Step Into My World von RallyVincento ================================================================================ Kapitel 38: Step Thirty-seven... Truth II ----------------------------------------- Wir haben nur die Wahl zwischen unerträglichen Wahrheiten und heilsamen Mogeleien. Emile M. Cioran (1911-95), rumän.-frz.Schriftstelle Mamoru Chiba Irgendwann nach knapp zwei Stunden joggen war ich wirklich an dieser Bäckerei vorbeigekommen und beschloss dort etwas zum Frühstück zu kaufen - zum einem um ihn friedlich zu stimmen, da ich nicht wusste wann er bemerkt hatte das ich verschwunden war und zum anderen weil ich ihm wirklich eine Freude machen wollte. Massanories Laune war nicht ganz so gut gewesen, wie ich vermutet hatte. Was jedoch an meiner übertriebenen Freundlichkeit lag. Aber ich war innerlich in Panik und wusste nicht, wie ich verhindern sollte, dass er mich ausfragte oder ein Gespräch anfing. Es war so albern und dumm, aber ich konnte nicht anders, als wenigstens noch etwas die Kontrolle zu behalten. Wir frühstückten im Wohnzimmer und obwohl ich am Anfang dachte, er würde das Gespräch vom Vorabend wieder aufnehmen wollen, tat er es nicht. Er schwieg sich aus und verfolgte die Nachrichten und den Börsenkanal. Zeitweise bekam ich eine Erläuterung was Aktien und andere Dinge anging, aber er versuchte kein anderes Gespräch anzufangen. Dumm von mir, dass ich so in Panik geraten war und noch dümmer das ich uns deswegen vielleicht den Tag ruiniert hatte. Irgendwann hielt ich das Schweigen zwischen uns nicht mehr aus, ich stellte meine Tasse auf dem Wohnzimmertisch ab und verschränkte die Beine auf dem Sofa. "Wie lange hast du denn noch Urlaub?" Massanorie runzelte kurz die Stirn, sah mich jedoch von der Seite an und wandte sich dann wieder dem Fernseher zu. "Also doch reden?" "Ähm..." war alles was ich heraus brachte. Er klang etwas verstimmt und schien nicht gerade Interesse an einer Unterhaltung zu haben. "Weißt du Mamoru, du musst mir sagen was du willst. Denn sobald ich mit dir rede, muss ich ja immer auf der Hut sein über was wir uns unterhalten. Anscheinend geht jedes Thema, solange es dich nicht mit einschließt. Und bitte entschuldige, aber das finde ich etwas unbefriedigend - denn wie hast du gestern Morgen so schön im Bett gesagt; gleiches Recht für alle!" Damit war wohl alles gesagt und er hatte Recht. Schweigend lehnte ich mich zurück und sah zum Fernseher, mit mir eine Beziehung zu führen war wohl selbst für Massanorie eine arge Herausforderung. Die Uhr zeigte nun fast zwölf Uhr an und ich wusste, dass ich nicht den ganzen Samstag nur mit Schweigen herum bekommen wollte. "Was willst du denn wissen?" kam es leise von mir und beschloss, in dem Moment wo er mich fragte, ihn einfach anzulügen. Es dauerte einen Moment bis ich sah wie er zur Fernbedienung griff und der Bildschirm schwarz wurde. "Ich geh duschen." Kam es dann nur von ihm, bevor er aufstand und das Sofa umrundete. Hinter mir blieb er stehen und ich konnte seine Finger in meinem Nacken spüren, wie er mich sanft berührte. Seine Lippen legten sich an meine Ohrmuschel und mir lief ein angenehmer Schauer über den Rücken. "Es ist doch egal, was ich wissen will. Du hast dir doch sicherlich schon für jede Frage eine Lüge zu Recht gelegt. Und obwohl ich sollte, kann ich nicht einmal wütend deswegen sein... weil dein ganze Leben daraus besteht andere anzulügen - also warum solltest du es für mich ändern?" Dann hauchte er mir einen Kuss auf die Schläfe und verschwand aus dem Wohnzimmer. Das Zufallen der Badezimmertür ließ mich meine Beine anziehen und ich vergrub meine Gesicht an meinen Knien um leise zu weinen. Egal was ich tat, er wusste, dass es Fassade war, er sah durch die Mauer die ich errichtet hatte als wäre sie nicht da, als wäre meine Seele ein Buch was nur er ohne Einschränkungen lesen konnte - und das machte mir unsagbare Angst! MassanorieLenjier Nachdem ich duschen war, hatten Mamoru und ich nicht mehr miteinander gesprochen und mich bestärkte dies nur in meiner Entscheidung, dass ich Yosuke und May dazu benutzte um an die Wahrheit zu kommen. Er saß neben mir und schien in Gedanken versunken zu sein, meine Finger fuhren durch seinen Nacken. Ich war schließlich nicht böse, sondern hatte vorhin nur eine Feststellung getroffen. Er bekam eine leichte Gänsehaut die ihn leicht zusammen zucken ließ, anscheinend hatte ich ihn aus den Gedanken gerissen. Aus den Augenwinkeln suchte er meinen Blick und ich lächelte nur leicht und zog ihn näher an mich. "Bekomm ich einen Kuss?" Etwas erstaunt sah er mich nun an und musterte mein Gesicht. "Bist du nicht sauer?" "Wieso sollte ich?" "Wegen vorhin?!" kam es nur leise aus seinem Mund. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich habe eine Feststellung getroffen, mehr nicht." Mein Blick glitt zur Uhr und ich hoffte, dass die beiden pünktlich kommen würden. Besuch in meiner Wohnung, auch mal was Neues. "Also, bekomm ich einen Kuss?" fragte ich erneut und beugte mich zu ihm. Immer noch verunsichert sah er mich an, kam meiner Frage dann jedoch nach. Das Klingeln meines Handys unterbrach diesen Kuss. Seufzend löste ich mich von Mamoru und versuchte herauszubekommen wo mein Handy gerade war. "Küche." "Bitte..." "Dein Handy. Es liegt in der Küche." Mamoru lächelte matt und nickte in besagte Richtung. "Danke!" Mamoru hatte Recht, es lag auf der Küchenanrichte und klingelte munter vor sich hin. Ein Blick auf das Display zeigte mir, dass ich die Nummer nicht kannte. "Lenjier." Ich war genervt, diesen Tag hatte ich mir einerseits anders vorgestellt und andererseits hasste ich es, wenn man mich auf dem Handy anrief und ich die Nummer nicht kannte. "Hallo Massanorie, hier ist Minako. Ich rufe an, weil May und Yosuke wohl doch lieber deinen Abholservice beanspruchen möchten." kam es mit fester Stimme vom anderen Ende der Leitung. Ich musste das kurz sacken lassen und mir einen Reim aus dem gesagten machen, zudem kam Mamoru gerade in die Küche, was dieses Telefonat nur noch schwieriger machte. Da ich im Gegensatz zu Mamoru sehr gut lügen konnte und man es mir nie nachweisen konnte - was mich zu einem geeigneten Gegner für einen Lügendetektor machte - hatte ich auch schon eine Ausrede parat. "Mamoru, ich muss kurz ins Büro!" Zerknirscht sah ich ihn an und seufzte leise auf. "Wieso?" er zog eine Augenbraue hoch und sah mich über die Schulter hinweg an, da er gerade am Kühlschrank stand und sich eine Dose Eistee heraus holte. "Weil die mich wütend machen, wenn ich nicht hinfahre." kam es nur schroff von mir, was meine Lüge nur noch untermauerte. Mamoru nickte und schien fast etwas erleichtert, dass ich für einige Zeit weg war. "Aha. Na dann." Ich hielt das Handy noch immer in der Hand, mit der wartenden Minako am anderen Ende und wollte gerade die Küche verlassen, als ich mich noch einmal umdrehte. "Ich bring Kuchen mit und bin so in einer Stunde wieder da. Kannst ja Kaffee kochen..." Nun hellte sich Mamorus Gesicht etwas auf. "Schoko-Kuchen... falls es keine Umstände macht." Anscheinend war Schokolade eine Lösung für alles, schoss es mir durch den Kopf und ich nahm mir vor, ihm demnächst mal meinen eigenen kleinen geheimen Vorrat zu zeigen. Ich schnaufte nur und schmunzelte, bevor ich die Küche verlies, in meine Schuhe schlüpfte und die Wohnungstür hinter mir schloss. "Darf man erfahren, warum du mich anrufst?" Sie lachte leise. "Weil die beiden Stur sind, genau wie Mamoru und manchmal muss man Menschen eben doch zu ihrem Glück zwingen." "Ich bräuchte eine Adresse." kam es nur monoton von mir. "Ja klar, warte ich schick sie dir sofort nachdem ich auflege." Damit legte sie auf und schon einige Sekunden später hatte ich eine Adresse. Mamoru Chiba Wenn ich nichts konnte, aber so tun als wäre alles in Ordnung das bekam ich hin. Eben schnell im stillen Kämmerlein die Augen ausheulen und dann stumpf lächeln. Wenn man damit Geld verdienen könnte, wäre ich reich. Ich schaute auf die Uhr und hoffte Massanorie würde sich noch etwas Zeit im Büro lassen, es war angenehm mal wieder allein zu sein. Nicht das ich nicht gerne mit ihm zusammen war, aber gerade war es anstrengend und ich wusste nicht so recht was ich dagegen tun konnte. Ohne auf das Stimmchen zu achten setzte ich neuen Kaffee auf. Ich sah zu wie der Kaffee durch den Filter tropfte und ich wusste, dass ich mich entscheiden musste. Entweder ich sagte ihm die Wahrheit oder ich würde das Risiko eingehen, dass unsere Beziehung an meinem Schweigen und an meinen Lügen zerbrechen würde. Die Entscheidung war einfach, weil ich immer die gleiche Entscheidung traf was das anging. Seufzend ging ich zum Fenster und starrte hinaus. Ein kalter Himmel über einer kalten Welt, wie ironisch das doch war. Meine rechte Hand glitt zu meinen Hals und ich ließ die Kette, die Massanorie mir geschenkt hatte, durch meine Finger gleiten. "Mamoru?" ich zuckte zusammen und hörte Sparky gleichzeitig bellen. Ich hatte die Tür gar nicht gehört. "Lächeln und winken." wisperte ich mir selber zu, "Du bist ja wieder da und - wie viele Leute mussten denn in der Firma dran glauben?" Noch einmal wanderte mein Blick hinaus, bevor ich mich von meinem Stehplatz löste und den Flur betrat. Wie versteinert stand ich da und starrte Massanorie an. Dieser kam nur auf mich zu, drückte mir einen Kuss auf die Schläfe und verschwand dann in der Küche. Minako ging ebenfalls an mir vorbei, lächelte mich an und ich konnte nur noch ein "Frohes Weihnachten" von ihr hören, bevor sie auch in die Küche ging. Vor mir standen May und Yosuke und ich bekam keinen Ton heraus. So standen wir uns schweigend gegenüber und ich musste mich zusammen reißen um nicht in Tränen auszubrechen, weil mir gerade bewusst wurde, dass ich nicht nur Massanorie anlog, sondern sie auch. Dass ich es verdient hatte, dass sie mich hassten, dass sie kein Wort mehr mit mir redetet, weil es etwas in mir gab, das sie ebenso verurteilte wie ich mich selber. Aber sie waren hier, war das nicht gut? Oder verhöhnte mich das Schicksal nun einfach wieder, weil es gerade nichts Besseres zu tun hatte? Wie immer war es May die das Schweigen brach. Sie hielt ihre Jacke in den Händen und bevor ich etwas sagen konnte, lag diese auf dem Boden. Sie hatte ihre Arme um meinen Hals geschlungen, stand auf Zehenspitzen und weinte sich die Augen aus. "Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid. Es war dumm von uns, böse zu sein. Ich hab dich so unendlich lieb..." Sie schluchzte und drängte sich an mich. Wie versteinert stand ich da und es war fast eine mechanische Bewegung, dass ich meine Arme um sie legte. Mein Blick glitt zu Yosuke, der mich ansah und unschlüssig wirkte. "Dummkopf..." kam es dann nur von ihm und ich konnte nicht anders als zu lächeln und im gleichen Moment liefen mir die Tränen über die Wange. Er kam auf mich zu, legte seine Hand in meinen Nacken und seine Stirn an meine. Weinend stand ich da und konnte nicht sagen wo all diese Tränen herkamen. Schluchzend sah ich ihn an und es tat mir alles so leid, so unendlich leid. "Tut mir leid..." kam es nur stockend von mir, doch Yosuke schüttelte nur den Kopf und ich konnte sehen, dass er auch beinahe heulte. "Mir auch." kam es nur von ihm. May löste sich von mir uns wischte sich das Gesicht an ihrem Pulloverärmel ab. "So. Jetzt hören wir auf zu heulen und essen Kuchen." kam es nur leicht schluchzend von ihr. Sie nahm meine Hand und drückte sie fest. Yosuke lachte leise und wischte sich ebenfalls die Tränen weg, die dann doch noch ihren Weg gefunden hatten. Ich jedoch stand da, starrte beide an und konnte kaum aufhören leise zu weinen. Weil ich mich freute. Weil ich mich schämte. Weil ich mich selber hasste. Weil ich immer noch log. Yosuke zog mich in Umarmung und versuchte mich zu trösten. "Tut uns leid. Mir tut es leid. ich war nur wütend und hab dann die Kurve nicht mehr zurück bekommen. Aber dein Baka-Freund der ist eben noch sturer als ich." Ein leichtes nicken, bevor ich mich von ihm weg schob, meinen eigenen Ärmel benutzte um meine Tränen wegzuwischen und ihn leicht anlächelte. "Er ist echt ein Baka." wisperte ich nur. Massanorie war noch immer mit Minako in der Küche, als wir zu dritt ins Wohnzimmer gingen und uns hinsetzten. Zuerst sagten wir nichts, doch dann sprudelte May heraus. Wie Weihnachten war, was sie noch vor den Winterferien für die Uni gemacht hatte, dass sie die Prüfung bestanden hatte und, und, und... Ich hörte ihr nur zu und warf Yosuke einige Male einen Blick zu. Dieser zuckte nur mit den Schultern und grinste leicht. Wenn May einmal in so einem Erzählmodus war, dann bekam man sie da kaum raus. Massanorie und Minako kamen mit einem Tablett zu uns und ich sah Massanorie dankbar an. Dieser lächelte mich nur leicht an, suchte sich einen Platz neben mir und ich konnte seine Lippen in meinem Nacken spüren. Ich lachte leise und lehnte mich an ihn, während ich May zuhörte. Nach einer gefühlten Ewigkeit sah sie uns an. "Und was hast du gemacht?" Yosuke klatschte leicht in die Hände. "Bravo. Du hast ein Ende gefunden." kam es gespielt gehässig von ihm. Minako knuffte ihn dafür in die Seite und May streckte ihm nur die Zunge heraus. Ich überlegte. "Ich hab Weihnachten bei Massanorie und seinen Eltern verbracht. Es war - ok." Mein Blick wanderte zu Massanorie, ich wusste nicht ob er ein ok, vielleicht als abwertend empfand. Aber er sah mich nur matt lächelnd an, was ich jedoch auf die ungewohnt vielen Menschen in seiner Wohnung schob. Dass er sich das antat für mich, fand ich sehr lieb und es freut mich einfach nur. Dass er so selbstlos sein konnte, hätte ich nicht gedacht. Ich erzählte vom Weihnachten im Hause Lenjier, vom Restaurantbesuch, meinem neuen Job und wir kamen schnell von Hölzchen auf Stöckchen. Es war schön, dass die beiden da waren und ich freute mich wirklich, dass ich meine Freunde wieder hatte. Selbst Massanorie mischte sich ab und an ins Gespräch ein, aber es war keine große Kunst zu erkennen, dass Yosuke und er wohl nie wirklich Freunde werden würden. Aber sie duldeten sich und das war wohl mehr als ich verlangen konnte. Es war kurz vor 18 Uhr als sich Minako verabschiedete. Sie hatte ihren Eltern versprochen pünktlich zu Hause zu sein, da sie wohl besuch bekamen. Zu meiner Überraschung bot Massanorie ihr sogar an, sie nach Hause zu bringen, was eine kurze Stille hervor rief, was er aber einfach überging. Sie lehnte jedoch ab und war nach einer Verabschiedung schnell weg, da sie wohl doch etwas spät dran war. "Ich hab schon ne tolle Freundin." schwärmte Yosuke nur, als sie weg war und streckte sich auf der Couch. "Schlauer als du ist sie allemal." Kam es nur monoton von Massanorie. Yosuke sah ihn kurz an, dann mich, sagte aber nichts darauf. "Massanorie." kam es daraufhin scharf von mir. Unschuldig sah er mich an. Ich nippte an meinem Kaffe und sah zu May, welche sich neugierig umsah. "Du hast eine tolle Wohnung Massanorie." "Ich weiß." kam es trocken, wie er eben war, von ihm. Aber ich konnte das leichte lächeln erkennen, was sich auf seine Lippen stahl. War ja klar, dass er es mochte wenn er beweihräuchert wurde. Für seine Verhältnisse war Massanorie freundlich und fast redselig, aber mir wurde sehr schnell bewusst, warum das so war. Unser Gespräch verlief nämlich nachdem wir auf das Thema Wohnung, Einrichtung, Kosten für Lebenserhaltung, elterliche Übernahme der ersten Wohnung kamen in eine Richtung die ich nicht wollte. Aber May und Yosuke schienen es nicht zu merken. "Also finanzieren deine Eltern deine Wohnung?" Massanorie sah zu May. "Zimmer." kam es schnell von May, die ihre Tasse leerte und grinste. "Ist ja eine WG. Aber ja. Sie bezahlen es. Manchmal finde ich es schon doof, noch so abhängig zu sein, aber dann freue ich mich auch, dass ich mir darüber keine Sorgen machen muss." Massanorie nickte nur und ich schwieg und starrte in meine Tasse, mir gefiel die Richtung des Gespräches nicht und worauf es hinaus laufen könnte. "Wohnt ihr beide noch in euren ersten Wohnungen?" Was war denn bitte los mit ihm, er redete ja ohne Unterbrechung. Selbst Yosuke warf mir einen fragenden Blick zu. "Also bei mir ja, ich wohne jetzt seit... fünf Jahren in der WG und ich glaube bis zum Ende des Studiums bleibt das erst einmal so." Sie sah zu Yosuke der nickte. "Jepp. Das war ein Glücksgriff. Aber ich bekomm im Monat nur einen kleinen Obolus dazu. Nicht viel, aber manchmal macht ja auch der kleinste Yen schon ne Menge aus." Massanorie nickte und dann tat er das, was ich befürchtet hatte. "Was ist mit dir Mamoru?" Ich schwieg, nippte an meinem Kaffe und machte allein dadurch klar, dass ich die Frage nicht antworten wollte. Aber May schien das überhaupt nicht zu bemerken. "Seine erste war eine Ein-Raum-Wohnung. Sie hatte nur ein Waschbecken und eine winzige Kochnische. Und die Dusche für die ganze Etage war im Flur. Die war bestimmt nur 6 jō (ca. 9m²) groß oder Mamoru?" Ich sah May an und hoffte wirklich, dass die den Mund hielt. Doch sie lächelte nur und machte es sich in dem Sessel bequem. "Das klingt jedenfalls nach einem eigenen Reich. Wie alt warst du denn und wie hast du die denn finanziert?" Meine Laune sank. War das der Grund? Hatte er die beiden nur geholt, um mich ausfragen zu können? Ich wollte nicht glauben, dass er so egoistisch war und mich so hinterging. "Das geht dich nichts an." kommentierte ich die Frage nur und rückte etwas von ihm weg. "Ach stell dich nicht so an." Kam es nun von Yosuke, der mich kurz in die Seite stieß und grinste. "Ich finde es bemerkenswert," er wandte sich zu Massanorie. "Mamoru hat nämlich mit 15 schon seine eigene Wohnung gehabt. Ich fand es schon ziemlich cool, dass du da allein gewohnt hast." Er grinste und es schwankte wirklich Bewunderung und etwas Neid mit in seiner Stimme. Machte es jedoch nicht besser. "Das ist wirklich..." "Was ist eigentlich mit dem Urlaub von Minako und dir? Ist daraus jetzt nichts geworden?" Unterbrach ich Massanorie und wechselte das Thema. Yosuke sah mich kurz an, stieg dann jedoch auf die Frage ein. "Naja wir haben es verschoben auf die zweite Februar Woche. Weil es Bunny wohl nicht gut ging und das ganze Heck meck drum herum eben. Aber ist eigentlich ganz ok, so." er zuckte mit den Schultern, aber ich konnte das Lächeln auf seinem Gesicht sehen. "Du bist wirklich in sie verknallt oder?" "Ja total." kam es wie aus der Pistole geschossen von ihm. "Aber was hat denn Bunny mit eurem Urlaub zu tun?" Nun hatte ich selbst ein Fass aufgemacht, was ich besser hätte zugelassen. "Minako meinte, sie müsse sich schon um sie kümmern. Sie wäre schließlich ihre beste Freundin und sie hätte ihr gegenüber eine Verantwortung." er seufzte. "Ich finde ja diese ganze Sailor Moon-Reinkarnations-Sache immer noch schräg. Aber wobei wir gerade bei dem Thema sind..." Ich ohrfeigte mich innerlich selber und seufzte. "Was willst du denn wissen?" Ich hatte mich schon gewundert, warum noch keine Frage in diese Richtung kam und war bis jetzt auch dankbar gewesen, aber nun musste ich mich dem wohl auch noch stellen. "Alles!" kam es von May, die Freude daran fand Sparky zu kraulen, der seinen Kopf in ihrem Schoss geparkt hatte. "Ich denke Minako wird das schon erläutert haben..." "Ja aber nur eben so die Sachen die sie und die anderen betreffen. Sie meinte, wir sollten dich selber fragen, sie hat uns nur die Basics erzählt." May sah mich fragend an. Na toll, wenn Minako einfach alles erzählt hätte, dann wäre ich nun fein raus, aber so musste ich wahrscheinlich selber in der untersten Schublade meines kaputten Selbst wühlen - klasse! Meine Laune sank weiter dem Nullpunkt entgegen. Das was dann folgte waren Fragen und kurze Erläuterungen meinerseits, wobei alles, was mit TuxedoMask zu tun hatte, der allgemeinen Erheiterung zu Gute kam. Danke! Geknickt saß ich da und spürte Massanories Finger wieder in meinem Nacken, doch ich schob seine Hand nur grob weg. Er hatte schließlich auch gelacht. Ich war für jeden nur eine Lachnummer! "Also - ich finde es phantastisch." Yosuke hörte auf zu lachen und grinste mich an. "Bunny rettet als Sailor Moon und wiedergeborene Prinzessin die Welt und du wirfst mit Rosen um dich. Einfach nur cool... also bist du die holde Jungfrau in Nöten...?" YosukeMurakami Wir saßen auf der Couch und ich hatte definitiv die falsche Frage gestellt. Mamorus Blick haftete an mir und ich schluckte schwer. „Oh entschuldige der Herr, dass ich keine Hilfe für diese Welt war.“ Platzte es plötzlich aus ihm heraus. „So hab ich das nicht gemeint, du hast schließlich Bunny oder Sailor Moon auch immer geholfen. Ich hab dich nur aufziehen wollen, weil mir deine Rolle in diesem Team einfach nicht schlüssig ist..." ich hatte es noch nicht ausgesprochen, da wusste ich auch schon, dass ich einfach den Mund halten sollte. Mamoru sprang auf und sah mich wütend an. „Ich weiß auch, dass ich nutzlos bin. Aber danke, dass du es mir noch einmal vorhältst.“ Seine Stimme wurde lauter und er presste die Lippen aufeinander, so dass nur noch zwei schmale Striche überblieben. Massanorie griff nach seiner Hand und versuchte ihn zu beruhigen. „Yosuke wollte nur wissen, was deine Kräfte sind.“ Kam es völlig ruhig und mit einem Lächeln von ihm, so als würde Mamoru nicht gerade in Rage geraten. Er ignorierte es einfach und wollte ihn wieder zurück aufs Sofa ziehen, doch Mamoru zog seine Hand grob zurück. „KEINE!“ schrie er und sah uns an. „Nicht die geringste. Ich hab nichts dafür getan, dass diese Scheiß Welt beschützt wird.“ „Das glaube ich nicht…“ May versuchte ebenso ruhig und lächelnd Mamorus Stimmung wieder zu kippen. Aber er wollte nicht beruhigt werden, das wurde uns spätestens jetzt klar. „Oh nein? Ich werd dir mal was erzählen, euch allen. Es ist ganz einfach. Zuerst lass ich mich Töten von einem Kerl der mir mal in einem vorherigen Leben geschworen hat mich zu beschützen, dann werde ich mit Hilfe dunkler Energie zum Leben erweckt, einer Gehirnwäsche unterzogen und Bunny will mich mit einem Schwert töten. So das war es dann mit der Hilfe beim Kampf gegen Metalia. Dann kommt diese Scheiße mit der Familie des schwarzen Mondes, da werde ich auch wieder gekidnappt und einer Gehirnwäsche unterzogen und anschließend knutsche ich noch mit meiner zukünftigen Tochter rum – kein Problem, sowas verarbeite ich super! Dann diese Scheiße mit dem Messias der Stille wo ich nur Statist bin, genauso wie bei dieser Death Moon Circus Sache – oh nein wartet, da wurde ich fast wieder getötet und wurde von meiner Freundin gerettet. Und zum krönenden Abschluss kommt Galaxia und ich bin WIEDER tot – wieder mal!“ Schwer atmend sah er auf den Boden, seine Hände zu Fäusten geballt. Wir schwiegen nur und ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich nahm meine Brille ab und putzte sie langsam mit einem Zipfel meines Pullovers sauber. „Ich bin immer nur das Opfer – immer schon.“ Kam es nach einer Weile leise von ihm. Mein Blick wanderte zu ihm. Er lachte leise und strich sich durch die Haare. „Es ist vollkommen egal ob ich da bin oder nicht, es würde ja doch keinem auffallen.“ Erschrocken sah ich ihn mit großen Augen an. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Ich fasste es nicht, wie konnte er das denn denken. Das eine hatte mit dem anderen nichts zu tun. Auch May war sichtlich schockiert, sie sprang auf und weinte fast. „So was darfst du nie wieder sagen Mamoru. Nie wieder.“ „Wieso nicht!?“ Mamorus Blick war eisig und er musterte uns. Anscheinend hatte ich durch diese kleine Frage eine Lawine losgetreten von Dingen die Mamoru schon ewig mit sich herum trug und nun einfach ihren Weg nach draußen suchten. „Euch war ich doch sowieso immer egal.“ Diese Anschuldigung tat weh und ich stand nun eben so schnell bei Mamoru wie May zuvor. „Was meinst du damit?“ „Was war denn daran nicht verständlich?“ kam es nur patzig von ihm, er ging einen Schritt von May und mir weg. Massanorie beobachtete diese Situation nur, stand aber dann langsam auf und legte Mamoru eine Hand auf die Schulter. „Mamoru. Beruhige dich.“ Mamorus Blick suchte den seinen. „Weißt du was, machen wir doch einfach reinen Tisch. Du willst doch auch immer wieder wissen was mit mir los ist. Was für ein Mensch ich bin. Das ist doch der einzige Grund warum du sie eingeladen hast. Denkst du, ich bin so dumm? Denkst du, ich hab nicht gemerkt, dass du durch sie mehr über mich erfahren wolltest?! Denkst du, ich weiß nicht, dass du mich immer mit Absicht zur Weißglut bringst. Jetzt doch auch, dir passt das doch hier super in den Kram. Die perfekte Gelegenheit, dass ich dir mal zeigen kann was für ein Fehler es ist mit mir zusammen zu sein. Dann kannst du deinen Fehler auch korrigieren, genau wie die Eltern von diesen beiden Verrätern.“ Er redete sich nun völlig in Rage und brachte mit einigen Schritten einen Abstand zwischen sich und uns drei. „Ihr tut immer so als ob ihr mich lieben würdet. Aber denkt ihr nicht ich wüsste nicht, dass ihr euch gewünscht habt, dass sie mich zurück bringen. Denkt ihr etwa, ich hätte nicht eure freudigen Gesichter gesehen als eure Eltern mich zurück gebracht haben?“ May und ich zuckten merklich zusammen und sahen uns vorwurfsvoll an. „Wir waren Kinder.“ Kam es ruhig von mir, denn ich wusste sehr genau, dass er recht hatte und das nagte an mir ebenso wie an May. „Halt den Mund. Ich habe es doch gehört, ich hab gehört wie du zu den anderen Kindern gesagt hast, dass du froh bist, dass sie mich zurück gebracht haben, weil du sie haben wolltest als Eltern. Dass du gesagt hast, dass ich eine Last bin – dass du dich nicht mehr für mich aufopfern wolltest!“ mit jedem Wort wurde seine Stimme lauter und ich wich seinem Blick aus. Ich hatte nicht gewusst, dass er das gehört hatte, er hatte nie etwas gesagt, niemals. „Yosuke?“ May fasste mich am Arm und sah mich fragend an. Doch noch bevor ich etwas sagen konnte, ging er verbal auf May los. „Tu doch nicht so. Du warst doch auch nicht besser. Die Hiromie hat mir doch eiskalt erzählt, dass du ihr gesagt hast, dass du gerne zu dem Paar wolltest das mich mitgenommen hat und sie hat gesagt, dass sie mich mit Absicht dorthin geschickt hat, weil sie wusste, dass die mich nicht haben wollten. Und du hast ihr versprochen nicht mehr im Heim aufzutauchen, weil sie sonst die Adoption nicht unterstützen würde und du hast ja gesagt.“ Er schrie sie an und konnte nur schwerlich die Tränen zurück halten. „Ihr habt mich verraten. Immer und immer wieder. Ihr seid nicht besser als jeder andere.“ May begann zu weinen und schüttelte den Kopf. „Das ist nicht wahr. Das hab ich nie gesagt, niemals hätte ich…“ doch er glaubte ihr nicht und mir wurde plötzlich bewusst, dass Mamoru diese Dinge von ihr hatte. Diese Frau hatte ihn über Jahre soweit gebracht, dass er ihr alles glaubte was sie ihm erzählte. Sie hatte ihm immer und immer wieder eingeredet, dass ihn keiner haben wollte, dass er nichts wert sei – solange bis er es glaubte und sie hatte ihn mit Lügen vollgestopft, damit er uns ebenso misstraute wie jedem anderen. Mamorus Blick wanderte zu Massanorie der noch immer still da stand und Mamoru beobachtete. Er schien auf einen passenden Moment zu warten um sich einzumischen oder auf ihn zuzugehen. „Sie haben mich einfach bei dieser Frau gelassen.“ Seine Stimme klang nun resigniert, so als würde gerade etwas in ihm zerbrechen. „Mamoru… nicht…“ Ich wollte nicht, dass er weiter redete. Nicht wegen May oder mir, sondern weil ich wusste, dass er Massanorie sicherlich nichts vom Heim oder von Fr. Hiromie erzählt hatte und ich fand es nicht gut, dass er es nun in so einem Moment tat, wo alles aus dem Ruder lief. Mamoru aber schien mich auszublenden. „Sie hat gesagt ich hätte es verdient, ich hätte verdient, dass sie mich jeden Tag verprügelt, mich in diesen Schrank einsperrt und dass diese Pflegefamilie das auch getan hat. Ich hätte es verdient, weil mich keiner haben wollte, selbst meine Eltern nicht, deswegen seien sie gestorben. Sie hätte den Unfall gebaut, damit sie mich nicht großziehen müssten...“ May schlug sich die Hände vor den Mund und sah völlig geschockt aus und ich konnte kaum glauben was ich da hörte. Ich hatte nicht gewusst, dass die Hiromie das getan hatte, er hatte doch nie etwas gesagt. Ja, ab und an hatte sie ihm eine Ohrfeige gegeben, aber die hatten wir alle bekommen. Aber wann sollte das denn passiert sein - wir waren doch immer zusammen... Und plötzlich wurde mir bewusst, dass das nicht stimmte. Nicht immer! Wenn wir in Pflegefamilien waren oder mit der Schule weg fuhren, dann war Mamoru oft allein im Heim geblieben. Und wenn wir zurück kamen, dann hatte er immer blaue Flecken und weinte viel mehr als vorher. Aber ich dachte immer, dass die anderen Kinder ihn wieder geärgert hatten. Plötzlich wurde mir auch klar, warum Mamoru so oft bei mir im Bett schlafen wollte, dass er immer öfter Angst in der Dunkelheit hatte. Wenn sie ihn wirklich immer wieder in diesen Schrank gesperrt hatte, wenn sie ihn wirklich misshandelt hatte, dann wunderte mich nichts mehr. Und sie hatte ihm eingeredet, dass seine Eltern gestorben waren, weil sie ihn nicht wollten. Ich konnte kaum fassen, dass er das sagte und er schien keinen Zweifel zu haben, dass es genauso war. Das sie recht hatte. „Sie hat gesagt, dass ich es verdient hätte, weil ich nicht normal wäre und seltsam und dumm. Sie hat gesagt…“ Mamorus Hände begannen zu zittern. Massanorie ging einen Schritt auf ihn zu, sagte aber nichts. Fast panisch ging Mamoru noch einen Schritt zurück, bis er die Wand im Rücken hatte. „… sie hat gesagt, dass ich den anderen Kindern Unglück bringe, deswegen hat sie mich einfach auf die Straße gesetzt als ich 13 wurde.“ Ich konnte Mamorus Worte kaum verarbeiten, ich hatte bis jetzt gedacht, dass er mit 15 aus dem Heim ausgezogen sei, dass er eine eigene Wohnung fand, aber dass er mit 13 aus dem Heim geworfen wurde, das hatte ich nicht gewusst… und mir fiel plötzlich ein, dass dies die Zeit war als wir keinen Kontakt hatten. Über ein Jahr hatten wir keinen Kontakt zu Mamoru gehabt. Frau Hiromie meinte nur, dass er keinen Kontakt mehr mit uns wollte, dass er viel lernen würde... wir hatten ihr geglaubt und plötzlich wurde mir bewusst wie dumm wir gewesen waren. „… ich war erst 13 und sie hat mich einfach rausgeworfen.“ Mamoru wiederholte diese Worte und sah Massanorie an. In dessen Gesicht konnte man kein Gefühl ablesen, er stand nur da und sah Mamoru an, da war nichts in seiner Mimik was einem verriet was er gerade dachte. Doch dann sah ich das leichte zucken in seinen Fingern. So als wolle er die Fäuste ballen oder Mamoru in den Arm nehmen, genau wusste ich es nicht. Plötzlich sah ich, dass Mamoru sich an die Schläfe fasste und die Augen schmerzhaft zusammen kniff. Das letzte Mal als ich das gesehen hatte, waren wir noch im Heim gewesen, immer wenn Mamoru Kopfschmerzen bekam reagierte er so. „Mamoru…“ meine Stimme wurde lauter und ich wollte nach vorne schnellen, doch Massanorie war näher dran und hatte Mamoru schon aufgefangen. Ihm waren die Beine weggeknickt und er kniete nun neben Massanorie, welcher ihn festhielt. Mamorus Atem ging schnell und er presste die Handfläche gegen seinen Kopf. „Mach, dass es aufhört.“ Wimmerte er nur leise und klammerte sich mit der freien Hand an Massanorie. „Mach, dass es aufhört.“ Er wiederholte es immer und immer wieder, während er unglaubliche Schmerzen haben musste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)