Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 121: Auf Messers Schneide --------------------------------- Irgendwie habe ich es geschafft noch das Kapitel fertig zu kriegen, daher gibt es eins. Für Antworten auf Kommentare habe ich derzeit leider keine Zeit, aber ich hole es nach! Bitte drückt mir Freitag die Daumen! Und viel Spaß mit diesem Kapitel :) WARNUNG: Ich denke, das Kapitel hat Angstpotential... _________________________________________________________________________________ Das Essen war... komisch gewesen. Ungemütlich. Es hatte alles sehr gut geschmeckt und sie hatten jedes Small-Talk-Thema sicherlich mindestens einmal angeschnitten, doch überdeckte das nur schal die darunter liegende Angst. Seto hatte irgendwelche Vermutungen und sprach partout nicht darüber. Also sollten sie sich besser zu Hause hinsetzen und das klären. „So, da sind wir.“, Seto schlüpfte aus seinen Schuhen und hängte seinen Mantel auf, „Es ist ein wenig später als erwartet. Ich denke, wir sollten schlafen gehen.“ „Ah... ich wollte dir doch erzählen, was Yami und ich gemacht haben.“, so sollte das ganz und gar nicht laufen! „Du hattest da vorhin genug Gelegenheit zu.“, er sah ihn nicht einmal an und begann die Treppe ins erste Stockwerk zu nehmen, Katsuya direkt dahinter, „Dass du es nicht getan hast, heißt, dass es mir höchstwahrscheinlich nicht gefällt, was du erzählen wirst. Die Optionen, was das nun sein könnte, sind ziemlich dünn, meinst du nicht?“, Seto fuhr herum, atmete kurz tief durch und stützte sich gegen seinen Türrahmen, „Und nicht viel kann Yami dazu bringen sich zu schämen. Das Einzige, was mir da einfällt, ist Versagen und Betrug. Ich kenne ihn bedeutend länger als du, das solltest du nicht vergessen. Aber das ist wohl nur gerecht, was? Schließlich habe ich ihn ein paar hundert Mal gevögelt, nicht?“ Schluck. Heilige... Seto wusste sehr genau, was vorgefallen war. Und seine Meinung zu dem Thema. Er ging damit allerdings ungewöhnlich wenig... hysterisch um. Hätte Katsuya ihn wirklich betrogen, was bedeutete es, dass er es so... gelassen nahm? Für Setos Verhältnisse. „Seto, das ist wirklich ganz und gar nicht, was vorgefallen ist-“, begann der Blonde. „Ach nein? Dann sage mir, wo in meiner Deutung ist der Fehler? Und wage es nicht mich belügen zu wollen. Du magst schauspielern können, aber so gut dann doch nicht.“ „Ich will ja auch nicht lügen. Hör mir doch bitte in Ruhe zu.“, bat er mit tiefen Falten zwischen seinen Augenbrauen. „Ich bin ein Musterbeispiel der Ruhe für diese Situation.“, Setos Augen waren kalt wie grauer Stahl und dass er seine Arme verschränkte war ein wenig vielversprechendes Zeichen. „Es stimmt, dass ich mit Yami geschlafen hab-“ „Welch Überraschung.“, fuhr dieser dazwischen. „Bitte, lass mich ausreden.“, Katsuya seufzte leise und schloss kurz die Augen, „Ich habe dich nicht betrogen. Ich habe nicht aus Lust mit Yami geschlafen oder weil zwischen uns etwas nicht stimmt. Es war, weil...“ Ja... weil? Warum? Weil er glaubte, dass er ihm so helfen konnte? Das hörte sich selten dämlich an. Er schluckte und sank ein wenig in sich zusammen. Das hörte sich alles verdammt jämmerlich an. Wie ein Liebhaber, der verzweifelt nach Ausreden suchte. Seto hob nur eine Augenbraue, was wohl sagte, dass er bisher wenig überzeugt war. „Ich wollte ihm helfen. Er hatte noch nie mit jemanden geschlafen, für den er wirklich etwas fühlte. Für ihn war Sex nur ein Mittel zum Zweck, eine Sportaktivität. Er hat keinerlei Selbstwertgefühl. Ich wollte ihm zeigen, dass das auch anders geht.“ „Dass Sex ein Ausdruck tiefer Gefühle ist?“, Setos Lider verengten sich, „Danke, euer Ehren, das beantwortet alle Fragen restlos.“, er stieß sich von der Wand ab und wandte sich ab, eine Hand auf der Klinke zu seinem Schlafzimmer. „Seto, warte...“, Katsuya griff nach dem Arm des Anderen, doch seine Hand wurde weg geschlagen, noch bevor er diesen erreichte. „Wozu? Um mir mein Herz noch mehr zerstückeln zu lassen? Glaub mir, jedes weitere Wort macht es nur noch schlimmer.“, ihn traf ein abfälliger, wuterfüllter, enttäuschter Blick, „Ich wusste, dass das früher oder später passiert. Gegen Yami habe ich keine Chance. Ich weiß nicht einmal, ob ich eine haben will. Du bist ohne mich besser dran. Zumindest als Freund. Ich bin mehr Last, als ein einziger Mensch tragen kann, jemand so Junges wie du schonmal sowieso nicht.“ „Aber ich lieb-“ „Du bist auf jeden Fall mehr, als ich ertragen kann!“, schrie Seto und rammte eine Faust gegen den Türrahmen, bevor er tief durch atmete und die Hand lose an seine Stirn legte, „Nein, ich wollte ruhig bleiben... auf, trab ab ins Bett.“, er zeigte hinter sich zur Tür des zweiten Schlafzimmers, „Du dürftest hoffentlich nicht vergessen haben, dass du eins besitzt.“ „Aber ich vergleiche doch nicht zwischen dir und Yami! Ihr seid völlig-“ „Halt den Rand!“, seine Augenlider verengten sich, „Scher dich ins Bett, sofort.“ „A- a...“, Katsuyas Kehle zog sich zusammen. Er spürte seine Beine zittern, seine Hände beben, seine Augen zu allen Seiten flitzen, sodass er sie immer wieder zu Seto zurück zwingen musste. Er wollte weg. Er wollte hier raus. „Geh.“, wiederholte der Andere nur, trat zurück und schloss seine Zimmertür ohne Gewalt. Katsuya atmete tief durch. Ruhig. Scheiße, Seto war- ruhig... erstmal sich beruhigen. Eine Panikattacke wäre jetzt nicht hilfreich. Das hier war ganz klar nicht so gelaufen, wie es sollte. Also nochmal von vorne. Diesmal in Ruhe. Er hob die Faust und klopfte gegen Setos Tür. „Geh. Schlafen.“, zischte dieser nur unweit hinter dem Holz, was sie trennte. „Ich habe mit Yami geschlafen, weil ich der Überzeugung war, dass es ihm helfen würde sein Selbstwertgefühl aufzubauen.“, begann Katsuya mit angemessener Ruhe der Tür zu erklären, „Ich wollte dich niemals verletzen. Ich wollte nicht, dass das zwischen uns kommt. Ich wollte auch nicht, dass sich dadurch etwas zwischen uns verändert. Es ging nur um Yami. Ich bin mit dir glücklich und ich liebe dich. Das war vorher nicht anders und ist es jetzt auch nicht.“ Hoffentlich erreichte Seto das... er trat vor, legte beide Hände und seine Wange an die Tür und schloss die Augen. Er konnte keinerlei Geräusche hören. Kein wütendes Atmen, kein Weinen, kein restloses Auf-und-ab-gehen. Dachte Seto über seine Worte nach? Konnte er ihnen Glauben schenken? „Seto?“, Katsuyas Lider sanken herab, während sich seine Stirn in Falten zog, „Bist du noch da?“ Stille. War Seto wirklich da? Hatte er ihm zugehört? Aber wo sollte er sonst sein, wenn nicht in seinem Zimmer? Er- der Blonde schluckte. Er hatte sich nicht aus dem Fenster gestürzt, oder? Nein, das hätte man gehört. Aber das Bad! „Seto?“, fragte er lauter, „Seto, ich werde jetzt reinkommen.“ Keine Antwort war auch eine Antwort. Er drückte die Klinge hinab, schwang die Tür zur Seite und trat ein. Ein Blick zum Bett – ordentlich und gemacht. Es versetzte einen Stich in Katsuyas Brust. Erst heute Morgen hatten sie darin gelegen. Er riss seinen Blick fast gewaltsam davon los. Die Fenster waren zu. Hinter der Tür versteckte sich keiner. Das Zimmer war leer. „Seto?“, rief Katsuya und sprintete Richtung Bad, nur um die Tür verschlossen zu finden, „Seto! Du hast versprochen dich nicht selbst zu verletzen!“, er war kurz still – keine Reaktion, „Seto!“ Ein Klicken und mit einem lauten Knall flog die Tür auf, schlug gegen den Badschrank dahinter. Kein Blut, kein von der Decke baumelnder Gürtel, keine kalten, leblosen Augen. Sie funkelten vor Wut, die Lider darüber mit nur einem Strich Sichtbarkeit. Seto stand in voller Montur im Türrahmen mit einer Hand an seiner Hüfte, die andere hielt eine Rasierklinge – eine offene. „Ich hatte nicht vor mich zu verletzen.“, blaffte er dennoch, „Aber wenn du nicht endlich verschwindest, garantiere ich nicht für deine Unversehrtheit.“ „Ich... ich habe mir nur Sorgen gemacht...“, der Blonde zog den Kopf ein und wich einen Schritt zurück, „Bitte tu dir nichts...“ „Selbst wenn – was würde es dich angehen?“, giftete Seto und trat vor, um ihren Abstand zu halten, „Was bist du schon? Du bist mein Adoptivsohn, also werde ich für dich sorgen, aber mehr auch nicht. Du wirst nicht über mein Leben bestimmen. Du hast kein Recht mir vorzuschreiben, was ich darf und was nicht.“ „Seto... aber...“, es war, als ein Faden seine Kehle zuschnüren. Er wollte etwas sagen, aber die Worte kamen nicht über seine Lippen. Er wollte erwidern, aber in seinem Kopf zerfielen die Sätze zu Scherben. „Verschwinde aus meinem Zimmer. Sofort. Das hier ist meine Privatsphäre.“, die Hand, die vorher an Setos Hüfte gelegen hatte, streckte demonstrativ einen Finger in Richtung der Tür aus. Sollte er besser gehen? War das vielleicht doch die beste Idee? Man konnte sicher eher mit Seto reden, wenn er wieder ruhig war, aber was, wenn er dann nichts mehr ändern konnte? Wenn Setos Entschlüsse feststanden, weil er zu spät kam? Weil er in diesem Moment aufgegeben hatte. Wenn er jetzt ging, würde er sich dafür ewig schämen? Würde er Seto verlieren? Aber konnte er ihn jetzt zurück gewinnen? Oder wenigstens gnädig stimmen? Sollte er das Thema ruhen lassen oder wieder aufgreifen? Gehen oder bleiben? Oder hatte er noch mehr Optionen? Sollte er einen Mittelweg finden? Bleiben, aber das Thema ruhen lassen? Oder gehen und es wieder ansprechen? Oder insistieren... verdammt, warum musste Seto das so verquer sehen? „Warum hältst du eine Rasierklinge?“, versuchte Katsuya schließlich das Thema zu wechseln. „Um eine Erinnerung zu schaffen.“, erwiderte der Andere mit Überzeugung, während seine Gesichtszüge erschlafften. Er wandte sich den Spiegel im Bad zu und zog die Rasierklinge auf Höhe seiner Wangenknochen über die linke Wange. Aus dem tiefen Schnitt quoll noch im selben Moment das Blut hervor, spritzte blubbernd heraus, ebbte ab und spritzte leicht wieder auf. Katsuyas Schrei durchfuhr allein seine eigenen Gebeine. Seine Kehle verließ kein Laut. Es bildete sich nur ein Spalt von wenigen Millimetern zwischen seinen Lippen, während seine Lider wie in seinen Kopf hinein gezogen schienen. Er wollte vorspringen, Seto ergreifen, ihm die Klinge entreißen, doch seine Muskeln zuckten nicht einmal. „Ich werde nie wieder vertrauen.“, schwor Seto seinem Spiegelbild, während das Blut seine Wange hinab rann und rotbraune Flecken auf seinem Hemd bildete, „Ich werde nie wieder lieben.“, er ließ die Klinge in den Badmüll fallen, bevor er sich zu Katsuya umdrehte, „Und ich werde diesen drei Worten nie wieder Glauben schenken.“, er schloss die Lider, atmete tief durch und sprach weiter mit einer leisen, erschlagen wirkenden Stimme, „Und nun geh.“ Wortlos. Stumm. Wie eine Puppe drehte er sich und verließ den Raum. Mechanisch. Wie ferngesteuert. Seine Gedanken, seine Gefühle waren weit, weit weg. Sie schrieen, dass er nicht gehen durfte, dass er Seto helfen musste, ihm etwas sagen sollte, aber diese Stimmen gingen in dem Nebel unter, der sich um seinen Kopf gelegt hatte. Er stieg aus seinen Schuhen, seiner Hose, seinem Shirt und zog den Pyjama an, der im Bett lag. Setos Pyjama. In Mokubas Bett. Sein Blick schweifte durch den Raum. Hier war nichts von ihm. Gar nichts. Kein Bild. Keine Zeichnungen. Nicht einmal ein liegen gebliebenes Burgerpapier. Alles hier war steril und kalt und fremd. Seto... er schloss die Augen, hob die Decke und sank auf das Bett, wo er lose die Daunen über sich zog und die Wand anstarrte. Ein Messer. Zwei Messer. Drei Messer... Tränen schossen in seine Augen und rannen seine Wangen entlang. Ein schwarzes Loch bildete sich auf Höhe seines Herzens und begann alles in sich hinein zu saugen. Unaufhaltsam. Unstopbar. Wie Säure fraß es sich durch seine Eingeweide, stets größer, stets schlimmer. Es saugte sich von innen an seinen Rippen fest und schnappte nach seinem Bewusstsein. Seto wollte, konnte es nicht verstehen. Er versperrte sich gegen Logik, ließ sich von momentanen Emotionen kontrollieren. Aber er war so ruhig gewesen... war das wirklich sein Ernst? Hatte er gerade wirklich... Katsuya krallte seine Finger in die Decke, zog sie vor sein Gesicht und versuchte so sein eigenes Schluchzen vor sich selbst zu ersticken. Nein. Seto hatte nicht Schluss gemacht. Er war sauer, aber er würde sich wieder einkriegen. Das würde schon wieder werden. Auch wenn... wenn er... er kniff die Lider zusammen und ließ die Tränen in die Federn der Decke sickern. Er hatte sich sein schönes Gesicht aufgeschnitten. Einmal quer über seine Wange. So sichtbar, dass nicht einmal Schminke das überdecken konnte. So tief, dass das Blut wie in Strömen über seine Wangen lief. Und Katsuya hatte ihn einfach stehen lassen. Er war gegangen, weil er den Anblick nicht aushalten konnte. Diese stumme Anschuldigung. Diese Wut. Diese Aggression, die durch den Raum waberte. Setos schönes Gesicht... diese Wunde war ganz allein seine Schuld. Nur seine. Wegem ihm hatte Seto sein Gesicht zerschnitten. Er legte die Arme um sich und bemerkte erst dadurch, dass ihn tiefe Schauer durchfuhren. Seto... das Schluchzen erreichte seine eigenen Ohren. Seto... bitte, bei allen Göttern, er solle das nicht ernst meinen. Er durfte sich nicht von ihm trennen. Nicht so. Nicht deshalb. Niemals... Seto... Was sollte er denn ohne Seto machen? Wo sollte er hin? Wo sollte er wohnen? Wer kümmerte sich um ihn? Wer hörte ihm zu? Wer wärmte ihn nachts? Wer nahm ihn in den Arm, wenn er Alpträume hatte? Wer küsste ihn, wenn er seine Hausaufgaben ordentlich gemacht hatte? Wer ließ nur mit einem Lächeln sein Herz aufflammen? Es war doch niemals wegen Yami gewesen. Er hätte nie ohne irgendeinen tieferen Grund mit ihm geschlafen. Warum konnte Seto das nicht sehen? Warum war er so... er würde es noch einsehen, oder? Er würde sich beruhigen, sich entschuldigen und ihn wieder lieb haben, richtig? Seto hatte nur überreagiert. Es war nur seine momentane Wut gewesen, in die er sich gesteigert hatte, oder? Morgen wäre alles wieder normal. Morgen würde er wieder geliebt werden. Morgen würde ihm verziehen. Morgen würde alles so sein, wie es gewesen war. Als Paar. Als Liebhaber. Als Verlobte. Seto würde ihn nicht so einfach fallen lassen. Seto würde ihn zurück haben wollen. Morgen. Schon morgen. Katsuya schluchzte erneut in die Decke, unter der er sich zusammen gerollt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)