Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 89: Zusammenbruch ------------------------- Hätten meine Kapitel noch englische Titel, so hieße dieses "Falling apart". Es ist dunkel und niederdrückend und somit sicherlich ein guter Start in die Woche (>.>). Ich muss zugeben, ich hatte mit diesem Kapitel ziemliche Not und Mühe. Nicht inhaltlich sondern zeitlich. Meine Uni hatte mir plötzlich Kurse in die Woche gelegt x-x Zwei Neunstundenkurse! Und mir zwei Tage vorher Bescheid gegeben ô.o Wahnsinnige! Aber ich habe es geschafft ^.^ Ich weiß zwar nicht, ob ich dieses Kapitel für gut oder schlecht halte, aber da das sowieso subjektiv ist, überlasse ich jedem einzelnen von euch eine Wertung darüber. Ansonsten wollte ich mich entschuldigen, dass ich mal wieder lahm und faul mit den ENS war. Das hatte ebenfalls mit den Unikursen zu tun ^.^" Aber ich gelobe Besserung! P.S.: feuerregen, ich weiß, dich wird der Schlag treffen - überließ den Traum einfach XD _________________________________________________________________________________ Keine Gedanken. Keine Emotionen. Kein Wille. Und doch bewegte sich sein Körper. Er legte die Arme um sich selbst, was Seto aufmerksam beobachtete. Er hatte ihn auf den Futon verfrachtet, wo es sicher gemütlich war. Aber all das spürte Katsuya nicht. Nahm es nicht wahr und bekam es dennoch mit. Es geschah, aber weder konnte er darüber nachdenken noch es sich merken. Als würde er durch zwei Gucklöcher ein Geschehen mitkriegen... aber gleichzeitig wusste er, wie der Körper, in dem er weilte, sich bewegte, ohne dass er es sah und ohne dass er es spürte. Er fühlte nicht, wie sich seine Nägel in die Haut seiner Oberarme bohrten. Hörte nicht Setos Zischen und spürte nicht, wie dieser versuchte den todesstarren Griff zu lösen. Seine Lider waren geöffnet, doch sah er nicht, wie der Ältere sich aufbäumte und an seinen Armen zog. Er wunderte sich nicht, dass er so starr war, dass es seinen ganzen Oberkörper von den Laken hob. Er wusste nur, dass es geschah. Und es interessierte ihn nicht. Zumindest glaubte er das, da kein Gedanke in seinem Kopf laut wurde. Aber hieß es nicht, dass er dachte, wenn er eine Meinung über den Zustand seiner Gedanken hatte? Er versuchte die Brauen zusammen zu ziehen, doch sie gehorchten seinem Willen nicht. Seto währenddessen hatte seine Nägel aus der Haut gelöst, sodass nur seine Fingerkuppen seine Arme malträtierten und dort Hämatome schafften. Er kniete über Katsuya, die Lippen zu einer Linie gepresst, der Blick scharf. Seine Hände schwebten über dem liegenden Körper. Katsuyas Fokus wandte sich zur Seite. Es dauerte einige Sekunden, bis er daraus den Schluss zog, dass sein Körper sich zur Seite gedreht hatte. Die Beine zogen sich vor seinen Oberkörper, sein Kinn senkte sich, bis beide am Knie aufeinander trafen. Einen Moment später trennten sie sich wieder, seine Arme lockerten sich und seine Lider sanken auf Halbmast. Das nächste, was er registrierte, war Wärme. Eine Decke lag über seinem zusammen gekrümmten Körper. Eine Hand fuhr durch sein Haar und Nägel kratzten bisweilen über die Haut seines Nackens. Mit einem zufriedenem Seufzen gab er seinem Körper einem kleinen Schub zur Seite, dem dieser sogar gehorchte, sodass er auf den Rücken rollte – fast zumindest, da seine Beine der Bewegung nicht folgten. Es reichte jedoch, damit er zu Seto sehen konnte, der davor hinter ihm gesessen hatte. Ihn grüßte ein sanftes, aber müdes Lächeln. Neben Setos Augenlidern bildeten sich kleine Fältchen und die Lider hangen etwas tiefer als sonst. „Wieder wach?“, fragte der Ältere leise, griff nach Katsuyas Beinen und zog diese in eine bequeme Position, „Du warst zweieinhalb Stunden dissoziiert.“ Er legte sich hin und zog Katsuya an seine Seite. Den Kopf auf seine Brust, einen Arm über seinen Bauch. Die Hand des Armes, der über Katsuyas Kopf und Schulter zog und hinter ihm lag, strich über seine Seite. Mit der anderen Hand richtete er die Decke über ihnen. „Gute Nacht, Schatz...“, ein Kuss wurde auf seine Stirn gesetzt. Er zwang seine Lider sich zu schließen. Flüstern. Stimmen im Wind. Ein Jaulen, ein Pfeifen, aber so sanft, kaum hörbar. Sein Blick suchte die Ferne nach der Quelle dieser Laute ab. Er hatte die große Treppe erklommen, sich jede Stufe hinauf gezogen an seinem Kletterseil mit Enterhaken, die Monster und Illusionen bekämpft und die Spitze erreicht, um seine Freunde zu erreichen. Aber hier war niemand. Jemand hatte ihn betrogen mit Informationen. Doch er musste sie finden. Er wusste nicht warum, aber sein Gefühl sagte ihm, dass man ihn brauchte. Seine Freunde brauchten ihn, aber er wusste nicht, wo sie waren. Die Geräusche schienen von dem großen Teich zu kommen, an die die Treppe gebaut worden war. Das Wasser hatte einen ekelhaft grün-braunen Farbton, kaum durchschaubar. Er zog das Fernglas von seinem Gürtel und richtete es auf die dunkle Brühe. Die untergehende Sonne half ihm nicht gerade etwas zu erkennen, doch ein glücklicher Strahl ließ einen weißen Arm im Wasser aufblitzen. Da! Seine Freunde! Sie waren im Wasser gefangen. Entschieden sicherte er sein Fernglas wieder, ebenso sein Seil, nahm Anlauf und sprang. Der Fall von sicherlich achthundert Metern drehte ihm mehrfach den Magen um, aber er ignorierte das Gefühl. Seine Freude waren jede Anstrengung wert. Er hörte nur ein dumpfes Aufschlagen, während er mit der braunen Suppe eins wurde. Er erkannte gerade noch die Hand vor Augen, ebenso die dichten Algenstränge, die sich um seine Haut und Kleidung schlangen. Er orientierte sich kurz, bevor er in die Richtung schwamm, wo er seine Freunde vermutete. An mehreren größeren Algensträngen schlängelte er geschickt vorbei, bis er eine Lichtung erreichte. Ein Baumstamm auf dem schlammigen Boden verhinderte das Wachstum von Algen an dieser Stelle. Seinem Gefühl folgend tauchte er etwas weiter hinab, um das Holz zu untersuchen. Die Rinde war ein einigen Stellen brüchig, an einer konnte er zwischen den Stücken erkennen, dass der Stamm hohl war. Waren seine Freunde vielleicht darin gefangen? Obwohl er langsam Luftnot spürte, hangelte er sich am Holz entlang und warf einen Blick in die Röhre. Da! Weißes Haar, es musste Ryou sein. Er griff in die Dunkelheit, doch bekam nichts zu fassen. Vielleicht etwas weiter hinein? Er streckte sich, bis sein Oberkörper in der Höhle verschwand. Noch ein Stück... ja, etwas Haariges! Seine Lider weiteten sich. Nein! Die Haare schlangen sich um seinen Arm, zogen ihn in den Stamm. Eine Falle! Eine weitere Illusion! Er sperrte sich, spreizte die Beine, um sich an den Stammseiten zu halten, griff mit der freien Hand nach seinem Messer. Weiße Punkte mischten sich in seine Sicht – Luft, er brauchte Luft – doch er schaffte es seinen Arm an sich zu ziehen und die haarähnlichen Tentakeln zu durchschneiden. Immer mehr versuchten nach ihm zu greifen, doch er bekämpfte sie grimmig. Mit den Beinen zog er sich aus dem Stamm. Draußen machte er einen kräftigen Armschlag, um aufzutauchen, doch die Tentakeln schlangen sich im letzten Moment um seinen Fuß. Luft! Seinem Mund entkam die letzte Luftblase. Die weißen Punkte vereinigten sich zu einer einzigen weißen Masse. Mund, Rachen und Brust schmerzten in einem scharfen Schub, bevor seine Wahrnehmung im Nichts verschwand. „Sch... sch...“, Seto beugte sich über ihn und strich verschwitzte Strähnen aus seinem Gesicht, „Es war ein Traum. Nur ein Traum. Du bist sicher.“, er griff nach Katsuyas Kette und tippte ihm mit der Feder daran auf die Nase, „Weg mit den bösen Träumen.“ Katsuya sog scharf den Atem ein, hielt ihn diesmal jedoch an, bevor er langsam ausatmete. Ruhig... ganz ruhig... nur ein Traum... ein Schluchzen entkam seinen Lippen, bevor er sich an Seto drückte. Seine Arme legten sich um den festen Körper, während er ein zweites Mal schluchzte. Seine Schultern zuckten und er ließ sich ohne Gegenwehr auf Seto ziehen, der sich zur Seite drehte. Er hob die Arme, ballte Hände zu Fäusten, die er auf Setos Brust legte und gab den Versuch auf seine Tränen zurück zu halten. Ebenso sein Schluchzen zu unterdrücken. Es brach aus ihm heraus, schüttelte ihn und erfüllte den sonst stillen Raum. „Ist gut... wein ruhig...“, Setos Hand strich federleicht über seinen Rücken, malte Linien auf den Bademantel, den Katsuya noch immer trug. „Ich-“, mit einem Schluchzen unterbrach er sich selbst, „Ich will nicht- nicht schwach sein...“ „Das bist du auch nicht.“, erwiderte der Brünette ruhig, „Obwohl du nichts hattest, hast du dich viele Jahre selbst versorgt und am Leben erhalten. Du hast keine Angst davor dich zu wehren und kämpfst für dein Leben und deine Überzeugungen. Und derzeit kämpfst du darum gesund zu werden. Auch wenn es schwer ist, gibst du nicht auf. Du bist ein sehr starker Mensch.“ Katsuya erwiderte mit nichts anderem als verzweifeltem Schluchzen. Er krallte seine Finger in den weichen Stoff von Setos Mantel und zog diesen an sein Gesicht, um die Geräusche zu dämmen. „Zu weinen ist keine Schwäche. Es ist nichts, für das man sich schämen muss.“, Setos Hand zog träge Kreise auf seinem Rücken, „Weinen zu können, besonders vor anderen Menschen, ist eine Stärke. Viele Menschen sind nicht in der Lage Gefühle auszudrücken und Schwäche zuzugeben. Es sind diese Menschen, die sagen, es sei eine Schwäche – weil sie es selbst nicht können. Ich habe es selbst lange Zeit geglaubt, bis ich bemerkte, wie viel Angst ich davor hatte anderen etwas von mir zu zeigen. Etwas, was mich angreifbar macht.“, zwei Arme legten sich um ihn, hielten seinen von Schluchzen erschütternden Körper fest, „Seine Gefühle offen zu zeigen, ist eine Stärke, Katsuya. Ich bewundere das sehr an dir.“ Das Zittern ließ langsam nach und die Zeit zwischen den Schluchzern verlängerte sich. Der Blonde konzentrierte sich auf seinen Atem, bis er nach einer halben Minute mit einem Seufzen den Kopf hob und mit verweinten Augen Setos Blick suchte. „Hast du ein Taschentuch?“, fragte er leise und bekam eins gereicht, „Danke...“ Er setzte sich auf und nahm auf Setos Bauch Platz, während er seine Nase säuberte. Der Ältere störte sich an beidem wenig und ließ seine Arme zu Katsuyas Taille hinab sacken. „Wie viel Uhr haben wir?“, murmelte er leise und warf einen Blick zur Wand, hinter der der Garten lag. Es schien nicht sehr hell auf der anderen Seite. „Kurz vor drei.“, antwortete Seto nach einem Blick auf seine Armbanduhr, „Willst du nochmal versuchen zu schlafen?“ „Hm... na gut...“, er erlaubte seinen Augenlidern zuzufallen und legte sich wieder neben Seto – die andere Seite diesmal – bevor er sich an ihn kuschelte, „Nacht...“ „Schlaf gut.“, flüsterte dieser leise. „Katsuya?“, hörte der Blonde wie von fern, doch erst das Fingerschnippen direkt vor seiner Nase riss ihn aus seiner Trance und ließ ihn aufblicken, „Hier ist die Realität, Kleiner. Du wirst keine Erleuchtung darin finden dein Frühstück anzustarren.“ „Oh, sorry. Ich war...“, sein Satz verlief ins Leere, während er die blauen Augen fixierte – und schließlich irgendetwas hinter den blauen Augen, durch Setos Kopf hindurch. „Gerade geistig nicht ganz anwesend.“, beendete Seto den Satz für ihn und seufzte, „Du musst da leider selber raus kommen, Kleiner. Es ist deine Entscheidung, wie viele Stunden du damit verbringst herum zu sitzen und die Wand anzustarren. Sei nur so gut und iss vorher auf.“ Wie mechanisch nickte der Blonde und aß den Rest seines Frühstücks. Seto begnügte sich währenddessen damit die Zeitung zu lesen. Das nächste Mal, das Katsuya wieder bewusst nach ihm sah, hatte er es sich mit einem Buch auf ihrem Futon gemütlich gemacht. Kurz blinzelnd stand der Jüngere vom Tisch auf – er war abgeräumt worden, wie er erst jetzt bemerkte – und ging zu seinem Freund hinüber. „Oh, ein Moment des Bewusstseins?“, Seto sah auf, „Nur als Vorwarnung, heute Abend schleppe ich dich mit aufs Feuerwerk.“ Katsuya nickte nur und rollte sich auf Höhe seiner Beine zusammen, den Kopf in die Kuhle seines Rückens gelegt. Er spürte das Nichts der Dissoziation wieder an seinem Bewusstsein ziehen, doch schaffte es noch seine Frage hervor zu bringen: „Wie lange dauert das hier?“ „Bei meinem ersten Burnout waren es anderthalb Wochen.“, erwiderte Seto klar, doch kalt, „Bei meinem letzten zwei Tage.“, einen Moment herrschte Stille, in der Katsuya seinen Geist gerade wieder den Dissoziationen überlassen wollte, doch er wurde kurz zurückgehalten, da Seto noch etwas sagte, „Beim schlimmsten Mal waren es vier Monate.“ Monate... was, wenn es bei ihm auch Monate wurden? Was war mit der Schule? Mit seiner Schwester? Eine einzelne Träne rollte aus seinem Augenwinkel über seine Schläfe. Er wollte die Fragen laut stellen, doch seine Lippen bewegten sich nicht mehr. Seine Pupillen weiteten sich und ein Schleier legte sich vor seinen Augen. Alle Geräusche verstummten und die Gedankengänge starben mit dem Entfliehen seines Bewusstseins. „Hey, Schatz...“, Seto, der nebem ihm kniete, strich mit beiden Daumen über seine Wangen, „Komm ein wenig zu dir, bitte. Hörst du mich?“ Katsuya gab seinem Kopf den Befehl zu nicken, doch dieser gehorchte nicht. Er versuchte zu seufzen darüber, doch nicht einmal das kam an. Allerdings schaffte er es einmal aufmerksam zu blinzeln. „Sehr gut.“, ein schiefes Lächeln legte sich auf Setos Lippen, „Sehr gut, mein Schatz. Ich werde dich alle paar Stunden kurz aus deinen Dissos holen, ja? Ich habe ein wenig Angst, dass du mir ins Koma sinkst.“, der Brünette beugte sich herab und setzte einen Kuss auf seine Stirn, „Das... war eigentlich schon alles. Bis später... denke ich...“, seine Lippen lächelten noch immer, doch seine Augen waren mit Tränen gefüllt. Mit einem leisen Seufzer schnappte Seto wieder sein Buch und legte sich neben den leblos wirkenden Blonden. Koma? Er konnte ins Koma sinken, wenn er sich zu sehr gehen ließ? Mit einem Funken Wut kämpfte Katsuya um sein Bewusstsein. So krank war er jetzt auch nicht, ja? Er schnaubte innerlich und sandte immer wieder Signale an sein freches Mundwerk Seto einen sarkastischen Kommentar zuzuwerfen. Doch seine Lippen blieben stumm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)