Danaus Plexippus von nymphalidae (Nadeln die den Körper brechen) ================================================================================ Nadeln, die den Körper brechen ------------------------------ Titel: Danaus Plexippus - Nadeln, die den Körper brechen Genre: Drama Kapitel: Oneshot Hallo. Mein Name ist Danaus Plexippus. Man nennt mich auch Monarchfalter. Ich bin 3 Jahre alt. Eine lange Zeit für einen einfachen Schmetterling? Ja. Das ist sie. Ich habe ein sehr langes Leben hinter mir. Wollt ihr meine Geschichte hören? Ich erzähle sie euch. Ich weiß es noch als wäre es gestern gewesen.. Ich spürte, wie die Wärme der Sonne auf meinen Körper strahlte, fühlte die Blätter unter meinen plumpen Beinen. Ein zarter Windhauch erfrischte die stehende Luft. Ich kroch auf einen Tautropfen zu, konnte mich darin spiegeln. Die grellen Streifen glänzten auf meiner schwarzen Haut. Ich setzte meine Lippen an das erfrischende Wasser, nippte daran, ehe ich mich wieder den Blättern des Asclepias Speciosa zuwandte. Ich spürte, dass es bald soweit war. Ich würde mich verpuppen und danach endlich die Welt sehen. Erneut ein leichter Windhauch. Ich sah nach oben. An der Blüte des Seidenstrauches saß ein leuchtender, heller Falter. Würde ich eines Tages auch so aussehen? Bunt und strahlend wie die Sonne? Meine Eltern waren gestorben noch bevor ich geschlüpft bin. Von wem stammte ich also ab? Was waren sie für Schmetterlinge? Ich wusste es nicht. Ich konnte nicht einmal erahnen welches Muster meine Flügel eines Tages tragen würden. So viele Farben, so viele Variationen. Es gab unendlich viele Möglichkeiten für mich. Doch war ich jetzt nur eine einfache, schwarze Raupe mit hellen Streifen. Auf einmal flog ein Schatten über mir hinweg. Ich erschauderte, stellte die kleinen, fühlerähnlichen Anhänge in meinem Nacken und an meinem Schwanz auf. Nun wäre es möglich gewesen den Geräuschen zu lauschen, doch wie? Ich besaß doch keine Ohren. Was sollen Raupen auch mit Ohren? Sie müssen fressen bis sie bereit sind sich zu verpuppen. Doch nicht nur Ohren fehlten mir. Ich kann sehen, doch sind meine Augen schlecht. Mir entgehen so viele Dinge. Eine graue, einsame Welt mit kaum einer Farbe. Aber bald, bald würde es anders sein. Wenn ich mich erst einmal verpuppte und zu einem Schmetterling geworden war, würde ich so viele Ding wahrnehmen. Plötzlich bemerkte ich erneut den Schatten, blickte auf. Der Falter saß noch immer an seiner Blüte, doch schon schoss ein Vogel über mir hinweg. Der Schmetterling war verschwunden. Da ist es besser eine kleine, giftige Raupe zu sein, dachte ich verschmitzt bei mir. Giftig – ja, das war ich. Und bin es bis jetzt noch. Der Seidenstrauch hilft mir dabei. Deshalb auch die grellen Streifen auf meinem Körper. Sie warnten vor dem Gift. So rührte mich niemand an. Hungrig fraß ich weiter an den Blättern. Sie waren nicht so frisch, wie sei sein sollten. Sie waren auch nicht so nahrhaft. In der Nähe wohnten Menschen. Fabriken, die die Luft verpesteten standen auf engstem Raum nebeneinander. Der Regen vom Tag zuvor brannte noch immer auf meiner Haut. Regen am Tage, ohne eine kleine Wolke am Himmel. Ich war unter ein großes Blatt gekrochen, hatte mich dort versteckt, bis der Regen wieder vorbei war. Zu dieser Zeit ergoss sie häufig dieser Regen über die Pflanzen hier. Von Tag zu Tag wurde es kühler. Der Herbst zog wohl bald ins Land. Ich müsste mich beeilen. Bald würden meine Artgenossen aufbrechen. Und ich mit ihnen. Von Südkanada würden wir fliegen bis nach El Rosario in Mexiko oder nach Kalifornien. Vielleicht auch noch weiter in den Süden. Je nach Ziel würden wir über viertausend Kilometer zurücklegen. Damals ahnte ich noch nicht, wie schnell die Reise für mich zu Ende sein würde. Ich freute mich die Welt zu sehen, die bunten Farben, alles das, was mit die Blütenmeere in Mittel- oder Südamerika selbst zur Winterzeit zu bieten hatten. Langsam krabbelte ich den Ast weiter herunter. Oben hatte ich schon fast alle guten Blätter abgefressen. Und noch immer hatte ich Hunger. Großen Hunger. Lag es an der schlechten Nahrung? Oder gehörte es für eine Raupe einfach dazu? Doch egal welchen Grund es hatte, ich brauchte diesen Hunger. Immerhin musste ich später noch Stürme und Kältewellen überstehen. Der schon jetzt ätzende Regen, der bei strahlendem Sonnenschein niederging würde mir die Flügel brechen. Doch war der Regen wirklich natürlich? Mit großen Maschinen fuhren die Menschen durch meinen Lebensraum, zerbrachen Blumen und Sträucher. Irgendwann würde hier alles sterben. Aber bis dahin wäre ich sicher weg. Ganz sicher... Tage und Nächte zogen ins Land, vergingen wie Sekunden. Eines Nachts ergoss sich ein Schauer klaren Wassers über mich. Ich erschrak. Es war nicht diese brennende Flüssigkeit. Nein, diese war sanft und wusch meinen Körper, sodass das Gebräu vollständig verschwunden war, in der Erde versickerte. Zusehends verdorrten in den nächsten Tagen die Pflanzen um mich herum und die Menschen sprühten erneut eine brennende Flüssigkeit. Doch ich musste durchhalten. Egal wie viele Schmerzen es bereitete. Ich musste durchhalten und dann... Dann könnte ich fliehen. Am nächsten Tag wusste ich, es war soweit. Ich aß noch etwas und verpuppte mich in einem kleinen, grünen Kokon. Ganz nah hing ich an einem Blatt des Strauches, auf dem ich mich befand. Hier würde mich niemand finden. Die nächsten fünfzehn Tage befand ich mich in einer Art Dämmerschlaf, aus dem ich nur langsam wieder erwachte. Ich spürte die Enge um mich, die mich gefangen hielt. Immer wieder drückte ich mich gegen den Kokon, bis dieser langsam nachgab und ein kleiner Riss entstand. Mit aller Kraft die ich hatte presste ich meinen Kopf durch den schmalen Schlitz, bis ich dann auch mit meinem Körper herausklettern konnte. Ich fühlte etwas schweres von meinem Rücken hängen, blickte nach hinten. Dies war nun kein Problem mehr für mich. Meine Augen waren in viele kleine Facetten unterteilt. So konnte ich in alle Richtungen sehen, ohne mich dafür drehen zu müssen. Als ich also nach hinten sah, entdeckte ich vier feuchte, zusammengeklappte Flügel. Doch um diese würde ich mich erst später kümmern. Erst einmal musste ich richtiges Leben in meine Beine und Fühler bringen. Ich begann deshalb mich zu putzen, wodurch die Durchblutung angeregt wurde, bis ich meine Tastorgane ohne Probleme ausstrecken konnte, die kühle Luft erfühlte. Es war wohl schon Herbst. Ich musste mich beeilen. Die anderen würden sicher nicht auf mich warten. Langsam, ganz langsam kraxelte ich an der Pflanze nach oben, bis ich über das ganze Feld blicken konnte. Dort spürte ich die Sonne, wie sie auf mich herunter schien, meine Flügel trocknete. Immer weiter konnte ich diese aufklappen, bis sie in ihrer ganzen Pracht erstrahlten. Ein Blick nach hinten verriet mir, dass sie schwarz und orange waren. Die Flügel eines Monarchens. Dies ließ mein Herz für einen Moment schneller schlagen. Meiner Meinung nach war ich der schönste Monarch weit und breit. Ich schlug mit den Flügeln. Einmal. Auch ein zweites Mal. Sie bewegten sich schnell und anmutig. Dann wagte ich mich von der Pflanze. Schnell schlug ich die Flügel, erhob mich in die Lüfte. Freiheit! Ja, ich war endlich FREI. Frei von diesem Feld. Frei von der Fressgier. Frei von dieser farblosen, schnöden Welt. Überglücklich drehte ich ein paar Runden, entdeckte eine prachtvolle, violette Blume am Rande des Feldes. Im Sturzflug jagte ich darauf zu, ließ mich dann sanft auf eines der Blätter sinken. Zum ersten Mal in meinem Leben kostete ich Nektar. Und ich sage euch – er war das Beste, was ich je in meinem kurzen Leben gegessen habe. Er schmeckte süßlich und zart. Immer mehr trank ich von dem Saft, bis mein Magen ganz gefüllt war. Dann erhob ich mich ein weiteres Mal in die Lüfte. Am Rande eines Waldes hatten sich schon andere Monarchen versammelt. Nun würde es losgehen. Ich setzte mich noch diese Nacht zu ihnen. Eng beieinander hatten wir es uns auf einem Baum gemütlich gemacht, sodass niemandem von uns etwas passieren konnte. Und am nächsten Morgen ging es dann los. Unsere Reise trug uns über eine Wiese. Das Gras war schon etwas verdorrt. Dennoch war sie eines der schönsten Dinge, die ich je gesehen habe. Für einen Moment setzte ich mich auf einer kleinen Blüte zwischen den Grashalmen nieder, ehe ich wieder startete, mich in den Himmel empor erheben wollte, als mich plötzlich etwas gewaltvoll nach unten riss. Mein Körper schlug auf den Boden auf. Als ich wieder zu mir kam und sofort fliegen wollte, spürte ich etwas an meinen Flügeln. Panisch zappelte ich, starrte auf die Finger, die die dünnen Zellen zu zerbrechen drohten. Nein. Ich wollte hier nicht sein. Ich wollte fliegen. Frei sein. Ich wollte die Blütenmeere sehen, wollte die Welt erkunden, doch es half nichts. Die Finger legten sich vorsichtig um meinen Körper, ehe ich in einem kleinen Käfig aus einem dünnmaschigen Netz landete. Etwas benommen flog ich gegen die Wände, versuchte zu entkommen, doch hatte ich keine Chance. Ich sah die anderen davonfliegen. Wie gerne wäre ich bei ihnen gewesen.. Doch es blieb mir versagt. Der Mensch trug mich zu sich nach Hause. Nun, das war doch auch was. So sah ich das Zuhause dieser Person. Überall an den Wänden sah ich andere Schmetterlinge – neue Freunde. Nein, hier konnte es nicht schlecht sein. Sie waren schließlich auch da. Also ließ ich mich brav fangen, als die Finger wieder nach mir griffen. Ich spürte nur noch einen stechenden Schmerz durch meinen Körper zucken. Nun bin ich einer von ihnen. Einer von den hunderten Schmetterlingen an den Wänden. Eingesperrt in Glas, eine Nadel durch den Körper. Gemacht für die Ewigkeit... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)