!” Rief mir einer der drei Angestellten von der Küche her zu und die gefüllte Schüssel rutschte elegant bis zur Mitte des Tresens. “Bin schon unterwegs.” Versicherte ich hastig und rückte kurz meine gerüschte Kopfbedeckung zurecht bevor ich die dampfende Suppe auf mein Tablett stellte und zielsicher zu einem Tisch in der Ecke ansteuerte. “Bitte sehr… Einmal ihre Spezialsuppe. Guten Appetit wünsche ich Ihnen.” Leierte ich meinen Standartsatz mit einem freundlichen Lächeln herunter und stellte das Gericht vor dem wartenden Gast ab. Schon nach wenigen Tagen hatte ich meine eigene Routine gefunden, die mich in der abendlichen Hektik bisher nie im Stich gelassen hatte. Das Suppennudellokal, war ab 19 Uhr immer gut besucht und außer mir gab es nur noch zwei weitere Bedienungen die sich ebenfalls ins Zeug legen mussten. Mit den drei Männern die eifrig in der Küche herumwerkelten wollte ich bei diesen sommerlichen Temperaturen zwischen den dampfenden Kochtöpfen und den aufsteigenden Dunst wirklich nicht tauschen. Selbst hier vorne - im klimatisierten Speiseraum der Gäste - klebte jede Faser meines Dienstoutfits mehr als unerwünscht an meinem Körper. Ich hatte mehrere Wochen versucht eine Aushilfsstelle zu finden, in der man keine gestellte Uniform tragen musste, jedoch war das in Japan so gut wie unmöglich. Schließlich hatte ich mich für diesen Laden hier entschieden, wobei das blaue Kleid und die weiße Schürze mit den gesäumten Spitzen und das dazu passende Häubchen an Demütigung nicht mehr zu überbieten war. Der Eigentümer dieses Lokals jedoch war ein sehr netter Mann, der auch manches mal ein Auge zudrückte wenn ich zu spät kam oder früher gehen musste. Er bezahlte bar auf die Hand und immer pünktlich während auch die beiden anderen Damen mehr als freundlich zu mir waren. “Hey, Suzuna! Der brünette junge Herr da drüben ist schon den dritten Tag in Folge hier und er schaut dich dauernd an.” Neckte mich nun Minako kaum war ich hinter den Tresen getreten. “Ach, hör schon auf damit.” Abwinkend schob ich einige schmutzige Geschirrteile durch den kleinen Durchgang zu unseren Spülleuten. “Aber, wenn ich’s dir doch sage.” Sie konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen während auch Amy zustimmend nickte. “Sie hat doch Recht. Wir haben im allgemeinen mehr männliche Kundschaft seitdem du hier angefangen hast.” “Frischfleisch und dann auch noch so jung und blond!” Gluckste nun Minako erheitert und strich sich ihr kurzes schwarzes Haar zurück. “Jetzt hört auf damit!” Ich wusste nicht genau, ob sie Recht hatten jedoch war mir diese Äußerung mehr als peinlich. Ich behandelte jeden Gast gleich und ich flirtete nicht, abgesehen vielleicht von einigen kleinen Gesprächen. Wenn mich Gäste jedoch ansprachen musste ich wohl auch antworten, alles andere wäre unhöflich gewesen. “Hört auf zu quatschen und bringt lieber die fertigen Suppen an den Tisch!” Rief uns in diesem Moment Kintaro - der Küchenchef - zu, sodass wir alle drei zusammen zuckten. “Schlecht geschlafen, mein Lieber?” Minako die schon mitte Dreißig war und seit einigen Jahren hier arbeitete, konnte sich diese Frage wohl erlauben. “Selbst wenn… was geht’s dich an?” Kintaro beäugte sie kritisch und versuchte anscheinend mit aller Macht eine mürrische Miene aufzulegen. Wie ein schlecht gelaunter Bär musste er Fremden vorkommen, dabei war er ein ganz lieber, gutmütiger Kerl. Leider zeigte er dies umso selten. “Oh, sei doch nicht immer so verspannt. Was hältst du von einer hübschen kleinen Massage, direkt nach unserer Schicht? Na, wie wär’s?” Der Augenaufschlag der schwarzhaarigen Bedienung verfehlte nicht seine Wirkung, der Küchenchef wurde so rot wie eine Tomate. “Bring lieber die Suppen an die Tische!!” Peinlich berührt stapfte er zurück in die Küche sodass Minako uns eine neckische Grimasse zuwarf, worauf Amy und ich verhalten kicherten. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Am nächsten morgen legte ich einen schnelleren Laufschritt auf den Weg zur Schule hin als normalerweise. Durch meine hohe Müdigkeit hatte ich meinen Wecker überhört, Shinji war wegen einem frühen Meeting schon auf der Arbeit und Eri hatte gerade zu dieser Zeit im Garten die Wäsche aufgehängt wo sie keinen Überblick über die Uhrzeit gehabt hatte. “Mist… Mist… Mist!” Murmelte ich leise vor mich und in mir stieg schon die erste Panik auf, als ich den gänzlich leeren Schulhof durchquerte. Die Standpauke meines Englischlehrers klingelte mir jetzt schon in den Ohren und ich wusste mit Gewissheit, dass ich die erste halbe Stunde im Gang zu stehen hatte. Zwei Stufen auf einmal nehmend hechtete ich die Treppe in den zweiten Stock nach oben wo die Oberschulklassen untergebracht waren und war dabei so in meinen Gedanken vertieft das ich zu spät wahrnahm, wie sich eine Schiebetür öffnete an der ich gerade vorbeihechtete. Beinahe wäre mir meine Schultasche aus der Hand gefallen als mich ein brutaler Griff an meinem anderen Arm zurückzog. Ehe ich auch nur zweimal blinzeln konnte stolperte ich unter der Hand des Unbekannten in den geöffneten Raum und befand mich keine weitere Sekunde unsanft mit dem Rücken an die Wand genagelt. “Aua… Hey!” Beschwerte ich mich lautstark jedoch verschlug es mir vor Schreck die Sprache als ich Kyusukes Gesicht direkt vor meinem sah. Seine große und etwas breitere Statur stand dicht vor meiner und er stützte sich mit beiden Handflächen an der Wand neben meinem Kopf ab. “Was hast du dir dabei gedacht?!” “K-Kyu…? Was soll das werden?” “Was… hast… du… dir… dabei… gedacht?!” Spuckte er nun jedes Wort äußerst bedrohlich heraus während ich jetzt erst bemerkte wie dunkel seine sonst so grünen Augen waren. Es war ohne jeden Zweifel das er wütend war und mir wurde übel bei dem Gedanken warum es wohl so war. “Schöner Tag heute, oder?” Versuchte ich mit piepsiger Stimme diese mehr als gedrückte Stimmung zu retten jedoch ließ er sich nicht darauf ein. Ein knallen ertönte als er seine flache Hand nochmalig gegen die Wand haute, ich zuckte leicht zusammen. “Du hast mich angelogen!!” Oh… Hilfe… “Angelogen? Das ist so ein hartes Wort. Sagen wir doch einfach, ich habe die Wahrheit etwas vertuscht.” “Von wegen du richtest dich nach unserer Schulordnung und arbeitest nicht… du scherst dich einen Kehricht um irgendwelche Regeln und offenbar auch um unser Vertrauen! Grinsend hast du mir gestern ins Gesicht gelogen… ich kann gar nicht beschreiben wie sauer ich auf dich bin, Suzuna!!” “Benimm dich doch bitte nicht so übermäßig dramatisch, ja?” Abwährend hob ich eine Hand. “Es ist ja nicht so, als ob ich meine Schulpflichten deswegen vernachlässigen würde…” “Ich hab dich gesehen!” Unterbrach er mich nun mit noch immer erhobener Stimme. “Genau wie Masaru es mir beschrieben hat. In Akasaka, gegenüber der Hauptstraße. - Du hattest ein blaues Kleid mit passender Schürze und ein Häubchen auf.” “Das ist unsere Uniform, dafür kann ich nichts.” Widerstritt ich nun peinlich berührt allein bei dem Gedanken, dass er mich in diesem albernen Fummel gesehen hat. “Bist du eigentlich noch zu retten? Was denkst du dir dabei? Denkst du dir überhaupt was dabei?!” “Ich denke schon, dass ich denken kann…” “SUZUNA…!!” “Hör auf mich so anzufahren!” Giftete ich nun zurück. Es war alles andere als angenehm am frühen Morgen schon so angeschrieen zu werden. “Du hast mich überhaupt nicht zu verurteilen und mit Vertrauen brauchst du mir auch nicht kommen! - Du hast mir schließlich nachspioniert!!” “Was blieb mir denn anderes übrig?” Ereiferte er sich nun. “Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Du bist dabei dir dein eigenes Grab zu schaufeln, wenn die Schule das herausbekommt, bist du so gut wie erledigt!” “Die Schule wird gar nichts herausbekommen, ich bin doch nicht blöd! Wieso glaubst du, warum ich mir ausgerechnet dieses Lokal in Akasaka ausgesucht habe? Dort gibt es weder Kinos, noch Schwimmbäder oder Spielhallen. - Niemand der mich kennt wird mich dort sehen.” “Ja… Alle, außer Masaru!” “Der war ne’ Ausnahme und außerdem habe ich ihn gestern vom Gegenteil überzeugt.” “Ach ja? Wie schön für dich! Ich werde es auf jeden Fall nicht zulassen, dass du noch mehr unserer Mitschüler vom Gegenteil überzeugen musst, wenn sie dich dort zufällig sehen.” “Was soll das heißen?” “Das soll heißen, dass wir heute nach dem Unterricht zusammen hinfahren und du kündigst.” Ich glaubte nicht was ich da hörte. “Hast du eine totale Meise?” Mehr als schockiert sah ich ihn an. “Ich habe Wochen gebraucht um einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden.” “Das ist mir so was von egal! Wenn du nicht kündigst, tu ich’s!” “Das kannst du nicht machen!” “Ich nicht, Shinji schon.” “Das wagst du nicht!” “Glaubst du…?” Mehr als giftig sahen wir uns entgegen und mir juckte es in den Fingern ihm mit einem gezielten Tritt eins in seine affektierte Miene zu geben. Was erlaubte er sich? Ich würde doch nicht einfach so kündigen! Ich versuchte meiner unglaublichen Wut Herr zu werden und atmete einige male tief ein und aus. “Ich finde nicht, dass das hier die richtige Gelegenheit ist um das auszudiskutieren. - Müssten wir nicht beide im Unterricht sein?” Auf meine tonlose Frage schnaubte mein Kumpel auf. “Herr Setzuya ist krank, die ersten beiden Stunden fallen aus.” “Was? Wieso hast du mir nichts gesagt?” “Meiko hat es dir gestern gleich vor der ersten Stunde gesagt, Suzuna. Aber wenn man in der Schule schon auf der Arbeit ist, merkt man sich so etwas natürlich nicht.” Meine Hand die noch immer die Schultasche umklammert hielt bebte. “Wieso bist du so gemein zu mir?!” Rutschte es mir nun ehrlich getroffen heraus sodass sich kurz seine Augen weiteten. “Und du? Was ist mit dir los, Suzuna?” Gab er nun die Frage in aller Ehrlichkeit zurück während sich sein Mund verzog. “Seit wann lügst du mich an… nein, lass es mich so formulieren: Wann hast du mir das letzte mal die Wahrheit gesagt?” Irgendetwas setzte bei dieser Frage in mir aus. Ich konnte sein bekümmertes Gesicht nicht mehr ertragen und wie auf eine innere Reaktion hin schoss mein Arm mit der Schultasche in der Hand nach oben. Ein komisches Geräusch ertönte als das Leder gegen sein Gesicht schlug und er - total unvorbereitet - harte Bekanntschaft mit dem Boden machte. Einige Herzschläge lang war es vollkommen ruhig, nur mein beschleunigter Atemzug und ein Husten von ihm durchbrach die Stille. Wie er da so am Boden lag und sich mühsam aufrappelte fühlte ich Selbsthass in mir aufsteigen. Ich hatte ihn noch nie geschlagen… “I-Ich… Entschuldige.” Wisperte ich und war wohl mehr geschockt wie er. “Was ist los mit dir?!” Kyusuke blickte mehr als verletzt zu mir nach oben während er sich über seine lädierte Gesichtshälfte rieb. “Du bist seit über einem Jahr gereizter als sonst und du sprichst kaum noch ehrlich mit mir. Es sind nur lapidare Sätze und dein echtes Lächeln hat sich wohl auch für immer verabschiedet. Du bist dauernd müde und angespannt… du wirkst so zerschlagen.” Da hatte er Recht. Er hatte mit jeder Behauptung Recht die er aussprach. Ja, ich war gereizter, dauernd müde und angespannt. Ich war meist unehrlich zu ihm und nervös in seiner Gegenwart. Doch warum… Warum würde ich ihm nie sagen können. Niemals… “Sogar deine Eltern lügst du an! - Gestern Abend rief Shinji bei uns zu hause an und fragte mich, ob du in der Schule wirklich so zurückhinkst, dass ich dir seit 4. Wochen jeden Abend Nachhilfe geben muss. - Du hast mich als Alibi missbraucht!” “Wieso hast du mich gedeckt?” “Wieso?” Echote er giftig und hieb mit der Faust auf den Boden. “Verdammt! Ich bin dein Freund, Suzuna… Ich würde dich nie einfach so auflaufen lassen! Aber… diese Sache macht dich total kaputt.” “Nein, das stimmt nicht.” Langsam schüttelte ich den Kopf und blickte ihn ernst an. “Das ist nicht der Job.” “Was denn sonst? Du spielst ein gefährliches Spiel, ist dir das klar? Wenn sie dich erwischen… du wirst von der Schule fliegen!” “Ich pass schon auf. Bitte…” “Nein! Nichts da Bitte… Schluss mit dem netten Kyu - Hast du gehört?!” Schwer schluckte ich. Noch nie hatte ich ihn so außer sich erlebt. “Entweder du kündigst noch heute oder ich statte deinen Eltern heute Abend einen hübschen Besuch ab. Von mir aus, nenn mich dann Verräter aber in Wahrheit, bin ich der Einzige der sich um dich sorgt!” “Wenn du das machst… sind wir fertig miteinander!” Ich hatte die Worte ausgesprochen ehe ich sie überdenken konnte jedoch spürte ich an seinem fassungslosen Blick das er nicht mit so einer Aussage gerechnet hatte. “Ich werde nicht kündigen und wenn du mich verraten willst, werde ich nie wieder ein Wort mit dir sprechen.” Mit diesen Worten drehte ich mich um und verließ das leere Klassenzimmer, in das er mich vorhin gezogen hatte. Kyusuke blieb auf dem Boden zurück… ***************************************************************************** [1] Ramen = Die asiatischen Nudelsuppen wie das japanische Ramen, Udon oder Soba enthalten neben dicken, langen Nudeln dagegen auch immer eine Vielzahl von weiteren Suppeneinlagen und werden meist als Hauptgericht serviert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)