Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 122: Mein Sohn ---------------------- Keine Sorge, das hier ist nicht das letzte Kapitel, aber es ist nah dran. Nicht mehr lang und DS2 wird beendet sein. Und im nächsten Jahr gibt es DS3 ^.- Aber erstmal hierzu viel Spaß! P.S.: Ich möchte nochmal auf die Charakterbeschreibungen verweisen, wo sehr viele neue Bilder sind. Schaut mal vorbei! Ansonsten WARNUNG - vorsicht, stark deprimierender Inhalt. _________________________________________________________________________________ „Aufstehen, Schlafmütze!“, erklang Setos Stimme, worauf der Blonde sich murrend zur Seite rollte. „Noch fünf Minuten...“ „Dann fahr' ich ohne dich.“, kündigte dieser mit einer fröhlichen Singsangstimme an, „Schließlich muss ich dir doch noch einmal eine Strafe für's Zu-spät-kommen aufbrummen, nicht wahr?“ „Uhrm...“, Blödmann... Katsuya blinzelte und sah sich um. Helles Holz? Ein Schreibtisch? Baumwollbettlaken? Ach ja... mit einem Seufzen schloss er die Lider wieder. Sein Zimmer. Der Streit mit Seto. Er drehte sich auf die andere Seite und sah zur offen stehenden Tür. Seto schien nicht mehr sauer zu sein, oder? Hatte er sich beruhigt? Hatte er eingesehen, dass es kein Betrug gewesen war? Katsuyas fast zugeschnürter Hals sagte ihm, dass das zu einfach wäre. Er schloss einen Moment lang die Augen, bevor er tief durchatmete und aufstand. Schnell duschen, Klamotten zusammen suchen – die sich in diesem Zimmer befanden, obwohl er recht sicher war manche davon in Setos gelassen zu haben – und ab zum Frühstück. Seto saß bereits unten, trank Kaffee und las Zeitung. Eigentlich ein allmorgendlicher Anblick. Nur schlug er heute auf den Magen. „Guten Morgen.“, er blieb zögernd auf der Türschwelle stehen. „Morgen.“, der Andere sah kurz auf, „Keinen Hunger? Du weißt noch, wo das Müsli steht, oder?“ „Schon...“, er schluckte und trat langsam ein, den Blick stets auf Seto gerichtet, „Ist es okay, wenn ich hier bin?“ Seto, der bereits wieder in die Zeitung sah, schwieg einen längeren Moment, bevor er seufzte und den Blick hob. In seinen Augen stand ein Hauch von Verzweiflung, Hilflosigkeit und Suche. Wollte er sich entschuldigen? Wollte er Katsuya wieder zurück? „Es... ist schwer das jetzt zu sagen. Bitte setz' dich doch.“, Katsuya Magen sank zwischen seine Fußknöchel, während Seto die Zeitung weglegte und die Arme auf dem Tisch verschränkte, „Wir hatten gestern Abend einen Streit, richtig? Habe ich dich dabei verletzt?“ „Ob du-“, der Blonde blinzelte und ließ sich auf den Stuhl gegenüber sinken, „Verletzt... nun, ich war ziemlich durch danach. Ich dachte, dass du mich verlassen willst... hast.“, die altbekannte Schnur um seine Kehle zog sich wieder zusammen. „Nun... ich habe ehrlich gesagt vergessen, warum ich das tun wollte. Mir fehlt die Erinnerung an gestern Abend.“ „Was?“, zischte er, während seine Lider sich weiteten, „Du...“ „Ich habe den letzten Abend komplett in mein Unterbewusstsein verdrängt. Ich weiß nicht mehr, was mich so sehr aufgeregt hat. Es... verunsichert mich sehr das nicht zu wissen. Ich spüre in mir nur Wut gegen dich, aber ich weiß nicht, warum. Was ist passiert, dass es mich so aufgerieben hat?“ A- aber... was... er hatte es vergessen? Verdrängt? Er konnte sich nicht darin erinnern, warum sie sich gestritten hatten? Er spürte nur Wut? Katsuya atmete tief durch. Wäre er in der Situation, er würde echt das Schlimmste vermuten und es nicht seelenruhig klären. Seto war echt unglaublich. War das hier so etwas wie die göttlich eingeleitete Art einer zweiten Chance? Konnte er es Seto diesmal besser erklären? Er atmete erneut tief durch. Dann mal auf in den Kampf. „Du bist sauer, weil du der Überzeugung warst, ich hätte dich betrogen.“ „Hast du es?“, die Lider des anderen verengten sich. „Nein!“, ruhig, ganz ruhig... in der Ruhe lag die Kraft, „Das habe ich auch versucht dir zu erklären, aber du hast dich völlig versperrt und mich beschuldigt.“ „Und was hat mich dazu gebracht zu glauben, du hättest mich betrogen?“, das Misstrauen wich nicht wirklich aus Setos Zügen, auch wenn die Furchen zwischen seinen Augenbrauen sich etwas glätteten. Katsuya atmete tief durch und seufzte dabei. Und hier ging es wieder los... er würde sich ja wohl kaum besser anstellen als gestern, oder? Er fuhr mit beiden Händen durch die Haare, verschränkte sie im Nacken und sank auf seinem Stuhl zusammen. Wie erschlagen antwortete er: „Weil ich mit Yami geschlafen habe. Ich mein', liegt nahe zu glauben, ich hätte dich betrogen, ich würd' wahrscheinlich dasselbe glauben, wenn unsere Situationen vertauscht wären. Aber ich versichere dir, dass es weder darum ging, dass ich dich nicht liebe noch darum, dass ich irgendwelche nicht-freundschaftlichen Gefühle für Yami habe.“ „Was ist dann der Sinn dahinter mit Yami zu schlafen? Wenn du nur ein Freund und mit mir glücklich bist.“, die Falten hatten sich wieder tief in Setos Stirn geschlagen, auch wenn seine Lider nicht mehr verengt waren. Zumindest mischte sich kaum Wut in seine Stimme. „Tja... mittlerweile bin ich mir nicht mehr so sicher.“, Katsuya lehnte sich vor, die Ellenbogen auf dem Tisch, die Hände noch immer verschränkt, „In dem Moment dachte ich, dass es Yami vielleicht hilft. Dass er sich selbst mehr mag, seinen Körper als angenehm und sich selbst als liebenswert empfindet.“, er sah kurz auf und richtete wie müde den Blick auf den anderen, „Zumindest habe ich mir das gesagt, als ich es tat. Irgendwie erschien mir das sinnvoll. Aber als ich darüber nachdachte, wie ich dir das erkläre, hörte es sich absolut blödsinnig an. Und dann hast du irgendwie gemerkt, dass ich wohl mit Yami geschlafen habe und dementsprechend reagiert. Klarerweise habe ich da nichts Sinnvolles zusammen gebracht, was dich nur noch mehr verärgert hat.“ „Hm...“, der Brünette lehnte sich ebenfalls vor, allerdings mit geradem Rücken und stützte den Kopf auf seine Fingerknöchel, „Und wie genau habe ich reagiert?“ „Nun... mich beleidigt und gesagt, dass es falsch war mir zu vertrauen und überhaupt je eine Beziehung einzugehen und dass du diesen Fehler nie wieder tun wirst, dass ich verschwinden soll... ehrlich gesagt, jetzt wo du es sagst, ich kann mich auch nicht so genau an gestern erinnern. Aber irgendwann hast du die Tür zugeschlagen und nach 'ner Minute habe ich mir Sorgen gemacht, dass du dir vielleicht doch etwas antust... du hattest eine Rasierklinge in der Hand und warst so schrecklich sauer, hast mich wieder angeschrieen... ich hatte Angst, aber du hast dich plötzlich angewandt und dir die Klinge durch das Gesicht gezogen.“, über welchem jetzt ein Kompressionstuch mit Pflasterklebestreifen zu finden war, „Du meintest, das sei deine Erinnerung daran nie wieder jemandem zu vertrauen.“ Seto richtete sich im Sitzen auf und legte seine Arme auf den Tisch, bevor er langsam nickte. Die Lider über seinen Augen fielen zu, die Bewegungen seines Kopfes spärlicher, bis er reglos sitzen blieb. Die Pupillen, die sich nach Öffnen der Augen auf Katsuya richteten, schweiften ein kleines Stück ab, bevor sie sich weiteten. Sein Blick schien in die Ferne zu gehen – Katsuya erkannte es als Dissoziationen. Er seufzte und begrub sein Gesicht in seinen Händen. Aber es war verständlich, nicht wahr? Gerade mussten Massen an Emotionen auf Seto einströmen. Widersprüchliche Gedanken, diesmal nicht von Wut überschattet. Die Reaktion war bei Seto wohl nur natürlich und zu erwarten gewesen. Aber es tat dennoch weh. Und es war wahrlich nicht zu sagen, ob diese Reaktion eine Steigerung in eine negative oder positive Richtung war. Katsuya warf einen Blick auf die Uhr. Sie mussten in fünf Minuten los. Was sollte er jetzt mit Seto machen? Der wäre sicher nicht glücklich in seiner letzten Woche zu spät zu kommen. Andererseits war es nicht unbedingt einfach ihn aus seinen Dissoziationen zu holen – und in diesem Fall stellte sich ja sogar die Frage, ob sie nicht vielleicht sinnvoll waren. Damit Seto verarbeiten konnte. Damit er in seinem Inneren nach einer Antwort suchen konnte, wie es nun weiter gehen sollte. Oder war das selbstsüchtig? Seto mehr Zeit zu lassen, damit er sich beruhigte und vergaß. Oder eher die Entscheidung heraus zu zögern, wie das böse Stimmchen in Katsuyas Hinterkopf sagte. Andererseits, er würde Seto eh nicht aus den Dissos raus kriegen, oder? Und der atmete noch, also bestand ja keine Lebensgefahr. Er könnte einfach in der Schule anrufen und sie krank melden. Aber Seto würde fragen, warum er nichts getan hatte. Warum er ihn einfach sich selbst überlassen hatte. Er sollte es wenigstens versuchen, nicht wahr? Nicht nur hier sitzen und abwechselnd Seto und die Uhr anstarren. Er hätte von Anfang an eigentlich reden sollen, um Seto bei Bewusstsein zu halten. Aber er hatte zugelassen, dass das Gespräch auf diese Weise unterbrochen wurde. Und nicht Seto war daraus geflohen – er war es. Also sollte er sich nun eigentlich um Seto kümmern. Auch wenn sein Rausschmiss dadurch wohl schneller kam. Er schloss kurz die Augen, seufzte leise und erhob sich. Und, wie bekam er ihn wieder wach? Er trat herüber, stellte sich neben Seto und legte eine Hand an sein Kinn. Schmerzen waren nicht zu empfehlen. Alles andere, von dem Yami mal erzählt hatte – wie Ammoniak – hatte er nicht da. Also auf die gute alte Methode Reden. „Seto?“, er packte an dessen Schulter und rüttelte leicht, „Seto, kannst du mich hören? Verstehst du mich? Sieh mich doch mal bitte an.“, er begab sich in dessen Sichtfeld und bewegte seinen Kopf dort ein Stück, doch Setos Blick fing es nicht, „Kämpf' dagegen, Seto. Auch wenn es leichter ist dort zu sein, ich brauche dich hier. Also komm bitte zurück.“ Eine Träne löste sich von Setos Lid und rollte seine Wange hinab, während seine Augen weiter defokussiert in die Ferne starrten. Katsuya schluckte nur und wandte das Gesicht ab. Eine eisige Faust schloss sich um sein Herz und drückte es zusammen. Seto hatte so lange schon keine solchen Dissoziationen mehr gehabt. Zumindest kam es wie eine Ewigkeit vor. Jetzt – mit etwas mehr Abstand – tat es weh das zu sehen. War das nicht unsinnig? Es hätte ihn früher erschrecken müssen, nicht jetzt, wo er das schon kannte. Wo er sogar wusste damit umzugehen. Ein Blick auf Seto zeigte eine zweite Tränenspur, aber keine Veränderung in seinem Gesicht oder Blick. „Warum tut es so weh dich so zu sehen?“, fragte Katsuya leise, „Ist das, weil ich mich schuldig fühle? Aber das fühlt sich irgendwie anders an. Fühle ich mich vielleicht nicht schuldig? Und schlecht, weil ich das nicht tue?“, er legte seine Hände auf Setos Wangen, „Oder weil ich dich so sehe? Weil ich versuche mir vorzustellen, was in dir vorgeht? Ich wollte dir nie weh tun... ich dachte ehrlich, dass du dasselbe darüber denken würdest wie ich. Nicht, dass es dich verletzt. Ich habe mich total verkalkuliert. Und das Schlimmste ist, ich kann nicht einmal davon ausgehen, dass ich das nie wieder tue. Ich kann dir nichts versprechen. Ich werde dich immer wieder verletzen ohne es zu wollen.“, er seufzte und lehnte sich vor, um Seto in die Arme zu schließen, „Tut mir Leid... es tut mir Leid...“ Seto blieb stumm, den Blick irgendwo ins Nirgendwo gerichtet und gedankenlos still. Fokussieren. Das erste Zucken der Augen. Ein Blinzeln. Katsuya hatte sich auf Setos Schoss gesetzt und beobachtete, wie dieser langsam in die Realität zurückkehrte, eine Hand dabei streichelnd auf seiner Wange. Das erste Zucken der mimischen Muskulatur malte sogar ein kleines Lächeln auf seine Lippen. Ein Lächeln, das verschwand, als Seto schmerzhaft das Gesicht verzog, während er die Muskeln bewegte, die unter dem Schnitt lagen. „Lass mich los.“, waren die ersten Worte, die der Andere wieder hervor brachte. Katsuya zuckte zusammen, als hätte man ihn physisch geschlagen. Natürlich! Wenn Seto wieder da war, wartete die Ablehnung... sein Inneres krampfte sich zusammen, sodass er die Arme um sich selbst legte. Er glitt von Setos Schoß und nahm in einer fließenden Bewegung Abstand von diesem. Die blauen Augen folgten ihm, ohne dass der Kopf sich bewegte. Die komplette Mimik schien neutral, aber das konnte auch daran liegen, dass Seto nicht in der Lage war diese Muskeln zu bewegen. Die Lider zuckten leicht. Katsuya konnte kaum sagen, woran es lag, aber er spürte die Ablehnung gegen seine Haut drücken, obwohl sich außer den Augen nichts bewegt hatte. „E- Ich- Soll... soll ich gehen?“, flüsterte der Blonde leise. Setos Blick sank kurz zu Boden und hob sich nach wenigen Sekunden wieder, nachdem plötzlich sein ganzer Körper von einem Zittern von oben nach unten durchfahren wurde. Die Augen wirkten ein wenig eingesunken, die Haltung etwas schlaffer. „Nein.“, erwiderte dieser mit Resignation in der Stimme, „Ich habe dir versprochen dich nicht rauszuwerfen. Es ist mir auch sicher nicht unerträglich, dass du hier bist. Nur... sollten wir es wohl so halten, wie es von Anfang an hätte sein sollen. Ich bin gesetzlich gesehen dein Vormund. So sollten wir es wohl auch betrachten. Jeder hat sein Zimmer. Ich bin für deine Erziehung zuständig.“, er seufzte und erhob sich, „Und du dafür mich zur Weißglut zu treiben.“ „A- a... nein...“, Katsuya kniff die Augen zusammen, „Du hast wohl recht.“ Nur wenn es richtig war, warum brach seine Stimme, während er das sagte? Verdammt! Er hatte Seto doch nie verlieren wollen. Nie verletzen. Nicht so... er war so ein Idiot gewesen. Wie sollte er das je wieder gut machen? Wie sollte er... konnte er diese Beziehung je wieder retten? „Ich... ich hole meine Schultasche.“, flüsterte er und drehte sich um. „Katsuya.“, die Kraft war wieder in Setos Stimme zurück gekehrt, „Ich habe versprochen mich nicht selbst zu verletzen und wieder einmal bewiesen, dass ich Müll im Halten von Versprechen bin.“ Eine Hand legte sich auf Katsuyas Schulter, die ihn zusammen zucken ließ. Mit einem hektischen Atemzug fuhr er herum und brachte einen guten Meter Abstand zwischen sie. Seto stockte kurz, doch überging es schließlich. „Ich... wollte dich nur bitten dir ebenfalls nichts anzutun. In der Hoffnung, dass du dich besser daran halten kannst als ich. Und bitte schrecke nicht davor zurück mit Problemen zu mir zu kommen.“ „Sei still...“, knurrte der Blonde nur, schluckte die Tränen und bahnte damit seiner Wut den Weg, „Hör auf so verdammt erwachsen damit umzugehen! Macht es dir gar nicht aus...“, er wandte den Blick ab und schüttelte den Kopf, „Du hörst dich so an, als würde es dir gar nichts ausmachen dich von mir zu trennen. Habe ich dir überhaupt mal was bedeutet?“ Hatte er. Natürlich hatte er. Wieso sagte er das hier? Er wollte sich selbst den Mund zuhalten, doch die Worte quollen nur so hervor. „Ich habe dich geliebt und tue es immer noch. Weißt du überhaupt, was das für ein Gefühl ist? Hat dein kranker Kopf irgendeine Ahnung davon, wie sehr du mir gerade weh tust? Du verdammter Mistkerl! Verreck doch!“ Er wandte sich um und rannte davon. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)