Vom Leben bis zum Sterben von Karu (Kurzgeschichten-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 1: Tut es weh? ---------------------- „Tut es weh?“ „Was?“ „…das Sterben.“ „Aber nein.“ Die alte Frau schüttelte leise lachend den Kopf. Ihre graublauen Augen glitzerten für einen Moment belustigt. „Wirklich?!“ „Natürlich. Ich habe keinen Grund, zu lügen.“ „Das ist gut.“ Der junge Mann wirkte erleichtert und auf seine Lippen schlich sich ein zögerliches Grinsen. Es beruhigte ihn, darüber reden zu können. Es konnte ihm die Angst keinesfalls nehmen – es gab wohl nichts, dass das konnte – aber es machte die Sache zumindest ein wenig leichter. „Dann… ist es schwer?“ „Es ist das Leichteste, was tu je getan hast. Du musst nichts weiter tun, als loslassen. Du brauchst keine Angst vor dem Tod haben, mein Junge.“ Für einen Moment starrten sie sich in die Augen. Etwas Ängstliches, Zweifelndes lag in seinem Blick. Sie blickte zurück, Verständnis in ihren Augen. „…das Leben erfordert beizeiten Mut, Schmerz, Leid und Stärke – Im Tod dagegen muss man sich nur fallen lassen. Du schließt deine Augen und brauchst an nichts mehr zu denken.“ Ihre Stimme war sanft, als würde sie mit einem kleinen Kind sprechen. „Die Menschen trauen um diejenigen, die sterben müssen …aber eigentlich müssten sie sich selbst betrauern. Denn in der Sekunde in der du stirbst brauchst du weder Mut, Schmerz, Leid oder Stärke zu durchleben oder beweisen. Dein Leben ist ein ewiger Kampf… gegen die anderen, gegen deine eigene Person und gegen das Leben selbst. Der Tod ist die ersehnte Erlösung, das verdiente Ende nach so langer Qual…“ Für einen Augenblick herrschte Stille zwischen ihnen. „Fürchte das Leben mit all seiner Pein, aber fürchte nie den Tod ...du hast keinen Grund dazu.“ Er lauschte ihren Worten, seine Augen nach innen gerichtet. Und dann nickte er langsam. „Dann bin ich jetzt bereit, um zu sterben.“ Die Alte gluckste sichtlich amüsiert. „Wer hat gesagt, dass du sterben wirst?“ Kapitel 2: Bruder ----------------- Gewidmet ist diese Story dragons4thchild (Ares xD), da er sich immer von mir mit Werbung für meine neusten FFs/Originale zuspammen lässt und sogar noch so freundlich ist, mir Kommis dazu zu hinterlassen^^ Danke dir! „Bruder! Lass mich nicht allein! Sag ihnen, sie sollen mich hier lassen… ich habe Angst… ich will nicht… hilf mir, großer Bruder!“ Noch heute sehe ich dich vor mir, wie du dich panisch in den Armen deiner Häscher windest. Natürlich hast du keine Chance. Du bist ein Kind. Sie sind größer und stärker als du, sie halten dich unerbittlich fest. Du bist verzweifelt, du fürchtest dich. Ich kann es in deinen Augen sehen. Die Angst, dass sie dich von mir weg bringen. Und du blickst zur mir, dringst mit deinen strahlend blauen Augen in die Tiefen meiner Seele. Ich sehe ihn, den Funken Hoffnung, dass ich das nicht zulassen werde. Du glaubst daran, dass ich dich retten werde – ich bin schließlich dein großer Bruder. Ich habe dir versprochen, dich zu beschützen, dich nicht allein zu lassen und immer für dich da zu sein. Langsam, mit beherrschten und ruhigen Schritten, gehe ich auf dich zu. Sie lassen dich nicht los, aber sie versperren mir auch nicht den Weg zu dir. Du hörst auf, dich zu wehren, und siehst mich erwartungsvoll an. Ich spüre den deutlichen Stich, den mir dein Blick versetzt. Dein Glaube an mich ist ungebrochen und in diesem Moment hasse ich mich selbst für das, was geschehen wird. So sollte es nicht sein – aber das ist in diesem einen Augenblick nicht wichtig. Ich lasse mich vor dir in die Knie sinken. Unsere Augen sind auf einer Höhe. Sanft streiche ich mit meinen Fingerspitzen die Tränen von deinen Wangen. Eine meiner Hände fährt durch dein weiches Haar, um dich zu beruhigen. Du hörst auf zu schluchzen und drückst deinen kleinen Kopf fester gegen meine Hand. Deine Augen weichen keine Sekunden von meinen, als würdest du mich allein mit deinem Blick festhalten wollen. Ich lächle eines der seltenen leisen Lachen, die nur für dich bestimmt sind. Ich weiß, wie viel es dir bedeutet. Du verstehst nicht, was geschieht und ich muss alles in meiner Macht stehende tun, um dir deine Angst zu nehmen – Ich bin dein großer Bruder, das ist meine Aufgabe. Ich werde mir nie mehr in die Augen sehen können, für das, was ich dir antue. Ich weiß es. Trotzdem stoppe ich nicht in meinem Tun, nehme eine deiner zerbrechlichen Hände in meine eigene. „Es wird alles gut, Kleiner …niemand wird dir etwas tun, ich verspreche es dir. Dir wird nichts passieren …ich werde es nicht zulassen – das weißt du doch. Ich bin immer für dich da, keiner kann dich von mir weg bringen… wir gehören zusammen, kleiner Bruder…“ Du siehst mich an, mit diesem unglaublichen Blick. Du vertraust mir. Ich bin dein großer Bruder, ich habe dich nie belogen. Du schniefst …und dann nickst du, langsam und zögerlich. Ich lüge nicht – wenn ich es so sage, wird es auch so kommen. „Alles wird gut.“ Mit diesem Worten hauche ich dir einen Kuss auf die Stirn. Ein letztes Mal drücke ich deine zarte, kindliche Hand in meiner. Dann lasse ich dich los und mache zwei Schritte zurück. Du verfolgst meinen Weg mit deinen Augen, ich spüre deinen Blick fast körperlich. Die Männer packen dich wieder fester und wollen dich in eine Richtung davon zerren. Ich sehe, dass du dich dagegen wehren willst, und ich kann diesen Reflex deutlich nachempfinden – ich würde in deiner Situation genauso handeln. Doch bevor du etwas tust, wandert dein Blick erneut zu mir. Fragend siehst du mich an. Und ich stehe da, bewegungslos, wie erstarrt …und besiegle dein Urteil, indem ich dir zunicke und dir ein zweites dieser besonderen Lächeln schenke. Du lächelst schwach zurück und lässt es widerstandslos geschehen, dass sie dich mit sich ziehen. Ich schaue euch nach, fixiere dich mit meinen eigenen, dunklen Augen und wende meinen Blick nicht von dir ab, bis ich dich und deine Häscher in weiter Ferne verliere, mein Blick euch nicht mehr länger folgen kann. Seufzend hebe ich meinen Kopf und blicke hinauf in den Himmel. Dann werfe ich einen letzten Blick auf den Horizont, hinter dem du verschwunden bist. Ich werde dich nicht mehr wieder sehen. Ich wende mich ab und laufe in die entgegen gesetzte Richtung davon. Ich drehe mich nicht ein einziges Mal um …da ist nichts, zu dem ich mich umdrehen könnte. Hinter mir liegt nur die Leere… eine Vergangenheit, der ich heute mit überwältigender Endgültigkeit den Rücken gekehrt habe. Ein Geräusch reist mich aus meinen Gedanken. Leicht irritiert mustere ich den Mann, der mich mit seinem Räuspern zurück in die Realität geholt hat. Er ist jünger als ich, seine schlaksige Gestalt steckt in einer blauen Uniform. Zwischen den hohen, kalten Steinmauern wirkt seine Präsenz nahezu bedeutungslos. Wie, um mir bewusst zu werden, wer und wo ich bin, lasse ich meine Augen an meinem eigenen Körper hinunter gleiten. Mein schwarzer Anzug sitzt perfekt, meine Schuhe glänzen und mein Hemd ist schneeweiß und absolut sauber, wie immer. Meine Augen schweifen zurück zu dem Fremden. Ungeduldig starre ich ihn an. Weiß dieser Mann denn nicht, weshalb ich hier bin? ...anscheinend nicht. Ich will ihn schon darauf ansprechen, als ein anderer, älterer Mann den Raum betritt. Er wirft mir einen kurzen Blick zu, ist gerade dabei, sich wieder von mir abzuwenden… und hält plötzlich in seiner Bewegung inne. In den Augen des Alten funkelt Erkennen auf und ich brauche einen Moment, bis ich ebenfalls weiß, wen ich vor mir habe. Ungewollt schnürt sich meine Kehle zu, die Gedanken schirren nur so in meinem Kopf umher. Ich will etwas sagen, um diesem schmerzhaften Augenblick zu entkommen, aber der alte Mann ist schneller. „Guten Tag, mein Herr …wir haben uns eine sehr lange Zeit nicht mehr gesehen… was kann ich für sie tun?“ Unfähig, einen zusammenhängenden Satz zustande zu bringen, sehe ich ihn weiter an. „Möchten sie jemanden besuchen? …ihren Bruder vielleicht…?“ Ich starre ihn an, als hätte er den Verstand verloren. „Ich habe keinen Bruder.“ Kapitel 3: Dein Lächeln ----------------------- Für... die Menschen, die einem das Meiste auf der Welt bedeuten. Du drehst plötzlich den Kopf und blickst zu mir herüber. Ich lächle und du lächelst zurück. Grinsend widmest du dich wieder deinem Training und ich fahre fort, dich dabei zu beobachten. Ich hätte nicht lächeln müssen, das weiß ich. Aber ich habe es dennoch getan, denn es hat dich gefreut. Gewiss gäbe es interessanteres für mich, als hier in dieser Halle zu sitzen und eine Stunde zu warten, bis das Training vorbei ist. Ich tue es trotzdem, denn du belohnst mich dafür immer mit einem Lächeln, wenn dein Blick auf mich fällt. Ich brauche nicht mehr. Dein Lachen entschädigt mich für jede Langeweile, es macht mich …glücklich. Viele Menschen verstehen nicht, wie wir es Tag für Tag miteinander aushalten können. Wir schreien uns an, wir verfluchen uns und wir schweigen uns an. So ist es immer, selbst ich kenne es nicht anders. Du und ich sind schon seit Ewigkeiten nur zusammen anzutreffen …ja, natürlich sind wir Gegensätze, aber es kümmert mich nicht. Sollen die anderen doch denken, was ihnen beliebt. Ich brülle dich trotzdem an, ich schmolle trotzdem mit dir und ich umarme dich trotzdem. Und wenn du lächelst habe ich all das vergessen und vergebe dir, bis wir uns wieder in den Haaren liegen. Da sollte nichts sein, was mich an dich bindet. Du bist nicht so schlau wie ich. Du bist zwar klug, aber leider kein Genie. Ich kann es sehen, wenn die Dinge über deinen Verstand hinausgehen… Aber dann lächelst du wieder, wie um dich zu entschuldigen, und ich beginne, von etwas anderem zu reden. Dir zu liebe. Ich weiß nicht wirklich, warum es so ist, aber ich würde für dein Lächeln alles tun. Und selbst wenn ich mich dumm stellen müsste, würde ich es sofort tun. Du warst da, als sonst keiner da war und bist es auch heute noch. Das ist alles, was ich verstanden habe. Als ich niemanden hatte, kamst du und wurdest meine Familie. Mit deinem Lächeln, deinem ganzen Wesen. Du bist die Schwester, die ich nie hatte. Plötzlich warst du in meinem Leben und ich bin ich nie wieder losgeworden …nicht, als das ich es überhaupt versucht hätte. Ich gebe zu, ich wollte nicht. Ich war einsam, damals, und dein Lächeln gab mir Geborgenheit. Du wurdest der essentielle Teil meines Lebens, meiner Seele. Inzwischen kann ich nicht mehr ohne dich und dein Lächeln, das mich alle andere vergessen lässt und mich selbst zum Lachen bringt… egal, wie ich verzweifelt ich gerade bin, ob ich toben oder weinen will. Ich hebe meinen Kopf, als ich deinen Blick auf mir spüre. Wir schauen uns für Momente in die Augen, dann lächelst du wieder und …ich kann nichts dagegen tun… ich lächle zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)