Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 25: Betroffenheit ------------------------- Ab nächstem Kapitel gibt es wieder normale Zeichensetzung, hallelujah! Ansonsten gibt es wie versprochen spät abends das Kapitel. Ich schaffe es leider nicht mehr Kommentare zu beantworten, da ich in den letzten Nächten kaum Schlaf gefunden habe (das passiert, wenn man mehrere Tage feiert). Nebst der Tatsache, dass wegen eines Todesfalls der Haussegen schief hängt. Ich wünsche euch einfach viel Spaß beim Lesen und eine fröhliche Weihnacht! Dieses Jahr als Weihnachtsgeschenk gibt es eine Kingdom Hearts Fanfiction mit dem Titel "Behind the scenes". _________________________________________________________________________________ “Ist das so richtig?”, wandte der Richter sich nach einigen Sekunden, in denen er wie hypnotisiert mit Entsetzen – und auch einer Spur Ekel – auf Katsuyas Arme gesehen hatte, an dessen besten Freund. “Ja, ist es.”, bestätigte dieser. “Dürfen wir ihre Antwort ins Protokoll aufnehmen?” “Natürlich.”, erwiderte er ruhig, während er eine Hand auf Katsuyas Schulter legte und einen kurzen Blick auf dessen Gesicht warf, “Benötigen sie meine Daten?” “Bitte.”, der Richter machte mit der Hand eine halbrunde, von sich weg geführte Bewegung mit der Hand, um ihn zum Sprechen aufzufordern. “Mein Name ist Atemu Muto, ich bin der Zwillingsbruder des genannten Sportlehrers Yugi Muto. Wir sind beide sechsundzwanzig Jahre alt und ledig. Ich arbeite als freiberuflicher Künstler in der Unterhaltungsbranche...”, wahrlich eine sehr freundliche Umschreibung, Yami, “...und habe Katsuya dadurch kennen gelernt, dass er mich vor einer Bande gewalttätiger Jugendlicher gerettet hat. Ich stelle mich auch gerne als Zeuge zur Verfügung.” “Ich werde möglicherweise auf sie zurückkommen.”, erklärte der Richter und wandte sich wieder Seto zu, “Fahren sie bitte fort.” Yami währenddessen griff nach Katsuyas Armen, legte sie in dessen Schoß und hang die Jacke um seine Schultern, bevor er auch seinen Arm um diese schlang und den Blonden zu sich zog. Mit der freien Hand kniff er in Katsuyas Wange, bevor er mit ihr eine der kühlen Hände griff und sie drückte. “Yugi Muto sprach mich am darauf folgenden Montag in der Mittagspause das nächste Mal an. Er hatte Katsuya am Morgen gefunden, als dieser orientierungslos vor der Schule her irrte. Im Lehrerzimmer, in das er ihn zuerst brachte, ließ Katsuya sich neben der Heizung auf dem Boden nieder. Er hatte Erfrierungen an Händen und Füßen und behandelte diese selbst mit Tüchern und warmen Wasser, dass Herr Muto ihm auf dessen Bitte hin brachte. Auf ihn hat es den Eindruck gemacht, dass Katsuya diese Verletzungen gut kannte.” Der Blonde nickte nur stumm, ohne auch nur vom Richter aufgefordert zu werden. “Katsuya erzählte ihm auf Nachfrage hin, dass er am Abend zuvor die gemeinsame Wohnung mit seinem Vater verlassen hatte, da dieser sein Zimmer verwüstet habe.” “Noch einmal – merken sie auf was für absurde Ideen das Kind kommt?”, schallte Herrn Jonouchis Stimme durch den Raum. “Er verbrachte die Nacht im Freien.”, Seto ignorierte die Unterbrechung vollkommen, “Und erzählte Herrn Muto sogar von der Wunde, die er sich zugefügt hatte.”, er atmete einmal tief durch, “Wir entschieden gemeinsam, dass es so nicht weitergehen konnte. Herr Muto bat mich die Sache zu übernehmen, da er selbst noch unter Schock stand. Ich erkundigte mich beim Jugendamt, was in einem solchen Fall zu tun sei und bereitete mich darauf vor am nächsten Tag mit Katsuya ein ernstes Gespräch zu führen – er kam mir allerdings zuvor.”, ein leichtes Lächeln spielte mit Setos Lippen, “Katsuya war länger geblieben, um mit mir zu sprechen. Er bat mich bei mir wohnen zu dürfen und ich stimmte dem nach kurzer Überlegung zu. Wir waren noch am selben Tag beim Arzt, wo die Fotos gemacht wurden, die sie in den Berichten von Doktor Murashi finden, und im Jugendamt bei Herrn Sarowski, der freundlicherweise für uns Überstunden machte.” Der Richter betrachte Seto einen Moment regungslos, bevor er langsam nickte und den Blick zu Boden fallen ließ. Sein Kopf stützte sich auf beide Hände, deren Finger ineinander lagen, während er sich selbst auf seinen Stuhl nach vorne gelehnt hatte. Diese Haltung gab er nun auf, ließ sich nach hinten und die Hände in seinen Schoß sinken und atmete hörbar aus. “Gibt es jemanden, der zu der bisherigen Aussage etwas hinzufügen oder anmerken möchte?”, seine Lautstärke hatte er merklich gesenkt, doch man verstand ihn dennoch hervorragend. Als nach mehreren Sekunden noch niemand geantwortet hatte, fuhr er fort: “Katsuya hat sich seitdem in ihrem Haus aufgehalten?” “Das ist korrekt.”, bestätigte der Aussagende. “Hatte er Kontakt zu seinem Vater?” “Nicht, dass ich wüsste.”, Seto hob die Hand einige Zentimeter, doch ließ sie in selbiger Geschwindigkeit wieder sinken, “Ich denke es auch nicht. Seiner Aussage nach hatte er nicht einmal Kontakt zum Nachbarn seines Vaters, Hiroto Honda, mit dem er ein relativ gutes Verhältnis pflegte.” “Diese Taktik ist so was von subtil...”, flüsterte Yami mit Faszination in der Stimme in Katsuyas Ohr, welcher unfokussiert seine Augen auf einen Punkt zwischen Tisch und Podest gerichtet hatte. “Wie haben sie ihn in der Zeit erlebt, seit er bei ihnen ist?”, forschte der Richter nach. “Als schwierig.”, gab Seto zu, was Katsuyas dazu brachte zumindest mal seinen Blick in dessen Richtung zu lenken, “Zu Anfang war er vollkommen verängstigt. Als ich ihn morgens wecken wollte, versteckte er sich hinter dem Bett und flehte mich an ihn nicht zu schlagen. Er war sehr vorsichtig, traute sich kaum etwas zu sagen oder sprach äußerst leise. Danach wurde er praktisch unberechenbar. Er traf sich mit Freunden ohne mir Bescheid zu sagen, gab freche Antworten und schmiss Pläne über den Haufen. Gleichzeitig war er brav wie ein Lamm, hielt sich an alle Abmachungen und benahm sich wie ein verantwortungsvoller Schüler. Von pädagogischer Seite her würde ich sagen, er hat seine Grenzen ausgetestet. Mittlerweile hat sich beides gelegt, er ist frech, aber nicht dreist, er ist spontan, aber nicht unzuverlässig, er hat also für den Alltag ein sehr umgängliches Verhalten, das ich persönlich sehr schätze.” Katsuya regte sich nicht, atmete weiter flach und sah Setos Hinterkopf an. Ob er das wohl ernst meinte? War da von Setos Seite doch mehr als Abhängigkeit? Was sein eigenes Verhalten alles ausgelöst hatte, strich er hier ja vollkommen aus seiner Aussage... war das eine Lüge, die er dem Richter hier auftischte oder war das so ernst? War das nur eine vorgefertigte Geschichte, die Yami und Seto ausgeklügelt hatten, weil sie glaubwürdig war? “Wenn allerdings eine unbekannte Situation auftaucht, reagiert Katsuya mit Panik, Dissoziationen...”, der Brünette warf einen Blick über die Schulter, “Das ist der Zustand, in dem sie ihn gerade sehen. Er hat alle emotionalen und sensiblen Verbindungen zu seinem Körper und seiner Außenwelt gekappt.”, hatte er? Katsuyas versuchte in sein Inneres zu sehen, doch da befand sich nichts, “Nun, Panik, Dissoziationen oder Aggressionen.” “Aggressionen?”, hakte der Richter sofort nach. “Ja. Er schreit andere an oder lässt seine Wut an Gegenständen aus, nachdem er sichergestellt hat, dass er keine anderen dabei verletzt. Dieses Verhalten ist erst in der letzten Woche aufgetaucht.” “Das ist das Verhalten, dass ich seit über zehn Jahren kriege. Nur dass es ihn in meiner Gegenwart noch nie interessiert hat, wen er alles verletzt.”, brummte Herr Jonouchi aus der letzten Reihe, “Daran sieht man doch nur, wie krank dieses Kind ist.” “Da stimme ich dem Herrn vollkommen zu.”, lenkte Seto sofort ein, “Daran sieht man, wie krank Katsuya ist. Er zeigt dieses Verhalten, wenn er Angst bekommt, weil ihm die Situation neu oder er unsicher ist. Für mich persönlich macht das klar, was dieser Junge seit über zehn Jahren für seinen Vater empfindet.” “Was erdreisten sie sich eigentlich-” “Meine Herren, bitte.”, der Richter fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar und seufzte. “Entschuldigen sie, bitte.”, erwiderte Seto mit leicht gesenkter Stimme, “Da sie nun wissen, was ich von Katsuya erlebt habe, hoffe ich, dass sie verstehen können, dass ich Herrn Jonouchi eher feindlich gegenüber stehe.” Der Richter hob die faltigen Lider, schürzte die Lippen und straffte sich in seinem Stuhl, bevor er trocken erwiderte: “Dazu werde ich mich zu diesem Zeitpunkt nicht äußern. Vielen Dank für ihre Aussage, setzen sie sich, bitte.” Der Achtundzwanzigjährige nickte, erhob sich würdevoll und war mit zwei Schritten bei ihnen, wo Yami den Jugendlichen mit sich zur Seite zog, um ihm Platz zu machen. “Er hat dazu gelernt seit dem letzten Mal.”, flüsterte der Elegante rechts von dem Blonden seinem besten Freund zu seiner Linken zu, während der Richter bat, dass man Isis Bescheid sagte. “Die eingeflossenen Namen hat er dennoch aufgeschrieben.”, erwiderte der andere, “Die Taktik hat er nicht durchschaut. Und deine Beschreibung war erstklassig, wenn auch sehr detailliert.” “Er mag Details.”, Isis schritt an ihnen vorbei, warf Katsuya einen besorgten Blick zu, setzte sich und beantwortete die Fragen zu ihrer Person, “Und schließlich hat es ihn wirklich dazu gebracht bei kritischen Stellen nicht genauer nachzufragen. Das hätte Komplikationen geben können.” Der Rothaarige lächelte nur und legte seinen Kopf an die Schulter des in der Mitte Sitzenden, um den er auch den anderen Arm legte. “Katsuya?”, fragte Seto leise nach. Dieser hatte die Schwester mit seinem Blick verfolgt, der auf ihr liegen geblieben war, als sie sich setzte. Sein Atem war nicht einmal für ihn selbst noch hörbar. “Wenn er will, kommt er zurück...”, Yamis Stimme war ein einlullender Singsang, “Und wenn er muss, können wir ihn holen.” “Du willst ihn einfach so lassen?”, er sah es nur im Augenwinkel, aber Setos Stirn lag ganz bestimmt in Falten. Seine Stimme führte einen Hauch von Entsetzen mit sich, der in Katsuya ganz leicht etwas Positives aufsteigen ließ. “Vielleicht ist es besser so...” “Aber... wir...”, Seto beugte sich zu ihnen, “Wir haben versprochen, dass wir für ihn da sind.” “Und wir sind hier.”, die Umarmung schloss sich enger um ihn, “Der Rest liegt bei ihm. Wenn er wieder kommen will, wird er das schon tun. Er weiß, wie.” “Ab... also...”, er seufzte, sein Ton erkaltete wieder, “Gut.”, er lehnte sich auf seinem Platz zurück, den Blick auf dem Richter und sagte kein weiteres Wort. “Und haben sie bei Katsuya eine Veränderung erlebt, seit er seinen Wohnsitz geändert hat?”, sagte der Richter gerade, nachdem er sie darüber befragt hatte, wie sie ihn im letzten Jahr erlebt habe. “Oh ja, außerordentliche Veränderungen!”, sie griff nach dem Stuhl, auf dem sie saß und rückte näher an den Tisch, bevor sie sich wieder vorlehnte und ihre Arme auf diesen stützte, “Genau genommen, seit er Herrn Kaiba überhaupt begegnet ist. Er wich nicht mehr aus, wenn ich ein Gespräch begann, wir konnten uns ganz normal unterhalten. Er machte manchmal sogar Witze und lachte. Es gab zwar auch Momente, wo er lieber schwieg, weil er Schmerzen hatte, aber er war bei weitem nicht mehr so unfreundlich und aggressiv. Je länger er bei Herrn Kaiba war, desto besser wurde das sogar.”, aus ihrer Stimme sprach pure Begeisterung, es schien fast, als würde sie für ihn schwärmen, “Er stellte mir einen Freund von sich vor und wir unterhielten uns prächtig. Wenn er frei hatte, kam er freiwillig zu mir, einfach nur auf ein Glas Saft oder damit ich einen Blick auf seine Wunden warf. Und er hat sogar ein-, zweimal von sich aus über seine Gefühle gesprochen. Das hat mich außerordentlich gefreut.” Isis hatte ihn echt lieb. Katsuya versuchte zu lächeln, doch das einzige, was er erreichte, war, dass eine Träne über seine Wange rann. Isis hatte ihn lieb. “Und wussten sie, woher er seine Wunden hatte?” “Im letzten Jahr habe ich nur vermutet. Ich glaube, er hat es mir bis heute nicht ins Angesicht gesagt, aber natürlich ist mir mittlerweile klar, woher sie stammen.”, antwortete sie immer noch leicht lächelnd. “Selbst wenn sie nur vermutet haben, warum haben sie nie das Jugendamt informiert?”, verlangte der Richter zu wissen. “Leider aus schlechten Erfahrungen...”, sie seufzte und ließ den Kopf ein wenig hängen, “Im Nachhinein tut es mir auch sehr Leid. Ich hätte über meinen Schatten springen sollen. Ich habe damals nur seinem Klassenlehrer gesagt, was ich vermute und der meinte, dass das nicht sein könne. Und ich hatte Angst, was aus dem Jungen werden würde, wenn ich das täte... wissen sie, ich habe einmal das Amt informiert, als ich noch nicht sehr lange im Beruf war. Sie haben jemanden in das Haus des Mädchens geschickt und... und...”, sie hob die Hand vor den Mund und hickste leise, “Entschuldigen sie bitte... es steckt mir noch heute in den Knochen. Am nächsten Morgen verstarb sie uns auf der Intensivstation. Der Vater ging zwar wegen Totschlag für ein Jahr ins Gefängnis, aber...”, sie schüttelte nur den Kopf und ergriff das Taschentuch, das Seto ihr reichte, “Danke...” Aber im Endeffekt fühlte Isis sich schuldig für ihren Tod. Dabei hatte sie das Richtige getan. Einzugreifen änderte die Situation auf jeden Fall – ob nun zum Guten oder Schlechten. Wäre es ihm das Risiko wert gewesen? Doch die Antwort konnte Katsuya in seinem leeren Kopf nicht hören. “Gut... ich hätte keine Fragen mehr.”, gab der Richter zu und sandte der Dame, die ihre Tränen trocknete, einen fragenden Blick. Diese sah kurz auf, nickte nur, erhob sich und wählte die Reihe hinter Katsuya, von wo aus wenige Momente später nach einem Schnauben auch nichts mehr zu hören war. Ein weiterer Mensch, der auf seiner Seite stand. Katsuya atmete scharf ein. Im Gegensatz zu ihr. Eine hübsche Frau von Anfang vierzig ließ sich auf dem für sie viel zu einfach wirkenden Stuhl nieder, schlug die Beine übereinander, rückte ihre Brille zurecht und strich sich eine Strähne ihres dunkelbraunen Haars, dass sie hochgesteckt hatte, zurück hinter ihr Ohr. Sein Atem beschleunigte sich, als er nach Setos Hand griff und diese sehr fest in seiner hielt. Der Auftritt seiner Mutter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)