Feuervogel von abgemeldet (Ein Junge und sein Benu gegen den Rest der Welt) ================================================================================ Kapitel 4: Glücksprinzip ------------------------ Kurze Vorbemerkung: Ich bin mit dem Kapitel nicht wirklich zufrieden. Da es trotz Überarbeitung nicht besser geworden ist, ich es aber für den Fortgang der Geschichte für wichtig halte, stelle ich es dennoch on und hoffe einfach mal auf die großmütige Nachsicht der ehrenwerten Leser. Ich danke für die Aufmerksamkeit und hoffe das Lesevergnügen wird nicht allzu sehr geschmälert. ^^ Der Geburtstag eines Kindes war in Kemet stets eine Angelegenheit von größter Wichtigkeit. Es war nicht nur eine Gelegenheit zu zeigen wie viel einem sein Kind bedeutete, sondern gleichzeitig Dank und Versicherung an die Götter. Dank dafür, dass dieses Kind geboren wurde und aufwachsen durfte und Versicherung, sich dieses Geschenks würdig zu erweisen. Seit sein Vater verschwunden war, hatte Seth nie große Lust verspürt seinen Geburtstag zu feiern, dieses Jahr jedoch war das anders. Er hatte Meni und dessen Frau eingeladen und mit Merenseth einen Plan ausgeheckt, damit auch diese in menschlicher Gestalt an der Feier teilnahm. Der Grund für das alles, war der schlichte Wunsch seine Mutter wieder lächeln zu sehen und wenn sie sah, dass er Freunde hatte, sich also keine Sorgen machen musste, er wäre ein trauriger Einzelgänger und Menschenverächter, würde sie doch bestimmt glücklich sein. Am Abend vor Seths Geburtstag war Merenseth auf Befehl des Jungen davon geflogen, um sich bis zum Abend des folgenden Tages nicht mehr zu zeigen. Stattdessen sollte sie sich in dieser Zeit in dem schon erprobten Felskessel verbergen und dort auch ihre menschliche Gestalt annehmen. Seths Mutter wunderte sich zwar über das Verschwinden des sonst so treuen Vogels, da Seth selbst jedoch nicht besorgt schien, machte sie sich darüber weiter keine Gedanken. Ungeduldig wartete Seth am Tag darauf auf seine Gäste. Bei dem Anblick, wie ihr Sohn unruhig auf- und abging, hinaus lief, um nachzusehen, ob denn noch niemand zu sehen war, wieder ins Haus zurückkehrte und sich für einen Moment still hinsetzte, nur um wenig später erneut aufzuspringen und herum zu laufen, musste seine Mutter lächeln. So kindlich hatte sie ihn schon lang nicht mehr erlebt. Als Seth schließlich wieder einmal das Innere des Hauses betrat, nachdem er Ausschau nach seinen Gästen gehalten hatte, wurde er von einem etwa zwölfjährigen Mädchen begleitet. „Das ist Meren“, stellte er das Mädchen seiner Mutter vor und betrachtete mit gespannter Neugier sowohl die Reaktion seiner Mutter, als auch das Verhalten Merens. „Schön, dich kennen zu lernen, Meren“, begrüßte Seths Mutter das Mädchen mit einem freundlichen Lächeln und erkundigte sich anschließend: „Bist du zu Besuch hier? Ich habe dich vorher im Dorf noch nie gesehen.“ Nachdem Meren die Begrüßung erwidert hatte, beantwortete sie die gestellte Frage, so wie sie es mit Seth abgesprochen hatte: „Ich besuche hier meine Tante.“ „Wer ist denn deine Tante, vielleicht kenne ich sie ja“, hakte Seths Mutter neugierig nach. „Maatkare, Tochter des Sethnacht und der Tausret“, lautete Merens bedächtige Antwort. Diese war zwar mit Seth nicht abgesprochen, aber durch ihre Beobachtungen der dörflichen Vorgänge wusste Merenseth, dass Maatkare, eine reife Matrone, nur sehr selten ihr Haus verließ und auch nicht mit Seths Mutter bekannt war. Nachdem diese das mit ihrer Aussage bestätigt hatte, erkundigte sich Seths Mutter wie ihr Sohn und Meren sich kennen gelernt hätten und fügte mit einem Lächeln hinzu, dass Seth nur selten etwas erzählen würde. Die Wangen des Jungen röteten sich daraufhin etwas verlegen, bevor er selbst auf die Frage seiner Mutter antwortete. „Sie hatte sich verlaufen und ich hab ihr den Weg gezeigt.“ Bevor Seths Mutter weitere Fragen stellen konnte, war durch die offene Hüttentür die dröhnende Stimme Menis zu vernehmen, der sich erkundigte, wo denn das Geburtstagskind stecke. Sofort sprang Seth auf und lief hinaus, um seine weiteren Gäste zu begrüßen. Meni überreichte Seth als Geschenk ein Amulett, das alles Böse von diesem fernhalten würde, solang er es um den Hals trug. Als schließlich alle in der Hütte zusammen saßen, sich die von Seths Mutter bereiteten Speisen schmecken ließen und über Geschichten lachten, die Meni zum besten gab, blieb es nicht aus, dass Meren ein weiteres Mal ausgefragt wurde. Woher sie ursprünglich komme, wer ihre Eltern wären und wie lang sie im Dorf bleiben würde. Der Name, den Meren auf die erste Frage nannte, bedeutete soviel wie „Ort der Seligkeit“, keiner hatte je von einem solchen Ort gehört, außer in Zusammenhang mit dem Leben nach dem Tod, aber niemand wäre wohl so blasphemisch das Jenseits ins Diesseits versetzen zu wollen. Mit einem Schmunzeln erklärte Meni: „Bei einem solchen Namen, ist die Versuchung groß, das Dorf kennen zu lernen, um sich zu überzeugen, dass es diesen Namen auch verdient.“ „Ich bin sicher, dass du es eines Tages sehen wirst“, erklärte Meren mit einem freundlichen Lächeln, bevor sie die Frage nach ihren Eltern beantwortete und erklärte sie hießen Ptah und Maat. „Gleich zwei Götter in der Familie und an einem Ort der Seligkeit aufgewachsen, du musst vom Glück bevorzugt sein.“ War es Spott oder Anerkennung, die bei diesen Worten in der Stimme von Menis Frau mitschwangen? Seth konnte es nicht genau sagen, beschloss jedoch, dass es letzteres wäre und lauschte der Antwort Merens auf die Frage, wie lang sie im Dorf bleiben würde. „Das weiß ich nicht, vielleicht ein Menschenleben lang“, erklärte Meren unterdessen, mit einem nachdenklichen Blick auf Seth. „Das ist eine lange Zeit, aber ich bin sicher, du wirst dich bei uns wohl fühlen“, erwiderte Seths Mutter freundlich, bevor sie die Freundin ihres Sohnes erlöste und ein allgemeineres Thema anschnitt. Als es schließlich für die Gäste Zeit wurde zu gehen, bestanden Meni und dessen Frau darauf, Meren zum Haus ihrer Tante zu begleiten, um sicher zu gehen, dass ihr im Dunkeln nichts passierte. Das kam unerwartet. Fieberhaft überlegte Seth, wie er verhindern konnte, dass ihr Schwindel auffiel. Den Vorschlag zu machen, dass Meren bei ihm und seiner Mutter übernachten könne, würde nichts bringen. Zum einen würden die Erwachsenen darauf bestehen, dass Merens „Tante“ benachrichtigt würde, zum anderen gab es in ihrem Haus keine weitere Schlafgelegenheit. Der Vorschlag, dass Seth selbst Meren nach Hause begleitete war angesichts seines Alters und der Tatsache, dass Meni und dessen Frau ohnehin durch das Dorf mussten, lächerlich. Also blieb dem Jungen nichts anders übrig, als zu zusehen, wie Meren zusammen mit den anderen beiden Gästen schließlich das Haus verließ. Schweigend durchquerten die drei das Dorf auf dem Weg zu Maatkares Haus. Im Gegensatz zu Seth, war Merenseth völlig gelassen. Sie wusste, dass Maatkare bereits im hinteren Teil ihres Hauses schlafen und nicht mitbekommen würde, wenn sie selbst das Haus betrat. Die Tür des Hauses wurde nur selten verriegelt, für den Fall, dass ein Feuer ausbrach, wollte Maatkare sicher sein, dass sie rechtzeitig aus dem Haus käme und nicht durch die für sie schwierige Prozedur des Balkenentfernens aufgehalten würde. So war es Merenseth möglich unbemerkt das Haus zu betreten und durch einen schmalen Gang zur Hintertür zu laufen, die in einen Garten führte. Dort verwandelte sie sich wieder in ihre Vogelgestalt und kehrte zum Haus von Seth und dessen Mutter zurück. Wo sie bereits ungeduldig von Seth erwartet wurde. Als er den Benu heran fliegen sah, streckte er einen Arm aus, damit dieser darauf landen konnte. Kaum hatte Merenseth auf dem Arm Platz genommen und die Flügel angelegt, erkundigte sich Seth: „Bist du erwischt worden?“ Ein kurzes, verneinendes Tschilpen war die Antwort. „Dann glauben sie immer noch, dass du ein Mädchen auf Tantenbesuch bist?“, hakte Seth sicherheitshalber noch einmal nach. Zustimmend senkte Merenseth den Kopf, während sie wieder ein Tschilpen von sich gab. Erleichtert atmete Seth auf, das war gerade noch einmal gut gegangen. Bevor er sich jedoch weiter mit seinem Benu unterhalten konnte, rief ihn seine Mutter ins Haus. Nachdem Seth den Vogel auf seiner Schulter hatte Platz nehmen lassen, gehorchte er dem Ruf und kehrte in die Hütte zurück. „Da ist Merenseth ja wieder“, lautete der Kommentar von Seths Mutter, als sie die Beiden herein kommen sah. „Wo hast du denn gesteckt, du Herumtreiber? Du hast ja Seths ganzen Geburtstag verpasst.“ Angesichts dieses mütterlichen Verweises trippelte Merenseth unruhig auf Seths Schulter herum und plusterte sich verlegen auf, sodass der Junge beruhigend über die Brust des Vogels strich und erklärte: „Das ist schon in Ordnung, jetzt ist sie ja wieder da“, um sich anschließend gespielt beiläufig zu erkundigen, wie der Tag denn seiner Mutter gefallen hatte. Diese lachte fröhlich auf, während sie ihrem Sohn über den Kopf strich und erwiderte: „Das sollte ich dich fragen, schließlich ist heute dein Geburtstag.“ Mit nachdenklichem Ernst sah Seth zu seiner Mutter auf, „gut, denke ich.“ „So, du denkst“, noch immer lächelte seine Mutter und fügte mit einem Zwinkern hinzu: „Ich auch.“ Anschließend schickte sie Seth ins Bett. Am darauf folgenden Tag hatte sich Seth samt seinem geflügelten Schatten wieder an das Flussufer zurückgezogen, um nicht gestört zu werden. „Sind deine Eltern wirklich Ptah und Maat?“, hatte er Merenseth gefragt, die wieder in Menschengestalt neben ihm saß und diese Nachfrage bestätigte. „Dann sind alle Benu Kinder von den Beiden?“, hakte Seth neugierig geworden nach. „Nein, nicht alle. Auch die anderen Götter haben einige von uns geschaffen“, erwiderte Merenseth ruhig und wartete auf die nächste Frage des Jungen, von der sie sicher war, dass sie kommen würde. „Und ihr lebt alle im Jenseits?“ „Nein, nicht immer, aber es ist der Ort, den wir als zu Hause bezeichnen.“ „Kannst du mich dahin mitnehmen?“, Seth klang von diesem Gedanken fasziniert, wurde jedoch von Merenseths Antwort enttäuscht: „Wenn du an diesen Ort kommst, kannst du nicht mehr hierher zurückkehren.“ Daraufhin schwiegen die Beiden für eine Weile, bevor sich Seth mit leicht schläfriger Stimme erkundigte: „Wie kommst du eigentlich dorthin?“ „Durch das Benben“, lautete die Erwiderung. „Und wenn du dorthin geflogen bist, kommst du so auch wieder zurück?“ „Ja.“ „Hm“, war alles, was Seth zufrieden auf die letzte Antwort Merenseths brummte. Knowledge to go and forget: Als Benben wird/wurde u. a. das Pyramidion, die Pyramidenspitze, bezeichnet. Es wurde als Sinnbild des Urhügels betrachtet und galt als das Haus des Benu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)