Step Into My World von RallyVincento ================================================================================ Prolog: -------- Zusammengefasst, dies wird eine Mamoru FF, wo aber auch viele andere bekannte und unbekannte Figuren auftauchen werden. Mit wem ich ihn verkupple, bleibt noch ein Geheimnis, aber glaubt mir es wird ne Menge Arbeit auf mich zu kommen. Ich habe lange überlegt, wie ich die Story nennen soll. Aber mir fiel nichts ein, was passen würde (was auch darin liegen könnte, dass dies schon meine x-te Maru-chan FF ist). Dann aber habe ich aus reinem Zufall mal wieder J-Lo gehört und dabei fiel mir der Titel ‚Step Into My World’ auf und ich dachte mir, dass ist es doch. Denn in meiner Story geht es darum, in eine neue Welt einzutreten, einander verstehen zulernen und die Welt mal anders zusehen. Eine fremde Welt zu einem Teil der eigenen machen, das ist nicht leicht und manchmal sträubt man sich auch dagegen. Aber – wenn man sich darauf einlässt kann es am Ende auch bereichernd für einen sein. Diese FF widme ich einem gaaaaanz lieben Freund von mir, der mich soooo oft schon in den Hintern getreten hat. Und diesmal Draco kann ich dir versprechen, ich schreibe sie zu Ende. Außerdem möchte ich noch sagen, dass theDraco auch mein Beta-Leser ist, also sage ich schon mal danke! Und lasst eure FF’s von ihm kontrollieren, er ist der Beste. XD *dich fest knuddel* Viel Spaß also bei Step Into My World Prolog Die Zeilen von ‚Nancy Boy’ von Placebo hallten bis vor den Club. Die Menschenreihe davor wippte mit und jeder versuchte den Türsteher zu überreden, ihn herein zu lassen. Sei es mit Worten oder Geld. Hier standen sie, jene jungen Leute, die ausbrechen wollten aus den Zwängen des Alltags: frei, ungebunden und anders sein als die „Spießer“, welche sie tagtäglich in enge Büros oder vermiefte Hörsäle steckten. Mit dem Einbrechen der Nacht verwandelte sich die brave Studentin in einen Vamp, der Bürokaufmann in einen mit Nietenbändern verzierten Punk und jeder tauchte ein in die bunte Welt der Neonlichter. Hier gab es keine Tabus und nur eine Regel: Sei du selbst, lebe dich aus! Und der beste Ort eben diese Selbstverwirklichung zu finden, und sei es nur für einige Stunden, war im Circulus Vitiosus. Dieser Club war, wie sein Name sagte, ein Teufelskreis, hier war jeder und jeder lebte. Egal wen oder was man suchte, hier fand man es. Für jene, die es schafften, ins Innere zu gelangen, öffnete sich eine Welt fern ab von der Wirklichkeit. Glänzende Kronleuchter hingen an den alten Stahlträgern, welche mit Tüchern abgedeckt waren. Die Kristalle der Leuchter spiegelten die grell aufflackernden Neonlichter wieder und streuten es durch die riesige Halle. Ein Kaleidoskop aus Farben entstand und raubte einem die Sinne, ließ den Verstand in einen Zirkel von Empfindungen fallen. Ein Rausch, ohne Drogen und Alkohol, verursacht durch Licht und das Gefühl, unbesiegbar zu sein. Die Tanzfläche war gefüllt mit dutzenden Menschen, sie tanzten und lebten einen Traum, welcher am nächsten Tag zerplatze. Yosuke Murakami schlängelte sich an gefühlten hundert Leuten vorbei, die drei Flaschen Miril, eine Mischung aus Cola, Gewürzen und Kokosmilch, balancierend in den Händen haltend. Vor einem Sofa und einem Tisch blieb er stehen, schnell stellte er die Flaschen ab und ließ sich in den alten Sessel fallen, welcher für diesen Abend ihm gehörte. Die Nieten an seinem Gürtel glänzten im Neonlicht, seine mit bunten Flicken verzierte Jeans hing in Fetzen um seine Beine und das schwarze Shirt mit einem gekreuzigten Engel klebte an seinem verschwitzen Oberkörper. Sein Blick schweifte zu dem Podest, wo ein weiblicher DJ Musik auflegte. Die blonden Haare der Frau flogen umher, während sie sich im Takt mitbewegte. Ihr Blick galt nur der Tanzfläche unter ihr, ihre Ohren hörten nur die Musik, welche sie selbst produzierte. Erst als sie Yosuke erblickte, schenkte sie ihm ihre Aufmerksamkeit. Sie hob die Hand und schon im nächsten Augenblick nahm ein junger Mann ihren Platz ein. Mit schnellen Schritten kam sie auf Youske zu, der schwarz-rot karierte Faltenrock umspielte ihre Beine, die schwarzen Stiefel mogelten ihre Beine noch länger. Ihre grünen Augen lachten Yosuke an, während sie sich auf die Couch warf und sich eine der Flaschen nahm. May neigte ihren Kopf zur Seite und lehnte sich an die Schulter eines anderen Mädchens, oder besser gesagt einer jungen Frau. Diese trug ebenfalls einen Faltenrock, jedoch in einem dezenten Gelb und dazu ein weißes Top mit Schmetterlingen drauf. Sie schaute kurz auf und sah sich weiterhin begeistert um. Ab und an warf sie Yosuke einen lächelnden Blick zu und es war nicht zu übersehen, dass beide flirteten. „Wenn ich euch störe, dann sagt es mir ruhig“, kommentierte May diese Szenerie grinsend. „Warum wollte Mamoru noch mal nicht mit?“ Yosuke versuchte das Thema zu wechseln, da er seine Begleiterin nicht in Verlegenheit bringen wollte. Schließlich kannte man sich erst seit einer Woche und der junge Mann hatte nicht vor, dieses hübsche weibliche Wesen so schnell wieder los zu werden. „Er sagte, er müsse noch an einer Arbeit schreiben. Aber irgendwie ist er in letzter Zeit schon seltsam drauf. Er hat kaum noch Zeit für uns und er findet immer eine Ausrede, um nicht mit uns rauszugehen. Glaubst du, er verheimlicht uns was? Ich meine, er kann doch mit uns über alles reden. Ich hasse es, wenn er nicht mit uns redet. Dabei sind wir doch seine Freunde.“ May seufzte und nahm einen Schluck aus ihrer Flasche. „Er wird seine Gründe haben, vielleicht hat er ja eine neue Freundin?!“ Bei dieser Vermutung warf er seiner Begleitung einen fragenden Blick zu, doch als Antwort erhielt er nur ein Schulterzucken. May und Yosuke sahen sich kurz an und dachten nach. In letzter Zeit war das Verhalten ihres besten Freundes schon seltsam geworden. Doch Sorgen machen brachte nichts, er würde es ihnen nicht sagen, wenn etwas passiert war. „Mamoru arbeitet immer hart für die Uni, er hatte schon damals für Bunny nicht so oft Zeit.“ Die Stimme der jungen Frau riss die beiden aus ihren Gedanken. Yosuke nickte und erhob sich dann. „Da hat meine bildhübsche Begleiterin recht. Sicherlich machen wir uns zu viele Gedanken und deswegen werde ich jetzt nicht mehr darüber nachdenken, sondern...“ „Sondern?“ Seine Begleitung sah ihn stirnrunzelnd an. „Dich fragen ob du tanzen willst.“ Yosuke erhob sich und zog Minako von der Couch hoch. Diese lachte und nahm die Aufforderung gerne an. „Ach, da wird man ja fast neidisch“, kam es spöttisch von May. Doch außer einem Grinsen von Yosuke bekam sie nichts als Antwort. May sah den beiden nach und schloss die Augen. Sicherlich würde es noch eine lange Nacht werden. Keiner von beiden wusste, was mit Mamoru los war, aber sie machten sich beide Sorgen. Irgendwie hatten sie das Gefühl, dass Mamoru sie nicht mehr in seine eigene Welt hinein ließ, sondern sich darin zurückzog. Kapitel 1: Step One... Work --------------------------- Arbeit lässt sich wie Gummi dehnen, um die Zeit auszufüllen, die für sie zur Verfügung steht. Cyril Northcote Parkinson Mamoru Chiba „Du bist mir böse, oder?“ Ich drehte mich verdutzt um und sah Bunny an. Ich verstand ihren Gedankensprung zwar nicht, aber das hatte ich noch nie. „Wovon redest du?“ Ihr Seufzen zeigte mir, dass das nicht die Antwort gewesen war, die sie erhofft hatte. Theatralisch wie sie sein konnte, legte sie ihren Kopf auf ihr Mathematikbuch und begann damit, Kreise auf ihr Blatt zu zeichnen. „Jetzt fehlt nur noch die Regenwolke über deinem Kopf und das Bild ist perfekt.“ Lächelnd stellte ich eine Tasse Tee neben sie und setzte mich ihr wieder gegenüber. Die Nachhilfestunden, die ich ihr seit einigen Wochen gab, nutzte sie meistens nicht zum lernen, sondern um zu reden. In ihren Augen wurde das normale Leben, besonders was die Schule anging, mit jedem Tag komplizierter. Meistens reagierte ich auf solcherlei Erzählungen mit einem Lächeln und versuchte ihr Mut zu machen. „Also, bist du mir nun böse?“ Sie nahm die Tasse und nippte daran, ließ mich dabei aber nicht aus den Augen. „Ich meine, wegen Seiya?“ Jetzt erst verstand ich, was sie bedrückte. Nachdenklich sah ich sie an, schüttelte dann aber den Kopf. „Ganz sicher nicht. Wir haben doch lang und breit darüber geredet und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir beide eine Trennung für besser hielten.“ Sachte stellte ich die Tasse wieder ab und sah Bunny an. „Ich meine – eine Zukunft aufzubauen, aufgrund einer Jahrtausende alten Vergangenheit, das ist schon etwas lachhaft. Du und ich sind nicht mehr die gleichen Menschen wie damals. Und wenn du ihn liebst und er dich... und das scheint ja der Fall zu sein, wenn er den langen Weg bis zur Erde aufnimmt, nur um bei dir zu sein.“ Mit einem Ruck zog ich den Zettel unter ihrem Buch hervor. Eigentlich sollten dort einige Rechenaufgaben stehen, doch derlei war nicht zu sehen. Stattdessen war der Zettel mit lauter kleinen Kritzeleien übersät, wie Sterne, Blumen und Kringel. „So wirst du die nächste Arbeit sicherlich nicht bestehen“, tadelte ich sie kurz und wedelte mit dem Zettel vor ihrer Nase herum. Bunny schenkte mir daraufhin nur ein Augenrollen und nippte erneut an dem Tee. In letzter Zeit war viel passiert. Irgendwie war das letzte Jahr sehr ruhig verlaufen, was Dämonen und den ganzen Kram anging. Es schien wirklich Frieden zu herrschen, den man schon fast beständig nennen konnte. Doch insgeheim hatten wir in dieser Zeit alle mit unseren eigenen Dämonen zu kämpfen begonnen. „Du solltest es den Anderen sagen.“ Wieder sah ich Bunny an. Dass sie auch nicht in ganzen Sätzen reden konnte. Jedoch wusste ich jetzt gerade schon, was sie meinte und vielleicht ärgerte mich das sogar mehr, als wenn ich sie nicht verstanden hätte. „Dann, wenn ich es für relevant halte. Es geht ja schließlich keinen was an und außerdem will ich ja nicht für immer aufhören. Eine kleine Auszeit ist halt auch für mich mal wichtig.“ Meine Stimme klang genervt und es war mir sogar egal. Dass sich Bunny Sorgen machte verstand ich, so war sie eben. Aber trotzdem wollte ich mich vor ihr nicht rechtfertigen. Außerdem empfand ich es nicht als so dramatisch, dass ich das Studium unterbrochen habe. Die Gründe waren eigentlich andere, als jene, die ich Bunny genannt hatte, aber sie musste nicht alles wissen. In letzter Zeit lief eben nicht alles so glatt und die Studiengebühren fielen leider nicht vom Himmel. Diese Zwangsauszeit musste ich wohl oder übel nehmen. Denn ohne Studiengebühren – kein Studium. Es hieß also in einem Jahr einen so guten Job zu finden, dass ich das nötige Geld zusammensparen konnte. Zwar hatte ich immer gewusst, dass das Geld meiner Eltern, egal wie gut es angelegt war, nicht ewig reichen würde, doch hatte ich schon gehofft, dass es wenigstens noch für dieses Jahr so wäre. Doch anscheinend hatte ich mich verkalkuliert. Zur Zeit sah es alles andere als gut aus, was meine finanzielle Lage betraf. Die Zeitungen mit den Jobanzeigen stapelten sich schon in meinem Schlafzimmer und nahmen irgendwie auch nicht ab. Man konnte sich ja gar nicht vorstellen, wie schwer es war, einen Job zu finden, der zum Ersten moralisch vertretbar und zum Zweiten trotzdem gut bezahlt war. Normalerweise machte es mir nichts aus zu arbeiten, egal was es war. Doch diese Jobs waren auch nicht so gut bezahlt und ich hatte eigentlich vor, im nächsten Jahr wieder in das neue Studienjahr mit einzusteigen. Doch wenn meine Pechsträhne weiterging, dann konnte ich mir das wohl abschminken. Seufzend lehnte ich mich zurück und dachte nach. „Mamoru – Mamoru!“ Ich zuckte zusammen und sah Bunny an, welche diesen altbekannten, besorgten Gesichtsausdruck aufgelegt hatte. „Wenn – wenn du Probleme hast, dann kannst du mit mir reden. Ich bin doch eine gute Zuhörerin.“ Ich nickte nur und nahm ihr Mathebuch wieder zur Hand. „Wenn du die nächste Arbeit nicht verhauen willst, dann solltest du mir mal zeigen, ob du wirklich verstanden hast, was die in diesen Aufgaben von dir wollen.“ Ich legte das Buch vor ihre Nase ab und tippte auf die Nummern, welche sie rechnen sollte. „Ich hasse Lernen.“ Ihr nörgelnder Ton ließ mich kurz auflachen, doch dann schafften wir es endlich, uns wieder ihrer Nachhilfe zu widmen. Auch wenn ich teilweise gedanklich noch immer bei den Stellenanzeigen war. Die nächsten zwei Stunden verbrachte ich damit, Bunny verschiedene Matheformeln einzubläuen. Währenddessen erzählte sie mir nur immer wieder, dass ich schon so klingen würde wie Rei. Diese Vorwürfe musste ich mir neuerdings öfter anhören, auch wenn ich verstand, dass Bunny meine Predigten schon zum Hals heraushängen mussten. Es war schon recht spät, als ich Bunny nach Hause fuhr und ich war ihr dankbar, dass sie mich nicht mehr über mein Studium ausfragte. „Glaubst du, dass dieser Yosuke nett zu Minako ist?“ Ihr Blick war auf einige Teenager gerichtet, welche die Ampel überquerten, an der ich hielt. Ein Schmunzeln zeichnete sich auf meinen Lippen ab, als ich weiterfuhr. „Du kannst mir glauben. Yosuke ist ein netter Mensch, auch wenn er manchmal etwas verrückt ist und viel dummes Zeug redet. Ich finde sogar, die beiden passen gut zu einander.“ Beruhigend lächelte ich sie an. Ich fand es immer schon beachtlich, wie viele Sorgen sie sich immer um Andere machte. Aber so war sie halt und das machte sie ja auch so liebenswert. „Mach dir keine Sorgen. Für Yosuke verbürge ich mich.“ Ich hielt vor ihrem Haus. Noch einmal lächelte sie mich an, bevor sie ausstieg. „Danke, dass du mir beim Lernen hilfst. Ich weiß ja, dass ich ein hoffnungsloser Fall bin.“ „Ich mag Herausforderungen“, gab ich ihr nur als Antwort, bevor sie endgültig ausstieg und die Autotür schloss. Es dauerte keine zwanzig Minuten und ich war wieder in meiner Wohnung, müde setzte ich mich auf mein Bett. Eigentlich fielen mir fast die Augen zu, doch ich entschloss mich, trotzdem noch einen Blick in die heutige Zeitung zu werfen. Irgendwie hatte ich den ganzen Tag noch keine Zeit dazu gefunden. Mit einem Bleistift bewaffnet durchsuchte ich die Stellenanzeigen nach passenden Jobangeboten, doch eigentlich stand genau dasselbe wie gestern und den Tag davor drinnen. Gerade als ich die Zeitung weglegen wollte, fiel mein Blick auf eine kleine Anzeige am unteren Ende der Zeitung. ‚Suchen Büroboten, Vollzeit, gute Bezahlung! Bewerbungen z.H. Frau Midori’ Das klang nicht gerade schlecht, auch wenn die Angaben mehr als dürftig waren. Da es nur eine Adresse war und keine Telefonnummer, beschloss ich, morgen früh selbst bei dieser Adresse vorbei zu fahren. Vielleicht hatte ich ja doch Glück, auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, dass dabei etwas Vernünftiges herauskommen sollte. Ich kreiste mir diese Anzeige an und versuchte, positiv zu denken. Es konnte nur besser werden. Nachdenklich warf ich noch einen Blick hinaus, zog dann die Vorhänge zu und legte mich schlafen. Ayame Midori Wie ich meinen Job doch manchmal hasste, oder besser den Mann, für den ich arbeitete. Ich faltete die Zeitung zusammen und ließ sie in den Mülleimer fallen. „Sind noch immer keine Bewerber da?“ Ich zog eine Augenbraue hoch und sah meinen Chef nur zickig an. „Auf so eine Anzeige wird sich sicherlich keiner melden. ‚Bürobote’ gesucht! Sie suchen doch eine Vertretung für mich, weil ich nächste Woche aufhöre. Denken Sie etwa, auf so eine präzise Anzeige melden sich qualifizierte Fachkräfte?“ Seufzend fasste ich mir an die Stirn und schüttelte den Kopf. „Sie können froh sein, dass ich Ihnen bei solchen Angelegenheiten nicht vertraue. Ich habe mir also die Freiheit genommen, selber eine Stellenanzeige aufzugeben.“ Mit einer gekonnten Handbewegung zog ich die passende Seite aus einer anderen Zeitung heraus und reichte sie meinem Chef. Oh Gott, ich war so froh, endlich in meinen wohlverdienten Erziehungsurlaub zu gehen. Ich wusste wirklich nicht, was anstrengender war, dieser Job oder die Schwangerschaft. „Sie könnten ruhig weiterarbeiten, vom Krankenhaus geht das auch und außerdem bezahle ich Ihnen so viel, da können Sie sich auch ein Kindermädchen leisten.“ Ich ignorierte Herrn Lenjier einfach und öffnete die Briefe auf meinem Schreibtisch. „Es ist eine Verschwendung von Geld, eine so ausführliche Anzeige aufzusetzen“, kam es scharf von ihm, als er die Anzeige laut zu lesen begann. ‚Für eine renommierte, international tätige Firma mit Sitz im Zentrum von Shinjuku suchen wir schnellstmöglich eine/n SekretärIn/AssistentIn mit sehr guten Englischkenntnissen. Aufgabenschwerpunkte: · Erledigung der Korrespondenz in japanischer und englischer Sprache · Reise- und Terminorganisation · Unterstützung bei der Projektplanung · Terminierung, Tagesplanung · Serviceorientierte Kundenbetreuung · Vielfältige Organisations- und Koordinationsaufgaben Fachliche Anforderung: · Kaufmännische Ausbildung oder Abschluss als Sekretär/in · Möglichst mehrjährige Berufserfahrung · Sehr gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift · Gute PC-Kenntnisse (Word f. Windows, Excel, Power Point) Persönliche Fähigkeiten: · Ergebnisorientierung · Hohe Einsatzbereitschaft · Selbstständige, strukturierte Arbeitsweise · Teamfähigkeit und Belastbarkeit · Zuverlässiges und systematisches Arbeiten Unser Kunden bieten Ihnen eine abwechselungsreiche Tätigkeit, einen modernen Arbeitsplatz in einem international tätigen Unternehmensumfeld, sowie eine der Position angemessene attraktive Dotierung. Wenn Sie sich angesprochen fühlen, dann bewerben Sie sich bitte persönlich mit Ihren aussagefähigen Bewerbungsunterlagen bei Fr. Ayame Midori.’ Er sah mich mit seinen grünen Augen skeptisch an. „Platzverschwendung. Außerdem hätten Sie ruhig dazuschreiben können, dass auch Deutschkenntnisse von Vorteil wären – außerdem scheint mir die Wortwahl ‚Teamfähigkeit und Belastbarkeit’ übertrieben. Das Einzige, was Sie hier machen, ist Kaffee trinken und Termine organisieren.“ Er zerknüllte die Zeitungsseite und schmiss sie in den Papierkorb. „Ich finde, wenn man für Sie arbeitet, sollte man sehr hoch belastbar sein. Außerdem widerstrebte es mir, in die Anzeige zu schreiben, dass der zukünftige Boss eine exzentrischer Egomane ist.“ Ein bissiges Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Ich war wohl einige der wenigen in dieser Firma, die keine Angst vor diesem Mann hatten, aber ich hatte eben nie vorgehabt, mich von einem Mann fertig machen zu lassen, der fast zehn Jahre jünger war als ich. „Wenn die ersten Bewerber kommen, sagen Sie mir Bescheid. Ich habe meine eigene Auswahlmethodik.“ Ich seufzte, nickte dann aber. Es hatte ja keinen Sinn, ihn zu belehren. Innerlich stellte ich mich schon einmal darauf ein, am Ende der Woche keine Vertretung für mich gefunden zu haben. Mamoru Chiba , schoss es mir durch den Kopf, als ich vor diesem riesigen Gebäude stand. Ich war schon oft in Shinjuku gewesen, alleine deswegen schon, weil meine Universität in diesem Stadtviertel lag. Doch es war etwas Anderes, diese riesigen Wolkenkratzer von fern zu sehen, oder direkt davor zu stehen. Aber es nützte nichts, ich brauchte einen Job und wenn dieser wirklich so gut bezahlt wurde, dann musste ich den Kloß in meinem Hals wohl hinunter schlucken. Im Inneren dieses Gebäudes sah es nicht minder atemberaubend aus. Die Leute, die hier herumliefen, hatten in meinen Augen sicherlich mehr Geld, als ich in meinem ganzen Leben verdienen würde. Ich war wirklich dankbar dafür, mich heute morgen doch für das weiße Hemd und das schwarze Sakko entschieden zu haben. So fiel ich wenigstens nicht ganz so rapide auf. Am Empfang saß eine Frau mittleren Alters, ihr blondes Haar hatte sie zurück gesteckt. In einer Hand hatte sie einen Telefonhörer in der anderen eine Liste, die sie einem Mann hinhielt, der vor mir stand. Als mein Vordermann sich darin eingetragen hatte, eilte er ziemlich abgehetzt zu den Fahrstühlen. Hier herrschte ein Treiben wie in einem Bienenstock. Das Namensschild der Frau zeigte mir, dass ich es hier mit Frau Arakawa zu tun hatte. Diese jedoch bedachte mich nur mit einem kritischen Blick und führte ihr anscheinend wichtiges Telefonat weiter. Innerlich verdrehte ich die Augen, doch was sollte man machen, wenn eine Unterhaltung über Nagellack und Schwangerschaft interessanter war, als der eigentliche Job? Dann von mir aus. Nach etwa zehn Minuten höflichen Wartens und Stillschweigens, wandte sie sich dann doch endlich mir zu. „Was kann ich für Sie tun?“ Ihre Stimme klang überraschend freundlich. „Ich würde gerne zu Frau Midori.“ „Wegen dem Job?“ Ich konnte mich irren, aber sah sie mich wirklich mit einem gewissen Mitleidsblick an? „Etage 39, dann gehen Sie nach links und kommen direkt zu Frau Midoris Büro. Sie können es nicht verfehlen.“ Sie deutete zu den Fahrstühlen. „Viel Glück und nehmen Sie es nicht persönlich!“ Ich sah sie überrascht an, doch sie lächelte nur und nickte. Zwar hatte ich keine Ahnung, was sie meinte, aber irgendwie breitete sich dank dieser Aussage ein gewisses Unwohlsein in mir aus. Doch ich verwarf dieses Gefühl schnell wieder, was sollte schon passieren? Schlimmer als ein Kampf gegen Dämonen konnte es nicht werden. Bei einem Gebäude mit fünfundvierzig Etagen kam einem eine Fahrstuhlfahrt fast schon unendlich lange vor. Die meisten Menschen waren schon in den ersten zwanzig Etagen ausgestiegen und so war ich der Einzige im Fahrstuhl, als sich seine Türen im neununddreißigsten Stock öffneten. Ich hielt mich links und ging einen langen Flur entlang, links und rechts befanden sich einige Türen und der Boden war mit dunklem Laminat ausgelegt. Alles in allem wirkte es wirklich sehr edel. Vor mir erschien eine Glastür, welche offen stand, dahinter befand sich ein relativ großer Raum, wo Stühle standen. Bis auf zwei oder drei Stühle waren alle besetzt. Dieser Raum wimmelte nur so von jungen, hübschen Frauen in kurzen Röcken. Ich musste zugeben, dies war kein schlechter Anblick. Ich nickte, als mich einige der Frauen ansahen und bekam einige reizende Lächeln zurück geworfen. , dachte ich mir und musste ein Lachen hinunter schlucken. Eine weitere Tür führte in ein schönes, helles Büro mit einer großen Fensterfront. Ich klopfte an die nur halb angelehnte Tür. „Ja, bitte?“ Ich trat in das Büro und sah zu einer Frau, welche gerade auf einer kleinen Leiter stand und einige Aktenordner aus einem Regal hievte. Erst beim zweiten Mal hinsehen sah ich, dass die Frau schwanger war. Ich ging zu ihr und nahm ihr die Aktenordner ab, sie schien etwas überrascht darüber, lächelte dann aber dankbar. „Danke schön. Mein Mann würde mich umbringen, wenn er wüsste, dass ich das noch mache.“ Sie strich sich einige ihrer kinnlangen Haare aus dem Gesicht, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte. „Da würde ich Ihrem Mann auch Recht geben.“ Ich legte die Aktenordner auf ihren Schreibtisch und schmunzelte. Sie setzte sich und lachte erheitert auf. „Wenn nur alle Männer so hilfsbereit wären wie Sie, dann hätte ich weniger Arbeit.“ Sichtlich erschöpft griff sie zu einer Flasche Wasser und schüttete sich etwas in ein Glas. „Was kann ich also für Sie tun, Herr –?“ „Chiba Mamoru“, kam es schnell von mir, während ich aus meiner Umhängetasche meine Bewerbung heraus kramte. „Ich bin hier wegen der Zeitungsanzeige, genauer gesagt, wegen der Stelle als Bürobote.“ Ich hatte es nicht ganz ausgesprochen, da hustete Frau Midori auch schon. Anscheinend hatte sie sich bei dieser Aussage an einem Schluck Wasser verschluckt. Fast schon kreidebleich sah sie mich an. „Oh mein Gott. Wenn er das erfährt, muss ich mir das ewig vorhalten lassen.“ Ihre Stimme klang nicht erfreut und sie sah etwas genervt zu der großen Tür, welche wohl in ein weiteres Büro führte. „Sie müssen mir etwas versprechen, sagen Sie niemals, dass Sie wegen dieser kleinen Anzeige hier sind. Bitte!“ Sie sah mich mit einem fast schon bettelnden Blick an, ich nickte nur, auch, wenn ich ihre Aufregung überhaupt nicht nachvollziehen konnte. „Und was diese Stelle als Bürobote angeht...“ Sie hatte es noch nicht ausgesprochen, da öffnete sich die andere Tür. Ein Mann, Anfang dreißig schätzte ich, trat heraus. Sein Blick glitt zuerst zu mir und dann zu Frau Midori. „Vernahm ich gerade das Wort ‚Bürobote’?“ Seine Stimme klang unsympathisch und überheblich. So was nannte man im Volksmund auch Ekelpaket. Es gab nur wenig Menschen, die ich nach einem einzigen kurzen Blick schon als ätzend einstufte, er gehörte jedoch definitiv dazu. „Nein, haben Sie nicht.“ Die Frau war schnell aufgesprungen und sah ihren Chef mit einem nicht zu deutenden Blick an. Doch dieser schien sie einfach zu ignorieren. Er kam auf mich zu und nahm mir meine Unterlagen aus der Hand. Er warf nur einen kurzen Blick drauf, als sich ein ekelhaftes, rechthaberisches Lächeln auf seinem Gesicht abbildete. „Hier steht, Sie bewerben sich für eine Stelle als Bürobote. Dies ist Aufgrund einer kleinen Anzeige in der Zeitung entstanden!“ Mein Gegenüber erwartete keine Antwort auf diese Feststellung, sondern wandte sich sofort um und betrat das Vorzimmer mit den wartenden Damen. „Sie sind alle unfähig und unqualifiziert. Deswegen dürfen Sie gehen!“ Das nun erfolgende Stimmengewirr wurde recht laut und ich verstand eigentlich die Welt auch nicht mehr. Einige der Damen kamen dem Herrn, der sie gerade als unfähig bezeichnet hatte, hinterher und überhäuften ihn mit Fragen. „Meine Damen, bitte...“ Frau Midori versuchte, die aufgebrachten Frauen zu beruhigen, doch sie wollten anscheinend einen besseren Grund, warum sie nicht eingestellt wurden. Diesen bekamen sie sofort und mir wurde bewusst, dass das Wort Charakterschwein wohl genau auf diesen Mann zutreffen musste. Vielleicht war im Wörterbuch auch sein Bild neben diesem Wort abgebildet. „Wenn Sie einen Grund brauchen, gut, Sie sollen ihn haben.“ Seine Stimme hatte einen scharfen Ton angenommen und es war sofort still. Er zeigte auf die blonde Frau. „Ich hasse blondierte Frauen!“ Und so ging es Reih um, von ‚die Ohrringe seien Scheiße’ bis hin zu ‚die Bluse sei nicht weiß genug’ war jede haltlose Begründung vertreten, um diese Frauen nicht einzustellen. Es dauerte keine fünf Minuten und das Büro war leer. Noch immer hatte ich keine Ahnung, was hier gerade geschehen war. Ich wusste nur, dass es anscheinend mit mir zu tun hatte. „Sie können doch nicht all diese Frauen wegschicken! Sie sind alle großartig qualifiziert, um hier als Sekretärin zu arbeiten.“ Die Stimme von Frau Midori überschlug sich fast, dann wandte sie sich an mich. „Bitte nicht persönlich nehmen.“ Sie sah erneut zu ihrem Chef. „Aber Sie können doch nicht alle Bewerber wegschicken, nur weil Ihr Ego es nicht verkraftet, dass sie auf meine Anzeige gekommen sind. Sie stellen diesen jungen Mann doch nur ein, weil er wegen Ihrer Anzeige hier ist. Das ist doch Wahnsinn. Er hat sich schließlich aufgrund einer nicht vorhanden Stellenbeschreibung beworben. Das ist – das ist – hirnrissig!“ „Sie sind doch noch eine Woche hier. Lernen Sie ihn an.“ Er musterte mich noch einmal und verschwand dann wieder in seinem Büro. Sprachlos und verwirrt sah ich die Frau vor mir an. „Entschuldigen Sie bitte. Aber ich brauche jetzt erst einmal einen starken Kaffee. Wollen Sie auch einen?“ Ich nickte nur und sah ihr nach, als sie zur Kaffeemaschine ging, welche in einer Ecke des Raumes stand. „Ich werde sterben. Ich weiß es. Irgendwann werde ich wegen ihm einen Herzinfarkt bekommen oder mich aus dem Fenster stürzen.“ Ihr Gesicht hatte etwas an Farbe verloren und sie schüttelte immer wieder den Kopf. Als sie mir die Tasse mit dem Kaffee reichte, sah sie mich an und lächelte gequält. „Sie wissen gar nicht, was da auf Sie zukommt.“ Sie setzte sich hinter ihren Schreibtisch und hielt mir einen Zeitungsabschnitt hin. „Dies hier ist die Stelle, die Sie gerade bekommen haben. Und der Mann, den Sie gerade kennen gelernt haben, ist mein Chef, oder besser unser Chef.“ Ich nahm die Anzeige und las sie mir durch und bei jedem Wort wurde mir ganz anders zumute. „Aber das – das...“ Ich fand keine passenden Worte, für so einen Job war ich nicht qualifiziert. „Ich weiß, aber Herr Lenjier hat das entschieden.“ „Lenjier?“ „Ja! Der Mann gerade war – Massanorie Lenjier.“ Kapitel 2: Step Two... Money ---------------------------- Vielleicht verdirbt Geld den Charakter. Aber auf keinen Fall macht Mangel an Geld ihn besser. John Steinbeck Massanorie Lenjier Natürlich war mir bewusst, dass dieser Junge überhaupt keine Qualifikation hatte. Aber genau das machte den Reiz ja aus. Mit einem zufriedenen Lächeln setzte ich mich in meinen Sessel und lehnte mich zurück. Ich liebte mein Leben. Ich schlug die Bewerbung des jungen Mannes auf. Das, was dort stand, machte mich neugierig. Das konnte amüsant werden. Seine Bewerbung legte ich in eine Schublade meines Schreibtisches, damit würde ich mich später noch intensiver befassen. Auf meinem Schreibtisch lagen einige Unterlagen, ich nahm mir den Stapel, den ich in zwei Stunden brauchte und öffnete die Tür zu meinem Büro. „Kaffee trinken ist doch schon einmal eine gute Qualifikation für diesen Beruf.“ Mein sarkastischer Tonfall ließ Ayame nur böse schauen. Doch sie war mir gerade egal. „Kopien müssen eingesammelt, sowie Notizen gemacht werden.“ Ich ging und drehte mich herum. Ayame stand unelegant auf und wollte mir gerade hinterher laufen, doch ich hatte andere Pläne. „Ihr ewiges Gemecker über Mutterschaft regt mich auf, also setzten Sie sich. Sie kommen mit, Vertretungen sollte man persönlich anlernen. Sonst kommt dabei nur Mist heraus.“ Ich nickte dem jungen Mann zu. Dieser schien zu verdutzt, als dass er mich verstand. „Sofort. Ich hasse es, zu warten!“ „Gehen Sie mit ihm. Sonst bekommt er noch einen Anfall“, hörte ich Ayame sagen, wahrscheinlich hatte sie mit Absicht so laut gesprochen. Etwas unsicher trottete mein neuer Bürojunge hinter mir her, ich befasste mich nicht mit unwichtigen Sachen, sondern drückte ihm einen Schwung Papier in die Hand und einen Stift. „Erstens: Notizen werden mir nur dann handschriftlich überreicht, wenn ich die Klaue auch lesen kann. Sonst fliegt es in den Müll. Versäumte Termine und anderes sind dann alleine Ihre Schuld. Zweitens: Ich rufe grundsätzlich keine Menschen zurück. Der Standardspruch am Telefon wird also sein: ‚Rufen Sie später noch einmal an’. Drittens: Jeden Morgen und Nachmittag bekomme ich einen Kaffee, aber nicht diesen Mist aus der Firma, sondern – und jetzt hören Sie gut zu – um die Ecke neben dem Bankgebäude gibt es einen amerikanischen Coffee Shop. Und es wird bestellt: ein großer Espresso plus ein Blaubeermuffin. Bekomme ich das nicht, haben Sie ein Problem. Viertens: Es werden immer Mitschriften von allen Konferenzen gemacht. Diese sauber abgetippt und dann einsortiert, damit auch ein Trottel sie wieder findet. Fünftens: Ich wiederhole mich niemals.“ Zynisch wie ich war, warf ich dem Mann einen Blick zu, sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass er sich wünschte, im Bett geblieben zu sein. Gute Einstellung, die hatte ich auch jeden zweiten Tag. „Name?“ Der Fahrstuhl brauchte noch einige Minuten, bis er endlich kam, ich hasste Smalltalk. Doch ich hatte nicht die Zeit gehabt, mir den Namen meines neuen Bürojungen anzuschauen. „Chiba Mamoru.“ Na, wenigstens wusste er sofort, was man meinte, ewiges Nachfragen war mir zuwider. Außerdem musste ich mich so nicht wiederholen. „Alter?“ Ich wusste sehr wohl, dass meine Sympathie hier nicht stieg, sondern kontinuierlich sank. Aber in diesem Geschäft brauchte man keine Sympathiepunkte. Hier galt Können und nichts Anderes. Mit zwischenmenschlichem Quatsch konnte ich nichts anfangen. „Steht in meiner Bewerbung.“ Der Tonfall gefiel mir nicht, aber trotzdem war es erheiternd. Ich wandte mich um und sah Mamoru an. Er war einen halben Kopf kleiner als ich und doch schien er sich nicht von mir von oben herab behandeln lassen zu wollen. Meine linke Hand schnellte nach vorne, ich griff sein Kinn und zog sein Gesicht näher zu meinem. „Vierundzwanzig Jahre alt und schon so lebensmüde.“ Das Entsetzen in seinem Gesicht war kaum zu übersehen. Ich ließ ihn wieder los, als ich hörte, dass der Fahrstuhl angekommen war. „Wir werden sicher viel Spaß haben.“ Mein Blick musterte ihn noch einmal, bevor ich in den Fahrstuhl stieg. Mamoru Chiba Ich sah diesen Mann nur sprachlos an. Er hatte mich mit seiner Reaktion so überrascht, dass ich nicht darauf reagieren konnte. Völlig durch den Wind sah ich ihn an, während er den Aufzug betrat. So jemand wie er war mir noch nie untergekommen. Als die Fahrstuhltür sich gerade schließen wollte, erwachte ich aus meiner Starre. Schnell stieg ich noch mit ein und fühlte mich plötzlich sehr unwohl in der Nähe dieses – eigentlich fiel mir keine jugendfreie Bezeichnung für diesen Mann ein. Er hatte also doch meine Bewerbung gelesen, aber warum fragte er mich dann erst, wie ich hieß oder wie alt ich war? Ich schloss daraus, dass er nur noch einmal hören wollte, dass ich jünger war als er, denn genau das machte er sich zunutzen, um mich ungehindert duzen zu können. Also, nicht nur Mann ohne Charakter, sondern auch noch mit nicht vorhandenen Umgangsformen. Die Liste seiner negativen Eigenschaften stieg proportional zu seinem Ego. Aber Frau Midori hatte mir auch gesagt, wie hoch der Lohn dafür war, diesen Mann sechs Tage die Woche ertragen zu müssen und der war so hoch, dass ich der Versuchung kaum widerstehen konnte. Wenigstens probieren wollte ich es, obwohl das wohl wirklich auf Kosten meiner Nerven ging. Ich schaute mir die Blätter in meiner Hand genauer an, als der Fahrstuhl in einer der unteren Etagen hielt, doch was nun geschah, war schon fast beängstigend. Die Tür öffnete sich und die Menschen davor schauten, als ob sie der Pest persönlich ins Auge blickten. Keiner stieg ein, anscheinend warteten lieber alle auf einen anderen Aufzug, als mit diesem Mann in einem kleinen, engen Raum zu stehen. Jetzt verstand ich endlich den mitleidigen Blick der Empfangsdame. Erst jetzt nahm ich mir die Zeit und musterte meinen neuen Chef. Charakterlich war er ja eher verkrüppelt, doch äußerlich war er wohl der ideale Werbeträger für alles, was teuer war. Allein die Schuhe mussten mehr wert sein, als mein ganzer Kleiderschrank, von Anzug und Hemd gar nicht erst zu reden. Massanorie Lenjier schien nicht nur viel Geld zu verdienen, er schien es auch gut auszugeben, für jede Art von Luxus. Na ja, wenn man sich nur auch einen guten Charakter kaufen könnte. Sein Gesicht wirkte wie ein Felsbrocken, hier war kaum eine Gefühlsregung zu erkennen. Blond-braune Haare, wobei ich mir nicht sicher war, ob diese Farbe Natur war oder mit Strähnchen aufgebessert. „Gaijin...“, flüsterte ich leise und eigentlich mehr zu mir selbst. Doch anscheinend waren die Ohren meines Chefs besser als ich dachte. „Schlitzauge!“ Sein Gesichtsausdruck hatte sich kein bisschen verändert, als er mich ansah. Die Türen öffneten sich und wir beide hatten anscheinend geklärt, was wir von unserem Gegenüber hielten. „Da wir nun die Freundlichkeiten ausgetauscht haben, denke ich, wir sollten anfangen zu arbeiten!“ Mit diesen Worten holte er eine Zigarettenschachtel aus seiner Jackettasche und zündete sich noch im Fahrstuhl eine Zigarette an. , dachte ich mir leise und wusste aber innerlich schon, dass es noch schlimmer kommen würde. Die nächsten zwei Stunden verbrachte ich damit, Herrn Lenjier hinterher zu laufen. Nicht gerade eine tolle Tätigkeit, aber sich zu beschweren hatte ja sowieso keinen Sinn. Ich merkte recht schnell, dass er nicht gerade einer der beliebtesten Menschen in dieser Firma war. Was mich aber sehr überraschte, war die Tatsache, dass er der Juniorchef dieses ganzen Ladens war. Zeitweise entsann ich mich eines Zeitungsartikels, wo sein Name mal erwähnt worden war. Für ihn schienen alle Menschen um ihn herum nur da zu sein, um seinen Anweisungen zu folgen. Als wir endlich wieder im Büro von Frau Midori ankamen, hatte ich sieben DIN A4 Zettel mit Notizen. Seine Sekretärin sah mich mitleidig an und nachdem Herr Lenjier in seinem Büro verschwunden war, hielt sie mir einen heißen Kaffee entgegen, den ich dankbar annahm. „Ist er immer so?“ Sie nickte nur und sah sich meine Notizen an. „Sie sollten gehen und morgen wieder kommen. Ich konnte nicht ahnen, dass er Sie jetzt schon einspannen würde.“ Ihre Stimme klang besorgt. „Ich hatte sowieso nichts Anderes vor, auch wenn ich immer noch nicht verstehe, warum er mich einstellt, anstatt einer qualifizierten Fachkraft.“ „Das sollten Sie erst gar nicht versuchen zu hinterfragen, das würde Sie nur erkennen lassen, das er ein Egomane ist. Hat er Ihnen schon seine fünf Regeln offenbart?“ Sie startete das Office Programm ihres Rechners und begann damit, meine Notizen sauber abzutippen. „Ja, hat er. Sagen Sie – meint er das mit dem Kaffee wirklich ernst?“ Ich entledigte mich meines Sakkos und stellte mich hinter sie, um ihr etwas über die Schulter zu schauen. „Oh ja. Das ist wohl mit die wichtigste seiner Regeln. Wenn Sie die befolgen, haben Sie schon mal den Status, dass er Sie nicht gleich umbringen wird. Und was die Regel angeht, dass er nur dann handgeschriebene Notizen annimmt, wenn er sie lesen kann – vergessen Sie die gleich wieder. Das sagt er allen, aber er meint es nicht so, ich habe schon Schriften gesehen, die sahen aus wie getippt und trotzdem sagte er, er könne sie nicht lesen!“ Sie drehte ihren Kopf und sah mich mit einem aufmunternden Blick an. Das beruhigte mich zwar nicht, aber es machte mir wenigstens klar, dass dieser Mann alles nach reiner Willkür entschied. Hier hatte nichts einen Sinn, so wie es schien. Ich wollte gerade anbieten, dass ich die Notizen abtippe, aber da wurde auch schon wieder die Tür geöffnet und mein neuer Chef winkte mich hinter sich her. Ich folgte seufzend und schritt hinter diesem Lackaffen her. „Ich hatte gerade eine Eingebung und dadurch fiel mir die passende Beschäftigung für dich ein, mein kleiner Bürojunge!“ Sein spöttischer Unterton war leider nicht zu überhören, doch ich sagte nichts darauf. Wieder stiegen wir in den Fahrstuhl, doch diesmal fuhren wir in den vorletzten Stock. Der Fahrstuhl öffnete sich und machte den Blick auf einen Flur frei. Der azurne Teppich begann bei dem Fahrstuhl und endete circa fünf Meter weiter an der einzigen Tür hier oben. Als diese geöffnet wurde, musste ich schon kurz schlucken, dass ich hier oben so etwas finden würde, hätte ich nicht gedacht. Ich stand nun in einem Raum, welcher wohl als Konferenzsaal genutzt wurde. Nach vorne hin gab es nur Fensterscheiben, da waren nur zwei feste Wände und die befanden sich links und rechts neben der Tür. In der Mitte stand ein runder Glastisch mit zehn beigefarbenen Sesseln. „Dies hier ist der Konferenzsaal für ausgewählte Kunden, heute Abend findet eine Besprechung statt. Alle Stühle werden besetzt sein. Das bedeutet, dass diese Matte in meiner Hand genau zehn mal kopiert werden muss, außerdem muss das Ganze als PowerPoint Präsentation aufgebaut werden. Auf jeden Platz eine Mappe, der Beamer kommt nach links, die Leinwand nach rechts.“ Das war alles, was er sagte, dann drückte er mir den Schlüssel für diesen Raum in die Hand, sowie die zu kopierenden Unterlagen. „Aber...“ „Ich wiederhole mich nicht“, kam es nur zurück und schon stand ich alleine in diesem riesigen Raum. „Was für ein Scheißtag. Ich hätte doch einfach an der Tankstelle anfangen sollen.“ Doch alles Bereuen nützte jetzt nichts, anscheinend musste ich versuchen, das auf die Reihe zu bekommen. Aber bis jetzt hatte ich noch jeden Job zufriedenstellend erledigt und ich wollte bei diesem keine Ausnahme machen. Massanorie Lenjier „Denken Sie nicht, dass Sie etwas übertreiben? Wenn Sie so weiter machen, kann ich morgen wieder eine neue Anzeige in die Zeitung setzen.“ „Sie haben auch immer was zu meckern“, kommentierte ich ihr Gerede nur beiläufig. „Geld bekommt man nicht fürs Nichtstun, sondern von harter Arbeit, die einen auch mal an Grenzen bringt. Wenn er das nicht kann, dann ist er hier fehl am Platz und wird es im Leben zu nichts bringen.“ Damit hatte sich für mich das Gespräch erledigt. Meine Bürotür fiel hinter mir ins Schloss und ich stand in meinem Büro. Ich sah nicht ein, dass ich, nur weil er neu war, Rücksicht nehmen sollte. Mein Blick schweifte zu meiner Uhr und ich bemerkte, dass es bald Zeit für meinen Kaffee war. Es gab nichts Besseres als einen Espresso und einen Muffin, um sich kurz zu entspannen, abgesehen von Sex natürlich. Auf meinem Schreibtisch lag ein kleiner Zettelstapel, auf dem meine zuvor genannten Notizen standen. Ich sah ihn durch und legte sie in der Reihenfolge, wie ich sie brauchte, in eine Schublade. Bei mir verschwand einfach alles in Schubladen. Schweigend drehte ich mich herum und sah aus dem riesigen Fenster hinaus auf diese Stadt, die ich innerlich überhaupt nicht mochte. Irgendwie war mir Japan immer zuwider gewesen, die Menschen, ihr Verhalten, ihre Einstellung. Aber ich hatte keine Zeit, meinem Unmut weiter gedanklich Ausdruck zu verleihen, schließlich musste ich mich auf die heutige Konferenz vorbereiten und obwohl ich diese Konferenzen schon tausendmal abgezogen hatte, so musste man doch mit allen Komplikationen rechnen. Meine Schritte führten mich zu einem Regal, wo einige schwarze Ordner standen und auf mich warteten. Ohne groß überlegen zu müssen, zog ich den mittleren heraus und setzte mich wieder an meinen Schreibtisch. Ich blätterte den Ordner durch und entnahm die Blätter, die ich brauchte. Schnell überflog ich sie und machte mir einen separaten Zettel fertig, auf dem ich mir selber Notizen schrieb, um sie später direkt zur Hand zu haben. Ein plötzliches Klopfen an der Tür ließ mich aufschauen. „Herein!“, kam es schroff von mir und auch als sich die Tür öffnete und sich ein mir bekanntes Gesicht durchschob, wurde es nicht besser. „Halli-Hallo.“ Ich runzelte die Stirn und sah wieder auf meine Arbeit. „Es gibt Menschen, die müssen arbeiten. Ich weiß, für dich ist das ein Fremdwort. Wenn du willst, dann kann ich dir ein Wörterbuch geben, um es nachzuschlagen.“ „Alter Miesepeter. Du oller Brummbär solltest mal lernen, nett zu Anderen zu sein, sonst spendet dir irgendwann keiner ne Niere.“ Die Tür fiel wieder ins Schloss und nur einen Moment später, setzte sich etwas auf den Schreibtisch und schaute mir beim Schreiben zu. „Was kann ich gegen dich tun, Chrissy?“ Ich sah auf und schaute der jungen Frau ins Gesicht. In diesem Moment schwenkte sie einen Pappbecher vor meiner Nase hin und her. „Da ich dich nicht darum gebeten habe, ist das hier ein Geschenk. Nur falls du erwartest, das Geld dafür wieder zu bekommen.“ Ich nahm den Becher und stellte ihn ab. „Von dir erwarte ich nie irgendetwas“, kam es schulterzuckend von ihr, bevor sie sich auf meine Couch schmiss und seufzte. „Du hast einen neuen Sekretär?“ „Nein! Einen Bürojungen, das ist wohl die treffendere Bezeichnung. Oder darf man den Ausspruch ‚Bimbo’ auch noch offiziell sagen?“ „Du bist ja so ein Ekel. Dabei sagte mir Ayame, dass er sehr nett sein soll und auch süß aussieht.“ Ich schaute auf, nahm einen Schluck Espresso und dachte nach, ob es sich überhaupt lohnte, mit ihr zu reden. „Warum dulde ich dich noch einmal?“, fragte ich gereizt. „Weil ich die Patentante deiner Nichte bin, deine Mama mich doll lieb hat und ich irgendwie mit zur Familie gehöre. Außerdem bringe ich dir Kaffee und kümmere mich um deinen Hund!“ Diese Aufzählung war für mich noch immer kein Grund, sie zu dulden, aber ich tat es trotzdem. Hauptsächlich wegen dem letzten Grund. Ich schwieg und öffnete die Tüte, welche sie auf dem Schreibtisch stehen gelassen hatte. „Du musst mir nicht danken, dass ich dir auch einen Muffin gebracht habe.“ „Hatte ich auch nicht vor!“ Ich brach mir ein Stück ab und lehnte mich zurück. Das war wirklich das einzige Highlight an diesem Tag, eigentlich an jedem Tag. „Tschüss, du emotionaler Krüppel.“ Mit diesen Worten verschwand sie aus meinem Büro und ich hatte endlich wieder meine Ruhe. Dass ich dieser Frau überhaupt erlaubte, mit mir zu reden, war schon manchmal selbst für mich ein Wunder. Aber meine Mutter musste sich ja um jeden Schmarotzer kümmern, der ihr über den Weg lief. Eine schreckliche Angewohnheit! Meine nächste Handlung war einfach, mir eine Zigarette anzuzünden. Ich öffnete die Zigarettenschachtel und nahm mir eine der Kippen heraus. Mit der angezündeten Zigarette verließ ich mein Büro erneut, ich wollte schauen, ob Mamoru wirklich alles so machte, wie ich es wollte. Als ich gerade den Fahrstuhlknopf drücken wollte, hörte ich das Geräusch des Kopierers, ich ging also weiter und schaute in den Kopierraum, wo ich auch gleich das Gesuchte sah. Ich trat hinein und nahm mir eine der schon fertig einsortierten Mappen. „Na, wenigstens muss man dir das Kopieren nicht mehr beibringen“, kam es nüchtern von mir. „Dann müssen wir ja nur noch an Ihren Manieren arbeiten“, konterte der Schwarzhaarige selbstbewusst. Ich belächelte diese aufmüpfige Art. „Ich passe meine Manieren meinem Gegenüber an. Rotzige Grünschnäbel sind es einfach nicht wert, das man auf höherem Niveau mit ihnen spricht. Außerdem gehört diese Firma mir, somit gehört mir auch alles, was sich darin befindet, das schließt dich mit ein.“ Mit einem provozierenden Lächeln nahm ich die fertigen Kopien und schmiss diese ohne Mamoru noch einmal anzusehen in den Papier-Schredder, welcher direkt neben dem Kopierer stand. An der Tür angekommen, lehnte ich mich an den Türpfosten und zog vergnügt an meiner Zigarette. Das aufgebrachte Gesicht meines Gegenübers amüsierte mich wirklich. Ich konnte sehen, wie ihm die verschiedensten Schimpfwörter auf den Lippen lagen und ich wollte nur zu gerne wissen, ob er sie mir entgegenschmeißen würde oder sie hinunterschluckte. Ich ging von Letzterem aus, da ich Mamoru so viel Verstand zuschrieb, dass er die Konsequenzen von Widerworten erahnen könne. Doch ich irrte mich und das kam selten vor. Er lächelte! Es war eines dieser Gewinnerlächeln, aber warum? Im nächsten Moment drehte er sich zu mir herum und nahm aus einem Fach über dem Kopierer einen Stapel Blätter. „Sie sollten zuerst auf die Zettel schauen, bevor Sie diese zerschreddern. Außerdem traue ich Ihnen keine zehn Meter über den Weg!“ Zum ersten Mal seit langem war ich sprachlos. So was hatte ich noch nicht erlebt. Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck ging er an mir vorbei. „Entschuldigen Sie mich. Aber die Arbeit erledigt sich ja nicht von alleine.“ Er verspottete mich. Ich sah diesem Mann nach, wie er in den Fahrstuhl stieg und mich wie bestellt und nicht abgeholt dort stehen ließ. Ohne dass es jemand sah, zeichnete sich auf meinem Gesicht ein amüsiertes Lächeln ab. Das war lustig und ich glaubte gerade wirklich, dass es mit diesem Kerl noch sehr interessant werden würde. Mamoru Chiba Ich wusste schon, warum ich die Kopien nicht neben mir hatte liegen lassen. Schließlich hatte ich schon in anderen Firmen gearbeitet und dort hatte man so was ja gelernt. Dieser Moment war zu göttlich gewesen, am liebsten hätte ich laut losgelacht. Dieser Egomane dachte doch wirklich, dass er mich verarschen konnte. Den Zahn würde ich ihm schnell ziehen. Zufrieden mit mir selbst sortierte ich die Kopien in der richtigen Reihenfolge in die Mappen und legte diese ordentlich auf die einzelnen Plätze des Tisches. Der Ausblick von hier oben war wirklich toll. Man konnte von hier aus wirklich fast die ganze Stadt überblicken. Ob das abends, wenn die Lichter brannten, auch so herrlich war? Wenn man so von hier oben auf die Stadt hinunter sah, dann konnte man nicht glauben, dass wir vor einem Jahr noch da unten waren und gegen Galaxia gekämpft hatten. Die Zeit verging so schnell und man bemerkte es kaum. Jetzt hatten wir schon Ende Juli, jeder Tag würde nun langsam kälter werden und schneller als man hinsehen konnte würde es Herbst werden. Nachdenklich schaute ich aus dem Fenster und überlegte, ob ich diesen Job wirklich fast ein Jahr machen wollte. Aber so viele Alternativen hatte ich nicht mehr und hier konnte ich bis April so viel verdienen, um sämtliche Studiengebühren für die nächsten drei Jahre zu bezahlen. Das war schon eine attraktive Aussicht, wenn ich ehrlich war. Auch wenn Geld nicht alles war, so brauchte ich es gerade, also musste ich wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr und seufzte. Aber rumstöhnen half ja nichts, also legte ich die letzte Mappe auf den Tisch und machte mich dann daran, mit meiner eigenen Kopie wieder hinunter ins Büro zu fahren. Schließlich musste diese dämliche PowerPoint Präsentation noch angefertigt werden. Es war schon fast seltsam, aber ich schaffte es, bis 18 Uhr mit allem fertig zu werden, ohne dass ich diesen Egomanen sah. Frau Midori war mir eine große Hilfe, obwohl sie sagte, dass sie beeindruckt wäre, wie schnell ich diese Präsentation fertig gehabt hätte. Da hatten sich die Medienkurse in der Oberstufe und in der Uni doch bezahlt gemacht. Man wusste ja damals noch nicht, dass man so was mal gebrauchen konnte. Nun war es fast halb sieben abends und ich hatte meinen ersten Arbeitstag recht gut überstanden, sah man von den Konfrontationen mit Massanorie Lenjier ab. Zusammen mit Frau Midori stieg ich in den Fahrstuhl, sie wirkte nicht gerade angespannt oder ähnliches, was mich bei so einem Chef wirklich wunderte. „Eines dürfen Sie nie vergessen, Mamoru. Er ist ein Egomane. Wenn er Sie provoziert, dann reagieren Sie anders, als er es erwartet. Für ihn ist es das Größte, wenn Andere nach seiner Pfeife tanzen.“ Sie lächelte mich an und klopfte mir auf den Rücken. „Ich werde es mir merken“, gab ich amüsiert zurück. „Gut. Dann sehen wir uns morgen um neun Uhr. Wollen Sie ihm seinen Kaffee mitbringen oder soll ich das machen?“ „Da ich sowieso an diesem Shop vorbeikomme, kann ich das auch machen.“ Sie nickte und schaute auf ihre Uhr. Vor dem Gebäude trennten sich unsere Wege und ich war froh, endlich nach Hause zu kommen. Die nächsten Monate würden sicherlich nicht immer lustig werden, aber Herausforderungen sollte man sich stellen. Man konnte an so was ja nur wachsen. Kapitel 3: Step Three... Life ----------------------------- Du kannst dein Leben nicht verlängern, noch verbreitern, nur vertiefen. Gorch Fock May Godai Ich schüttelte nur genervt den Kopf, während ich neben Yosuke herging. Wie konnte der so früh morgens schon so ne gute Laune haben? Sein Grinsen ekelte mich an, ich verstand sowieso nicht, warum wir morgens um halb acht schon unterwegs waren. Schließlich begannen unsere Vorlesungen erst um neun oder zehn Uhr. „Sagst du mir bitte, was wir hier machen?“ Ich zupfte an seiner Jacke und ließ mich von ihm ziehen. „Was denkste denn? Hier in meiner Hand halte ich eine Brötchentüte und in meinem Kopf schwirrt ne tolle Story, die ich meinem besten Kumpel erzählen muss.“ „Mamoru wird uns töten! Außerdem vielleicht ist er ja gar nicht da“, gab ich murrend von mir. „Und was deine Story angeht, die in deinem Kopf ist. Die will keiner hören. Ich glaube, Mamoru interessiert es überhaupt nicht, dass du denkst, dass du dich verknallt hast. Außerdem tut mir Minako schon jetzt Leid, wenn ich daran denke, wie schnell du das Interesse an Frauen verlierst.“ „Diesmal ist es anders... ich spüre es.“ Er klang richtig theatralisch. „Ich spüre es auch... man nennt es Würgreiz!“ „Witzig. Mit so einer Einstellung wird dir nie die wahre Liebe begegnen.“ „Ich kann sie sehen, die rosa Herzen, die um dich herum springen und singen. Wenn ich dann ebenso dösig werde wie du, kann ich darauf verzichten.“ Ich schlurfte missmutig hinterher und wollte erst einmal einen Kaffee, alles Weitere würde sich dann ergeben. „Sie ist so toll. Wie eine Göttin.“ Mir wurde schlecht, so gesülzt hatte er noch nie. „Da fällt mir diese Werbung ein. ‚Venus Devine, wecke die Göttin in dir’. Glaubst du, sie benutzt den Rasierer? Das würde alles erklären, damit wird jede zur Göttin.“ Ich mochte Minako. Auch wenn ich sie vorgestern erst kennen gelernt hatte, war sie mir auf Anhieb sympathisch gewesen. Etwas quirlig, aber das war toll. Außerdem hatte sie einen tollen Klamottengeschmack. Aber dass Yosuke jetzt so abdrehte, war mir zu blöde. Plötzlich blieb ich stehen und seufzte. Ich zupfte an meinem T-Shirt herum und sah Yosuke fragend an, als dieser auch stehen blieb und sich zu mir umdrehte. „Was – was sagen wir ihm wegen der Uni?“ Zögerlich sah ich ihn an, er wusste, was ich meinte und strich sich durch die braunen Haare. „Ich denke, wir warten ab und hoffen, dass er es uns zuerst sagt.“ Er schmunzelte etwas und rückte seine Brille zurecht. „Es nützt nichts, wenn wir ihn damit überfallen. Er würde uns dann erst recht nichts sagen. Ich würde nur zu gerne wissen, warum er es uns nicht gesagt hat.“ Ich zuckte mit den Schultern und sah in den blauen Himmel. „Was wohl in seinem Kopf vorgeht?“ Diese Frage stellte ich mir selber und erwartete keine Antwort. Wir sahen uns kurz an und gingen dann wortlos weiter. Dass man sich auch immer solche Sorgen um ihn machen musste. Das war schon früher so gewesen und irgendwie änderte sich daran nichts. Es dauerte keine zehn Minuten mehr, da standen wir schon vor dem Gebäude, in dem Mamoru wohnte. Als wir vor seiner Tür standen, sah ich Yosuke an, der mit Dauerklingeln auf sich aufmerksam machte. „Er wird dich töten und du hast es auch verdient“, zischte ich leise. In dem Moment wurde die Tür auch schon aufgerissen. Vor uns stand Mamoru, er trug einen Bademantel und sein nasses Haar ließ erkennen, dass er unter der Dusche gewesen war. „Guten Morgen! Persönlicher Brötchendienst. Dürfen wir uns bei Ihnen einen Kaffee schnorren?“ Yosuke drängte sich an Mamoru vorbei und wartete eine Antwort erst gar nicht ab. „Klar, Yosuke, komm doch rein.“ Ich grinste auf Mamorus sarkastische Bemerkung nur und wartete. „Komm schon rein, May.“ „Ich bin wenigstens anständig und warte, bis du es mir erlaubst“, gab ich lächelnd zurück, als ich die Tür hinter mir schloss. Aus der Küche hörte ich schon Yosukes Gequake. „Sag mal, Maru-chan, wo steht der Kaffee? Und hast du deinen Kühlschrank schon mal gesehen? Der verhungert ja...“ „Hast du ihm die kleinen blauen Pillen heute morgen nicht gegeben?“ Mamoru begann sich die Haare trocken zu rubbeln, als er ins Zimmer trat und sich auf die Couch setzte. „Ich glaube, er hat zu viele genommen und das in der Kombination mit seinen aufwirbelnden Hormonen und den kleinen rosa Plüschherzen. Tja, das geht nicht gut.“ „Rosa Plüschherzen?“ Mamoru sah mich fragend an. „Warte, ich will es nicht wissen“, entgegnete er dann schnell, doch es war schon zu spät. Yosuke platzte herein und ließ sich in einer oskarreifen Szene auf das Bett fallen. „Sie ist ein Engel...“, begann er seine Erzählung. „Oh, sie wurde hinuntergestuft. Vorhin war sie noch ne Göttin“, flüsterte ich zu Mamoru, welcher nur den Kopf schüttelte und schmunzelte. „Sei still! Sie ist einzigartig und sooooo toll. Unsere Kinder werden so hübsch werden.“ „Er hat Hallus! Lass uns einen Kaffee trinken, dann kann Yosuke versuchen, wieder festen Boden zu bekommen.“ Mit diesen Worten stand ich auf und machte mich auf den Weg in die Küche. Einen Kaffee, mehr wollte ich erst mal nicht. Das war für einen Morgen doch recht wenig und nicht zu viel verlangt. Mamoru folgte mir und musste sich von Yosuke die unglaubliche Geschichte von seiner Herzensdame anhören. Dass Mamoru überhaupt diese Ruhe hatte, sich so ein stumpfes Gelaber anzuhören, fand ich immer wieder bemerkenswert. Ich setzte mich an den Küchentisch und nippte an meinem schwarzen Kaffee. „Herrlich! Und es gibt wirklich Menschen, die hassen Kaffee?“ Ich lehnte mich zurück und entspannte, aber das war nicht leicht, wenn Yosukes Stimme sich in die Gehörgänge einnistete. , schoss es mir durch den Kopf. Ich sah wieder zu meinen beiden Männern und schmunzelte, Yosuke hatte sich auf die Arbeitsfläche gesetzt und unterstrich seine Erzählungen mit wilden Gestikulationen. Mamoru indes nickte nur und deckte den Tisch. Es war ein Bild zum wegschreien, auch wenn ich fand, dass Mamoru blass aussah. Ich lächelte ihn an, als er zu mir sah. Er erwiderte es zwar, aber wirklich ehrlich sah es nicht aus. Was war eigentlich passiert? Wann hatten wir aufgehört, in der gleichen Welt zu leben? Wann hatten wir uns aus der Welt des Anderen ausgesperrt? Manchmal, wenn ich Fotos von uns Dreien fand, dann sah ich dort drei Kinder, die nicht wir sein konnten. Aber wir waren es, damals. Wenn ich uns heute sah, dann lag ein seltsamer Schatten über jedem von uns. Irgendwann hatte die Realität uns eingeholt und wir hatten begriffen, dass wir, egal wie viele Freunde wir hatten, egal wen wir liebten, immer alleine bleiben würden. „Was ist los?“ Mamoru sah mich an, ich hatte gar nicht bemerkt, dass er sich auch gesetzt hatte. Über den Rand seiner Tasse sah er mich fragend an. „Nichts. Nostalgische Erinnerungen.“ Er sagte nichts und plötzlich war Yosukes Stimme schrecklich weit entfernt und ich hätte ihn am liebsten gefragt, warum er die Uni geschmissen hatte. Warum er keine Zeit mehr für uns hatte. Warum wir nicht mehr die waren, die wir damals waren. Doch ich schwieg und nippte an meinem Kaffee. „Also, was sagste, Maru-chan? Schließlich kennst du Minako schon länger. Glaubst du, ich bin ihr Typ?“ Hibbelig, wie Yosuke sein konnte, sah er Mamoru erwartungsvoll an. Dieser verdrehte nur die Augen und warf Yosuke einen abschätzenden Blick zu. „Ich finde, ihr Beiden passt super zusammen. Ihr seid beide extrem flatterhaft.“ „Jaha! Ich wusste es...“ „Er hat es nicht verstanden“, flüsterte ich. „Wundert dich das?“ Mamoru grinste und nahm sich eines der Brötchen. Ich schüttelte den Kopf und tat es Mamoru gleich. Während wir frühstückten, sagten wir nichts, wir redeten über belanglose Themen. Aber Mamoru erwähnte kein einziges Mal die Uni oder andere Dinge, die ihn privat beschäftigten. Ich ertrug das nicht mehr. Warum konnten wir denn nicht über alles reden? Ja, ich war typisch Frau. Ich wollte über so was reden, was war daran denn falsch? Früher ging das auch. Als wir noch Kinder waren, da haben wir auch über alles geredet und keiner hatte ein Geheimnis vor den Anderen. Aber nun bestand unsere Freundschaft nur noch aus oberflächlichem Gerede. „Ihr seid so blöde Kerle“, entfuhr es mir plötzlich. Beide sahen mich erschrocken an. „Wir sitzen hier und reden über total unwichtige Dinge und dabei machen wir uns doch Sorgen um dich, Mamoru. Ich meine, du hast einfach die Uni geschmissen und du redest mit uns nicht darüber. Du machst einfach weiter und wir stehen im Dunklen. Früher wäre das nie passiert!“ Ich war total aufgebracht und verstand auch nicht, warum Yosuke leicht den Kopf schüttelte. Ich strich mir durch die Haare und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. „Jeder von uns lebt sein eigenes Leben. Wir sind keine Kinder mehr und das hier ist nicht mehr das Waisenhaus.“ Mamoru klang schrecklich ernst. Ich sah auf und schniefte. Warum war das für ihn so selbstverständlich? „Ich sehe das anders“, wisperte ich nur. „Was May sagen will ist, dass wir gestern in deiner Uni waren, wir wollten dich abholen und was zusammen unternehmen. Da hat uns einer deiner Mitstudenten gesagt, dass du dieses Semester aussetzten würdest. Wir haben uns Sorgen gemacht, dass dir was Ernstes fehlt. Du weißt doch, wie May ist, sie übertreibt gerne.“ Yosuke redete Unsinn, aber er wusste irgendwie immer, wie er Sachen so verpackte, dass Mamoru sie annahm. Auch dieses Mal war es wieder so. Mamoru seufzte und nickte dann. „Mir geht es gut, ich brauchte halt eine Auszeit.“ Damit war das Thema für ihn vom Tisch, er nippte an seinem Kaffe und schwieg. Yosuke warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu, dem ich auswich. „Dann hast du ja Zeit, mir etwas zu helfen. Ich meine, für eine Semesterarbeit. Ich könnte deinen Rat als Fast-Mediziner gebrauchen.“ Mamoru setzte ein Schmunzeln auf. „Selbst, wenn ich Zeit hätte, würde ich dir nicht helfen. Deine Semesterarbeiten kenne ich. Da hat man spätestens nach vier Wochen selber ne Therapie nötig. Ich verstehe auch bis heute nicht, wieso sie so was Geisteskrankes wie dich zu einem Psychologiestudium zugelassen haben!“ „Witzig! Echt, ich lach mich tot!“ Yosuke boxte Mamoru in die Seite und grinste. „Nein, mal ernsthaft. Ich würde dir gerne helfen. Aber ich habe seit gestern einen neuen Job und da habe ich keine Zeit dafür.“ Er nahm den letzten Schluck aus seiner Tasse und stand auf. „Ich geh mich anziehen.“ Mit diesen Worten verschwand er aus der Küche. „Gut gemacht, May. Musstest du so nen Terz machen? Du weißt doch, wie er ist.“ Yoskues Vorwürfe prallten an mir ab. „Ich sag wenigstens, wie es ist und schmücke es nicht mit Blümchen. Was ist so schlimm daran, dass ich wissen will, warum wir nicht mehr so mit einander umgehen wie früher?“ Meine Stimme klang gereizt, obwohl ich eher deprimiert war. „Das will ich auch. Aber je mehr du ihn drängst, umso mehr wird er uns meiden.“ Yosuke nahm meine Hand und setzte sein bekanntes Smiley-Gesicht auf. Ich lächelte und nickte. „Du bist trotzdem doof!“, gab ich gespielt böse von mir. „Aber ich sehe gut aus, das ist also okay.“ Wir lachten und ich versuchte zu vergessen, dass es früher immer so war. Ich sehnte mich nach der alten Zeit zurück. Mamoru Chiba Ich verstand May nur zu gut. Mir wäre es auch lieber gewesen, wenn alles so wie früher wäre, aber das ging nun mal nicht so einfach. Damals waren wir noch Kinder, es war einfacher als jetzt. Vielleicht machte ich es mir aber auch nur schwerer, aber so war ich nun mal. Irgendwann hatte ich angefangen, mich um mich selbst zu kümmern. Ich nahm mir ein frisches Hemd aus dem Schrank und zog es mir über, jedoch war meine Suche nach einer schwarzen Hose nicht so erfolgreich. Eigentlich war ich mir sicher, dass sie hier liegen musste, aber dem war so nicht. Wahrscheinlich lag sie bei den Schmutzsachen, also musste Plan B her. Dieser sah einfach aus, zurückgreifen auf eine gute Jeanshose. Dies war schnell geschehen, meine Haare waren noch immer etwas feucht, aber aufs Fönen hatte ich nun wirklich keinen Bock. Alleine der Gedanke an diesen Kotzbrocken von Chef machte die Tagesaussicht trübe. Wenn ich daran dachte, dass heute erst Dienstag war, hatte ich keine Lust mehr. Ich konnte nur hoffen, dass es besser werden würde. Aber eigentlich waren meine Gedanken noch immer bei May und dem, was sie gesagt hatte. Und ich wusste, dass das, was sie gesagt hatte, nur auf mich zutraf. Es war meine Schuld, dass unser Verhältnis nicht mehr dasselbe war wie früher. Doch ich wollte und konnte ihnen nicht sagen, warum dies so war. Sie hätten es wahrscheinlich nicht wirklich verstanden oder sich Vorwürfe gemacht und das wollte ich nicht. Es war nicht so, dass ich nicht gerne mit ihnen zusammen war, aber – irgendwie hatte ich immer einen faden Beigeschmack, wenn wir etwas miteinander unternahmen. „Du bist einfach nur ein sturer Bock!“ Ich sah mein Spiegelbild an und seufzte. Nachdenklich verließ ich das Badezimmer und betrat die Küche, wo Yosuke gerade den Tisch abräumte. May indes trank ihren Kaffee aus und lächelte, als sie mich sah. „Na, du hast dich ja in Schale geworfen.“ Kam es von Yosuke. „Deinen spöttischen Unterton kannste behalten. Außerdem spricht da nur der Neid, du brauchst nämlich das Dreifache an Zeit, um wenigstens einigermaßen gut auszusehen. Mir dagegen ist das in die Wiege gelegt.“ Er verdrehte die Augen und zeigte mir die kalte Schulter. „Hörst du das? Das waren meine Gefühle, die zerbrochen sind.“ Ich fasste mir an den Kopf. „Du solltest nicht Therapeut werden, sondern Schauspieler.“ May nickte auf meine Aussage nur und klatschte in die Hände. „Ein wahres Wort.“ Sie hielt Yosuke die Tasse hin und grinste. „Darf ich fragen, wo du jetzt hin musst?“ Ich sah, dass May nur zögerlich fragte und ich bereute schon fast, vorhin so gemein auf ihren Ausspruch reagiert zu haben. „Nach Shinjuku. Also, dieselbe Strecke wie früher.“ Entgegnete ich und tippte ihr gegen die Stirn, damit sie wieder lächelte. „Lach mal.“ Ich mochte es nicht, wenn sie traurig war. Ihr Blick wich meinem aus, als sie an mir vorbei ging. „Wieso? Du lachst ja auch nicht mehr.“ Ich schwieg und biss mir auf die Lippe. Dass sie das so mitnahm, hätte ich früher nie gedacht. Wahrscheinlich waren die beiden die Einzigen, die wussten, dass ein Lachen bei mir meistens nur aus Höflichkeit erfolgte und nicht, weil ich gut gelaunt war. Selbst Bunny konnte diesen Unterschied nicht sehen und fast hatte ich vergessen, dass meine besten Freunde es konnten. Ich griff nach Mays Handgelenk und zog sie an mich. „Tut mir Leid. Ich bin halt ein Miesepeter“, flüsterte ich. Yosuke sah mich an und legte seinen Kopf an meinen. „Wissen wir schon, aber wir mögen dich trotzdem.“ Wir verließen etwas später zusammen meine Wohnung. Unsere Wege trennten sich erst am Bahnhof, da ich mit einem anderen Zug fuhr als die Beiden. Vorher jedoch musste ich ihnen noch versprechen, dass wir uns am Samstagabend treffen und zusammen einen Film schauen würden. Ich willigte ein, nachdem May ihren Hundeblick aufsetzte und fast anfing zu weinen. Sie konnte sehr überzeugend sein und außerdem konnte ich Frauen nicht weinen sehen. Manchmal war das schon eine blöde Marotte meinerseits, besonders, wenn die Frauen das wussten. Ich war schon fast an der Firma angekommen, als mir einfiel, dass ich noch diesen Kaffee kaufen musste. Es war Punkt neun Uhr, als ich mit einer Tüte und diesem Kaffeebecher in der Hand in den Fahrstuhl stieg. Jedoch schien meine Glücksgöttin nicht so gut gelaunt zu sein, wie ich gehofft hatte. Denn schon auf der zehnten Etage spürte ich wieder diesen Pestatem. Die Tür öffnete sich und wer trat in den Fahrstuhl? Mein Chef und neuer bester Freund. Sein Blick fiel auf den Becher und die Tüte, dann auf mich. „Hattest du keine schwarze Hose im Schrank?“ Welcher Hohn doch in diesen Worten lag. „Ich wünsche Ihnen auch einen guten Morgen.“ Ich wollte mich erst gar nicht auf seine Stufe hinab begeben und ignorierte das Gesagte. „Oder kann man sich als ehemaliger Student nur Secondhand-Sachen leisten?“ „Freut mich, dass Ihnen die Präsentation zugesagt hat.“ Ich rümpfte die Nase und sah ihn aus den Augenwinkeln an. Doch er schien ebenso stur zu sein wie ich, also machten wir so weiter. „Außerdem gibt es eine Berufsgruppe, die nennt sich Friseur.“ „Ja, stimmt, der Job scheint etwas stressig, aber ich denke, das wird schon. Man wächst ja an seinen Aufgaben.“ Mein Blick fiel auf die Etagenanzeige im Fahrstuhl, noch zwanzig Etagen, dass konnte lustig werden. „Früher bekamen Männer alle einen Drei-Millimeter-Schnitt, da sah man nicht aus wie ein Hippie. Außerdem solltest du dir mal eine Uhr zulegen, schließlich beginnst du um neun Uhr.“ Er setzte ein zynisches Lächeln auf, sah mich aber nicht an, nicht direkt. „Den Kaffee? Oh, den ich habe gerne für Sie geholt. Ich finde auch, dass unsere Zusammenarbeit nur besser werden kann. Und ich gebe Ihnen so Recht, Ihre Schuhe sehen wirklich scheiße aus.“ Bei diesen Worten machte es ‚bing’ und die Fahrstuhltür öffnete sich. „Das sind Prada-Schuhe, die sind mehr wert als deine Seele!“ Ich verließ den Fahrstuhl als Erster und äffte ihn leise nach. „‚Das sind Prada-Schuhe, die sind mehr wert als deine Seele!’ Wie können Sie wissen, was eine Seele wert ist, wenn Sie keine haben? Kotzbrocken!“ Dass er direkt hinter mir war, bemerkte ich erst, als ich seine Silhouette in der Glastür sah. Schweigen. Anscheinend fanden wir einander ätzend, warum er mich nicht hinauswarf, wunderte mich schon. Aber vielleicht fand er so was amüsant, oder hatte sonst irgendein perverses Vergnügen daran. Wer wusste schon, wie solche Leute tickten? „Oh, warte, ich öffne dir die Tür.“ Er zog die Tür auf und sah mich an, und in seinem Blick lag etwas Hinterhältiges. Aber da ich keine Hand frei hatte, nahm ich diese Höflichkeit an. Ich hätte es sein lassen sollen. In dem Moment, wo ich an ihm vorbei gehen wollte, schlug er unter den Becher mit dem Espresso. Der Becherinhalt entleerte sich auf dem Boden und auf meinem Hemd. Völlig perplex sah ich ihn an. Er jedoch ging an mir vorbei und trat in das Büro von Frau Midori. „Arme Jugend. Der kleine Bürojunge kann nicht mal einen Kaffee tragen. Zeigen Sie ihm, wo die Putzkammer ist, dann hat er erst mal ne Beschäftigung. Wie sieht das denn aus, wenn Kunden kommen, und der Boden voller Kaffee ist.“ Sprachlos sah ich ihm hinterher. Es gab gerade nur zwei Dinge, an die ich denken konnte, erstens, dass ich diesen Mann umbringen würde und zweitens, dass ich dankbar dafür war, dass der Kaffee nicht mehr kochend heiß gewesen war. Frau Midori kam auf mich zu. „Er ist ja so ein...“ Frau Midori sah mich an und versuchte wohl, ein paar aufmunternde Worte zu finden. „Ja, ich verstehe Sie. Er ist wirklich sehr liebenswert.“ Ich hob den leeren Becher auf und schmiss ihn in den nächsten Papierkorb. „Warten Sie kurz hier.“ Sie ging an mir vorbei. In der Zeit legte ich meine Tasche auf den Schreibtisch und überlegte mir, wie denn der perfekte Mord aussehen könnte. Wie schaffte es dieser Kerl bloß, so ein Arschloch zu sein? Es gab also doch Menschen, die nichts Gutes in sich hatten. Bunny würde diese Erkenntnis zwar erschüttern, aber hier war der lebende Beweis dafür. Dass so ein Mensch eine Mutter hatte! Wie konnte man denn so ein Kind lieben? Früher hatte man so was im Fluss ertränkt. Ich atmete tief durch und versuchte mich zu beruhigen. Meine innere Stimme sprach zu mir. Jedoch fand ich sie gerade nicht sehr überzeugend. In dem Moment kam Frau Midori wieder, ich sah hinter ihr einen Mann, der die Uniform eines Reinigungsdienstes trug. Ich wollte gerade etwas sagen, als sie abwinkte. „Es war ja nicht Ihre Schuld. Also, warum sollen Sie es dann weg machen?“ Sie sah mich an und stemmte die Hände in die Hüfte, was bei ihr mit ihrem hochschwangeren Bauch sehr lustig aussah. „Und jetzt zu Ihrem Hemd.“ Mit diesen Worten betrat sie einfach das Büro von Herrn Lenjier. Dieser schaute auf und sah mich an und dann Frau Midori, die ohne etwas zu sagen an einen kleinen Schrank ging. „Was wird das, wenn’s fertig ist?“ „Schweigen Sie bloß. Sie sind wie ein kleines verzogenes Kind. Es ist Ihre Schuld, dass Mamoru sein Hemd versaut hat und außerdem hätte er sich erbärmlich verbrühen können. Das hätte dann ne Klage gegen Sie gegeben. Also seien Sie still und starren Sie weiter auf Ihren PC.“ Mit diesen Worten nahm sie ein Hemd aus dem Schrank und kam wieder zurück. Mit einem lauten Knall schlug sie die Tür zu und atmete kurz laut durch. „So, das war mal wieder überfällig.“ Sie lächelte und reichte mir das blaue Hemd. „Es ist sicherlich zu groß, aber das ist nicht schlimm, für heute reicht es. Haben Sie sich auch nicht verbrüht?“ Ich schüttelte den Kopf und hatte etwas Angst vor dieser Frau, oder besser sehr großen Respekt. Dass die so mit diesem Mann redete, fand ich bewundernswert, aber wahrscheinlich verstand er nur diese Sprache. „Am Ende des Flures ist eine Toilette. Und das Hemd was Sie tragen, das bringen Sie mir. Ich gebe es auf unsere Rechnung in die Reinigung.“ „Das ist nicht nötig, ich wasche...“ „Keine Widerrede. Das wäre ja noch schöner, der Herr Lenjier soll ruhig sehen, was er davon hat.“ Sie zwinkerte mir zu und ich wusste, dass eine weitere Diskussion deswegen sinnlos war. Außerdem empfand ich es als genugtuend, dass dieser Kerl sein Fett wegbekam. Auf der Toilette zog ich mein Hemd aus und atmete tief durch, dieser Job würde mich wirklich noch Nerven kosten. Außerdem nahm ich mir ab jetzt vor, immer ein Ersatzhemd dabei zu haben. Die kleineren Flecken auf meiner Jeans sah man Gott sei Dank nicht so sehr, da diese recht dunkel war. Ich knöpfte das andere Hemd auf und sah mir das Schild im Nacken an. „Dior.“ Man kannte diese Designer, zwar nur aus dem Fernsehen oder hinter Schaufenstern, aber der Name war mir ein Begriff. Ich streifte es über und musste zugeben, dass die Qualität schon eine andere war, als wie bei meinen Hemden. „Das wird wohl das Teuerste sein, was du je tragen wirst.“ Aus den Augenwinkeln heraus sah ich Massanorie Lenjier. Er schloss die Tür leise hinter sich und sah mich an. „Sie sind selbst schuld“, kam es nur neutral von mir. „Weißt du, wie viel dieses Hemd kostet?“ Ohne eine Vorwarnung, packte er meinen Arm und zog mich an sich heran. Er schob meine Hand beiseite und knöpfte mir das Hemd zu. „Dieses Hemd kostet ungefähr 55.000 Yen (circa 400 Euro, Autor: das ist kein Scherz, die kosten wirklich so viel)!“ Ich schluckte und versuchte mir gerade vorzustellen, dass Geld für diesen Mann keinerlei Bedeutung hatte. Das teuerste Kleidungsstück in meinem Schrank kostete vielleicht 12.000 Yen (circa 81 Euro) und selbst da war ich damals am hadern gewesen. Es war klar, dass mir sein Hemd zu groß war. Was hatte er wohl für eine Größe? Seine Statur war kräftig, nicht dick, sondern muskulös, breite Schultern, circa 190 Zentimeter groß, er würde sicherlich XL, wenn nicht sogar XXL tragen. Wenn ich daran dachte, dass ich gerade mal L trug. Das war ja doch ein Unterschied. „An mir sieht es besser aus, aber ich werde deinen Anblick heute wohl in dieser Art ertragen müssen.“ Er trat einen Schritt von mir zurück und nahm sich eine Zigarette aus seiner Schachtel. „Ist ja schließlich Ihre Schuld, dass ich es tragen muss.“ Ich wandte mich von ihm ab und sah in den Spiegel. Das Hemd war wirklich zu groß, aber es war okay. Mit einem seitlichen Blick sah ich ihn an. Doch er machte keine Anstalten, zu gehen. Ich hatte eher das Gefühl, dass er auf etwas wartete. Ich atmete tief durch, drehte mich um, ging in eine der Kabinen und schloss die Tür. Ich steckte mir das Hemd in die Hose und dachte darüber nach, warum dieser Kerl, mir immer so auf die Pelle rücken musste. Diese penetrante Art legte ich unter ‚auf den Geist gehen’ ab und beließ es dabei. Als ich die Tür wieder öffnete, stand er immer noch da, er sah kurz auf und musterte mich nun von oben bis unten. „Da du dank meines Einsatzes nun besser aussiehst als vorher, kannst du losgehen und mir einen neuen Kaffe holen.“ Ich sah ihn an und lächelte. „Ganz sicher nicht. Sie hatten ja schon einen, ich kann Ihnen den aus dem Wischeimer ja wieder in den Pappbecher schütten, den ich wieder aus den Mülleimer heraushole.“ Mit einer schnellen Handbewegung, knöpfte ich die Hemdsärmel auf und wusch mir die Hände. Seine Schritte waren trotz des Fliesenbodens kaum zu hören. Als ich aufsah, konnte ich sein Gesicht im Spiegel sehen. Er stand nun direkt hinter mir. Seine Hände drapierten sich links und rechts von mir auf das Becken, vor dem ich stand. Er berührte mich nicht, aber trotzdem konnte ich nun nicht weg. Mich interessierte das wenig. Ich griff nach links und nahm mir zwei Papierhandtücher. „Du und ich, Mamoru, leben zwei vollkommen verschiedene Leben. Ich habe alles, was man sich mit Geld kaufen kann und du – du hast nichts. Deine Welt ist klein und vollkommen unbedeutend, meine dagegen groß und schillernd. Ich sage dir nun etwas, ich – bekomme – immer – was – ich – will!“ Ich sah ihn an und aus einem nicht zu definierenden Grund tat er mir fast Leid. „Kann schon sein. Aber wenn ich mal sterbe, dann werden sich Menschen an mich erinnern. Nicht, weil meine Welt groß oder schillernd war, sondern weil ich sie mit Anderen geteilt habe. Was ist mit Ihnen? Gibt es Menschen, die sich an Sie erinnern werden, weil Sie Ihre Welt geteilt haben?“ Ich drehte mich um und sah ihm in die Augen. Plötzlich nahm er seine Hände weg und ging. Er sagte nichts mehr und obwohl ich dieses Mal gewonnen hatte, fühlte ich mich nicht so. Dieser Mann war echt nicht zu beneiden und tauschen wollte ich auch nicht mit ihm. Auch, wenn mein Leben anders war als seins, so war es sicherlich das bessere. Kapitel 4: Step Four... Prejudice I ----------------------------------- Danke für die netten Kommis, die ich bis jetzt erhalten habe. @Draco: ja das mit der Hemdgröße war wohl etwas verschätzt. Aber ich habe es geändert, wie du es mir geraten hast. Danke! @Nadi: Ja, ich versteh dich. ich mag ihn auch. Obwohl er so mies ist... ^^ -------------------------------------------------------- Es ist schwieriger ein Vorurteil zu zertrümmern, als ein Atom! Albert Einstein Mamoru Chiba Die nächsten Tage verliefen recht normal, wenn man das Herummeckern meines Chefs und sein ewiges zynisches Gerede denn als normal bezeichnen wollte. Diese eine Woche ging recht schnell herum und ich war mir sicher, dass ich noch nicht alles wusste. Aber Ayame hatte mir gesagt, dass alles okay wäre und ich mir keine Sorgen machen sollte. Na, wenn sie das sagte. Aber ich war da doch etwas am zweifeln. Nun war jedenfalls Samstagabend, ich war um kurz vor 20 Uhr nach Hause gekommen und wollte, bevor Yosuke und May bei mir aufschlugen, noch duschen gehen. Gerade als ins Bad gehen wollte, klingelte es an der Tür. Ich sah auf die Uhr und stellte fest, dass die beiden mal wieder überpünktlich waren. Wie immer eben. Ich öffnete die Tür und eine fröhliche May flog mir um den Hals. „Yuhu! Du bist wirklich da, ich hatte schon Angst, du würdest uns versetzen.“ Sie drückte mir schnell einen flüchtigen Kuss auf die Wange und verschwand im Wohnzimmer. Yosuke grinste nur. „Sie hatte echt Panik, dass du nicht da wärst. Ich finde es aber auch toll, dass du mal wieder Zeit hast.“ Wir sahen uns an und ich musste zugeben, dass ich nach dieser Woche froh war, mal wieder nette Menschen um mich herum zu haben. „Komm rein, Yosuke. Ihr wisst ja, wo alles ist, ich geh kurz duschen.“ Yosuke nickte und ich verschwand im Badezimmer. Yosuke Murakami „Siehste! Du hast dir mal wieder total umsonst Sorgen gemacht.“ Ich tippte May auf ihr blondes Haupt und grinste sie frech an. Ich ließ mich in den bequemen Sessel fallen und streckte mich erst mal ausgiebig. Eigentlich war es schade, dass ich dieses Wochenende Minako nicht sehen konnte. Aber sie hatte ja schließlich auch noch andere Freunde und die wollte sie heute Abend treffen. Außerdem war sie ja noch nicht meine Freundin, aber ich hoffte sehr, dass sich dieser Zustand bald ändern würde. Sie war so süß. So ein Mädchen lief einem nicht alle Tage über den Weg und vielleicht gab es so was ja wirklich. Liebe auf den ersten Blick. Früher war das so lachhaft gewesen und jetzt dachte ich selber darüber nach. Aber sie war – einfach was Besonderes. Dieses Lachen, traumhaft. Ich schwebte wirklich auf Wolke sieben. „Was hältst du von ner Cola?“ „Das heißt ‚einer’ Cola.“ May hatte diesen schrecklichen Komplex, mich immer wieder verbessern zu müssen. „Ja, ja. Also, willste ne Cola?“ Ich grinste sie an und duckte mich vor dem Kissen, welches mir entgegen kam. „Das deute ich als ein Ja.“ Lachend ging ich die Küche und bediente mich an Mamorus Kühlschrank, welcher nun nicht mehr einen Hungertod sterben würde. Anscheinend lief sein neuer Job gut. Aber ich würde einen Scheißdreck tun und ihn danach fragen, schließlich wollte ich einen netten Abend verbringen. Mit drei Dosen Cola betrat ich wieder das Wohnzimmer, May hatte es sich schon auf der Couch bequem gemacht und strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Es war toll, wie schnell sie glücklich war. Schmunzelnd gab ihr eine Dose und schmiss mich in den Sessel. Ich beneidete Mamoru um diese Wohnung. Zwei Zimmer, Küche, Bad und ein kleiner Balkon. Mir war nur ein Appartement vergönnt, in dem sich Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmer einen Raum teilten. Aber auch das würde sich nach dem Studium ändern, dass wusste ich. Während May die vier Filme aus der Tüte hervor holte und sich eine Reihenfolge überlegte, machte ich es mir bequem und starrte an die Decke. Oder besser, wollte an die Decke starren, aber da fand ich etwas Interessanteres. „Sag mal – seit wann kann Mamoru sich Dior-Hemden leisten?“ Ich nahm das schwarze Hemd, welches über der Lehne des Sessels gelegen hatte und schaute es beeindruckt an. May stand auf und nahm mir das Hemd ab. „Das gehört nicht Mamoru, das ist viel zu groß.“ „Stimmt, er ist eher so der schmächtige Typ“, flachste ich lächelnd. „Witzig. Ich denke, das gehört einem Mann. Also einem anderen.“ Sie sah sich das Hemd näher an. „Aber die Qualität ist echt super. Ich kenne keinen, der sich so ein Hemd leisten kann. Kosten die nicht so um die 40.000 Yen?“ Wir sahen uns ungläubig an, als wir plötzlich die Badezimmertür hörten. Mamoru betrat den Raum und sah uns etwas überrascht an. „Was ist los?“ Er senkte das Handtuch, mit dem er sich die Haare trocknete und zupfte sein Shirt zurecht. Als er das Hemd in unsren Händen sah, verdrehte er die Augen. „Das muss ich noch zurück geben.“ „Mann, Maru-chan, was kennst du denn für Bonzen?“ „Der Bonze, wie du ihn nennst, ist mein Chef. Und das ist sein Hemd.“ Er setzte sich in den anderen Sessel und öffnete sich die Coladose. May schien nicht wirklich richtig zu ticken, denn sie hatte anscheinend aus Mamorus Worten mehr heraus gehört als ich. Frauen eben. „Oh, mein Gott. Mamoru, mir kannst du es sagen, brauchst du so dringend Geld?“ Ich wurde blass um die Nase und Mamoru spuckte die Cola wieder aus, so geschockt war er. „NEIN! Was denkst du denn? Denkst du etwa – du bist doch blöde!“ Wir sahen uns alle drei schweigend an. „Er hat mir seinen scheiß Kaffee über mein Hemd gegossen und dann habe ich ein Ersatzhemd von ihm bekommen. Geht’s dir noch gut? Du liest zuviel von diesem Shonen-Ai- und Yaoi-Kram!“ „Oh.“ „Oh?“ Mamoru und ich hatten gleichzeitig gesprochen und sahen uns entsetzt an. „Das klingt fast, als wärst du enttäuscht“, kommentierte ich ihr ‚Oh’. „Ach was. Außerdem hätte es gut sein können. Schließlich ist Mamoru sehr gut aussehend und du hast selber gesagt, dass er für einen Mann recht schmächtig ist. Das sind nun mal gute Uke...“ „Kannst du mal still sein? Was soll denn das jetzt werden? Hallo? Was heißt das, ich bin schmächtig? Und was soll dieses Uke-Gequatsche?“ Mamoru sah uns beide an und war voll durch den Wind. Ich sah die beiden abwechselnd an und musste einfach lachen. „Das ist zu gut – ich krieg mich nicht mehr ein.“ Zuerst sahen mich beide nur an, begannen dann aber auch laut los zu lachen. Es dauerte eine Weile, bis wir uns wieder beruhigt hatten. „Ich fände es nicht schlimm.“ Mamoru schüttelte auf Mays Aussage hin nur den Kopf. „Selbst wenn - und ich sage, dass das wohl nie passieren wird - dann sicherlich nicht mit diesem Kotzbrocken. Eher würde ich einen glitschigen Frosch küssen. Glaube mir, ich bin überhaupt nicht an Männern interessiert, egal wie sehr du darauf stehst.“ Wir redeten noch eine Weile widerwillig über Mays Lieblingsthema und schauten dann die Filme. Im Großen und Ganzen konnte man sagen, dass dies der beste Abend seit langem war. Massanorie Lenjier Ein Scheißabend. Ja, so konnte man diesen Abend wohl im Großen und Ganzen bezeichnen. Ich stieg aus meinem Wagen, stieg in den Fahrstuhl und betrat wenige Minuten später meine Penthouse-Wohnung. Der Einzige, der mich hier begrüßte, war mein Hund Sparky. Freudig sprang er um mich herum und gab erst Ruhe, als ich mich zu ihm hinunterbeugte und ihn einige Minuten streichelte. Tasche und Mantel flogen achtlos auf die Couch, als ich an ihr vorbei ging. Aus der Küche hörte ich ein leises Klappern von Geschirr und mir fiel ein, dass meine Hundesitterin ja noch da war. Doch das war mir egal. Obwohl geschäftlich gesehen meine Woche ein voller Erfolg war, hatte sich sonst nichts Positives ereignet. Ich betrat mein Schlafzimmer und sah mir die beleuchtete Stadt an. Das leise Winseln meines Freundes ließ mich hinuntersehen, ich lächelte sanft und kraulte ihm hinter dem Ohr. „Massanorie?“ Genervt drehte ich mich um und sah der Nervensäge meines Lebens in die Augen. „Wie du siehst, bin ich zuhause, also kannst du gehen.“ Chrissy sah mich an und lächelte. „Sparky und ich waren heute viel unterwegs. Nicht wahr, mein Junge?“ Ich wusste nicht, was Sparky an ihr fand, aber er mochte sie. Freudig lief er auf sie zu und ließ sich von ihr kraulen. „Willst du den Abend wirklich alleine verbringen? Wir könnten...“ „Wiedersehen.“ Ich wandte mich um und ging an ihr vorbei ins Bad. Ich hatte nicht das Verlangen nach Gesellschaft und wenn doch, dann wusste ich, wo ich sie herbekam. Es dauerte nicht lange, da hörte ich, wie die Haustür ins Schloss fiel. Ich sah in den Spiegel und schmunzelte. Endlich Ruhe. Endlich etwas Frieden. Es war still in der Wohnung, nur das Rauschen des Wassers, welches ich in die Wanne laufen ließ, war zu hören. Meine Schritte führten mich in die Küche, wo ein zugedeckter Teller stand, auf dem ein Zettel lag. ‚Auch, wenn du ein Miesepeter bist, verhungern sollst du nicht. Lass es dir schmecken! Liebe Grüße, Chrissy!’ Ich hob das Tuch hoch und fand einige Sandwichs darunter, ich nahm mir eins und biss hinein. Es war mir egal, was drauf war, oder wie es schmeckte. Man aß, um nicht zu verhungern, einen anderen Grund hatte Essen nicht, ein anderer Grund interessierte mich nicht. Nachdem ich wieder ins Wohnzimmer trat, nahm ich die Fernbedienung für die Anlage und schon wenig später ertönte die Stimme von ‚Frank Sinatra’ durch mein großes Penthouse in Shinjuku. Ich sah mich um und irgendwie gingen mir die Worte dieses blöden Kerls nicht mehr aus dem Kopf. „Wer wird sich an mich erinnern?“ Ich sah mich um und hier war niemand außer mir. Meine kleine Welt. Für mich allein. Allein. Ich schloss die Augen, schüttelte den Kopf und lachte laut. „Plötzlich so sentimental, Massanorie? Das passt gar nicht zu dir!“ Mein Blick schweifte aus dem Fenster. „Sieh dich an, du hast alles und trotzdem lässt du dich von so einem Bengel bequatschen. Was will man mehr, mein Penthouse ist 225 Quadratmeter groß, ich habe vier Schlafzimmer, eine fast 30 Quadratmeter große Küche, mein Wohnzimmer ist knapp 70 Quadratmeter groß, dazu noch drei Badezimmer und noch einen riesigen Balkon. Außerdem noch so viel Geld, dass ich eigentlich nie wieder arbeiten müsste und er quatscht mich voll.“ Ich fasste mir an die Stirn und lehnte mich gegen die Scheibe. „Scheiße!“ Solche Gedanken konnten einem echt den Abend verderben. Sparkys Gebell ließ mich aus meinen Gedanken aufschrecken, ich hatte das Bad vergessen. Schnell ging ich in das Badezimmer und stellte gerade noch rechtzeitig das Wasser ab. „Na, da bin ich aber froh, dass ich dich habe.“ Ich lächelte meinen Hund an und kraulte ihn liebevoll. Dieser Hund war mir einfach das Liebste, auf ihn konnte man sich verlassen. Vielleicht war ich auch einfach nur überarbeitet. Das musste es sein! Zu viel Arbeit. Die Leute erzählten doch immer, das man sich dann zu viele Gedanken machte. Also hieß die Lösung etwas entspannen und das konnte man am besten mit einem heißen Bad. Diese Idee setzte ich gleich in die Tat um und ich hatte Recht, kaum hatte ich mich entspannt, waren auch diese Gedanken verschwunden und alles war wieder in Ordnung. Mamoru Chiba „Wie ist dein Chef eigentlich so drauf?“ Ich warf Yosuke einen skeptischen Blick zu und sah an die Decke. Es war schon fast 3 Uhr morgens, wir hatten gerade den letzten Film zu Ende geschaut, als Yosuke wohl unbedingt über was Unbedeutendes reden wollte. Aber anscheinend war May auch neugierig, denn sie richtete sich auf und sah mich auffordernd an. Ich schüttelte den Kopf und seufzte. „Er ist ein Kotzbrocken. Ich meine, dieser Mann denkt nur an sich, ihm sind Andere egal. Er wirkt auf seine Umwelt so, als würde ihn nichts wirklich interessieren, als gäbe es nur Geld für ihn. Außerdem scheint seine größte Freude darin zu bestehen, andere niederzumachen.“ Ich setzte mich aufrecht hin und sah May an, welche sich neben mir ins Bett gelegt hatte. Yosuke saß am Fußende und nickte nur. „Also, ein richtiger Sympathieträger?“ Ich lächelte. „Ja, du hast es erfasst“, gab ich spöttisch zurück. „Wie sieht er aus?“ May drehte sich auf den Bauch und sah zum Fenster. „Warum willst du das wissen? Glaube mir, an so was hast du kein Interesse.“ Doch sie drehte den Kopf und sah mich auffordernd an. Ich verdrehte nur die Augen und versuchte ihn so gut es ging zu beschreiben. „Er ist so um die 1,90 Meter groß, muskulös, braun-blonde Haare, grüne Augen – ich muss zugeben, so intensiv habe ich ihn mir angesehen.“ Wir schwiegen und hingen unseren eigenen Gedanken nach. „Aber er hat dir sein Hemd gegeben, das war doch nett.“ Ich lachte leise auf und schüttelte den Kopf. „Sagen wir es mal so, er hatte keine andere Wahl. Das hatte nichts mit nett zu tun.“ „Hmmm...“ „Ich finde, schlafen wäre besser als über Menschen zu reden, die mich aufregen.“ Ich drückte Mays Kopf ins Kissen und strubbelte ihr durchs Haar. Sie protestierte laut, aber sie war die Erste, die einschlief. Yosuke hatte es sich auf einem Futon bequem gemacht, während ich mit May das Bett teilte. Yosuke war schon immer ein Futonkind gewesen, für ihn waren Betten nur für eine Sache wichtig, das hatte er selbst gesagt. Der Sonntag verlief eher ruhig und am Montagmorgen saß ich pünktlich um 8 Uhr an diesem Schreibtisch und sortierte die bereits abgelegte Post. „Gibt es dort, wo du wohnst, keinen Friseur?“ Welche engelhafte Stimme mir doch da wieder entgegengeschmettert wurde. „Dass Ihnen ein ‚Guten Morgen’ so schwer fällt, ist wirklich faszinierend.“ Ich hob den Kopf und reichte meinem Chef die an ihn adressierte Post. „Wo ist eigentlich mein Hemd? Hast du es versetzt?“ Er schaute sich die Briefe an und schmiss die Hälfte davon einfach ungeöffnet in die Mülltonne. „Nein, ich habe es in Streifen geschnitten und dann daraus eine Voodoo-Puppe von Ihnen gebastelt, demnächst sollten Ihnen also alle Haare ausfallen!“ Ich drehte ihm den Rücken zu und begann damit, einige Notizen abzutippen, ohne ihn weiterhin zu beachten. Es kam nichts zurück, ich hörte nur, wie er in sein Büro ging, jedoch hörte ich nicht die Tür ins Schloss fallen. Also sah ich langsam über meine Schulter und sah ihn verwirrt an, als er wieder zu mir kam und einen Karton auf dem Schreibtisch abstellte. „Da du ja Zeit hast um Puppen zu basteln, hier eine weitaus lukrativere Aufgabe für dich. In dem Karton sind Dokumente, die ich ‚leider’ in den Schredder geworfen habe. Ich sollte wirklich schauen, was drauf steht, bevor ich das mache. Aber egal, dafür habe ich ja meinen Bürojungen. Setze sie wieder zusammen. Ich brauche sie für Mittwoch.“ Damit lächelte er mich mit einem boshaften Grinsen an. Ich musste schlucken und glaubte zuerst an einen schlechten Scherz, doch als ich ihn dann grinsen sah, wusste ich, dass er es ernst meinte. Sprachlos öffnete ich den Karton und sah mir die Papierfäden an. „Das dauert Jahre. Das ist doch nicht Ihr Ernst?“ „Ich weiß, dass du das kannst, mein kleiner Lakai!“ Im nächsten Moment legte er seine Hand auf meinen Kopf und wuschelte mir durch die Haare. Ich kam mir so verarscht vor. „Lassen Sie das!“ Fauchte ich nur sauer und schlug seine Hand weg, doch ihn interessierte das gar nicht. Er sah mich mit einem selbstgefälligen Blick an und verschwand dann in seinem Büro. Massanorie Lenjier Zufrieden sah ich ihn noch einmal an, bevor ich die Bürotür schloss. Dieses Spiel gefiel mir, auch, wenn er erst seit einer Woche für mich arbeitete, befand ich, dass seine Anwesenheit amüsant war. Die Akten, die ich ihm gegeben hatte, waren ganz und gar nicht wichtig. Es handelte sich um alte Papiere, die keinerlei Wert hatten. Aber das wusste er ja nicht. Ich war gespannt, ob er bis Mittwoch wohl fertig werden würde, oder ob er mir die Sachen vor die Füße schmiss und kündigte. Zufrieden steckte ich mir eine Zigarette an und schlug meinen Terminkalender auf. Der heutige Tag war gespickt mit zwei Konferenzen, einem Mittagessen und einem Abendessen. Seufzend schloss ich den Kalender wieder. Solche Tage waren eher lästig. Aber es war egal, einer musste es erledigen und das war eben ich. Es war schon nach ein Uhr als ich das Firmengebäude wieder betrat. Das Abendessen war zufriedenstellend gewesen und nun musste ich nur noch einige Unterlagen für Zuhause abholen. Man wollte es sich kaum vorstellen, aber solche Essen war anstrengender als Stunden in einem Büro zu sitzen. Ich drückte meine Zigarette aus und betrat einen der Fahrstühle. Die Tür wollte sich gerade schließen, als ich sie daran hinderte. „Guten Abend, Herr Lenjier. So spät noch hier?“ Vor mir stand Nakai Wataru, einer der Wachmänner, welche hier allabendlich ihre Runden drehten. „Guten Abend. Die Arbeit schläft eben nicht. Alles ruhig bis jetzt?“ Mit einer knappen Handbewegung strich ich einige Falten aus meinem Mantel weg und wartete auf die Antwort. „Natürlich. Wie immer. Machen Sie sich keine Sorgen.“ „Ich mache mir nie Sorgen. Fürs Sorgenmachen werden Sie bezahlt, nicht ich.“ Mit dieser ruppigen Antwort ließ ich die Fahrstuhltür los, welche sich langsam schloss. „Sie haben Recht – aber einen fleißigen Sekretär haben Sie.“ Das war alles, was ich noch verstand, bevor die Tür geschlossen war. Ich dachte kurz nach, wusste mir aber keinen Reim darauf zu machen, also vergaß ich es wieder. Diese endlosen Minuten waren einfach schrecklich, wie viel Zeit ich schon in Fahrstühlen verbracht hatte, lästig, einfach nur lästig. Endlich öffnete sich diese Tür und ich war gedanklich schon zu Hause bei Sparky, als ich Licht unter der Tür, welche ins Vorzimmer führte, sah. Ich öffnete die Tür leise und sah in das kleine Büro meines Botenjungens. Was ich dort sah, erklärte die Worte des Wachmannes. Auf dem Boden befanden sich kleine Haufen mit Papierstreifen, welche ich als die identifizierte, die ich Mamoru am Morgen gegeben hatte. Ich sah mich um und suchte eben diesen Jungen, ich fand ihn schnell. Er saß auf dem Boden und hatte mich nicht bemerkt. Ich klopfte leise, keine Reaktion. Ich runzelte die Stirn, ich hatte gerade keine Lust auf diese Spiele, ich war müde. Als ich jedoch hinter ihm stand sah ich, warum er mich nicht hörte, die kleinen Stöpsel in seinen Ohren waren anscheinend der Grund. Mit diesem Gedanken griff ich nach dem Kabel der Kopfhörer und zog daran, was jetzt passierte, war zu göttlich. Mamoru sprang fast schon auf und schrie kurz auf. Anscheinend hatte er sich wirklich zu Tode erschrocken, so sah jedenfalls sein Gesicht aus. Noch nie hatte ich einen Menschen so schnell kreidebleich werden sehen. Er atmete schnell und sah mich entsetzt an. „Machen Sie das nie wieder!“ Er fasste sich an die Brust und atmete tief durch. „Ich hätte nicht gedacht, dass du wirklich das machst, was ich dir sage!“ Ich steckte mir eine Zigarette an und schaute Mamoru belustigt an. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig, ich wusste, dass er mir am liebsten an die Kehle gehen würde. Anscheinend hatte er verstanden. „Sie blöder Arsch! Ich sitze hier und reiße mir den Arsch auf und das für nichts. Ich hätte wissen müssen, dass das wieder nur ein blöder Scherz ist!“ Ich sah ihn nur an und folgte seinem Wutausbruch. Mamoru rappelte sich auf und wollte an mir vorbei zur Tür. Doch ich packte ihn, riss ihn nach hinten und drückte ihn auf die Couch. „Was für ein schrecklich loses Mundwerk du doch hast. Eigentlich müsste ich es dir stopfen...“ Ich hatte mich über ihn gebeugt und hielt seine Handgelenke fest. Sein Blick wirkte zuerst verwirrt doch dann sah ich die auflodernde Wut darin. Anscheinend überspannte ich den Bogen gerade sehr in seinen Augen, er versuchte mich von sich zu stoßen, doch das entlockte mir nur ein kühles Lächeln. „Ich an deiner Stelle würde meine Kraft aufsparen, du wirst sie noch brauchen.“ Meine Zigarette war auf den Boden gefallen und glomm langsam aus. „Lassen Sie mich los...“ Er stemmte sich gegen mich und versuchte meine Hand von seinen Handgelenken zu lösen. Seufzend beugte ich mich zu ihm und sah ihm in die Augen. Plötzlich hielt er inne und sah mich erschrocken an, anscheinend konnte er sich denken, was ich tun wollte. „Herr Lenjier? Alles in Ordnung?“ Ich sah auf und hörte, wie es an der Tür klopfte. Diese Wachmänner waren einfach zu lästig. Somit ließ ich Mamoru wieder los und hob meine Zigarette vom Boden auf. „Es ist alles in Ordnung“, entgegnete ich gelangweilt, als ich die Tür öffnete. Ich wandte mich um und sah Mamoru an, welcher sich aufrappelte und meinem Blick auswich. „Es gibt zwei Möglichkeiten. Du bleibst hier oder du bist in fünf Minuten unten in der Tiefgarage. Liegt bei dir. Aber hier schlafen würde ich an deiner Stelle nicht, wer weiß, wer hier vorbeikommt.“ Mit diesen Worten verließ ich das Büro und fuhr mit dem Wachmann wieder hinunter. Ich wusste, dass er kommen würde. Nur fünf Minuten später bestätigte sich meine Annahme. Ich saß in meinem Aston Martin, als sich die Beifahrertür öffnete und mein neues Spielzeug einstieg. Er sagte nichts, sondern ignorierte mich gekonnt. „Ich zwinge dich nicht, hier zu sitzen, ich wollte nur nett sein. Wenn du meinst, rumzicken zu müssen wie ein Kleinkind, dann steig wieder aus.“ Mit einem ernsten Gesichtsausdruck sah ich ihn an. „Danke, dass Sie mich mitnehmen.“ Es klang hervorgewürgt, aber es reichte mir. Ohne noch ein Wort miteinander zu wechseln fuhr ich los. Ich fand diesen Jungen echt interessant, er war so schrecklich naiv auf der einen und so temperamentvoll auf der anderen Seite. Eine, in meinen Augen, interessante Kombination. Ich wollte testen, wie weit ich gehen konnte, doch als ich einen Blick zur Seite warf, musste ich schmunzeln. So wie er dort saß und fast einschlief wirkte er schrecklich – süß. Schnell schüttelte ich den Kopf und lachte innerlich über mich selber. Noch einmal sah ich ihn an. Er war eingeschlafen?! Mein Blick fiel auf meine Armbanduhr und ich beschloss, ihn nicht nach Hause zu fahren. Mir war egal, was für einen Aufstand er machen würde, ich hatte beschlossen, morgen von zu Hause aus zu arbeiten und da war es sicherlich nützlich, wenn auch Mamoru anwesend wäre. Nach zehn Minuten parkte ich in der Tiefgarage meines Wohnhauses. Ich schnallte mich ab und sah zu meiner Rechten, dass Mamoru anscheinend fest am schlafen war. Langsam beugte ich mich zu ihm herüber und strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Mamoru Chiba Ich öffnete meine Augen und richtete mich langsam auf. Dies – war nicht meine Wohnung, das erkannte ich, obwohl es dunkel war. Nur ein blasses Licht fiel durch die Vorhänge des Fensters. Mit einem verwunderten Blick sah ich mich um und überlegte. Jetzt fiel mir wieder ein, was dieser Kerl im Büro für eine Show abgezogen hatte. Zwanghaft überlegte ich, warum ich eigentlich mit ihm mitgefahren war. Aber der Gedanke im Büro zu schlafen, nur weil keine Bahn mehr fuhr, war ebenso 'prickelnd' gewesen, wie der Gedanke, dass dieser Mann mich nach Hause fuhr. Schoss es mir durch den Kopf. Wahrscheinlich war ich im Auto eingeschlafen. Ich warf die Decke zurück und stand auf, das Zimmer war groß und innerlich hoffte ich inständig, dass ich mich irrte, was den Aufenthaltsort anging. Leise öffnete ich die Tür und trat hinaus in den Flur. Links gab es noch zwei Türen und geradeaus schimmerte ein schwaches Licht unter einer Tür hervor. Barfuß ging ich auf die geschlossene Tür zu und blickte mich suchend um. Zögerlich klopfte ich an und hoffte, dass ich nicht die Stimme von ihm hören würde. Doch mit dem Hoffen ist es oft so eine Sache. Die Tür wurde geöffnet und ich stand diesem Kerl gegenüber, den ich im Dunkeln nie begegnen wollte. „Schon wieder wach?“ Ich sah ihn an und schwieg. „So wortkarg? Was ist denn los?“ Seine Stimme schwamm so vor Hohn, dass mir übel wurde. „Warum bin ich denn in Ihrer Wohnung?“ Ich sah an ihm vorbei in dieses riesige Wohnzimmer. Der Fernseher lief, auf dem Tisch standen eine Flasche und ein Glas. Nach dem Geruch, der von ihm ausging, war es sicherlich Alkohol. Ich rümpfte die Nase. „Du bist bei mir, weil du in meinem Auto eingeschlafen bist. Ich hatte außerdem keine Lust, für dich den Chauffeur zu spielen. So was liegt mir nicht!“ Das war alles, was er sagte, bevor er sich wieder herumdrehte und sich setzte. „Schließ die Tür...“ Ich überlegte kurz, ob ich einfach gehen sollte, aber als ich einen Blick auf die Uhr an der Wand warf, stellte ich fest, dass es schon fast drei Uhr war. Es fuhr ja sowieso keine Bahn, also was blieb mir über? Ich schloss die Tür hinter mir und setzte mich zu ihm auf die Couch. „Du darfst dich glücklich schätzten!“, kam es plötzlich von ihm. „Morgen arbeite ich von zuhause, das bedeutet, dass du für mich Botengänge erledigen wirst und einkaufen und zur Reinigung gehen. Das wird sicherlich ein witziger Tag – für mich!“ Er nahm das Glas und trank einen Schluck. „Ganz sicher werde ich das nicht. Ich bin nicht Ihr Lakai, sondern Sekretär. Das schließt so was nicht mit ein.“ Er lachte leise. „Was ist daran so lustig?“, zischte ich böse. „Alles.“ Er sah mich nicht einmal an, sondern ignorierte mich während er in den Fernseher starrte. Es war zu spät oder zu früh, um sich zu streiten. Ich hatte keine Lust, mich jetzt darüber aufzuregen und trotzdem war mir diese Situation unbehaglich. Mir kam wieder diese Szene in dem Büro in den Sinn. Hatte ich mich geirrt oder hatte er wirklich versucht, mich zu küssen? Aus den Augenwinkeln heraus sah ich ihn an und war verwundert. Er lächelte. Auf seinem Knie lag ein schwarz-weißer Hundekopf, welchen er hingebungsvoll streichelte. Ich hätte nie gedacht, dass dieser Mann zu so etwas in der Lage war, ich meinte, ein lebendes Wesen so liebevoll anzusehen. „Wie heißt er oder sie?“ „Sein Name ist Sparky.“ Er sah mich an und fast wollte ich einige Vorurteile, die ich hatte, wegwerfen. Obwohl ich den Namen 'Sparky' für einen Hund wirklich blöde fand. „Wenn du das jemandem erzählst, werde ich dich kopfüber aus dem Fenster hängen, du kleiner Hippie.“ „Wer will schon freiwillig über Sie reden?“, gab ich nur zurück. So saßen wir schweigend nebeneinander und als ich nach einer halben Stunde wieder im Bett lag, dachte ich noch lange über seinen Gesichtsausdruck nach, als er seinen Hund streichelte. Am nächsten Morgen nahm ich mir die Zeit und sah mich in dem Zimmer, in dem ich geschlafen hatte, etwas um. Das Zimmer war schön, schlicht, aber das machte es irgendwie gemütlich. Es war komplett weiß. Der einzige Kontrast waren das helle Bett aus Naturholz und die Bilder an den Wänden. Drei an der Zahl. Das eine zeigte eine gelbe Lilie auf hellblauem Grund, das zweite Seerosen mit einem leichten rosa Schimmer auf einem blassgrünen Hintergrund und auf dem dritten sah man roten Klatschmohn auf weißem Hintergrund. Man konnte über Massanorie Lenjier sagen was man wollte, aber Geschmack, was die Einrichtung betraf, hatte er. Ich seufzte und ließ mich zurück in die Kissen fallen. „Schon klar. Ich vergesse immer wieder, dass er ein Bonze ist!“ „Ich sollte aufhören, mit mir selbst zu reden – das wirkt so – verzweifelt.“ Damit stand ich auf und schlüpfte in meine Hose. Das Hemd hatte in der Nacht ziemlich gelitten, aber da ich nicht vorhatte, auf seinen ‚Vorschlag’ von heute Morgen einzugehen, war es mir egal. Das Klappern von Geschirr ließ mich aufhorchen, also war ich nicht der Einzige, der schon wach war. Es sei denn, dieses Ekel hatte eine Freundin, aber irgendwie bezweifelte ich das sehr. Als ich durch den Flur ging, sah ich mich neugierig um. Die Wohnung war an sich wirklich sehr hell eingerichtet. Ich musste zugeben, dass ich das sehr stilvoll fand. Weniger war manchmal einfach mehr. Die Küche hatte ich schnell gefunden und ich staunte nicht schlecht. So eine Küche hatte ich noch nie gesehen, das wäre für Makoto ein Traum gewesen. Massanorie Lenjier schüttete sich gerade eine Tasse Kaffee ein, doch damit hatte ich weniger ein Problem, als wie mit seiner Aufmachung. Anscheinend hatte er vorher geduscht, denn er trug gerade nur ein Handtuch, welches wirklich tief saß und somit nicht gerade verbarg, dass seine Körperstatur meiner überlegen war. Ich wunderte mich nicht, dass er stärker war als ich. Dies hatte er ja am Vorabend demonstriert. Vorsichtig räusperte ich mich, als ich auch schon etwas Feuchtes an meiner Hand spürte. Mit einem freundlichen Blick sah ich auf Sparky nieder, dieser Hund war wirklich schön. „Guten Morgen.“ Begrüßte ich den Hund, dabei ging ich in die Hocke und streichelte ihn. Anschienend freute er sich über derartige Zuwendung, denn er wedelte freudig mit dem Schwanz und leckte mir über das Gesicht. Als ich jedoch aufsah, schluckte ich nur kurz und stand ruckartig auf. Sparkys Herrchen hatte sich genau vor mir positioniert und ich fand die Aussicht, welche ich in der Hocke gehabt hatte, nicht gerade berauschend. Doch anstatt eines freundlichen ‚Guten Morgen’ wurde ich ausgiebig gemustert. Was hatte ich auch anderes erwartet? „Die Dusche ist den Flur entlang, dann rechts.“ Er griff nach einem Teil meines Hemdes und zupfte daran. „Und das hier will ich gleich nicht mehr sehen. Ich finde es zum Kotzen, dass ich dir schon wieder ein Hemd von mir geben muss.“ „Ich habe eine bessere Idee, ich geh nach Hause. Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich nicht Ihr Lakai bin. Also, ‚Auf Wiedersehen’!“ Mit diesen Worten drehte ich mich herum und wollte gehen. Doch ich hatte vergessen, dass ein ‚Nein’ für diesen Mann nicht akzeptabel war. „Aber es steht in deinem Vertragsbedingungen.“ „Sie lügen doch wie gedruckt. Außerdem habe ich bei Ihnen keinen Vertrag unterschrieben.“ „Aber Ayame. Und da du ihre Vertretung bist, musst du all ihre Aufgaben übernehmen und das gehört dazu.“ Ich drehte mich zu ihm herum und sah ihn skeptisch an. Er deutete mit einem Nicken zu dem kleinen Küchentisch an der Fensterfront der Küche. Ich ging langsam hin und nahm das Papier auf, welches auf dem Tisch lag. Es war Ayame Midoris Vertrag, ich las ihn aufmerksam durch und ballte die Faust. Er hatte Recht, hier stand es. Midori war nicht nur seine Sekretärin, sondern auch seine Assistentin und das schloss private Erledigungen mit ein, solange diese in einem vertretbaren Rahmen stattfanden. „Die Dusche ist rechts – ich warte nur ungern.“ Mit einem wütenden Blick sah ich ihn an. „Hätte ich bloß vor einer Woche schon gewusst, was für ein Ekel Sie sind.“ „Tja, die besten Sachen kommen immer zum Schluss.“ Damit hatte sich das Gespräch erledigt und ich nahm mir vor, den ganzen Tag kein einziges Wort mehr mit diesem Mann zu reden. Kapitel 5: Step Five... Encounters ---------------------------------- Wer selbst keinen inneren Frieden kennt, wird ihn auch in der Begegnung mit anderen Menschen nicht finden. Dalai Lama Mamoru Chiba Das lauwarme Wasser, welches auf mich runterprasselte, schaffte es zwar nicht, dass die Mordgedanken verschwanden, aber es beruhigte mich etwas. Dieses Badezimmer war ebenso imposant wie der Rest der Wohnung, obwohl dieses schlichte Weiß überall auch eine gewisse Kühle ausstrahlte, aber das deckte sich wenigstens mit seinem Charakter und seiner Ausstrahlung. Die Wohnung als Spiegel der Seele. Ich seufzte resigniert, innerlich wusste ich nicht, wie lange ich diesem Kerl noch Paroli bieten konnte. Schon nach einer Woche wurden meine Nerven nur noch von einem dünnen Seil gehalten. War es denn wirklich so viel verlangt? Das Einzige was ich wollte, war ein Job mit guten Arbeitszeiten, wo man etwas mehr Geld als sonst verdiente und trotzdem nichts Illegales machen musste. Doch was hatte ich bekommen? Einen Boss, der anscheinend ein ernsthaftes Problem hatte und einen Job, der zu einer ungeheuren Belastung eben wegen jenes Chefs wurde. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und schloss die Augen und doch wurde ich dieses unangenehme Gefühl nicht los, welches ich seit gestern hatte. Obwohl ich versuchte, nicht darüber nachzudenken, so war doch diese leise Stimme in mir, die mir sagte, dass das gestern Abend nicht nur reine Provokation war. Doch was brachte Grübeln, es bereitete mir nur noch mehr Kopfschmerzen, also beschloss ich, es einfach zu vergessen. Nur noch kleine Tropfen perlten am Duschkopf entlang, als ich das Wasser abdrehte und mich abtrocknete. Ich hatte mir meine Sachen schon vorher ins Bad gelegt, so war es mir erspart geblieben, nur halb bekleidet das Badezimmer zu verlassen. Es wunderte mich nicht, dass auch dieses hellblaue Hemd zu lang war, aber diesmal ersparte ich es mir, nach der Marke zu schauen. Dies hätte mir nur die Tränen in die Augen getrieben, ich konnte einfach nicht nachvollziehen, dass man(n) so viel Geld in Kleidung stecken konnte. Dieser Tag war schon wieder richtig ätzend, wenn ich nur daran dachte, dass ich diesen Mann den ganzen Tag ertragen musste und das als sein persönlicher „Sklave“, dieser Gedanke drehte mir den Magen um. Die Badezimmertür war noch nicht ins Schloss gefallen, da wurde ich auch schon vollgepackt. „Diese Sachen müssen in die Reinigung. Sie ist nicht weit von hier, aus dem Gebäude, dann links, dann am Ende der Straße. Du kannst es nicht verfehlen!“ Mit diesen Worten drehte er sich herum und verschwand in einem anderen Raum. Nun stand ich hier, mit einigen Kleidersäcken in der Hand und einer Geldbörse, auf welchem ein Zettel klebte, mit der Aufschrift: „Vergiss die Quittungen nicht!!!!!“ Ich hatte keine Lust, mit ihm zu diskutieren und der einzige Gedanke, der mir jetzt immer und immer wieder durch den Kopf ging, war: Ich hoffte, wenn ich mir das nur lang genug einreden würde, wäre es leichter, diesen Mann und seine Allüren zu ertragen. Aber in Wirklichkeit glaubte ich nicht daran. Also verließ ich seufzend und fast schon etwas resignierend seine Wohnung und danach das Gebäude. Die Reinigung hatte ich eigentlich recht schnell gefunden, aber ich war froh, dass die nette Dame etwas Zeit brauchte, um die gereinigten Anzüge hervorzuholen. Langsam und recht gemächlich trottete ich mit zwei anderen Kleidersäcken wieder zurück. Hier in Shinjuku konnte man sich richtig elend fühlen, die Läden, die Menschen, alles wirkte so schrecklich weltfremd. Wenn ich nur daran dachte, dass ich schon Mitte des Monats recht knauserig mit meinem Rest an Geld umging, dann konnte einem schon anders werden. Aber, und dies war nie gegen Bunny gerichtet gewesen, seitdem ich wieder Single war, sparte ich schon einiges an Geld. Freundinnen waren eben teuer, egal wie man es drehte und wendete. Ich fragte mich in letzter Zeit oft, was wohl gewesen wäre, wenn meine Eltern noch leben würden. Oder wenn ich damals adoptiert worden wäre. Wenn ich daran dachte, dass Yosuke und May einfach alles hinterhergeworfen bekamen. Das Studium, ihre Wohnungen, all das bezahlten ihre dämlichen Adoptiveltern. Bei diesem Satz blieb ich stehen und biss mir auf die Lippen, ich hasste mich selber für diese Gedanken. Aber was sollte ich denn machen? Ich dachte nun mal so und eben diese Gedanken waren ein Grund, warum das Verhältnis zu ihnen nicht mehr so war wie damals. Mit trüben Gedanken betrat ich den Fahrstuhl und versuchte, dieses schreckliche Gefühl von Eifersucht einfach wieder in eine tiefe Ecke zu drängen, aber aus irgendeinem Grund klappte es diesmal nicht so gut wie sonst. Als der Fahrstuhl sich endlich öffnete, war ich kaum noch mit den Gedanken bei Massanorie Lenjier. Ich betätigte den Klingelknopf und wartete. Es dauerte einen Augenblick, bis sich die Tür endlich öffnete, doch anstatt in das Gesicht meines Chefs zu schauen, sah ich nichts. „Hallo?“ Ich senkte den Blick und sah in die braunen Augen eines kleinen Mädchens. „Hallo!“, erwiderte ich überrascht. Einen Moment lang starrte ich die Kleine nur an. „Hast du noch nie ein kleines Mädchen gesehen?“ Herr Lenjier trat an die Tür und war sichtlich schlecht gelaunt. „Doch sicherlich, ich war nur – überrascht“, kam es etwas irritiert von mir zurück. „Komm endlich rein!“ Sein scharfer Tonfall verriet nichts Gutes. Ich ging an der Kleinen vorbei, welche mich noch immer mit großen Augen musterte und schloss die Tür hinter mir. „Katrin! Geh in dein Zimmer. Ich muss arbeiten.“ Ich hatte nicht alles verstanden, da er plötzlich von Japanisch in Deutsch verfiel. So schnell konnte ich mich gar nicht umstellen, außerdem verstand ich Deutsch zwar, aber für eine lange und intelligente Konversation würde es sicher nicht reichen. Die Kleine schien nicht sehr begeistert darüber, dass ihr – gute Frage, was war er denn für sie? Vielleicht war sie seine Tochter, aber das konnte ich mir bei diesem Kerl wirklich nicht vorstellen. Aber man sollte ja nicht voreilig schlussfolgern. Als das Mädchen an mir vorbei ging, drehte sie sich noch einmal zu mir um und winkte. Ich lächelte und winkte mit meiner freien Hand zurück. Die nächsten Worte von Pestboy galten mir. Er erklärte mir, wo ich die Sachen hinhängen sollte. Nachdem ich auch dies für diesen Mann erledigt hatte, kam das „Ich diktiere, du schreibst“-Spiel dran. Bei diesem Mann nicht leicht, was aber eher an seiner Aussprache lag. Denn jetzt gerade stellte ich fest, dass er, wenn er sehr schnell sprach, einen schrecklichen Akzent hatte. Ich sah ihn fragend an, er redete weiter, während ich aufgegeben hatte, ihm zu folgen. „Was?“ Er klang sehr gereizt. Doch er ließ mich erst gar nicht antworten, er seufzte nur, setzte sich und machte eine Handgeste, damit ich nichts sagte. Dieses Schweigen gerade war viel schlimmer als alles andere. Es dauerte sicherlich zehn Minuten, bis er aufstand. Er kam zu mir herüber, nahm mir den Block ab und las sich durch, was ich geschrieben hatte. Während er das tat, ging er auf und ab. Schließlich blieb er hinter meinem Stuhl stehen, legte mir den Block in den Schoß, nahm meine Hand und malte mit seinem Finger einige Kanji in meine Handfläche. „Jetzt verstanden?“ Zum ersten mal klang eine Frage von ihm weder spöttisch noch zynisch. Ich nickte. „Sie haben einen schrecklichen Akzent, wenn Sie reden.“ Irgendwie schien auch er heute nicht wirklich bei der Sache zu sein, genauso wie ich. Meine Gedanken hingen noch immer bei Yosuke und May und dieser blöden Adoptionssache. Er ließ meine Hand wieder los und nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz. „Sie ist meine Nichte und wird wohl für ein bis zwei Wochen bei mir wohnen. Meine Begeisterung hält sich in Grenzen.“ Dass er plötzlich von sich aus ein Gespräch auf einer vernünftigen Basis mit mir begann, machte mich stutzig. Doch ich hörte zu. „Ihr Vater ist vor einigen Monaten gestorben. Nun will ihre Mutter - meine Schwester - endgültig nach Tokio ziehen, weil sie alleine zur Zeit nicht sehr gut zurecht kommt. Doch sie will das Haus in Deutschland noch leer räumen und verkaufen und sie wollte Katrin nicht mitnehmen. Vielleicht ist es besser, aber ich bin wohl der Letzte, dem man ein Kind anvertrauen sollte.“ Ich glaubte in dem Moment, dass er schmunzelte, war mir aber nicht sicher. Er zündete sich eine Zigarette an und wandte seinen Blick dann wieder mir zu. „Irgendwie denke ich, dass du gut mit Kindern umgehen kannst. Wenn du also deine heutige Zeit ihr widmen würdest, verspreche ich dir, dich heute zufrieden zu lassen.“ Ich schüttelte nur den Kopf und konnte gerade meinen eigenen Gedanken nicht verstehen. „Sicherlich“, kam es knapp von mir. „Danke!“ Ich sah ihn verdutzt an, anscheinend konnte er wirklich nett sein. Gerade hatte er es geschafft, einen Sympathiepunkt zu ergattern. Zweihundert Minuspunkte gegen einen Pluspunkt. Nicht gerade die beste Wertung, aber man musste klein anfangen. Als ich seine Bürotür hinter mir schloss, lehnte ich mich dagegen und atmete einmal tief ein und aus. Am liebsten hätte ich alles hingeschmissen und wäre nach Hause gefahren, nicht wegen meines Chefs oder wegen der Aufgabe, auf seine Nichte zu achten, eher war der Grund meine melancholische Stimmung. Die Tür zu dem zweiten Gästezimmer war nur angelehnt, ich drückte sie leise auf und sah in das Zimmer hinein. Die Kleine saß mit dem Rücken zu mir, deswegen klopfte ich sachte an die offene Tür und lächele, als das Mädchen sich zu mir umdrehte. „Konnichiwa.“ Ich lachte leise auf über diese Begrüßung und nickte. „Du kannst also doch etwas Japanisch?“, fragte ich langsam, doch ihr nun etwas unsicherer Blick zeigte mir, dass ihre Sprachkenntnisse wohl auf wenige Worte beschränkt waren. "Ich spreche Deine Sprache vielleicht nicht so gut, aber ich hoffe, es wird reichen." Offenbar erfüllte sich meine Hoffnung, zumindest sagte mir das ihr freudiger Gesichtsausdruck. „Ich heiße Katrin.“ Sie strahlte über das ganze Gesicht und legte die Haarbürste in ihrer Hand zur Seite, bevor sie auf mich zukam. Ich ging in die Hocke und schüttelte ihr freundlich die Hand. „Und ich heiße Mamoru.“ Sie nahm meine Hand, überlegte dann aber, was ich daran ausmachte, dass sie ihre Nase kräuselte. „Hast du auch einen Spitznamen?“ Anscheinend fand sie meinen Namen etwas zu schwer und versuchte nun auf die höfliche Weise ihn zu umgehen. Ein schlaues Mädchen und gut erzogen, dass sie die Nichte dieses Mannes war, kaum zu glauben. Ich überlegte, doch mir fiel nur die schreckliche Koseform ein, welche Yosuke immer benutzte. „Eigentlich nicht, aber – mein bester Freund sagt immer Maru. Wäre das für dich leichter?“ Die Antwort war wohl ja, denn sie nickte nur und fragte gleich weiter. „Darf ich Maru-chan sagen? Meine Mama sagt, dass ich ‚chan’ nur sagen darf, wenn man ganz liebe Freunde hat und nicht zu fremden – aber...“ Sie holte Luft, doch bevor sie ohne Punkt und Komma weiterreden konnte, nickte ich nur lachend. „Ja, du darfst ruhig Maru-chan sagen.“ Mit diesen Worten sah ich sie an. „Du darfst dann Kati-chan sagen, ja?“ Ich nickte nur und tippte ihr auf die Nase. Sie war wirklich ein nettes Mädchen. „Wie alt bist du denn, Kati-chan?“ Schnell nahm sie ihre Finger und begann angestrengt zu zählen. Als sie mir dann sieben Finger hinhielt, stutzte ich etwas. „Ich bin fünf Jahre alt“, kam es stolz von ihr. Ich schmunzelte etwas und nahm die zwei Finger, die zu viel waren, in meine Hand. „Dann ist das wohl etwas richtiger.“ Sie sah mich an und nickte dann. „Ich kann nicht gut zählen und Japanisch kann ich auch nicht so gut.“ Sie wirkte etwas traurig als sie das sagte, jedoch munterte ich sie sofort wieder auf. „Und ich kann nicht so gut Deutsch. Ich kann dir ja etwas Japanisch beibringen und du mir Deutsch. Ist das eine gute Idee?“ Sie sah mich fragend an, doch das nun freudige Lachen zeigte mir, dass sie meinen Vorschlag sehr gut fand. Ich richtete mich wieder auf und sah mich im Zimmer um, als mein Blick auf eine Zeichnung fiel, welche auf dem Boden neben einigen Buntstiften lag. „Darf ich mir das Bild mal anschauen?“ Katrin sah mich an, brachte mir ihr Meisterwerk aber nur zögerlich. „Du darfst nicht lachen.“ „Das werde ich nicht, versprochen!“ Lächelnd setzte ich mich auf das Bett und nahm das Bild, welches sie mir jetzt hinhielt. Innerlich lachte ich laut auf, nicht weil es schlecht gemalt war, es war eher das Motiv. „Das ist Sailor Moon. Sie rettet die Welt!“ Mit einer ungeheuren Begeisterung begann sie mir von ihrem ‚Idol’ zu erzählen. Ich hörte nur zu und nickte immer, wenn sie mich ansah. „Sano-oji-chan hat gesagt, dass es Sailor Moon nicht gibt.“ „Sano-chan?“ Etwas perplex sah ich das Mädchen an. Sie nickte heftig, sodass ihre braunen Haare quer durch einander flogen. „Ja. Du weißt doch, mein Onkel. Oji heißt doch Onkel, das hat Papa mir beigebracht und mein Onkel heißt ja eigentlich Massanorie, aber das ist sooooo lang und deswegen Sano-chan.“ Ich musste mir ein Lachen wirklich verkneifen. Mir fielen ja wirklich ein Duzend Spitznamen für diesen Mann ein, wobei keiner jugendfrei war, aber Sano-chan gehörte definitiv nicht dazu. Und ich hatte immer gedacht, dass Yosukes Spitzname für mich doof war, aber es war doch steigerungsfähig. „Magst du Sano-oji-chan?“ Ich horchte auf und sah sie fragend an. „Wieso fragst du?“ Ich sah mir das Bild weiter an und fragte mich, was Bunny wohl zu ihrem kleinen Fan sagen würde. Sicherlich wäre sie begeistert. „Weil du doch in seiner Wohnung bist und mit ihm redest und weil er dich nicht anschreit.“ Sie lehnte sich an mich und sah mich an, ich überlegte und fand nicht, dass die Punkte, die sie aufgelistet hatte, unbedingt Kriterien waren, aus denen man erkennen konnte, dass man jemanden mochte. Aber ihr zu sagen, dass ich ihren Onkel für ein mieses Ekel hielt, war sicherlich auch nicht so gut. Also versuchte ich, diese Tatsache mit einigen Blümchen zu schmücken. „Ich arbeite für deinen Onkel und erledige halt Sachen für ihn, die er nicht schafft, weil er so hart arbeitet.“ Ihr Nicken zeigte mir, dass sie anscheinend mit dieser Antwort vorerst zufrieden war. Aber Kinder waren ja unberechenbar in solchen Sachen. „Duhu, Maru-chan? Glaubst du auch, dass es Sailor Moon nicht gibt?“ Mit einem Seufzen strich ich mir durch die Haare. Was sollte ich ihr denn jetzt sagen? So genau hatte mich das noch niemand gefragt. „Also - ich glaube schon, dass es sie gibt“, gab ich zögerlich als Antwort. Das war weder eine Lüge noch die ganze Wahrheit, einfach eine Tatsache. Doch diese Aussage reichte ihr schon. „Ich glaube das auch.“ Ein plötzliches Grummeln ließ mich zu ihr hinunter sehen. Ich lächelte und stupste sie leicht an. „Na, hast du auch Hunger?“ „Ja, etwas.“ Nur kurz darauf stand ich in der Küche und sah mich in den Schränken um. Diese gähnende Leere war erschreckend. Von was ernährte sich dieser Mann, von Wasser und Luft? Deswegen sah diese Küche aus wie neu, sie war noch nie wirklich benutzt worden. „Machst du mir jetzt auch Käse-Makkaroni?“ Ihr Gesicht zeigte, dass dieses Essen ihr überhaupt nicht gefallen wollte. „Wieso? Macht dein Onkel dir das immer?“ Sie nickte und sah zum Kühlschrank. „Er hat ganz viel davon in dem Eisfach. Aber ich will nicht immer Käse-Makkaroni, die sind immer so labberig. Und gut schmecken sie auch nicht.“ Sie verzog angeekelt das Gesicht und ich lachte leise auf. „Dieses Zeug ist wohl auch das Falsche für Kinder, die noch wachsen wollen.“ Ich hatte eine Idee, aber ob die wirklich so gut war, bezweifelte ich. „Wir können ja etwas einkaufen und dann koche ich dir was sehr Leckeres, ist das eine gute Idee?“ „JA! Ich sag das nur schnell Sano-chan.“ Noch bevor ich sie davon abhalten konnte, war sie aus der Küche hinaus gelaufen. Das war wohl nach hinten losgegangen. Es dauerte keine Minute, da stand mein Lieblingsboss auch schon in der Küche und sah mich an. „Was habt ihr gegen Käse-Makkaroni, du und meine Nichte?“ Mit einem prüfenden Blick sah er mich an, während ich mich gegen die Arbeitsfläche lehnte und ihn ansah. „Nichts, aber nicht jeden Tag zu jeder Mahlzeit.“ Darauf sagte er nichts, eher sah er mich an und – er schmunzelte! Ungläubig sah ich ihn an, was war denn jetzt los? Er kam auf mich zu und ich erinnerte mich wieder an seine Aktion aus dem Büro und ging automatisch einen Schritt zur Seite. Doch anstatt wieder eines seiner blöden Spiele zu spielen, griff an mir vorbei und nahm seine Geldbörse, welche hinter mir lag. „Um des Kindes Willen, geht einkaufen. Aber vergesst die Quittungen nicht.“ Damit drückte er mir etwas Geld in die Hand und verschwand wieder. „Und was kochst du nun für uns?“ Katrin zupfte aufgeregt an meiner Hose. „Wie großen Hunger hast du denn?“ Fragte ich mit einem Grinsen zurück. Sie streckte die Arme auseinander. „Soooooo großen Hunger. Und Sano-oji-chan hat sicherlich auch sooooo riesigen Hunger. Weil er doch immer viel arbeitet.“ Ich lachte auf und überlegte, was bei solch einem Hunger den wohl das Beste wäre. Massanorie Lenjier Ich war froh, dass Mamoru und Katrin sich anscheinend verstanden. Dies bedeutete weniger Arbeit für mich und sehr viel Ruhe. Der heutige Tag war einfach nur Mist gewesen. Ich hatte es einfach vergessen und als dann meine Schwester vor der Tür stand, zusammen mit Katrin, da wusste ich wieder, warum dieser Tag in meinem Kalender rot eingekreist gewesen war. Seitdem ihr Mann gestorben war, hatte Julia mal wieder alle Aufmerksamkeit der Familie auf sich gelenkt. Sicherlich, sie hatte mein Beileid und ich hatte auch tiefes Mitleid mit ihr und Katrin, aber trotz alledem hatte ich ein schlechtes Verhältnis zu ihr. Und das Schlimmste war, dass selbst das Herumgehacke auf Mamoru keinen Spaß machte. Er schien heute ebenso einen schlechten Tag zu haben wie ich. In diesem Moment hörte ich, wie das Schloss in die Tür fiel, Sparky sah kurz auf, regte sich aber nicht. Anscheinend hatten die beiden meine Wohnung verlassen. Kinder waren noch nie mein Fall gewesen und immer, wenn Katrin in den letzten Monaten hier gewesen war, hatte ich sie mit Käse-Makkaroni gefüttert. Bis jetzt war ich der festen Überzeugung gewesen, dass eben dieses Gericht bei Kindern sehr beliebt war. Die nächsten zwei Wochen würden wohl wirklich sehr anstrengend werden. Das Klingeln des Telefons ließ mich aufschauen. „Lenjier“, kam es barsch von mir. „Massanorie. Ich wollte nur hören, ob bis jetzt alles in Ordnung ist.“ Die Stimme meiner kleinen Schwester klang etwas besorgt und ich glaubte heraus hören zu können, dass sie geweint hatte. Zur Zeit war das ihre Lieblingsbeschäftigung. „Sie lebt noch, wenn du das meinst.“ Ich tippte weiter auf der Tastatur meines Laptops herum und hörte Julia nur mit einem halben Ohr zu. „Danke, dass du dich um sie kümmerst. Mama und Chrissy lassen dich grüßen, ich bin ihnen wirklich dankbar, dass sie mit mir ko-“ „Komm zum Punkt. Ich muss arbeiten“, gab ich gereizt von mir. Sie schwieg und sagte nichts, es war eine dieser bekannten Situationen zwischen uns. Ich wurde giftig sie verstand es nicht und würde gleich versuchen, es zu hinterfragen. „Was habe ich dir denn getan?“ Ich ignorierte diese Frage. „Wenn du mit deiner Tochter reden willst, dann rufst du einige Minuten zu spät an. Sie ist nicht da.“ Ich hörte, wie Julia am anderen Ende die Luft hektisch einzog. „Wo ist sie denn?“ Sie klang etwas hysterisch. „Sie ist einkaufen, anscheinend halten sie und mein Sekretär Käse-Makkaroni nicht für eine passende Nahrungsgrundlage für eine Fünfjährige. Auch wenn ich das nicht nachvollziehen kann.“ Stille. Ich wusste, dass sie nun am Flughafen stand mit dem Telfonhörer in der Hand und wahrscheinlich die Tränen in den Augen stehen hatte. Dass ich Recht hatte, hörte ich gleich darauf, denn schon im gleichen Moment hörte ich eine andere Stimme am Telefon, die einzige Stimme, die ich kannte, der ich Respekt gegenüber brachte. Die Stimme meiner Mutter. „Massanorie! Sag mir bitte, was los ist und zwar vernünftig.“ Ich seufzte, speicherte das Dokument ab und wandte mich nun ganz dem Telefonat zu. „Julia soll sich zusammen reißen. Ihrer Tochter geht es gut, sie ist zusammen mit meinem Sekretär einkaufen und auch, wenn du es nicht glauben willst, aber ich bürge für ihn. Sie mag ihn und er kann sichtlich besser mit Kindern umgehen als ich. Sie ist in guten Händen. Auch, wenn mich alle Welt für ein egozentrisches Arschloch hält, so weiß ich sehr wohl, was Verantwortung ist.“ Zuerst hörte ich nichts, doch dann bekam ich eine Antwort auf meine kleine Ansprache. „Ich weiß, dass du gut auf die Kleine achtest. Aber versuche wenigstens, deiner Schwester nicht so viel Kummer zu bereiten, sie hat es schon schwer genug.“ „Ja, armes Ding. Wenn ich Zeit habe, schicke ich ihr eine Packung Mitleid“, gab ich bissig zurück. „Spar dir das, Massanorie. Wenn du willst, dass ich wütend auf dich werde, dann mach ruhig weiter so.“ Ihre Stimme klang enttäuscht. „Ich muss arbeiten. Sag Julia, dass es Katrin gut geht.“ „Werde ich. Ich hab dich lieb, Massanorie.“ „Ja, ich dich auch, Mum.“ Damit war das Telefonat beendet. Die nächste halbe Stunde verbrachte ich damit, auf den Bildschirm des Laptops zu starren. Ich hasste meine Familie, meine Mutter und Katrin ausgenommen. Es war schon fast 12 Uhr, als ich die Wohnungstür wieder hörte. Irgendwann in der letzten Stunde hatte ich mich auf den Balkon gesetzt, zusammen mit Sparky und einem Kaffee. Katrins fröhliches Geschnatter drang gleich durch die ganze Wohnung, aber besser so, als anders. Die Grünpflanzen, welche man mir gegen meinen Willen aufgedrängt hatte, ließen langsam aber sicher die Blätter hängen. Überwiegend waren sie nicht mehr grün, sondern braun und zierten so meinen Balkon. „Oji! Oji?“ Wie ich es doch verabscheute, dass sie mich so rief. Nun war ich schon seit vier Jahren in Japan und trotzdem hasste ich teilweise diese Sprache. „Hier!“, rief ich laut und nahm daraufhin einen Schluck aus meiner Tasse. „Sano-oji-chan. Wir waren einkaufen.” Sie schälte sich aus ihrer Jacke und ließ diese auf den Boden sinken. „Hätte ich nicht gedacht. Habt ihr jetzt mein ganzes Geld ausgegeben?“ „Nein, aber das Essen wird ganz lecker, ganz bestimmt. Ich darf Maru-chan auch kochen helfen.“ Ich horchte auf und lachte leise. „Maru-chan? Darfst du ihn so nennen?“ Sie nickte und war auch gleich wieder weg, einen Moment später trat auch schon mein Sekretär, Babysitter und Koch auf den Balkon. „Wie ich gehört habe, scheint euer Einkauf ja erfolgreich gewesen zu sein.“ „Kann man so sagen. Quittungen und Restgeld liegen auf dem Wohnzimmertisch.“ Er schaute sich um und ich sah, dass er die Augenbrauen zusammenzog, als er die langsam sterbenden Pflanzen erblickte. „Sie haben anscheinend keinen grünen Daumen“, kam es recht monoton von ihm. Ich lächelte und stand auf. „Nein. Vielleicht kannst du dich auch noch als Gärtner nützlich machen, Maru-chan!“ Ich lachte und ging an ihm vorbei. „Sano-chan ist auch kein besserer Spitzname.“ Ich blieb stehen, drehte mich um und sah, wie Mamoru mich ebenso spöttisch ansah wie ich ihn zuvor. Daraufhin schmunzelte ich nur gehässig und verschwand dann wieder in meinem Büro. Mamoru Chiba Mein Blick fiel wieder auf die Pflanzen, welche den Balkon zierten. Es war wirklich ein Trauerspiel. Ich ging wieder in die Küche und schmunzelte, als ich sah, wie Katrin damit begonnen hatte, die Einkäufe auszupacken und fein säuberlich auf den Tisch zu drapieren. Während des Einkaufes hatte sie nur ein Thema gehabt: ‚Sailor Moon’! Sie hatte mich kaum zu Wort kommen lassen, also hatte ich immer nur genickt und sie staunend angesehen. Ich hatte mir vorgenommen, Bunny auf jeden Fall von Katrin zu erzählen. „Maru-chan? Was soll ich nun machen?“ Sie setzte sich auf einen der Stühle und sah mich fragend an. „Zuerst kochen wir den Reis. Weißt du, wie das geht?“ Sie schüttelte den Kopf, aber als ich einen der Stühle an die Arbeitsfläche stellte, stand sie sehr schnell darauf und schaute mir zu. „Soll ich dir ein Geheimnis verraten?“ Ich sah Katrin von der Seite her an und zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Ihre Augen wurden ganz groß und sie nickte, sah sich aber vorsichtig um, so als könnte uns jemand belauschen. Langsam beugte ich mich zu ihr herunter. „Ich habe Sailor Moon sogar schon mal gesehen.“ Sie schlug die Hände vor den Mund und sah mich mit einer so großen Verwunderung an, dass ich dachte, sie würde das Atmen vergessen. „Du lügst auch nicht?“ „Nein, ich schwöre es.“ „Kennst du sie auch?“ Sie sprach ganz leise und zupfte aufgeregt an meinem Hemd herum. „Also, das sage ich dir alles später. Aber weißt du, Sailor Moon würde ihre Jacke niemals einfach auf den Boden schmeißen und sie dort liegen lassen.“ Ich hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, da war die Kleine auch schon weg. Das war wirklich leicht gewesen und sicherlich würde es niemandem weh tun, wenn ich ihr etwas von Sailor Moon erzählte. „Ich habe sie ganz ordentlich aufgehängt.“ Sie kletterte wieder auf den Stuhl und sah mir dabei zu, wie ich den Reis aufsetzte. Katrin deckte gerade den Tisch, während ich das Essen anrichtete, als ihr Onkel in die Küche kam. „Sano-oji-chan. Du kommst ganz richtig. Maru-chan und ich sind fertig mit kochen.“ Sie zog ihren Onkel zum Tisch und schien sich wirklich zu freuen. „Hier. Es sei denn, Sie bevorzugen Tiefkühl-Käse-Makkaroni.“ Ich stellte das Schälchen mit dem Oyakodon vor ihm ab und lächelte. „Es riecht gut, aber ob es mit Käse-Makkaroni mithalten kann, bezweifle ich sehr.“ Katrin verzog nur das Gesicht und schien sehr entrüstet über diese Aussage. Als ich auch ihr ein Schälchen gegeben hatte und mir selbst auch, sah sie mich freudig an. Als ich jedoch gerade essen wollte, musste ich leise lachen. Die Kleine saß neben mir und versuchte, mit den Stäbchen den Reis zu greifen. „Eine Gabel wäre wohl besser.“ Doch bei diesem Satz sah sie mich erschüttert an und schüttelte den Kopf. „Nein, ich möchte es doch auch können, so wie du.“ Sie hatte schon die Tränen in den Augen stehen, als mir einfiel, wie ich es gelernt hatte. Tröstend strich ich ihr über den Kopf, lächelte und stand auf. Nur einen Augenblick später kam ich wieder, ich trennte die Enden mit einem Stückchen Pappe und umwickelte sie mehrmals fest mit einem Gummiring, so dass sich die Stäbchen wie eine Pinzette halten und benutzen ließen. Als sie es nun erneut versuchte, klappte es sofort. „Es geht, schau mal, Sano-oji-chan, ich kann es!“ Dieses Erfolgserlebnis war ihrem Onkel nicht vergönnt, er stellte sich ebenso schusselig an. Jedoch noch bevor ich etwas sagen konnte, hatte er sich schon mit einer Gabel eingedeckt. „Und?“ Ich sah zu meinem Chef, der ohne einen Kommentar aß. „Für den Hausgebrauch reichen deine Kochkünste anscheinend allemal.“ Er sah mich an und grinste. Ich hatte diesen Mann in den letzten fünf Stunden mehr lächeln sehen als in einer ganzen Woche. Die Frage war nun, warum das so war. Jedoch hatte ich eine Vermutung, diese war fünf Jahre alt und saß neben mir. Nachdem Katrin nach zweimal Nachschlag holen endlich gesättigt war und auch ihr Onkel einmal Nachschlag bekommen hatte, half eben jener mir beim Abwasch. Ich war überrascht, jedoch sagte ich nichts. Diese Ruhe ohne einen Kommentar tat gut, auch wenn ich dadurch wieder meinen eigenen Gedanken nachhing. Katrin indessen hatte sich mit Blättern und Buntstiften an den abgeräumten Küchentisch gesetzt und malte konzentriert. „Warum hast du noch nicht gekündigt?“ Ich sah auf und ihn an. Er hatte mit Absicht wieder japanisch gesprochen, anscheinend wollte er nicht, dass seine Nichte uns verstand, oder besser ihn. Ungläubig starrte ich ihn weiterhin an und wusste überhaupt nicht, was ich von solch einer Frage halten sollte. „Wieso fragen Sie mich so etwas? Wollen Sie, dass ich kündige?“ Ich sah wieder auf das Waschbecken und reichte ihm eines der sauberen Schälchen. „Sagen wir es so, ich hätte nicht gedacht, dass du dich so lange schikanieren lässt.“ „Eine Woche ist für Sie lange?“ „Ja, wenn man mit mir arbeitet schon. Oder warum denkst du sind wohl so selten andere Angestellte in meiner Etage?“ Er sah mich ausdruckslos an und ich wusste nicht, was ich jetzt sagen sollte. Natürlich war es mir aufgefallen, in den anderen Etagen herrschte immer ein Kommen und Gehen, doch bei ihm war es anders. Erst zweimal war einer aus einer anderen Abteilung zu ihm gekommen und dann konnte man schon sehen, dass es wohl aus purer Notwendigkeit geschehen war. „Sie haben mich nur eingestellt, weil sie Recht haben wollten, nicht wahr? Und Sie haben gehofft, dass ich kündige, damit Sie es nicht tun müssen, weil Sie wissen, dass ich unqualifiziert bin. So hätten Sie sich die Blöße vor Frau Midori erspart.“ Ich trocknete meine Hände ab und lehnte mich mit dem Rücken gegen den Schrank. „Schlauer Junge. Aber aus irgend einem Grund bist du noch hier. Und nur um es dir zu sagen, der Vertrag heute Morgen war nur ein von mir aufgesetzter Fake. Midori würde mir Einen husten, wenn sie auch noch Erledigungen für mich ausüben sollte!“ Wir sahen uns schweigend an und ich wollte diesem Arsch wirklich nur zu gerne in die Fresse schlagen. „Sie haben keine Freunde oder?“ Ich schmiss ihm das Handtuch vor die Füße und ging. Dieser Mistkerl! „Du hast meine Frage nicht beantwortet. Warum hast du noch nicht gekündigt?“ Er war mir in den Flur gefolgt und lehnte sich gegen den Türrahmen der Küche. „Weil ich das Geld brauche. Leider ist es nicht allen vergönnt, mit einem unermesslichen Geldsegen aufzuwachsen. Es gibt Menschen, die müssen für ihre Zukunft arbeiten und sei es, dass sie bei einem Egomanen wie Ihnen landen. Ein Medizinstudium bekommt man leider nicht hinterhergeworfen. Aber all das wüssten Sie, wenn Sie meine Bewerbung gelesen hätten.“ Damit war die Unterhaltung für mich beendet. Doch für ihn wie immer nicht. „Ich möchte, dass du weiterhin für mich arbeitest.“ Ich blieb stehen, drehte mich zu ihm herum und wusste nicht, was ich mit diesem Typen anfangen sollte. „Midori ist leider weg, es ist keiner da, der eine neue Sekretärin einarbeitet. Außerdem ist meine Nichte wie gesagt zwei Wochen bei mir. Ich gebe es nur ungern zu, aber zur Zeit ist deine Hilfe besser als keine. Also?“ Ich sah ihn an und merkte, dass ihm dieses Geständnis schwergefallen war. Er war einfach ein Idiot. „Um meines Studiums Willen – ja, ich arbeite weiter für Sie.“ Ich seufzte und hasste mich dafür. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen zu gehen, aber das konnte ich nicht. „Gut! Ich habe heute Abend noch ein Treffen mit einem Geschäftspartner, das bedeutet, dass du hier bleibst, Katrin ins Bett bringst und danach noch einige Sachen für mich abtippst. Du darfst die Nacht wieder hier bleiben, aber nur als Ausnahme. Morgen früh nehme ich dich mit ins Büro, ebenso wie Katrin. Du wirst ein Auge auf sie haben und auch noch daran denken, meine Sachen zu erledigen, plus meinen Kaffee und den Muffin.“ Er drehte sich herum und ließ mich einfach stehen. Das war alles nur Theater gewesen, dieses ganze nette Getue, dieses Verständnis heucheln. Dieser Bastard, sollte er doch jämmerlich in der Hölle schmoren. Massanorie Lenjier Es war kurz nach 22 Uhr, als ich die Wohnungstür aufschloss. Sparky kam mir gleich entgegen und begrüßte mich freudig. Glücklicherweise hatte das Essen nicht so lange gedauert, wie ich vorerst angenommen hatte. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr, aber trotzdem waren die letzten drei Stunden zu viel gewesen. Dieser Mann war einfach ein sehr unangenehmer Mensch und wäre er kein so enger Partner meines Vaters, so hätte ich ihm eins gehustet, von wegen Fusion mit seiner kleinen Pissfirma. Seufzend löste ich meine Krawatte und schmiss das Jackett auf das Sofa, als ich das Wohnzimmer betrat. Erst jetzt bemerkte ich, wie still es hier eigentlich war. Ich vermutete nicht, dass Mamoru meine Nichte einfach so in Bett bekommen hatte, dies war nämlich ein sehr unbequemes Unterfangen, weil es mit sehr viel Arbeit verbunden war. So war es bei bis jetzt immer gewesen. Doch als ich in das Zimmer von Katrin hinein sah, war ich überrascht. Völlig zufrieden saß sie in ihrem Bett, den rosa Barbie-Pyjama an und mit ihrem Stoffhasen bewaffnet. Sie hatte mich nicht gesehen, sie schien zu sehr auf Mamoru fixiert zu sein, welcher am Fußende saß. „Du musst es mir sagen, bitte. Ich war doch gaaanz lieb.“ Sie bettelte ja schon fast, kaum zu glauben, wenn ich sie ins Bett brachte, dann war das wie ein Inferno. „Ja, das werde ich. Aber du musst gut zuhören und darfst es nicht weiter erzählen.“ Er sah sie verschwörerisch an, Katrin aber nickte nur heftig und ihre Augen wurden immer größer, als Mamoru dann zu erzählen begann, dachte ich im ersten Moment, sie würde vergessen zu atmen. „Vor langer Zeit, da gab es auf dem Mond ein großes und sehr prachtvolles Königreich. Der Mond war damals nicht so wie heute, dort lebten Tiere und Pflanzen wuchsen dort auch. Besonders berühmt war der Mond für seine vielen Seen. Das Volk, welches dort lebte, war das Mondvolk. Regiert wurde es von Königin Serenity, sie war eine sehr gute Herrscherin und sie liebte ihr Volk. Sie besaß einen Kristall, den Silberkristall, mit ihm beschützte sie alle Menschen. Sie hatte auch eine Tochter, die auch Serenity hieß, sie war ebenso hübsch wie ihre Mutter und alle liebten sie, weil sie ein großes und reines Herz hatte. Der Palast der Königin war schneeweiß und sah wunderschön aus, selbst nachts konnte man das Leuchten dieses Palastes auf der Erde sehen. Das Mondvolk konnte sehr alt werden, die Menschen waren nicht unsterblich, aber Zeit hatte für sie nicht dieselbe Bedeutung wie für uns auf der Erde. Die Königin selber hatte silbernes Haar, welches bis zum Boden reichte, ebenso wie das ihrer Tochter. Damals lebten auch die Sailorkrieger auf dem Mond und beschützten die Königin und die Prinzessin. Aber als die Prinzessin älter war, ich glaube so vierzehn Erdenjahre, da schlich sich die Prinzessin manchmal auf die Erde, was sie nicht durfte, weil das Mondvolk den Menschen auf der Erde nicht vertraute. Deswegen waren die Sailors auch besorgt und besonders Venus. Du musst wissen, sie war damals die Anführerin.“ „Warum war sie denn immer auf der Erde?“ „Weil sie sich in den Prinzen der Erde verliebt hatte. Er hieß Endymion und war der Sohn von Königin Gaia, welche die Königin der Erde war. Du musst wissen, vom Mond aus sah die Erde wie eine blaue Perle aus und die Prinzessin liebte es, diese Perle anzuschauen, sie sehnte sich nach den grünen Wiesen und nach den vielen Dingen, die es auf dem Mond nicht gab. Irgendwann begegneten sich die Prinzessin und der Prinz und auch der Prinz verliebte sich in die junge Prinzessin. Sie trafen sich immer öfter, aber meistens heimlich. Dann plötzlich begannen sich die Menschen auf der Erde zu verändern, sie wurden wütend und eifersüchtig auf die Menschen des Mondes. Sie wollten auch so lange leben wie das Mondvolk und wollten ihnen deswegen den Silberkristall stehlen. Königin Gaia aber wollte das nicht und verstand nicht, warum die Menschen plötzlich so wütend waren. Zu dieser Zeit hatten plötzlich schwarze Wolken den Himmel verdunkelt und ließen kaum noch Sonnenlicht hindurch. Der Prinz reiste zum Mond und wollte die Prinzessin warnen und beschützen, aber – als er die Erde verlassen hatte, brach der Krieg aus. Er konnte die Prinzessin nicht mehr rechtzeitig erreichen und versuchte sie vor dem drohenden Unheil zu bewahren, als die Menschen den Mond angriffen. Aber er war nicht stark genug und schaffte es nicht, diejenigen, die er liebte, zu verteidigen. Die Prinzessin, der Prinz und auch die Sailorkrieger starben. Die Königin des Mondes war so traurig darüber, dass sie nichts tun konnte, dass sie den mächtigen Silberkristall nahm und all ihre Kraft dazu benutzte, um die Dunkelheit, welche die Menschen befallen hatte, einzusperren. Aber, weißt du, wenn man den Silberkristall benutzt, dann muss der Mensch, der das macht, auch sterben. Jedoch war das der Königin egal. Als sie die Dunkelheit verbannt hatte, nahm sie ihre letzte Kraft und bat den Kristall darum, dass alle Menschen, die gestorben waren, auf der Erde wiedergeboren werden sollten. Der Silberkristall erfüllte ihr diesen Wunsch und die Prinzessin und die Sailors durften auf der Erde der heutigen Zeit als normale Menschen leben.“ „Auch der Prinz?“ „Ja, der auch.“ „War die Königin der Erde hübsch?“ Ich sah, wie Katrin gähnte und sich in ihr Kissen kuschelte. Mein Blick fiel auf Mamoru. Irrte ich mich oder wirkte er gerade wirklich traurig? „Sie war wunderschön. Sie hatte blaue Augen, gelockte schwarze Haare und ein wunderschönes Lächeln.“ „Das ist eine traurige Geschichte – was ist denn dann passiert? Ist die Prinzessin dann zu Sailor Moon geworden? Hat sie den Prinzen gefunden? Liebt sie ihn denn noch?“ „So viele Fragen! Ich verspreche dir, ich erzähle dir die Geschichte weiter, aber erst einmal musst du schlafen.“ Ich sah Mamoru zu, wie er Katrin zudeckte, wartete aber nicht ab, bis er mich sehen würde. Ohne einen Mucks von mir zu geben ging ich in die Küche und goss mir ein Glas Wasser ein. Sparky hatte sich irgendwann wieder in den Flur gelegt und streckte alle Viere von sich. Hund musste man(n) sein. Ich hörte, wie die Balkontür geöffnet wurde. So ganz war ich mir nicht sicher, ob ich es toll finden sollte, dass er meiner Nichte gerade so einen Blödsinn erzählt hatte. „Ein Königreich auf dem Mond – wie kindisch!“ Leise lachte ich und schaute dann nach meinem ‚Gast’. Er hatte in einem der Stühle Platz genommen, die Beine an den Körper gezogen und den Blick in den Nachthimmel gerichtet. „Du siehst so aus, als würdest du am liebsten von hier oben hinunter springen!“, kommentierte ich die Szenerie. Erschrocken sah er mich an, als ich mich neben ihn setzte und mein Glas leerte. „Was machen Sie denn schon hier?“ Er war nicht begeistert über mein Erscheinen, aber das störte mich nicht im Geringsten. „Draußen auf der Klingel steht mein Name, ich nehme also an, dass dies hier meine Wohnung ist, also sollte es dich einen feuchten Kehricht interessieren, wann ich hier bin oder nicht.“ Aber anstatt einer schlagfertigen Antwort stand er einfach auf. „Dann kann ich ja nach Hause fahren. Schlafen Sie gut, Herr Lenjier.“ Mit diesen Worten verbeugte er sich kurz und verschwand dann. Verwundert darüber stand ich auf und folgte ihm, was eigentlich eher ungewöhnlich für mich war. „Dir ist bewusst, dass jetzt keine Bahn mehr von Shinjuku fährt, oder?“ „Eine wird schon fahren.“ „Du wirkst so, als müsstest du gleich heulen.“ Mamoru hatte sich vor die Eingangstür gehockt und schlüpfte gerade in seine Schuhe, als ich das sagte. Plötzlich jedoch hielt er in seiner Bewegung inne und ich sah, wie er sich verkrampfte. „Gute Nacht, Herr Lenjier!“ Er stand auf und legte seine Hand auf die Türklinke, doch so einfach ließ ich mich nicht abspeisen. Meine Hand legte sich auf die Tür und drückte sie wieder zu. Er drehte sich nicht zu mir herum, doch ich konnte sehen, wie er leicht zitterte. Ich wusste selbst nicht, was ich tat, als ich mich zu ihm beugte und meine freie Hand auf seine Schulter legte. „Geh schlafen, Mamoru. Es ist doch unvernünftig, jetzt noch nach Hause zu fahren.“ Ich flüsterte es nur und obwohl ich sein Gesicht nicht sehen konnte, weil er mir ja den Rücken zuwandte, wusste ich, dass er leise geweint hatte. Ich konnte mir jedoch den Grund nicht erklären. Aber entgegen allen Meinungen wusste ich, wann es einfach genug war. Ich sah keinen Grund darin, dass Mamoru sich vor mir die Blöße geben sollte, dass ich sah, wie er weinte. Also ließ ich meine Hand über seinen Rücken streichen und ging dann wieder. Es war kurz vor Mitternacht, als ich mein Büro verließ und einen Blick in Katrins Zimmer warf. Die Kleine schlief fest und ich wunderte mich, dass sie noch nicht aus dem Bett gefallen war. Kopfschüttelnd ging ich weiter und warf dann einen Blick in das andere Gästezimmer. Es war leer. Nachdenklich sah ich das leere Bett an und fragte mich, warum er plötzlich so seltsam gewesen war? Vielleicht hatte es ja doch mit dieser Geschichte zu tun, welche er Katrin erzählt hatte. Plötzlich schmunzelte ich. Ich ertappte mich zur Zeit sehr oft dabei, dass ich mir über Menschen Gedanken machte, die ich nicht kannte und die eigentlich uninteressant für mich waren. So viele Gedanken und alle waren verschwendet an einen dummen Jungen. Kapitel 6: Step Six... Laugh ---------------------------- Lachen ist kein schlechter Anfang für eine Freundschaft und bei weitem das beste Ende. Oscar Wilde Massanorie Lenjier Erneut fiel mein Blick auf meine Armbanduhr und dann zu der offenen Bürotür. Es war jetzt kurz nach halb zehn. „Kommt Maru-chan heute nicht?“ Katrin lehnte sich auf meinen Unterarm und sah mich fragend an. „Anscheinend nicht. Vielleicht hast du ihn ja vergrault?“ Ich rümpfte gespielt die Nase, doch sie schüttelte energisch den Kopf und seufzte. „Du lügst. Habe ich nicht.“ Schmunzelnd strubbelte ich ihr durch die Haare. Vielleicht hatte ihn diese Sache gestern Abend doch mehr mitgenommen als ich dachte. Es passte zwar gar nicht zu mir, aber ich machte mir im Stillen Sorgen um Mamoru. Auf eine seltsame Art und Weise mochte ich ihn. „Setz dich bitte wieder an den Tisch und mal weiter. Ich habe noch zu arbeiten.“ Ich öffnete einige Diagramme auf dem Laptopbildschirm und begann damit, sie auszuwerten. Es war kurz vor elf Uhr als ich hochsah und Mamoru erblickte. Er stellte gerade seine Tasche neben dem Schreibtisch ab. Dann drehte er sich zu mir und wich meinem Blick aus. Langsam kam er zu mir ins Büro. Ich sagte nichts, sondern tippte nebenbei einfach weiter. Katrin sprang auf, als sie ihn sah und umschwirrte ihn gleich. „Maru-chan! Ich hab dich vermisst, schau mal, ich male gerade.“ Sie nahm Mamorus freie Hand und wollte ihm zu dem kleinen Tisch ziehen, welcher in meinem Büro stand. „Katrin! Lass ihn los. Würdest du bitte in den Raum gehen, wo der Kopierer steht und mir weißes Papier holen?“ Sie sah mich fragend an, nickte dann aber nur höflich, ließ Mamoru los und verschwand aus meinem Büro. Indessen stellte Mamoru mir einen Becher Kaffee auf den Schreibtisch. „Entschuldigen Sie, dass ich zu spät komme.“ Das klang nicht gerade überzeugend. „Warum kommst du denn zu spät?“ Ich nahm den Becher und nahm einen Schluck von dem Espresso. „Verschlafen“, kam es leise von ihm, jedoch sah er dabei aus dem Fenster. „Ich kann sehr nett sein, wusstest du das? Jedoch nur dann, wenn man mich nicht anlügt, so wie du es gerade machst.“ Er sagte nichts, sondern sah weiterhin aus dem Fenster. Mamoru konnte sicherlich viel, aber lügen gehörte nicht dazu. Immer, wenn er log, sah er einen dabei nicht direkt an oder lächelte gespielt. Vielleicht war ich ja ein Egomane und all das, was meine Schwester immer stundenlang aufzählte, aber ich hatte eine gute Menschenkenntnis. Ich konnte mir denken, warum Mamoru so spät kam, wahrscheinlich hatte er mit sich gerungen, ob er überhaupt kommen sollte. „Dein Studium ist dir wirklich wichtig, nicht wahr? Sonst wärst du jetzt nicht hier.“ Ich stellte den Becher ab und sah auf den Bildschirm des Computers. „Du kannst die Papiere abtippen, welche ich auf deinen Schreibtisch gelegt habe. Ansonsten ist heute wohl eher ein ruhiger Tag.“ Ohne etwas zu sagen verließ er mein Büro. Er wollte gerade die Tür schließen, als ich aufsah. „Lass die Tür bitte offen.“ Er nickte nur, öffnete sie wieder und setzte sich an seinen Schreibtisch. In diesem Moment kam auch Katrin wieder, sie hatte einen ganzen Stapel weißes Papier dabei und sah Mamoru freudig an, welcher ansatzweise zurücklächelte. „Ist Mamoru traurig?“ Katrin zupfte an meinem Jackett und sah mich fragend an. Ich zuckte mit den Schultern und sah zu ihm hinüber. Doch ich konnte mir nicht erklären, warum er so drauf war. Anders wäre es mir auch angenehmer. Mir waren Menschen, die ebenso schlagfertig wie ich waren, lieber als diese Art von Menschen, die nie etwas sagten und alles über sich ergehen ließen. Ich tippte Katrin an und nach einigen Minuten saß sie auch wieder vor ihrem Malbuch und ich kümmerte mich um meine Diagramme. Ungefähr zwei Stunden hörte ich nichts, weder von Katrin noch von Mamoru. Erst Katrins zaghaftes Zupfen an mir ließ mich aufsehen. „Was?“ „Ich habe Hunger.“ Sie seufzte und sah mich mit ihrem Dackelblick an. „Du möchtest also etwas essen gehen?“, fragte ich extra etwas dumm. Sie nickte nur und zupfte weiter an mir herum, eine nervige Angewohnheit, jedoch waren wohl alle Kinder so, sie zupften und pieksten so lange, bis man ihnen Aufmerksamkeit schenkte. „Was möchtest du denn essen?“ „Nudelsuppe!“ Sie klatschte freudig in die Hände und lächelte mich strahlend an. Anscheinend hatte sie schon beschlossen, dass wir essen gehen würden, noch bevor sie mich gefragt hatte. Kinder! „Nudelsuppe?“, wiederholte ich ungläubig. Warum musste dieses Kind bloß so versessen darauf sein, dieses Land und seine kulinarischen Köstlichkeiten näher kennen zu lernen? Es gab doch so viele andere Dinge, die besser schmeckten als Nudelsuppe, auch wenn ich selber noch nie eine gegessen hatte, aber hier ging es ums Prinzip. Doch ich konnte bei Katrin recht schlecht Nein sagen, also hatte sie innerhalb der nächsten Minuten ihre Strickjacke übergezogen und hoppelte wie ein zugedröhntes Kaninchen vor der Tür herum. Ich schüttelte nur den Kopf und fragte mich wirklich, warum ich einen Narren an diesem Kind gefressen hatte. Eigentlich sollte man Kinder doch sehen und nicht hören, aber hier war beides gleichschlimm. Doch was machte das schon, ich schloss meine Bürotür hinter mir und warf einen Blick auf Mamoru, der ohne sich umzudrehen da saß und die Sachen abtippte, welche ich ihm gegeben hatte. Katrin wollte gerade ihr süßes Mundwerk aufreißen, als ich sie ansah und den Kopf schüttelte. Sie wusste wohl nicht, was sie davon halten sollte, also sah sie sich einfach um, als wir zum Fahrstuhl gingen. „Kann Mamoru nicht mitkommen?“ Sie zupfte erneut an meinem Arm und sah mich verwirrt an. Sie hatte wohl wirklich einen Narren an ihm gefressen. Ich seufzte und überlegte. „Biiiiiitte, Sano-oji-chan! Er hat doch gestern auch für uns gekocht, dann darf er doch heute mit uns essen.“ , schoss es mir durch den Kopf. „Geh schon fragen, ob er mitkommen will.“ Ich schubste sie leicht von mir und nickte in Richtung Büro. Die Fahrstuhltür öffnete sich, ich trat in den Türraum und wartete. Doch als sie nach einiger Zeit wiederkam, war sie erstens bedrückt und zweitens zog sie ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. „Er will nicht. Er sagt, er hat keinen Hunger. Aber jeder hat doch Hunger, oder?“ Ich sah Katrin an und überlegte. „Dann gehen wir halt alleine“, versuchte ich sie zu trösten, doch das war alles andere als leicht. Kinder waren wirklich nicht mein Ding. „Ich hab auch keinen Hunger mehr“, kommentierte sie meinen Versuch und sah betreten auf den Boden. Ohne ein weiteres Wort zu sagen nahm ich sie, stellte sie in die Lichtschranke des Fahrstuhls, damit sich die Tür nicht schloss und ging in Richtung Büro. Mamoru saß noch immer vor dem Computer und tippte, mehr voller Frust als Lust, auf der Tastatur herum. „Die Tastatur ist schon tot“, kam es barsch von mir. Mamoru drehte sich zu mir herum und seufzte. „Was wollen Sie?“ Er klang nicht besonders nett. „Steh auf und komm, eine Einladung zum Essen schlägt man nicht einfach aus. Besonders, weil Katrin nun auch keinen Hunger hat und ich will nicht meiner Mutter erklären, warum ihre Enkelin vom Fleisch gefallen ist.“ „Ich habe aber einfach keinen Hunger, was verstehen Sie nicht daran?!“ Seine Stimmung hatte sich gerade sehr verschlechtert. Von Null auf Hundert in zwei Sekunden. Nicht schlecht. Ich lachte leise, ging zu ihm, stellte mich hinter seinen Stuhl und zog ihn mit einem Ruck vom Schreibtisch weg. Mamoru sah mich völlig perplex an. „Es gibt zwei Möglichkeiten, die erste ist, dass du nun aufstehst und mitkommst und die zweite, ich schleife dich einfach mit. Erstere wäre besser für dich, das würde dir blaue Flecken ersparen.“ Ich tippte ihm gegen die Stirn und schmunzelte, als er meine Hand fortschlug. „Lass deine Wut nicht an mir aus. Ich habe dich gestern Abend nicht gezwungen, von Shinjuku nach Hause zu laufen. Das hast du ganz allein entschieden. Außerdem ist dies das Dankeschön dafür, dass du uns gestern bekocht hast, so sagt es Katrin zumindest.“ Schweigend sah mich Mamoru an, man konnte sehen, wie er wirklich darüber nachdachte. „Stell dich nicht so an, Maru-chan.“ Er sah mich bitterböse an, stand aber doch auf. Ich schubste ihn vor mir her. „Hören Sie auf, zu schubsen“, meckerte er dabei. „Das macht aber Spaß.“ Ich grinste Katrin an, als diese uns sah und wieder ihr altbewehrtes Sonnengesicht aufsetzte. „Siehste, man braucht nur einige nette Worte und schon macht Maru-chan, was ich ihm sage.“ Ich sah Mamoru an und ich wusste, wenn Blicke töten könnten, wäre ich nun verstorben. Doch das war egal. Katrin war glücklich, also war es die Welt auch. „Nudelsuppe essen, Nudelsuppe essen, Nudelsuppe essen...“ Ununterbrochen wiederholte sie diese beiden Worte, die ganze Fahrstuhlfahrt, den ganzen Weg aus dem Gebäude und weiter durch die Straßen zu diesem blöden Nudelsuppen-Lokal. „Ich werde sie umbringen, wenn sie nicht die Klappe hält“, zischte ich leise vor mich hin. Ich hatte ja wirklich viel Geduld, auch wenn das keiner glauben wollte, aber das war einfach nur nervig. „Sano-oji-chan. Weißt du was?” Sie blieb stehen und schaute mich mit einem strahlenden Gesicht an. „Nein, was sollte ich denn wissen?“ Doch schon in diesem Moment bereute ich es, dies gefragt zu haben. „Wir gehen Nudelsuppe essen.“ Ich verdrehte die Augen und warf einen Blick zu Mamoru, welcher die ganze Zeit geschwiegen hatte. Er lächelte, nein, Entschuldigung, er amüsierte sich auf meine Kosten. „Das findest du auch noch komisch.“ Er sah mich an und nickte. Er nickte. Dieser Volldepp. „Wir sind da! Wir sind da!“ Katrins Freudenschreie übertönten selbst die Geräusche in der ganzen Stadt, so kam es mir jedenfalls vor. „Ach, nee“, kommentierte ich ihren Gefühlsausbruch nur, hielt ihr dann die Tür auf und sah Mamoru an. „Geh schon. Ich werde dir sicherlich nicht die Tür ins Kreuz schlagen.“ „Da bin ich mir nicht so sicher!“, gab er zynisch von sich, trat dann aber in das kleine Lokal. Die nächsten anderthalb Stunden waren eigentlich recht angenehm, abgesehen davon, dass ich Katrin umbringen wollte, ich diese Stadt noch mehr hasste als vorher und ich beschloss, Mamoru das Leben zur Hölle zu machen, weil er sich auf meine Kosten amüsierte. Mamoru Chiba Ich hatte wirklich heute Morgen mit mir gehadert und hatte wach im Bett liegend immer wieder abgewogen, ob das Studium das alles wert war. Leider war es das. Ich wollte nicht einfach den bestbezahlten Job aller Zeiten sausen lassen, nur weil mein Chef ein riesiger Idiot war. Obwohl ich festgestellt hatte, dass er auch nett sein konnte. Auf eine spezielle Art. Nun saß ich also hier in diesem Ramen-Shop und schaute Katrin zu, wie sie ihren Onkel in den Wahnsinn trieb. Das schaffte sie allein dadurch, dass sie versuchte, konsequent Japanisch zu reden. Ihr Japanisch war schrecklich schlecht, keine Frage, aber das war ihrem Onkel egal. Ihm ging es ums Prinzip. „Kannst du bitte mal eine vernünftige Sprache sprechen?“, giftete er sie an. „Nein. Ich muss das doch lernen – für den Kindergarten. Sonst finde ich keine Freunde.“ „Da hat sie Recht!“, kommentierte ich leise. „Ich hätte dir die Tür doch ins Kreuz schlagen sollen“, zischte er und verdrehte die Augen. „Maru-chan? Kannst du mir sagen, was da steht?“ Katrin rutschte zu mir und hielt mir die Karte hin. „Ach, das Fräulein will Japanisch reden, aber beim Lesen wieder zu ihm hinkriechen.“ Er schüttelte den Kopf. Ich musste mir ein Lachen wirklich verkneifen. Katrin rümpfte gespielt die Nase, was sie wirklich gut konnte und drehte die Karte einmal im Uhrzeigersinn. Jedoch veränderten sich die Zeichen dabei nicht. Ratlos sah sie mich an. Jedoch konnte ich ihr gerade auch nicht so wirklich weiterhelfen. So gut war mein Deutsch nicht, dass ich ihr erklären konnte, was wie hieß und es bedeutete. „Na, da scheitert wohl das Essen an der Kommunikation!“ Ein spöttischer Blick fiel auf mich und Katrin. „Bestell ihr eine Shoyu-Ramen, mit Negi, Nori und Kamaboko. Das isst sie alles.“ Dann wandte er sich an Katrin. „So, Lektion eins. Negi bedeutet Lauchzwiebeln, Nori ist gleich gerösteter Seetang und Kamaboko heißt Fischfleisch, welches püriert ist und so ein Mist. Magst du all das?“ Katrin nickte. „Super. Problem geklärt.“ Stillschweigend sah ich ihn an und wusste wirklich nicht, was ich von ihm halten sollte. Nach fünfzehn Minuten starrte Katrin völlig happy in ihre Nudelsuppe. „Sano-oji-chan? Die Suppe schmeckt richtig lecker.” „Das ist eine Ramen, wenn Miss ‚Ich muss mich an Japan anpassen’ schon einen auf schlau machen will – und schlürf die Suppe nicht so. Das gehört sich nicht.“ Ich ließ die Stäbchen wieder sinken und überlegte, ob ich etwas sagen sollte, aber ich konnte mir natürlich nicht verkneifen, ihn zu korrigieren. „Also, eigentlich ist es ja unhöflich, wenn sie es nicht macht. Dann denkt man, dass die Suppe nicht schmeckt.“ Sein Blick verriet mir, dass die Idee, ihn erneut zu korrigieren, nicht gut gewesen war. Aber das war mir egal. „Heißt das, ich darf schlürfen?“ Katrin zupfte an meinem Hemd. „Ja, aber nur die Nudeln. Die Suppe nicht.“ Sie nickte fleißig und hörte mir genau zu. „Gibt es noch mehr Regeln?“ Ich lachte leise und nickte ebenfalls. „Ja, noch ganz viele. Wenn du willst, bringe ich dir die wichtigsten bei. Dann kannst du deine Mama richtig beeindrucken, wenn sie wieder kommt.“ Sie lachte fröhlich und begann damit, die Nudeln mit dem Stäbchen zum Mund zu führen, was eher nicht so gut gelang. Aber Übung macht den Meister. „Darf ich Sie etwas fragen, Herr Lenjier?“ Ich sah ihn an. „Was denn?“ Er hatte mir und Katrin stillschweigend zugesehen und sah nun aus dem Fenster. „Warum mögen Sie Japan nicht?“ Er seufzte, drehte sich zu mir und schwieg. Mich interessierte, warum dieser Mann so eine Abneigung gegen dieses Land, seine Sprache, ja, sogar seine Kultur hatte. Wenn ihn das alles so nervte, warum lebte er dann hier? „Warum hast du gestern geweint?“ Ich zuckte zusammen und starrte ihn an. Er stellte nur diese Frage und sah mich weiterhin mit einem abschätzenden Blick an. Ich schwieg und hielt es nicht für notwendig, ihn deswegen aufzuklären, besonders, weil es mir unangenehm war, dass er es bemerkt hatte. Was sollte ich ihm auch sagen? ‚Ich habe geheult, weil ich an meine Mutter denken musste, die im Silberjahrtausend gestorben ist, ohne dass ich sie beschützen konnte und das hat mich daran erinnert, dass ich ihr in diesem Leben auch nicht helfen konnte, als sie starb.’ Ja, das klang doch mal verrückt. „Also haben wir das auch geklärt. Privat ist privat.“ Seine Stimme klang eher etwas frustriert als genervt, aber ich sagte nichts, er hatte ja Recht. „Ich will auch verstehen, was ihr sagt.“ Katrin sah abwechselnd zu mir und ihrem Onkel. Sie fand es anscheinend nicht so toll, dass wir beide fast nur Japanisch redeten und sie nicht mitbekam, was los war. „Das ist aber nicht Zweck der Sache. Außerdem tut es mir in den Ohren weh, wenn Maru-chan Deutsch redet.“ Er sah mich spöttisch an. „Als ob Ihr Akzent besser wäre, wenn Sie Japanisch reden, Herr Lenjier. Da versteht man auch nur die Hälfte“, zischte ich zurück. „Warum sagst du eigentlich immer ‚Herr Lenjier’? Das ist doch doof. Du kannst doch auch ‚Sano-chan’ sagen oder ‚Massanorie’. Obwohl meine Mama sagt, dass es falsch geschrieben ist.“ Sie hatte es endlich geschafft, beim Reden einige Nudeln zu fassen zu bekommen und schob sie sich schnell in den Mund, genüsslich zog sie die Nudeln hoch. Doch ihr Blick verriet, dass wir ihr noch eine Antwort schuldig waren. „Warum ist Ihr Name falsch geschrieben?“ Ich sah zu meinem Chef und dachte nach. Bis jetzt hatte ich immer nur seinen Namen gehört, gelesen noch nie. Was wohl daran lag, dass überall nur sein Familienname stand und nicht sein Vorname. Ich begann damit, die einzelnen Zeichen auf eine Serviette zu zeichnen, dabei stieß Herr Lenjier einen Seufzer aus. „Gott steh mir bei. Hier, so schreibt sich mein Name.“ Er holte einen Kugelschreiber aus seiner Jackett-Tasche und schrieb mir seinen Namen auf. Ich hob verwundert eine Augenbraue und sah zu, wie er seinen Namen nicht in Kanji, sondern in lateinischer Schrift aufschrieb. „Aber das ist falsch“, gab ich leise zurück, als ich mir seinen Namen ansah. „Massanorie – da sind ein ‚s’ und ein ‚e’ zu viel. Das kann man gar nicht in Kanji schreiben, glaub ich.“ „Ach nee, Herr Experte, sag so was nicht.“ Die Ironie in seiner Stimme ließ mich wissen, dass er das schon wusste. „Meine Mutter meinte, sie fände es so schöner. Mein Vater war entsetzt und sonst auch jeder. Aber was soll’s?“ Ich begann zu lachen und konnte mich kaum zusammenreißen. Massanorie indessen warf mir nur einen verächtlichen Blick zu und seufzte. „Tut mir Leid“, gab ich zurück, als ich mir die Tränen aus den Augenwinkeln wischte. „Ich verstehe euch nicht. Ihr seid so gemein.“ Katrin zupfte erneut an meinem Hemd und sah mich vorwurfsvoll an. „Darfst du nun Sano-chan sagen?“ Ich holte tief Luft, antwortete ihr aber nicht. Schließlich wäre es unhöflich, ihn zu duzen, schließlich war er älter als ich und noch dazu mein Chef. Da gehörte es sich nicht, ihn mit dem Vornamen anzusprechen. „Ja, darf er, aber nur, wenn wir nicht im Büro sind.“ Massanorie sah mich augenverdrehend an und aß seine Nudelsuppe weiter. Verwundert und auch etwas verlegen sah ich ihn an. Sollte ich ihm jetzt sagen, dass sich das nicht gehörte, oder das Angebot annehmen? Aber dann lieferte ich ihm sicherlich noch mehr Gründe um auf mir herumzuhacken. Grübelnd sah ich ihn an. „Danke, aber ich denke nicht-“ „Du sollst nicht denken, Maru-chan. Dafür ist dein Kopf zu klein.“ Er sah mich herausfordernd an. „Das sagt mir ein dämlicher Gaijin“, gab ich bissig zurück. „Und noch dazu einer, dessen Name falsch geschrieben ist.“ Schweigend sahen wir uns an und warteten. Aber er sagte nichts, sondern setzte nur ein dämliches Grinsen auf und aß weiter. Plötzlich hielten wir beide inne und sahen zu Katrin, welche gerade ihre Nudeln schlürfend genoss. Nur leider übertrieb sie es etwas. Alle Blicke im Lokal legten sich auf uns und ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss. „Deswegen habe ich gesagt, sie soll nicht schlürfen. Denn wenn man das schon macht, sollte man auch den passenden Ton kennen. Denn nicht jeder Ton ist auch gleich höflich. Aber das wusstest du ja sicherlich selbst. Also, sag was. Ist ja dein Verbrechen.“ Massanorie lehnte sich zurück und sah mich an. „Ich hasse Sie!“, zischte ich. „Das heißt ‚Ich hasse dich’“ Er begann zu lachen und ich saß da und hoffte inständig, dass es bald vorbei war.. Massanorie Lenjier Ich hatte mich am Ende doch noch köstlich amüsiert, obwohl ich das ja nicht geglaubt hatte. Mamorus Gesichtsausdruck war einfach zu göttlich gewesen, da war mir selbst Katrin egal gewesen, als sie alle Blicke auf sich zog. Als wir wieder zum Büro zurück gegangen waren, hatte ich beschlossen, meinen restlichen Arbeitstag nach Hause zu verlagern. Also hatte ich mir alle Unterlagen eingepackt und war mit Katrin und meinem kleinen Hausboy zu mir gefahren. Letzterer war nicht sehr erbaut darüber, aber wen interessierte schon, was er wollte? Nun, jedenfalls war es schon früher Abend. Mamoru saß in meinem kleinen Heimbüro und tippte einige Sachen für mich ab, während ich Katrin badete. „Sano-oji-chan? Schläft Mamoru heute denn bei uns?” Sie hatte es kaum ausgesprochen, da quiekte sie auch schon, weil ich ihr Wasser über den Kopf schüttete. „Ich glaube nicht. Mamoru ist wahrscheinlich schrecklich genervt von uns.“ Dieser Überzeugung war ich wirklich und ich verstand es. Außerdem verbrachte ich schon mehr Zeit mit diesem Mann als mir lieb war. „Ist Maru-chan dein neuer Freund?“ Katrin sah mich fragend an. Ich saß auf dem Wannenrand und schüttelte nur den Kopf. „Nein, sicherlich nicht. Außerdem, wie kommst du darauf?“ Ich krempelte mir die Ärmel höher und lehnte mich zu ihr hinunter. „Weil Oma gesagt hat, dass du einen Freund brauchst, mit dem du lachen kannst und der dich mag und nett ist. Und Maru-chan und du, ihr lacht doch viel und er mag dich doch und du ihn auch und er ist nett.“ Sie hatte diese Sachen an ihren Fingern aufgezählt und sah mich weiterhin fragend an. Verwundert über diese Aussage überlegte ich. „Wie kommst du darauf, dass ich ihn mag und er mich?“ Das wollte ich doch genauer wissen. „Na, weil du nicht schreist, wenn er da ist. Das heißt doch, dass du ihn magst. Weil du magst mich doch auch und mich schreist du auch nicht an.“ ‚Kindliche Logik’, schoss es mir durch den Kopf. „Schläft Maru-chan nun bei uns?“ Sie tauchte ihre kleine Quietscheente unter und sah begeistert zu, wie sie immer wieder auftauchte. „Ich bin fertig, Herr Lenjier.“ Ich sah auf und erblickte Mamoru, welcher in der Badezimmertür stand und mich ansah. „Wenn man vom Teufel spricht, ist er nicht weit“, sagte ich amüsiert. „Bitte?“ Mamoru sah mich fragend an, ich winkte jedoch nur ab. „Nichts. Schon okay. Und außerdem heißt es immer noch Massanorie.“ Dass dieser Kerl sich so stur stellte, was das Duzen anging. Kaum zu glauben. Ich dachte nach, während ich ihn ansah und plötzlich hatte ich eine nette Idee. „Mamoru! Setz dich bitte kurz hier her und pass auf Katrin auf. Ich muss mal schnell telefonieren.“ Mamoru seufzte, tat aber, um was ich ihn gebeten hatte. Er setzte sich wie ich zuvor auf den Wannenrand und stupste Katrin auf die Stirn, als diese ihn nass spritzen wollte. Ich verschwand kurz, aber nicht zum Telefonieren, sondern um darüber nachzudenken, ob ich ihn wirklich mochte. Aber dieser Gedanke wollte mir nicht so recht gefallen, nicht weil ich nicht auf Männer stand, sondern eher, weil ich bis jetzt immer nur flüchtige Bekanntschaften hatte, die auch so ihren Zweck erfüllten. Als ich wieder ins Bad kam, saß Mamoru noch immer auf dem Rand der großen Wanne und sah Katrin bei ihrem Entchenspiel zu. Mamoru wollte aufstehen, als ich herein kam, doch mit einer Geste deutete ich ihm an, sitzen zu bleiben. „Du schläfst heute hier“, gab ich barsch von mir, als ich Katrin mit einem flauschigen Handtuch aus der Wanne hob. Mamoru sah mich kalt an. „Nein. Kein Interesse“, war alles, was er sagte. „Ach, Mamoru, das hätte so einfach für uns beide sein können. Aber nein, du musst wieder Zicken machen.“ Mit diesen Worten setzte ich Katrin, welche in das Badetuch eingewickelt war, auf einem Hocker ab ging die drei Schritte zu Mamoru und schubste ihn. Mit einem völlig perplexen Gesichtsausdruck sah er mich an, als er in die Wanne fiel. Das Wasser schwappte über den Rand und als Mamoru wieder auftauchte, sah er mich immer noch verwundert an. Eben wie ein begossener Pudel. „Oh, schau mal, Katrin. Mamoru ist in die Wanne gefallen. Na, da muss er wohl heute doch hier bleiben. Schließlich kann er schlecht in nassen Klamotten nach Hause gehen.“ Katrins Blick war nicht wirklich deutbar. „Das darf man doch nicht, Oji-chan“, kam es leise von ihr. Ich zuckte mit den Schultern, setzte mich auf den Wannenrand und strich Mamoru die nassen Haare aus dem Gesicht. „Du hast es so gewollt. Ein einfaches ‚Ja’, hätte dir das hier erspart.“ Mit diesen Worten stand ich auf, nahm Katrin wieder auf den Arm und verschwand aus dem Bad. „Du solltest dich freuen. Jetzt bleibt Mamoru doch hier.“ „Aber jetzt ist er sicherlich böse“, kam es besorgt von ihr. „Ach, Quatsch. Mamoru kann gar nicht böse werden.“ Ich grinste und drehte mich herum, nur um sicher zu sein, dass ich nichts hinterhergeworfen bekam. Ich setzte Katrin in ihrem Zimmer ab, rubbelte sie trocken und legte ihr ihren Pyjama und Unterwäsche hin. Sie war ja schon alt genug, um sich alleine anzuziehen, außerdem wollte ich schauen, ob Mamoru in der Wanne ertrunken war oder nicht. Ich kramte einen Pyjama sowie Shorts aus meinem Schrank und ging den Flur entlang. Als ich das Bad wieder betrat, sah ich, wie Mamoru neben der Wanne stand und sich aus seinem nassen Hemd schälte. „Na, bist du endlich trocken hinter den Ohren?“ Sein Blick sprach Bände. „Du blöder Volldepp. Ich hätte mich verletzen können oder sogar das Genick brechen“, fauchte er mich an. „Ach, bitte. Die Wanne ist riesig und es war genug Wasser drin. Wenn ich dich umbringen wollte, würde ich andere Dinge mit dir machen.“ Mamoru sah mich verwirrt an, fragte jedoch nicht nach. Seine nassen Haare hatte er nach hinten gestrichen. Dieser Anblick war wirklich zu köstlich und er sah wirklich gut aus, na ja, den Gesichtsausdruck musste ich mir natürlich wegdenken, aber ansonsten war es okay. „Hier, was zum anziehen.“ Ich legte die Sachen auf den Hocker und sah Mamoru genauer an. Ohne ein Wort zu sagen ging ich zu ihm, und strich über seine rechte Schläfe. Unwillkürlich zuckte Mamoru dabei zusammen, schlug meine Hand weg und legte die Haare wieder über die Stelle. „Wo hast du die Narbe her?“ Ich musterte ihn und sah, wie er mir mal wieder auswich. „Kann ich mich nun umziehen oder wollen Sie mir etwa dabei zusehen?“ Dieser Satz sollte wohl eher voller Hohn und Boshaftigkeit überquellen, aber das ging daneben. Es klang eher etwas verunsichert und sollte eigentlich nur dazu dienen, dass ich ihn alleine ließ. „Ist die von dem Unfall?“ Ich setzte mich auf den anderen Hocker und schmiss Mamoru das Oberteil zu, welches er auffing. Er sah mich verwundert an, sagte jedoch nichts. „Also ja. Dass man dir alles aus der Nase ziehen muss“, gab ich barsch von mir und zündete mir eine Zigarette an. „Woher -?“ „Ich das mit dem Unfall weiß?“ Ich zog an der Zigarette und sah ihn an, während er das nasse Hemd auf den Boden fallen ließ, sich mit einem Handtuch abtrocknete und sich mein Oberteil überzog. „Ich lese eben doch deinen Lebenslauf und außerdem, denkst du, ich lasse jeden dahergelaufenen Typen mit meiner Nichte verkehren, ohne ihn zu überprüfen?“ Ich lächelte ihn gehässig an und blies eine Zigarettenqualmwolke in seine Richtung. Mamoru sah mich an, rubbelte sich dann seine Haare ansatzweise trocken und ließ mich dabei nicht aus den Augen. „Was ist?“ Ich lehnte mich zurück und wartete, doch Mamoru schien nicht die Anstalten zu machen, sich weiter vor mir umzuziehen. „Du bist ganz schön prüde.“ Mit diesen Worten stand ich auf und ging hinaus. Mamoru Chiba Was für ein Spinner. Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass er mich rücklings in die Wanne schubsen würde. Der hätte mich fast umgebracht und das schien ihm voll egal zu sein. Ich schälte mich aus den restlichen nassen Klamotten und zog den Rest der Sachen an, welche er mir hingelegt hatte. Natürlich war alles etwas zu groß, aber das war gerade wirklich egal. Angefressen wie ich nun war ging ich zu dem Zimmer seiner Nichte und schaute herein. Sie krabbelte gerade unter die Decke, als sie mich sah. „Maru-chan!“ Sie streckte ihre kleinen Hände nach mir aus und als ich mich zu ihr auf das Bett setzte, umarmte sie mich lieb. „Bist du böse?“ Sie sah mich besorgt an, doch ich schüttelte nur den Kopf. „Nein, schon gut. Dein Onkel und ich haben das schon beredet.“ Sie atmete erleichtert aus und lächelte. „Soll ich dir die Geschichte weiter erzählen?“, fragte ich und deckte sie weiter zu. Doch zu meiner Überraschung schüttelte sie nur den Kopf und umarmte einen braunen Stoffbären. „Den hat Papa mir geschenkt“, flüsterte sie leise. Mein Lächeln verschwand und ich sah, wie sich Tränen in ihren Augen sammelten, die sie sich aber schnell wegwischte. „Ich will nicht weinen.“ Ihr Stimmchen klang ganz heiser. „Warum nicht? Es ist doch in Ordnung.“ Ich strich ihr durch die noch feuchten Haare und sah sie verständnisvoll an. „Aber dann muss Mama auch weinen und das will ich nicht und Oma wird dann traurig und Opa und Sano-oji-chan auch und Papa hat immer gesagt, dass er findet, dass ich hübscher bin, wenn ich lache und ich will nicht, dass Papa im Himmel auch traurig ist.“ Während sie redete, hatte sie zu weinen angefangen, dadurch hatte ich nach der Hälfte nichts mehr verstanden, aber das musste ich nicht. Ich nahm sie in den Arm und versuchte sie zu trösten. Sie war wirklich ein liebes Kind und sie tat mir unendlich Leid. Unter Schluchzen und während sie ihren Kopf in mein Oberteil vergrub, redete sie weiter. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich sah nach oben und schaute in Massanories Gesicht. So einen Gesichtsausdruck kannte ich von ihm gar nicht. Ohne ein Wort zu sagen, hob er Katrin hoch und drückte sie fest an sich. Sie legte ihr Gesicht in seine Halsbeuge und weinte einfach hemmungslos weiter. Plötzlich kam ich mir schrecklich fehl am Platz vor und ich spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Ganz egal, wie schlecht es der Kleinen jetzt ging, sie hatte es trotzdem besser als andere, die niemanden mehr hatten. Ich wollte aufstehen, doch da setzte sich Massanorie wieder neben mich. Katrin schniefte und wischte ihre Tränen an seinem Hemd ab. Eigentlich dachte ich, er würde ausrasten, ich meine, er hatte mir schließlich erst vor einer Woche erzählt, wie teuer seine Hemden waren, aber er sagte nichts, sondern strich ihr nur die Haare nach hinten. „Hast du Mamoru schon erzählt, wie dein Bär heißt?“ Er stupste mich an und deutet mit einem Nicken auf den Bären, welcher neben mir lag. Schweigend nahm ich ihn und sah ihn an. Er erinnerte mich an meinen eigenen. Seltsam, Eltern schenkten wohl immer einen Bären, egal ob Mädchen oder Junge. Ich hielt ihr den Bären hin, welchen sie auch sofort nahm. Noch ein kurzes Nasehochziehen und dann sah sie mich wieder an. „Er heißt Wolle“, kam es flüsternd von ihr. „Ein schöner Name.“ Ich strich Wolle über den Kopf und dann Katrin. „Ich habe auch so einen.“ Warum ich das sagte, wusste ich nicht, es war einfach passiert. „Von wem?“ Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch und sah Katrin an, welche an meinem Oberteil zupfte. „Ach – nicht so wichtig. Vergiss es.“ Ich lächelte und wollte aufstehen, aber Kinder lassen sich nicht so einfach abspeisen. „Nein, bitte nicht. Hast du deinen Bären auch von deinem Papa?“ Ihre kleine Hand hielt die meine fest und zog daran. Ich setzte mich wieder und bereute es, meine Gedanken laut ausgesprochen zu haben. , motzte ich mich innerlich selbst an. „Von meiner Mutter und meinem Vater“, antwortete ich leise. „Ist deine Mama ganz lieb?“ Diese ganze Situation war gerade wirklich schrecklich. „Ich glaube schon, dass sie lieb war.“ Es war die ehrlichste Antwort, die ich geben konnte und auch die einzige. Mein Blick war auf den Bären gerichtet, so vermied ich, Katrin anzusehen und auch Massanorie. „Weißt du – meine Eltern sind auch schon lange im Himmel, seit ich ungefähr so alt bin wie du.“ Es war die beste kindlich gerechte Antwort, die ich zustande brachte. „So lange? Hast du dann bei deiner Oma gewohnt?“ Sie drückte ihren Bären an sich, während ich auf den Fußboden starrte. „Katrin – lass Mamoru. Er will so was sicher nicht erzählen.“ Ich lachte leise, strich mir die Haare zurück und sah Katrin direkt an. Trotz Massanories Einwand beantwortete ich ihre Frage. „Nein. Ich hatte nur meine Eltern und sonst keine Verwandten.“ Damit war die Unterhaltung für mich zu Ende, was konnte Katrin auch sonst noch für Fragen stellen? Sie war fünf Jahre alt, da kam man sicherlich nicht auf irgendwelche tiefsinnigen Schlussfolgerungen oder Analysen. „Dann bist du ja ganz allein!“ Schweigend sah ich sie an und spürte, wie dieser Kloß sich wieder in meiner Kehle bildete. Ich hasste diesen schrecklichen Satz. „Ich - “ Was sollte ich darauf sagen? Mir fiel nichts ein und ich war dankbar, dass Massanorie Katrin einfach ins Bett legte. Es dauerte keine fünf Minuten, da schloss er ihre Tür und wir beide standen auf dem Flur. „Ich werde auch schlafen gehen.“ Mir gingen gerade so viele Dinge durch den Kopf und ich wollte einfach nur die Augen zu machen und Ruhe haben. Massanorie sagte nichts, auch nicht, als ich die Tür langsam schloss. Ich hatte auch nicht die Lust auf seine Sprüche oder eines seiner Spielchen. Nachdenklich starrte ich noch eine Weile an die Zimmerdecke, bevor ich das Licht ausmachte und einschlief. ...Es war seltsam. Er wusste nicht, wer er war und wo er herkam. Doch er spürte, wie eisige Kälte ihn umfing. Langsam versuchte er sich aufzurichten, doch es schien, dass jeder Knochen in seinem kleinen Körper dagegen rebellierte, und er fiel zurück in das weiße, weiche Kissen. Nach einigen Anstrengungen schaffte er es doch, sich aufzurichten und aus dem großen Bett zu klettern. Seine kleinen Füße sackten zusammen und er fühlte den kalten Fliesenboden unter sich. Ein Geräusch ließ ihn zusammenfahren und ängstlich kroch er in eine dunkle Ecke des Raumes. Dort blieb er eine Weile sitzen, sein Blick schweifte in dem großen Zimmer umher und blieb schließlich bei dem Bett hängen. Auf dem Bett saß ein kleiner Teddybär. Dieser Teddy schien ihm so vertraut. Langsam richtete er sich auf und ging zu ihm rüber. Seine Hände schlossen sich um den Bären und er schien ihn nicht mehr loslassen zu wollen. Er saugte den Duft von Flieder in sich auf, den der kleine Bär verströmte. Auf einmal hörte er laute Stimmen, die hinter einer Tür hervorkamen, sie waren laut und schrieen umher. Es war unheimlich! Langsam bewegte er sich auf die Tür zu, es schien ihm, als wenn ihn jemand rufen würde, aber die Stimme klang so weit entfernt und doch war sie so nah. Ein Teil in ihm zog ihn zu der Tür, doch ein anderer Teil hatte Angst, sich der Tür zu nähern. So, als ob dieser Teil wüsste, dass dahinter etwas Schreckliches auf ihn wartete. Was sollte er jetzt tun? Langsam streckte er seine Hand aus und wie durch Geisterhand öffnete sich die Tür lautlos. Vor ihm war ein langer, weißer Flur, welcher in den Augen eines Kindes endlos erscheinen musste. Seine Füße setzten sich in Bewegung, sie gingen einfach diesen Flur entlang. Niemand war hier, auch die Stimmen waren weg und plötzlich stand er vor einer anderen Tür. Die Tür ging einfach auf, seine Augen wurden durch das helle Licht im Raum geblendet. Er blieb stehen und langsam gewöhnten sich seine Augen an die Helligkeit. Doch was er dann sehen sollte, würde sein Leben prägen und verändern. Und er sollte es nie vergessen! Ein rotes Meer erstreckte sich vor ihm, ein Meer aus Blut! Auf dem Boden waren viele Hunderte von Blutlachen, so kam es ihm damals jedenfalls vor. Er konnte sich nicht bewegen, und Angst durchflutete seinen Körper, er wollte wegrennen, er wollte schreien, doch er schien keine Gewalt mehr über seinen Körper zu haben. Seine Augen richteten sich auf den silbernen Tisch in der Mitte des Raumes. Auf diesem Tisch lag, wie ein schlafender Engel, eine junge Frau, sie war sehr hübsch, doch ihre Haare waren durch das Blut rot gefärbt. Mit kleinen Schritten setzten sich seine Füßchen in Bewegung in Richtung der jungen Frau. Er tapste durch die Blutlachen, und die Fußenden seines Pyjamas sogen sich mit Blut voll, doch das störte ihn nicht. Als er vor ihr stand, streckte er seine freie Hand nach ihrem Gesicht aus und strich langsam über ihre Haare. Dabei färbte sich seine kleine Hand blutrot, doch auch das war egal. Behutsam nahm er ihre Hand und legte sie an seine Wange. Sie war so kalt - so wie der Rest von ihr. Ein leises Wimmern durchbrach die unheimliche Stille, die in diesem Raum lag, und trotz der Anstrengung brachte er nur ein einziges Wort über die Lippen: "Mama? Mama?" Doch die Frau, die hier lag, antwortete nicht, sie öffnete auch ihre Augen nicht. Und aus den Wimmern wurde ein Schrei und dieser Schrei vermischte sich mit Angst und Verzweiflung. "Mama, Mama mach bitte – mach – bitte - die Augen - auf!! MAMA!" Er rief sie und fing an, an ihrem Arm zu ziehen, doch auch das konnte sie nicht ins Leben zurückrufen. Zwei Hände ergriffen ihn von hinten und rissen ihn mit Gewalt weg, er sah nach oben und schaute in das Gesicht eines Mannes. Sein Kopf drehte sich wieder in Richtung seiner Mutter; seine Hände wollten sie erreichen, doch es gelang ihm nicht. Das Blut an seinen Füßen und Händen tropfte zur Erde und jeder Tropfen, der die Erde berührte, war wie ein Stich ins Herz. Dann wurde es dunkel und still. Dunkelheit umfing ihn, und er hatte das Gefühl, in ein tiefes, schwarzes Loch zu fallen. ... Ich wachte schweißgebadet und senkrecht sitzend auf, meine Atmung war so hektisch, dass ich das Gefühl hatte, keine Luft zu bekommen. Mein Blick hatte meine Hände fixiert, die sich in die Decke gekrallt hatten und nicht mehr loslassen wollten. „Mamoru?“ Erschrocken sah ich auf und bemerkte erst jetzt, dass Licht brannte und Massanorie neben mir saß und meine Schulter fest umschlossen hielt. „Hey. Ganz ruhig. Ist ja in Ordnung. Du hast geschrieen.“ Ohne weiter auf ihn zu achten versuchte ich wieder regelmäßiger zu atmen. Ich war den Tränen nahe und versuchte mir immer wieder zu sagen, dass es nur ein Traum war, nur eine schreckliche Erinnerung, welche ich jederzeit wieder vergessen konnte. „Es war nur ein Alptraum“, wisperte ich und sah Massanorie an. Ich wollte, dass er ging, ich wollte allein sein und einfach leise heulen. „Nein, sicherlich nicht. Denn wenn es ‚nur’ ein Alptraum gewesen wäre, dann hättest du sicher kein Nasenbluten.“ Ich sah ihn an und senkte dann den Blick auf die Decke. Fingernagelgroße Blutstropfen waren darauf zu sehen. Meine Hand bewegte sich nach oben und fühlte die warme Flüssigkeit, die aus meiner Nase tropfte. Als ich meine Finger wieder zurück zog und sie ansah, begann ich unweigerlich zu zittern und schneller zu atmen. Plötzlich spürte ich, wie mein Kopf nach vorne gedrückt und etwas Kaltes in meinen Nacken gelegt wurde. „Wenn du mir hier verblutest, kannst du es dir knicken, Weihnachtsgeld zu bekommen.“ Ich überlegte, musste dann aber doch leise lachen. Er war ein solcher Blödmann. Während ich den Kopf gesenkt hielt, schluckte ich all die Tränen einfach hinunter und versuchte das Bild meiner Mutter aus meinem Kopf zu verbannen, es wegzuschließen, aber ich fand einfach keinen Platz für dieses Bild, immer wieder war es da. Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber mir kam es wie eine Ewigkeit vor. Nachdem das Nasenbluten aufgehört hatte, saßen wir nun auf dem Balkon und sogen die frische Nachtluft ein. Seit diesem blöden Spruch hatte er nichts mehr gesagt und ich auch nicht. Ich saß nur da und versuchte mich wieder in den Griff zu bekommen. Erst als Massanorie mir ein Glas mit Scotch reichte, sah ich ihn an. „Danke und Entschuldigung.“ Gott, das klang so erbärmlich. „Das Danke ist dafür, dass ich dich vor dem Verbluten bewahrt habe und die Entschuldigung, weil du mich geweckt hast, nicht wahr?“ Er grinste und nahm einen Schluck aus seinem Glas. „Ich hatte danach noch nie Nasenbluten.“ Ich lächelte über seine vorherige Interpretation und nahm ebenfalls einen kräftigen Schluck. Seufzend schloss ich die Augen. „Hast du diesen Alptraum öfter?“ Er legte die Beine auf einen Hocker und tippte an sein Glas. Er klang nicht so, als wäre er genervt oder wütend, eher besorgt. „Nein. Früher als ich jünger war, da – ja – aber das letzte Mal – vor fünf Jahren – oder so.“ Das klang wirklich zu dämlich, dachte ich mir und schüttelte über mich selbst den Kopf. „Über den Unfall?“ Aus den Augenwinkeln sah er mich an und ich sah, wie er mein Gesicht musterte, er wollte wohl sehen, ob ich ihn anlügen würde. Doch dafür war es erstens zu spät und zweitens war ich dazu auch gerade nicht in der Verfassung. „Ja. Ich wache im Krankenhaus auf und – alles ist voller Blut. Meine Mutter – sie – sie liegt einfach da und bewegt sich nicht. – Ich will sie so nicht sehen.“ Ich trank das Glas mit einem Zug leer und sah ihn an. „Das ist die gekürzte Version.“ Ich versuchte witzig zu klingen, aber Massanorie verzog keine Miene. Diese Situation war mehr als seltsam. „Ist Katrin nicht aufgewacht?“ Mein Blick glitt zur Balkontür, doch es war nichts zu hören, außer den leisen Atemgeräuschen von Sparky, welcher neben mir lag. „Unter ihr könnte ne Bombe hochgehen, das würde die nicht mitbekommen. Das Kind hat einen gesunden Schlaf.“ Er griff neben sich und hielt mir die Scotch-Flasche entgegen, ohne groß zu überlegen hielt ich ihm das leere Glas hin und sah zu, wie er mir nachschenkte. Wieder schwiegen wir eine ganze Weile, diesmal war er es, der zuerst etwas sagte. „Du hast mich gefragt, warum ich Japan hasse. Ich sag dir, warum. Weil mein Vater es liebt und meine Schwester ebenso.“ Verwundert sah ich ihn an, er nippte an seinem Glas, leerte es dann und goss sich nach. „Mein Vater ist ein Vollarsch und meine Schwester sein kleiner Engel. Sie könnte nen Zug in die Luft jagen, aber sie wäre immer noch sein Spatz.“ Er verzog angeekelt das Gesicht und sah einfach auf einen nicht vorhandenen Punkt am Himmel. „Ihr habt kein gutes Verhältnis, nicht wahr?“ Eigentlich eine doofe Frage, aber was sollte ich sonst sagen? Er lachte zynisch auf. „Nein. Für ihn bin ich seltsam. Meine Schwester hält mich auch für seltsam und auch, wenn meine Mum es nicht sagt, so weiß ich, dass sie mich auch für etwas seltsam hält, oder wenigstens für schwierig.“ „Warum? Ich meine – warum halten sie dich für seltsam?“ Irgendwie fand ich es beruhigend zu wissen, dass nicht nur ich als seltsam galt. Vielleicht wollte ich deswegen mehr wissen. Eigentlich schien mir Massanorie Lenjier ein interessanter Gesprächspartner zu sein. So wie ich ihn einschätzte, gehörte er zu den Menschen, die immer sagten, was sie dachten, egal, ob es nett oder gemein war. Ehrlichkeit pur eben! „Wusstest du, dass man mich googeln kann?“ Er sah mich mit einem Grinsen an. Ich wich seinem Blick aus und räusperte mich etwas. „Ah, verstehe. Du hast das schon gemacht. Na, was schreibt man so über mich?“ Er leerte das Glas erneut, stellte es auf dem kleinen Tisch neben sich ab und zündete sich eine Zigarette an. Ich blieb still und überlegte, was ich sagen sollte. „Ist schon okay. Es erklärt jedenfalls, warum du vorhin so seltsam warst.“ Er zog an der Zigarette und atmete den Rauch tief ein. Plötzlich kam ich mir schrecklich albern vor. Nur weil ich gelesen hatte, dass er homosexuell war, hatte er ja nicht gleich die Pest oder so. „Entschuldigung“, sagte ich resigniert und sah in das Glas hinein. „Schon gut. Ich kenne das schon. Da steh ich drüber.“ Obwohl alles an ihm so aussah, als wäre das die Wahrheit, so glaubte ich ihm nicht. „Hast du deswegen ein schlechtes Verhältnis zu deinem Vater?“ Er seufzte, blies den Qualm aus und sagte nichts. Es vergingen einigen Minuten, bevor er weiterredete. „Früher da war alles okay. Wir fuhren angeln, oder machten andere Dinge zusammen. Er war zwar immer streng, aber nur im Job. Das war okay, schließlich wusste ich ja, dass er auch anders sein konnte. Dann kam Julia auf die Welt, plötzlich war sie sein Mittelpunkt, seine kleine Prinzessin.“ Er klang sichtlich genervt und auch wütend. „Plötzlich war ich nur noch zweitrangig, ich war ‚nur noch’ sein Nachfolger. Alles drehte sich um die Firma, darum, was ich lernen musste, welche Uni ich besuchen sollte. Mit vierzehn oder so steckte er mich in meinen ersten Anzug und mit sechzehn wusste ich schon mehr über die Firma als jeder andere. Vaters kleiner Engel aber durfte einfach so sein, wie sie war. Sie durfte mal dies machen, mal das. Gefiel ihr Klavierspielen nicht mehr, dann wurde es eben Geige, dann Oboe und dann wieder Klavier. Sie musste sich ja entfalten!“ Wie verächtlich das aus seinem Mund klang, war kaum zu beschreiben. Ich konnte spüren, dass seine Schwester für ihn mehr ein Problem war, als etwas, das man lieb hatte. „Mit achtzehn habe ich ihm dann gesagt, dass ich auf Männer stehe. Seitdem ist alles kaputt. Wir reden nur noch als Geschäftspartner mit einander, gehen uns aus dem Weg und wünschen uns zu Weihnachten gezwungen ein Frohes Fest, weil es meine Mum sonst verletzt. Bis vor zwei Jahren habe ich in New York gearbeitet, nach Dortmund die zweitschönste Stadt, wenn es nach mir geht. Aber dann kam er, mein geliebter Vater, erzählte irgendwann etwas von ‚erweitern’, ‚vergrößern’, ‚fusionieren’ und plötzlich saß ich hier in Tokio.“ Den letzten Satz hatte er fast ausgespieen und ich merkte ihm seinen Ekel wirklich an. „Das alles habe ich noch nie jemandem erzählt. Und wenn du es tust, dann werde ich dein Leben zerstören.“ Er setzte ein böses Lächeln auf und rauchte seine Zigarette genüsslich auf. „Seltsam ist für mich was anderes“, nuschelte ich leise und trank auch mein zweites Glas Scotch aus. „Redest du von dir? Wenn ja, dann sei beruhigt, du bist wohl wirklich vieles, aber nicht seltsam. Du hast nen psychischen Knacks weg, aber das ist nichts, was ne gute Therapie nicht beheben kann.“ Ich brach in lautes Lachen aus und lehnte mich im Stuhl zurück. „Ich wünschte, es wäre so leicht“, kommentierte ich seine Aussage und wischte mir die Lachtränen aus den Augenwinkeln. „Meine ältesten Freunde halten mich auch für seltsam und der Heimleiter hielt mich auch für seltsam und seltsame Kinder werden halt nicht adoptiert.“ Es klang so zynisch, das es fast zum Heulen war. Mit einem Lachen sah ich in den Sternenhimmel und dachte darüber nach, dass ich froh wäre, wenn ich nur einen ‚psychischen Knacks’ weg hätte. „Hat das was mit meinen Pflanzen zu tun?“ „Was?“ Verwundert sah ich ihn an und sah zu den Pflanzen hinüber, welche noch am Vortag recht tot auf dem Balkon gestanden hatten. Jetzt konnte man durch das Licht, welches aus dem Wohnzimmer kam und den Balkon erhellte, deutlich sehen, wie mindestens die Hälfte der Pflanzen doch recht lebendig aussah. Anscheinend hatte ich es mit meiner Energiespende übertrieben, man lernte halt nie aus. „Wie albern – ich meine – was haben denn deine Pflanzen damit zu tun?“ Ich strich mir durch die Haare und nippte an dem leeren Glas. „Die waren gestern noch tot und braun, heute ist die Hälfte grün. Seit gestern bist du in meiner Wohnung. Daraus könnte man schlussfolgern, dass dieses ‚Wunder’ was mit dir zu tun hat.“ Er beugte sich zu mir, nahm mir das Glas ab und füllte es nach. „An nem leeren Glas lässt sich schlecht nippen. Aber ich kann dich beruhigen.“ Ich sah Massanorie an, während er mir eingoss und weiter redete. „Auch, wenn du meine Pflanzen wieder so gesund gemacht hast, finde ich dich nicht seltsam.“ Er lächelte und tippte mir auf die Lippen. „Eher würde ich sagen, dass du interessant bist und nur deswegen rede ich überhaupt mit dir. Außerdem, kennst du den Spruch ‚Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom’?“ Kopfschüttelnd starrte ich ihn an. „Ich finde es toll, anders zu sein, weil ein toter Fisch so schrecklich müffelt!“ Ich konnte nicht fassen, wie viel Mist dieser Mann innerhalb einer Minute reden konnte. Ich sah ihn an und fing einfach an zu lachen. Massanorie lachte ebenfalls und ich musste zugeben, dass dies wohl das angenehmste Gespräch war, was ich seit Langem geführt hatte. -------------------- Ich wünsche allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. *knuddel euch* XDDD Kapitel 7: Step Seven...Death ----------------------------- (Ab diesem Kapitel werdet ihr an einigen Namen, Orten, Ladennamen etc. diese * finden, das bedeutet, dass es diese Orte, Magazine etc. wirklich gibt. Nicht wundern, dass ist erst ab diesem Kap so. Also gibt es hier noch etwas Japankunde gratis dazu. XD Viel Spaß beim lesen) Der Tod ist kein Unglück für den, der stirbt, sondern für den, der überlebt. Karl Marx Mamoru Chiba Mit einem verschlafenen Blick schaute ich aus dem Fenster und sah mir die Skyline von Tokio an. Der Sommer war zwar noch nicht vorbei, aber der zurzeit herrschende Dauerregen verbesserte die Stimmung auch nicht wirklich. Mein Blick fiel auf den Tischkalender und ich tippte auf die Zahl 20. Bis dahin waren es noch genau achtzehn Tage. Ich hatte mir die zwei Wochen Urlaub wirklich verdient. Es war Anfang August, ich hatte Massanories Gemecker und Gezeter überstanden und zwei Wochen mit seiner Nichte verbracht und mir ging es gut, den Umständen entsprechend. Wieder fiel mein Blick auf den Kalender. „Morgen -“, murmelte ich. Ich schüttelte den Kopf und sah zu der geschlossenen Bürotür von Massanorie. Schade, dass Katrin heute nicht da war, ohne sie war es schon fast langweilig. Aber den heutigen Tag verbrachte sie in einem Kinderhort. Wo der genau war hatte ich noch nicht so ganz verstanden. Aber ihr Japanisch war besser geworden und mein Deutsch auch. Also machte ich mir wenig Sorgen, wahrscheinlich machte ich mir jetzt schon mehr Sorgen um sie als dieser Kerl. Seufzend lehnte ich mich in dem Drehstuhl zurück und sah weiter nach draußen. In den letzten Tagen war es seltsam ruhig geworden, Massanorie war irgendwie richtig nett. Ich schüttelte den Kopf und lächelte über mich selber. Wieso dachte ich eigentlich so viel an diesen Kerl? Selbst meine Gedanken stellten sich gegen mich. Scheißtag, ich brauchte wirklich Urlaub. ‚Piep’. Erschrocken sah ich mich um, doch da war nichts. War da nicht gerade ein Piepsen gewesen? Mein Blick fiel auf die geschlossene Bürotür von Massanorie. Doch dieser war nicht da, also konnte es auch nicht einer seiner Scherze sein. Ich beneidete ihn gerade wirklich nicht, jetzt in einem Büro sitzen mit fünfzehn anderen Geschäftsmännern, das war wirklich nicht gerade die Definition eines perfekten ruhigen Tages. Aber für mich war es gut, so hatte ich meinen Frieden und konnte etwas herumlungern. ‚Piep’. Schon wieder dieses penetrante Geräusch. „Wo kommt das denn her?“ Ich sah mich um, konnte aber nicht herausfinden, wo es herkam. ‚Piep’. Da! Schon wieder! „Verflucht!“ Ich atmete tief durch und sah mich auf dem Schreibtisch um, ohne es zu merken stieß ich die Maus an und der Monitor schaltete sich wieder aus den ‚Standby’ ein. Erst jetzt sah ich das kleine blinkende Fenster. Ich klickte darauf und war überrascht. Ich las diese Zeilen etwas irritiert, aber ich wusste sehr wohl, spätestens nach dem letzten Satz, wer hier mit mir sprach. Erschrocken sah ich den Bildschirm an und tippte schnell eine Antwort. „Idiot“, zischte ich leise und wandte mich der Post zu, welche sich auf dem Schreibtisch stapelte. Dass ein so unbeliebter Mann so viel Post bekam, war wirklich erstaunlich. Ich würde den Teufel tun und mich mit ihm unterhalten, schließlich war er einfach fies und würde mir am Ende vorhalten, dass ich anstatt zu arbeiten mit ihm chatte. Erstaunt las ich den Satz und seufzte. Ich räusperte mich und wurde unsicher. Wieso war er so? Zuerst war er ein Ekel und dann war er plötzlich nett zu mir und wurde zutraulich. Ich strich mir durch die Haare, genau das hatte ich gemeint. Dieser Kerl ließ auch keine Gelegenheit aus, mir auf den Keks zu gehen. Aber er war und blieb mein Boss. TheVoice hat sich ausgeloggt. Warum ich? Warum nur ich? Ich nahm meine Tasche, schrieb mir den Namen des Magazins auf und machte mich auf den Weg nach Shibuja. Das einzig Gute war, dass es anscheinend kurz aufgehört hatte zu regnen. Bei dem Glück, was ich zur Zeit hatte, war die Bahn gerade weg. Also gammelte ich noch zwanzig Minuten herum, bevor ich endlich weiter kam. So was nannte man dann auch wieder Botengänge. Dass gerade ich in eine moderne Leibeigenschaft geraten war, kotzte mich an. Um diese Uhrzeit war es recht voll in Shibuja und so war es wirklich mehr Arbeit als Vergnügen. Ebenso erging es mir, als ich dann endlich im Mandarake* drin war. Ich hatte mich nie wirklich für Mangas interessiert, aber vielleicht lag das auch einfach an mir. Es war nur Zufall, dass ich nach dreißig Minuten Suchen meinen Blick über ein Regal schweifen ließ. „Das ist doch nicht sein Ernst?“, murmelte ich leise und legte die Finger gegen meine Schläfe. Mit großen Buchstaben stand auf dem Magazin vor mir Hanaoto. Das Problem aber war, dass das ein Magazin war, in dem Yaoi Mangas* abgedruckt wurden, das zeigte das Cover deutlich. Ich wusste doch, dass ich den Namen kannte. Soviel ich mich entsann, las May auch diesen Schrott. Dass gerade Massanorie Lenjier so was las, ging über meinen Verstand. Es war ja noch okay, dass er schwul war, aber musste er dann auch noch Yaoi Mangas lesen? Wehleidig starrte ich das Magazin an und überlegte einfach wieder zu gehen, als sich plötzlich eine Hand an mir vorbeischob und sich das Magazin nahm. Gleichzeitig spürte ich, wie sich ein Kopf auf meine Schulter lehnte. „Du siehst etwas peinlich berührt aus.“ Ich zuckte zusammen, räusperte mich und atmete tief durch. „Ich bin nicht peinlich berührt. Schließlich ist das nichts Schlimmes, ich wusste nur nicht, dass du so was als Unterhaltung ansiehst.“ Ich versuchte seinen Kopf weg zu schieben, er jedoch zog mich an sich, was ich nicht hinnahm, also versuchte ich ihn von mir zu schieben. Er aber schlug das Magazin vor mir auf. „Die letzte Ausgabe war echt nicht ganz so toll, aber diesmal scheint es sich wieder zu lohnen. Findet du nicht, Schnuckelhase?“ „Ich bin nicht dein Schnuckelhase!“, fauchte ich und bemerkte jetzt, warum er mir so auf die Pelle rückte, neben uns standen einige Schulmädchen mit erröteten Gesichtern und kicherten. Ich lief puterrot an und stieß Massanorie schnell von mir. „Hör auf mit so einem Mist! Was ist, wenn jemand hier ist, der mich kennt? Der würde doch denken, dass –“ „Dass - was? Rede ruhig weiter.“ Massanorie grinste mich an, las dann aber einfach weiter in seinem Magazin. Plötzlich wurde mir erst bewusst, dass er hier war und nicht in der Firma. „Was ist denn mit deinem Treffen?“ „Das habe ich beendet. Ich hatte keine Lust mehr, mit diesen Kerlen in einem Raum zu sein. Ich sagte ihnen, sie sollen mir alles da lassen und ich würde mich melden.“ Er schaute nicht auf und erzählte das so beiläufig, als würde es nichts bedeuteten. Ich schaute ihn genauer an und diese Szene wirkte wirklich bizarr. Da stand ein Mann in einem teuren Armani-Anzug in einem Mangaladen und las Yaoi Storys, das war – seltsam. „MARU-CHAN!“ Ich drehte mich herum und sah May. Das konnte doch jetzt wirklich nicht sein. Was hatte ich denn bitte verbrochen, dass gerade mir so etwas passieren musste? Ich schaute May an und dann Massanorie, der neben mir stand und versunken war in dieses Heft. Mein Kopf schwenkte wieder zu May und dann geschah es, ich holte aus und schubste Massanorie mit einer Hand von mir weg. Es war wie in einem Manga, wie schräg war denn das? Ich hörte nur das Fallen von einem Heftstapel und dann ein Gezeter, welches Seinesgleichen suchte. , schoss es mir durch den Kopf, als ich May entgegen kam und sie umarmte und sie dann mit dem Rücken zu dem Punkt drehte, wo vorher noch mein Boss gestanden hatte. Der musste wohl gerade unter einem Stapel Hefte verschüttet sein, so wie es geklungen hatte. „Was machst du denn hier? Dich hier zu treffen scheint mir so abwegig wie Yosuke in einer Bücherei.“ Sie grinste und legte den Arm um mich. „Ach, ich muss - - einen Manga für die Nichte meines Chefs kaufen. Irgendwas mit Magical Girls, du weißt schon.“ Ich lächelte matt und zog sie sanft hinter mir her, weg von dem Kerl, der sich gleich blutrünstig auf mich stürzen würde. „Cool, die Kleine gefällt mir. Und, hast du schon was gefunden? Ist es was Bestimmtes?“ Ich schüttelte den Kopf, sah dann auf die Uhr und hoffte inständig, dass ich nicht gleich zu Brei geschlagen wurde. „Hast du jetzt nicht eigentlich eine Vorlesung?“ Ich sah sie an und hatte anscheinend die Zauberworte gesagt, denn sie sah plötzlich sehr hektisch auf ihre Uhr. „Oh, gut, dass du es sagst. Ich muss los. Wir sehen uns doch am Wochenende, oder?“ Ohne eine Antwort abzuwarten gab sie mir einen Kuss auf die Wange und verschwand. Ich winkte ihr noch kurz hinterher, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte. „Du kannst froh sein, wenn du den heutigen Abend noch erlebst.“ Ich drehte mich herum und sah in das Gesicht eines Mannes, der nicht wirklich amüsiert schien. Seine Haare lagen doch recht ungeordnet auf seinem Kopf und er sah wirklich angefressen aus. „Sorry, war ein Reflex“, war alles, was ich hervorbrachte. „Mach das nie wieder“, zischte er leise, während er mir mit dem Finger auf die Brust tippte. „Du hast meine Frisur zerstört. Und du hast mich fast umgebracht, plus dass du mich lächerlich gemacht hast.“ Er bezahlte das Heft und ich wartete brav und mit einem Grinsen im Gesicht, denn ganz egal, wie scheiße das rübergekommen war, es hatte Spaß gemacht. Massanorie Lenjier Ich hatte Mamorus dämliches Grinsen einfach übersehen und stiefelte durch Shibuja, aber ganz sicher nicht zu meinem Auto. Er, dieser doofe kleine Japaner, trottete still hinter mir her und ich wünschte mir wirklich, er würde aufhören, so zu schauen, als wenn das alles witzig gewesen wäre. Mit meinen Gedanken, welche voller Rachepläne steckten, ging ich durch die Straßen und hielt dann endlich vor einem kleinen Laden an. Dieser lag etwas versteckt und wenn man ihn nicht kannte, dann fand man ihn wahrscheinlich fast gar nicht. Insider musste man eben sein! Das Ladenschild war einfach gehalten und genau deswegen hatte es Stil. Manchmal war weniger mehr. Mit schwarzen geschwungenen Buchstaben stand dort ‚Gunpowder Plot’. Endlich mal ein Geschäftsname, der interessant klang und auch noch einen geschichtlichen Hintergrund hatte. „Komm schon, du schuldest mir was.“ Ich hielt Mamoru die Ladentür offen und sah ihn ernst an. Innerlich lachte ich mich weg. Er jedoch sah sich das Schild über dem Ladenlokal an und schien weniger begeistert, also musste ich mal wieder nachhelfen. Mit einer schnellen Bewegung packte ich ihn und schob ihn an mir vorbei, hinein in den Salon. Die Schelle über der Tür kündigte uns an und schon im nächsten Augenblick kam eine hübsche Brünette auf uns zu. „Good morning, my dear.“ Sie trug einen luftigen bunten Rock, eine olivefarbene Bluse und hatte ihre schulterlangen Haare zu einem Zopf geflochten. „Good morning, Grace. How are you?” Ich gab ihr einen dezenten Kuss auf die Wange und lächelte sie an. Frauen mit Niveau in einem solchen Land, wie froh war ich darüber. Sie wollte mir gerade antworten, als sie Mamoru entdecke, den ich noch immer am Arm festhielt, damit er mir nicht abhanden kam. „Du hast einen Freund mitgebracht? Ungewöhnlich.“ Wie schade, jetzt sprach sie wirklich Japanisch. Dass sie mir das antun musste. „Ja, so was in der Art. Würdest du mir bitte einen Gefallen tun? Siehst du das Gestrüpp auf seinem Kopf? Ich hasse es. Ich will, dass es weg kommt und zwar schnell.“ Mit diesen Worten schob ich Mamoru zu Grace, ging an ihnen vorbei, setzte mich in meine Lieblingsecke, nahm eine Wirtschaftszeitung und las. Wir würden schon sehen, wer hier wen klein bekam! Mamoru schien meine Meinung nicht zu teilen, denn schon im selben Moment stand er neben mir und war wirklich nicht bester Laune. „Das ist ja wohl ein Scherz!“, fuhr er mich sehr verärgert an. „Nein!“ „Du - Sie - das geht so nicht. Man kann nicht einfach über anderer Leute Haare entscheiden, vielleicht mag ich meine Haare ja.“ „Wenn das so wäre, dann wären deine Haare auf deinem Bewerbungsfoto auch so lang, sind sie aber nicht. Außerdem fährst du dir immer wieder mit den Fingern dadurch, das ist auch ein Zeichen, dass du unzufrieden bist. Ich wette, der einzige Grund, warum du sie dir nicht schon längst hast schneiden lassen, ist der, dass du mich ärgern willst und das hast du auch geschafft. Zum Zweiten, ich darf das, schließlich hast du mich gerade total zum Affen gemacht, das war auch ganz schön scheiße, Mister.“ Ich sah ihn spöttisch an und wandte mich dann an Grace. „Schneid ihm bitte das Gestrüpp weg.“ Aber anscheinend war Mamoru wirklich so stur wie ich. Also stand ich nach einigen Minuten des Schweigens auf, zog Mamoru hinter mir her, setzte ihn auf einen Stuhl, holte mir einen anderen und setzte mich daneben. „Jetzt muss ich auch noch Händchen halten bei einem kleinen, verzogenen Bengel wie dir. Sollte man sich nicht etwas besser beherrschen? Schließlich wirst du morgen vierundzwanzig Jahre alt, da sollte man schon eine gewisse Reife haben.“ „Sagt der Mann, der Yaoi Mangas liest und Konferenzen sprengt.“ Gut gekontert, das musste ich sagen. Ich lachte nur leise und nickte ihm dann zustimmend zu. „Darling, you are so amusing.” Grace stand nun hinter Mamoru und lächelte ihn freundlich an. „Keine Angst, ich beiße nicht. Außerdem kannst du mir schon vertrauen, schließlich schneide ich Massanorie auch die Haare und er ist wirklich ein sehr schwieriger Kunde. Correct?“ Sie sah mich amüsiert an, doch es stimmte. „Not really!“, flunkerte ich und schmunzelte. Nun aber wandte sie sich ganz Mamoru zu und ich sah zu, schließlich musste ich ihn mir die ganze Zeit anschauen, da musste man ja einige kleine Wünsche äußern. Außerdem konnte es nur zur einer Verbesserung führen. „Ihr beide are best friends?“ Ich sah Grace an, dann Mamoru und schmunzelte ohne eine Antwort zu geben. Mamoru war da nicht so zurückhaltend. „Würde ich so nicht sagen!“, kam es in einem barschen Ton von ihm. „Lover?“ Ich lachte über diese Frage, während Mamoru rot anlief. „Not really. Wir arbeiten an einer Freundschaft.“ Ich sah Mamoru an, der mich aus den Augenwinkeln betrachtete. Man konnte gerade nicht erkennen, was er dachte. Vielleicht schockierte ihn meine Ansicht, aber das war ja nichts Neues. Jedoch hatte ich das schon ernst gemeint. Auch nach dieser kurzen Zeit, die wir uns schon kannten, konnte ich nicht mehr leugnen, dass ich eine gewisse Sympathie für ihn empfand. „Warum sagst du so was?“ Mamoru beäugte mich noch immer und schien doch recht irritiert. Grace jedoch sagte nichts, sondern besah sich seine Haare. „Ich kann es auch wieder zurück nehmen.“ „Hmmm“, war alles, was daraufhin von ihm kam. Es schien so, als wäre es sehr schwer für ihn, Menschen wirklich als Freunde zu betrachten. Schade eigentlich. „Stört es dich gar nicht?“ Überrascht sah ich ihn an und wusste nicht, was er meinte. „Du hast nie nachgefragt – wegen den Pflanzen.“ Er wisperte nur und sah dabei auf seine Hände. Fast kam es mir so vor, als wolle er einfach drauf los reden, aber er tat es nicht. „Nehmen wir an, es wäre so, wie ich auf dem Balkon gesagt hätte. Dann wäre das doch etwas Gutes? Oder? Auch, wenn es seltsam ist. Hilfst du Anderen damit?“ Er nickte leicht. „Dann ist es okay.“ Damit hatte sich für mich das Thema erledigt. Mamoru ließ ein schwaches Lächeln erkennen und schwieg dann ebenso wie ich. Erst jetzt sah ich mich in ihrem Laden genauer um und stellte fest, dass wir die einzigen Kunden waren. „Dein Laden ist aber very leer.“ „Yes. It’s school time. After the school the kids kommen in meinen Laden.” Sie zuckte mit den Schultern, und setzte dann ihr bekanntes theatralisches Lächeln auf. „You have beautiful hair.” Grace klatschte in die Hände und sah wirklich begeistert aus. Meine kleine Haarfetischistin! „Jetzt waschen wir deine Haare und dann mache ich dich hübsch for my darling.“ Sie zwinkerte mir zu und Mamoru? – der sagte nichts mehr, sondern schüttelte nur den Kopf. Nach waschen, schneiden und fönen, stand ich nun hinter Mamoru und war zufrieden mit dem Ergebnis. „Wie auf dem Foto von dir. So ist es wirklich besser.“ Ich klopfte ihm auf die Schulter und wich einem Schlag von ihm aus. „Komm schon, du musst zugeben, dass das besser aussieht.“ Ich lachte und umarmte Grace dankbar. „A very good job. Du bist eine Künstlerin.” „You are so lovely, Massanorie.” Sie gab mir einen flüchtigen Kuss und winkte fast etwas böse ab, als ich sie bezahlen wollte. „It’s okay. Ihr wärt ein very sweet Paar.” Sie grinste, strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und öffnete uns beiden die Tür. „He is not interested on me”, flüsterte ich ihr zu, bevor ich ging. Doch sie lächelte nur vielwissend und winkte uns nach, bevor einige Mädchen an uns vorbei und in ihren Laden liefen. „Na, war das so schlimm? So kannst du morgen wenigstens deinen Eltern vernünftig unter die Augen treten.“ Erst denken, dann schlucken, dann reden. Netter Spruch, wenn man ihn denn befolgte. Ich blieb stehen, atmete tief ein und strich mir über das Gesicht. Ich sah Mamoru an und wollte mich gerade entschuldigen, als er mir zuvorkam. „Ja, da hast du wohl Recht. Wenn man schon auf einen Friedhof geht, sollte man nicht wie ein, wie sagtest du, ‚Hippie’ herumlaufen.“ Er lächelte matt. „Entschuldige, ich habe nicht daran gedacht. Es war nicht meine Absicht, dich zu verletzen.“ „Schon gut. Es ist schwer, an so was zu denken, wenn man selbst nicht betroffen ist. So was bin ich gewohnt.“ Er wirkte nicht böse, so wie sonst, wenn ich etwas sagte, was ihm nicht passte. Es war wohl wirklich so, dass er an so was gewöhnt war. Traurig! „Unternimmst du etwas mit Freunden?“ Ich wollte dieses Gespräch auf etwas anderes lenken, doch es gelang mir nicht wirklich gut. „Nein. Ich feiere meinen Geburtstag schon seit Jahren nicht mehr. Irgendwie macht das keinen Spaß, verstehst du das?“ Ich nickte und schwieg, während wir nebeneinander herliefen. „Hey. Kopf oder Zahl?“ Ich blieb stehen, nahm eine Münze aus meiner Jackettasche und schmiss sie in die Luft. Als ich sie auffing und verdeckt auf meinen Handrücken legte, sah ich Mamoru auffordernd an. „Was soll das werden, wenn es fertig ist?“ „Wenn du gewinnst, dann koche ich uns was. Also, dir, Katrin und mir. Gewinne ich, kochst du.“ „Bedeutet ‚kochen’ bei dir Käse-Makkaroni?“ Er verzog das Gesicht und seufzte. Anscheinend hatte er nicht wirklich Lust auf dieses Spiel, aber egal. „Na gut, der Tag ist sowieso schon im Eimer. Also – Kopf!“ Ich sah unter meine Hand und lächelte vergnügt. „Du kochst!“ „Kann ich das auch mal sehen?“ Mamoru griff nach meiner Hand, aber die Münze war schon wieder in meiner Tasche verschwunden. „Sag bloß, du vertraust mir nicht?“ Völlig entsetzt starrte ich ihn an. „Das kränkt mich jetzt aber sehr. Ich meine, habe ich dir je einen Anlass gegeben, mir nicht zu vertrauen?“ „Einen?“ Mamoru schüttelte den Kopf, fasste sich an die Schläfe und ging weiter. „Ich glaube, ich werde wirklich nur ausgenutzt.“ „Aber das Gehalt ist gut.“ Mamoru lachte darüber nicht, sondern trottete neben mir weiter. Als wir endlich an meinem Wagen ankamen, begann es zu regnen. Gutes Timing, konnte man nur sagen. Wir waren fast wieder bei der Firma, als ich Mamoru ansah und feststellte, dass dieser nicht wirklich gut aussah. „Eigentlich bist du mir heute sowieso keine große Hilfe. Also kannst du ebenso gut, nach Hause gehen. Was nützt mir ein Sekretär, wenn er nicht bei der Sache ist? Du kannst am Montag wieder kommen. Also hast du zwei Tage frei.“ „Ich –“ Fassungslos sah er mich an. „Ach, hör auf. Dein ewiges Gejammer ist echt zum Kotzen, also geh mir nicht auf den Zeiger. Schließlich habe ich noch wichtigere Dinge zu tun, als für dich den Therapeuten zu spielen.“ Ich hielt in der Nähe der nächsten Bahnstation und setzte ihn dort ab. Sicherlich würde ich das noch bereuen, aber es war für alle besser, wenn er morgen Zeit für sich hatte. Vierundzwanzig Stunden später... Zähneknirschend saß ich am nächsten Tag vor meinem Computer und versuchte, das Bellen von Sparky und das Geschirrklirren, welches nur aus Katrins Hand kommen konnte, zu ignorieren. Dieser Idiot! Warum hatte ich ihm bloß frei gegeben? Jetzt saß ich hier, ganz alleine mit einem Kind und wollte sie am liebsten wie die Hexe in Hänsel und Gretel in den Ofen schieben. Ich warf einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass es gerade mal eine Minute später war, als vor dem Moment, wo ich zum ersten Mal drauf gesehen hatte. „Elf Uhr und eine Minute. Dieser Tag muss doch bald zu Ende sein. Bitte, lieber Gott!“ Ich strich mir die Haare nach hinten und zuckte zusammen, als ich plötzlich einen schrecklichen Lärm aus der Küche hörte. „Solange sie nicht verblutet, ist alles okay und falls doch, hat Mamoru Schuld, weil er mich mit ihr allein gelassen hat.“ Ich seufzte wütend, stand auf und ging Richtung Küche. „Siehst du, Sparky, ich kann das. Du darfst nicht bellen. Sparky, aus.“ Mit verschränkten Armen stand sie vor meinem Hund, wie eine Mutter, die ihr Kind ermahnte, keine Widerworte zu geben. Jedoch ließ mich der Anblick meiner noch vor einigen Tagen supersauberen Küche nicht in eine amüsante Stimmung fallen. Eher andersherum! Es sah aus wie auf einem Truppenübungsplatz! Der Boden, wenn man ihn denn so noch nennen wollte, war mit Mehl und zerschlagenen Eiern übersät. Die Anrichte sah ebenso schlimm aus und wurde nur noch von sich stapelten Töpfen übertroffen. „Was zum Teufel hast du hier gemacht?“ Ich war wirklich wütend, ich hatte für solche Dinge keine Zeit und keine Lust und keine Nerven. Es war zum aus der Haut fahren. Erschrocken sah mich die Kleine an, lächelte dann aber und sagte. „Ich habe uns was gekocht.“ „Gekocht? Du hast meine Küche zerstört, da kann man wohl kaum vom Kochen reden“, zischte ich entnervt. „Wir fahren in die Stadt essen, ich ertrage das hier gerade nicht!“ „Warum ist Mamoru heute nicht da?“ Ich seufzte und schüttelte nur den Kopf. „Heute ist kein schöner Tag für Mamoru, da möchte er lieber allein sein.“ Ich strich ihr über den Kopf und lächelte matt. „Wegen seiner Mama und seinem Papa?“ Sie zupfte an meiner Hose, nahm dann meine Hand und drückte sie fest. Nickend beugte ich mich zu ihr, hob sie hoch und verließ meine Wohnung. Es regnete, schon wieder. Aber diese Stimmung schien mir passend, denn ich war mir sicher, dass sie Mamorus Gemütslage wiederspiegelte. May Godai Regen, nichts als Regen. Ich stand auf den Stufen des Friedhofes und sah den Wassertropfen zu, wie sie von meinem Schirm perlten. Yosuke stand schweigend neben mir. „Er hat uns vorhin mal wieder nicht beachtet.“ „Ich glaube, es geht ihm dieses Jahr schlechter als sonst.“ Ich strich mir durch die feuchten Haare und wischte mir über die Augen. „Weinst du etwa?“ Yosuke drückte meine Hand, doch ich schüttelte nur den Kopf. „Ach, Quatsch. Dieser Regen macht mich nur melancholisch.“ „Schon klar. Mamoru war beim Friseur, aber die kurzen Haare stehen ihm wirklich besser.“ Ich nickte nur zustimmend und sah weiterhin nach unten. Wir standen einfach dort und warteten auf Mamoru, so wie jedes Jahr und es würde enden wie jedes Jahr. Er würde einfach an uns vorbei gehen und so tun, als wären wir nicht da, aber das war egal. Denn es ging nur darum, zu zeigen, dass wir da waren. Aber manchmal glaubte ich, dass das zu wenig war. „Er übertreibt – finde ich!“ „Was?“ Ich sah Yosuke fassungslos an. „Er trauert so, als wüsste er, um wen er trauert. Wir hätten mehr zu beklagen als er, schließlich wissen wir wenigstens, wer unsere Eltern waren. Er kann sich an nichts erinnern und –“ In diesem Moment hatte ich ihm eine schallende Ohrfeige verpasst. „WIE KANNST DU NUR?!“, schrie ich ihn an. „Warum ist denn plötzlich jeder von euch am Abdrehen? Reicht es denn nicht schon, dass Mamoru immer weniger mit uns zu tun haben will? Musst du jetzt auch noch anfangen, auf ihm herumzuhacken? Ich dachte, wir wären ein Team?“ Ich brach in Tränen aus und klammerte mich an ihn. „Entschuldige. Ich sollte nicht laut denken.“ Er strich mir über den Rücken und zog mich an sich. Doch ich verstand die Welt nicht mehr. Alles hatte sich so geändert, warum nur konnte es nicht wieder wie damals sein? Eine Weile standen wir so im Regen und ich versuchte, meine Fassung wieder zu erlangen. „Da kommt wer“, wisperte er. Ich löste mich von Yosuke, strich mir die Tränen aus den Augenwinkeln und atmete einmal tief ein und aus. Ich hob schnell meinen Schirm auf, als ein kleines Mädchen an mir vorbei ging. Sie trug ein blaues Kleid, weiße Gummistiefel und eine durchsichtige Regenjacke. In den Händen hielt sie einen Strauß aus weißen Nelken. „Die hat sich aber rausgeputzt für einen Friedhofsbesuch.“ Yosuke lächelte matt und strich sich über seine gerötete Wange. „Ist doch schön. Außerdem ist sie doch hübsch.“ „Wenn du hinfällst, dann Jammer mir nicht die Ohren voll.“ Hörte ich eine Männerstimme hinter mir. Der Mann trug einen schwarzen Regenschirm, einen langen schwarzen Mantel und neben ihm führte er einen Hund an der Leine. Er ging ohne uns zu beachten weiter, hinter dem Mädchen her. „Sympathischer Vater.“ Ich nickte nur zustimmend auf diese sarkastische Bemerkung. Ich sah dem Vater und seiner Tochter hinterher, als ich plötzlich Mamoru sah. Er kam aus der untersten Grabreihe und ich wusste, dass er bis auf die Knochen durchgeweicht war, da er keinen Schirm dabei hatte. Gerade wollte ich zu ihm gehen, als mich Yosuke festhielt. „Schau mal!“ Er zeigte zu dem Mädchen, welches nun vor Mamoru stand. „Sie scheinen sich zu kennen. Schau, er streicht ihr über den Kopf.“ Ich nickte und sah diesem Szenario zu. „Weißt du, wer das ist?“, fragte ich leise und sah, wie Mamoru in die Grabreihe deutete und mit dem Mädchen wieder verschwand. Der Mann jedoch blieb in einiger Entfernung stehen und man konnte selbst von hier sehen, dass er sich eine Zigarette angezündet hatte. Nach einigen Minuten kamen die beiden wieder, aber mit dem Mann wechselte er kein Wort. Sie standen sich einfach nur gegenüber. Doch dann passierte etwas. Dieser Mann blies den Rauch nach oben und strich ihm über den Kopf und Mamoru ließ es einfach zu. „Wer ist das?“ Eine gewisse Eifersucht überkam mich. „Keinen Plan! Sie scheinen sich jedoch gut zu kennen. Aber irgendwoher kenne ich den Kerl.“ Nach einem Augenblick setzte sich Mamoru in Bewegung, das Mädchen hatte seine Hand genommen und lief neben ihm her. Der Mann folgte ihm in einem gewissen Abstand. Als sie auf unserer Höhe waren, ging Mamoru einfach an uns vorbei. Kein Wort, kein Blick. „Das ist nicht fair, Mamoru!“ Ich drehte mich herum, lief hinter ihm her und hielt ihm am Arm fest. „Warum hast du kein Wort für uns über, aber für ihn schon?“ Ich zeigte auf den Mann hinter mir und sah Mamoru fragend an. „Wir warten hier jedes Jahr, aber noch nie hast du dich darüber gefreut.“ „Ich habe euch nie darum gebeten. Ihr wollt euch mir aufdrängen, aber ihr versteht nicht, dass ich euch heute nicht gebrauchen kann.“ Er klang so eisig und meinte das, was er sagte, auch so. Ich begann die Tränen hinunterzuschlucken. „Aber ihn kannst du gebrauchen. Wir kennen dich so gut wie niemand sonst.“ Yosuke mischte sich ein und zog mich zu sich. Er war wütend, das merkte ich. Ich sah, wie Mamoru den Mann ansah und überlegte. „Ihr kennt mich nicht, denn wenn es so wäre, dann wärt ihr sicher nicht hier. Und was mit ihm ist, er kennt mich wahrscheinlich besser als ihr es jemals könnt.“ Das war für Yosuke zu viel, er schob mich beiseite und ging auf Mamoru zu. Ich sah nur noch wie er ausholte, ich schloss die Augen, weil ich nicht sehen wollte, wie plötzlich alles, was uns verband, einfach zerbrach. Doch es passierte nichts, kein Schlag war zu hören, einfach nur Stille. Langsam öffnete ich die Augen wieder und sah, wie der Mann Yosukes Arm festhielt. „Wenn du das vor meiner Nichte machst, dann bring ich dich um!“ Der Blick dieses Mannes war wirklich kalt, doch dann fiel es mir ein. Seine Nichte? Dann war das Massanorie Lenjier, Mamorus Chef. Yosuke öffnete seine Faust wieder, sah diesen Kerl an und ging dann einfach. Ohne noch ein Wort zu sagen, tat ich es ihm gleich. „Yosuke, warte. Warte doch!“ Ich holte ihn an der Ampel ein und schnappte nach Luft. „Mamoru ist heute nur nicht gut drauf, er -“ „Er - was? Er behandelt uns so, als wären wir schuld an dem Tod seiner Eltern. Aber wir sind die Einzigen, die immer zu ihm gehalten haben. Ohne uns hätte er im Waisenhaus ganz schön blöd ausgesehen. Die anderen Kinder hatten damals Recht, dass er -“ Er ballte die Hand zur Faust und schaute starr auf einen Punkt. „Dass er - was? Sag es!“ Ich stand neben ihm und konnte mich kaum noch beherrschen. „Dass er ein Freak ist!“, schoss es aus ihm heraus. Ich sah ihn nur schweigend an und schüttelte den Kopf. Das war nicht wahr, das alles heute war einfach nicht wahr. Heute war einfach ein beschissener Tag. Ich schüttelte nur den Kopf und sah, wie Mamoru sich uns näherte. Er blieb neben uns stehen, sagte aber nichts. „IHR VOLLIDIOTEN!“, schrie ich plötzlich. Und beide sahen mich erschüttert an. „Ihr seid so stur und euch ist unsere Freundschaft egal. Ihr schmeißt einfach alles weg, was wir zusammen erlebt haben. Ihr seid so albern, euch immer wieder wegen Banalitäten zu streiten. Du, Yosuke, musst immer so empfindlich reagieren und sagst immer Dinge, ohne darüber nachzudenken. Du siehst gar nicht, dass andere Menschen vielleicht anders sind als du und dass das auch okay ist. Weil jeder mit Schmerz anders umgeht. Und du, Mamoru, du merkst gar nicht, dass es Menschen gibt, die dich mögen, weil du es nicht sehen willst. Für dich ist alles immer so kompliziert, immer bist du so ernst und heuchelst uns etwas vor. Warum könnt ihr beide nicht einfach mal ehrlich sein und euch aussprechen? Warum bin immer ich diejenige, die zwischen zwei Stühlen sitzen muss? Ihr seid doch meine einzig richtige Familie. Was nützen mir ein Vater und eine Mutter, wenn die beiden Jungs, die immer auf mich aufpassten, nicht mehr da sind? Warum musste alles kaputt gehen, als wir adoptiert wurden? Hasst du uns deswegen? Ist es das?“ Ich sah Mamoru an und heulte einfach drauf los. Mamoru aber sagte nichts, sondern wich meinem Blick aus. Aber das war mir Antwort genug. „Du HOLZKOPF! Wir waren doch trotzdem eine Familie, auch wenn man uns adoptiert hat. Denkst du etwa, es war immer so leicht als Adoptivkind? Denkst du etwa, ich hätte es nicht oft genug bereut?“ Ich stieß ihn von mir weg, lief über die Straße und ignorierte Mamoru und Yosuke, die mir hinterher riefen. Mamoru Chiba May war einfach wegerrannt und Yosuke hinterher. Ich aber stand mitten im Regen und wünschte mir gerade, dass ein riesiger Meteorit die Erde treffen sollte, damit ich an was anderes denken konnte. „Soll ich dich nach Hause fahren? Oder willst du lieber in deinen Klamotten ertrinken?“ Ich strich mir durchs Gesicht und wusste gerade nicht, ob ich lachen oder heulen sollte. Aber mir waren seine doofen Kommentare lieber, als irgendwelche Fragen oder Vorwürfe. „Nach Hause wäre toll“, wisperte ich nur und trottete hinter Massanorie her. Katrin lief neben mir und ihr schien dieser Regen nichts auszumachen, was aber wohl an ihrer wetterfesten Kleidung liegen musste. Wie heißt es, es gibt kein schlechtes Wetter nur schlechte Kleidung. Die Kleine hatte eben ein sonniges Gemüt, beneidenswert. Fünfzehn Minuten später saß ich völlig durchnässt in seinem teuren BMW. „Entschuldige, dass ich deine Sitze ruiniere.“ Ich sah aus dem Fenster und fand die Stille im Auto wirklich schrecklich. Mir war eine Unterhaltung mit diesem Kerl lieber als zu schweigen. Selbst Katrin war still geworden, nachdem sie mich mit Fragen bombardiert und Massanorie sie scharf angesehen hatte. „Ist nur Wasser“, war alles, was er antwortete, doch ich spürte, dass er mich zwischenzeitlich aus den Augenwinkeln ansah. Es war auch einfach zu demütigend gewesen. Als ich heute Morgen zum Friedhof ging, wusste ich ja, dass May und Yosuke dort auf mich warten würden. Mein Plan war einfach, ich würde sie ignorieren, wie jedes Jahr. Das tat ich nicht aus Boshaftigkeit, sondern weil ich es für besser hielt. Aus irgendeinem Grund trauerte ich lieber alleine. Also hatte ich Blumen gekauft, rote Rosen und weiße Nelken, war zum Aoyama Friedhof* gefahren, hatte die beiden ignoriert und alles lief toll, bis er auftauchen musste. Aber das Schlimmste war, dass ich es nicht als schlimm ansah, sondern eher als beruhigend, dass er aufgetaucht war. Als Katrin mir entgegenkam und mich ansah, da war ich sogar glücklich sie zu sehen. Sie hatte sogar zufällig auch weiße Nelken dabei. Zögerlich hatte sie gefragt, ob sie die Blumen auch dorthin stellen dürfte und ich empfand es als tröstend, dass dieses Kind anscheinend verstand, was ich dachte und fühlte. Und als Massanorie mir dann einfach über den Kopf gestrichen hatte, war alles vorbei gewesen, ich habe mich gefühlt wie ein kleiner Junge und das war gut. Ich seufzte leise und strich mir durch die Augen, jetzt zu heulen war nicht wirklich toll oder passend. Als wir endlich in meiner Straße einbogen, überkam mich Erleichterung, besonders, weil ich so langsam wirklich am Frieren war. Massanorie hielt an und anstatt auszusteigen blieb ich sitzen und überlegte, was man jetzt außer ‚Danke’ noch sagen konnte. Aber so wirklich wollte mir nichts einfallen. Der Himmel hatte sich sehr verdunkelt und man hatte das Gefühl, als ob es schon Abend war, dabei zeigte die Uhr gerade einmal 14 Uhr an. Irgendwie war es wohl Timing, dass gerade jetzt ein Grummeln zu hören war. Wir drehten uns beide um und sahen Katrin an, welche sich den Bauch hielt und grinste. „Ich hab etwas Hunger.“ „Wollt ihr noch mit rein kommen, du und Katrin? Als Dank, weil du mich gefahren hast, dann kann sie etwas essen –“ Ich verschluckte den Rest des Satzes, weil Massanorie mich mit einem nicht zu deuteten Blick ansah. Doch dann schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen und er nickte. „Siehst du, so schmarotzt man sich bei Anderen durch. Das spart Geld.“ Er grinste, parkte und sah mich an. „Idiot“, kommentierte ich das Gesagte nur, musste dann aber doch lächeln. „Hier wohnst du?“ Katrin nahm meine Hand, als wir im Fahrstuhl standen und sah sich begeistert um. „Ja, genau, Mamoru wohnt in einem Fahrstuhl! Schlauberger!“, kam es spöttisch von Massanorie. „Das hab ich gar nicht gehört.“ Sie hob die Nase etwas an und kicherte als Sparky ihr über das Gesicht leckte. Ich lachte leise und irgendwie ging es mir gerade wirklich etwas besser. Endlich in meiner Etage angekommen, schloss ich die Haustür auf und ließ Katrin an mir vorbei zuerst herein. Sie sah sich um und stellte ihre Gummistiefel ordentlich an die Seite neben meine anderen Schuhe. Massanorie tat es ihr gleich und sah sich etwas um. „Nicht so luxuriös wie bei dir“, sagte ich schmunzelnd, als ich an ihm vorbei ins Bad ging. „Wohin gehst du?“ Katrin lief neben mir her und sah sich vorsichtig um. „Ins Bad, ich wollte aus meinen nassen Sachen raus.“ Ich strich ihr über den Kopf und sah sie freundlich an. „Okay. Darf ich mich umschauen?“ Sie blieb vor der Badezimmertür stehen und sah zu mir hoch. „Klar doch.“ Ich lächelte schloss die Tür und schmiss einfach all meine Sachen in eine Ecke. Nicht einmal eine Minute später stand ich unter einem Strahl warmen Wassers. Mir schossen dutzende Gedanken durch den Kopf, und alle drehten sich nur um May und Yosuke. Ich wollte May nicht verletzen und auch, wenn Yosuke ein Vollidiot war, wollte ich auch ihn nicht missen. Aber es war irgendwie alles so scheiße. Völlig erledigt wischte ich über den beschlagenen Spiegel und sah eine Weile hinein. Aber was ich dort sah, gefiel mir zur Zeit immer weniger. Dieses Gefühl, in den Spiegel zu sehen und jemanden zu sehen, den man eigentlich nicht kannte, war schrecklich. Ich wickelte mich in ein Handtuch, zog einen Bademantel über und schlurfte in mein Schlafzimmer. Konnte dieser Tag eigentlich besser werden? Ich bezweifelte es wirklich sehr. Einmal tief durchatmen, Sachen aus dem Kleiderschrank wühlen, anziehen und dann einfach hoffen, dass dieser Tag vorbei ging. Gedacht, gemacht. Ich betrat leise die Küche und sah zu Massanorie, welcher gerade heißes Wasser in Tassen füllte. Er war für seine Verhältnisse sehr leger gekleidet, nur ein weißes Hemd, erster Knopf offen, keine Krawatte. Ein ungewohnter Anblick. „Hier!“ Er hielt mir eine Tasse mit heißem Tee entgegen, ich nahm sie nickend an und lehnte mich gegen einen Schrank. „Wo ist Katrin?“ Ich pustete den Dampf von der Tasse weg und nippte leicht daran. „Drückt sich die Nase an deiner Balkontür platt. Schön, wie leicht sie zu begeistern ist.“ Er sah mich an, deutet dann aber zur Tür. „Wenn man vom Teufel spricht.“ Katrin stand dort, strich sich über ihr hübsches blaues Kleid und sah uns beide fragend an. „Na und? Wie gefällt dir meine Wohnung?“ Sie sah auf ihre Füße und malte kleine Kreise mit ihrem Zeh auf den Boden. „Mamoru?“ Sie kam langsam auf mich zu, zupfte an meiner Jeans und gab mir zu verstehen, dass ich mich zu ihr herunterbeugen sollte. Ich kniete mich also hin. „Darf ich einen Schokoladenkeks, die auf dem Schrank liegen, haben?“, flüsterte sie und sah dabei vorsichtig zu ihrem Onkel, damit er bloß nichts mitbekam. Ich lachte leise und nickte. Völlig happy sprang sie mir um den Hals, sodass der Tee in der Tasse überschwappte. „Arigatô.“ Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange und verschwand ganz schnell. „Sie hätte auch einfach laut fragen können, ob sie sich einen Keks nehmen darf. Die denkt auch, sie kann mir einen vormachen.“ Er warf mir ein Handtuch zu und während ich meinen verschüttenden Tee aufwischte, sah er mich schweigend an. „Aber sie findet es sicherlich toll, wenn sie denkt, sie hätte ein Geheimnis vor dir. Kinder finden so was eben lustig.“ Die Teetasse stellte ich auf der Küchenanrichte ab, schmiss das Handtuch in die Nähe der Spüle und setzte mich auf die Arbeitsplatte. Ich lehnte mich nach hinten und schloss kurz die Augen, als ich plötzlich den Geruch von Zigarette wahrnahm. „Du rückst mir schon wieder auf die Pelle“, giftet ich leise, öffnete die Augen einen Spalt und sah Massanorie an, welcher vor mir stand. Seine Hände hatte er neben meine Oberschenkel gelegt, während er im Mundwinkel eine Zigarette hängen hatte. „Was rauchst du eigentlich für eine Marke?“ Es war eine dieser Fragen, die total sinnlos waren, aber egal, jetzt gerade interessierte es mich. Ich griff nach seiner Zigarette, nahm sie ihm aus dem Mund und überlegte kurz, tat es dann aber doch. Mit einem tiefen Zug sog ich den Zigarettengeschmack in meine Lunge und schloss die Augen. Rauchen war schrecklich, aber es entspannte. Massanorie sagte nichts und tat nichts. Er stand einfach da und sah mich an, dass konnte ich spüren. Mit einem gequälten Lächeln sah ich auf die Zigarette in meiner Hand. „Dunhill? Wo bekommt man die denn?“ Ich hielt ihm die Zigarette wieder hin, schweigend nahm er sie und zog selber daran. „Dir steht eine Zigarette nicht, Maru-chan.“ Er tippte mir auf die Nase und schmunzelte. „Sagt der Mann, der eine Autobahn in seiner Lunge bauen könnte.“ Er lachte kurz auf, blies den Rauch in die Luft und plötzlich legte er seine Stirn gegen meine. „Was hast du vor?“ „Nichts!“, kam es nüchtern von ihm. Es war ein komisches Gefühl, ihn so nah an mich heran zu lassen und noch seltsamer war das Gefühl, als er mir direkt in die Augen sah. Ohne ein Wort zu sagen, löste er sich plötzlich von mir, nahm seine Teetasse und trank einen großen Schluck. „Hattest du einen Geschäftstermin?“ Ich sah ihn aus den Augenwinkeln an. „Wie kommst du darauf?“ Er setzte sich an den Küchentisch und legte seine Zigarette auf einen kleinen Teller zum Abaschen. „Weil Katrin sich so hübsch gemacht hat.“ Ich blieb sitzen wo ich war und beobachtete sein Verhalten. Irgendwie wurde ich nicht schlau aus ihm und wusste auch nicht so wirklich, wie ich ihn einschätzen sollte. Immer, wenn ich dachte, ich wüsste, wie er tickte, verhielt er sich plötzlich ganz anders. Er provozierte etwa gerne, aber dann, wenn ich dachte, er wolle mich provozieren, war er plötzlich richtig nett. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich würde ihn schon richtig lange kennen und dabei waren es gerade mal drei oder vier Wochen. „Sie hat sich so für dich herausgeputzt. Eigentlich wollten wir nur was essen gehen, weil sie meine Küche zerstört hat, aber dann fragte sie, wo du bist. Ich sagte es ihr und plötzlich wollte sie zu dir.“ Verwundert sah ich zu ihm hinüber. „Oh“, war alles, was ich sagte. Die Frage, woher er wusste, auf welchem Friedhof ich war, schenkte ich mir. Die Antwort würde wie immer total unzureichend sein. „Sie hat eine Stunde gebraucht, um sich für eine dämliche Blumensorte zu entscheiden.“ Er schüttelte genervt den Kopf, zog ein letztes Mal an seiner Zigarette und drückte sie dann aus. Sein Kopf drehte sich zu mir und er musterte mich. Ich lächelte nur matt und hörte leise den Fernseher aus dem Wohnzimmer. Das plötzlich herrschende Schweigen war alles andere als angenehm, ich strich mir kurz durch die Augen und seufzte. Als ich ihn wieder ansah, lag in seinem Blick etwas Mitleidiges. „Sieh mich nicht so an!“ „Wie denn?“ „So mitleidsvoll. So was brauche ich nicht.“ Seinem Blick ausweichend, nahm ich meine Tasse und nippte wieder daran, aber so wirklich Durst hatte ich nicht. „Was ist denn jetzt mit deinem Angebot?“ Ich sah ihn überrascht an, wusste dann aber, was er meinte. „Das gilt noch.“ Vorsichtig stellte ich die Tasse ab, verließ meinen Platz auf der Anrichte und öffnete meinen Kühlschrank. „Darf ich dir helfen kochen?“ Erschrocken sah ich Katrin an, welche neben mir stand. Wie machte sie das nur? „Glaubst du nicht, dass du dann dein Kleid dreckig machst?“ Sie schüttelte entschieden den Kopf. Eigentlich verlief der Rest des Tages sehr angenehm. Katrin half mir beim Kochen, wir aßen zusammen was und mir ging es eigentlich recht gut. Es war kurz vor 19 Uhr, als Massanorie, Katrin und auch Sparky wieder gingen. Ich stand in meiner Wohnungstür und sah Massanorie nach. Noch immer hatte ich nicht ‚Danke’ gesagt, aber ich wusste auch nicht, wie ich das ausdrücken sollte. Doch bevor er in den Fahrstuhl einstieg, drehte sich Massanorie noch einmal zu mir um und warf mir etwas entgegen. Ich fing es auf und sah etwas überrascht auf die Zigarettenschachtel in meiner Hand. Ich sah ihn an, bevor sich die Tür schloss, doch er kommentierte das gerade Geschehene nicht mehr. Ich sah in die Schachtel und nahm die drei noch darin befindlichen Zigaretten heraus, sowie einen kleinen Zettel. ‚Lass das nicht zur Gewohnheit werden. Dir stehen Zigaretten nicht.’ Kopfschüttelnd sah ich die Zigaretten an und obwohl ich mir mit sechzehn Jahren vorgenommen hatte, nie wieder eine Zigarette anzufassen, stand ich trotzdem um 22 Uhr auf meinem Balkon und rauchte eine. Kapitel 8: Step Eight... Listen ------------------------------- Zuhören ist eine Form des Akzeptierens. Stella Terrill Mann Mamoru Chiba Sonntag morgen um halb acht und ich blöder Depp saß auf diesem Mauervorsprung und wartete darauf, dass May von ihrem allmorgendlichen ‚einmal um den Häuserblock laufen’ zurück kam. In der Nacht hatte ich mir zahlreiche Varianten ausgedacht, um mich zu entschuldigen, aber keine klang wirklich gut oder ehrlich. Ja, es tat mir Leid, was passiert war. Nein, so wirklich wollte ich mir die Schuld nicht geben. Purer Sarkasmus, konnte man dazu nur sagen. Ich spielte mit der Zigarettenschachtel in meiner Hand und überlegte angestrengt, ob ich die Vorletzte einfach anstecken sollte. „Danke, das weiß ich selber“, wisperte ich mir zu, nahm aus reinem Trotz gegenüber meinen Gedanken die Zigarette heraus und zündete sie an. Ich war einfach genervt, von mir und der Welt. Irgendwie zog ich solche Situationen immer an wie ein Magnet, anstatt dass ich mich einfach mal freute, dass meine ältesten Freunde für mich da waren, war ich gehässig und fies. „Ich hätte es wirklich verdient, dass mir mal der Himmel auf den Kopf fällt.“ „Da gebe ich dir Recht.“ Erschrocken drehte ich mich herum und sah May, welche sich neben mich setzte. Yosuke stand etwas abseits von uns und sah mich nicht gerade freundlich an. „Ich dachte, du rauchst nicht mehr.“ „Dachte ich bis gestern auch.“ Ich sah die Zigarette an, nahm noch einen Zug und drückte sie dann vorsichtig an der Mauer aus, um den Rest wieder in die Schachtel zu stecken. „Irgendwie hatten Yosuke und du die gleiche Idee. Hast du mir auch Brötchen mitgebracht?“ Sie sah auf ihre Füße und ich kratzte mich verlegen am Kopf. „Nein, sorry. So weit habe ich dann doch nicht gedacht.“ Ich warf Yosuke einen Blick zu und versuchte zu erkennen, wie sehr er mich zur Zeit hasste, aber das war schwer zu erahnen. „Ich würde mich ja freuen, wenn wir zusammen frühstücken, aber dazu solltet ihr, du und Yosuke, klären, ob ihr es schafft, zusammen an einem Tisch zu sitzen.“ Sie sprang von dem Vorsprung und sah mich an. Ohne ein Wort zu sagen, tat ich es ihr gleich und ging zu Yosuke herüber. „Morgen!“ „Tach!“ Seine Stimme klang recht unterkühlt. Schweigend sahen wir uns an und doch wollte keiner von uns so recht den Anfang machen. Nach einigen Minuten seufzte Yosuke nur. „Entschuldige, dass ich dir gestern eine rein hauen wollte. War wohl doch etwas übertrieben.“ Ich schüttelte nur den Kopf. “Eigentlich hätte ich es verdient, also, wenn du meinst, dass es notwendig ist, dann kannst du ja jetzt zuschlagen.“ Er sah mich einen Moment lang an und dann lag ich auch schon auf den Boden und hielt mir die Wange. Ich spürte, wie meine Lippe aufgeplatzt war und mir etwas Blut in den Mund rann. May schrie natürlich erst mal wieder herum, das hatte sie sich so bestimmt nicht gedacht. Doch dann sah ich Yosukes Hand vor mir. Er grinste etwas und ich tat es auch. „Ich hatte ganz vergessen, was für einen Schlag du drauf hast.“ Daraufhin nahm ich seine Hand und ließ mir von ihm aufhelfen. Damit hatte sich die Sache zwischen uns erledigt. Vielleicht war das eben nötig gewesen. May schlug uns beide auf die Schulter und war nicht ganz so davon erbaut. „Jungs sind alle scheiße.“ Sie drehte sich herum und stapfte schmollend davon. Wir lachten leise und liefen hinter ihr her. Als wir einige Minuten später am Frühstückstisch saßen, sagten wir eine Weile nichts, sondern nippten nur unschlüssig an unseren Tassen. Jeder von uns wusste, dass ein Gespräch nicht zu vermeiden war, dafür waren zu viele böse Worte gefallen. „Bist du uns wirklich böse? Wegen dem Adoptieren?“ May hatte es als Erste auf den Punkt gebracht. Ich hatte eigentlich gehofft, dass es nicht zur Sprache kam, aber so war es eben. „Klingt albern, ich weiß. Aber – ich habe euch so beneidet. Plötzlich hattet ihr alles und ihr wart nicht mehr da.“ Ich seufzte und war irgendwie erleichtert, dass es nun raus war. „Es klingt nicht albern. Ich kann dich sogar verstehen, aber wir haben uns das ja auch nicht ausgesucht. Ich meine, du hast Recht, wenn du uns böse bist. Wir haben uns ja immer seltener sehen lassen. Weißt du, am Anfang, da fanden wir es blöd, plötzlich adoptiert zu werden. Aber dann – war es toll. Eine neue Familie, normal sein. Als Kind ist es schwer, Prioritäten zu setzen.“ Yosuke sah zuerst mich und dann May an, welche nur zustimmend nickte. „Ich bin ja selber schuld, ich war eben eine Heulsuse. So was will keiner haben.“ Ich nahm einen Schluck Kaffee. „Sag doch so was nicht.“ May sah mich empört an. „Genau. May hat Recht, ich meine, früher warst du schon eine Heulsuse, aber als wir dann in eine Oberstufenklasse kamen, war es doch cool. Ich meine, wie oft haben du und ich Ärger bekommen, weil wir irgendwelche Scheiße gebaut haben?“ Ich lachte und nickte. „Stimmt. Weißt du noch, wie wir Frau Asano den Frosch in die Schublade gelegt haben?“ Yosuke brach in schallendes Gelächter aus und setzte noch einen drauf. „Oder - wie wir uns in die Mädchenumkleiden geschlichen haben und das Shampoo der doofen Zicken durch Färbemittel ersetzt haben. Scheiße, die hatten alle blaue Haare. Haben die geschrieen.“ Yosuke liefen vor lachen die Tränen und auch ich konnte nur noch lachen. Ja, wir hatten damals oft Ärger bekommen, aber eigentlich hatte ich es immer am besten. Bei mir gab es keine Eltern, die mir Hausarrest geben konnten. „Das mit den Mädchen war so fies. Die waren vielleicht sauer auf euch.“ May hob nur tadelnd ihren Finger, aber dadurch mussten wir nur noch mehr lachen. „Wir haben im Sommer auch oft blau gemacht, wisst ihr noch? Dann sind wir immer zum Strand gefahren und haben den Tag dort verbracht.“ Ich biss von meinem Brötchen ab. „Ja, aber das hat sich bei uns immer gerächt. Wir waren schließlich nie so gut in der Schule wie du. Dafür habe ich dich immer beneidet. Du und dein Einser-Schnitt!“ Yosuke grinste mich an und steckte sich den Rest seiner Brötchenhälfte in den Mund. „Tja, der eine kann es, der andere nicht!“ Gab ich nur schulterzuckend zurück. „Es soll ja diese Woche wieder richtig schön werden, so mit Sonne und warm. Wir könnten doch am Wochenende zusammen zum Strand fahren. Morgens los und abends zurück, dass wäre dann wie früher, nur noch etwas besser!“ May sah uns an und wartete auf unsere Reaktion. Die bekam sie auch sofort. Wir nickten und somit stand es fest. Die restlichen zwei Stunden, die wir zusammen saßen, unterheilten wir uns über alles Mögliche, leider auch über meinen Boss. Obwohl May sofort sagte, dass sie ihn nicht mochte, betonte sie öfters, dass sie die Kleine bei ihm wirklich niedlich fand. Ich schüttelte nur den Kopf und war froh, dass wir uns endlich etwas ausgesprochen hatten und den Beiden schien es ebenso zu gehen. ~abends...~ Es war kurz vor 20 Uhr, als plötzlich das Telefon klingelte. Ich war wohl auf der Couch eingeschlafen, denn ich schreckte hoch und musste mich erst mal kurz orientieren. Als ich den Hörer endlich gefunden hatte, nahm ich verschlafen ab. „Chiba -“ „Sie ist weg! Ich habe sie nur für eine oder zwei Stunden allein gelassen, aber sie war am Schlafen und ich musste noch einmal ins Büro und als ich wieder kam und nach ihr sehen wollte, weil sie ja eigentlich schlafen sollte, da war sie einfach weg!“ Die hysterische Stimme am anderen Ende gehörte Massanorie und ich wusste auch sofort, von wem er sprach. Aber anstatt ihm Mitleid entgegen zu bringen, machte er mich nur wütend. „DU HAST WAS? Du kannst doch eine Fünfjährige nicht einfach allein lassen! Spinnst du denn?“ „Aber sie hat geschlafen! Außerdem war doch Sparky da, ich dachte, da kann nichts passieren!“ Ich musste erst einmal tief Luft holen, um ihm nicht durchs Telefon zu kommen. „Sie kann so weit noch nicht sein. Ich bin in einigen Minuten da, aber denk nur nicht, ich helfe dir wegen deinem schlechten Gewissen.“ Ich legte auf und fuhr mir durch die Haare. Dieser Vollidiot hatte es nicht anders verdient und die Einzige, um die ich mir Sorgen machte, war Katrin. Es dauerte keine zehn Minuten, da parkte ich in der Tiefgarage seines Hauses. Ich stieg aus und sah ihn auch schon auf mich zukommen. Seine Haare lagen zum ersten Mal völlig wirr um seinen Kopf, das weiße Hemd hing aus der Hose und auch sonst konnte man gerade nicht viel von dem smarten Geschäftsmann sehen, den er sonst so gut verkörperte. Er sagte nichts, sah mich nur an. „Kannst du dir denken wo sie ist?“ Ich knallte meine Autotür zu. „Nein, ich bin die Straße schon rauf und runter gelaufen, aber ich hab sie nicht gefunden.“ Seine Stimme klang heiser und ich sah sehr wohl, dass er sich wirklich Sorgen machte, aber das war mir wirklich egal. „Sie kennt sich hier nicht so gut aus, also wird sie sich wohl einen Ort suchen, wo sie sich wohl fühlt, gerade auch nachts.“ Er sah mich an, wollte etwas sagen, schüttelte dann aber den Kopf. Wir liefen getrennt die Straßen ab und suchten die kleine Maus. Aber sie war nirgends zu finden. Nie hätte ich gedacht, dass sie so schnell verschwinden konnte. Ich fragte einige Passanten, aber keiner hatte ein kleines Mädchen gesehen, welches allein herumlief. Aber das wunderte auch nicht, selbst um diese Uhrzeit war es noch sehr voll in Shinjuku und hier fiel niemanden ein kleines Kind auf. Als ich die Shinjuku Station* erreichte, fragte ich mich weiter durch. Zwar konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie wirklich die Bahn genommen hatte, aber wer wusste das schon so genau? Wahrscheinlich war sie aufgewacht als er nicht da war und dann hatte sie Angst bekommen. Welches Kind würde keine Angst bekommen, wenn es plötzlich allein in der Wohnung war und obwohl ich Sparky mochte, so war er sicherlich auch kein Babysitter. Was sollte der Hund denn machen? Massanorie war ein Vollidiot. Es war nun schon halb zehn, als ich wieder zurück ging. Plötzlich klingelte mein Handy. Ich sah drauf und sah, wie Mays Name aufblinkte. „Ist gerade ungünstig“, entgegnete ich etwas resigniert. „Sorry, aber ich hab jemanden getroffen. Ich glaube, sie gehört zu dir.“ May Als ich mich vor fünfzehn Minuten von einer Kommilitonin verabschiedet hatte und an der Tokyo Station* in die Marunouchi Line* einstieg, hatte ich nicht damit gerechnet, plötzlich vor einem kleinen Problem zu stehen. Die ersten Minuten waren normal gewesen, die Linie war um diese Zeit nicht sehr voll, also ging ich durch die Bahn, auf der Suche nach einem schönen Plätzchen, um die Füße hoch zu legen. Aber dann hatte ich plötzlich dieses kleine Mädchen gesehen. Sie sah schon etwas kurios aus, mit ihrem rosa Rucksack, weißen Sandalen, einer Strickjacke und einer Pyjamahose. Auf ihrem Schoß hatte sie einen Teddybären sitzen, den sie fest an sich drückte. Nur ab und an sah sie auf und schaute auf einen Zettel in ihrer Hand und dann auf das Schild gegenüber am Fenster, auf dem die Haltestellen standen. Zuerst wollte ich weitergehen, als ich sie mir noch einmal genauer ansah. „Kann ich dir helfen?“ Sie sah mich völlig perplex und erschrocken an und wusste wohl nicht so recht, was sie mit mir anfangen sollte. Dann hielten wir an einer Station, hektisch schaute sie nach draußen und dann auf den Zettel und plötzlich hatte sie dicke Tränen in den Augen stehen. „Hey! Ist doch gut. Komm, ich helfe dir. Wo musst du denn hin?“ Ich streichelte ihr über den Kopf, setzte mich neben sie und nahm ihr langsam den Zettel aus der Hand. „Also, mal schauen.“ Ich sah mir den Zettel an und las die darauf stehende Adresse. „Oh, die kenn ich doch.“ Ich war schon verwundert, das hier war doch Mamorus Adresse und Telefonnummer, ja ganz sicher. „5-7-5 Akabane-nishi, Kita-ku, Tokyo, tel:03-3907-5992.“*² Unter der Adresse war in säuberlichen japanischen Schriftzeichen noch einmal Kita-ku geschrieben. Ich sah die Kleine an und wunderte mich wirklich, aber dann fiel es mir ein. Konnte es sein, dass -? Das Mädchen weinte noch immer und vergrub ihr Gesicht in ihrem Bären. „Du bist Kati-chan, oder?“ Ich hatte langsam und sehr deutlich gesprochen. Die Kleine hörte auf zu weinen, sah mich aufgelöst an und nickte dann zögerlich. „Du willst zu Maru-chan?“ Das war leichter gesagt als getan. Aber es klappte bis jetzt ganz gut, denn sie nickte wieder. Nach einigen Fragen wusste ich zwar nicht, was los war, aber ich wusste, dass die Kleine zu Mamoru wollte, dass sie sich verfahren hatte und dass sie weggelaufen war. Letzteres folgerte ich aus ihren Klamotten und an der Uhrzeit. Keine Minute später hatte ich mein Handy hervorgeholt und rief Mamoru an. Zu Hause war er nicht, also musste ich es auf seinem Handy probieren. Als er abnahm, klang er gehetzt und nicht wirklich gut. „Ist gerade ungünstig.“ „Sorry, aber ich hab jemanden getroffen. Ich glaube sie gehört zu dir.“ Ich reichte der kleinen mein Handy und nickte ihr lächelnd zu. „Maru-chan? – N-icht, n-icht bö-se s-ein.“ Sie weinte und versuchte stotternd ihre paar Vokabeln Japanisch herauszupressen. Arme Kleine. Was wohl passiert war? Doch sie beruhigte sich schnell, ich strich ihr über den Kopf und fand es toll, wie Mamoru mit Kindern umgehen konnte. Selbst in so einer Situation. Sie nickte nur, während er wohl redete und sie antwortete nur mit ja oder nein. Dann gab sie mir das Handy und wischte sich durch die Augen. „Wo seid ihr denn jetzt?“ Mamoru klang plötzlich viel ruhiger. „Gleich in Ochanomizu*.“ „Kannst du wohl dort aussteigen und mit der -?“ „Mit der Chiyoda Line* zu dir fahren? Klar kann ich das. Mach ich doch gerne.“ Ich wusste schon, was Mamoru von mir wollte. Ich hörte, wie er erleichtert ausatmete. „Danke, May. Du weißt gar nicht, wie dankbar ich dir bin.“ „Schon okay. Wenn du mir dafür gleich einen Kaffee kochst, ist alles wieder gut.“ Mamoru lachte, er sagte mir noch schnell, dass er uns an der Station Nishi-Nippori* abholen würde, dann legte er auf. Ich nahm die Kleine an der Hand und stieg mit ihr aus, um dann einige Minuten später in der nächsten Linie zu sitzen. Was für ein Abend. Als wir ausstiegen sah ich mich um, aber Mamoru war nirgends zu sehen. Ich hatte ihn gar nicht gefragt, wo er überhaupt war, aber das konnte ich noch nachholen. Nach zehn Minuten sah ich, wie ein Auto auf der anderen Straßeseite hielt, ich winkte Mamoru zu und drückte die Hand der Kleinen fest, damit sie spürte, dass alles gut war. Sie hatte seit dem Telefonat nicht mehr geweint, sagte aber auch nichts. Aber sie drückte meine Hand zurück, also war wohl alles in Ordnung. Mamoru kniete sich sofort vor das Mädchen, legte seine Hände auf ihre Schultern und sah sie besorgt an. „Was machst du denn für Sachen? Wo wolltest du denn hin?“ Er strich ihr durch die Haare. Seine Stimme klang kein bisschen böse, er schien wirklich besorgt um sie gewesen zu sein. Plötzlich ließ sie meine Hand los, schlang ihre Ärmchen um seinen Hals und begann zu weinen. Ich verstand kein Wort von dem was sie sagte, aber das musste ich auch nicht. Sie tat mir gerade nur unendlich Leid. Mamoru „Es t-ut m-ir Leid - Ich woll-te d-as ni-cht. I-ch bin a-aufgewacht und war ganz a-llein. Ich habe doch von Pa-pa geträumt u-nd von Mama und v-ermis-se sie und M-assa-norie war nicht da, er h-at mich a-llein ge-lassen, ich h-atte s-o doll A-ngst.“ Sie klammerte sich heftig an mich und weinte jämmerlich. Ich hob sie hoch und drückte sie ganz fest. „Sshh – schon gut. Ist ja alles gut. Ich bin nicht böse.“ Das war das Einzige, was ich aus diesem Tränengerede herausgehört hatte. Hinter mir hörte ich quietschende Bremsen, das Zuschmeißen einer Wagentür und das Nächste, was ich hörte, war ER. „Katrin!“ Er strich ihr über den Kopf und wollte sie mir vom Arm nehmen, doch sie klammerte sich noch mehr an mich und schlug seine Hand fort. „Geh weg! Du bist gemein, ich hasse dich!“ Sie presste ihr Gesicht gegen meine Halsbeuge und ich bemerkte, wie ihr Pulsschlag immer schneller wurde. Sie regte sich auf und zwar viel zu viel für ein kleines Mädchen. Wieder versuchte er, sie von meinem Arm zu nehmen. Doch diesmal war ihre Reaktion eindeutig. „GEH WEG. ICH WILL BEI MAMORU BLEIBEN. DU HAST MICH NICHT LIEB! KEINER HAT MICH LIEB, ALLE GEHEN WEG.“ Obwohl ich sah, wie geschockt Massanorie seine Nichte ansah, hatte ich kein Mitleid mit ihm. Er hatte das selbst zu verantworten. „Kann sie die Nacht bei dir bleiben?“ Er sah mich nicht an, sondern immer noch Katrin. Ich nickte nur, ging einfach an ihm vorbei zu meinem Auto, May folgte mir. May schloss die Wohnung auf und war auch gefahren, denn Katrin wollte mich auf keinen Fall loslassen. „Nezumi-chan? Hast du Lust auf einen warmen Kakao?“ Ich setzte sie aufs Sofa und endlich löste sie Hände und sah mich an. „Was heißt das?“ Sie rieb sich die Augen und schniefte. „Nezumi-chan?“ Sie nickte und ich lächelte, während ich sie aus der Strickjacke pellte. „Also, ‚Nezumi’ heißt Maus und mit dem ‚chan’ wird es so was wie ‚Mäuschen’.“ Mit meiner Hand strich ich ihr die letzten Tränen aus den Augen und sie konnte sich sogar ein kleines Lächeln abringen. „Das klingt schön“, kam es heiser von ihr. Als Massanorie langsam ins Wohnzimmer trat, sagte sie nichts mehr, sondern hielt sich gleich an mir fest. Ich schüttelte nur langsam den Kopf, Katrin ließ los und kuschelte mit ihrem Bären, während ich an Massanorie vorbei ging und ihm mit einem Kopfnicken andeutete, mitzukommen. May tat es uns gleich und während ich in der Küche stand um Kaffee und Kakao zu machen, überlegte ich mir ganz genau, was ich sagen sollte, aber Massanorie machte es mir leicht, mich aufzuregen. „Vielleicht habe ich ja einen Fehler gemacht, aber sie kann nicht machen, was sie will. Ihr hätte sonst was passieren können!“ „Ihr ist aber Gott sei Dank nichts passiert und zwar weil May sie gefunden hat, ein Dankeschön wäre also wohl angebracht.“ Ich warf Massanorie einen verächtlichen Blick zu. Ich sah, wie er May anschaute. „Dankeschön.“ Er meinte es ehrlich, dass konnte man heraushören, aber das reichte mir nicht. May jedoch winkte daraufhin nur ab, setzte sich an den Tisch und atmete tief durch. „Kein Problem. Es war ja auch nur Glück, dass sie mir über den Weg gelaufen ist. Wenn Mamoru nicht von ihr erzählt hätte und sie seine Adresse nicht dabei gehabt hätte, dann-“ „Adresse? Sie hatte deine Adresse?“ Massanorie sah mich wütend an. „Du hast sie auf diese Idee gebracht? Verflucht, wieso? Sie hätte tot sein können.“ Jetzt hatte ich genug. „Es ist meine Schuld? DU hast sie ja wohl allein gelassen. Was hast du dir denn dabei gedacht? Außerdem habe ich ihr meine Adresse nur gegeben wegen meiner Telefonnummer. Sie hatte Angst, dass, wenn ihre Mum kommt, sie mich nicht mehr sieht. Also wollte ich sie beruhigen. Ich konnte ja nicht ahnen, dass du blöder Vollidiot einfach nachts ins dein Büro fährst und sie allein lässt. Ich dachte, du hättest wenigstens ein Quäntchen Hirn. Aber das war ja wohl ein riesiger Irrtum von mir. Entschuldige. Du solltest ein Schild tragen, wo drauf steht: „Ich bin ein Idiot und Versager, vertraut mir nicht eure Kinder an.“ Bist du eigentlich noch ganz dicht in deinem egomanischen Obergeschoss? Ich meine, ‚Hallo’, die ganze Welt dreht sich nicht um dich und deinen Wohlstand. Du bist so egoistisch und selbstverliebt, du merkst gar nicht, wenn du andere Menschen verletzt. Aber nein, der ‚Herr Unnahbar’ rafft das nicht! Ich meine, du hast NULL Verantwortungsgefühl. Selbst eine Küchenschabe hat mehr familiäre Bindungen als du.“ Ich holte Luft und senkte meine Stimme wieder. Jetzt ging es mir besser, das war nach dem heutigen Tag wirklich nötig gewesen. Massanorie aber sah mich nur an, ich rechnete mit einer gleich lauten Antwort, doch es kam – nichts! Er drehte sich um und ging. „Ich hole sie morgen ab.“ Ich ging ihm nach und sah, wie er versuchte, Katrin noch einen Kuss zu geben. Doch sie drehte sich von ihm weg. Er biss sich auf die Lippen, ging an mir vorbei und verschwand. Als ich die Küche wieder betrat, sah mich May vollkommen fassungslos an. „Wow. Was war denn das? Wer bist du und wo hast du meinen Mamoru gelassen?“ Sie tippte mich an und hob eine Augenbraue. Ich setzte mich und holte tief Luft. „Er hat es verdient!“, wisperte ich nur und schaute auf einen Punkt an der Wand. „Kann schon sein, aber-“ Sie seufzte, sagte aber dann nichts mehr. Ich hatte May und mich mit Kaffee und Katrin mit Kakao versorgt. Die kleine Maus saß auf dem Sofa und ihr fielen schon von alleine die Augen zu, ich schmunzelte, während ich sie vom Balkon aus beobachtete. „Er steht noch immer dort.“ Ich drehte mich um und sah May fragend an. „Hmm?“ Ich folgte ihrem Blick und sah das Auto, welches auf der anderen Straßenseite stand. Man konnte es nicht wirklich erkennen, aber anscheinend wusste sie mal wieder mehr als ich. „Er ist das. Als er hinter uns her fuhr, hat er dort geparkt und nun will er wohl die ganze Nacht da bleiben. Ich glaube ja, du warst zu hart zu ihm. Ich meine, ich kenne ihn nicht, doch ich mag ihn nicht – trotzdem – du hast ihn ganz schön runter geputzt.“ Sie nippte an ihrer Tasse und warf mir einen vielsagenden Seitenblick zu. „Ich bring sie ins Bett.“ Meine Stimmung sank wirklich immer weiter, je mehr ich an ihn denken musste. Ich deckte sie gerade zu, als ich ihr seufzend über den Kopf strich. „Er hat dich nicht mit Absicht allein gelassen. Er dachte wohl, dass du schon ein großes Mädchen bist und – er hat einfach mal wieder nicht nachgedacht. Aber deswegen hat er dich trotzdem lieb. Er ist wohl einfach nur nicht gewöhnt, sich um ein kleines Mädchen wie dich zu kümmern.“ Seufzend sah ich Katrin an und lächelte matt. Egal, wie sehr er mich ankotzte, er war ihr Onkel und er schien wirklich verletzt, als sie ihm gesagt hatte, dass sie ihn hasste. „Warum ist er dann einfach weggegangen?“ Sie sah mich mit ihren Kulleraugen an und verstand es wirklich nicht. „Er ist halt manchmal etwas – doof.“ Ich strich mir durch die Haare. „Aber Sano-oji-chan ist nicht immer doof. Er kann auch nett sein, oder? Er kocht mir immer Essen und letztens hat er mir was vorgelesen und meine Puppe hat er auch die Haare gewaschen.“ Sie überlegte und knibbelte an ihren Fingernägeln. Ich nickte nur still und überlegte, dass er wirklich nett sein konnte, auf eine seltsame Art, aber eben nett. Als ich dann doch noch etwas sagen wollte, war sie schon eingeschlafen. Nachdenklich ging ich wieder zu May, welche noch immer auf dem Balkon stand und gerade ihre dritte Tasse Kaffee leerte. Das würde ich sicher noch bereuen, aber es war wahrscheinlich das Richtige. „Ich komm gleich wieder.“ Ich verdrehte kurz die Augen und sah sehr wohl, dass May eines ihrer ‚Es ist schon die richtige Entscheidung’ Lächeln aufsetzte. Mit einer Tasse Kaffee in der Hand, stand ich im Fahrstuhl und versuchte mich am Riemen zu reißen. Vielleicht hatte ich die Sache auch zu nah an mich heran gelassen. Objektivität war hier wohl ein besserer Freund als Wut. Schweren Schrittes ging ich aus dem Gebäude und auf das parkende Auto zu. Man konnte das Glimmen einer Zigarette sehen und ich konnte mir vorstellen, wie er schon mindestens eine Schachtel geraucht hatte. Er hatte die Scheibe etwas heruntergekurbelt, doch er sagte nichts, als ich mich an die Beifahrertür anlehnte. Ohne ein Wort hielt ich ihm den Kaffee hin. Er zögerte, nahm ihn dann aber doch. Ich hörte ein freudiges Winseln und sah, wie sich Sparky seine Schnauze an der Fensterscheibe der Beifahrertür platt drückte. „Danke für den Kaffe.“ Ich nickte nur, was blöd war, denn er sah mich ja gerade nicht. „Willst du die ganze Nacht hier stehen?“ Diese Frage klang bösartiger als beabsichtigt, aber bevor ich es korrigieren konnte, antwortete er. „Darf ich das nicht?“ Es klang enttäuscht, fast schon etwas mitleiderregend. Er hatte sein Kinn auf das Lenkrad gelegt und starrte in die Nacht. „Doch – ich hatte nicht das Recht – ich meine -“ Wieso fiel es mir so schwer, mich bei diesem Mann zu entschuldigen? Das hieß ja nicht, dass ich immer Unrecht hatte. „Schon gut. Ich versteh dich ja. Ich bin ja wirklich ein Egomane, man sollte mir eben nicht sein Kind anvertrauen, aber meine Schwester wollte nicht hören. Die denkt noch immer, dass ich eigentlich ein gutherziger Kerl bin. Tja, scheiß was auf den weiblichen Instinkt, kann ich nur sagen. Wenn meine Mutter das erfährt, bin ich unten durch und mein Erzeuger wird mir sicherlich den Arsch aufreißen, um es noch freundlich zu sagen.“ Er schien wirklich geknickt zu sein, so kannte ich ihn gar nicht. „Willst du mit hoch kommen? Du kannst dich dann morgen noch einmal bei ihr entschuldigen und Sparky würde sicherlich auch lieber oben schlafen als in deinem Auto.“ Mit verschränkten Armen stand ich da und schaute zu meinem Balkon hoch. „Ist das Mitleid?“ „Kann sein. Aber – es ist deine Familie, nicht meine, also habe ich eigentlich kein Recht, mich einzumischen.“ Wie ich es hasste, nicht Recht zu haben. „Das kommt, weil du so einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hast. Da muss man sich eben immer einmischen.“ Er öffnete die Fahrertür, sah mich an und nahm einen Schluck Kaffee. „Außerdem – sind wir uns in diesem Punkt sehr ähnlich.“ Er schnippte den Stummel seiner Zigarette weg, ließ Sparky aus dem Auto und sah in den Nachthimmel hoch. „Gut, dass ich nur auf Männer stehe, da kann ich wenigstens meine eigenen Kinder nicht verkorksen.“ „Du verkorkst sie nicht. Du kannst nur keine Prioritäten setzen und wenn du sie setzt, dann falsch.“ Ich ging an ihm vorbei und wartete im Fahrstuhl auf ihn. Waren wir uns wirklich ähnlich? Ich konnte das nicht so recht glauben, für mich waren Massanorie und ich so unterschiedlich wie Feuer und Wasser. Als ich als Erster wieder in die Küche trat, sah mich schon Mays ‚Zu irgendetwas wird diese gute Tat schon gut sein’ Blick an. Ich verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. Sie nickte Massanorie höflich zu, trank ihre Tasse leer und ging an mir vorbei. „Ich werd dann mal abhauen. Wir sehen uns doch an diesem Wochenende, nicht wahr? Nicht vergessen.“ Damit drückte sie mir einen Kuss auf die Wange und verschwand. Als sie fast beim Fahrstuhl war, hielt ich sie noch einmal auf. „Danke, dass du dir die Umstände gemacht hast.“ „Welche Umstände? Ich bitte dich, habe ich doch gern gemacht. Es war halt Schicksal, dass ich die Kleine getroffen habe. Jeden Tag eine gute Tat. Außerdem sehe ich dich doch gerne. Heute Morgen und jetzt, wenn wir uns heute noch einmal sehen, musst du einen ausgeben.“ Sie zwinkerte mir zu, umarmte mich ein letztes Mal und winkte, während sich die Türen des Fahrstuhls schlossen. Seufzend schloss ich meine Wohnungstür und ging in die Küche, wo ein ziemlich betrübter, wenn nicht sogar angeschlagener Massanorie saß und aus dem Fenster starrte. „Du kannst nachher bei Katrin schlafen, das Bett ist groß genug.“ Ich setzte mich ihm gegenüber und begann mir einen Apfel zu schälen. Sparky hatte sich, wie es sich für einen guten Hund gehörte, vor meine Schlafzimmertür gelegt. Er wusste anscheinend, dass Katrin dort drin lag und passte nun wirklich gut auf sie auf. Massanorie nickte nur und man konnte richtig sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete. Gott, ich hasste es, wenn mein Kopf anderer Meinung war als ich. Ohne ein Wort zu sagen, schob ich ihm eine Hälfte des Apfels hinüber. Er sah mich forschend an. „Hast du den vergiftet?“ Er nahm die Hälfte und sah mich weiterhin an. „Nein, das wäre zu einfach“, entgegnete ich nur, während ich meine Hälfte aß. Er schmunzelte nur, aß und sah wieder aus dem Fenster. Warum? Warum machte ich mir die Mühe und kümmerte mich um diesen Versager von Mensch? Dieser Kerl hatte es geschafft, mein Leben auf den Kopf zu stellen und es machte mir nicht einmal großartig etwas aus. Wieso war das Schicksal so gemein zu mir? Ohne etwas zu sagen, musterte ich ihn weiter und mir wurde bewusst, dass dieser fiese Kerl gar nicht so fies war, wie er immer tat. „Du solltest dir vielleicht einmal Urlaub nehmen.“ Ich streckte mich und gähnte. „Urlaub ist was für Versager und Weicheier.“ „Oh Entschuldigung! Ich vergas, DU bist Mr. Perfekt und der braucht keine Erholung, in deinem Inneren stecken zwei Duracell Batterien die nie aufgeladen werden müssen. Das einzige Problem ist, dass die dämlichen Hasen aus der Werbung besser aussehen als du.“ „Woher kennst du denn den Duracell Hasen?“ Massanorie schluckte das letzte Stück Apfel hinunter. „Denkst du etwa Japan wäre ein Kaff? Mal ehrlich diesen Werbespott kennt doch jeder.“ Ich schüttelte den Kopf. „Na ja Japan ist nicht unbedingt das Mekka der Welt. Ich meine ihr esst mit riesigen Zahnstochern, dass das Kultur ist, bezweifle ich sehr.“ Sein ekelhafter Zynismus war kaum zu ertragen. Ich hatte seinen verfluchten Arsch gerettet oder May hatte ihn gerettet – egal – Gott er regte mich wirklich auf. „Dafür weiß ich woher ich komme, dass kann man ja von dir nicht behaupten, du hast so wenig Wurzeln wie en Pizzakarton.“ „Ein Pizzakarton war auch mal ein Baum und der hatte Wurzeln, also ist ein Pizzakarton nur eine Weiterentwicklung eines Baumes. Und zu was hast du dich entwickelt? Einer Memme mit Komplexen?“ Wütend ballte ich die Faust, schenkte ihm noch einen giftigen Blick und stand auf. Ich wollte einfach an ihm vorbei gehen, als ich plötzlich spürte, wie er meine Hand festhielt, mich zu sich zog und seine Stirn gegen meinen Bauch lehnte. Es ging so schnell, dass ich nicht einmal wirklich etwas dagegen tun konnte. Ich wollte ihn weg stoßen -. „Tut mir Leid. Sei nicht böse auf mich. Ich bin manchmal einfach ein Ekel, ich bin halt ein gefühlloses Etwas, die Ausgeburt der Hölle, wenn man es mal drastisch ausdrücken will.“ Massanorie Lenjier, der Überboss, das Oberego, entschuldigte sich wirklich bei mir und noch schlimmer, seine Stimme klang so jämmerlich, dass ich Mitleid mit ihm hatte. Also tat ich nichts, blieb einfach so stehen und auch als er seine Arme um mich schlang und sein Gesicht in mein Hemd vergrub, stieß ich ihn nicht fort. Es war ein seltsames Gefühl, diesen Mann, überhaupt einen Mann, so nah an mich heran zu lassen. Massanorie Lenjier Wann war das passiert? Ich wusste es nicht. Als ich gesehen hatte, dass Katrin weg war, da war es wie eine Selbstverständlichkeit gewesen, ihn anzurufen. Er war der Einzige, den ich anrufen konnte. Der Einzige, der sich mit mir privat abgab, auch wenn es mehr Zwang war. Und als ich unten im Auto gesessen hatte, da war alles, woran ich dachte, dass er wütend war; dass er Recht hatte. Nein, ich ertrug es nicht, wenn er wütend war. Irgendwann zwischen dem Moment, wo er in meinem Büro aufgetaucht war und jetzt hatte ich angefangen, ihn zu mögen, angefangen, ihm gefallen zu wollen. Doch ihm war das alles egal, ihm war egal, wie ich hieß, wer ich war, wie die Zahl auf meinem Bankkonto aussah. Er war einer der Ersten die nur auf meinen Charakter schauten und mich deswegen hassten. Wer gesagt hatte, man könne mit Geld alles kaufen, der kannte anscheinend Mamoru nicht. Ich hatte diesen Kerl provoziert, hatte ihn aus der Fassung gebracht, hatte ihn überrascht, habe Grenzen überschritten und trotzdem war er noch da. Ja, ich wusste, es war nicht meinetwegen, es war, weil er für seinen Traum alles tun würde und das schloss ein, mich zu ertragen. Vielleicht imponierte mir das? Aber wenn er bei mir war, dann war es manchmal leichter, ein besserer Mensch zu sein. Männer waren für mich immer nur ein Mittel zum Zweck gewesen, gut genug fürs Bett, aber für mehr nie. Ich nahm mir, was ich wollte und ich bekam es immer. Doch hier musste ich mich bemühen, musste investieren und trotzdem war der Erfolg so gering, dass jeder Andere längst aufgegeben hätte. Doch allein, dass er mich jetzt so nah an sich ließ, war alles wert gewesen. War das wohl eine Art Verliebtheit? Ich wusste es nicht, aber wenn, war es angenehm. Schweigend vergrub ich mein Gesicht weiter in seinem Hemd und war dankbar, dass Katrin gesund war, dass ich sie dank ihm und seiner Freundin gefunden hatte. Dass er in meinem Leben aufgetaucht war. Wie blöd das doch war. Ich war achtundzwanzig Jahre alt und hatte das Gefühl, mich wie ein schrecklich verzogener Teenager zu verhalten. Erst jetzt bemerkte ich, wie gut Mamoru eigentlich roch, und ich brauchte sehr viel Selbstbeherrschung, damit ich nicht etwas Blödes tat. Doch ich besaß leider nicht soviel davon, wie ich gedacht hatte. Es war ein Reflex, dass ich sein Hemd hoch schob und meine Lippen auf seinen Bauch legte und ich war nicht überrascht, dass Mamoru mir dafür sofort eine verpasste. Ich strich mir über den Kopf und verzog das Gesicht schmerzhaft. Aber als ich den Rotschimmer auf seinem Gesicht sah, musste ich schon schmunzeln. Er kommentierte das Geschehene nicht, sondern ging einfach. Aber eine Antwort hatte ich nicht bekommen. Ich holte ihn im Flur ein, nahm erneut seine Hand und drückte ihn gegen die Wand. Er sah mich wütend an, da ich ihm schon wieder viel zu nah auf die Pelle rückte, doch das war egal. Ich beugte mich zu ihm und legte meine Lippen gegen sein Ohr. „Du musst es noch sagen. Sag, dass du mir nicht böse bist.“ Während ich diese Worte flüsterte, bemerkte ich, wie Mamoru sich einerseits immer mehr an die Wand presste, aber andererseits sich seine Nackenhärchen aufstellten. Meine Hand hatte ich gegen die Wand gelehnt, die andere wanderte unter sein Hemd und strich über seine leicht zitternde Haut. Es war einfach köstlich und so wagte ich noch einen Schritt weiter zu gehen, indem ich meine Hand nach unten schob. „Ich wette es würde dir gefallen.“ Flüsterte ich leise, während ich ihm kurz über die Außenseite seiner Ohrmuschel leckte. Er antworte nicht, doch plötzlich spürte ich, wie er seine Hand auf meinen Brustkorb legte und dann war da nur ein unangenehmer Schmerz, der mich veranlasste, ihn los zu lassen und zwei Schritte nach hinten zu torkeln. Ich fasste mir an die Brust, es war so schnell gegangen, dass ich nicht wusste, was passiert war, aber ich fühlte mich gerade nicht gut, fast wie ein Schwindel. Fragend sah ich Mamoru an und musste schlucken. Zwar konnte ich Mamorus Entsetzten sehen, aber dieser wandelte sich sehr schnell in einen Gesichtsausdruck der alles sagte. So hatte mich wirklich noch keiner angesehen. Diesmal war ich zu weit gegangen. Mein Blick fiel auf seine flache Hand und ich konnte den leichten Goldschimmer sehen, der aber innerhalb eines Wimpernschlags wieder verschwunden war. Mamoru kam auf mich zu und tippte mir auf die Stelle, wo seine Hand gelegen hatte. „Das, was ich mit den Pflanzen gemacht habe, kann ich auch anders herum. Also komm mir nie wieder so nah. Denn sonst wird es nicht bei einem kleinen bisschen Energie bleiben.“ Seine Stimme klang wirklich böse und auch warnend. Ich nickte nur und sah ihm nach, während er im Wohnzimmer verschwand. Das war gerade gruselig gewesen. Ich meine, das mit den Pflanzen war seltsam, aber ich hatte es hingenommen. Gut, er war ein Freak, aber das war ich für die Meisten auch. Der einzige Grund, warum ich so gelassen auf diese Sache reagiert hatte, war die, dass ich schon einmal Bücher über solchen paranormalen Quatsch gelesen hatte. Aber so wirklich daran geglaubt hatte ich nie und das mit Mamoru und den Pflanzen hatte ich einfach unter „Seltsam, aber was soll’s?“ abgelegt. Aber DAS hier war absolut unheimlich. Es hatte sich angefühlt, als würde – Gott, es klang so albern, aber als würde man Energie aus mir heraussaugen. Ich fasste mir an die Stelle und atmete tief durch. Da hatte ich mich ja auf etwas komplett Schräges eingelassen. Jetzt hatte Mamoru es geschafft, für mich unter die Kategorie ‚gruselig’ zu fallen. Wie lange ich noch in diesem Flur stand, wusste ich nicht, aber – ich machte mir gerade viele Gedanken über das ‚Für’ und ‚Gegen’, hier zu bleiben. Das ‚Für’ gewann. Ich starrte an die Zimmerdecke, die ich nicht sehen konnte, weil es ja dunkel war und lauschte Katrins leisen Atemzügen und meinen Gedankengängen. Aber trotzdem kam ich mir gerade schäbig vor. Noch vor einer Stunde hatte ich doch gedacht, wie es wäre, mit ihm zu schlafen und nun wollte ich ihm kündigen. Klasse! Ich hasste mein Leben. Angeschlagen, müde, aber nicht fähig, ein Auge zuzubekommen, stand ich auf und verließ das Schlafzimmer. Vorsichtig schaute ich um die Ecke ins Wohnzimmer und stellte fest, dass anscheinend nicht nur ich an Schlaflosigkeit litt. Auf dem Tisch stand ein eingeschalteter Laptop, aber das Sofa war leer. Mein Blick schweifte auf die offene Balkontür und ich sah Mamoru, der auf dem Boden saß und rauchte. Das war wohl auf mich zurückzuführen. Tja, schlechter Einfluss, konnte man nur sagen. Leise nahm ich mir ein Kissen vom Sofa, betrat den kleinen Balkon, legte es auf die gegenüberliegende Seite von Mamoru und setzte mich. Eine Weile sagten wir nicht, doch dann brach Mamoru dieses bedrückende Schweigen. „Sieh mich nicht so an.“ Er klang deprimiert und legte seinen Kopf auf seine Knie, während er die Zigarette auf dem Boden ausdrückte. „Wie denn?“, fragte ich leise. „So, als wäre ich ein Freak, ein tolles Versuchslaborkaninchen, was weiß ich – eben als wäre ich nicht normal.“ Schweigend wandte ich den Blick ab. Ich dachte nach, wollte es verstehen, weil ich ihn wirklich mochte, weil ich wollte, dass er mir vertraute. „Erklär es mir.“ Ich sah ihn direkt und ernst an. „Was?“ Er war völlig perplex. „Ich will, dass du es mir erklärst. Das, was du da machst. Wieso, warum – egal was, erklär es mir. Du willst, dass ich nicht denke, dass du ein Freak bist, dann hilf mir doch dabei und erklär es mir. Du kannst doch nicht erwarten, dass ich es verstehe, wenn du es mir nicht erklärst.“ Ich seufzte, strich mir durch die Haare und sah ihn wieder an. Mamoru aber sah mich schweigend an und schüttelnde dann den Kopf. „Das kann ich nicht. Es würde zu lange dauern und außerdem würdest du es sowieso nicht glauben.“ „Oh, bitte. Meine Nichte glaubt an ein Mädchen im Matrosenanzug, das die Welt rettet, da wird ja wohl etwas Phantasie bei mir hängen geblieben sein“, konterte ich schmunzelnd. „Genau da liegt das Problem.“ Ich verstand nicht, was Mamoru meinte, aber ich sah ihm an, dass es ihm schwer fiel, mir einen Korb zu geben. „Ich kann raten?“ „Was?“ „Ja, du sagst, du kannst es nicht sagen. Dann rate ich so lange, bis ich genug weiß, dass du es mir erzählen kannst.“ Ich lächelte und stupste ihn mit meinem Fuß an. „Du bist doch verrückt.“ Er schüttelte nur den Kopf und sah in den Himmel. „Den kenn ich schon. Also fangen wir an.“ Ich sah Mamoru fragend an und überlegte, wie und was ich fragen konnte. „Fangen wir simpel an. Du kannst meine Pflanzen gesund machen? Mit Energie?“ Ein Nicken. „Gut. Und du kannst das auch andersherum – also Energie weg nehmen?“ Wieder ein Nicken. So machten wir weiter, bis ich eine Stunde später so eine ungefähre Ahnung hatte, was Mamoru alles konnte. „Zusammengefasst. Du kannst Lebewesen Energie geben und wegnehmen. Und wenn du sie gibst, dann ist es immer etwas von deiner Energie und du machst das mit diesem komischen goldenen Licht, was ich vorhin gesehen habe. Richtig bis jetzt?“ Er nickte. Die ganze Zeit hatte er nur genickt oder den Kopf geschüttelt. Obwohl er auch ein-, zweimal gelacht hatte, als ich gefragt hatte, ob das mit einer Alienentführung zu tun hatte. „Siehst du, ich glaube es bis jetzt. Obwohl eine Vorführung schon toll wäre.“ Ich wollte es mit meinen eigenen Augen sehen, auch, wenn es noch immer schwer zu glauben war. Aber ich glaubte ihm und obwohl es noch immer seltsam war, war die Spalte ‚gruselig’ gestorben. Mamoru sah mich zögernd an. „Tut mir Leid – ich meine das vorhin im Flur. Ich – ich weiß auch nicht. Du bist aber auch selber schuld, du hältst dich eben nicht an solche Dinge wie – na ja, du weißt, was ich meine.“ Ich nickte nur und lächelte. „Ja, ich weiß. Aber hätte ich gewusst, dass du so was kannst, dann hätte ich es mir sicherlich noch einmal überlegt – vielleicht.“ Mamoru seufzte und schüttelte den Kopf. „Ich habe eine Zimmerpflanze in der Küche, aber die bring ich jetzt nicht deinetwegen um.“ „Mach’s bei mir“, kam es schnell von mir. Erschrocken sah er mich an. „Ich mein das ernst. Du kannst mir das ja wiedergeben, was du mir geklaut hast.“ „Ich hol die Pflanze, sonst gibst du ja keine Ruhe“, kam es schnell von ihm. Er stand auf, ging an mir vorbei und kam nach einigen Minuten mit einer kleinen Pflanze wieder. Zögerlich sah er mich an, er vertraute mir noch immer nicht, das merkte man nur zu deutlich. Schweigend rückte ich näher und tippte ihm an die Schläfe. „Ich weiß, ich bin rücksichtslos und ein Egomane, aber – ich will, dass du mir vertraust, vollkommen. Bitte zeig es mir.“ Man konnte sehen, dass er wirklich darüber nachdachte und dann entschloss er sich, es zu versuchen. Zu versuchen mir zu vertrauen, dass musste schwer für ihn sein, da waren wir uns gleich. Völlig fasziniert sah ich zu, wie er die Augen schloss und sich wieder dieses warme Licht bildete, man konnte sehen, wie die Pflanze langsam verwelkte. Plötzlich stoppte der Prozess und die Pflanze wurde wieder so wie zuvor. Mamoru seufzte, nahm die Hände von der Pflanze und das Licht erlosch. Sprachlos saß ich neben ihn und tippte an die Pflanze. Mamoru hatte sein Kinn auf die Knie gelegt und sah mich prüfend an. „Krass“, entfuhr es mir nur, ich nahm Mamorus Hand und sah sie mir an. „Gut, dann weiter, jetzt kenn ich die Theorie und jetzt alles andere.“ Mamoru verdrehte die Augen. „Das ist zu kompliziert.“ „Du hast hier gerade die absolute Parascheiße abgezogen und sagst mir, dass ich keine Infos mehr bekomme?“ Meine Hand legte sich auf seinen Kopf und strubbelte ihm durch die Haare. Er überlegte, dass sah ich ihm an. Und dann begann er es einfach zu erzählen... ...es war kurz vor sechs Uhr morgens. Irgendwann hatten wir uns wieder ins Wohnzimmer gesetzt und nun drückte ich meine letzte Zigarette in einem provisorischen Aschenbecher aus. Mamoru hatte vor einer halben Stunde seine Geschichte beendet, ich hatte nichts mehr gesagt seitdem, sondern hatte mir das alles noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Irgendwann in den letzten zehn Minuten war Mamoru aufgestanden und war duschen gegangen. Er schien verunsichert was mich anging und wollte deswegen wohl nicht in meiner Nähe sein. Ich sah an die Decke und versuchte alles logische Denken auszuschalten, als ich plötzlich ein leises Winseln hörte. Lautlos stand ich auf und schaute um die Ecke in den Flur. Mamoru stand mit tropfenden Haaren, einem Handtuch in der Hand, mit T-Shirt und Shorts bekleidet im Flur und schaute auf den Boden. Sparky saß vor ihm und sah zu ihm hoch, während er Mamoru anstupste. Ich sah die Tränen, die an seinem Kinn hinunter tropften. Anscheinend hatte er mich gar nicht bemerkt, denn er blieb einfach dort stehen und kraulte Sparkys Kopf. Vielleicht hatte mein Schweigen, als er fertig gewesen war, mehr Schaden angerichtet als ich dachte. Ohne auf mich aufmerksam zu machen, ging ich wieder zurück, setzte mich in den Sessel und dachte nach. Als Mamoru nach weiteren zehn Minuten wieder hereinkam, lächelte er mich an. Wie ich es hasste, dieses aufgesetzte Lächeln. Schweigend sah ich ihn an, während er sich wieder auf die Couch setzte. Sparky legte sich neben mich und sah zu mir hoch, so als wolle er mir sagen, dass ich etwas sagen sollte. Doch was soll man sagen, wenn man solch eine Geschichte zu hören bekommt? Soll man sagen ‚Ist alles klar! Glaube ich dir!’ Ich meine, es ist nicht so leicht, zu glauben, dass es so jemanden wie Sailor Moon oder Wiedergeburt und so einen Rotz wirklich gab. Mein Blick blieb auf Mamoru liegen, er rieb dich die Haare mit dem Handtuch trocken und wich meinem Blick aus. Es musste schwer sein, wenn man niemanden hatte, dem man so etwas sagen konnte. Und nun – nun hatte er es mir erzählt. Hatte ich es denn nicht so gewollt? Ich wollte, dass er mir vertraute und dies war der Moment, wo ich irgendetwas Intelligentes sagen sollte, doch was? Weiter darüber nachdenken brachte mich nicht weiter, also stand ich auf, setzte mich neben ihn und nahm ihm das Handtuch weg. „Das mit diesem Energiegedönse – das kannst du nur mit den Händen, oder?“ Er nickte - mal wieder – sein Blick zeigte mir, dass er nicht wusste, was ich jetzt von ihm wollte. Ohne noch ein weiteres Wort zu verschwenden, packte ich seine Hände, drückte ihn mit aller Kraft nach hinten und beugte mich über ihn. Meine Nasenspitze berührte die seine und ich sah das Entsetzen in seinem Gesicht. „Lass mich los!“, zischte er mich an, doch ich schmunzelte nur und drückte seine Hände weiterhin über seinem Kopf auf das Sofa. „Keine Lust. Du denkst, ich glaube dir nicht – ich kann dir aber nur sagen, - ich weiß es selber nicht. Aber ich weiß, dass es dich verletzte, würde ich sagen, dass du verrückt bist und das will ich nicht. Denn wenn du das mit den Pflanzen kannst, warum soll nicht auch alles andere stimmen?“ Ich lächelte ihn an. Beugte mich tiefer und strich mit meiner Nasenspitze über seinen Hals, ich musste seine Hände ganz schön festhalten, denn er wehrte sich sehr. Langsam legte ich meine Lippen auf seine Haut und küsste ihn, während ich mit meiner Zungenspitze kleine Kreise nachzeichnete. Sein Puls wurde schneller und er wandte sich unter mir, was ich nur noch reizvoller fand. „Du stellst dich ganz schön an.“ Ich richtete mich wieder auf, sah ihm wieder ins Gesicht und lächelte ihn nett an. „Es war doch nur dein Hals. Außerdem würde es dir vielleicht sogar gefallen, wenn du nicht so schrecklich stur wärst.“ „Ich bin aber nicht schwul!“, gab er mir giftig als Antwort. „Habe ich auch nicht behauptet. Außerdem bist du ganz schön diskriminierend.“ Darauf sagte er nichts, sondern schnappte nach Luft. Ich grinste ihn frech an und wollte mir eigentlich nur noch einen kleinen Scherz erlauben. Ich fuhr erneut mit meiner Zungenspitze über eine kleine Stelle seines Halses, kratzte leicht mit meinen Zähnen daran entlang und biss dann etwas zu. Doch dass ich dann ein kleines Seufzen hörte, überraschte mich. Ich sah Mamoru an und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Da steht jemand auf Schmerzen. Ein kleiner Masochist bist du also.“ Mamoru aber wurde puterrot. „Das ist nicht war, also geh endlich von mir runter“, keifte er mich an. Ich ließ ihn los, völlig schockiert richtete sich Mamoru wieder auf, räusperte sich und strich sich über die Stelle, wo ich ihn gebissen hatte. „Mach das nie wieder. Und außerdem bin ich nicht diskriminierend, ich steh nur nicht darauf, wenn Männer über mich herfallen.“ Damit hatte sich das Thema gegessen. Er hatte nun ein anderes Thema, über das er sich aufregen konnte und hatte wohl die Sache mit der Geschichte vergessen – vorläufig. Die nächste Stunde durfte ich mir nun anhören, warum er a) nicht diskriminierend war, b) ich ihn nie, nie, nie wieder anfassen sollte und c) dass er nicht geseufzt hatte wegen dem Beißen, sondern weil er von mir genervt war und ich eigentlich in eine Klapse gehörte. Das von einem Kerl, der behauptete, ein wiedergeborener Prinz zu sein, der Pflanzen heilen konnte, der behauptete, seine Ex wäre eine ehemalige Prinzessin sowie Sailor Moon und auch noch sagte, dass er zwei sprechende Katzen kennen würde. Ich aber nickte nur, schmunzelte und fragte mich, wie das hier wohl noch weiter gehen würde. --------------------------------------------------------------------------------- *²die Adresse gibt es wirklich nur ist es in echt eine Bücherei Kapitel 9: Step Nine... Likeable -------------------------------- Manche Menschen sind uns nur deshalb sympathisch, weil sie die gleichen Fehler haben wie wir, manche dagegen unsympathisch, weil wir ihre Vorzüge nicht besitzen. Peter Sirius Mamoru Chiba ‚Sympathie ist die aus gefühlsmäßiger Übereinstimmung kommende Zuneigung zu einem anderen Menschen. Sympathie ist positiv wertend und bezeichnet in der Regel eine emotionale Beziehung zu einem Menschen, einem Tier oder auch zu einer Idee oder Ideologie, niemals aber zu einem Gegenstand. [...]’ So stand es in Wikipedia*, aber ich wusste wirklich nicht, ob Massanorie und ich eine Art Sympathie zu einander hegten. Seit heute Morgen warf er mir immer wieder an den Kopf, dass ich Vorurteile ihm gegenüber hätte und das Schlimme war – er hatte Recht. Seufzend starrte ich auf die Post vor mir und dachte darüber nach, warum ich ihm gegenüber solche Vorurteile hatte. Der Gedanke, dass gerade ich so etwas vorgehalten bekam, wurmte mich. Mein Blick wanderte zu der geschlossenen Tür und dann zu Katrin, die an dem kleinen Tisch neben mir saß und wieder einmal ein buntes Bild von Sailor Moon malte. Ihre Mutter war nun schon eine geschlagene Stunde bei ihm und irgendwie war ich mir sicher, dass dies kein gutes Zeichen war. Als sie hier aufgetaucht war, hatte Massanorie völlig gelassen gewirkt. Vielleicht, weil er schon geahnt hatte, dass sie früher auftauchte als erwartet? Julia Lenjier sah ihrem Bruder nicht sehr ähnlich. Sie hatte schulterlange, braune Haare und wirkte auf dem ersten Blick recht sympathisch. Jedoch, nach einer Weile hatte Massanorie die Kleine hinausgeschickt und ich ahnte Schlimmes. Und ich hatte (leider) mal wieder Recht. Denn nur eine Minute später hörte ich sehr deutlich, was Julia Lenjier ihrem Bruder an den Kopf warf. „DU HAST WAS? WIE KANNST DU NUR SO VERANTWORTUNGSLOS SEIN? SIE IST DOCH NOCH EIN KIND. IHR HÄTTE ETWAS PASSIEREN KÖNNEN, SIE HÄTTE ENTFÜHRT ODER TOT SEIN KÖNNEN. ICH DACHTE, DASS DU WENIGSTENS UNSERE ESKAPADEN VERGISST, WENN DU AUF MEINE TOCHTER AUFPASST! VATER HAT RECHT, DU BIST EINFACH KINDISCH UND WIRST NIE ERWACHSEN WERDEN. UND DANN WUNDERST DU DICH, DASS DEIN LEBEN EIN EINZIGES SUMPFLOCH IST? DU HAST ES NUN GESCHAFFT, MASSANORIE, AUSSER UNSERER MUTTER WILL KEINER MEHR AUS DER FAMILIE ETWAS MIT DIR ZU TUN HABEN! DASS DU DICH NICHT SCHÄMST, WENN DU MAMA TRIFFST! SIE HAT SICH IMMER FÜR DICH EINGESETZT, ABER ANSCHEINEND HÄTTE SIE SICH DAS SPAREN KÖNNEN.“ Katrin zupfte an mir und sah mich erschrocken an. Anscheinend kannte sie ihre Mutter so noch nicht. Ich lächelte sie nur aufmunternd an, doch bevor ich etwas sagen konnte, wurde auch schon die Tür aufgerissen. Ohne mich eines Blickes zu würdigen, nahm sie die Hand ihrer Tochter und ging. Katrin winkte mir zu und sah ihre Mutter dann fragend an. Eine Weile saß ich noch da und schaute ihr hinterher, dann aber stand ich auf und warf einen vorsichtigen Blick in sein Büro. „Massanorie?“ Ich klopfte an die geöffnete Tür und wartete auf eine Antwort, die aber nicht kam. Zögerlich betrat ich das Büro und wartete darauf, irgend einem Gegenstand ausweichen zu müssen, denn ich befürchtete, dass ich jetzt alles ausbaden durfte. Schließlich brauchte er jetzt jemanden, an dem er seine Wut auslassen konnte, und wer sollte das sein außer mir? Doch als ich ihn sah, wirkte er alles andere als wütend. Er lag mit geschlossenen Augen auf der Couch, sein Jackett hatte er einfach achtlos auf den Boden geschmissen. „Sie wird zu meiner Mum rennen, dann petzen – ich denke – so heute Abend oder morgen früh wird sie hier auftauchen. Sie wird hier hereinkommen oder vor meiner Wohnung stehen, mit diesem mütterlichen Enttäuschungsblick und ich werde mir denken, dass ich meine Schwester wirklich hasse. Gott – und mein Erzeuger? Der wird ausrasten, wahrscheinlich enterbt der mich und schmeißt mich aus der Firma. Aber egal – was soll’s? -“ Ich ließ mich auf der Couchlehne nieder und hörte ihm zu. Das, was er sagte, klang zynisch und fast etwas spöttisch. Erst jetzt sah ich die Schramme in seinem Gesicht. „Sie hat mir eine Ohrfeige gegeben und hat natürlich – wie sollte es auch anders sein? - ihren Ehering aufgelassen.“ Mit einem Schmunzeln sah er mich nun an und strich sich über den Striemen. „Mein Gesicht hat sie mir entstellt, dabei ist das doch mein Kapital. Das einzig Sympathische an mir.“ Er lachte leise, setzte sich auf und sah mich an. „Hier ist immer was los! So einen spannenden Job hast du sicherlich noch nie gehabt. Fast wie eine schlechte Soap.“ Irgendwie war mir nicht zum Lachen zumute. Ich wusste, ich würde das bereuen. Vor meinem geistigen Auge sah ich es schon: Luna, die mir Vorträge hielt, was das Erzählen von Identitäten anging. Oh, Gott, ich machte mir darüber Gedanken, dass eine Katze mich anmotzen würde. Das klang doch total verrückt. „Halt still, sonst kannst du dein Kapital vergessen.“ Ich zog sein Gesicht näher zu mir, legte meine Hand auf seine Wange und nach einem kurzen Augenblick war es auch schon vorbei. Ich sah mir die Stelle an, wo der Striemen gewesen war, doch davon sah man nichts mehr. „Vollidiot“, zischte ich nur, während ich mich neben ihn setzte und über mich und meine Aktion den Kopf schüttelte. Doch Massanorie fasste ungläubig an die Stelle und lächelte mich dann nur an. „Deswegen bekommst du aber keine Gehaltserhöhung“, gab er augenrollend von sich. Ich schmunzelte. „Keine Sorge. Ich werde ja nicht nach Leistung bezahlt, dass könntest du dir auch gar nicht leisten.“ „Hippie.“ „Egomane!“ Wir sahen uns an und schmunzelten. Andrea Lenjier Als Julia auf die Terrasse trat, schnitt ich gerade meine Sommer-Narzissen* zurück und band aus den letzten Blüten einen schönen Strauß für mein Arbeitszimmer. Sofort sah ich, dass Julia aufgeregt war, doch zuerst einmal fing ich Katrin auf, welche mich stürmisch begrüßte. „Oma!“ Sie fiel mir um den Hals und drückte mich fest. Oh, wie liebte ich dieses Kind, so ein kleines Ding im Haus zu haben ließ mich wieder jung werden. Ich küsste sie auf die Wange und drückte sie fest. „Meine Süße. Wie geht es dir? Hattest du Spaß bei deinem Onkel?“ Sie nickte eifrig. „Ja, wir waren Nudelsuppe essen, spazieren, auf dem Friedhof, haben Blumen gekauft und ich kann etwas Japanisch. Das hat mir Maru-chan beigebracht. Oh, und Maru-chan hat mit mir gekocht. Das war sooo lecker.“ Sie strahlte über das ganze Gesicht und ich wusste, dass sie wirklich gerne bei ihrem Onkel gewesen war. Ganz egal, was Seijiro oder andere sagten, ich wusste, dass Massanorie ein guter Mensch war und er würde nie zulassen, dass Katrin etwas geschah. Meine Tochter aber hatte sich an den kleinen Marmortisch gesetzt und wirkte wirklich aufgewühlt und wütend. „Willst du mir etwas helfen? Ich wollte noch einige Begonien* abschneiden, du weißt schon, die Puscheligen.“ „Darf ich das machen? Bitte, bitte.“ Sie hüpfte auf und ab und freute sich, als ich nickte. „Du darfst sie einfach abknicken, so, wie ich es dir gezeigt habe.“ Ich hatte es nicht ganz ausgesprochen, da war sie auch schon weg. Lächelnd sah ich ihr nach, legte die Blumen in meiner Hand auf den Tisch und setzte mich zu Julia. Ihr braunes Haar hatte sie zu einem Zopf gebunden und ihre grünen Augen sahen mich verzweifelt an. „Was ist passiert? Habt ihr euch wieder gestritten?“ Ich sah sie traurig an. Es schmerzte mich, dass diese Familie mit jedem Tag mehr zerbrach und ich konnte nichts dagegen tun. Alles, was ich tat, half nicht. Mein Mann redete nur mit seinem Sohn, weil ich es wollte, damit ich glücklich war und Massanorie wollte nicht verstehen, dass sein Vater ihn trotz allem liebte. „Er hat sie alleingelassen. Er ist einfach gegangen und hat sie allein gelassen. -“ Sie begann zu erzählen und ballte dabei ihre Hände zu Fäusten. Ich aber hörte nur zu und urteilte nicht. Julia hatte gerade ihre Erzählung beendet, als Katrin auch schon wieder kam und mir die bunten Begonien hinheilt. Ich lächelte, nahm sie ihr ab und tippte ihr auf die Nase. „Mama hat mir erzählt, dass ihr, du und dein Onkel, Streit hattet.“ Sie sah zuerst ihre Mutter, dann mich an und schließlich nickte sie. „Aber das ist alles gut. Ich habe Sano-oji-chan und Maru-chan versprochen, nicht mehr wegzulaufen. Das war dumm und mir hätte was passieren können. So was darf man nicht.“ Sie seufzte und sah auf den Boden. „Bist du deswegen böse auf Sano-oji-chan?“ Zögerlich zupfte sie an der Hose ihrer Mutter. Diese aber sagte nichts. „Deine Mutter glaubt, dass dein Onkel nicht gut auf dich aufgepasst hätte – wer ist eigentlich Maru-chan?“ Katrins Augen strahlten. „Er ist Sano-oji-chans Freund, er arbeitet für ihn und ist ganz oft bei ihm. Er hat mir eine Geschichte von Sailor Moon erzählt und ich durfte seiner Mama und seinem Papa auch Blumen hinlegen, weil sie auch schon im Himmel sind. Und er kann ganz toll kochen und hat auch einen Teddybären und ich durfte bei ihm schlafen und er hat mir etwas Japanisch beigebracht und ich ihm Deutsch. Hast du gehört, Oma? Ich habe ihm auch was beigebracht und Sano-chan ist immer nett, wenn er da ist.“ Sie klatschte in die Hände und war anscheinend wirklich begeistert von diesem Mann. „Wie heißt er denn richtig?“ Ich stupste sie sanft an und ignorierte Julias Protest. „Mamoru. Aber ich darf Maru-chan sagen und er darf Kati-chan sagen, aber letztens hat er mich Nezumi-chan genannt. Das heißt Mäuschen, dass finde ich noch viel toller als Kati-chan.“ Überrascht dachte ich nach und konnte mich gar nicht daran erinnern, dass Massanorie hier jemanden kannte. Aber der Mann, von dem Katrin sprach, war mir jetzt schon sympathisch. „Oma? Darf ich mir ein Eis nehmen?“ Ich lachte kurz und nickte dann. „Natürlich. Du bist ja schon ein großes Mädchen und kannst das allein, oder?“ Sie nickte zustimmend und lief wieder ins Haus. „Ich werde nie wieder mit ihm reden. Ich meine, er ist völlig verantwortungslos. Er lässt seine Bettgeschichten auf meine Tochter aufpassen. Er hätte endlich einmal eine Lektion verdient. So kann man nicht mit der Familie umgehen.“ Ohne ein Wort zu sagen stand ich auf, nahm meine Gartenhandschuhe, meine Blumenschere und ging. Auf halbem Wege drehte ich mich noch einmal um. „Aber er hat sich doch entschuldigt? Oder? Er hat dir gesagt, was passiert ist. Das ist mehr Verantwortung als er sonst gezeigt hat. Und außerdem würde er niemals irgendwelchen Fremden Katrin anvertrauen. Das solltest du wissen. Ich bin es jetzt auch endgültig leid. Ich will und kann nicht mehr zwischen zwei Stühlen sitzen. Wenn du gehst, kannst du zu deinem Vater gehen, er sitzt in seinem Büro, wein dich bei ihm aus. Ich will es nicht mehr hören. Weder von dir, noch von Seijiro will ich jemals wieder ein schlechtes Wort über meinen Sohn hören. Du bist immer willkommen, aber ich stehe nicht auf deiner Seite und auch nicht auf der deines Vaters.“ Mit diesen Worten ging ich und kümmerte mich um meinen Garten. Innerlich zeriss es mich, dass meine Tochter und mein Mann kein gutes Haar an Massanorie ließen. Ja, er hatte seine Fehler, er hatte sich verändert, aber er war mein Junge. Mein kleiner Junge, der mir, als er noch jünger war, immer im Sommer im Garten geholfen hatte, der mich strahlend angesehen hatte, wenn er einen Marienkäfer fand. Er würde es einfach immer sein und mehr wollte ich nicht. Jetzt war einfach ein Moment gekommen, wo ich auf seiner Seite stehen wollte. Nicht mehr vermitteln und hoffen, dass alles wieder gut werden würde, einfach nur noch parteiisch sein – so, wie es mein Mann auch immer war. Es wurde schon dunkel, als ich gerade dabei war, meinen Winterjasmin* zu beschneiden, damit er auch im nächsten Winter wieder wunderschöne, gelbe Blüten tragen konnte. Ich liebte diese Pflanze, besonders, wenn es geschneit hatte, sahen die gelben Blüten einfach traumhaft aus. Plötzlich stieg mir ein vertrauter Geruch in die Nase ich sah auf und sah Seijiro an, welcher neben mir eine Tasse Hagebuttentee abstellte. Er sagte nichts, aber ich sah in seinem Gesicht, dass er wusste, dass ich wütend war. „Danke“, flüsterte ich leise und arbeitete weiter. „Es wird schon dunkel, willst du nicht reinkommen? Im Dunkeln kannst du doch sowieso nichts mehr hier draußen machen.“ Ich legte die Schere beiseite, setzte mich auf den Steinweg, nahm die Tasse und pustete den heißen Dampf fort. „Julia war bei mir.“ „Ich weiß und ich will es nicht hören“, gab ich garstig als Antwort. „Wenn der einzige Grund, warum du hier bist, der ist, dass du mir sagen willst, dass mein Junge Mist gebaut hat, dann kannst du dir das schenken. Ich habe kein Interesse, es zu hören. Du und deine Tochter, ihr seid solche – solche Trottel.“ Ich sah ihn an, stand auf und ging an ihm vorbei ins Haus. „Andrea!“ Er kam mir nach und hielt mich am Arm fest. „Hör mir doch erst einmal zu. Ich verstehe dich ja -“ „Nein, das tust du nicht. Du siehst Massanorie nur noch als Mitarbeiter oder Geschäftspartner an. Aber nicht mehr als Sohn. Und das kotzt mich einfach an. Ich wollte doch nur eine Familie mit dir gründen. Du hast mir damals versprochen, wir würden eine glückliche Familie haben, egal was passiert, egal was andere aus deiner Familie sagen, weil du mich, eine Deutsche, geheiratet hast. Aber jetzt, sieh dich um, deine Tochter hasst deinen Sohn, du verachtest deinen Sohn, weil er schwul ist und ich, ich muss mich entscheiden zwischen den Menschen, die ich liebe. Das ist nicht fair mir gegenüber, deinem Sohn gegenüber.“ Seijiro nahm die Hand weg und seufzte nur resigniert. „Nur damit du es weißt. Ich werde Massanorie anrufen und ihn morgen zu Mittag einladen. Und mir wäre es lieb, wenn du nicht da wärst.“ Ich sah ihn an und wusste, dass er verletzt war, so etwas von mir zu hören. Aber er konnte nicht verlangen, dass ich ihn über mein Kind stellte. „Ich liebe dich – aber Massanorie und auch Julia werden immer zuerst kommen.“ Mit einem traurigen Blick strich ich ihm über den Brustkorb und ging dann hinein. Diese Nacht würde ich in einem der Gästezimmer schlafen, das hatte ich gerade beschlossen. Aber zuvor wollte ich Massanorie anrufen und ihn einladen. Mein Blick wanderte zur Uhr und ich wusste, dass er noch im Büro war. Er war halt ein kleiner Workaholic. Als ich die Kurzwahltaste auf dem Telefon gedrückt hatte, dauerte es nicht lange, bis ich ein Freizeichen hörte und nur wenig später meldete sich eine nette Männerstimme. „Hier das Büro von Massanorie Lenjier.“ Ich schmunzelte. „Guten Abend, Andrea Lenjier hier. Ist mein Sohn wohl kurz zu sprechen?“ Eine kurze Pause entstand. „Natürlich, Frau Lenjier.“ Ich schmunzelte über diese Höflichkeit und überlegte, ob das wohl die Stimme des netten jungen Mannes war, von dem Katrin gesprochen hatte. „’N Abend, Mum.“ „Hallo. Wie geht es dir?“ Ich ließ mich in den weichen Sessel fallen und wickelte eine kurze Haarsträhne um meinen Finger. Eine schreckliche Angewohnheit. „Ich hatte schon damit gerechnet, dass du anrufst. Du rufst doch wegen Julia an. Also, mach schon, halt mir eine Standpauke, dann habe ich es hinter mir.“ „Nein“, kam es prompt von mir. „Ich wollte nichts dergleichen, sondern dich zum Essen einladen. Morgen Mittag wäre schön, wenn du Zeit hast. Nur du und ich.“ Keine Antwort. „Massanorie?“ „Ja, ich bin noch da. Ich überlege nur, was du vorhast.“ „Ich habe nichts vor. Ich bin es nur leid, mich immer zerreisen zu müssen. Ich will nichts mehr hören. Ich will einfach nur mit dir Zeit verbringen. Bitte.“ Wieder sagte er nichts, doch das kurze Seufzen am anderen Ende ließ mich auf eine gute Antwort hoffen. „Wann soll ich da sein?“ Ich war glücklich, dass er zusagte. „So um 13 Uhr, dann habe ich das Essen fast fertig. Willst du etwas Bestimmtes?“ Ich hörte, wie er leise lachte und ich wusste, dass er sich jetzt gerade durch die Haare strich. Das tat er immer, wenn er über mich den Kopf schüttelte. „Wie wäre es mit Rahmporree mit Buletten? Mal wieder was Vernünftiges zu essen.“ Ich lachte und nickte. „Alles, was du willst.“ „Gut, dann morgen um 13 Uhr, bei dir. Ich liebe dich.“ „Ich liebe dich auch.“ Gerade, als ich auflegen wollte, fiel es mir ein. „Massanorie?“ „Ja?“ „Mit dem Essen wollte ich mich dafür bedanken, dass du so gut auf Katrin aufgepasst hast. Da wäre es nur nett, wenn du deinen Freund mitbringen würdest. Katrin schwärmt von ihm und hat gesagt, dass er auch sehr gut auf sie aufgepasst hat.“ Ich hörte, wie er die Luft einzog. „Er ist nicht ‚mein’ Freund, sondern ‚ein’ Freund. Aber die Kleine scheint den Unterschied nicht zu kennen. Aber ich werde ihn fragen, versprechen kann ich aber nichts.“ „Gut. Dann bis morgen.“ Ich legte auf und freute mich schon auf morgen. Erst jetzt sah ich, dass Seijiro im Türrahmen stand und mich ansah. „Wieder ein Neuer. Wie lange es wohl diesmal dauert, bis er mit einem Skandal in der Zeitung steht?“ Er klang sarkastisch. „Können wir reden?“ Er sah mich mit seinen braunen Augen bittend an. Doch diesmal wollte ich nicht nachgeben. Ich hatte so viel eingesteckt, hatte so viel gegeben, nur um in seine Familie zu passen. Aber ich war und blieb die kleine dumme Deutsche, die aufmüpfig und frech war. Die ihren Mann nicht mit dem Respekt behandelte, den er verdiente. Seine Familie war schrecklich steif und typisch altmodisch japanisch. „Ich gehe schlafen. Wir sehen uns die Tage, wenn du neben deinen Konferenzen, deinen Partnern, deiner Firma und neben dem Kritisieren deines Sohnes Zeit für mich findest.“ Ich sah ihn schnippisch an und verließ das Zimmer um schlafen zu gehen. Ich war sicherlich nicht immer leicht und ich wusste sehr wohl, dass Massanorie viel von mir hatte, besonders, was Sturheit und Mundwerk anging, aber das war mir egal. Schließlich hatte Seijiro das gewusst, als er mich geheiratet hatte. May Godai Ich warf den Ball immer wieder gegen die Wand und hörte Minako nur halbherzig zu. So langsam wurde es wirklich nervig, wenn ich mich mit Minako traf, redete sie über Yosuke und umgekehrt. Obwohl, mit Minako war es schon erträglicher, sie hatte nämlich zur Zeit nur Angst, dass Yosuke es nicht ernst meinte und sie nur ins Bett bekommen wollte, weil er doch so viel älter war als sie. „Ich an deiner Stelle würde mich nicht mit so was belasten, ich meine, wenn Yosuke wirklich nur mit dir ins Bett wollte, dann hätte er das gesagt. Außerdem redet er von dir, als wärst du eine Göttin oder ein Engel und jede Berührung könnte dich zerbrechen oder so was. Er wird dann immer etwas theatralisch und poetisch.“ „Wirklich? Oh, wie kawaii. Er ist so toll. Er ist einfühlsam, witzig, gutaussehend -“ Ich verdrehte nur die Augen und hörte wieder weg. Zur Zeit gingen mir ganz andere Dinge durch den Kopf und zwar, was mit Mamoru los war. Seitdem dieser Kerl in seinem Leben aufgetaucht war, hatte sich Mamoru etwas verändert. Ich meine, er war zuvor noch nie so ausgerastet. Mamoru war immer der Gentleman, der perfekte Schwiegersohn, aber er hatte wirklich total die Fassung verloren. Aber andersherum war er plötzlich auch viel lockerer und nicht mehr so angespannt und auf dem Friedhof – ich hatte noch nie gesehen, dass Mamoru einen anderen Menschen so nah an sich heran ließ. Ich mochte diesen Massanorie nicht wirklich, er war einfach ein Mann mit einer super-schwarzen Aura. Wenn man hier von Karma sprach, dann hatte Massanorie ein extrem schlechtes. Dabei war der Mann doch schwul, dass hatte jedenfalls im Netz gestanden, und ich dachte immer, alle schwulen Männer wären süß und schnuckelig. Aber da wurde ich wohl enttäuscht. Mit einem nachdenklichen Blick fing ich den Ball erneut auf, klappte meinen Laptop hoch und tippte unter Wikipedia* den Begriff ‚Sympathie’ ein. [...] Sympathie als eine primär einseitige Empfindung kann Voraussetzung für emotionale Beziehungen wie Freundschaft oder Liebe sein, was umgekehrt nicht vorstellbar wäre. Sympathie wäre daher als distanziertes Wohlwollen zu verstehen. Zwar wird ein Mensch, für den man Freundschaft oder Liebe empfindet, so gut wie immer auch als sympathisch wahrgenommen, unbedingte Voraussetzung oder Vorstufe dafür ist Sympathie jedoch nicht („Hassliebe“). Von der Liebe bzw. der Verliebtheit sagt man, dass sie die Entscheidungsfreiheit bzw. rationale Entscheidungen beeinflussen kann. Dagegen sind die Auswirkungen auf Entscheidungen beim Gefühl der Sympathie rational kontrollierbar. Bei genügend Selbstdistanz kann ein Mensch selbst für seinen Feind oder doch für dessen Handlungsmotive Sympathie fühlen. [...] Ich seufzte und schüttelte den Kopf. Also, eine rationale Entscheidung war es nicht unbedingt, diesen Kerl so anzuschreien – empfand ich. Aber wer wusste schon, was in Mamorus Kopf vorging? „Du, sag mal, Minako. Warum haben sich Bunny und Mamoru eigentlich getrennt? Er hat nie etwas dazu gesagt.“ Ich sah sie fragend an und ließ den Tennisball immer wieder auf dem Boden hoch und runter hüpfen. Minako seufzte etwas und überlegte, während sie sich auf meiner Couch rekelte. „Na ja, so richtig Schluss gemacht hat eigentlich keiner. Irgendwann war zwischen den beiden plötzlich alles so erkaltet. Ich meine, sie sahen sich nur noch sporadisch und Bunny hat immer mehr Zeit mit Seiya verbracht. Außerdem -“ Sie stockte, setzte sich auf und sah mich zögerlich an. „Was denn?“ Ich wollte schon alles wissen. „Bunny hat mir mal so erzählt, dass Mamoru – na ja, er wollte wohl die Beziehung nicht unbedingt auf ein neues Level bringen. Irgendwann hat sie wohl mal so Andeutungen gemacht, von wegen mit einander schlafen und so, aber er ist überhaupt nicht drauf eingegangen. Das hat sie wohl gekränkt. Sie hatte das Gefühl, sie würde nicht weiter kommen. Und irgendwann, war es eben klar. Mamoru hat nichts dazu gesagt, nur, dass es wohl so das Beste ist, da sie ja unterschiedlicher Meinung wären, was eine Beziehung angeht.“ Sie zuckte mit den Schultern und musterte mich etwas verlegen. „Hmm.“ Ich sah sie an und dachte nach. Das war typisch Mamoru, er war schon immer etwas verklemmt und schüchtern gewesen. Wir hatten uns mal ausgetauscht, was wir in einer Beziehung am wichtigsten fanden und Yosuke und ich, waren uns schon einig, dass ein gesundes Sexleben dazu gehört, aber Mamoru war da nicht ganz unserer Meinung gewesen. Für ihn waren Ehrlichkeit und so was wichtig gewesen, aber mit sechzehn Jahren hatten wir ja alle noch unsere Ideale gehabt. Vielleicht waren sich die beiden ja doch sympathisch? So wirklich konnte ich mir das nicht vorstellen, aber ich wollte mich ja gerne bekehren lassen. Julia Lenjier Allein saß ich in unserer neuen Wohnung und starrte an die leeren Wände und irgendwie ging es mir wirklich schlecht. Ich hatte meine Mutter noch nie so erlebt. Es war, als wäre für sie wirklich eine Welt zusammengebrochen. Aber was sollte ich denn machen? Ich meine, mein Bruder war ein schrecklich egoistischer Mensch. Immer musste ich mich ihm gegenüber rechtfertigen. Fast, als würde ich ihm etwas wegnehmen wollen. Dabei war ich doch immer auf ihn neidisch. Er war schon immer Mamas Liebling gewesen, immer hatte sie ihm alles verziehen. Er war ihr kleiner Junge und ich musste hinten anstehen. Sollten wir uns als Geschwister nicht wenigstens etwas sympathisch sein? Aber das war wohl auch nur ein Gerücht. Massanorie schaffte mich wirklich, immer wieder ging es um ihn. Und was war mit mir? Ich meine, mir ging es auch schlecht und trotzdem war für Mama nur er wichtig. Ich war so glücklich gewesen, dass sie mit mir nach Deutschland geflogen war. Da war sie nur für mich da gewesen. Aber kaum waren wir wieder in Japan, ist er die Nummer eins. Dabei will ich doch nur auch etwas von ihrer Fürsorge. Schließlich war sie auch meine Mutter, aber nein, er beschlagnahmte sie immer nur für sich. Ich liebte meinen Vater, aber manchmal wollte man ja auch mal mit einer Frau reden. Zwar war ich dankbar, dass mein Vater immer ein offenes Ohr für mich hatte und mich immer unterstützte, aber manchmal reichte das einfach nicht. Warum konnte Massanorie das nicht verstehen? Es war ja nicht so, dass ich ihm etwas vorenthielt. Seufzend schaute ich in das provisorische Kinderzimmer von Katrin, welche aber seelenruhig schlief und ihren Teddy fest an sich gedrückt hatte. Jetzt in diesem Moment wurde mir bewusst, wie sehr ich Frank doch vermisste. Ohne ihn war alles schrecklich einsam und ich wusste wirklich nicht, wie ich das alles alleine schaffen sollte, ich meine, wie schaffte man es, einfach weiter zu machen? Als wir in Deutschland waren, da hatte ich wirklich einen Moment gehabt, wo ich ihn gehasst hatte. Dafür, dass er mich und Katrin allein gelassen hatte, dass er einfach gegangen war, ohne mich um Erlaubnis zu fragen. Mama sagte, das wäre normal, aber trotzdem fühlte ich mich sehr schlecht, so etwas überhaupt gedacht zu haben. Doch nun, wo ich Katrin wieder hatte, wurde es besser. Für sie wollte ich nicht aufgeben; weiter machen, egal wie schwer es werden würde. Und plötzlich wurde mir bewusst, dass es wahrscheinlich normal war, dass sich Mama so sehr um Massanorie bemühte, denn von uns beiden hatte er noch weniger. Er hatte niemanden, Vater sprach nicht mit ihm, ich hatte ihm gesagt, das ihn hasste. Ich hatte Katrin, aber er war irgendwie ganz allein. Es war seltsam, aber man konnte trotz Familie ganz allein sein. Wenn er nur manchmal jemanden in seine Welt hinein lassen würde, dann wäre er vielleicht nicht so gemein und unausstehlich. Aber das war ja nur Wunschdenken. Seufzend legte ich mich auf die Couch und nahm mir vor, am nächsten Tag zu meiner Mutter zu gehen und mich zu entschuldigen. Ich wollte mit ihr nicht streiten und erst recht nicht, dass es ihr schlecht ging. Warum war das mit der Sympathie bloß so schwer? Besonders unter Geschwistern. Seijiro Lenjier Allein in diesem Bett liegen war einfach schrecklich. Warum war Andrea nur so stur? Hier ging es ums Geschäft, um die Familie, aber sie sah das immer anders. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie würde mir Vorwürfe machen, dass ich so viel arbeiten ging. Dabei versuchte ich immer, sie an erster Stelle kommen zu lassen. Ich konnte es eben nicht ändern, dass meine Familie sie noch immer nicht mochte und ich konnte nicht ändern, dass ich enttäuscht war von meinem Sohn. Sie hatte hier doch alles, sie konnte alles machen und trotzdem war sie nicht damit zufrieden. Einmal hatte Andrea gesagt, dass es egal sei, wie viel Geld man hatte, wichtiger sei, dass man Menschen um sich hatte, die einen liebten. So oft hatte ich versucht, sie zu verstehen, aber Frauen zu verstehen war nicht mein Spezialgebiet. Seufzend und resigniert stand ich auf und ging hinunter in mein Arbeitszimmer. Nachdenklich starrte ich nach draußen und zündete mir eine Zigarette an. Ich liebte diese Frau, mehr als alles andere, aber manchmal trieb sie mich wirklich in den Wahnsinn. Wahrscheinlich kam ich deswegen auch so schwer mit Massanorie aus, er war ganz die Mutter. Ich hegte keine Sympathie gegenüber seiner Lebensweise und auch nicht diesen Männern gegenüber, mit denen er immer anbändelte. Ständig irgendwelche Zeitungsgeschichten und immer wieder musste ich für ihn gerade stehen. Ich hatte gehofft, hier in Japan würde er es unterlassen und endlich erwachsen werden. Noch immer hoffte ich, dass es nur eine Phase war und er irgendwann mit einer netten jungen Frau hier auftauchen würde, aber mit jedem Jahr verflog diese Hoffnung. Meine Laune sank gerade wirklich, umso länger ich darüber nachdachte. Die Weihnachtsessen mit Massanorie waren schon oft unerträglich. Immer wieder musste er mich provozieren. Anstatt dass er einfach dankbar dafür war, dass er ein Teil dieser Firma war, die sein Großvater aufgebaut hatte, nein – er schaffte es wirklich immer öfter, Aufträge den Bach runter gehen zu lassen. Vielleicht sollte ich ihn doch wieder nach New York schicken. Dort war er weit weg und hatte auch viel weniger Ärger gemacht. Aber dann würde mir Andrea wieder eine Predigt halten. Ratlos setzte ich mich an meinen Schreibtisch und bearbeitete noch ausstehende Unterlagen. An Schlaf musste ich heute nicht mehr denken. Massanorie Lenjier Ich konnte nicht mehr. Lachtränen rannen mir über die Wange und ich musste kurz innehalten um nach Luft zu schnappen. „Komm schon, das ist lustig. Stell es dir vor, bitte.“ Ich sah Mamoru an und versuchte mich zu beruhigen. Auf dem Boden lagen einige Akten, die wir durcharbeiteten. Doch dann hatten wir ein interessantes Gesprächthema gefunden, über das ich mich bestens amüsieren konnte. Mamoru sah mich böse an und schüttelte den Kopf. „Nein, das werde ich nicht.“ „Ach, sei kein Spielverderber. Ich habe nämlich Recht und das weißt du.“ Wieder stieß ich ihn an, doch er wollte nicht nachgeben. „Okay, vielleicht ist es nicht so lustig. Aber mal ernsthaft, es ist doch der Brüller. Stell es dir vor, Sailor Moon mit ihren langen Zöpfen dreht sich im Kreis, dann sieht sie aus wie ein Helikopter.“ Ich fiel wieder in einen Lachflash und auch Mamoru konnte sich das Lachen nur schwer verkneifen. „Das ist nicht witzig“, gab er von sich, hatte aber schon ein fettes Grinsen im Gesicht stehen, bis er es nicht mehr aushielt und auch zu lachen begann. „Siehste? Es ist doch lustig.“ Begeistert sah ich ihn an. Es gab Menschen, die heuchelten, die Lügen erzählten, die sich einschmeichelten, die mich schlecht redeten, die mich stumm beneideten und wenn etwas schief ging, dann konnte ich mit Gewissheit sagen, dass ich die Schuld zugeschoben bekam. Doch er war anders. Mit ihm ein Gespräch zu führen tat gut, besonders da wir nun ein Gesprächsthema hatten, welches zu tollen Interpretationen inspirierte. Auf die Einladung meiner Mutter hatte er verhalten reagiert. Er sagte, er würde es sich durch den Kopf gehen lassen, was für mich soviel wie ein Nein war. Aber man sollte ja nicht voreilig sein. Mich würde es freuen, ihn dabei zu haben, auch wenn ich nicht wusste, was meine Mutter eigentlich wollte. Sie hatte sich etwas seltsam angehört. Aber Sorgen machte ich mir nicht, sie wusste sich durchzusetzen. Kapitel 10: Step Ten... Curiosity --------------------------------- Die Liebe besteht zu drei Viertel aus Neugier. Giacomo Casanova Massanorie Lenjier “Schade, dass er nicht mitkommen wollte.“ Ich sah von meinem Teller auf und schaute meine Mutter an, welche mich anlächelte. “Er ist nicht unbedingt ein geselliger Mensch.“ Ich nahm meine Serviette vom Schoss, legte sie auf den Tisch und lehnte mich seufzend zurück. „Das war wie immer großartig. Endlich mal wieder ein anständiges Essen. Auch, wenn, ich noch nicht weiß was ich von dieser Einladung halten soll.“ Ich sah meine Mutter abschätzend an. Einige Strähnen ihres kurzen rot-braunen Haares hingen ihr im Gesicht, doch das störte sie nicht. Obwohl sie schon Anfang 50 war, sah man ihr das nicht an. Mit ihrem fröhlichen Lächeln wirkte sie viel jünger. Noch immer verstand ich nicht wie sie an meinen Vater geraten konnte, der hatte sicherlich vieles verdient, aber sie nicht. Ihre fröhliche, offene Art stand im krassen Gegensatz zu seiner Ernsthaftigkeit und Konservativen Einstellung. Aber ich wusste, dass sie ihn liebte, also war es wohl in Ordnung. „Ich war wirklich neugierig auf diesen jungen Mann, von dem Katrin so geschwärmt hat.“ Mit einem neugierigen Blick musterte sie mich, doch ich lächelte nur, stand auf und begann damit den Tisch abzuräumen. „Wie immer bist du zu neugierig und interpretierst zuviel in die Erzählungen eines Kindes hinein.“ Amüsiert verließ ich die Terrasse und ging in die Küche. „Also, arbeitet er nicht für dich?“ Sie folgte mir und lehnte sich an einen der Schränke. „Doch.“ „Aber er hat nicht auf Katrin aufgepasst? „Doch.“ „Aber er hat nicht für dich gekocht und für deine Nichte?“ „Doch.“ „In Ordnung, aber er hat nicht bei dir geschlafen?“ „Doch.“ Ich zog eine Augenbraue hoch und sah sie an, während ich die Spülmaschine einräumte. „Und du findest ihn nicht sympathisch?“ „Doch.“ Ich wusste, dass sie mich ertappt hatte. Was für ein Scheiß Spiel. Mütter eben. „Du hast mich reingelegt.“ Gab ich genervt als Antwort und versuchte ihren allwissenden Blick auszuweichen. „Mutter sein ist toll.“ Sie gab mir einen Kuss auf die Wange und verschwand wieder in Richtung Garten. Seufzend, aber schmunzelnd folgte ich ihr. Einen Moment lang sah ich mich in diesem Garten um, meine Mutter investierte immer viel Zeit hinein, vielleicht war es die einzige Freude die sie hier in Japan hatte. Denn ihr Freundeskreis war eher sporadisch angelegt und beschränkte sich auf irgendwelche Damen die meine Mutter eigentlich ätzend fand. „Du solltest mal wieder etwas anderes tragen als Anzug.“ Überrascht sah ich sie an und schüttelte nur den Kopf. „Du klingst schon wie er.“ Flüsterte ich nur, aber ich hatte vergessen, dass meine Mutter alles hörte, was sie nicht hören sollte. „Der junge Mann ist mir schon sympathisch.“ „Kann sein, aber wir sind nur Freunde.“ Ich strich ihr über die Schulter und setzte mich neben sie. Seufzend versuchte ich den Drang zu rauchen hinunterschlucken, da ich wusste, dass meine Mutter es nicht gerne sah, wenn ich rauchte. Und irgendwie wollte ich ihr wenigstens diesen Gefallen tun, wenn ich ihr schon nicht gegeben konnte was sie wirklich wollte – eine intakte Familie. „Magst du ihn?“ Sie ließ einfach nicht locker, aber das kannte ich auch nicht anders von ihr. „Mum!“ Gab ich kopfschüttelnd als Antwort. „Was denn?“ Sie zuckte mit den Schultern und schmunzelte. „Was ist denn jetzt eigentlich mit deiner Benefiz-Modenschau zu Gunsten irgendwelcher Kids?“ Ich hielt einen Themenwechsel jetzt für das Beste, schließlich hatte ich keine Lust die ganze Zeit über Mamoru zureden oder besser über meine nicht existierende Beziehung mit ihm. Auch, wenn ich zugeben musste, dass ich ohne Probleme hätte weiter gehen können an dem Abend auf der Couch. Meine Mutter lächelte leicht und nickte nur zufrieden. „Ich wollte ja gerne Hitomi Semaine dafür begeistern und sie hat sogar zugesagt. Sie hat mich dazu eingeladen in ihrer Modelagentur vorbeizukommen um mir in den – wie heißen die noch – Setcards? Na ich glaube so heißen die, noch einige Mädchen anzuschauen. Vielleicht sogar ein paar Männer, dass wäre toll.“ „Wieso denn Männer?“ verblüfft sah ich sie an. Sie lächelte nur vielsagend und nahm einen Schluck aus ihrem Wasserglas. „Ich plane einige der jungen Männer zu versteigern…“ „Ist der verkauf lebender Menschen nicht verboten worden? Man nannte das glaub ich Sklaverei…“ „Kannst du mich mal ausreden lassen.“ Mahnend hob sie den Zeigefinger. „Jene Models, männlich wie weiblich, können ersteigert werden um mit ihnen dann einen schönen Abend bei Kerzenschein und einem Dinner zu verbringen. Der Erlös geht an die Kinderkrebsstiftung und an die Stiftung für Waisenkinder in Tokio.“ Völlig begeistert erzählte sie immer weiter und ich hörte ihr zu und nickte immer nur vielsagend. Die Idee ein hübsches Model zu ersteigern gefiel mir, vielleicht würde mich dass ja von Mamoru ablenken. Denn da kam ich nicht weiter, auch wenn ich ihn mochte und ihn gerne einmal in die Kunst meiner Finger- und Zungenfertigkeit einführen würde. schoss es mir durch den Kopf und ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen. „Wenn ich könnte würde ich dir den Kopf mit Seife auswaschen!“ Ich zuckte zusammen, räusperte mich und lächelte etwas verlegen. Es war wirklich an der Zeit, wieder einmal auf die Jagd zu gehen. Ein hübscher junger Mann, den ich so richtig durch die Mangel drehen konnte. Da fielen mir auf Anhieb viele Dinge ein, die ich schon lange nicht mehr getan hatte und kein einziges war Jugendfrei. „Massanorie!“ Ich spürte einen Kniff in die Rippen, zuckte erneut zusammen und sah zu meiner Mutter hoch, welche mein Glas nahm und in Richtung Küche ging. Das war ein Zeichen für mich, dass ich nun eine Rauchen konnte. Also stand ich auf, öffnete die Terrassentür zum Wohnzimmer und durchsuchte die Plattensammlung. Nach einigen Minuten hatte ich gefunden was ich wollte. Der Plattenspieler machte diese typischen Knacksgeräusche als ich die Nadel auf die Platte aufsetzte, aber nur eine Minute später ertönte auch schon Franks Stimme. Frank Sinatra* war ja wohl der tollste. Ich verehrte diesen Mann. Besonders, diesen Coffee Song* fand ich toll. Way down among Brazilians Coffee beans grow by the billions So they’ve got to find those extra cups to fill They’ve got an awful lot of coffee in brazil You cant get cherry soda cause they’ve got to fill that quota And the way things are Ill bet they never will They’ve got a zillion tons of coffee in brazil No tea or tomato juice You’ll see no potato juice Cause the planters down in Santos all say no no no The politicians daughter Was accused of drinking water And was fined a great big fifty dollar bill They’ve got an awful lot of coffee in brazil You date a girl and find out later She smells just like a percolator Her perfume was made right on the grill Why they could percolate the ocean in brazil And when their ham and eggs need savour Coffee ketchup gives am flavour Coffee pickles way outsell the dill Why they put coffee in the coffee in brazil So your lead to the local colour Serving coffee with a cruller Dunking doesn’t take a lot of skill They’ve got an awful lot of coffee in brazil* (Dieses Lied ist wirklich toll, wenn es jemand haben will soll er es sagen ^^ Hört es euch an. Frankie ist so genial. *seufz*) Genüsslich hörte ich dieser charakteristischen Stimme von Frank zu und wippte mit dem Fuß mit, während ich genüsslich eine Zigarette rauchte, solange meine Mutter nicht da war. „Ich kenne niemanden der Frank Sinatra so verehrt wie du.“ Ich sah auf und schmunzelte über diese Bemerkung. „Er hat es ja auch verdient. Hör dir doch bitte diese Stimme an, dass ist doch wohl absolut verehrungswürdig. Dieser Mann hat es einfach drauf gehabt. Ich meine seine Stimme hat einen absoluten Wiedererkennungswert und ist zeitlos. Deswegen liebe ich New York so.“ Ich schwelgte in Erinnerungen und summte leise mit. Das hier war mal wieder sehr entspannend, ich hatte fast vergessen wie angenehm es war einfach mal nichts zu tun. May Godai „Schade das es mit dem Strand nicht klappt, aber das hier ist auch der Knüller und das tollste ist, das wir gaaaaanz allein sind.“ Ich rekelte mich im warmen Wasser und schaute in die Baumwipfel. Die heiße Quelle war einfach der Brüller und nachdem ich mich auch noch einen Dreck um die Trennung zwischen Weibchen und Männchen kümmerte, war alles perfekt. Mamoru und Yosuke sahen mich nur Kopfschüttelnd an. „Deswegen wirst du nie einen Mann bekommen.“ Gab Yosuke gehässig von sich. „Ich brauche auch keinen Mann, über den ich mich identifiziere. Ich bin toll so wie ich bin.“ Gab ich hochnäsig von mir und lehnte mich über den Rand der heißen Quelle. Mamoru sagte nichts, sondern genoss einfach den Moment, indem er mit geschlossenen Augen da saß und uns belächelte. Mamoru hatte sich heute spontan frei genommen und da sein Chef heute wohl selber einen freien Familientag einlegte, war das für uns ein Glückstag! Mit dem Strand würde es leider am Samstag nicht klappen, was wohl an zwei Dingen lag. Zum ersten, dass Mamoru am Samstag lange arbeiten musste und kein frei bekam und zum zweiten an dem schrecklichen Wetter, welches die ganze Woche anhalten sollte. Ein plötzliches Tief zog über Tokio hinweg und verdrängte den tollen warmen Sonnenschein. Man konnte sich vorstellen, dass der Herbst nicht mehr lange auf sich warten ließ. Als Ausgleich waren wir eben hier hin gefahren, der Onkel meiner Stiefmutter hatte einen kleinen Onsen*, den er in Takaragawa* betrieb. Jedoch war er in Urlaub und somit gehörte uns der gesamte Onsen allein. Entspannung pur konnte man nur sagen. Yosuke hatte sich auf den Rand gesetzt und schaute schweigend in den vorbei fließenden Fluss unter uns. „Die Mücken sind dieses Jahr auch wieder echt ätzend.“ kam es entnervt von mir als ich nach einem Insekt schlug. Yosuke nickte und ließ sich wieder ins Wasser gleiten. „Stimmt, ich habe allein gestern Abend zwei Stück getötet, aber erst mal musste ich sie zwei Stunden jagen. Drecksungeziefer, dass braucht doch keiner.“ Ich nickte. „Mamoru scheint auch nicht davon verschont geblieben zu sein.“ Dieser sah mich verwirrt an. „Wie kommst du darauf?“ Er strich sich durch die feuchten Haare, so dass ihm nur noch einige winzige Haarsträhnen ins Gesicht fielen. „Na ja, wegen dem Mückenstich an deinem Hals. Man sieht das du gekratzt hast.“ Völlig perplex fasste er sich an die Stelle, räusperte sich auf eine seltsame Weise und nickte. „Ja diese Drecksmücken sind ätzend. Penetrant würde ich sagen.“ „Hast du sie erwischt?“ Yosuke fischte ein Blatt aus dem Wasser und spielte damit herum. Es war eine dieser Beiläufigen Unterhaltungen, die aber trotzdem witzig waren. „Nein, leider nicht. Das ist eine der besonders aufdringlichen und überlebensfähigen Mücken. Du weißt schon, eine von der Art die man immer wieder kaputt schlägt, aber so wirklich sterben will sie nicht.“ Mamoru verzog das Gesicht und sah gerade etwas genervt aus. „Eine unsterbliche Mücke. Vielleicht musst du ihr den Kopf abschlagen? Du weißt schon wie bei Highlander!“ Yosuke grinste und ich strich mir nur über die Stirn. „Das sollte man dir auch, damit der Schwall von Dummheit endlich erstickt.“ Ich setzte mich neben Mamoru und stupste ihn an. Dieser seufzte nur und zuckte mit den Schultern. „Eigentlich hat Yosuke recht, ich sollte ihr wirklich den Kopf abschlagen, dann hätte ich Ruhe. Aber das ist leichter gesagt als getan. Ich meine, man kann ja sagen was man will, es interessiert ja nicht und auch, wenn man ausholt und zu schlägt hat das keine Wirkung, nein im Gegenteil dann wird es noch schlimmer. Immer wieder schwirrt er herum und ist fast schon Stalker mäßig drauf. Und dann wird man auch noch als Intolerant bezeichnet, ich meine mal ehrlich intolerant? Ich? Ich finde Aufdringlichkeit, Selbstverliebtheit und Privatsphäre verletzend, DAS ist intolerant.“ „Reden wir noch von Mücken?“ Yosuke sah mich verunsichert an und auch ich musste kurz über diesen Gefühlsausbruch nachdenken. Mamoru sah uns an, lächelte verlegen und nickte dann nur. „Klar reden wir noch von Mücken.“ „Ok, nur um es klar zu stellen. Mücken sind diese Tiere die mit M- anfangen und mit -ücken aufhören.“ Yosuke setzte sich ebenfalls neben Mamoru und sah diesen fragend an. Mamoru überlegte kurz und nickte dann. „Ja, das Viech was mit M- anfängt. Ich hab nur gerade an etwas anderes gedacht und hab es dann verwechselt – Gott ich bin eben überarbeitet, da kann man auch schon Blödsinn reden. Oder hast du ein alleiniges Patent darauf?“ Er grinste Yosuke an, welcher daraufhin beleidigt die Unterlippe vorschob und so tat als würde er schmollen. Ich lachte einfach nur und war froh über diesen tollen Tag. ~ Samstag ~ Bunny Tsukino „Er ist sauer. Ganz bestimmt.“ Ich legte meinen Kopf auf den Tisch und starrte Rai an, welche mir gegenübersaß und nur den Kopf schüttelte. „Vielleicht ist er nur genervt von deinen nicht existierenden Lernerfolgen. Kann ich ihm nicht verübeln.“ Sie zuckte mit den Schultern und seufzte. „Er kommt bestimmt noch, nur weil er etwas spät dran ist, heißt das ja nicht das er gar nicht kommt.“ Makoto klopfte mit auf die Schultern. „Glaubst du das wirklich Mako?“ Ich schniefte und sah auf die Uhr an meinem Handgelenk. Seiya saß neben mir, lass in einem Buch und sagte derweilen nichts dazu. Mamoru hatte mir versprochen heute auch zu Rai zu kommen, damit wir noch einmal Mathe lernen konnten. Denn obwohl Ami wirklich alles tat um es mir verständlich zu machen, so wollte es einfach nicht in meinen Kopf. Anscheinend war Mamoru zurzeit der Einzige, der die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte, zu meinem Glück! In diesem Moment wurde die Tür aufgeschoben und Mamoru kam herein. Alle seufzten erleichtert auf, was wahrscheinlich daran lag, dass ich nun endlich Ruhe geben würde. Erleichtert sprang ich ihm um den Hals. „Ich dachte du kommst nicht mehr!“ „Ich hab‘s doch versprochen, aber ich hatte auf dem Weg hier hin einen Platten und Schieben ist nicht so ganz meine Sache. Hast du wenigstens schon einmal angefangen?“ Mamoru sah an mir vorbei zu meinem Platz und meinem Block, welcher leer war. Ich schüttelte den Kopf und sah Mamoru verlegen an. Dieser sagte nichts, schmunzelte nur und setzte sich zwischen Makoto und mir. „Das du noch immer diese Geduld hast, Mamoru. Ich bin wirklich beeindruckt.“ Ray sah von ihrem Buch hoch. Mamoru antwortete darauf nicht, sondern zuckte mit den Schultern. Ich warf noch einmal einen kurzen Blick auf die Uhr und fragte mich wie lange ich wohl heute vor einem Buch sitzen würde. Eigentlich wollten Seiya und dich doch um 16:30 Uhr ins Kino, aber daraus würde sicherlich nichts werden, es sei denn Mamoru schaffte es mir den ganzen Mist in 2 Stunden einzutrichtern – ich war verloren. „Bunny?“ Ich zuckte zusammen und sah Mamoru an, welcher auf eine Seite im Mathebuch tippte. „Also wie löst man lineare Gleichungen?“ „Ähm...“ Ich sah zu Ami, welche aber so sehr in ihr Buch vertieft war, dass sie meine Not nicht erkannte. Seufzend sah mich Mamoru an. „Ok, also eine Lineare Gleichungen löst man, indem man so lange Äquivalenzumformungen macht, bis auf der einen Seite der Gleichung nur noch die Variable steht und auf der anderen Seite eine Zahl. Dann hat man die Lösung der Gleichung gefunden.“ Völlig perplex sah ich Mamoru an. „Was ist noch einmal eine Äquivalenzumformung?“ Ohne zu seufzen oder sonst etwas zu sagen schrieb Mamoru eine einfache Formel auf ein Blatt und zeigte sie mir. „Eine Äquivalenzumformung ist beispielsweise die Addition oder Subtraktion eines Terms auf beiden Seiten. Subtrahiert man von der Gleichung x-24=5 die Zahl 24 und zwar indem man die Zahl auf beiden Seiten addiert, erhält man die Gleichung x=29.“ Er sah mich an und ich sah auf das Blatt und musste zugeben, soweit hatte ich es verstanden. „Ok, das ist drin.“ „Gut, dann versuch mal die Gleichungen zu lösen.“ Er schrieb mir einige auf, wobei sie immer etwas schwerer wurden. Mit einem Seufzen machte ich mich daran die Gleichungen zu lösen, da Mamoru seine Freizeit für mich opferte wollte ich ihn nicht enttäuschen. Als ich mitten im Rechenfluss war, klingelte plötzlich ein Handy. Neugierig sah ich zu Mamoru, der sein Handy nahm und dran ging. „Chiba.“ Es entstand eine kurze Pause, doch Mamorus Gesichtsausdruck zeigte, dass es wohl jemand nettes sein musste, er lachte nämlich. „Hallo Nezumi-chan. Wie geht es dir?“ Ich zuckte unwillkürlich zusammen. Ohne ein Wort zu sagen, stand Mamoru plötzlich auf und ging hinaus. Anscheinend wollte er ungestört telefonieren. Neugierig sah ich ihm hinter her, so wie die anderen auch. „Vielleicht seine neue Freundin.“ Makoto nickte Minako zustimmend zu. „Denke ich auch. So wie er sich gefreut hat. Aber das war doch klar, ich meine Mamoru sieht gut aus, da stehen die Mädchen bestimmt Schlange. Er hat auch etwas...“ „...von deinem ex-Freund!“ Kam es im Chor von uns allen. „Ist doch toll, wenn er eine neue Freundin hat, nicht wahr Schätzen?“ Seiya gab mir einen Kuss auf die Wange, doch außer einem Nicken und einem gequälten Lächeln brachte ich nichts raus. Kapitel 11: Step Eleven... Prejudice II --------------------------------------- Hallo liebe Leser, also vor Ostern noch ein schönes Kapitel, welches etwas länger ist, damit ihr die Feiertage gut herum bekommt. Ich wünsche euch FROHE OSTERN! knuddel Eure Rally ---------------------------------------------------------------------- "Die menschlichen Vorurteile sind wie jene bissigen Hunde, die nur den Furchtsamen angreifen." Isolde Kurz (1853-1944) deutsche Schriftstellerin und Übersetzerin Mamoru Chiba Ich hatte schon geahnt, dass das mit Bunny nicht einfach werden würde. Aber die Hoffnung starb ja bekanntlich zuletzt. Und nachdem sie die erste Übungsaufgabe auch relativ gut gelöst hatte, wusste ich, etwas war hängen geblieben. Überrascht war ich eher darüber, dass mein Handy klingelte und dass ich die Nummer überhaupt nicht kannte. Doch schon nachdem ich mich gemeldet hatte, hörte ich eine mir sehr vertraute Stimme. „Maru-chan. Ich bins.“ Ich lächelte. „Hallo Nezumi-chan. Wie geht es dir?“ „Ganz toll. Ich bin heute bei Oma, weil Mama arbeiten ist. Sie muss so vor arbeiten und dann nimmt man sie bestimmt. Und – und Mama hat mich im Kindergarten angemeldet. Ich muss aber so einen Test machen, davor hab ich etwas Angst. Aber Oma sagt ich schaff das schon, weil ich doch schon viel japanisch gelernt habe.“ Während sie mir all das erzählte ging ich hinaus, da ich es hasste in vollen Räumen zu telefonieren, besonders wenn es Gespräche waren, die keinen etwas angingen. Ich sah in die Sonne und setzte mich auf die Stufen vor dem Schrein. „Das klingt doch toll. Und ich gebe deiner Oma recht, den Test schaffst du schon. Wir können auch etwas üben wenn du willst.“ „Wirklich?“ „Ja natürlich. Ich freue mich auch, dass du mich anrufst. Hat deine Oma das denn erlaubt?“ „Ja!“ Kam es wie aus der Pistole geschossen und ich musste leise lachen. „Oma hat gesagt es ist in Ordnung - Mamoru?“ „Ja.“ Ich wusste, dass noch irgendetwas kommen musste. „Hast du heute Zeit? Weil - bei Oma ist es so langweilig, weil Oma auch arbeiten muss, also anders arbeiten... du weißt schon. Und ich will doch weiter japanisch lernen, aber mit Sparky oder Wolle geht das nicht.“ Ich musste leise lachen und stellte mir gerade vor, dass die Kleine vor Sparky saß und mit ihm Vokabeln lernte. „Ich würde gerne etwas mit dir lernen. Aber vielleicht sollten wir das besser dann machen, wenn du bei Massanorie bist.“ Mir war nicht wohl bei dem Gedanken zu ihr zu gehen, wenn sie bei ihrer Oma war. Aber dieses Kind war hartnäckig. „Aber Maru-chan, bitte – bitte – bitte!“ Sie bettelte und ich konnte fast schon spüren, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. „Nezumi-chan. Ich will ja mit dir üben, aber - “ Seufzend sah ich auf die Treppe hinunter und beobachtete die Gruppe junger Mädchen, welche gerade hinaufkam. Ich war ein Psycho – es war amtlich – ich war ein Psycho. Die Stimme in meinem Kopf war so scheiße! „- ich gebe gerade noch einer Freundin Nachhilfe in Mathe und dann kann ich ja vorbei kommen.“ Begeisterung klang anders, aber nein sagen wollte ich nicht. Sonst würde ich mich die ganzen nächsten Wochen schuldig fühlen. Eine Weile kam nichts, sie hatte bestimmt die geringe Begeisterung herausgehört, anderseits war sie erst fünf Jahre alt. „Wann ist denn dann?“ Ihre Stimme war leise und ich fühlte mich schlecht. „So um 16Uhr? Denke ich!“ „Ok.“ „Ok.“ „Bist du böse?“ „Nein, Nezumi-chan! Ich bin nicht böse – du weißt doch das ich dich lieb habe, oder?“ Schweigen! „Wie doll lieb?“ Ihre Stimme klang zaghaft. „Ganz doll lieb…“ „Bis zum Mond und zurück?“ „Was?“ Ich überlegte kurz und fragte mich wie sie auf so eine Frage kam. Aber dann musste ich einfach nur schmunzeln, schüttelte kurz den Kopf und antwortete ihr. „“Ja. Bis zum Mond und wieder zurück!“ Am anderen Ende der Leitung hörte ich ein kurzes quicken. „Oma? Darf Maru-chan kommen und mit mir japanisch üben?“ „Aber nur wenn er will, nicht dass du quengelst, hörst du?“ „Nein Oma, hab ich nicht!“ Irgendwie war das hier lachhaft, aber ich mochte diese kleine Maus sehr und fühlte mich mit ihr verbunden. Ob man das konnte? Sich mit einer fünf Jährigen verbunden fühlen? „Du musst Mamoru nur sagen wo wir wohnen.“ „Oma, wo wohnst du denn?“ Hörte ich es nur durch das Handy. „1-2-5 Asakusa, Taito-ku, Tokyo*“(ist eigentlich die Adresse eines Reispapier Ladens ^^) Ich schmunzelte und schrieb mir die Adresse auf die Hand. „Gut, dann sehen wir uns also um 16 Uhr.“ „Juhu. Ich hab dich lieb. Bis später.“ „Ja bis später.“ Lächelnd legte ich auf und überlegte ob ich Bunny wohl schnell genug alles erklären konnte, damit ich nicht zu spät kam. Aber überraschender Weise verlief unser heutiger Lernprozess weniger Anstrengend als ich gedacht hatte. Es war halb vier, als ich meine Sachen packte und mich verabschiedete. „Sollen wir uns morgen noch mal treffen?“ Ich sah Bunny an, welche nickte. „Wäre nett, am Montag muss es sitzen.“ Ihre Stimme klang nicht so als wäre sie zuversichtlich, aber man sollte die Hoffnung nicht aufgeben. „Komm morgen einfach so im laufe des Tages vorbei, zu Hause bin ich auf jeden Fall.“ Mit diesen Worten verabschiedete ich mich und ging zu meinem ‚Date‘. Andrea Lenjier „Oma?“ Ich sah hinunter und lächelte meine Enkelin an. „Was ist los süße?“ Katrin druckste etwas herum und strich sich über ihren Rock. „Glaubst du, ich kann das mit dem Test?“ Ihre Augen schauten mich fragend an und es schien als mache sie sich wirklich Sorgen um diese kleine Sache. Lächelnd kniete ich mich zu ihr und strich ihr durch die Haare. „Weißt du, ich glaube, das wird ganz gut werden. Tante Chrissy hat gesagt, dass ist ganz leicht. Du musst dir keine Sorgen machen.“ Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn und schenkte ihr ein liebes Lächeln. „Ich finde du siehst toll aus. So richtig schick und elegant.“ Ich versuchte das Thema zu wechseln, da ich hoffte, dass sie sich dann keine Sorgen mehr machen würde. „Wirklich?“ sie sprang auf und ab und freute sich. „Ja meine süße.“ Mit einem freudigen Lachen drehte sie sich noch einmal um die eigene Achse und rannte aus der Küche. Als sie mich vor knapp einer Stunde fragte, ob sie Mamoru anrufen und ihn fragen dürfte ob er mit ihr japanisch übte, war ich schon etwas skeptisch gewesen. Aber einerseits hatte Massanorie ihn ja auch auf sie aufpassen lassen und Katrin schien ihn wirklich zu mögen. Also hatte ich zugestimmt und war nun schon etwas gespannt auf den jungen Mann, den mein Sohn schon etwas mochte, auch wenn er es so nicht zugeben würde - aber eine Mutter wusste sowas eben. Bis jetzt hatte Massanorie immer Vorlieben für Männer gehabt, welche einfach – wie sollte man es nennen – asozial waren. Aber diesmal hatte ich das Gefühl, dass es anders war. Aber ich wollte mich überraschen lassen und hoffte inständig auf etwas Dauerhaftes. Es war kurz vor 16 Uhr als es an der Tür klingelte. „Katrin, für dich.“ rief ich laut und schon konnte ich das Getrappel kleiner Füße hören. Sie war kaum angekommen, da riss sie auch schon die Tür auf und fiel dem jungen Mann davor um die Beine. Mit einem Lächeln sah ich mir dieses Szenario an und warf einen ersten Blick auf Mamoru Chiba. Ein junger Mann, Anfang Mitte zwanzig, schlank, kleiner als mein Sohn, hübsche blaue Augen, ein recht feines Gesicht. Gut dass ich nicht mehr zwanzig war und glücklich verheiratet, sonst hätte ich auf dumme Gedanken kommen können. Ich seufzte leicht und fand, dass Mamoru Chiba äußerlich schon eine immense Verbesserung zum normalen Beuteschema meines Sohnes darstellte. Schoss es mir durch den Kopf. Ich verdrehte über mich selbst, beschämt die Augen. „Oma. Das ist Maru-chan!“ sie zog an meinem Rockzipfel und sah mich aufgeregt an. „Es freut mich sehr. Ich habe schon viel von Ihnen gehört.“ Ich verneigte mich und lächelte mein Gegenüber freundlich an. „Chiba, Mamoru. Es freut mich ebenfalls.“ Er verneigte sich ebenfalls kurz. „Oh wie unhöflich von mir. Lenjier Andrea. Manchmal vergess ich das einfach. Entschuldigung.“ Ich ging einen Schritt auf Seite und bat ihn mit einer Geste herein. Er zögerte kurz, aber Katrins ziehen machte es ihm schwer. Er schlüpfte in die bereit gestellten Pantoffeln, bevor er sich kurz umsah. „Danke, dass sie meiner Enkelin helfen. Aber ihr japanisch ist schon sehr viel besser geworden. Ich denke, dass hat sie Ihnen zu verdanken.“ Verlegen strich er sich durch die Haare und lächelte kurz. „Oh ich denke, das Lob gebührt nicht mir. Massanorie – ich meine Lenjier-shachō (Suffix für社長, „Unternehmenschef“) hat auch viel dazu beigetragen.“ Ich lächelte sanft und bemerkte sein Unbehagen, welches aufkam als er nur den Vornamen meines Sohnes aussprach. Er schien sehr viel wert auf Höflichkeit zu legen, Massanorie hatte nicht so viel davon. „Ja Massanorie übt auch viel mit ihr. Aber seine Aussprache, ist wie meine oft sehr akzentlastig, da lernt sie es nicht immer richtig. Gerade was die Aussprache angeht.“ „Sie haben eine sehr gute Aussprache Lenjier-san.“ „Danke, aber Lenjier-san ist sehr förmlich. Vielleicht können wir uns ja auf Andrea einigen, wenn es dir nicht zu unangenehm ist. Ich weiß, dass die Benutzung des Vornamens als grob unhöflich gilt, gerade, wenn man sich nicht kennt. Aber ich denke, da meine Enkelin, mein Sohn und du so gut befreundet seit, ist es sicherlich ok – nicht wahr?“ Ich ging an ihm vorbei und strich Katrin über den Kopf. „Ich denke, dass wäre sehr unhöflich. Zudem bin ich – also ich kenne Lenjier- shachō gar nicht so gut. Er ist mein Chef -“ er sah betroffen auf den Boden und versuchte die passenden Worte zu finden. „Maru-chan und Sano-oji-chan sind gaanz dolle Freunde. Sano-oji-chan hat gesagt, dass er Maru-chan mag!“ „KATRIN!“ Erstaunt sah ich Mamoru an, welcher meine Enkelin fassungslos ansah, dann völlig beschämt zu mir und letztlich auf den Boden schaute. „Dann bleiben wir bei Lenjier-san. Katrin, warum zeigst du Chiba-san nicht dein Zimmer und ihr übt etwas zusammen.“ Ich nickte dem jungen Mann zu und tat als hätte ich Katrins Ausbruch von Ehrlichkeit nicht mitbekommen. Wie hieß es so schon Kindermund tut Wahrheit kund. Das Pfeifen des Teekessels holte mich aus meinen Gedanken. Die beiden waren schon seit fast zwei Stunden in Katrins Zimmer. Zwischen zeitlich hatte ich hinein gelugt um zu schauen, was sie machten. Ach wenn mir der junge Mann sympathisch war, Kontrolle war immer gut. Aber ich machte mir umsonst Sorgen, denn jedes Mal saßen beide weiterhin auf dem Boden und Mamoru erklärte Katrin neue Vokabeln und verbesserte ihre Aussprache. Mit einer Teetasse bewaffnet ging ich die Treppe hinauf und schob die Tür vom Kinderzimmer etwas weiter auf. Katrin saß auf dem weichen Lammfell, welches auf dem Boden lag und schaute sich in einem Buch etwas an. Erst auf dem zweiten Blick sah ich, dass es sich um das Bilderbuch Kaguyahime handelte. Die Erzählung handelt von der Prinzessin Kaguya vom Mond, die als winziges Findelkind von einem Bambussammler gefunden wird, und zu einer im wahrsten Sinne des Wortes strahlend schönen Frau heranwächst. Fünf adlige Liebesabenteurer bemühen sich sie zu freien, doch scheitern alle an einer Aufgabe die Kaguyahime jedem der Fünf stellt. Selbst der Kaiser kann sie nicht erringen. Am Ende kehrt die schöne Kaguyahime zu einem überirdischen Wesen verklärt, als Prinzessin in den Palast des Mondes zurück und verlässt so diese Welt. Ich hatte Katrin dieses Bilderbuch vor einer Woche gekauft und Mamoru erklärte ihr gerade die einzelnen Zeichen und die Aussprache sowie Betonung. „Was heißt denn -hime?“ „-hime heißt Prinzessin.“ „Wieso steht Prinzessin am Ende des Namens? Es heißt doch Prinzessin Kaguya.“ „Das nennt man Suffix. Weißt du, in Japan wird sehr viel Wert auf Höflichkeit und Etikette gelegt. So auch beim Ansprechen von Menschen. Viele solcher Suffixe hast du sicher schon gehört. Diese Anredeformen werden an den Namen der angesprochenen Person gehängt, um dieser gegenüber Respekt auszudrücken. Beispielsweise –san, dass ist die gebräuchlichste Anrede, die den Respekt jemandem gegenüber ausdrückt, den man nicht besonders gut kennt oder der älter ist als man selbst.“ „-san? Das hast du zu Oma gesagt, nicht wahr? Aber warum hast du denn nicht zu Sano-oji-chan Massanorie gesagt, sonder das andere? Ich lächelte und auch wenn ich wusste, dass es sich nicht gehörte, so wollte ich die Antwort gerne auch hören. Also blieb ich im Türrahmen stehen und hoffte, dass keiner von beiden mich bemerken würde. „Weil – weil man das nicht macht. Wenn man jemanden nur mit Vornamen anspricht oder von ihm so redet – also ohne das man ein Suffix anhängt, dann heißt das, dass man sehr eng befreundet ist und Fremden und Bekannten gegenüber gilt es als sehr unhöflich, wenn man das macht.“ „Aber Sano-oji-chan und du ihr seit doch keine Fremde? Ich versteh das nicht?“ Ich blickte zu Mamoru und sah sein Unbehagen. Ich klopfte nun an und als sich beide Köpfe zu mir umdrehten, lächelte ich sanft und trat in das Zimmer. „Na ihr fleißigen. Wie läuft es?“ „Ganz toll Oma, ich weiß jetzt ganz viel!“ Sie sprang auf, nahm ein Buch und rannte auf mich zu. „Schau Oma, das hab ich gelernt. Also wie man das richtig sagt.“ Mit Stolz geschwellter Brust sah sie mich an und ihre Augen glänzten richtig. „Na das freut mich. Dann musst du Chiba-san danke sagen, hörst du!“ Ich blickte zu Mamoru. „Sie ist eine gute Schülerin und sie lernt schnell.“ Katrin fiel ihm um den Hals und drückte ihn fest, bevor sie ihm einen Kuss auf die Wange drückte. „Wie wäre es mit einer kleinen Pause? Ich habe etwas Kuchen und vielleicht möchten Sie eine Tee?“ Mamoru sah mich unschlüssig an, nickte dann jedoch. „Aber nur wenn es Ihnen keine Umstände macht!“ „Wenn es mir Umstände machen würde, hätte ich es nicht angeboten. Anders als mein Mann, denke ich, das falsche Höflichkeit ebenso schlimm ist wie gar keine!“ Ich lächelte und ging vor ihm die Treppe hinunter. „Hmm, also besser erst gar nicht höflich sein, als geheuchelte? Das ist wohl etwas was sich hier in Japan nicht durchsetzten wird.“ Ich lachte kurz auf. „Oh! Jetzt klingen sie fast wie mein Mann. Es fehlt nur noch der zynische Unterton.“ Lächelnd drehte ich mich um. „Sie würde sich gut mit Ihm verstehen, ich denke was die japanische Kultur und Mentalität angeht bin ich kein gutes Vorbild für meine Kinder. Besonders da man meinem Sohn und meiner Tochter das ausländische schon sehr ansieht.“ Auch wenn ich in Japan nie Probleme damit hatte. Auch meine Kinder hatten nie nennenswerte Erlebnisse in denen sie sich ausgegrenzt oder fehl am Platz fühlten. Aber vielleicht erzählt man sowas einer Mutter auch nicht immer. Ich ging ins Wohnzimmer und bot Mamoru einen Platz an. „Möchten sie Kaffee oder Tee?“ Ich sah wie er sich kurz umsah und sein Blick auf der Kommode und all den Kinderbildern festhing. Er bemerkte, dass ich Ihn ertappt hatte und räusperte sich kurz. „Tee bitte.“ Ich nickte und verschwand dann kurz in der Küche. Es vergingen nur fünf oder zehn Minuten, als ich wieder mit einem Tablett bewaffnet zurück kam. Mamoru hatte anscheinend besonderes Interesse an den Kinderbildern meines Sohnes, er betrachtete gerade sein Kommunionbild. Mein kleiner Junge in einem hübschen Anzug, mit einer weißen Kerze und voller Stolz strahlte er in die Kamera. Das war ein wunderschöner Tag gewesen. Meine Familie war da, unsere Freunde und Nachbarn – alles war perfekt. Von Seijiros Seite war jedoch keiner gekommen, man hielt nicht so viel davon, dass ich die Kinder nach meinen Religiösen Werten großzog, oder besser dass ich darauf bestanden hatte sie taufen zu lassen. Aber das war mir egal. „Da hatte Massanorie...“ Ich stellte das Tablett ab und schaute auf. Mir fiel erst jetzt ein, dass ich kein japanisches Wort für Kinderkommunion kannte. Ich sah Mamoru an, welcher still auf mein Satzende wartete. „… es tut mir leid, aber ich kenne das japanische Wort nicht… aber in Deutsch heißt es Kinderkommunion.“ Ich sah Mamorus fragenden Blick, als er sich setzte. Aber er fragte nicht nach, also beließ ich es dabei. Es war schließlich nicht meine Intention Mamoru Massanroies Lebensgeschichte zu erzählen, dass konnte dieser ruhig selber erledigen. „Ich hoffe sie mögen Apfelkuchen?“ Ich stellte Mamoru einen Teller mit einem kuchenstück hin und setzte mich ihm gegenüber in einen Sessel. „Ja danke. Und wenn ich das sagen darf, sie haben ein sehr schönes Haus.“ „Danke! Das freut mich.“ Ich nahm einen Schluck Kaffee, als plötzlich etwas Kleines durch die Tür huschte. „Na Süße. Alles gut?“ Katrin sah mich grinsend an und nickte. Sie hatte sich in der Küche an der Keksdose vergriffen und sah nun aus wie ein kleiner Hamster. „Darf ich fragen, was du – Entschuldigung Sie - sonst machen – also, wenn Sie nicht gerade kleinen Mädchen japanisch beibringen.“ Ich strich Katrin über die Haare. „Oh, ich studiere – normalerweise. Gerade – gerade arbeite ich um mir das Studium zu finanzieren.“ „Und was studieren sie?“ „Mamoru wird mal Arzt!“ Katrin hatte es gerade geschafft den Rest aus ihrem Mund herunterschlucken und kommentierte unsere Unterhaltung mit ihrem üblichen kindlichen Respekt. „Das war unhöflich Katrin. Vielleicht solltest du Mamoru antworten lassen.“ „Warum? Ich weiß es doch auch!“ Sie sah mich an, seufzte und setzte sich dann neben Mamoru auf das Sofa. „Ist schon in Ordnung. Sie hat ja recht – ich studiere Medizin.“ „Oh und wissen sie schon in welche Richtung es geht?“ Mamoru schüttelte leicht den Kopf und lächelte matt. Mamoru Chiba Es kurz nach sieben als ich mich auf den Weg machte. Anders als befürchtet, war es eigentlich sehr nett gewesen. Katrin hatte heute eine Menge gelernt fand ich und Massanories Mutter war eine nette Frau – sehr ehrlich und direkt. Jetzt wusste ich wenigstens von wem er das hatte. Trotzdem blieb dieses flaue Gefühl in der Magengegend mir erhalten. Sie hatte mich schon etwas ausgefragt und auch wenn sie es nicht direkt ansprach so hatte ich wohl bemerkt, dass sie wohl wissen wollte wie ich zu ihrem Sohn stand. Aber was sollte ich schon sagen, er war ja nur mein Chef – nicht mehr! „Ich hasse dich!“ zischte ich leise. Zurzeit war mein Verstand nicht gerade eine Hilfe, sondern fiel mir nur noch in den Rücken, wenn man das denn überhaupt von einem Verstand sagen konnte. Ob ich Massanorie erzählen sollte, dass ich bei seiner Mutter war, aber ich war ihm ja keine Rechenschaft schuldigt – oder? Oh Gott, wieso ich? Wieso passierte mir immer so eine Scheiße?! In diesem Moment riss mich mein Telefon aus den Gedanken. Ein Blick aufs Display verriet mir, wer mich da mit einem Anruf beehrte. „Hi May.“ „HALLIHALLO! Wo bist du?“ flötete sie am andere Ende. „Gleich zu Hause, so in 10 oder 15 minuten. Wieso?“ „Oh, dann kann ich ja doch warten. Ich steh nämlich vor diener Tür und dachte du wolltest mir eventuell nur nicht aufmachen.“ „Ich würde dir immer die Tür aufmachen!“ Log ich ins Telefon, wo wir wieder bei der falschen Höflichkeit angelangt waren. „Lügner.“ War das einzige Kommentar auf meine Aussage, welche ich einfach mal so im Luft leeren Raum stehen ließ. „Aber egal. Ich warte, also trödel nicht!“ Mit diesen letzten Worten legte sie auf und ich konnte mir ein Seufzen nicht verkneifen. Dabei mein Plan ein ruhiger Abend mit einer Dokumentation über die Entwicklung der Medizin vom 18.-20. Jahrhundert gewesen. Aber das durfte ich mir wohl abschminken. Nach knapp 15 Minuten erreichte ich mein Wohnhaus und ich hatte getrödelt – in der Hoffnung, dass sie weg war. Sicherlich die feine Art aber ich war etwas genervt und gestresst und wollte eigentlich keine Gesellschaft noch spontane Besuche. Auch wenn sie es sicherlich nur gut meinte. Doch meine Hoffnung wurde je enttäuscht, als mir ihr grinsen entgegensprang, als sich die Fahrstuhltür öffnete. „Hi May.“ Ich nahm sie kurz in den Arm, bevor ich die Tür aufschloss und sie hinein bat. „Wenn du keine Lust auf mich hast, dann kann ich gehen.“ Sie kniff mir in die Seite und wartete vor meiner Wohnungstür. „Wie kommst du darauf?“ fragte ich etwas dümmlich, obwohl ich die Antwort schon kannte. „Weil du als Schauspieler schon längst verhungert wärst, ich dich schon soooo viele Jahre kenne und außerdem verrät es mir dein Gesichtsausdruck. Freude sieht anders aus!“ Ich schmunzelte, zog mir die Schuhe aus und zog sie in die Wohnung. „ich hatte nur einen langen und etwas anstrengenden Tag. Da darf man doch etwas müde sein oder?!“ Ich stupste sie an und versuchte ihr Lachen abzuringen. „Willst du heute noch weg?“ Erst jetzt fiel mein Blick auf ihr Outfit. Ein schwarzer Rock, weißes Shirt mit Totenköpfen, Stiefel und ihr Nietengürtel. „Ja! Ins GODZ.“ Mit einer Flinkheit, die ich nur bewundern konnte, schnürte sie die Stiefel auf und schlüpfte in eine paar Hausschuhe. „Der Laden ist der Brüller. Ich war gestern Abend auch da, es war so voll. Das war der Hammer. Super Leute und ich war ewig nicht mehr da. Ich hab da ein Mädchen kennengelernt. Da musste ich kurz an deinen Chef denken. Sie kommt auch aus Deutschland, sie heißt Billy und ist super nett. Wir haben uns lange unterhalten und getrunken…“ Während sie redete, schmiss sie sich auf mein Sofa und machte es sich bequem. Ich konnte zwar nicht nachvollziehen, warum sie nur weil sie ein Mädchen kennenlernte das auch aus Deutschland kam an Massanorie denken musste, aber gut, so war May eben. „…zudem will ich mich heute wieder mit ihr dort treffen und ihr ein paar Freunde vorstellen. Das wird so genial. Willst du nicht mitkommen?“ Ah, da war sie, die Frage, weswegen sie eigentlich gekommen war. Lächelnd setzte ich mich in den Sessel und schüttelte nur den Kopf. „Nein, danke. Ich bin müde und ich mag das GODZ nicht wirklich. Die Musik und so.“ Das GODZ war wirklich überhaupt nicht mein Fall. Zum einen war Metal nicht unbedingt meine Musikrichtung, zum anderen empfand ich die Tatsache dass der Laden in einem Keller im Rotlichtviertel von Seibuschinjuku lag auch nicht als sehr anziehend. „Aber heute läuft doch auf dem großen Screen das Live Metal Konzert von dieser Europäischen Band, dessen Name mir nicht einfallen will. Komm schon, du wirst Billy mögen, sie ist total lieb. Außerdem waren wir beide schon lange nicht mehr raus. Bitte!“ Sie setzte ihren Hundeblick auf und begann mich mit ihren Augen anzuklimpern. „Nein.“ Gab ich nur barsch als Antwort. „Ich will nicht mit. Ich wiederhole mich zwar, aber ich mag das GODZ nicht und ich finde, dass ein Abend zu Hause mit einem Buch oder einer Doku auch sehr schön sein kann. Besonders, wenn ich bedenke, dass ich morgen, irgendwann wieder Bunny vor meiner Tür stehen habe und sicherlich nicht allein. Weil nämlich dieser Primat von Freund ihr hinterher läuft, wie ein läufiger Hund. Meine Begeisterung für dieses Wochenende ist also schon im Keller, dafür muss ich nicht noch in dieses Loch gehen.“ „Deswegen musst du nicht gleich pampig und laut werden.“ May stand auf und wollte gehen. „Warte. Es tut mir leid. Ich – ich hab ne harte Woche hinter mir und – ich weiß auch nicht – das mit Massanorie macht es auch nicht besser…“ Ich lehnte mich an die Wand und sah May an, welche sich im Flur zu mir umdrehte und mich ansah. „Was ist denn los? Also mit Massanorie? Du lässt dich doch sonst nicht so gehen?“ Ich zuckte nur mit den Schultern. Was sollte ich ihr auch sagen. Dass mich die Sache mit Massanorie verwirrte und ich plötzlich nicht mehr wusste, ob er nur mit mir ein blödes Spiel spielte oder wirklich an mir interessiert war. Oder das der Gedanke, dass ich schwul sein könnte, mich völlig aus der Bahn warf? „Magst du ihn?“ sie kam wieder auf mich zu und tippte mir auf die Brust. „Ich bin nicht schwul, wenn das deine Frage ist.“ Ich drehte den Kopf zur Seite. „Nein, war sie nicht. Ich wollte nur wissen ob du ihn magst. Deswegen ist man nicht gleich schwul, außerdem ist das ja nichts schlechtes, deswegen ist man ja kein schlechter Mensch.“ Sie seufzte etwas lauter als eigentlich nötig war. „Du bist ein Idiot Chiba Mamoru. Echt jetzt.“ Immer noch tippte sie mir auf die Brust und schien nun zu überlegen, wie sie mir weiter ins Gewissen reden konnte. Aber stattdessen überraschte sie mich. „Was für eine Doku kommt denn heute?“ Erstaunt sah ich sie an und musterte ihr Gesicht. „Wieso?“ „Man beantwortet eine Frage nicht mit einer Gegenfrage!“ Ihre Erzieherische Maßnahme in diesem Moment bestand darin, mich nun etwas fester in die Seite zu kneifen. „Es geht um die Entwicklung der Medizin vom 18.-20. Jahrhundert.“ Ich legte meine Arme um ihren Nacken und drückte meine Stirn an ihre. „Wieso?“ fragte ich nun erneut. „Ich ruf Billy und die anderen an und sag ab für heute. Und dann machen wir uns ne Nudelsuppe – hast du Eier und Schinken? Und schauen uns diese Doku an.“ Mit diesen Worten befreite sie sich von meiner Umarmung, kniff mich noch einmal kurz in die Seite und verschwand dann in der Küche. „May!“ Ich ging ihr hinterher und nahm ihr das Handy aus der Hand, welches sie gerade aus ihrer Rocktasche hervor geholt hatte. „Das ist albern. Du wolltest doch weg gehen. Also mach das doch.“ Nun boxte sie mich etwas fester auf den Oberarm. „Nein Mamoru, werde ich nicht. Weil ich nämlich erkenne, wenn es meinem besten Freund scheiße geht und er etwas Gesellschaft brauchen könnte. Auch, wenn er das selber nicht weiß, oder es ihm egal ist.“ In ihrer Stimme lag etwas sehr energisches, was keinen Zweifel daran ließ, dass sie ihren Plan in die Tat umsetzten würde, auch wenn ich mich noch so wehrte. Missmutig gab ich ihr das Handy zurück. „Hast du Eier und Schinken da?“ Ich nickte nur und verzog mich ins Wohnzimmer, manchmal war allein sein, gar nicht so übel. Ich hatte heute einfach zu viele Leute um mich herum gehabt, das war ich nicht gewöhnt. In der Universität, schaffte ich es immer mich abzukapseln oder sonst wie meine Ruhe zu bekommen, aber in letzter Zeit war das kaum noch möglich. Aus der Küche hörte ich leise Gesprächsfetzen. Ob Massanorie sich auch mit sowas rumschlagen musste. Eher nicht. Er hatte ja, nach eigener Aussage keine Freunde, hier in Tokio. Wie verbrachte wohl ein Mann wie er seine Abende? Frustriert legte ich meinen Kopf in den Nacken, schloss die Augen und betet für den Weltuntergang. Doch – oh Wunder – nichts passierte. Ja warum auch? Wenn man mal drum bat, passierte es ja nie. „Mamoru?“ May sah mich an und wirkte besorgt. „Hab ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich mein Leben hasse.“ Fragte ich trocken. „Diese Woche noch nicht.“ Kam es ernst zurück. „Gut, dann hab ich es jetzt gesagt.“ „Ich hab Wasser aufgesetzt. Willst du auch Ei und Schinken in der Nudelsuppe haben?“ Ich nickte nur und versuchte meine Gedanken zu ordnen, als plötzlich das Telefon klingelte. Eigentlich hatte ich geplant es zu ignorieren, May jedoch sah das anders. „Hier bei Chiba!“ Eine kurze Pause – in der ich hoffte es war falsch verbunden – was natürlich auch nur eine Hoffnung blieb. „Für dich! Es ist Massanorie!“ Ich nahm ihr den Hörer ab und wusste innerlich eigentlich schon, warum er anrief. „Ja?“ „Du warst bei meiner Mutter?“ Seine Stimme klang etwas – wobei das etwas hier ein sehr dehnbarer Begriff ist – angesäuert. „Eher bei Katrin, als bei deiner Mutter. Um es korrekt zu sagen. Sie wollte japanisch lernen und ich hatte Zeit.“ „Hmm, meine Begeisterung hält sich jedoch trotzdem in Grenzen.“ „Wenn es dich tröstet, so geht’s mir gerade mit deinem Anruf!“ „Werden wir jetzt frech? Oder liegt es daran, dass May – so hieß sie doch – da ist. Einen auf stark markieren oder was?“ Jetzt konnte man seinen gereizten Unterton nur noch überhören, wenn man taub war. „Nein, das brauch ich nicht. Ich frag mich nur, warum mein Chef, mich am Samstagabend belästigt, wenn er, dass doch schon fünf Tage in der Woche macht. Nur ein Tag Ruhe vor dir wäre super!“ „Halt die Klappe!“ „Was?“ Massanorie wurde nun lauter. „Nicht du!“ Auch meine Stimmung wurde gereizter. „Was willst du Massanorie? Rufst du nur an um mir auf den Keks zu gehen, oder willst du etwas wirklich dringendes, was nicht bis Montag warten kann?“ „Eigentlich…“ Seine Stimme wurde plötzlich ruhig. „..wollte ich den Herrn nur fragen, ob er Lust hat mit mir etwas essen zu gehen.“ Ich starrte zur Tür, in welcher May stand und mich perplex ansah. „Nein danke. Ich hab keine Zeit und selbst wenn, wieso sollte ich mit dir essen gehen wollen?“ „Irre ich mich oder höre ich da eine gewisse Feindseligkeit heraus?“ Seine Stimme hatte einen provozierenden Unterton bekommen. „Ich bin nicht Feindselig. Ich hab nur keine Lust auf dich, oder dein Gerede oder deine Art. Schließlich bin ich nicht…“ Ich stockte und mir wurde bewusst, dass ich mich in Rage redete. Und fast wäre mir das herausgerutscht was ich nicht wollte. „Du bist nicht was?“ Ich antwortete nicht. „Sag schon, los. Ich meine so viele Möglichkeiten, was kommen könnte gibt es nicht. Also spuck es aus. Oder reicht es dafür nicht. Du kleiner dämlicher Psycho. Ich meine wie kann ein Mensch so wenig Eier in der Hose haben um mal Klartext zu reden. Ich sag dir mal was, weißt du was du brauchst, du hast es einfach mal nötig rangenommen zu werden. Und zwar richtig.“ Seine Stimme war lauter geworden und hatte einen verächtlichen Ton angenommen. „Blöde Schwuchtel!“ Ich legte auf und starrte auf das Telefon. Es war einer dieser Momente, in denen man erst nach drei oder vier Sekunden begriff, was man eigentlich gesagt hatte. Mein Blick wanderte zu May, welche nur ein stummes Oh mein Gott mit ihren Lippen formte. Einige Minuten standen wir uns nur schweigend gegenüber. „Mamoru? Willst du reden? Oder – ich weiß nicht?“ Langsam kam sie auf mich zu, nahm mir das Telefon ab und sah noch einmal darauf, so als könnte es ihr die Fragen beantworten. „Ich glaub ich brauch eine neue Arbeit!“ wisperte ich nur. „Ja, wäre anzunehmen. Aber vielleicht hat er es nicht gehört?“ Ein gequältes Lächeln huschte über ihre Lippen. „Ich glaube, meine Aussprache war deutlich genug.“ Ohne das gerade geschehen weiter zu kommentieren, ging ich ins Schlafzimmer. „Mamoru was hast du vor?“ May folgte mir und sah mir zu, wie ich in meinem Kleiderschrank wühlte. „Lass uns ins GODZ gehen. Ich muss hier raus und alles ist besser, als darauf zu warten, dass er eventuell gleich vor meiner Tür steht.“ Massanorie Lenjier „Es ist jetzt kurz vor neun. Was machen wir denn gleich mit dem kleinen Streuner?“ Ich nahm einen kleinen Schluck aus meinem Kaffeebecher, bevor ich mich wieder Sparky zuwandte, der vor mir saß. Ich hatte ihn heute mit ins Büro genommen, da ich später noch eine große Runde mit ihm laufen wollte. In der letzten Zeit hatte ich ihn etwas vernachlässigt und das ging nicht. Meine Finger griffen in das dichte weiß-schwarze Fell und kraulten ihn sanft am Hals. „Hmm, wir könnten ihn ja rausschmeißen. Ist ja nicht so, als wäre er nicht zu ersetzen. Und so gut sieht er dann auch nicht wieder aus, dass ich mich dafür als blöde Schwuchtel beleidigen lassen muss.“ Mit einem Lächeln sah ich erneut auf meine Uhr und fragte mich ob er wohl überhaupt den Arsch in der Hose haben würde hier heute aufzutauchen. Als ich ihn am Samstagabend angerufen hatte, wollte ich nur nett sein – naja und ihn aushorchen was meine Mutter wohl alles so gefragt hatte. Aber dass er dann so ausfallend werden musste war selbst für meine Verhältnisse zufiel. Ich hatte mich schon lange nicht mehr als Schwuchtel beschimpfen lassen und normalerweise war das für denjenigen der mich so nannte auch nicht sehr gesundheitsförderlich. Nun es war Montag und ich wusste noch nicht ob ich ihn wirklich feuerte, einerseits ging es ums Prinzip anderseits – ach was, es ging nur ums Prinzip. Eigentlich wusste ich schon Samstag, dass heute sein letzter Tag war, obwohl Tag auch zu viel war. Er konnte gleich wieder gehen, wenn er denn überhaupt kam. Da war ich mir noch nicht so sicher. Ich an seiner Stelle würde es vermeiden hier aufzutauchen, aber man wusste bei unserem kleinen Prinzen ja nie. Plötzlich sprang Sparky auf, lief zur leicht geöffneten Tür, zwängte sich hindurch und bellte freudig. „Na sieh mal an. Hätte ich ihm ja nicht zugetraut!“ wisperte ich leise, bevor ich erneut einen Schluck Kaffee nahm und mir ein Stück von meinem Blaubeermuffin in den Mund schob. Wartend lehnte ich mich zurück und sah zu meinem Schreibtisch hinüber, auf welchem sich einige Papiere stapelten. Heute musste noch das Nobiru Meeting für Freitag vorbereitet werden und am Abend stand dann noch ein Geschäftsessen mit einigen Geldgebern auf den Plan. Schade – ich hatte eigentlich vorgehabt Mamoru dahin mitzunehmen, aber das würde wohl nichts werden. Ganz langsam schob sich meine Bürotür auf. Zuerst kam Sparky rein, welcher wieder zu mir ans Sofa kam um sich ein paar Krauleinheiten abzuholen. „Ja ich weiß, in letzter Zeit kamst du etwas zu kurz. Entschuldige!“ Ich drückte ihm einen Kuss auf die Schnauze und lächelte. Wie aufs Kommando gab er ein leises wuff von sich um meiner Aussage zuzustimmen. „Ja du bist ein kluger Hund! – nicht so wie andere. Die sollten lernen, wann sie am besten ihren Schnauze halten. Nicht wahr?“ Ich sah nach links, lehnte mich zurück und wandte mich wieder meinem Frühstück zu. Ohne ein Wort stand Mamoru im Raum. Er hatte einen Kaffee dabei, sowie einen Muffin. Beides hatte ich mir vorsorglich jedoch selber mitgebracht. So musste sich ein Reh fühlen, wenn es in den Lauf eines Gewehrs starrte – einfach festgewurzelt. Es vergingen einige Minuten – er sagte nichts, ich war mir nicht einmal sicher ob er atmete – und ich beschäftigte mich mit Sparky. Irgendwann jedoch wurde mir dieses Geschweige dann doch zu blöd. „Also, soll ich dir gleich deine Kündigung geben oder willst du versuchen dich verbal weiter in die Scheiße zu reiten. Du hast die freie Wahl!“ Meine Stimme war völlig emotionslos und kalt. Noch immer würdigte ich ihn keines Blickes. „Guten Morgen!“ kam es eher zaghaft zurück. „Nicht die Antwort auf meine Frage. Und ein Guten Morgen ist wohl nicht die passende Aussage auf – warte wie war das, ach ja blöde Schwuchtel!“ Mit meiner Stimmlage konnte ich nun die globale Erwärmung. „Wenn also aus deinem kleinen homophoben Mund nichts Vernünftiges mehr kommt, dann kannst du den Kaffee und mein zweites Frühstück auf dem Tisch abstellen und dann deinen kleinen hetero Arsch aus meinem Büro schieben!“ Ein dünnes „Tut mir leid“ kam aus seinem Mund, bevor er den Becher und die Tüte auf dem Tisch vor mir abstellte. Ich hob meinen Blick und sah ihn an. Wieso? Wieso, schaffte es dieser kleine Psycho mich immer wieder zu erweichen?! „Setz dich!“ kam es nur barsch von mir. „Aber…“ „Du kannst auch gehen, und irgendwo an einer Tankstelle arbeiten oder in einem Restaurant oder auf einer Müllhalde – oder du setz dich jetzt!“ Völlig genervt deutete ich auf den Platz neben mir. Ohne ein weiteres Wort, setzte er sich neben mich und begann nervös an seinen Fingern herumzuspielen. Das machte mich wahnsinnig! Meine Hand schnellte zur Seite und legte sich auf seine. „Hör auf damit. Das macht mich bekloppt!“ Ein nicken mehr nicht. Ich zog meine Hand zurück, nahm mein erstes Frühstück und lehnte mich zurück. „Ich wiederhole mich nicht, dass erwähnte ich zu Beginn deines Arbeitsverhältnisses. Also a) wenn du noch nicht gefrühstückt hast, dann bitte…“ ich deutete auf das von ihm mitgebrachte. „…b) die Frage vom Anfang steht noch im Raum und c) du solltest genau auf deine Wortwahl achten, denn das Eis auf dem du stehst ist so dünn, eigentlich ist es ein Wunder das du noch nicht eingebrochen bist. Und nur damit du es weißt, du kannst ganz sicher nicht übers Wasser laufen!“ Stille und Schweigen! Mamoru zögerte, nahm dann aber den Kaffeebecher und die Tüte. „Das Geld bekommst du nicht wieder, bin ja nicht die Caritas!“ kam es bissig von mir. Nur weil ich ihn nicht gleich gefeuert hatte, hieß das nicht, dass er außer Lebensgefahr war. Meine Stimmung war noch immer miserabel und es fehlte wirklich nur ein Funken, damit ich die Beherrschung verlor. Das wollte auch was heißen, dass hatte wirklich bis auf meine Schwester noch nie jemand geschafft, selbst mein Vater nicht. „Tut mir leid…“ kam es nun erneut von meinem Sitznachbar. Ich konnte das kleine Streichholz fast schon riechen, Mamoru wetzte es regelrecht am Schächtelchen. „Du wählst also die Variante dich verbal weiter in die Scheiße zu reiten. Gut! Von mir aus.“ Mamoru zuckte zusammen, was wahrscheinlich an meiner Stimme lag, denn sie hatte einen Geduld verlierenden Unterton angenommen. Ein tiefes Luftholen und Mamoru versuchte es erneut. „Ich – ich weiß auch nicht was in mich gefahren ist. Das wollte ich nicht sagen. Es ist einfach rausgerutscht. Ich war gestresst und – ich weiß nicht…“ er hielt den Kaffeebecher festumschlossen und spielte erneut mit seinen Fingern. „Wenn du das nicht sein lässt, schneide ich sie dir ab!“ Genervt sah ich auf Mamorus Hände, welche auch sofort ihre Tätigkeit einstellten. „Rausgerutscht? Kann ja sein, dass es an mir legt, aber sowas sollte nicht einfach rausrutschen. Wenn das deine Art ist um eine Kündigung zu betteln, dann machst du das großartig. Ich kann nichts für dein homophobes Verhalten…“Ich bin nicht homophob!“ Unterbach mich Mamoru energisch. Jetzt - da war er - der Funken. „Ach nein. Entschuldige, das hab ich blöde Schwuchtel dann völlig falsch verstanden. Ich wusste ja nicht, dass der Herr so tolerant ist. Wie konnte ich nur. Du als Reinkarnation eines Prinzen, als Ex-Liebhaber von Sailor Moon – du der du als Helferlein die ganze Galaxie mit gerettet hast – du bist natürlich nicht homophob und intolerant!“ Mein Kaffeebecher knallte auf den Tisch und schwappte leicht über. Wütend und bis aufs äußerte Gereizt sah ich Mamoru an. „WAS? Kommt da kein Einwand, keine Verteidigung. Wenn du so immer mit Freunden umgehst, dann wundert es mich nicht, dass sich deine Ex einen anderen gesucht hat und du auch sonst keine Freunde hast. Hast du dir mal überlegt, dass du das Problem bist. Das dein Verhalten anderen gegenüber scheiße ist?“ Und das kam gerade von mir! Kopfschüttelnd ging ich zum Schreibtisch und fischte meine Zigaretten aus der Schublade. Ich war wütend, zum einen über Ihn und zum anderen über mich, dass er mich so wütend machte. Dass ich wegen ihm so – so – enttäuscht war. Ja enttäuscht – scheiße dieser Bengel schaffte es mich zu enttäuschen! „Ich bin nicht homophob – ich kann nur nicht mit der Situation umgehen.“ Kam es plötzlich von der Couch. Ein kräftiger Zug an der Zigarette und ich drehte mich wieder zu ihm um. „Mit welcher?“ Meine Stimme klang nun resigniert und lustlos. Ich wurde dieser Unterhaltung, wenn es denn eine war, überdrüssig. „Die mit dir…“ er starrte auf den Kaffeebecher. „Kommt da noch was?“ Drängelte ich. „…und mir!“ kam es zeitgleich. Verwundert sah ich ihn an. Den Blick nicht von ihm abwendend blies ich den Rauch der Zigarette aus und ging wieder zur Couch. „Du benimmst dich also so, weil ich mit dir geflirtet habe? Und du nicht mit deiner Sexualität im reinen bist? Ernsthaft? So einen Blödsinn hab ich ja noch nie gehört.“ Er sagte nichts, stellte jedoch endlich den blöden Becher auf den Tisch. „Wenn das dein einziges Problem ist, das kann ich beheben!“ Mamoru sah mich nun an und schluckte. Ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen nahm ich erneut einen Zug. „Ab jetzt ist alles was wir tun nur noch beruflich. Du arbeitest für mich – mehr nicht. Du kommst pünktlich und gehst wenn ich es sage. Und außerhalb der Arbeit will ich dich nicht mehr um mich haben oder in der Nähe meiner Familie.“ Ich stand auf, öffnete meine Bürotür und ging zu meinem Schreibtisch. „Verschwinde aus meinem Büro. Auf deinem Schreibtisch liegt genug Arbeit.“ Ohne ein weiteres Wort setzte ich mich hin. Erst als ich das leise klicken der Tür hörte schaute ich auf. „Wieso fühlt es sich an, als hätte ich gerade etwas falsch gemacht?“ Sparky sah mich an und winselte. Kapitel 12: Step Twelve... Repeat --------------------------------- Eine falsche Lehre läßt sich nicht widerlegen, denn sie ruht ja auf der Überzeugung, daß das Falsche wahr sei. Aber das Gegenteil kann, darf und muß man wiederholt aussprechen. Johann Wolfgang von Goethe Mamoru Chiba Ich hatte es echt verbockt - auf ganzer Linie versagt! Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich weiter an die Balkontür und hörte mir weiter die neue CD von Utada Hikaru an, welche mir May in den Briefkasten geworfen hatte. Seit dem Tag im Büro waren nun schon fast neun Wochen vergangen. Nun war es Ende Oktober und das Wetter, hatte sich dazu entschieden sich meinem Gemütszustand anzupassen. Die Arbeit im Büro war nun zu einer schrecklichen Routine geworden. Massanorie hatte seine Ansage ernstgemeint. Er redete nicht mehr mit mir als unbedingt nötig und vermied es privat mit mir zu werden. Eigentlich hätte ich mich darüber freuen sollen, aber stattdessen ries es mich immer mehr in eine tiefes Loch. Langsam gestand ich mir ein, dass ich ihn vermisste, nicht Massanorie als Chef, aber als guten Freund. Dazu kam noch, dass ich auch Katrin nicht mehr gesehen hatte. Nur einmal war sie kurz nach dem Streit im Büro aufgetaucht, zusammen mit ihrer Mutter aber Massanorie hatte sie mit ins Büro genommen und als sie rauskamen, bekam ich nur ein leichtes winken und einen traurigen Kinderblick zu sehen. schoss es mir durch den Kopf, als ich bemerkte, dass die CD von vorne begann. I don’t love you ertönte erneut aus meinen Lautsprechern. Welche Ironie, jetzt verhöhnte mich meine Anlage auch schon. “I don't love you I just saw you Lovin' someone else I don't love you Cause I know you Playin' yourself (I'm not in love with you) You took me out to see the stars They shone so bright and flickered in the sky, yeah yeah You tell me that you're only lovin' me Oh baby I don't think you're the type I don't love you. I just saw you. Lovin' someone else. (With another girl) Oh I don't love you Cause I know you. Playin' yourself. I saw you comin' and I said Why not try playin' with your head But then you knocked me off my feet It's too late You saw me lovin' someone else It's too late And now I'm sittin' by myself I knew it when I first saw you You're the type who plays on the mind Ooh, yeah I see you tryin' to get to me Oh baby I suggest you think twice Cause I don't love you. I just saw you. Lovin' someone else. (Lovin' somebody else) Oh I don't love you Cause I know you. Playin' yourself. Please try to understand. I tried so hard not to fall in love with you You keep on ignorin' me baby Now I know you're gonna hurt me too (I don't love you anymore) Don't love you I don't love you anymore Don't love you I don't love you anymore I don't love you!” “Vielleicht sollte ich ihn einfach anrufen und mich noch mal entschuldigen?” „Uns!“ „Ich muss unbedingt in eine Therapie.“ Murmelte ich nach diesem kleinen Disput mit mir selbst. Ich sah auf die Bücher die vor mir lagen, nahm meine Brille ab und rieb mir über die kleinen Druckstellen auf der Nase. Ich musste unbedingt wieder zum Augenarzt. Meine Türklingel ließ mich aufsehen und ein kurzer Blick auf meine Armbanduhr verriet mir, dass es sich um Bunny handeln musste. Seit zwei Wochen kam sie abends und am Wochenende immer vorbei. War schon fast wie in unserer Beziehung. Nur dass sie damals meinen Schlüssel benutzte, den sie – nur um es zu erwähnen – noch immer hatte. Aber ich hatte ihn ja auch nicht zurück verlangt, warum auch immer. Auf dem Weg zur Tür, warf ich einen Blick in die Küche nur um festzustellen, dass mein Kaffeekonsum in letzter Zeit rapide angestiegen war. Die Kanne war schon wieder leer und es war heute schon die zweite. Eigentlich nicht viel, wenn man ignorierte, dass es erst 11 Uhr morgens war. „Guten Morgen!“ kam es mir mit einem typischen Bunny Lächeln entgegen, als ich die Tür öffnete. „Guten Morgen, du bist ja pünktlich!“ rutschte es mir heraus. „Ja sie hat es heute geschafft, vielleicht ist ja noch nicht aller Hoffnung Abend.“ kam es von Luna, welche an mir vorbei huschte und sofort im Wohnzimmer verschwand. „Das ist nicht lustig. Ich werde eben auch erwachsen.“ Bunny schlüpfte aus ihren Schuhen und schloss die Tür hinter sich, während ich in der Küche verschwand und mir erneut Kaffee aufsetzte. „Willst du auch einen Kaffee? Oder lieber was anderes?“ „Ähm hast du Schokolade?“ Ich überlegte und musste zugeben – ich wusste es nicht. Mit einem suchenden Blick sah ich mich in meinen Schränken um, bevor ich kopfschüttelnd zu ihr sah. „Dann einen Tee.“ „Wie geht es Seiya?“ „Oh sehr gut. Zurzeit haben wir viel zu tun. Prüfungen und so.“ sie spielte an einer Haarsträhne. „Na ja das geht vorbei.“ Gab ich nur zur Antwort, musste aber leicht schmunzeln, da ich es nur gerecht fand, dass auch ihre kleine Paradiesische Insel nun einfach den Bach runter ging. Und sei es nur kurzfristig. Gemein? Sicherlich! Konnte man es mir verübeln? Nein! Wenn nur das ganze Leben so simpel wäre. „Mamoru?“ Ich sah auf und sah zu Bunny, welche anscheinend gerade etwas erzählt hatte. „Entschuldige, was hast du gesagt?“ „Wir wollen heute Abend trainieren. Luna, Rei, Makoto und Ami meinen dass wir in Form bleiben müssen. Auch wenn es zurzeit nicht mehr nach Feinden aussieht.“ Sie kam zu mir und nestelte wieder an ihren Haaren. „Du kommst doch auch, oder?“ „Wieso?“ Entfuhr es mir. Stille! Seufzend sah ich Bunny an. „Ja wieso nicht. Kann ja nicht schaden.“ Damit drehte ich mich rum und hoffte nicht, dass sie weiter fragen würde. Ich wollte nur noch mit ihr lernen und dann weiter darüber nachdenken, wie ich da mit Massanorie wieder gerade biegen konnte. „Wir treffen uns im Shinjuku Gyoen...“ "Im Shinjuku Gyoen? Euch ist doch bewusst, dass das kein öffentlicher Park ist. Der Eintritt kostet 200Yen und es gibt Öffnungszeiten.“ „…aber, dort sind wir ungestört. Zudem gibt es dort gute Trainingsvorrausetzungen. Ich denke das wird den Mädchen gut tun. Zudem wird es ja schon dunkel sein, wenn wir dort sind.“ Mischte sich Luna nun ein. „Ich würde euch ja den Ueno-Park empfehlen. Der ist weitläufiger und es ist zudem kein Einbruch!“ Nach mehreren Hin und Her, hatte ich wohl gewonnen, da wir uns darauf verständigten uns heute Abend um 20 Uhr am Ueno-Park zu treffen. Juhu. Nach drei langen Stunden hatten wir endlich den Stoff für die nächste Prüfung etwas gelernt. Ihr Verhalten jedoch wollte mir nicht so recht aus dem Kopf gehen. Die ganze Zeit hatte sie davon gesprochen, dass man Fehler im Leben machen musste, dass man Fehler wieder beheben konnte und so weiter. Keine Ahnung worauf sie hinaus wollte. Gerade hatte ich dafür auch wirklich keinen Kopf. Es war schon Nachmittag als ich mit einer Einkaufstüte beladen wieder in Richtung meines Apartments ging. Die dunklen Wolken und der kalte Wind, ließen darauf schließen, dass es heute sicherlich kein so angenehmer Abend zum trainieren werden würde. Meine Gedanken kreisten zu 90% immer noch um Massanorie und um die Frage wie ich mich nun Verhalten sollte. In letzter Zeit war mir oft in den Sinn gekommen einfach zu kündigen, dann hätte ich ihn und er mich nicht mehr gesehen. Vielleicht wäre das die beste Lösung!? Nachdenklich schloss ich meinen Briefkasten auf und nahm die beiden Briefe heraus, als ich plötzlich eine Kinderstimme hinter mir hörte. „Maru-chan!“ Ich drehte mich um und schon im nächsten Moment hing sie an meinen Beinen und drückte so fest zu, dass ich fast das Gleichgewicht verlor. Völlig perplex sah ich zu dem kleinen Körper runter, der meine Beine umfing. Und mit einem Mal wurde mir klar, dass das Katrin war. Sofort ging ich in die Knie und drückte sie ebenso fest an mich, erst jetzt wurde mir bewusst, wie sehr mir die kleine Maus gefehlt hatte. Sie vergrub ihr Gesicht in meiner Halsbeuge und schniefte. „Nicht weinen Nezumi-chan!“ ich lachte leise auf und strich ihr über die Haare. „Ich freu mich auch dich zu sehen.“ Langsam schob ich sie etwa weg und strich ihr mit den Fingerkuppen die Tränenspur weg. „Nicht weinen.“ Sie schniefte noch immer und wischte sich nun mit ihrem Jackenärmel durchs Gesicht. „Guten Tag!“ Erschrocken sah ich nach oben und schaute in das Gesicht von Massanories Mutter, welche mich Lächelnd ansah. „Wir wollten sie nicht überfallen, aber Katrin hat es sich von mir so inniglich gewünscht – da konnte ich nicht nein sagen. Zudem…“ sie wandte sich an ihre Enkeltochter. „…wolltest du Mamoru nicht etwas zeigen?“ Sie hielt Katrin einen Hut hin. Plötzlich strahlte die Kleine über das ganze Gesicht, zog ihre Jacke aus und drehte sich vor mir. „Schau Maru-chan. Ich geh jetzt in den Kindergarten. Schau mal die hübsche Uniform. Die ist doch schön oder?“ Sie schwankte etwas als sie aufhörte sich zu drehen. Schnell hielt ich sie etwas fest und sah sie genauer an. Ja es stimmte, sie hatte die Uniform eines Kindergartens an. Ein schwarzweißer Karo Rock, dazu eine weiße Bluse mit einem roten Tuch um den Kragen, darüber ein blauer Pullover und ein kleines schwarzes Sakko mit dem Logo des Kindergartens. Auf ihrem Kopf trug sie einen kleinen weißen Hut mit einer schwarzen Borde. Sie sah wirklich süß damit aus. „Und in welchen Kindergarten gehst du jetzt?“ Ich sah mir das Logo des Kindergartens genauer an. „St. Patricks. Der ist ganz toll. Der ist – ähm – wie spricht man das aus?“ „Kanamecho.“ „In Kanamecho? Das ist mindestens 40 Minuten von hier. Sie sind den ganzen Weg gekommen?“ Ich stand auf und sah Frau Lenjier an. „Natürlich. Ohne sie wäre Katrin sicherlich nicht genommen worden. Ihre japanisch Kenntnisse sind ja nur so gut, weil sie so oft mit ihr geübt haben.“ Lächelnd sah sie mich an. „Du musst sagen ob ich hübsch aussehe!“ Katrin zog an meiner Hand und bettelte um meine Aufmerksamkeit. Lachend sah ich sie an. „Du bist sehr hübsch. Wie eine kleine Dame!“ Mit diesem Satz beugte ich mich runter, schob ihren Hut nach hinten und gab ihr einen Kuss auf ihre Stirn. Glücklich quickend drückte sie mich erneut. Das sie mir dabei die Luft abdrückte war egal. Oh wie hatte ich das vermisst. Doch plötzlich fiel mir ein, dass Massanories Mutter noch immer neben uns stand. Aber sie sah nur mit einem sanften Gesichtsausdruck auf uns hinunter. Räuspernd stand ich auf. „Darf ich sie auf einen Kaffee oder Tee einladen?“ „Oh das wäre wirklich nett. Gegen einen Kaffee hätte ich wirklich nichts. Aber nur wenn es keine Umstände macht.“ Sie zwinkerte mir zu und ich wusste sofort worauf sie anspielte. „Nein macht es nicht. Ich würde mich sogar freuen.“ Ich nahm Katrins Hand und wollte in Richtung Fahrstuhl gehen. „Aber nicht den Einkauf vergessen!“ Ich drehte mich um und sah wie Frau Lenjier auf meine Einkauftüte deutet, welche noch vor den Postkästen stand. „Oh. Stimmt. Ich hätte es wirklich vergessen. Mit einem entschuldigten Lächeln ging ich an ihr vorbei und wollte die Tüte hochheben, was auch gut gelang, sah man von der Tatsache ab, das in dem Moment wo ich sie oben hatte, sich der Inhalt durch den Tütenboden verabschiedete. Mein Einkauf verteilte sich auf dem Boden. Es war soweit, wieder einer dieser Momente, wo man sich wünschte im Bett geblieben zu sein. „Mamoru?“ Ich sah zu Katrin runter. „Ja.“ „Die Tüte ist kaputt.“ Fassungslos sah ich sie an und konnte nicht glauben, mit welcher Überzeugung sie diese Beobachtung kundtat. Schweigend sah ich sie an, bevor ich zu lachen begann. „Ja Nezumi-chan. Ich weiß.“ Ich beugte mich hinunter und begann meinen Einkauf, der Gott sei Dank nur aus etwas Gemüse, Obst und Fertig Nudelsuppen bestand aufzusammeln. „Danke!“ Ich sah Frau Lenjier an, welche mir schmunzelnd half die Sachen aufzulesen. Katrin indessen hatte auch etwas gefunden, was sie tragen konnte. „Ich trag das.“ Ich zog eine Augenbraue hoch. „Na ob die Packung Schokokekse das bis in meine Wohnung überlebt?“ Schmunzelnd sah ich sie an, bevor ich zwei Orangen aufhob und mich umsah. „Natürlich!“ kam es erbost zurück. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schien etwas gekränkt, dass ich so etwas gesagt hatte. „So das war alles.“ „Danke. So was passiert auch immer wenn man es nicht gebrauchen kann.“ „Keine Sorge, ich kenne das. Diese Papiertüten sind manchmal schrecklich. Seien sie froh, dass nur Obst und Gemüse drin war. Ich hatte bei meinem Tütenriss auch Eier und Kuchen dabei.“ „Das klingt als wäre es doppelt ärgerlich!“ Ein nicken von ihr stimmte mir zu. Endlich in meiner Wohnung angekommen, führte der erste Gang in meine Küche. „Oh, wirklich eine schöne Küche.“ Ein Blick durch meine Küche konnte dies jedoch nicht bestätigen. Wenn eine Küche nur ca. 12qm² groß war, traf das Wort schön irgendwie nicht wirklich zu. Aber das war wahrscheinlich Geschmackssache. Also gab es ein kurzes „Danke.“ Gut das ich nach Bunny noch gespült hatte, sonst wäre es etwas peinlich geworden. Die letzten Tage hatte ich mich nur von Instand Nudelsuppe ernährt, was man heute Morgen noch deutlich an den Resten sehen konnte. Davon war nun aber nichts mehr da, ein bisschen Glück hatte ich also doch – wenig aber es war da. Der Einkauf, welcher nun auf meinem Tisch lag, ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass Nudelsuppe ein häufig anzutreffendes Gericht in meiner Küche war. „Mamoru? Darf ich einen Keks?“ Katrin wich nicht von meiner Seite und zupfte an meiner Hose herum. „Wenn deine Oma es erlaubt.“ Ich sah zu Frau Lenjier, welche nur nickte. „Aber nicht alle.“ „Nein Oma!“ Kam es prompt von der Kleinen, während sie sich auf einen Stuhl setzte. „Wenn sie wollen, können sie sich gerne ins Wohnzimmer setzten. Ich will nur eben die Einkäufe wegräumen und setzte dann einen Kaffee auf.“ „Gut.“ Mit diesen Worten verließ sie die Küche. Auch wenn sie nett war, aber ihre Anwesenheit irritierte mich, was wahrscheinlich daran lag, das sie Massanories Mutter war und sicherlich hatte er ihr erzählt, was ich zu ihm gesagt hatte. Das sie trotzdem so nett zu mir war, verunsicherte mich etwas. Als ich nach einige Minuten mit dem Kaffee und den Keksen, welche Katrin immer och festhielt, als ginge es um ihr Leben, ins Wohnzimmer kam, stand Frau Lenjier vor meinem Bücherregal und ich konnte das Schmunzeln in ihrem Gesicht erkennen. „Curry für Anfänger und Gentherapie? Sehr abwechslungsreich.“ Ich strich mir durch die Haare und errötete etwas. „Ja, beides interessiert mich. Und Bücher nach Farben oder alphabetisch zu sortieren liegt mir nicht so.“ „Ich finde ja Menschen die Bücher nach Farben sortieren sehr seltsam. Etwas supekt, wenn sie mich fragen.“ Ich lachte leise auf. „Ja, das sehe ich auch so!“ „Katrin ist nicht der einzige Grund, warum sie hier sind oder?“ Ich stellte ihr die Tasse auf den Tisch und füllte sie mit Kaffee. „Wie kommen sie darauf?“ Sie setzte sich und sah mich fragend an. „Ein Gefühl.“ Andrea Lenjier Freundlich, aber direkt. Das mochte ich. „Es stimmt. Ich bin nicht nur meiner Enkelin zuliebe hier.“ Ich nahm einen Schluck Kaffee und lächelte ihn an. Er schien besorgt zu sein und musterte mich nachdenklich. Wahrscheinlich machte er sich Sorgen wegen dieser Sache zwischen ihm und meinem Sohn. Sicherlich Massanorie hatte es mir erzählt und das nicht nur einmal. Er war wirklich wütend gewesen und schien Mamoru abgehackt zu haben. „In einer Woche veranstalte ich eine Benefiz Modenschau mit anschließender Versteigerung einiger Models für einen guten Zweck. Also man kann die Models ersteigern und darf dann mit Ihnen essen gehen. Es ist nun so, dass ich schon einige Models dafür habe und letzte Woche, war ich zufällig in der Modelagentur GIG…“ Ich wartete und sah Mamorus Gesichtsausdruck, welcher mich verwirrt ansah. Aber nach der Erwähnung der Modelagentur, lehnte er sich zurück und nippte an seinem Kaffee. „Das sie Modeln wusste ich gar nicht!“ „Früher einmal. Vor dem Studium hab ich damit etwas Geld dazu verdient. Es waren meist nur Katalogfotos. Nichts Besonderes.“ „Ich finde die Fotos sehr gut. Und würde deswegen anfragen, ob sie nicht Lust hätten an dem Abend für mich zu arbeiten. Nur zum Schaulaufen. Leider ist das alles ohne Bezahlung, weil es ja eine Benefiz ist. Aber ich dachte, wenn ich einfach mal anfrage.“ „Ich weiß nicht. Ihr Sohn wird davon nicht so angetan sein und ich - “Er sah mich skeptisch und schuldbewusst an. „- ich will es mir nicht noch mehr verscherzen.“ „Aber was sie in ihrer Freizeit machen, ist doch Ihnen überlassen. Ich würde mich freuen, besonders da ich zurzeit noch einen Mangel an Männlichen Models habe. Besonders die umsonst laufen.“ „Ich bin auch auf Omas Be-ne-tiz“ „Benefiz!“ korrigierte ich sie sanft. Sie nickte und strahlte mich an. „Ich hab ein ganz schönes Kleid und du musst kommen. Sonst sehe ich dich nicht. Sano-oji-chan sagt, dass du nicht mehr kommst um mich zu besuchen. Warum nicht?“ Mamoru zuckte kurz zusammen, nahm sich einen Keks aus der Tüte und biss zaghaft ab. „Ist eine Erwachsenensache. Weißt du.“ Er strich ihr über den Kopf und seufzte. „Kann ich drüber nachdenken Lenjier-san?“ „Natürlich.“ Diese Antwort stimmte mich zuversichtlich. Vielleicht sagte er ja wirklich zu. Als ich in der Agentur sein Bild fand, war ich etwas überrascht gewesen und noch mehr weil ich nicht wusste wie fotogen Menschen sein konnten. Es war ja fast ein Glücksfall das Mamoru in der Firma meines Sohnes arbeitete. Auch wenn es etwas zwischen den beiden kriselte. Einerseits verstand ich warum Massanorie so wütend war, anderseits musste er versuchen auch Mamoru zu verstehen. Er musste das Gefühl haben, von ihm in die Ecke gedrängt worden zu sein. Da sagte man schon einmal Dinge die man nicht so meinte nur um sich zu schützen oder Frust abzubauen. Und er hatte sich ja entschuldigt. Aber ich wollte mich da nicht einmischen, also tat ich als wüsste ich von nichts. Schließlich war ich Massanories Mutter, nicht die von Mamoru. „Aber wir sind noch aus einem anderen Grund hier, nicht war Süße?“ Ich sah Katrin an und hielt ihr den kleinen Jutebeutel hin. Nickend und noch mit einem halben Keks im Mund kam sie auf mich zu und nahm mir die Tasche ab. Sie klopfte sich auf die Brust, damit auch der Rest des Kekses seinen Weg nach unten fand. „Mamoru hier, das ist für dich!“ Sie hielt ihm die Tasche hin, als Mamoru sie aber nur anschaute, kletterte sie schnell auf die Couch, setzte sich neben ihn und packte ihre kleinen Mitbringsel aus. „Schau, das hier ist ein Bild, das hab ich im Kindergarten für dich gemalt. Das ist Sparky und Wolle und Teddy und du und ich. Ich wusste nicht so wie Teddy aussieht, aber ich ihn so gemalt wie ich dachte. Du musst es ihm auch zeigen. Ja?“ Bevor er etwas sagen konnte redete sie auch schon weiter. „Und hier.“ Mit einem strahlendem Gesicht hielt sie ihm ein Foto hin, welches sie aus einer Mappe herausgeholt hatte.“ „Wir haben an ihrem ersten Tag ein Foto gemacht. Sie war etwas traurig, weil sie nicht da waren und da ab ich ihr gesagt, dass sie ihnen ja eines der Fotos schenken kann.“ „Ja, weil dann hast du ein Foto von mir und du hast ja sonst keine Fotos. Und dann wird das, dass erste Foto und das ist dann von mir.“ Sie kuschelte sich an Mamoru und erläuterte ihm ihr gemaltes Bild weiter. Ohne ein Wort saß er da und hörte zu, nickte und sah sie manchmal staunend an. Nach einer Stunde war es Zeit, dass wir auf Wiedersehen sagten. Mamoru wirkte, als wolle er mich etwas fragen, war sich aber nicht schlüssig wie. Ich ließ mir Zeit in meine Schuhe zu kommen und half Katrin in ihre Jacke und band ihr langsam den Schal um. Doch erst als wir uns verabschiedeten, Mamoru Katrin versprechen musste, das Bild von ihr aufzustellen und wir schon fast aus der Tür waren, traute er sich. „Lenjier-san?“ Ich drehte mich um und schmunzelte. „Ja?“ „Darf ich sie etwas fragen Ich weiß es – es gehört sich nicht – aber…“ er sah mich an und ich wartete einfach und bestärkte ihn, indem ich ihn ermutigend ansah. „… ich weiß, dass Massanorie ihnen gesagt hat, warum wir - also warum er wütend ist. Er hat mal erwähnt, dass er ihnen immer alles erzählt, deswegen wollte ich sie fragen…“ „Reden sie mit ihm. Er ist nur wütend, weil er sie nicht versteht. Sein sie offen zu ihm und sich selbst, dann wird das schon. Manchmal ist Rückzug die beste Verteidigung.“ Ich zwinkerte ihm zu, verbeugte mich kurz und folgte Katrin zum Fahrstuhl. Bevor sich die Tür öffnete lief sie zurück und nahm Mamoru noch einmal in den Arm. Sie hatte ihn wirklich ins Herz geschlossen und er sie auch, dass konnte man sehen. „Katrin, komm. Mama wartet bestimmt schon.“ Nur wiederwillig löste sie sich von Mamoru und als wir im Fahrstuhl standen und sich die Türen schlossen sah sie etwas traurig aus. „Vielleicht kommt er ja zum Benefiz? Dann seht ihr euch doch wieder?“ Sie nickte, wollte aber anscheinend nicht so recht an meine Worte glauben. Hoffentlich bekamen die beiden hin. Ich mochte Mamoru, er tat meinem Sohn gut und andersherum war das sicherlich auch so. ~ 20 Uhr Ueno-Park ~ Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, als sich Bunny verwandelte. Immer noch hatte ich das Bild eines Helikopters in meinem Kopf. Dieser doofe Typ, hatte es echt geschafft mir einen solchen Mist einzupflanzen. Aber der Abend in seinem Büro war nett gewesen, mit ihm konnte ich wenigstens über diese ganzen Angelegenheit reden. Mit einem Seufzen setzte ich mich auf einen Baumstamm und hörte Ami zu wie sie den Mädchen ihren Trainingsplan erklärte. Ich war zwar mitgekommen, aber ich hatte eigentlich nicht vor mich hieran zu beteiligen. Katrins Besuch und die Unterhaltung mit Massanories Mutter hatten mich etwas mitgenommen. Einerseits hatte ich mich gefreut sie zu sehen, also Katrin, aber Frau Lenjiers Worte wollten mir nicht mehr aus dem Kopf. Warum ich dann trotzdem hier war? Gute Frage – nächste! Die heutige Nacht war kalt und nicht sehr angenehm. Bodenfrost hieß das heutige Stichwort und machte diese Situation nicht unbedingt besser. Ich zog meinen Schal noch enger um meinen Hals und vergrub mein Gesicht bis zur Nasenspitze darin. Es war Zeit meine Winterjacke aus dem Schrank zu kramen, sie war zwar auch nicht wärmer als die hier, aber Einbildung war ja auch eine Bildung. „Ich weiß!“ Kommentierte ich meinen Gedankengang leise. „Was ist los?“ Ich zuckte zusammen und fühlte mich ertappt. Luna saß jetzt neben mir und schaute kritisch zu den Mädchen. „Nichts.“ Kam es monoton von mir. „Hmmm.“ Oh ein Hmmm war nie wirklich gut bei Luna. „Du wirkst in letzter Zeit etwas bedrückt. Ist es wegen Bunny und Seiya? Oder wegen etwas anderem?. Bunny macht sich sorgen!“ Luna warf mir einen fragenden Blick von der Seite zu. „Ich weiß nicht was du meinst. Ich arbeite viel und hab mich etwas übernommen.“ „Bunny dachte, du hättest vielleicht Streit mit deiner neuen Freundin.“ Ich kniff die Augen etwas enger zusammen und überlegte, was sie meinte. Erst einmal so tun, als wüsste ich es. „Wie kommt sie darauf, dass ich eine neue Freundin habe?“ Aus den Augenwinkeln heraus sah ich Luna an, welche zwar noch immer den Übungsplan von Ami studierte, welchen sie unter ihren Pfoten liegen hatte, aber anscheint im Multitasking sehr geübt war. „Oh wegen dem Telefonat vor einigen Wochen – als wir bei Rei im Schrein waren.“ Ja klar, jetzt bin ich schuld…> Es war so weit ich hielt einen inneren Dialog mit meinem Verstand. Plötzlich fiel mir dann besagter Tag doch ein. Aber die einzige mit der ich an diesem Tag telefoniert hatte war Katrin. „Du hast sie Nezumi-chan genannt. Das war schon sehr auffällig. Da dachten wir dass sie eventuell deine neue Freundin ist. Ist ja auch in Ordnung. Ich meine – dass du eine andere Freundin hast.“ „Danke. Das ich deine Erlaubnis habe.“ Murmelte ich in meinen Schal. „Hmmm?“ „Nichts. Und ja sie ist meine neue Freundin.“ Gab ich nur monoton wieder. So ganz gelogen war es ja nicht. Und ich hatte auch nicht vor hier als der Loser zu gelten. Ich hätte, wenn ich wollte sicherlich auch längst eine neue Freundin haben können. „Oh?“ kam es nur erstaunt von der Seite. „Was heißt denn jetzt Oh?“ etwas gereizt sah ich sie nun an und wartete auf eine Antwort. Was war denn das jetzt gewesen. „Na ja wir dachten, du würdest es vielleicht weiter versuchen?“ kam es nur etwas traurig von ihr. „Was weiterversuchen?“ „Bunny zurück zu bekommen. Seiya mag ja nett sein. Aber in erster Linie solltet ihr beide an Eure Zukunft denken und an Chibiusa. Ich meine ja nur, Bunny ist die Prinzessin des weißen Monds und du bist..“ „War!“ „Was?“ Luna sah mich etwas verblüfft an. „Sie war die Prinzessin des weißen Mondes und ich war einmal der Prinz der Erde – nur um deinen Satz korrekt zu beenden. Die Betonung liegt auf war!“ Ich konzentrierte mich wieder auf die Mädchen und schüttelte nur den Kopf, als Bunny beim Ausweichen eines Angriffs von Rei, mit dem Gesicht zuerst den Boden berührte. Wieso tat ich mir dieses Elend an. „Aber ihr seid ihre Reinkarnation. Das macht euch und eure Zukunft aus!“ „Nein! Mich macht nicht die Tatsache aus, dass ich in mir die Reinkarnation eines Prinzen trage. Mich macht aus, dass ich versuche meine Leben so gut wie möglich auf die Reihe zu bekommen und zwar ohne Hilfe!“ Mit diesen Worten stand ich auf, klopfte mir Dreck von der Jeans und machte mich auf in Richtung Ausgang. „Mamoru? Wo willst du hin?“ Ich hörte wie mir jemand auf den Kiesweg folgte. Und anhand der Stimme hatte ich erkannt dass es Bunny war. „Ich geh nach Hause Bunny. Es war wie immer ein langer Tag und ich friere. Zudem wo ist eigentlich Seiya? Sollte der nicht auch mit seinen Brüdern oder Schwestern oder was auch immer sie sind zum trainieren kommen?“ Der beste Kommentar, den mein Kopf seit langen von sich gegeben hatte. „Mamoru?“ Ich wurde unsanft von Bunny aus meinen Gedanken gerissen und wandte mich ihr zu. „Bist du böse auf mich oder Seiya?“ Verwundert über diese Frage, dachte ich kurz nach. Mit einem Mal nahm sie meine Hand und drückte sie fest. Also gab ich die zu mir passende Antwort. „Nein! Wie kommst du darauf?“ unschuldig sah ich sie an und schenkte ihr ein Lächeln. „Weil du zur Zeit immer öfter absagst, wenn wir uns mal alle treffen wollen. Und Minako hat gesagt, dass Yosuke gesagt hat, dass…“ „Ja ich versteh schon.“ Unterbrach ich sie etwas barsch. „Aber ich verspreche dir, dass ich nur sehr beschäftigt bin und wenn ich wirklich böse wäre, dann wäre ich doch heute nicht hier, oder? Und der einzige Grund, dass ich jetzt gehe ist, dass mir kalt ist. Ich glaub einfach, dass ich was ausbrüte.“ Ich zwinkerte ihr zu und sah, dass mein Argument in ihren Ohren Sinn machte. „Gut! Ich bin froh, dass es so ist. Wenn du willst, dann komm ich morgen vorbei und dann kann ich dich gesund pflegen.“ Moment! Hier lief was schief, oder irrte mich jetzt? Ich zog meine Hand aus ihrer und sah sie abschätzend an. „Ich denke nicht, dass du das musst. Außerdem ist Seiya sicherlich nicht so angetan von diesem Gedanken.“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen, wandte sie den Blick ab und sah zu den Mädchen die die Szenerie zwischen uns aufmerksam beobachteten. „Bunny?“ „Wir sollten reden? Ich glaube, ich hab einen Fehler gemacht!“ Sie sah mich nicht an, aber ich konnte hören wie sie mit den Tränen rang. „Ich kann das nicht. Immer wenn ich an dich und deine neue Freundin denke, denke ich dass das nicht richtig ist. Wir gehören zusammen. Das mit Seiya war ein Fehler, nur eine Laune. Mir ist unsere Zukunft wichtig und Chibiusa…“ Was dann folgte war leere, absolute leere in meinem Kopf. Hatte sie mir gerade gesagt, dass sie wieder eine Beziehung mit mir wollte? Ich war mir da nicht ganz sicher, denn irgendwo zwischen wir gehören zusammen und Chibiusa hatte ich den Faden verloren. Sie jedoch redete immer noch weiter und ich – klinisch Tod oder mindestens eine halbseitige Lähmung, irgendwas da zwischen jedenfalls – stand einfach nur in der Kälte und starrte sie an. „Ich muss los!“ Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging. ------------------------- hier einmal die Internetadresse von der Agentur GIG, schaut euch mal das erste Bild an von GEN. So stell ich mir Mamoru auf solchen Fotos vor. sexy! XD http://www.gigmanagement.jp/gigtopc.php Kapitel 13: Step Thirteen… Confidence ------------------------------------- Der Charakter eines Menschen wird am besten erkannt in der Vertraulichkeit; denn da herrscht kein Zwang. Oder in der Leidenschaft; denn diese überrennt eines Mannes Grundsätze. Oder endlich in einer neuen unerprobten Lage; denn da lässt ihn die Gewohnheit im Stich. Sir Francis Bacon Mamoru Chiba „Also?“ Er sah mich herausfordernd an und ich konnte nur vermuten, dass er mich verspottete. Aber vielleicht wollte ich das auch, eine andere Regung in seinem Gesicht hätte mich nur noch mehr verunsichert. Unbeholfen begann ich zu lächeln und versuchte lässig zu wirken, als ich abwinkte. Doch schon im nächsten Moment hatte er meine Hand gegriffen und zog mich aus dem Sessel. „Das du dich so anstellst. Dabei will ich nur tanzen!“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen und er sah mich aus seinen grünen Augen heraus an. Ich brachte kein Wort hervor, sondern versuchte völlig dümmlich etwas zu stammeln. Aber anstatt einem sinnvollen Gedanken, machte sich in meinem Kopf nur noch ein breit und während diese Ansage nun in einer Dauerschleife in meinem Kopf herum spuckte, war es auch schon zu spät. Massanorie hatte mich auf die Tanzfläche gezogen und im selben Moment nahm er seinen Hut ab und drückte ihn mir auf den Kopf. „Nun siehst du wirklich unwiderstehlich aus!“ Er nahm meine Hand und drückte sie leicht. „Ach ja und nur zur Info, ich führe!“ Ein zwinkern brachte mich nun völlig aus der Fassung. Ich schob mit meiner noch freien Hand den Hut etwas höher und sah mich auf der Tanzfläche um. Gut er hatte zugegeben recht, es interessierte hier echt keinen. In diesem Club, schien es so normal zu sein, dass zwei Männer tanzten wie nirgendwo anders, wo ich je war. Seufzend sah ich Massanorie an und versuchte meine Hand aus seiner zu befreien. Doch er zog mich nur an sich. „Was hast du schon zu verlieren. Kann dieser Tag denn noch komischer werden?“ Ich sah ihn schweigend an und ließ den ganzen Tag noch einmal in meinem Kopf Revue passieren und – er hatte Recht. Mit einem Lächeln sah ich ihn an. Und ohne ein weiteres Wort begann er zu lachen. Es war fast zwei Uhr morgens. Noch immer saßen wir am Tisch und unterhielten uns über Gott und die Welt. „Und? Hab ich dir zu viel versprochen?“ Mit einem Zug an seiner Zigarette sah er mich an und wieder umspielte ein Lächeln seine Lippen, welche von einem leichten Bartschatten umrandet wurden. Mir wurde bewusst, dass mir das gerade erst auffiel, was mir sofort bewusst machte, dass ich ihn anstarrte. „Na siehst du etwas was dir gefällt?“ Ich wurde rot, versuchte mir aber trotzdem nicht meine Verlegenheit anmerken zu lassen. Ich hoffte, dass er die Röte in meinem Gesicht auf den Alkohol schob und konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Das ist wie mit einem Unfall, da muss man auch hinsehen!“ schoss es mir aus dem Mund und schon eine Sekunde später spürte ich Massanories Lippen auf meinen. Es war nur ein kurzer Kuss, er war so schnell vorbei, dass ich nicht reagieren konnte. „Für jeden bissigen Kommentar darf ich mir einen Kuss nehmen. Das hast du mir versprochen.“ Er leckte sich kurz über die Lippen und lehnte sich zufrieden zurück. Mit einem verächtlichen Schnauben drehte ich mich von ihm weg. Ich konnte den leichten Tabak Geschmack noch wahrnehmen, sowie den Geschmack von Orange, welcher auf meinen Lippen zurück geblieben war. Was war denn bloß los mit mir? Das war nun schon der vierte Kuss und die Abstände wurden auch kürzer, immer wieder kam mir ein bissiger Kommentar über die Lippen. Und fast glaubte ich, dass sich mein Kopf gegen mich verschworen hatte. Vielleicht wollte er mir auch etwas sagen. Meine Skrupel und Zweifel wurden mit jeder Stunde weniger und fast wollte ich mir eingestehen, dass ich mehr wollte als nur dieses Lippenküssen. Aber noch immer schob ich einfach alles auf den Alkohol. Massanorie schien meine Gedanken lesen zu können. „Willst du noch etwas? Oder ist dir Wasser lieber? Nicht dass du noch auf dumme Gedanken kommst!“ Er begann zu lachen und seine weißen Zähne lächelten mich so an, dass mir fast wieder ein Kommentar über die Lippen gekommen wäre, doch ich schluckte ihn hinunter und versuchte mich zu beruhigen. Nach einem kurzen Schweigen, seufzte ich nur, lehnte mich zurück und sah Massanorie in die Augen. „Wie du schon sagtest, der Tag kann nur besser werden. Schlechter als gestern ist auch nicht möglich.“ Und mit leiser Stimme fügte ich hinzu. „Zudem ist dies hier einer sehr gelungener Abend.“ „Das freut mich!“ Hauchte er mir leise ins Ohr und ein kurzer Schauer lief mir über den Rücken. Schnell versuchte ich das Thema zu wechseln. „Was trinkst du gerade?“ Noch einmal leckte ich mir kurz über die Lippen und stellte zu spät fest, dass Massanorie mich dabei aufmerksam beobachtete, aber mit einem Blick, welchen ich nicht deuten konnte. „Einen Grey Flannel. Grand Marnier, Frischer Zitronensaft, Veilchen-Sirup und Wodka. Das ist zu stark für dich.“ Er hielt mir sein Glas trotz dieser Aussage hin. Ich überlegte kurz und musste selbst leicht angetrunken zugeben, dass diese Mischung mir selbst jetzt noch sehr stark vorkam. Aber ich wollte mir nicht vorwerfen lassen, dass ich nichts vertrug, also griff ich nach seinem Glas und roch kurz daran. „Reicht herb und stark“ entfuhr es mir nur. Massanories erheitertes Lächeln erinnerte mich jedoch an mein Ehrgefühl und ich nahm einen Schluck aus seinem Glas - es war ein starker Cocktail, für meine Verhältnisse – aber der Geschmack von Veilchen und Orangen war angenehm und ich musste unweigerlich an den Kuss von vorhin denken. „Und?“ Er nahm mir das Glas wieder ab. „Schmeckte vorhin besser.“ Mir wurde schlagartig bewusst dass ich meinen Gedanken laut gesagt hatte und starrte völlig erschüttert über mich selbst auf den Tisch vor mir. Wann war es denn soweit gekommen? In meinen Gedanken spielte ich den gestrigen Abend noch einmal ab um herauszufinden, wann ich meine eigene gezogene Grenze überschritten hatte. ~ 6 Stunden zuvor ~   „Wir sollten reden! Ich glaube, ich hab einen Fehler gemacht!“ Sie sah mich nicht an, aber ich konnte hören wie sie mit den Tränen rang. „Ich kann das nicht. Immer wenn ich an dich und deine neue Freundin denke, denke ich dass das nicht richtig ist. Wir gehören zusammen. Das mit Seiya war ein Fehler, nur eine Laune. Mir ist unsere Zukunft wichtig und Chibiusa…“   Nach dieser Rede und der Erkenntnis dass ich mir sehr verarscht vorkam, war ich abgezogen und hatte die Mädchen einfach dort stehen gelassen. Mit einem flauen Gefühl im Magen, hatte ich mich auf dem Weg nach Hause gemacht und ignorierte gekonnt das Vibrieren meines Handys, welches nun im 5 Minuten Takt nach Aufmerksamkeit schrie. Nachdenklich lehnte ich mich an eine Mauer und starrte in den dunklen Himmel. Was konnte denn noch alles schiefgehen? Dieser Abend war so schrecklich. Bunny hatte mich mit ihrem Gefühlsbetonten Geständnis aus der Bahn geworfen. Einerseits wäre es schön wieder eine feste Zukunftsperspektive zu haben und ich hatte Chibiusa ja sehr lieb und die Möglichkeit König zu werden war jetzt nicht die schlimmste Job Aussicht. Aber anderseits – anderseits – wollte ich schon – ja – was anderes. Mir war einfach nur Elend zumute. Mit langsamen Schritten machte ich mich wieder zur Bahnstation auf und hoffte schnell von hier weg zu kommen, bevor Bunny oder die anderen Mädchen mich vielleicht abpassten. Gerade als ich den Park verlassen hatte, machte sich mein Magen mit einem Knurren bemerkbar. Anscheinend wollte er an diesem Abend auch noch ein Wörtchen mitzureden haben. Also musste eine Planänderung her, der nächste 24 Stunden Supermarkt lag etwas entfernt, also beschloss ich es an der nächsten Haltestelle zu probieren.   Und dann? Ja was war dann passiert? Aus irgendeinem Grund hatte ich im Supermarkt beschlossen, mich mit drei Packungen Pocky (Anm. d. A. bei uns ist das Mikado) einzudecken, plus einigen Melonenbrötchen. Und dann hatte ich die dämlichste Idee seit langem.   Es war kurz nach 22 Uhr als ich auf die Klingel drückte.   flötete die kleine Stimme in meinem Kopf – wahrscheinlich hatte sie recht. Als die Tür aufging, hielt  ich kurz den Atem an, was unglaublich dämlich aussehen musste, weil ich eine Pocky Stick im Mundwinkel hängen hatte. Massanorie sah mich an und fast meinte ich Verwunderung in seinem Gesicht zu sehen. Ohne ein Wort sah er mich an, er trug einen Bademantel und hielt in der einen Hand ein Glas Wein – nahm ich jedenfalls an. „Hey!“ War das einzige was ich heraus brachte, bevor er mir die Tür vor der Nase zuschlug. Irgendwie war das vorhersehbar gewesen. Ich meine, ich hatte jetzt keine Begeisterungsstürme erwartet aber eventuell etwas – naja – Freude…? Heute war ich besonders Mutig, also klingelte ich noch einmal, besser gesagt 20mal. Als er mir dann wieder die Tür öffnete, sah er nur noch genervt aus und sauer. „Was? Was Mamoru?“ „Es tut mir leid.“ Platzte es aus mir heraus und ich meinte es wirklich ehrlich. „Ich wollte das nicht, ich bin gerne mit dir befreundet und ich bin eben ein Idiot.“ „Das ist keine neue Erkenntnis!“ unterbrach er mich und zog an seiner Zigarette, welche er sich wohl in der Zwischenzeit angezündet hatte. „10 Sekunden!“ „Was?“ verwirrt sah ich ihn an. „Du hast 10 Sekunden, bevor ich dir die Tür vor der Nase zuschlage!“ Mit diesen Worten begann er runter zu zählen. „9“ „I-Ich wollte das nicht…“ „8“ „…ich meine du setzt einen immer unter Druck.“ „7“ „Ich kann dir doch in 10 Sekunden nicht erklären warum ich das gesagt habe!“ „6“ „Mehr als Entschuldigen kann ich mich nicht!“ „5 – 4 – 3“ Verzweifelt sah ich ihn an, was sollte ich ihm denn sagen? „2-1“ Er nahm die Tür und wollte sie schließen, als ich es aus mir herausplatzte. „Du bist doch Scheiße. Ich meine du überforderst Menschen mit deiner direkten Art, besonders wenn sie noch keinen Sex hatten und nicht wissen was sie mögen oder wollen oder so. Da musst du dich doch nicht wundern, dass ich sowas zu dir sage, weil du über mich herfällst wie ein läufiger Hund!“   Schweigen!   Die Tür öffnete sich wieder und Massanorie musterte mich angestrengt. „Du bist noch Jungfrau?“ Ungläubig musterte er mich weiter während ich vor Scham im Boden versinken wollte. Das war auch der Grund warum ich mich nun einfach umdrehte und zurück zum Fahrstuhl ging. Ich drückte den nach Unten Knopf, aber wie immer in solchen Situationen kam er einfach nicht, und hysterisches Dauerdrücken machte es auch nicht besser. Mein Finger drückte immer wieder auf den Knopf und ich hoffte, dass endlich das ersehnte Bing kommen würde. „Du machst ihn kaputt.“ Hörte ich von hinten nur. „Mir egal!“ Gab ich nur patzig als Antwort. Dann wurde es still, ich hatte nicht gehört wie er die Tür geschlossen hatte und als das Bing kam und sich die Tür des Fahrstuhls endlich öffnete, wagte ich einen Blick in Richtung seiner Wohnungstür.   Er war weg – die Tür stand offen.   Mit einen mal schob sich etwas Haariges durch die Tür, Sparky sah mich freudig an – sofern das Hunde denn konnten - und kam sofort auf mich zu. Mit einem leisen Bellen schmiegte er seinen Kopf an meiner Hand und bettelte so nach einer Krauleinheit. Unsicher beugte ich mich zu ihm und kam seinen Wunsch nach. Das Schließen der Fahrstuhltür ließ mich noch einmal umdrehen, bevor ich die Wohnung betrat. Aus der Küche war ein leises Geräusch hörbar, so als würde man Gläser wegstellen. Unsicher zog ich meine Schuhe aus und lief – noch immer mit der dämlichen Plastiktüte des 24 Stunden Supermarktes in der Hand – in Richtung Küche. „Die – also die Tür war offen.“ „Hmm.“ War alles war ich als Antwort bekam. Er lehnte sich an die Küchenzeile und sah mich abschätzend an, bevor er mir ein Weinglas hinschob. „Danke, aber lieber nicht!“ Ich setzte ein Entschuldigendes Lächeln auf, aber Massanories Blick verriet mir, dass ein Nein nicht gerade passend für einen solchen Moment – was immer es auch für ein Moment war – war. Alkohol war zwar keine Lösung, aber vielleicht wenn man ihn zweckorientiert einsetzte? Also nahm ich das Glas und nippte an dem Weißwein. Erstaunlicherweise schmeckte er. Ich war kein großerWein Fan aber der hier war gut. Noch immer schweigend musterte mich Massanorie, bis sich plötzlich ein Lächeln auf seinem Gesicht abzeichnete. Das Problem war nur, dass dieses Lächeln auf mich die gleiche Wirkung hatte wie Scheinwerfer auf ein Reh. Ich wusste das war nicht gut, aber weglaufen – naja Scheinwerfer und Reh eben – wie das Ausgeht, wissen wir wohl alle. Kein schönes Bild! „Du willst dich doch versöhnen oder?“ Ich nickte. „Dann weiß ich wie.“ Mit diesem Satz stellte er sein Glas ab und ging an mir vorbei. „Und du wirst einiges tun müssen um mich wieder gnädig zu stimmen. Schließlich hast du echt Mist gebaut!“ Ich glaubte nicht so recht daran, dass weglaufen eine Option war – zudem war der Abend schon schlimm gewesen, schlimmer ging eigentlich – nach meiner Vorstellung – nicht mehr. Mit einem Schluck leerte ich das Weinglas und hoffte, dass ich gerade nicht einen großen Fehler beging. Nun stand ich hier, allein in der Küche und wartete. So musste man sich fühlen, wenn man auf seine Hinrichtung wartete. Oh Gott, was würde ich jetzt nur für einen Dämonenangriff tun! „Also…“ Seine raue Stimme lies mich zusammen zucken. Ich drehte mich um und zog die Augenbrauen zusammen. Massanorie hatte sich angezogen. Schwarze Leinenhose – was auch sonst – und dieses blaue Hemd, was ich zu Beginn unserer Bekanntschaft einmal getragen hatte. „Was hast du jetzt vor?“ Die Verunsicherung in meiner Stimme war kaum zu überhören. „Wir gehen aus, dann kannst du mir zeigen wie leid es dir tut und du darfst mir erzählen, was dich heute so aus der Bahn geworfen hat, dass du bei mir so reumütig ankommst.“ „Ausgehen?“ „Ganze Sätze würden dir eine höhere Intelligenz zuschreiben.“ Er nahm mir das Glas aus der Hand und musterte mich noch einmal. „Na ja, aber für ein spontanes Ausgehen, reicht es.“ Mit diesen Worten legte er seine Hand auf meinen Hinterkopf und zog mich mit einem Ruck näher an sein Gesicht. „Es läuft so, da du mir für die seelische Verletzung was schuldest – deswegen werde ich mir als Wiedergutmachung jedes Mal einen Kuss nehmen, wenn du mir bissig, patzig oder sonst wie dumm kommst.“ Er wartete meine Antwort nicht ab, sondern hauchte mir einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich zu Sparky runter beugte und ihn streichelte.   „Was?“ War das Einzige was ich herausbrachte. Was dachte der sich denn, hatte ich nicht gerade sehr deutlich gesagt, das genau das die Art war die mich so schrecklich aufregte? Und wieso ausgehen. Ich sah an mir herunter. Jeans, ein weißes T-Shirt und eine schwarze Jacke plus Schal, waren nicht gerade das Ausgeh Outfit schlecht hin. Aber ein Nein schien hier nicht zu zählen, denn schon im nächsten Moment nahm er mir die Tüte aus der Hand, griff hinein und holte die angefangene Packung Pocky Grüner Tee heraus. „Hier für deine Nerven!“ Er steckte mir die Packung in die Jackentasche und gab mir einen kleinen Schubs um mich in Richtung Tür zu dirigieren. „Aber was wenn ich nicht will! Du kannst doch nicht einfach so über mich bestimmen. Ich meine das geht nicht, deswegen haben wir doch diesen Scheiß hier.“ An der Tür angekommen, drehte ich mich zu ihm um. „Erstens haben wir diesen Zank nur, weil du mit Vorurteilen belastet bis. Zweitens wenn du mir gesagt hättest das du noch Jungfrau bist, wäre ich die Sache viel Zartfühlender angegangen. Drittens – und das ist nun das wichtigste – DU schuldest mir für diesen Stress einen schönen Abend. Und wenn du mir sagst, das dein Tag so gut war, dass du das nicht nötig hast, dann kannst du ja einfach gehen.“ Mit diesen Worten zog er seine Schuhe an und wartete auf eine Reaktion. „Ich zwinge dich nicht. Aber ich setzte es einfach als nette Geste voraus! Und wer weiß – vielleicht hast du ja sogar Spaß!“ Mit diesen Worten griff er nach einem Hut von der Garderobe und schlenderte an mir vorbei zum Fahrstuhl. Ich blieb schweigend in seinem Flur zurück.   Schweigend sah ich aus dem Fenster und wagte nur aus den Augenwinkeln heraus Massanorie zu beobachten. Zähneknirschend war ich hinter ihm hergelaufen, da ich ja wusste dass er nicht ganz unrecht hatte – zu mindestens mit einigen Punkten. Wieder vibrierte mein Handy und wieder war es Bunny. „Mach es aus!“ Massanorie sah auf das Display meines Handys. Kopfschüttelnd sah ich in an. „Geht nicht…“ „Geht es nicht oder willst du dich nur selber weiter quälen?“ Mit diesen Worten nahm er es mir aus der Hand und schaltete es aus. „Ich bin mal so frei.“ Mit diesen Worten steckte er das Handy ein und obwohl ich protestieren wollte, tat ich es nicht. Schweigend sah ich ihn an und dann wieder aus dem Fenster. Irgendetwas stimmte mit mir doch nicht!   Kritisch sah ich mich um als wir vor dem Club standen, zu dem Massanorie wollte. Das Phoenix war mir unbekannt, aber es machte von außen den Eindruck als wenn sich dieser Club sowieso jenseits meines Geldbeutels befand. Wieder ein Abend an dem ich ausgehalten wurde. Naja Massanorie musste dies klar sein – also warum drum scheren?! „Willst du da festwachsen?“ Ohne zu antworten kam ich seiner Aufforderung nach. Erst im Inneren des Clubs wurde mir klar, was das für ein Club war – aber als ich mich umdrehen und gehen wollte, spürte ich schon Massanories Arm, welcher sich um meine Hüfte legte und mich an ihn zog. „Nicht weglaufen. Solange du in meiner Nähe bleibst, passiert auch nichts. Das ist ein anständiger Club – ok?“ Sein Tonfall klang fast freundlich und er schaffte es dass wenigstens ein Bruchteil meines Unbehagens verschwand. Dies war definitiv ein Club für Homosexuelle, das war deutlich an dem Mangel von Frauen erkennbar, sowie an der Tatsache, dass ich noch nie so viele Männer gesehen hatte die sich küssten oder andere Dinge taten. Der Club selber war riesig, er ging über zwei Etagen wobei die untere Etage eine einzige Tanzfläche war und der obere Bereich eine Lounge mit Bar, welche durch eine Glasscheibe vom unteren Bereich getrennt war, so, dass es hier oben trotz der lauten Musik unten, ruhig und angenehm war. Nur gedämmt konnte man die Musik hören und die Einrichtung war schlicht, aber Edel. Flache quadratische Tische in Weiß, mit passenden Sesseln, sowie zusätzlich zwei längere Tische mit Stühlen und Bänken dominierten das Bild. Der Parkettfußboden selber war ebenfalls weiß und wurde teilweise von unten beleuchtet. Auch wenn mir vielleicht das Klientel dieses Clubs nicht unbedingt zusagte, aber vom Ambiente her war das hier toll. Kleine LED Leisten unter den Tischen gaben noch einmal ein gedimmtes Licht, so dass es hier oben zwar nicht stockdunkel war, aber auch nicht Tageslicht hell. Ich merkte gar nicht, wie mich Massanorie sanft zu einem freien Tisch schob, welcher genau an der Scheibe lag, von wo man auf die Tanzfläche schauen konnte. Eine junge Frau kam zu unserem Tisch – weiße kurzärmlige Bluse, schwarze Hose, schwarze lange Kellnerschürze, kein Schmuck, dezentes Make-up – soweit ich das in dem gedimmten Licht erkennen konnte. „Guten Abend. Möchten sie den Tisch behalten?“ Massanorie nickte nur und die Dame holte ein Schildchen aus ihrer Schürzentasche und stellte es auf den kleinen Tisch. „Was darf ich bringen?“ „Für mich einen Egg Nog Classic und für ihn einen Morning Light.“ Seufzend sah ich an, als die Kellnerin ging. „Du bist dir bewusst, dass ich des Lesen mächtig bin oder?“ „Ja bin ich, aber ich wollte dir einen Gefallen tun.“ Mit einem Lächeln sah er mich an und wechselte seine Position. Hatte er gerade noch gegenüber von mir gesessen, so verlagerte er seinen Platz nun neben mich. „So nun erzähl mal, was dir heute so über die Leber gelaufen ist.“ „Also erstens, du kannst dich ruhig wieder umsetzten ich bin nicht so scharf darauf, dass jeder Denkt, dass wir Zusammen hier sind und zweitens geht dich das nichts an. Ich meine du nötigst mich ja förmlich mit dir auszugehen und behandelst mich als wäre ich nicht in der Lage allein klar zu kommen. Nur zu deiner Info, ich bin erwachsen und brauche keinen der mich aushält oder sonst was.“ Ich sah auf die Tanzfläche hinunter und ich musste mir eingestehen, dass ich Männer die sich küssten als abstoßend einstufte. Ja ich hatte Vorurteile! „Ist alles etwas zu viel heute, oder?“ Ich spürte seine Hand in meinen Nacken. „Lass das! Und was soll denn diese doofe Frage.“ Giftete ich an, während ich versuchte seine Hand wegzuschieben. Doch Massanorie ließ nicht los und festigte seinen Griff noch etwas, als er mich zu sich zog. „Du bist den Tränen nah und du willst doch nicht, dass andere hier das sehen oder?“ flüsterte er mir ins Ohr. Und plötzlich wurde mir bewusst, dass er recht hatte. Der Kloss in meinem Hals wurde größer und ich striech mir durch die Augen und atmete ein paar Mal tief ein und aus. „Danke!“ flüsterte ich nur und wich Massanorie Blick aus. Die Kellnerin stellte gerade die Getränke ab und ich versuchte mich zu sammeln. „Was bedeutet eigentlich die Schildchen mit dem T auf dem Tisch?“ „Taken. Das ist ein System hier in der Lounge. Wenn du Länger bleibst und mal tanzen willst. Dann wird der Tisch nicht besetzt, sondern bleibt für einen frei. Außerdem achten die Kellnerinnen darauf, dass es auch wirklich so bleibt.“ „Mhm.“ Kommentierte ich das nur und widmete mich dem Cocktail, welcher vor mir stand. „Was hast du da eigentlich bestellt?“ Ich lehnte mich zurück und versuchte mich zu entspannen, während ich mir das Glas und seinen Inhalt näher ansah. „Meiner besteht aus Rum, Brandy, Sahne, Zuckersirup, Eierlikör und Milch, deiner aus saurem Apfel, Waldmeister-Sirup, Bananensaft und ein paar Eiswürfeln. Deiner ist auch nicht so stark wie meiner, denke du verträgst nicht viel! Aber du wirst ihn mögen.“ Ich rümpfte die Nase und auch, wenn er recht hatte mit dem Vertragen, so kratzte es schon etwas an meinem Ego. Ich nippte an dem Getränk und leider hatte er recht, er schmeckte mir. Wie konnte er denn immer so ins Schwarze treffen. „Und?“ Er hatte dieses dreckige Lächeln aufgesetzt, weil er wusste dass er recht hatte. „Na ja geht so. aber ein blindes Huhn findet ja auch mal ein Korn.“ Ich hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, da hatte er mich schon im Nacken gepackt und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. Kurz aber energisch. Schockiert sah ich ihn an. „Mal sehen wie viele ich heute noch bekomme.“ „Ich verspreche dir, das war der erste und der letzte!“   Ich irrte mich!   ~ Hier und Jetzt ~   Massanorie Lenjier „Und?“ Ich nahm ihm das Glas wieder ab. „Schmeckte vorhin besser.“ Mamoru begriff zu spät, dass er das laut gesagt hatte und starrte über sich selbst wohl verwundert ins Leere. Ich ließ ihn in seiner kleinen Gedankenwelt und beobachte ihn einfach nur. Wann war es passiert? Wann hatte ich angefangen mehr zu wollen, als nur schnellen unbedeutenden Sex? Ich wusste es nicht, aber ich wusste, dass ich Mamoru nicht in die Liste meines schwarzen Büchleins einreihen wollte. Er faszinierte mich. Ein Mensch mit so vielen Facetten war mir noch nie begegnet. Plötzlich horchte er auf und drehte sich zu mir herum. „Kennst du das Lied?“ Überrascht hörte ich auf die das Lied, welches gerade unten gespielt wurde und nur gedämpft nach oben drang. Ich schüttelte den Kopf. „Wahrscheinlich ein Mashup aus verschiedenen Stücken. Klingt aber gut!“ „Ja, deswegen frag ich ja. Weil es gut klingt.“ Er schüttelte den Kopf über mich, nahm sein Glas vom Tisch und nahm einen Schluck. „Hm. Wie heißt der Cocktail?“ „Luna Jay. Brauner Rum, Kalter Kaffee, Kaffeelikör und flüssige Sahne. Wie schmeckt er dir.“ „Gut. Der ist sehr lecker. Willst du probieren?“ Lächelnd sah ich ihn an, was für eine Einladung, die würde ich mir nicht entgehen lassen. „Gerne!“ Und schon im nächsten Moment stahl ich mir erneut einen Kuss, der Unterschied war nur, dass Mamoru ihn diesmal erwiderte. Ich zog mich etwas überrascht zurück und sah Mamoru in die Augen und da war er, dieser Blick, welcher einer stillen Aufforderung gleichkam. Mit einem Mal war es klar, ich wollte ihn, nur ihn und mir war es egal wie viel Zeit ich in diese Sache hinein investieren musste. „Du hast recht, so schmeckt er perfekt.“ Hauchte ich während ich seine Lippen wieder mit meinen eroberte. Meine Zunge leckte langsam über seine Lippen und er öffnete sie als wolle er meiner Aufforderung nur zu gerne nachkommen. In meinen Kopf hallte die Stimme wieder, dass Mamoru betrunken war und ich dies nur schamlos ausnutzte – ja das war wohl wahr – aber gerade nicht wichtig. Trotzdem zog mich wieder zurück und saugte langsam und zärtlich an seiner Unterlippe. Meine Zunge drang nicht in seinen Mund ein, sondern leckte nur langsam über seine obere Zahnreihe. Der leichte Kaffeegeschmack vermischte sich mit dem bitteren aus meinem Mund und ich konnte das leichte Beben in seinen Lippen wahrnehmen, welches mich wahnsinnig machte. Doch plötzlich war der Gedanke wieder da, dieser Gedanke dass Mamoru mehr betrunken als nüchtern war. Ich wollte mich von ihm lösen, doch er war es der nicht wollte, er presste seine Lippen auf meine. Seine Zunge fühlte sich weich an, als er über meine Lippe leckte und mich so um Einlass bat. Mit aller Konzentration die ich aufbringen konnte, griff ich in Mamorus Hinterkopf und zog ihn gröber als nötig weg. Überrascht und leicht keuchend sah er mich an. „Wir sollten gehen. Ich bring dich nach Hause!“ Ich löste meine Hand aus seinen Haaren, winkte nach der Kellnerin und bezahlte. Mamoru sagte nichts, aber ich sah ihm an, dass er langsam selbst realisierte was gerade passiert war. Ich zog mir meinen Kurzmantel an sowie den Schal und sah zwischenzeitlich immer wieder zu Mamoru. Er war erregt, dass merkte ich ihm an und ich glaubte, dass es eben diese Erregtheit war die ihn verunsicherte. Vor dem Club kramte ich in meiner Jackentasche nach Zigaretten, fand aber außer einer leeren Schachtel nichts was mich ablenken konnte. „Darf ich dir eine anbieten?“ Vor mir stand ein junger Mann, etwa so alt wie Mamoru, blond, braune Augen schlank, genau mein Typ eben. Er hielt mir seine Schachtel hin und ich nahm nur zu gerne eine seiner angebotenen Zigaretten. „Danke!“ kam es monoton von mir. Mein Zigarettenspender schaute an mir vorbei und ich merkte dass er Mamoru musterte – abfällig musterte besser gesagt. Ich drehte meinen Kopf und sah zu Mamoru, welcher ein paar Schritte hinter mir stand und diese Szene etwas skeptisch beobachtete. „Wollten wir nicht los?“ Fast hätte ich angefangen zu lachen, war da etwa ein Hauch Eifersucht zu hören? Niedlich – wirklich niedlich. Schmunzelnd sah ich ihn an und fragte mich ob er gemerkt hatte, dass ich den ganzen Abend eifersüchtig gewesen war, weil ihn jeder zweite angeschaut oder nachgeschaut hatte. Ich nickte nur, bedankte mich noch einmal für die Zigarette und amüsierte mich etwas darüber, dass mein Gönner zerknirscht aussah. Er hatte sich mit dieser netten Geste wohl etwas anderes erhofft. Na ja Pech gehabt sagt man dazu.   Mamoru lief neben mir her, während wir die leere Straße entlang gingen. Es war jetzt kurz vor drei und der Wind war kalt. Seitdem wir den Club verlassen hatten, schwiegen wir. Doch irgendwann blieb er plötzlich stehen und hielt mich am Jackenärmel fest. „Wärst du lieber mit dem anderen Mann mitgegangen?“ Überrascht sah ich ihn an und fragte mich was er wohl jetzt wieder in seinem kleinen Kopf ausbrütete. Schlimm war das. „Ja!“ Antwortete ich Wahrheitsgemäß. Der Blick der mir nun entgegenschlug verriet, dass Mamoru das nicht hören wollte. „Aber bei genauer Abwägung bist du die bessere Wahl.“ Verunsicherung. Noch immer hielt er mich am Ärmel fest und sah mich an als wolle er abwägen was gerade alles passiert und gesagt worden ist. „Mhm. Anscheinend ist dem ja nicht so – sonst wären wir ja nicht gegangen.“ Ah – jetzt verstand ich. Er verstand noch immer nicht warum ich ihn vorhin so grob zurück gewiesen hatte, dabei hatte es sicherlich seine ganze Überwindung gekostet und dann so eine Niederlage. Seufzend sah ich an, zog am letzten Rest meiner Zigarette und schnippte sie weg. Ich griff nach dem Hut, welchen er noch immer trug und nahm ihn ab. „Du bist betrunken Mamoru. Wenn ich weitergemacht hätte, und glaube mir…“ ich drängte ihn nach hinten bis er mit dem Rücken an eine Mauerwand lehnte „…das hätte ich nur zu gerne, dann würdest du mich morgen hassen, weil ich das so schamlos ausgenutzt habe oder du würdest alles auf den Alkohol schieben und den Gedanken, dass du es auch willst einfach leugnen.“ Meine Finger glitten unter seinen Schal und lösten ihn leicht, so dass ich Zugang zu seinem Hals hatte. „Und ja, ich wäre gerne mit diesem jungen Mann abgehauen…“ mein Nasenrücken strich über Mamorus Hals bevor ich langsam zubiss und mit meinen Zähnen über die empfindliche Haut glitt. Ein leichtes Zittern kam mir entgegen, sowie ein leichter Duft von Erregtheit. „…weil ich nämlich sehr erregt bin und ich nicht weiß ob ich es schaffe die Finger von dir zu lassen.“ Mit diesen Worten die ich ihm ins Ohr hauchte, biss ich ihm ins Ohrläppchen. Ich sah ihn an und Mamorus Blick hatten einen leicht glasigen Ausdruck. „Ich bin nicht betrunken!“ Kam es widerspenstig von ihm. Leise lachend sah ich ihn an. „Doch Mamoru bist du, wenigstens stark angetrunken!“ Mit einer Fingerkuppe strich ich ihm über die Lippen. „Angetrunken und leicht erregt. Das macht dich gerade sehr verführerisch!“ Ich konnte nicht – ich konnte nicht wiederstehen. Mit meinem ganzen Gewicht drückte ich ihn gegen die Mauer, während ich mein linkes Bein so posionierte, dass ich leichten Druck auf seinen Schritt ausübte. Den erschrockenen Aufschrei stoppte ich ihm Keim, als ich ihm einen Kuss aufzwang. Im ersten Moment merkte ich, wie er eigentlich protestieren wollte, dann aber meinen Kuss erwiderte. Er öffnete seinen Mund etwas, aber ich wollte der Einladung nicht folgen, sondern begann damit an seiner Unterlippe zu knabbern. Ich löste mich etwas von ihm, gerade so viel, dass ich beim sprechen seine Lippen etwas auf meinen Spüren konnte. „Du bist zu schnell Mamoru.“ Er sah mich irritiert an und schien zu überlegen, bevor er den Kopf schüttelte. „Oh doch. Du bist gerade etwas Notgeil kann das sein?“ Wieder schüttelte er den Kopf, diesmal sah ich aber im Schein der Straßenlaterne die Röte in seinem Gesicht, doch die kam nicht vom Alkohol. „Wirklich nicht?“ Ich drückte mit meinem Knie fester zu und beobachtete Mamorus Verhalten. Er krallte sich in meine Mantelärmel und keuchte leise auf. Wahnsinn. Er hatte eine tolle Stimme wenn er erregt war, dass konnte einem ja glatt verrückt machen. Meine moralischen Bedenken verflüchteten sich gerade ins Nichts und so gab ich der Versuchung nach und eroberte seinen Mund mit meinem. Noch bevor er mir eine erneute Einladung gab, drückte ich mit meinem Knie einmal zu, er keuchte in den Kuss hinein und ich ließ meine Zunge in seinen Mund gleiten. Während ich seinen Mund und seine Zunge mit meiner eroberte und die Führung übernahm, drückte ich mit meinem Knie immer wieder zu, bis Mamoru sich nach nur ein paar Minuten – es waren höchstens zwei oder drei – in meinen Mantel krallte, sich aus meinem Kuss befreite und erschöpft keuchte. Ich sah ihn an und wusste sehr gut, was gerade passiert war und Mamoru wusste es auch – und dieser Zustand half auch, Mamoru wieder Nüchtern zu machen. Schwer atmend sah er mich an und ich sah richtig wie in seinem Kopf eine Lawine von Gedanken los getreten wurde. Plötzlich stemmte er seine Hände gegen meine Brust, ich kam seinem unausgesprochenen Wunsch nach und löste mich von ihm. Ich erwartete eine Litanei von Vorwürfen und Beschimpfungen, aber nichts kam. Mamoru strich sich durch Haare und sah mich verunsichert an. „Tut mir leid!“ Überrascht sah ich ihn an, bevor sich ein leichtes Schmunzeln auf mein Gesicht schlich. „Wieso?“ Ohne ein Wort schlang er sich den Schal wieder fester um den Hals und ging schnellen Schrittes an mir vorbei. Ich folgte ihm in gebührendem Abstand und amüsierte mich etwas über sein Verhalten. Als wir an einem Getränkeautomaten vorbei kamen blieb er stehen und kramte anscheinend nach Kleingeld. „Was willst du haben?“ Ich griff an ihm vorbei und warf einige Münzen in den Automaten. Ohne einen Kommentar drückte er die Taste mit dem Eistee. Völlig in sich gekehrt holte er die Dose aus dem Automaten, öffnete sie und lehnte sich gegen die Mauer, bevor er einen großen Schluck daraus nahm. Ich selbst lehnte mich mit einer Dose Cola an den Automaten und sah Mamoru aus den Augenwinkeln an. „Ich hab meinem Eltern mit 18 gesagt, dass ich Schwul bin, aber eigentlich wusste ich es schon viel eher. Aber wissen und outen sind zwei verschiedenen Dinge.“ Ich nahm einen Schluck aus der Dose. „Als ich 15 war, da haben wir zeitweise in Deutschland gelebt und ich hab dort das Gymnasium besucht. In der 12 Klasse gab es einen Jungen – Finn – er war so cool. Jedenfalls fand ich das damals. Blond, blaue Augen, er hatte so ne Out of Bed Frisur und einen tollen Körper – athletisch und etwas muskulös. Er spielte Basketball und ich hab eigentlich nur wegen ihm angefangen zu spielen. Ich war so schlecht, deswegen hat er mir, als Mannschaftskapitän, angeboten Einzelstunden zu geben. Wow dachte ich der ist ja echt cool. So ein Mensch zu dem man aufsieht und wenn du dann mit so einem befreundet bist, dann haste es geschafft. Damals dachte ich noch, dass es nur Bewunderung sei – bis – naja wir haben nach dem Training geduscht und als ich ihn dann nackt sah passierte es…“ Ich seufzte und nahm noch einen Schluck aus der Dose. Mamoru sah mich an. „Was ist denn passiert?“ Ich begann zu lachen. „… naja was in dem Alter wohl schnell passiert. Ich hab nen Ständer bekommen und dass schlimmste war, dass ich als er sich zu waschen begann auch noch abgespritzt habe. Also die volle peinliche Nummer. Ich dachte wenn er das allen erzählt, dann bin ich völlig durch in der Schule, aber er tat so als wäre nichts passiert und nach einigen Wochen kam er dann zu mir und erzählte mir, dass er auch auf mich stehen würde und ob ich nicht Lust hätte was mit ihm zu machen. Du kannst dir ja denken wie toll ich das fand, also stimmte ich zu. Wir haben jedoch im Nachhinein betrachtet weniger unternommen, es war eher eine körperliche Erkundigung. Irgendwann hat er mich dann dazu überredet mit ihm zu schlafen, ich dachte wirklich er würde mich mögen, aber nach dem ersten Mal mit ihm hat er mir gesagt, dass ich keine feste Beziehung erwarten könnte. Dies sei nur was für Heteros, Schwule Männer leben nur für den gelegenheits Ficks. Ich war am Boden zerstört, meine große Liebe hatte mich eiskalt abserviert – danach ist mir, dass noch zwei Mal passiert. Danach hab ich dann angefangen mir an denen ein Beispiel zu nehmen. Monogame Beziehungen sind wohl wirklich nur etwas für heterosexuelle Paare.“ „Tut mir leid – also dass mit diesem Finn. Aber wenn man schon so einen Namen hat, dann kann man ja nur so drauf sein.“ Seufzend sah er mich an. „Also – muss mir das gerade nicht peinlich sein?“ Er kickte einen Kiesel weg und sah in den Nachthimmel. „Nein!“ Ich lächelte und wunderte mich etwas über mich selbst, denn ich meinte es ehrlich so. „Warum hast du eigentlich in deinem Alter noch keine sexuelle Erfahrung? Ist ja nicht so als wärst du hässlich – oder warst du mal ein kleiner dicker Teenager?“ Mamoru schmunzelte und überlegte. „Hast du wohl noch etwas Kleingeld?“ Er sah mich lächelnd an und schmiss die leere Dose in den Eimer neben den Automaten. „Wieso muss ich eigentlich für deine Geschichte bezahlen und du bekommst meine für Lau?“ Mit einem gespielt giftigen Blick zog ich ihm noch eine Dose und reichte sie ihm. „Ich hatte für sowas nie Interesse. Ander als Yosuke oder May war mir Sex nie wichtig oder erstrebenswert. Ich war ja immer beschäftigt. Ich meine, etwa war ich arbeiten oder in der Schule oder ich hab gelernt. Was anderes gab es nicht. Und wenn ich mal eine Freundin hatte, dann war nicht mehr als Küssen drin – Bunny wollte zeitweise mehr, aber ich habe es immer ignoriert - weil ich mir nicht die Blöße geben wollte ihr die Wahrheit zu sagen, außerdem so richtig Lust auf dieses Theater hatte ich nicht. Yosuke erzählte ja genug Geschichten und es klang nie so als wäre es den Aufwand wert den man als Mann bei einer Frau betreiben musste. Klingt komisch oder?“ Mamorus Stimme hatte einen traurigen Unterton angenommen. „Dummkopf!“ Er sah mich fragend an. „Sex kann mit dem richtigen Partner oder Partnerin etwas großartiges sein und keine Arbeit. Zum Sex gehört auch Lachen und Peinlichkeiten, durch Sex lernt man den anderen von einer Seite kennen, die man sonst nicht sieht.“ Das klang echt kitschig, aber so war es eben. Na ja – jedenfalls glaubte ich daran, dass es so sein konnte. Schweigend standen wir noch eine Weile im Licht des Getränkeautomaten und hingen wohl dieser Situation nach. „Wie suchst du dir eigentlich deine Betthasen aus?“ Überrascht drehte ich mich zu ihm und schmunzelte etwas über diese Frage? „Betthasen?“ „Mir fiel spontan nichts Besseres ein!“ Er zuckte mit den Schultern und schmunzelte etwas als er mich ansah. „Nach dem Zufallsprinzip und dem was ich gerade suche.“ „Hm?“ Ich begann zu lachen. „Es kommt eben drauf an, ob ich was für ne schnelle Nummer suche, oder jemanden den ich für die ganze Nacht beanspruchen kann oder nur jemanden der so aussieht als wäre er für einen Blow Job zu haben. Es gibt verschiedene Suchkriterien für verschiedene Bedürfnisse.“ „Oh.“ War alles was nun von ihm kam und ich war mir sicher, dass er mir nun einen Stempel mit den Aufdruck Pervers auf die Stirn drückte. Aber er überraschte mich – mal wieder! „Also genau die selber Auswahlkriterien, um es mal mit deinen Worten auszudrücken, wie Yosuke sich auch seine Nächtlichen Begleitungen aussucht.“ Er nahm einen Schluck aus der Dose und sah mich nachdenklich an. „Ich dachte, das würde sich unterscheiden, aber in dem Punkt ist es wohl immer gleich. Gehst du dann auch nach Aussehen oder nimmst du was du bekommst, nach dem Motto im Dunkeln ist es egal wie sie aussehen?“ Perplex sah ich ihn an, ich kannte Yosuke nicht, aber der musste ja auch so ein schrecklicher Mensch sein. „Du hast einen seltsamen Geschmack was deine Freunde angeht“ kommentierte ich meinen Gedankengang laut und schüttelte etwas den Kopf. „Aber um genau zu sein, ich achte schon auf das Aussehen. Schließlich muss ich mein gegenüber ja dabei ansehen, nicht immer – aber manchmal. Dass ist genauso als würde man sich Dumme Leute zum Poppen aussuchen. Dumm Fickt nämlich nicht gut, zum Gegensatz der landläufigen Meinung!“ Diese Unterhaltung hatte etwas Groteskes. Mamoru begann zu lachen und sah mich amüsiert an. „Findest du das hier auch so seltsam wie ich? Also die gesamte Situation und diese Unterhaltung?“ Ich nickte und wünschte mir eine Zigarette zu haben, langsam machte sich der Lungenschmacht breit und dann wurde ich immer etwas gereizt. „Lass uns weiter, oder willst du noch was wissen?“ „Nein, danke!“ Wir schmissen unsere leeren Dosen in den Abfall und gingen weiter, jetzt um einiges gelöster als vorher. Irgendwie hatten wir uns beim Laufen etwas verfranzt und so brauchten wir eine gute Stunde um eine Bahn Station zu finden.   „Warum setzt du dich nicht?“Ich nahm in der Bahn platz und sah zu Mamoru hoch. Dieser rieb sich den Nacken und lächelte verlegen. „Ich will lieber stehen…“ Ich lachte in mich hinein und verstand ihn. „Duschen wäre etwas, was ich jetzt sehr gerne tun würde.“ Er seufzte und wechselte von einem Bein aufs Andere. „So wird es nicht besser, nur als Tipp.“ Er errötete etwas und räusperte sich, als etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich zog. „Waren die nicht auch in dem Club?“ Er deutete mit einem nicken zum Ende des Wagons.   Mamoru Chiba   Die beiden Männer die am Ende des Wagons standen tauschten Zärtlichkeit miteinander aus und mir wurde bewusst, dass ich das immer noch etwas verstörend fand, obwohl ich vorhin nicht besser gewesen war. Aber vielleicht war das wirklich nur der Alkohol gewesen. Denn zur Zeit empfand ich das alles als einen bösen Traum und wollte eigentlich nicht mehr darüber reden oder geschweige denn daran denken. Einige Meter von uns saß eine Gruppe, drei Männer zwei Frauen und unterhielten sich lautstark über ihren Abend. Solange bis auch sie das Pärchen sahen „Ist ja ekelhaft.“ „Sowas sollte man verbieten.“ „Arschficker!“   Ohne ein Wort zu sagen, sah ich Massanorie an, welcher mich beobachtete. Seltsamerweise schämte ich mich gerade in Grund in Boden. Ich war ja auch nicht besser als diese Gruppe. Ich dachte teilweise auch so und plötzlich wurde mir bewusst, was für ein Arsch ich denn war. Noch immer ließ die Gruppe ihre Sprüche los, bis das Paar bei der nächsten Station ausstieg. Ob Massanorie auch schon solche Sprüche über sich ergehen lassen musste? „Echt, ich versteh nicht warum man sowas nicht verbietet? Ich meine wer will den sehen wie sich bei Kerle ablecken. Dass ist so ekelhaft. Gut das die Ausgestiegen sind!“ Ich sah zur Gruppe herüber und obwohl sich alles in mir regte etwas dagegen zu sagen tat ich es nicht. „Sagt mal hat einer von euch eine Zigarette?“ Etwas erschrocken sah ich zu Massanorie, welcher die Gruppe nun einfach angesprochen hatte. Plötzlich waren wir in eine Unterhaltung mit denen verwickelt und ich verstand überhaupt nicht wie Massanorie so freundlich zu denen sein konnte. Fühlte er sich denn nicht von denen ebenso beleidigt? „Gehört ihr etwa auch zu diesen Schwuchteln?“ Mein Körper spannte sich an und ich sah zu der Gruppe herüber. „Ach quatsch, seine Freundin hat heute mit ihm Schluss gemacht. Da musste man mal so nen Männerabend machen. Kennt ihr doch auch. Mal ohne Weiber was trinken und etwas lästern. Nichts für ungut.“ Er nickte den Frauen zu, welche mir einen Mitleidigen Blick zu warfen. „Armer Kerl. Also ich würde mit so einem süßen nicht Schluss machen!“ Ich lächelte gespielt und wandte mich wieder Massanorie zu, welcher sich eine Zigarette geschnorrt hatte und nun in einem angeregten Gespräch mit der Gruppe war. Zwei Stationen vor unserer Haltestelle stieg die Gruppe aus und ich sah Massanorie Verständnislos an, welcher nun sogar zwei Zigaretten hatte und sich zurücklehnte. Sein Blick ruhte wieder auf mir und ich wusste nicht ob ich sauer, oder traurig  sein sollte. „Wieso hast du dich mit denen Unterhalten? Ich meine die waren voll daneben…“ „Darf ich dich daran erinnern, dass du mich vor einigen Wochen auch eine blöde Schwuchtel genannt hast. Ich rede mit dir ja auch, also was unterscheidet dich von denen?“ „Nichts – denke ich!“ Kleinlaut gab ich ihm recht und fühlte mich jetzt noch schäbiger. Toll, meine Laune sank und sank. Ich war hier der Arsch vom Dienst. „Stimmt, nichts.“ Er sah mich an und schwieg. Als endlich unsere Station kam war ich froh wieder an der frischen Luft zu sein, auch wenn ich bis zu mir noch immer 45 min fahren musste. Ich wollte gerade zu meinem Gleis gehen, als mich Massanorie am Arm festhielt. „Komm schon.“ „Wieso? Du hast selbst gesagt, ich bin genau wie die. Warum also willst du mich um dich haben?“ Fragend aber mit einer bohrenden Neugier sah ich ihn an, ich wusste nicht was ich mir von dieser Frage erhoffte. Gerade war ich mir selbst nicht mehr sicher, was ich wollte oder wieso. „Weil die mir egal sind.“ Es war keine direkte Antwort auf meine Frage, aber irgendwie war es süß. Ich biss mir auf Lippe und überlegte. „Ich bitte nicht noch einmal, dass weißt du. Aber als Anreiz. Ich verspreche dir, ich lass deinen kleinen süßen Arsch zufrieden – zudem kann ich dir sicherlich sagen wie dieser Mashup heißt, den du im Club gehört hast.“ Mit einem Blick, den ich nicht deuten konnte, der aber etwas Hinterhältiges an sich hatte sah er mich an. Und wieder war ich das dämliche Reh, das vertrauensselig auf den Jäger zulief, weil er ihn etwa zerfressen hinhielt. „Wenn du willst, dann wiederholen wir das von vorhin.“ Er grinste, leckte sich kurz über die Lippen, ließ mich los und ging in Richtung seiner Wohnung. Noch während die Stimme in meinem Kopf redete hatte ich mich dazu entschieden hinter Massanorie her zu dackeln. Wie erbärmlich, aber was sollte es.   Als wir im Fahrstuhl standen wurde mir bewusst, wie Notgeil ich wirken musste, also versuchte ich mein eigenes Verhalten zu rechtfertigen. „Dir ist doch bewusst, dass wir das von vorhin nicht wiederholen oder? Ich bin nur mitgekommen, weil ich noch meine Einkauftüte bei dir stehen habe. Und selbst wenn ich bei dir schlafen würde, würde ich das Gästezimmer vorziehen.“ „Nichts anderes hatte ich erwartet.“ Kam es monoton zurück. „Aber bevor du bei mir schläfst, solltest du mal duschen, ich denke nämlich, dass es so langsam etwas unangenehm wird die ganze Zeit mit einer klebrigen Boxershort herum zu laufen!“ Dadam – und wieder versenkt! „Blöder Gajin.“ Flüsterte ich mehr zu mir selbst, als zu ihm. „Kleiner Hippie!“ Er schmunzelnde als sich unsere Blicke trafen.   Oh Gott, es war herrlich, das warme Wasser schaffte es, dass ich mich weiter entspannte. Leider hatte Massanorie recht gehabt, langsam war es echt unangenehm geworden. Sorgfältig wusch ich mich und war dankbar, dass Massanorie mir ohne ein weiteres Kommentar eine seiner Shorts gegeben hatte, auch wenn mir diese etwas zu groß sein würden. Aber meine war einfach raus. Im Nachhinein betrachtet, war das so peinlich gewesen, ich hatte mich wie ein pubertierender Teenager verhalten. Und es war soweit – ohne dass ich es wollte spielte sich das ganze Szenario noch einmal in meinem Kopf ab und zu meinem Leitwesen reagierte ich sehr direkt und schnell darauf. „Fuck!“ Seufzend sah ich an mir herunter und ich schämte mich nun noch mehr als während des Moments selber. Was machte man denn in so einem Moment? „Halt die Klappe!“ wisperte ich nur zu mir selbst. Ich war nicht gut in diesen Dingen, Normalerweise brauchte ich das auch nicht, da mir sowas nur sehr, sehr selten passiert – ein paar Mal im Jahr. Ja ich war eventuell sexuelle gestört, aber egal. Ich mochte es nicht, es mir selbst zu machen, aber so wollte ich auch nicht zu ihm raus. Außerdem würde es sowieso nicht lange dauern. Und ich hatte recht – nach zwei oder drei Handbewegungen hatte ich das Problem geregelt.   Massanories Shorts waren wirklich etwas zu groß, ebenso wie die Tra8iningshose, welche er mir hingelegt hatte. Ich unterdrückte ein Gähnen, als ich einen Blick in sein Schlafzimmer warf. „Massanorie?“ „Hmh?“ Erschrocken drehte ich mich rum. „Hey, ich dachte du wärst hier. Entschuldige!“ Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen, was nicht nur daran lag, dass ich mir an den Gedanken mit ihm einen runtergeholt hatte, sondern auch daran, dass er selber nur eine weiße Trainingshose trug. „War es schön?“ „WAS?“ Ertappt sah ich ihn an. „Das Duschen? War es schön?“ er zog eine Augenbraue hoch und musterte mich. „Ja klar, das duschen. Ja war toll. Danke für die Sachen. Hast du zufällig noch ein Shirt für mich?“ völlig überdreht versuchte ich seinen Blick auszuweichen. „Komm ich gebe dir eins.“ Während er in seinem Kleiderschrank ein Shirt heraussuchte, sah ich mich um. Es war das erste Mal, dass ich sein Schlafzimmer sah. Ein großes Bett stand genau in der Mitte, anthraziter Rahmen mit einem großen mit lederbezogenes Kopfteil und weiße Bettwäsche. Der Rest war eher schlicht. Die kleinen Nachtische waren ebenfalls anthrazit, ansonsten lagen auf jeder Seite noch Florteppiche in der gleichen Farbe. „Ein Merens Boxspring Bett DeLuxe.“ „Bitte?“ „Das Bett. Man nennt diese Art Boxspring Bett. Ist eine Amerikanische Bauart, eigentlich nur im Hotel zu finden oder auf Luxusschiffen. Aber mit etwas Einfluss. Du hast noch nie so gut geschlafen, versprochen.“ „Ok, wenn du es sagst. Aber Bett ist Bett oder nicht?“ Spottend sah ich an und erkannte nun wieder warum er manchmal so ein Ekel war, Geld regierte seine Welt, davon war ich weit entfernt. Schweigend sah er mich an, in der einen Hand hielt er ein Shirt, mit der anderen Griff er nach meiner Hand und zog mich zu sich. „Ich würde gerne weiter machen wo wir aufgehört haben. Wie wäre es. Wenn du willst, dann versprech ich dir, dass ich morgen so tue als wäre nie etwas gewesen. Versprochen.“ Ohne mich gegen seine Berührung zu wehren, wich ich seinem direkten Blick aus. „Vorhin hieß es noch ich wäre zu schnell.“ „Daran lässt sich arbeiten. Da braucht man etwas Übung. Und ich bin ein guter Lehrer.“ Irgendwann zwischen diesen Satz und dem Moment wo er mich wieder geküsst hatte, hatte ich einen totalen Blackout. Dieser legte sich jedoch wieder, als leicht zitternd zu ihm hochsah. Er hatte mich aufs Bett gedrängt und sich über mich geschoben. Aber er sah dass ich überfordert war. „Keine Sorge, ich sagte dir doch, deine Kehrseite lass ich heute zufrieden. Und wenn ich was mache was du absolut nicht willst sagst du es eben. Aber normalerweise beklagt sich bei mir keiner!“  „Ja bis jetzt. Es gibt ja immer ein erstes Mal. Also – nicht so – du weißt…“ Noch bevor ich weiteren Blödsinn von mir eben konnte, spürte ich schon wie seine Lippen sich auf meine legten. Der schwache Geschmack von Zigaretten mischte sich mit dem von Wein, welchen er wohl vorher in der Küche getrunken hatte. Er ließ seine Zungenspitze leicht über meine Unterlippe fahren, bevor er sich in meinen Mund vorschob. Wieder schossen mir dutzende Gedanken durch den Kopf. Plötzlich löste sich Massanorie von mir und sah mich fassungslos an. „Nicht dien Ernst? Ich meine ich gebe mir gerade echt Mühe und du zermarterst dir den Kopf? „Woher?“ Völlig überrascht sah ich ihn an, woher wusste er denn dass ich nicht bei der Sache war.   Massanorie Lenjier   Das gab es ja nicht, da gab ich mir gerade wirklich Mühe zärtlich und einfühlsam zu sein und diesen ganzen anderen Hetero Mist und er machte einen auf Alice im Wunderland. Dann eben auf die andere Art. „Du kleiner Mistkerl!“ Ich grinste Mamoru nun an und vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge. Mamorus Puls stieg, dass konnte ich spüren. Wie auf der Straße ließ ich meine Zähne über seine Hals schaben, bevor ich mir eine schöne Stelle aussuchte um dieses Mal etwas fester zuzubeißen, sozusagen als Strafe für seine Gedanken. Ein leises Stöhnen und Finger die sich in meinen Hinterkopf krallten zeigten mir, dass Mamoru wirklich eine Schwäche für Masochismus hatte. Wie stark das wohl war? Ich hatte eigentlich kein Verlangen danach meinem Sexpartner Schmerzen zuzufügen, aber hier? Das ermöglichte ganz neue Dimensionen. „Wenn du jetzt kein lieber Junge bist, dann beiß ich nochmal zu und diesmal wieder etwas fester, ok?“ Ich strich mit meiner Nase über seine und leckte ihm über die Lippen, welche leicht bebten. Er nickte nur und atmete immer schneller. Meine Zunge glitt immer wieder über seine Lippen, aber jedes Mal wenn er sie öffnen wollte zog ich mich zurück. In seine Augen war zu erkennen, dass er nicht wusste was er jetzt machen sollte und wieder drifteten seine Gedanken ab. Das konnte ich an diesen kleinen Krähenfüße erkennen, die sich dann immer um seine Augen zeigten. Ohne eine Vorwarnung, legte ich meine Lippen um seine schon leicht gehärteten Brustwarzen und biss etwas zu. Er bäumte sich unter mir auf und ich entlockte seiner Kehle ein Stöhnen, dass sich wie kleine elektrische Ladungen in meinen Körper bohrten. Seine blauen Augen sahen mich flehend an. „Nicht weg sehen, sonst beiß ich wieder zu und diesmal noch tiefer, ok?“ Ein nicken. Mit meinen Fingerspitzen glitt ich über seine Brustwarze die ich zuvor zwischen meine Zähnen hatte und massierte sie leicht. Sie war durch den Biss hart geworden und zeichnete sich nun in einem leicht geröteten Ton von seiner Brust ab. Immer wieder versicherte ich mich, dass Mamoru hinsah, auch wenn ich hoffte er würde es nicht tun. Da ich es prickelnd und erregend fand ihn zu bestrafen. Noch nie hatte ich an sowas so großen Gefallen gefunden. Mamorus Körper erbete förmlich unter meiner Berührung. „Komm her!“ Mit einem Ruck eroberte ich seinen Mund mit meiner Zunge und dominierte ihn so. Immer wieder stieß ich mit meiner Zunge in seinen Mund, zog mich aber zurück wenn er in meinen wollte. Meine Hände glitten underdessen über seinen Oberkörper und erkundeten jede kleine Wölbung, jede Rippe immer tiefer, bis ich schließlich am Bund der Trainingshose angekommen war. Mit meinen Finger zeichnete ich seinen Hüftknochen nach, welcher etwas hervorstand und ihn so noch schlanker erschien ließ. Als meine Fingerkuppen dann zurück über seine Taille fuhren zuckte er plötzlich zusammen und ich konnte seine Zähne an meinen Lippen spüren. „Ah kitzelig, sind wir auch noch!“ hauchte ich in den Kuss und biss Mamoru etwas in die Unterlippe, bevor ich mich daran festsaugte. Nach Luft ringend löste ich von ihm und sah ihn an, seine Lippen waren rot und geschwollen von meinen Bissen und Neckereien. Meine Zunge zeichnete seine Halslinien nach und ich konnte spüren wie er seine Finger instinktiv in meine Haare vergrub und mich immer weiter nach unten drückte. Er war sich dessen sicherlich nicht einmal bewusst, denn so forsch und direkt schätzte ich ihn nicht ein. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Brust, welche ich nur zu gerne aufleckte. Immer wieder umkreiste meine Zunge seine harten Brustwarzen und ich konnte mich nicht satt daran hören, wenn seine Stimme immer  etwas lauter auf mein leichtes Beißen reagierte. Wieder machte ich eine kleine Pause und wartete bis er mich ansah. Der Grund hierfür war, dass ich merkte wenn Mamoru an den Punkt kam, dass er kommen würde. Und ich dies nicht wollte. Hinauszögern war hier das Ziel aller Dinge. Aber so langsam verlor auch ich die Kontrolle. Seine Stimme machte es mir nicht leicht nicht einfach über ihm herzufallen und seinen Arsch für mich zu beanspruchen. Aber ich hatte es versprochen, zudem glaubte ich nicht, dass ich heute auf meine Kosten kam, das war eine One Men Show. Meine Zunge glitt in seinen Bauchnabel und ich konnte seine Erregung wahrnehmen die sich sichtbar durch die Hose abzeichnete. Mamoru merkte, dass ich diese fixierte und versuchte sich meinem Blick zu entziehen. „Nicht bewegen!“ fuhr ich ihn nun grob an. Er zuckte zusammen. „Was mach ich denn bloß mit dir? Immer das gleiche!“ Erneut schob ich mich über ihn. „Soll ich etwa wieder zubeißen?“ War das etwa ein erwartungsvoller Blick den ich bekam? „Du machst das mit Absicht oder? Du willst, dass ich dich etwas maßregel!“ Verunsicherung mischte sich in seinen Blick. Noch bevor er auf dumme Gedanken kam, suchte ich die Stelle an seinem Hals wo ich zu Beginn meine Zähne leicht gewetzt hatte und biss dieses mal etwas mehr zu. Mamorus Finger krallten sich in meinen Hinterkopf und ich entlockte ihm ein dunkles Stöhnen, welches mir direkt in den Unterlieb fuhr. Mit einem Ruck, schob ich meine Hand unter den Bund der Trainingshose und umfasste seine harte Länge. In diesem Moment kam Mamoru. Sein Sperma rann über meine Hand als ich sie wieder hervorzog und begann abzulecken. Mamorus Atem ging noch immer stoßweise, als ich ihn küsste und er somit seinen eigenen Geschmack im Mund hatte. „Du schmeckst leicht salzig. Daran könnte ich mich fast gewöhnen.“ Er schaffte es nicht etwas zu sagen, denn ich hatte nicht vor, hier schon Schluss zu machen. Mit einer gekonnten Bewegung legte ich meine Finger um seinen Bund und befreite ihn von Hose und Short. Erschrocken rutschte er nach hinten und wollte die Beine anziehen. Aber ich hielt ihn am Fußknöchel fest. „Ich will dich doch nur sauber machen.“ „Das kann ich allein im Bad…“ Völlig beschämt sah er an sich hinunter. Diesen Moment nutzte ich und schob mich zwischen seine Beine. Er fuhr zusammen und seine Atmung ging wieder schneller. „Massanorie was hast du vor?“ Ich lächelte ihn an und strich ihm durch die Haare. „Würde es dir leichter fallen nackt zu sein, wenn ich mich auch ausziehe?“ Er sah an mir hinunter und schüttelte dann den Kopf. „Schade!“ entfuhr es mir nur leise. „Können wir da Licht nicht ausmachen?“ „Nein. Ich will ja sehen ob dir das was ich mache auch gefällt. Außerdem finde ich dich sehr ansehnlich.“ Mit diesen Worten begann ich über seine Beine zu streicheln, damit er sich entspannte. Meine Finger glitten über seine Waden, seine Kniekehlen und deine über die Innenseite seiner Schenkel. Er zog die Luft scharf ein und versuchte erneut aus meinem Blickfeld zu verschwinden. Ohne ein weitere Wort auf die Aktion zu verschwenden, packte ich Mamoru in den Kniekehlen und zog ihn wieder längs auf die Matratze, bevor ich damit anfing über die Innenseite seiner Schenkel zu lecken. Ein leichter Schweißfilm mischte sich mit Mamorus Sperma, welches ich nur zu gerne einfach aufleckte. Mit einem zufriedenen Blick sah ich, dass Mamorus Schwanz wieder hart wurde. Er war wirklich schön, nicht beschnitten aber trotzdem schön. Er war etwas kleiner als meiner, was aber in Anbetracht der Tatsache, dass ich auch größer war als er proportional stimmig war. Ansonsten dünner als meiner und sehr gerade. Und ich war der erste der einen Blick darauf warf, sexuell gesehen. Was man damit nicht alles anfangen konnte. Allein der Gedanke ihn ganz aufzunehmen erregte mich schmerzhaft. „Hab ich eigentlich erwähnt, dass ich sehr oralfixiert bin?“ Es klang wie eine Frage, war aber mehr eine Aussage, welche fürs Protokoll gegeben werden sollte. Ohne eine Antwort abzuwarten, ließ ich meine Zunge längs über seine gesamte Länge leiten. Mamoru bäumte sich auf. „Oh Gott Massanorie!“ Ich sah auf und sah Mamoru an, welcher mich fasziniert und mit einem glasigen Blick beobachtete. „Also im Sitzen? Gut!“ Mit dieser Aussage packte ich Mamoru und positionierte in sitzend gegen das Kopfteil, so dass er mir zusehen musste. Ohne seinen Protest abzuwarten, machte ich es mir zwischen seinen Beinen bequem. Mamoru wollte etwas sagen und ich spürte seine Hände an meinem Rücken, aber ich wartete nicht ab, sondern nahm seine gesamte Länge mit einem Zug in Mund, so tief dass seine Eichel an meinen Rachen stieß. Sein darauf folgendes Stöhnen war unerträglich schön, besonders wenn er meinen Namen dazu sagte. Ich drückte seine angezogenen Beine noch mehr an seinen Oberkörper, während ich meine Zunge immer wieder über seinen Schaft gleiten ließ. Plötzlich stöhnte er auf und krallte seine Hände in das Laken und ich schluckte. Als ich mich aufrichtete und ihn ansah waren seine Augen glasig. „Noch einer Runde ist wohl zu viel.“ Er sah mich an und sagte nichts.   Es dauerte keine Minute als er wieder lag und er war eingeschlafen. „Tja ne One Men Show, wie ich schon sagte.“ Ich legte mich neben ihn, deckte ihn zu und hoffte dass er wenigstens zugeben würde dass es ihm gefallen hatte, denn das war unbestreitbar.     Mamoru Chiba     Kopfschmerzen. Das war der erste Gedanke den ich hatte als ich aufwachte. Ich durfte einfach keinen Alkohol trinken und wenn dann nicht durcheinander. Schlaftrunken drehte ich mich herum und zog die Decke über meinen Kopf, egal wie spät es war, es war zu früh.   … .. .   Plötzlich war ich hell wach und saß kerzengerade im Bett. Es war wieder da, jeder einzelner Augenblick als wir gestern in diesem Bett gelegen hatten. „Tu mir doch bitte den Gefallen und leg dich wieder hin bevor du in Panik gerätst ja.“ Ich zuckte zusammen und sah nach links. Neben mir lag Massanorie, er stützte sich auf seinen Ellenbogen und zupfte an der Decke. Schweigend ließ ich mich zurück ins Kissen fallen und starrte an die Decke. „Danke!“ „Das gestern Abend, oder heute Morgen ich meine… das war… also… was ich meine…“ in diesem Moment spürte ich Massanorie Hand in meiner Seite und ich griff nach ihr. „Nicht!“ Aber es war eher ein unterdrücktes Lachen, da ich dort unglaublich kitzelig war. Doch Massanorie nahm einfach die Andere Hand dazu und schon wandte ich mich unter ihm und versuchte mich zu befreien während ich schon vor Lachen weinen musste. „Bitte! Bitte hör auf. Ich verspreche mich nicht aufzuregen!“ „Und nicht alles kaputt zu denken!“ „Ja auch, auch alles was du willst, aber bitte!“ Er hörte auf und ich versuchte wieder Luft zu bekommen. Nun lag er hinter mir und hatte seine Arme um mich geschlungen. Ich spürte wie er meinen Nacken küsste, seufzend ließ ich es zu und bemerkte, dass mir eigentlich die Augen wieder zufielen. „Wie spät?“ „Neun Uhr! Wir haben erst 4 Stunden geschlafen. Also mach die Augen zu.“ Mit diesen Worten zog er mich näher an sich und vergrub sein Gesicht in meinen Nacken. Mir war nie so bewusst gewesen, dass Massanorie auch so ein konnte. Ich war zu Müde um mir weiter Gedanken zu machen, noch mitten drin schlief ich ein.   Als ich wieder aufwachte drehte ich mich automatisch um und sah dass Massanorie neben mir saß, zusammen mit seinem Laptop. Er hatte Kopfhörer drin und bewegte die Lippen. Ich beobachtete ihn eine Weile und fragte mich was ich jetzt tun sollte. Wie würde das hier enden? Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl dabei! Aber das was heute Morgen passiert war, war der Wahnsinn. Ich wusste zwar nicht so richtig wie Massanorie das geschafft hatte, aber das war egal. „Guten Morgen! Wie kann man eigentlich morgens schon viel denken?“ Seufzend sah ich ihn und streckte mich. „Keine Ahnung. Ist eine Gabe! Und woher weißt du überhaupt, dass ich gedanklich wieder abdrifte?“ „Das ist mein Geheimnis!“ Mit diesen Worten legte er die Kopfhörer auf den Laptop und stellte diesen neben mich. „Hier, hab das Lied von gestern Abend gefunden.“ Mit diesen Worten schwang er sich aus dem Bett und ging zur Tür. „Kaffee oder Tee?“ „Kaffee.“ Unschlüssig wie ich diese Zurückhaltung bewerten sollte, sah ich ihm nach. Schulterzuckend nahm ich die Kopfhörer und sah auf den Bildschirm.   This is a original remix composed by Romain Frati, Fissunix & CLT based on a Vivaldi's sample from the famous "The Four Seasons : Winter" and Empire of the sun "Walking on a dream" “Klingt gut.” Hörte sich jedenfalls vielversprechend an. Ich drückte auf Play. (Anm. d. A.: Ein Tipp hört es euch beim weiteren Lesen an, ist der Hammer http://www.youtube.com/watch?v=FfQ8eBa3XtA)   “Walking on a dream How can I explain Talking to myself Will I see again We are always running for the thrill of it thrill of it Always pushing up the hill searching for the thrill of it On and on and on we are calling out and out again Never looking down I'm just in awe of what's in front of me Is it real now When two people become one I can feel it When two people become one Thought I'd never see The love you found in me Now it's changing all the time Living in a rhythm where the minutes working overtime We are always running for the thrill of it thrill of it Always pushing up the hill searching for the thrill of it On and on and on we are calling out and out again Never looking down I'm just in awe of what's in front of me Is it real now When two people become one I can feel it When two people become one Is it real now When two people become one I can feel it When two people become one Catch me I'm falling down Catch me I'm falling down Don't stop just keep going on I'm your shoulder lean upon So come on deliver from inside All we got is tonight that is right 'till first light Is it real now When two people become one I can feel it When two people become one Is it real now When two people become one I can feel it When two people become one”   Wahnsinn. Das war großartig. Ich drückte erneut auf Play und mir schoss durch den Kopf, dass dieser Text irgendwie auf diese Situation passte. Seltsam. Ich bekam nicht mit wie Massanorie mit zwei Tassen wieder kam, erst als sich neben mich setzte und mich ansah, bemerkte ich ihn. Mit einem Mal zog er mich zu sich, die Kopfhörer sowie der Laptop wurden auf den Boden verfrachtet und während er mich küsste erklang dieses Lied immer wieder und wieder im Hintergrund. „Du bist der erste Mann den ich morgens nicht aus meiner Wohnung schmeiße!“ Er löste sich von mir und stützte sich auf seinem Ellenbogen auf. „Danke. Glaub ich!“ Plötzlich fiel mein Blick auf eine Halskette. Mir war gar nicht aufgefallen, dass er die trug. Mit einem prüfenden Blick sah ich mir die Kette an. Ein kleines goldenes Kreuz an einer goldenen Kette. „Hübsch! Wieso hast du sowas?“ „Weil ich katholisch bin. Ich hab sie zur Kommunion bekommen.“ Ich überlegte, seine Mutter hatte das auch erzählt. „Was ist eine Kommunion?“ „Das ist ein besonderes Fest, an dem die Kinder zum ersten Mal in Form einer Hostie die Eucharistie empfangen dürfen und damit in die Mahlgemeinschaft mit Jesus aufgenommen werden.“ Er streckte sich und griff nach seiner Kaffeetasse. „Gut. Was ist denn bitte eine Eucharistie?“ Ich griff nach meiner Tasse und sah ihn weiterhin fragend an. Irgendwie hatte ich ganz vergessen, dass ich zum einen nackt war, zum anderen, dass gestern Abend – heute Morgen – wie auch immer wahrscheinlich das peinlichste stattgefunden hatte was ging. „Das ist, na ja wie erklär ich das. Also das ist bei Christen wenn man vorne – wenn man Brot und Wein bekommt. Kannst du damit was anfangen?“ Ich nickte, ja sowas hatte ich schon mal gesehen. „Ich wusste nicht dass du Christ bist.“ „Wieso kannst du das nicht mit deinen sexuellen Vorlieben vereinbaren?“ „WAS?“ ich sah ihn entsetzt an. „Ich hab keine sexuellen…“ Leider fiel mir dann wieder diese Sache mit dem Beißen an. Ich griff nach meinem Hals und merkte erst jetzt, dass mir die eine Stelle schmerzhaft weh tat. Ich strich darüber und bemerkte eine dünne Kruste. Hatte er etwa so fest zu gebissen, dass es blutete? Massanorie bemerkte meinen Blick und sah sich die Stelle ebenfalls an. „Sieht schlimmer aus als es ist. Nur ein größerer Bluterguss und ja es hat etwas geblutet. Aber leider bist du sehr darauf …“ „Ich will es nicht hören!“ Unterbrach ich ihn und fühlte die aufkeimende Scham. „Wo wir wieder beim Sex wären…“ mit diesen Worten nahm er mir die Kaffeetasse ab, stellte sie auf den Nachttisch und zog mich mit einem Ruck zu sich. „Was machst du?“ Ich zog die Decke enger um mich und versuchte mich von ihm zu lösen. Dass ich nun auf seinem Schoss saß, war mir unangenehm. Ich spürte seine Finger unter meinem Kinn und er zwang mich ihn anzusehen. „Entspannen wäre eine Möglichkeit. Oder soll ich wieder grob werden?“ Ich zog die Luft scharf ein und schüttelte den Kopf. „Du machst immer so einen Stress und am Ende bist du so erregt, dass du sogar mehrmals hintereinander kommst.“ Beschämt vergrub ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge. „Tust du mir einen Gefallen?“ Ich nickte nur ohne darüber nachzudenken was er haben wollte. Er nahm meine Hand und begann damit jeden einzelnen Finger zu küssen, schließlich saugte den Zeigefinger ein und biss etwas zu. Leicht erregt hob ich den Kopf und sah ihn an. Wie machte er das nur, er schaffte es in nur einem Moment mir alle Scham zu nehmen und mehr noch, dass er diesen blöden Befehlston an den Tag legte empfand ich hier nicht einmal als unangenehm. Mit einem Mal beugte ich mich vor, zog meinen Finger zurück und nahm sein Gesicht in meine Hände. Seine Bartstoppeln kribbelten, ich rutschte etwas mehr an ihn heran, dabei seufzte er etwas und grinste mich an. So dass ich beim Küssen für einen kurzen Moment seine Zähne an meinen Lippen spüren konnte. Er schmeckte nach Kaffee und Zigarette. Meine Zunge glitt langsam über seine Oberlippe und stieß dann an seine. Es war wie ein Spiel und diesmal überließ er mir die Führung. Dadurch bemerkte ich nicht, wie er meine Hand nahm und sie langsam an seinem Hosenbund vorbei führte. Erst als ich seine Härte an meiner Hand spürte zuckte ich zurück. Etwas verängstigt sah ich an. „Keine Sorge ich helf dir.“ Mit diesem Satz zog er meinen Kopf mit seiner freien Hand wieder zu sich und küsste mich erneut. Ich versuchte mich zu entspannen und lies meine Hand locker, damit er sie führen konnte. Seine Finger dirigierten meine Hand so, dass ich mit meiner Hand seine Länge umfasste und half mit den passenden Takt zu finden um sie auf und ab zu bewegen. Massanorie keuchte in den Kuss hinein, ich war trotzdem verunsichert und seufzte etwas. „Klingt wie Arbeit bei dir!“ Ich schmunzelte, hielt aber nicht in der Bewegung inne. „Aber wenigstens lauf ich nicht weg!“ Kommentierte ich zurück. „Ja stimmt. Bin etwas stolz auf dich.“ Überrascht sah ich ihn an und irgendwie war ich geschmeichelt, dass er das so sagte. Bei Massanorie dauerte es weitaus länger als wie bei mir, was ich jedoch auf mein mangelndes Talent zurückführte. Als er kam, küsste er mich so hart, dass ich dachte mir würde die komplette Luft aus der Lunge gezogen. Meine Hand war klebrig als ich sie wieder zurück zog und ich erinnerte mich daran, dass Massanorie mich gestern probiert hatte und obwohl ein Teil von mir noch immer von der Tatsache angeekelt über das was ich hier tat war, wollte ich wissen wie er schmeckte. Doch dann hielt Massanorie meine Hand fest und sah mich ernst an. „Mach das nicht. Es ist ein Unterschied ob ich das bei dir mache oder du bei mir.“ Ich sah ihn verunsichert an, aber sein barscher und ernster Tonfall ließen keinen Zweifel dass er das ernst meinte. Er schob mich von sich, und zog mich hinter sich her ins Bad, wo ich mir die Hände wusch. Ich stand vor dem Badspiegel und als ich hineinsah wurde mir schlecht. Massanorie sah meinen Gesichtsausdruck. „Alles gut?“ Schweigend sah ich immer noch in Spiegel. „Ich denke ich sollte kündigen!" Kapitel 14: Step Fourteen… Fear ------------------------------- Step Fourteen… Fear Angst haben wir alle. Der Unterschied liegt in der Frage wovor. Frank Thiess Mamoru Chiba „Anscheinend beschränkt sich deine Ausdauer nur aufs Laufen!“ Schmunzelnd sah ich kurz zur Seite und konnte dann ein Grinsen nicht unterdrücken. Seit knapp zwei Stunden lief ich nun auf diesem Laufband und mit jeder Minute fühlte ich mich besser. Dieser Ausgleich hatte mir einfach gefehlt. Noch vor drei Stunden stand ich knapp vor einem Nervenzusammenbruch und nun war mein Kopf klar, die kleine Stimme in ihm hielt endlich die Klappe und auch sonst war ich wieder völlig im Gleichgewicht mit mir selbst. Sport war eben doch die Lösung für alles – jedenfalls bei mir! „Ja Ausdauer beim Laufen hab ich, aber sowas kommt ja nicht von ungefähr – Das. Braucht. Übung.“ Immer noch grinsend und leicht aus der Puste warf ich einen Blick zur Seite. Massanorie setzte ebenfalls ein zweideutiges Grinsen auf und drückte die Taste auf dem Monitor um die Geschwindigkeit zu erhöhen. „Du willst – also das – ich an Erschöpfung – sterbe?“ So langsam kam ich doch an meine Grenzen. „NE. Aber für den Stress vorhin verdiene ich etwas Rache oder siehst du das anders?“ Kopfschüttelnd versuchte ich das erhöhte Tempo beizubehalten. Er hatte ja Recht. Als ich in seinem Bad diesen Aussetzer hatte und was von Kündigung und so redete, da war ich schon sehr durch den Wind. Ich verstand es einfach nicht, ich meine mich und die Situation. Ich tat mich etwas schwer damit. Aber irgendwie hatte mich Massanorie beruhigt und dann kamen wir von Hölzchen auf Stöckchen und schließlich hatte er mich mit ins Fitnessstudio genommen. Und obwohl ich ja lieber im freien lief als auf einem Laufband, so war das bei diesem Wetter definitiv die bessere Lösung. Und dieses Fitnesscenter war Wahnsinn. Ja gut der Aufnahmebeitrag lag bei 300000 Yen (ca.2500€) und monatlich noch mal 150000 (ca.1100€) aber Massanorie hatte mich so mit genommen. Anscheinend konnte man sowas, wenn man so viel Geld hierließ. Und obwohl ich anfangs sehr wiederwillig mitgekommen war, so tat es mir gut mal wieder Sport zu treiben. Er war sogar extra zu mir gefahren, damit ich meine Sporttasche holen konnte. Eigentlich lief ich in der Woche mindestens drei oder vier Mal, aber zurzeit kam ich nicht mehr dazu und das machte mich schon etwas unausgeglichen. Zudem war ich ja fast hinter rüber gekippt als ich gesehen hatte in welchem Sportstudio Massanorie Mitglied war. Der Konami Sport Club war das in meinem Augen beste was es in Tokio gab. Außer den normalen Sport Sachen konnte man hier auch noch Squash spielen, es gab einen Pool mit Glasdach, Gymnastik- und Massage Räume, Saunen und einen Jacuzzi. Mit Yosuke hatte ich schon öfter die Werbung von dem Sport Club durchgelesen und wir hatten immer davon gesprochen wie cool es sein würde hier mal Sport zu machen. „Was grinst du denn jetzt so?“ „Ach – nichts.“ Ich drückte auf dem Display auf STOP und rang nach Luft während das Laufband zum stehen kam. „Jetzt besser?“ Ich nickte nur, nahm mein Handtuch und trat vom Band herunter. „Laufen ist toll. Ich muss unbedingt wieder Joggen gehen. Auch wenn das Wetter schlecht ist.“ Ich wischte mir mit dem Handtuch durchs Gesicht und atmete tief ein und aus. „Dann kannst du ja Sparky mitnehmen, ich bin nicht der Typ der joggt – aber Sparky braucht das mal – zum auspowern!“ er schmunzelte und schubste mich sanft in Richtung Umkleide. „Kommst du regelmäßig hier hin?“ Seufzend legte ich den Kopf in den Nacken und atmete noch einige Male tief ein und aus. „Zwei bis drei mal die Woche.“ „Und was machst du dann hier? Ich meine Laufen scheint ja nicht so deins zu sein.“ „Krafttraining.“ Kam es monoton von ihm, während sein Blick einem jungen Mann folgte der gerade an uns vorbei ging. Ohne dass ich es eigentlich wollte entfuhr mir ein kurzes schnauben, aber Massanorie nahm es gar nicht wahr. Verächtlich schaue ich dem Mann hinterher, welcher Massanories Aufmerksamkeit fesselte und besah mir auf was Massanorie wohl sonst so stand. Denn ich schien ja vollkommen aus dem Rahmen zu fallen – wenn man das andere Exemplar so ansah. Der Mann war vielleicht so alt wie ich, nicht viel älter jedenfalls, kurze schwarze Haare, muskulöser als ich und größer. Yosuke würde dass es wohl mit den Worten – männlicher als ich ausdrücken – was immer das auch heiße mochte. Und auch wenn ich es nicht wollte, so kränkte es mich, dass Massanorie ihm nun seine Aufmerksamkeit schenkte. „Soll ich warten? Oder legst du ihn gleich hier flach?“ fuhr ich ihn an und ging dann weiter Richtung Umkleide. „Hast du ein Problem?“ Er kam mir nach und schien etwas angefressen von meinem Spruch zu sein. Ich biss mir auf die Lippe und zuckte mit den Achseln. „Kannst ja machen was du willst. Ich meine wie du heute schon passend gesagt hast – sonst schmeißt du die Kerle ja auch nach dem Sex aus deiner Wohnung. Da ist es eben nicht verwunderlich, wenn du schon wieder den nächsten auf deine Liste setzt! Zudem scheine ich ja sowieso nicht in dein Beuteschema zu fallen – nicht dass ich das will – aber es ist einfach unhöflich – ich meine, du bist mit mir hier und schaust ihm nach – Und so gut sah er nun auch nicht aus!“ Genervt riss ich die Tür der Umkleide auf und ging zu meinem Spint. Ich ohrfeigte mich innerlich selber! Sie war wieder da, die Stimme in meinem Kopf, die alles immer viel schlimmer machte und alles verkomplizierte. Am liebsten hätte ich meinen Kopf gegen den Spint geschlagen – immer und immer wieder – aber soweit kam ich nicht. Denn plötzlich zog mich Massanorie am Unterarm zu sich herum und drückte mich gegen den Spint. „Du klingst wie ein eifersüchtiges Schulmädchen!“ Kam es nur von ihm, bevor er mich hart küsste. Als er mich kurz Luft holen ließ nutzte ich den Bruchteil einer Sekunde, zum Protestieren. „Was ist wenn uns jemand sieht?“ Nicht das ich leicht panisch klang – Nein – Ich doch nicht! „Wie kommst du darauf, dass mich das interessiert?“ hauchte er. Seine Lippen berührten meine dabei leicht, während ich versuchte nicht erregt zu sein. „Aber – aber mich interessiert es! Bitte!“ Er sah mich mit seinen grünen Augen an und plötzlich zeichnete sich ein Lächeln auf seinen Lippen ab. „Na dann.“ Er lies mich los und ging zu seinem Spint. Ohne uns weiter zu unterhalten, zogen wir uns aus und gingen duschen. Er wählte die Kabine neben mir und ich ärgerte mich über mich selbst. Es war ja nicht so, als wären wir zusammen – für ihn war das nur etwas Einmaliges – oder? Ich war mir nicht sicher… Er war eher fertig als ich und als ich wieder zurück in die Umkleide kam, war er schon halb angezogen. Kaum zu glauben, selbst jetzt trug er eine schwarze Hose und ein Hemd, er schien wirklich nichts anderes zu besitzen. Ich schaute noch einmal hin und stellte fest, dass es das Hemd war, welches ich zu Beginn unseres kennenlernen einmal tragen durfte. Schweigend stellte ich mich neben ihn und schloss die Spindtür, damit er mich ansah. „Ich will nur wissen woran ich bin. Ich meine ist das für dich nur sowas um zu zeigen, dass du jeden haben kannst – weil ich keine Nummer in deinem kleinen schwarzen Buch werde, das steht fest. Und wenn du mich nur ins Bett bekommen willst, dann sag es.“ Verwundert sah er mich an. „Wie kommst du darauf, dass ich ein kleines schwarzes Buch habe?“ Belustiget sah er mich an und schmunzelte. „Also – naja ich nehme es an. Du sammelst doch Männer wie andere Kronkorken – oder so… So klingt es jedenfalls!“ Massanorie griff nach meiner Hand, zog mich zu sich heran, sah sich um und küsste mich – auf die Stirn. „Soll ich dich nach Hause fahren?“ Völlig überrumpelt sah ich ihn an und nickte nur. Danach begann auch ich mich anzuziehen. In meinem Kapuzenpullover und der Jeans kam ich mir fast schäbig neben ihm vor. Während der ganzen Fahrt hatten wir uns nichts zu sagen. Ich wusste auch nicht, was ich hätte sagen sollen. Was sagte man denn zu einem Mann, der anscheinend etwas von einem wollte, aber sich so verhielt wie Massanorie? Yosuke hatte recht, ich war ein Spätzünder bei solchen Zwischenmenschlichen Dingen. Mit Bunny war es einfacher gewesen, da stand ja alles fest. Als wir parkten, dachte ich er würde gleich weiterfahren, jedoch stieg er zu meiner Überraschung mit mir aus, nahm meine Sporttasche und ging mit mir in Richtung Wohnhaus. „Ich kann sie auch allein tragen.“ Nuschelte ich nur, als ich auf dem Fahrstuhlknopf drückte. „Ich weiß!“ Das war dann die ersehnte Unterhaltung. Schweigend standen wir im Fahrstuhl und ich hoffte, dass wir bei dieser angespannten Stimmung nicht plötzlich stecken blieben. Sowas passierte doch immer in solchen Situationen. Aber zum Glück schaffte wir es ohne ein weiteres Wort und ohne stecken bleiben in meine Etage. Da Massanorie nicht den Anschein machte, als wolle er schnell weg, schloss ich meine Wohnung auf und bat ihn mit einer Geste herein. „Willst du einen Tee?“ Er nickte nur. „Gut, warte kurz, ich mach gleich einen.“ Mit diesen Worten nahm ich ihm meine Sporttasche ab und ging in meine Schlafzimmer. Was sollte ich denn jetzt machen? Anscheinend war es seit meinem Kommentar über diesen Typen völlig aus dem Ruder gelaufen. Aber wieso? Also klar, ich war nicht besonders feinfühlig und ein Recht auf Eifersucht hatte ich ja nicht – und trotzdem – ich fühlte mich hilflos. Etwas angespannt betrat ich meine Küche. Massanorie stand vor meinem Kühlschank und inspizierte anscheinend seinen Inhalt. „Sind Lebensmittel sehr teuer?“ „Was?“ „Ob sich der Preis für Lebensmittel verändert hat. Ich meine ich kaufe ja nie ein, deswegen kann es ja sein, dass das an mir vorüber gegangen ist.“ „Nein – also nicht mehr als sonst.“ „Dann bezahle ich dir zu wenig?“ „Was? – Ich weiß nicht was du willst!“ „Dein Kühlschrank sieht aus, als würde er fasten oder so. Ich meine hier liegt ein Rettich, ne Tube Ketchup, Cola, Milch, Eier und ein Six-Pack Bier. Wobei ich es sehr sonderbar finde, dass du Bier hast. Da kommt mir dann die Frage auf, ob du zu wenig von mir bezahlt bekommst.“ „Ich hab Nudelsuppen da.“ Meine Stimme klang fast schon entschuldigend. „Instandnudelsuppen?“ Er musterte mich und schüttelte dann den Kopf. „Ehrlich? Davon ernährst du dich? Ich bezahle dir ein gutes – nein ein sehr gutes Gehalt und du ernährst dich von Nudelsuppen?“ „Ich lege das meiste für die Uni zurück oder für Bücher die ich haben will. Da bleibt nicht mehr soviel zum leben. Schließlich studiere ich ja noch einige Zeit und da kommen dann ja auch laufende Kosten auf mich zu.“ Während ich erzählte setzte ich Wasser auf und wich seinem Blick aus. Irgendwie war es mir unangenehm mit ihm über Geld zu reden. „Und wenn ich wieder ins Studium einsteige, dann bleibt zum Arbeiten nicht soviel Zeit und das Gehalt, als Kellner oder an einer Tankstelle ist ja nicht so gut wie bei dir.“ Massanorie lehnte sich neben mich an einen Schrank und sah mich seufzend an. „Wie kann ein Mensch nur so vorausplanend und verantwortungsbewusst sein und gleichzeitig so selbstzerstörerisch?“ Verwundert sah ich ihn an. Ich verstand nicht warum er mich für selbstzerstörerisch hielt. „So ungesund ist Nudelsuppe gar nicht. Deswegen habe ich ja den Rettich und die Eier. Damit kann man das sehr gut aufpeppen.“ Massanorie nickte nur etwas abfällig und kramte sein Handy aus der Hosentasche und begann darauf herum zu tippen. Als ich gerade etwas zu meiner Verteidigung sagen wollte, begann er zu telefonieren. „Hallo. Ich würde gerne etwas bestellen.“ Verwundert sah ich ihn an. „Was machst du da?“ „Nach was sieht es denn aus?“ Danach wandte er sich wieder dem Telefonat zu. „Also ich hätte gerne eine große Pizza mit Peperoni, Salami, Pilzen und Zwiebeln. Und dann noch eine große Pizza mit…“ Auffordernd sah er mich an. „Wenn du jetzt nichts sagst bestell ich einfach irgendwas..“ flüsterte er. „Käse.“ Nuschelte ich nur zurück und widmete mich wieder meinem Tee. Er war ein Idiot immer tat er so, als müsste man sich um mich kümmern. „…Käse. Viel Käse. Ja das war es. Das ganze nach 5-7-5 Akabane-nishi, Kita-ku, Tokyo. Wie lange dauert es? – Gut!“ Massanorie Lenjier „Schau nicht so. Irgendjemand muss sich ja darum kümmern, dass du nicht verhungerst.“ Ohne seinen Protest abzuwarten, wendete ich mich dem Kühlschrank zu und holte zwei Dosen Bier heraus. „Und jetzt noch einmal zu meiner Anfangsfrage. Warum hast du denn Bier da?“ „Wieso denn nicht?“ Ich hielt Mamoru eine Dose hin, welche er jedoch nur nahm, weil ich sie ihm in die Hand drückte. „Weil du mir nicht wirkst wie jemand der Bier im Kühlschrank hast. Dafür müsste man nämlich Freunde haben.“ „Ich habe Freunde, nur zu deiner Information.“ Gab er zickig von sich und stapfte aus der Küche. Ich grinste nur gehässig und freute mich. Nun war die Stimmung wenigstens nicht mehr beim Thema kümmern und so. Anscheinend war das ein Wunderpunkt und ich würde mir doch die Stimmung nicht vermiesen lassen von seinem Schamgefühl oder was immer das war. Auch wenn es mir schwerfiel, aber ich mochte ihn. Er war süß, wenn er so zickig war und ich war mit der festen Absicht in seine Wohnung mitgekommen, hier heute zu schlafen und zwar nicht auf der Couch. Ich belächelte meine eigene Gerissenheit. Ich öffnete die Dose und nahm einen Schluck als ich Mamoru ins Wohnzimmer folgte. Er saß auf der Couch und zappte sich durch die Fernsehkanäle. „Also?“ Schmunzelnd tippte ich ihn mit der Dose an. Er verstand sofort. „Yosuke hatte letztens zwei Six-Pack mitgebracht und eins ist übergeblieben. Sonst hätte ich auch keins da.“ „Na geht doch. Dass man dir immer alles aus der Nase ziehen muss. Echt schlimm.“ „Baka!“ fauchte er leise und nippte an der Dose Bier. Er lies sich tiefer in die Couch sinken und verkroch sich in seinen Kapuzenpullover, welcher eine Nummer zu groß war. Plötzlich begann ich zu frösteln, irrte ich mich oder war es in Mamorus Wohnung wirklich etwas kalt. „Du musst die Heizung höher stellen.“ Bemerkte ich vorlaut und nahm dies zum Anlass näher an Mamoru zu rücken, welcher das mit einem Schnauben kommentierte. „Nein muss ich nicht. Die ist defekt. Der Hausmeister kümmert sich drum. Ist ein Problem im ganzen Haus. Aber es geht noch. Wenn dir kalt ist kannst du ja fahren!“ Demonstrativ rückte er etwas von mir weg und starrte auf den Fernseher und die Nachrichten. „Warum so gereizt?“ Fragte ich gespielt ahnungslos und wuschelte ihm durch die Haare. Anscheinend war das zu viel. Mamoru schlug meine Hand weg und sah mich böse an. „Du bist so scheiße. Echt. Ich brauche keinen Babysitter oder jemanden der sich um mich kümmert. Ich komm ganz gut alleine zurecht, dass bin ich schon immer. Also wenn du meinst dich in meinen Lebensstil einzumischen, dann haben wir ein Problem.“ Als Antwort auf seinen Gefühlsausbruch nahm ich seine Hand und küsste seine Handinnenfläche. Verwirrt sah er mich an und ein Rotschatten breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Du bist süß, wenn du dich aufregst. Dann wirkst du immer wie ein kleiner Junge. Dass ist niedlich. Ich würde mich nie lustig über dich machen oder dich bevormunden. Aber es ist doch gut, wenn jemand da ist der sich um einen Sorgen macht und sich etwas kümmert. Dass heißt ja nicht, dass man den anderen nicht für Überlebensfähig hält, sondern dass man sich sorgt. Und das zeigt doch, dass man jemanden mag. Also kümmern gleich sorgen gleich mögen gleich nicht allein sein. Oder?“ Gott. Ich konnte so philosophisch sein. Sicherlich könnte ich mit diesen Lebensweisheiten ganze Bücher füllen. Mamoru sah mich schweigend an und ich sah dass er ernsthaft über meine Worte nachdachte. „Du bist trotzdem scheiße.“ Gab er nur rotzig zurück, nur um dann einen großen Schluck aus der Dose zu nehmen. In schallendes Gelächter ausbrechend sah ich ihn an und konnte nicht anders, ich zog ihn an mich heran und ich wusste ich mochte ihn wirklich. Und auch wenn ich wirklich ein kleines schwarzes Büchlein mit Nummern für Sex hatte, so wollte ich nicht mehr das Mamoru ein Teil davon wurde. Er war anders als alle Männer die ich kannte und mit denen ich was hatte. Er war viel Komplexer und viel zerbrechlicher. Auch wenn er der ganzen Welt zeigte, dass es anders war. Manchmal, nur manchmal da durfte ich es sehen. Diesen kleinen Jungen der trotzig und frech war, der sich gegen jede Zuwendung wehrte und immer recht haben wollte. Der schmollte und vorlaut war und viel öfter einfach nur ganz allein. Und im Gegenzug zeigte ich Mamoru das ich nicht nur der gemeine, gereizte, egozentrische Mann war, den die ganze Welt zu sehen bekam. Denn bei ihm lohnte es sich, man selbst zu sein. „Wenn ich dir verspreche, dass du nie eine Nummer in meinem kleinen schwarzen Buch wirst. Bist du dann nicht mehr böse?“ Mamoru löste sich aus meiner Umarmung und sah mich an. „Also hast du eins?!“ Ich nickte etwas stolz und schmunzelte. „Was denkst du denn. Jeder erfolgreiche schwule Geschäftsmann hat so etwas!“ Mamoru schüttelte lächelnd den Kopf und lehnte sich wieder zurück, hielt jedoch einen kleinen Sicherheitsabstand. „Und wieso komm ich da nun nicht rein?“ Jetzt hatte ich wohl sein Ego etwas gekränkt. „Na da kommen nur Männer rein, mit denen ich Sex habe und die dann auch noch gut sind.“ Gab ich gespielt monoton von mir und beobachtete Mamorus Reaktion aus den Augenwinkeln. Dieser kräuselte die Nase etwas und zuckte dann mit den Achseln. „Na dann ist ja klar warum ich da nie drinnen stehen werde. Schließich werden wir nie Sex haben. Das kann ich dir versprechen. Eher friert die Hölle zu.“ „Das klang ja heute Morgen noch ganz anders. Da klang es eher so, als würde es dir gefallen was ich mache…“ Mamorus Gesichtsfarbe nahm nun ein dunkles Rot an. „Ich war betrunken.“ Fiel er mir ins Wort. „Das war was anderes. Aber das wird bestimmt nicht wieder vorkommen.“ „Ach Nein. Und warum hast du dann vorhin in der Umkleide fast nen Ständer bekommen, als ich dich geküsst und dich gegen den Spint gedrückt habe?“ Zwinkernd lehrte ich die Bierdose und stellte sie auf dem Tisch ab. Was für ein amüsantes Spiel, das war zu herrlich. „Ich – ich – also – so war das nicht!“ In diesem Augenblick klingelte es. „Nun hast du einige Minuten um dir eine gute Ausrede einfallen zu lassen. Ich hol eben unser Essen.“ Grinsend stand ich auf und ging zur Tür. Mit zwei Pizzakartons bewaffnet betrat ich das Wohnzimmer wieder und stellte beide auf dem Tisch vor uns ab. „Ich hoffe du hast Hunger.“ „Um auf deine Frage zu antworten. Das hat rein gar nichts mit dir zu tun. Ich bin ein junger Mann ohne Sexuelle Erfahrung, da ist es klar, das sich auf körperliche reize eher anspringe als andere mit mehr Erfahrung. Also ist es ein rein biologischer Vorgang der auch von jedem anderen ausgelöst werden könnte.“ Verdutzt sah ich Mamoru an, welcher sich nach seiner sehr theoretischen Erklärung einen Pizzakarton ran zog und hinein sah. „Das ist wohl deine Pizza.“ Er schob mir den Karton wieder hin und nahm den anderen. „Willst du noch ein Bier?“ Er stand auf, nahm meine leere Dose und ging Richtung Küche. Als er wieder kam stellte er mir eine volle Dose hin und setzte sich wieder neben mich. Ich seufzte nur und fragte mich wie viel Arbeit ich wohl Inverstieren musste, damit Mamoru einsah dass es nicht so einfach war wie er sich einredete. Naja wir würden sehen, wie biologisch das alles wirklich war. „Und wie erklärst du dir, dass dich Schmerz geil macht?“ Warum drum herum reden, schließlich hatte er damit angefangen. Mamoru wurde wieder rot, atmete dann aber tief ein und aus um sich wieder zu fangen. „Das ist einfach zu erklären. Während der Luststeigerung bis zum Höhepunkt ist das Schmerzempfinden ebenso wie die Aktivität des Großhirns als wertende Instanz deutlich herabgesetzt. Es werden daher oftmals Reize als stimulierend empfunden, die im nicht-erregten Zustand als unangenehm empfunden und abgelehnt werden. Das kommt daher, dass es bei sexuellem Erleben manchmal zu einer Art Übersprungsreaktion zwischen benachbarten Hirnarealen kommen kann. Dadurch lassen sich vermeintlich paradoxe sexuelle Reaktionen erklären, die etwa bei Schmerzerlebnissen auftreten können. Also alles eine biologische Reaktion, welche auf unterschiedliche Botenstoffe zurück zu führen sind. Die da wären, Dopamin, Noradrenalin und Serotonin und verschiedene Hormone, besonders Androgene, endogene Opioide.“ Sichtlich stolz auf seine medizinische Ausführung sah er mich an, nahm dann ein Stück seiner Pizza und biss genüsslich ab. „Wow. Noch nie hab ich jemanden Sex zu kaputt reden hören. Darauf erst einmal ein Bier.“ Ich öffnete die zweite Dose und genehmigte mir einen großen Schluck. Das war wirklich verstörend. Einerseits interessant, dass Mamoru sowas wusste, andererseits erschreckend wie theoretisch und nicht schön sich sowas tolles wie Sex anhören konnte oder ein Fetisch. „Du weißt aber schon, dass ungesund ist seinen sexuellen Trieb zu unterdrücken?“ Mamoru kaute gerade und zuckte nur mit den Achseln, er saß nun auf dem Boden und lehnte sich an die Couch. Ich tat es ihm gleich und hatte schon einen perfiden Plan ausgearbeitet, natürlich ganz spontan, welcher mir helfen sollte Mamoru etwas aus der Reserve zu locken. „Also, nehmen wir an, dass du Recht hast und Sex und all diese Dinge nur auf Hormone und diese ganzen andere Dinge zurückzuführen sind. Dann macht Sex ja garkeinen Spaß sondern ist ein Zwang, welchen wir körperlich erlegen sind.“ Anscheinend hatte ich Mamorus Aufmerksamkeit nun sicher, denn er senkte den Ton den Fernsehers du wandte sich mir zu. „Auch wenn es dich traurig stimmt, aber ja.“ „Dann können wir ja auch einfach über Sex reden ohne dass es dich oder mich betrifft.“ Er legte die Stirn in Falten du sah mich prüfend an. „Wie meinst du das?“ „Ich meine, nehmen wir an ich würde dir erzählen was ich alles gerne mit dir machen würde, dann ist dass ja nur eine theoretische Einführung.“ Ich biss von meiner Pizza ab und sah weiter zum Fernseher. „Willst du dir etwa diese Doku über Fische anschauen?“ Mein Blick wanderte zu Mamoru, welcher mich noch immer ansah und anscheinend wartete worauf ich hinaus wollte. „Also, wenn ich jetzt sagen würde, dass ich gerne deinen Schwanz in den Mund nehmen würde um dir einen zu blasen oder so, dann wäre dass ja nur eine Information. So wie ein Faltblatt – reine Theorie ohne eine Bedeutung.“ Mit diesen Worten wandte ich mich wieder dem Programm zu, konnte aber aus den Augenwinkeln sehr gut erkennen, wie Mamoru um Fassung rang und versuchte sein verlegenes Gesicht wegzudrehen. Schweigend saß er nun da du kaute an seiner Pizza herum. Ich war so gut. Es verging etwas Zeit und wir beide schauten uns diese Fischdoku an. Passenderweise erklärte man gerade dass Paarungsverhalten von Seepferdchen. … Seepferdmännchen aber ein Tier umwerben und es wirklich ein Weibchen ist, wird dieses immer erregter. Das zeigt sich im Abwenden des Kopfes, und es versucht, den Partner seitlich zu berühren. Das Männchen reagiert darauf mit seitlichem Ausweichen, oder es sinkt langsam zu Boden. Nachdem die Suche nach einem Partner abgeschlossen ist, fangen Seepferdchen an, einen Paarungstanz zu tanzen. Je nach Art sieht dieser unterschiedlich aus und kann Stunden oder sogar Tage dauern. Nach dem Paarungstanz findet die eigentliche Paarung statt: in den frühen Morgenstunden deponiert das Weibchen die Eier, die während der Übergabe befruchtet werden, in der Tasche des Männchens. Die Bruttasche des männlichen Tieres erfüllt die Aufgabe einer Plazenta; das Männchen sondert eine Flüssigkeit ab, um den osmotischen Druck der Eiflüssigkeit zu regulieren. Nach einer Tragzeit von 2, 4 oder 6 Wochen werden, je nach Art, bis zu 1600 Jungfische entlassen… „Die sind etwas ausdauernder als du.“ Kommentierte ich nur und aß dann genüsslich weiter. „Das ist ja wohl was ganz anderes und nicht mit dem was wir machen zu vergleichen. Einen Paarungstanz kannst ja wohl nicht mit Sex vergleichen.“ Kam es nur von links. „Wieso nicht?“ „Weil die das Machen um ihre Art zu Erhalten, zur Fortpflanzung…“ „Stimmt. Das fällt bei uns wohl weg. Aber dafür macht es bei uns bestimmt mehr Spaß!“ unterbrach ich ihn. Darauf antwortete Mamoru nicht, sondern widmete sich wieder der Dokumentation. Noch immer nippte er an seinem ersten Bier und schien mit den Gedanken eigentlich woanders zu sein. „Wieso – also warum macht es dir Spaß mit einem Mann zu schlafen?“ kam es plötzlich von ihm. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und dachte nach. „Na weil es toll ist. Ich mag den Geschmack von Männern. Und ich finde es toll, was s alles für Möglichkeiten gibt um einen Mann zu befriedigen.“ „Sind die Möglichkeiten da nicht sehr beschränkt?“ Mamoru stellte den Fernseher auf Lautlos und leerte sein Bier mit einem Schluck. Sein Interesse schien doch geweckt zu sein. Ich lachte leise. „Es gibt mehr Möglichkeiten als du denkst. Ist ja nicht so, dass es nur Analsex oder Blasen gibt. Das wäre dann ja sehr einseitig.“ „Hmm.“ War alles was ich als Antwort bekam. „Wieso willst du unbedingt mit mir dann solche Sachen machen. Ich meine du scheinst ja genug Leue zu kennen, die anscheinend ohne nachzudenken mit dir ins Bett wollen.“ „Weil du attraktiv bist und ich deinen Körper mag. Außerdem klingst du toll wenn du erregt bist. Daran kann ich mich kaum satt hören.“ Diese Aussage veranlasste Mamoru dazu wieder rot zu werden, weswegen er auch sofort aufsprang. „Ich hol mir noch was zu trinken.“ Und schon war er weg. Niedlich – wie schnell er aus der Fassung zu bringen war. Das Klingeln des Telefons lies mich aufsehen. „Mamoru es klingelt.“ „Ach ne, ich dachte schon, dass ist ein Selbstzerstörungsmechanismus!“ erhielt ich nur als Antwort, bevor er ins Wohnzimmer kam und abnahm. Yosuke Murakami „Chiba!“ „Ich bin‘s. Hör zu ich hab mal eine Frage – es geht um Minako!“ Ich nahm mir eine Dose Cola aus dem Kühlschank, während ich den Telefonhörer zwischen Schulter und Ohr geklemmt hatte. „Hi Yosuke. Nein du störst nicht. Klar mir geht’s gut und dir?“ Kam als spöttische Antwort zurück. Ich seufzte genervt. „Ja ist gut ich versteh schon. Aber für sowas hab ich keine Zeit. Minako kommt in ner halben Stunde vorbei und ich will dich was fragen.“ Kopfschüttelnd schloss ich die Kühlschranktür und fing dann den fallenden Hörer mit der freien Hand auf. Gott war ich gut. „Na dann schieß los. Gibt es Stress m Paradies?“ „Sehr witzig, echt. Sehr erwachsen. Nein hör zu, du kennst doch Minako schone eine Weile.“ „Kann man so sagen!“ Mamoru klang etwas zurückhaltend. „Also ich glaube ja, dass sie mir was verheimlicht. Ich weiß nicht was. Aber sie ist manchmal echt komisch drauf. Außerdem hatte sie heute überall kleine Schürfwunden und sie hat mir was von Sport und Volleyball erzählt. Aber das klang echt nicht so wirklich echt. Jetzt mach ich mir schon Sorgen. Einmal würde ich gerne wissen was sie gemacht hat und anderseits druckst sie oft immer rum.“ Ich lies mich auf mein Futon nieder und schaute an die Decke. Mein ein Zimmer Appartement war eben nicht sehr groß, aber es reichte. Zudem war das Aufräumen immer schnell erledigt. Gut ich musste eventuell mal Wieder Fenster putzen aber das machte nichts, war ja dunkel, sah also keiner. Ich machte mir echt nen Kopf, wegen meiner Süßen. Minako bedeutete mir wirklich etwas und ich hatte gedacht anders herum wäre das auch so, aber nun hatte ich das Gefühl dass sie mich belog. „Mamoru? Bist du noch dran?“ Also, wenn er keinen Bock hatte mit mir zu reden, dann musste er es sagen. „Hmm, ja. Also ich weiß nicht, ich glaube du überinterpretierst das etwas. Ich meine woher willst du wissen, dass sie nicht Volleyball gespielt hat. Ich meine sie hat dir doch bestimmt erzählt, dass sie eine sehr gute Spielerin ist und hart trainiert. Oder?“ „Ja, natürlich. Aber ich dachte dass ist nur so ein Hobby und beim Volleyball kann man sich doch nicht so verletzten.“ Ich versuchte mich an diese Volleyball Serie zu erinnern. Wie hieß die Miwa, Nika – egal. Hatten die auch immer solche Verletzungen? „Also ich bin nun kein großartiger Volleyball Fan, aber ich glaube das Minako, das schon sehr ernst nimmt. Sie ist doch sogar die Beste Spielerin im Schulteam, soviel ich weiß.“ „Du denkst echt, dass sie mir die Wahrheit gesagt hat?“ Mila – Mila Superstar, so hieß die Serie. „Ja das denke ich. Warum sollte sie dich anlügen? Ich meine sie scheint dich ja auch zu mögen, sonst würde sie doch nicht mit einem wie dir rumhängen.“ „Ey, mal nicht unverschämt werden. Ich bin ja wohl wie ein Sechser im Lotto!“ Ich setzte mich wieder auf und nahm einen Schluck aus der Cola Dose. „Kommt drauf an, in welchem Land wir uns befinden und wie viel im Jackpot ist. Aber dann vielleicht ja.“ „Na toll, was du doch für ein guter Freund bist.“ „Nicht wahr!“ Er lachte nur kurz auf. „Aber mal wieder zurück zu deinem Problem. Vielleicht machst du auch aus einer Mücke einen Elefanten. Ich meine ihr seit ja erst seit ein paar Wochen zusammen, da kannst du doch nicht erwarten, das sie ihr Leben vor dir ausbreitet. Dazu gehört schon etwas mehr. Außerdem hast du doch bestimmt auch noch nicht alles von dir erzählt, oder?“ „Nein – hast ja recht! Ich will nur wirklich, dass das klappt.“ Seufzend strich ich mir durchs Haar und setzte die Brille ab. „Ja ich weiß. Mach dir nicht so einen Kopf. Vertrau mir, wenn ich dir sage, dass sie dich schon nicht betrügt. Glaub mir. Für Minako leg ich meine Hand ins Feuer, ihr beide habt euch gesucht und gefunden. Und wenn du ihr Zeit gibst, dann wird sich dass alles von allein auflösen. Sie hatte bis jetzt nicht soviel Glück mit Jungs, da musst du ihr auch mal einen Vertrauensbonus geben.“ „Ok, wenn du das meinst.“ Ich sah aus dem Fenster, die Stadt sah aus, als wäre sie von winzigen Glühwürmchen besetzt worden. „Angriff der Killerglühwürmchen.“ „Was?“ „Ach nichts, sorry. Hab nur laut gedacht. Kann ich dich noch was fragen? Weil du doch hier der Romantiker bist und der perfekte Gentleman. Dieses ganze Schmalzzeug eben!“ „Danke. Glaub ich. Was willst du wissen?“ Er klang etwas verunsichert und abgelenkt. „Ok, also ich hatte geplant mit Minako weg zu fahren. Also so im Dezember. Sie hatte ja vor kurzem erst Geburtstag und ist jetzt 18. Da hab ich gedacht, dass ich so ein romantisches Wochenende in den Bergen mit ihr verbringe. So mit Skifahren, wenn sie das kann und so Kaminfeuer. Du weißt schon.“ „Willst du sie rumbekommen?“ Ein stiller Vorwurf war aus seiner Frage heraus zu hören. Ich lächelte leicht und suchte ein Brillenreinigungstuch. „Was für ein romantischer Ausdruck. Nein! Ich will, dass unser erstes Mal perfekt wird. Schließlich sollen darauf noch ein paar Mal folgen. Du verstehst?“ „Der letzte Satz musste nicht sein, dann wäre es fast romantisch gewesen!“ „Ja hast recht. Schlechte Angewohnheit. Also was meinst du? Ist das zu viel?“ Ich hörte ein seufzen. „Nein ich denke nicht, klingt doch nett. Und ja sie kann soviel ich weiß Skifahren. Aber denkst du nicht, dass es etwas früh damit ist?“ Ich überlegte kurz. „Nein, also wir haben ja schon darüber gesprochen und wir tasten uns ja langsam auch heran. Sie bleibt ja auch mal öfters über Nacht und so ein bisschen Petting ist ja schon drin. Aber ich will es wirklich langsam angehen. UND ich steh ja auch in einer Verantwortung!“ „In was für einer Verantwortung? Und das war zu viel Information für mich.“ „Was für ne Frage.“ Den letzten Satz ignorierte ich einfach. „Na das ihr erstes Mal gut ist. Ich meine ich setzte den Maßstab ob sie Sex toll findet oder scheiße und so. Auf mir lastet eine unglaubliche Verantwortung.“ „Ok!“ Mehr kam nicht mehr. „Ich denke, wenn ihr darüber redete und sie das dann auch will, ist es wohl romantisch genug. Aber ich muss zugeben, da bin ich echt der falsche. Solltest du da nicht lieber May fragen. Die ist doch ein Mädchen und weiß, was Mädchen in so einem Moment wollen oder nicht?“ Ich sprang auf. „Du bist ein Genie. Natürlich, da ich da nicht selber drauf gekommen bin. Ich frag einfach May, wie das perfekte erste Mal für eine Frau aussieht.“ „Dir ist das ja wirklich wichtig?“ Kam es nah einer kurzen Pause von dr anderen Seite des Hörers. „Klar doch. Ich hab mich ja in sie verliebt. Denkst du etwa ich mache mir diese Mühe, wenn ich nur mit ihr ins Bett will. Also dafür muss ich hier nicht so einen Aufriss machen. Da kenn ich genug Mädels. Aber hier geht’s doch um das – na wie sag ich das jetzt – na um das bisschen mehr.“ Gab ich verwundert als Antwort. Manchmal war ich wirklich erschrocken über Mamorus zwischenmenschliche Bilanz. Wieder kam mir nur Schweigen entgegen. „Hey sag mal ist was?“ „Kann ich dich auch was fragen?“ Etwas erschrocken über diese Frage antwortete ich zögerliche „Klar.“ „Was meinst du genau mit das bisschen mehr?“ „Also, ich meine – wie erklär ich das denn jetzt. Na, wenn es nur um Sex ginge, dann würde ich mir nicht die Mühe machen. Also mit ihr ausgehen, mir Sorgen um sie machen, nett zu ihr sein oder versuchen mit ihren Freunden auszukommen. All diese Dinge eben. Der Sex steht eben nicht im Vordergrund, er ist sowas wie das Sahnehäubchen. Ohne ist es auch nett, aber mit – na zu Sahne sagt man eben nie nein.“ Der letzte Satz war wieder zu viel, ich wusste es. Das meinte May, wenn sie meinte ich würde immer einen zu viel draufsetzten. Dadurch konnte ich aus schlauen Sätzen dumme machen. Aber Mamoru schien das noch nicht zu genügen, ich wusste zwar nicht warum er mich sowas fragte aber vielleicht hatte es was mit nem Mädel zu tun. Minako erwähnte, dass er jemand neues hatte. Ach stimmt, ich wollte Mamoru noch davor warnen, dass seine Ex, meine Freundin angesetzt hatte damit ich Mamoru gut zuredete – was eine erneute Beziehung anging. Ganz. Sicher. Nicht! „Wieso – ich meine wieso ist dieses Sahnehäubchen denn so wichtig. Man kann doch auch mit jemanden zusammen sein ohne – ohne das man mit einander schläft.“ Mamoru klang etwas zurück haltend und plötzlich wusste ich es. „Oh mein Gott. Sie ist da, nicht wahr? Minako hat zwar erwähnt, dass du jemanden neuen hast aber ich wollte es nicht glauben. Ist sie nett. Wie sieht sie aus, wie alt. Oh bitte nicht wieder so alt wie Bunny, du musst aus diesem Fehler lernen…“ „Halt den Mund! Ich hab keine neue Freundin!“ „Ne Professionelle?“ es war mir rausgerutscht du sollte mehr als Scherz gedacht sein, aber das nun auftauchende Tuten in der Leitung, zeigte mir, dass es zu viel war – mal wieder! Schnell drückte ich die Wahlwiederholung und hoffte er würde wieder ran gehen. „Du bist ein solches Arsch!“ War das erste was ich hörte. „Tut mir leid. Gomen. Ich schwöre, mein Mund war schneller als mein Kopf. Du weißt doch ich bin ein Idiot, da kannst du jeden Fragen, May würde es sogar unter Eid schwören.“ Ich kniff die Augen zusammen und hoffte, dass er nicht wieder auflegte. Er tat es nicht. Glück gehabt. „Dich meinte ich nicht!“ Kam es nur gereizt zurück. Ich schluckte. Ok? Wie war das: Stress im Paradies? Na gut wenn er es mir nicht sagen wollte, dann hatte ich Geduld. „Also, willst du noch eine Antwort auf deine Frage?“ fragte ich zurückhaltend. „Bitte. Wenn es keine Mühe macht.“ „Na, Sex ist halt – scheiße wie drück ich das nun aus. Also ich kann nur von mir sprechen, aber ich fand immer, wenn man mit jemanden Sex hat, dann lernt man ihn erst richtig kennen. Ich meine seine wirkliche Persönlichkeit. Es ist so, als würde man seine Seele vor jemanden ausbreiten, es gibt kaum einen Moment wo man verletzlicher ist und deswegen braucht es viel vertrauen, also wenn man es wirklich ernst in einer Beziehung meint. Dann kann es zu etwas werden, was Besonderem. Dann ist es das schönste nebensächlichste der Welt. Das denke ich. Reicht dir das?“ Zuerst kam nichts und natürlich klingelte es jetzt an meiner Tür. „Mist!“ entfuhr es mir leise. „Danke. Sag Minako einen schönen Gruß!“ Kam es plötzlich von Mamoru, aber ich hatte das Gefühl, dass er noch nicht fertig war mit der Unterhaltung. „Hör zu, bleib noch kurz dran. Nicht wieder auflegen.“ Ich hastete zur Tür und öffnete sie. „Ok, nicht böse sein Minako. Noch fünf oder zehn Minuten ok. Ich führ hier gerade ein Männergespräch. Lieb dir!“ Mit diesen Worten und einem schnellen Kuss schloss ich die Tür wieder. „Also, hör zu ganz schnell. Deine Ex, hat meine Freundin auf mich angesetzt, damit diese mich dazu überredet, mit dir zu reden, damit du dich vollwollend für eine erneute Beziehung aussprichst. Mein Kommentar war, dass mich das nichts angeht und ich es befürworte, wenn du nicht erneut mit ihr zusammen kommst. Ok, das dazu und nun sag mir mal warum du mich diese Sachen mit dem Sex fragst!“ Verwirrung am anderen Ende. „Hast du gerade deine Freundin vor der Tür stehen lassen?“ „Mamoru! Konzentration! Also was ist los bei dir?“ „Nichts, also – ich bin nicht ganz sicher. Keine Ahnung. Ist Kompliziert. Ich will nur nichts überstürzen und denke – ich hab nur Angst was Dummes zu machen oder mich dumm anzustellen!“ Ich begann zu lachen und konnte kaum aufhören. „Wirklich? Das ist alles. Oh Man ernsthaft. Du wirst dich bestimmt dumm anstellen, aber dass gehört dazu. Ich meine dass ist nicht wie mit Büchern oder so. Ich stell mich jedes Mal dumm an, letztes Mal hat Minako mich angeguckt und mich gefragt was ich da machen würde. Das war mir so peinlich. Und dann haben wir beide gelacht… dass gehört auch dazu. Sich dumm anstellen, lachen oder so… mach dir nicht so einen Kopf. Weniger denken und einfach Spaß haben.“ Wieder ei seufzen, dass war wohl leichter gesagt als getan. „Hey. Hör mal. Auch wenn du mir nichts sagen willst, ob du eine neue Freundin hast oder nicht. Aber das wird schon. Wichtig ist nur, dass du sie magst, gerne mit ihr zusammen bist und sie etwas Rücksicht nimmt und dich zu nichts drängt.“ „Hmm – ja glaub schon, dass das passt.“ Ein lächeln huschte mir übers Gesicht und ich konnte es nicht lassen. „Klingt ja fast als wärst du etwas verschossen!“ „Du solltest dich um deine Freundin kümmern und danke, also wegen dieser Sache und dass du mir das mit Bunny gesagt hast und du dich da nicht einmischst.“ „Kein Problem! Sehen wir uns die Woche mal?“ „Klar. Melde mich – versprochen!“ „Gut!“ Ich legte auf und schüttelte nur den Kopf. Mit einem gesenkten Blick öffnete ich die Tür und sah meine Freundin mit einem Hundeblick an. „Böse?“ „Nein.“ Kam es mir strahlend entgegen. „Ich versteh das.“ „Du bist die Beste.“ Mit diesen packte ich sie und zog sie an mich. „Meine Süße eben. Ich habe gehört dass du Skifahren kannst und ich habe beschlossen, dass ich mir Mila Superstar anschauen muss, damit ich mehr über Volleyball lerne.“ „Wieso das denn?“ Minako, hängte ihre Jacke an der Garderobe auf und ließ sich auf meinem Futon nieder. „Na damit ich dich verarzten kann, wenn du das nächste mal so viele Schrammen hast vom Training. Dann werde ich dein Sportarzt.“ Sie lachte auf und sah mich an. Lag da etwas Schuldbewusstes in ihrem Blick? Ich ignorierte es und verließ mich auf Mamorus Worte: Mach dir nicht so einen Kopf! Mamoru Chiba Ich hatte mich zum telefonieren in die Küche verzogen und nachdem wir aufgelegt hatten, dachte ich noch ein paar Minuten über Yosukes Worte nach. Vertrauen? Langsam ging ich zurück ins Wohnzimmer und blieb in der Tür stehen. Massanorie sah andächtig zum Fernseher, hörte sich an wie sich Clownfische bei Gefahr verhielten und mümmelte an seiner Pizza und dem Bier. Was machen? Gute Frage – nächste bitte. Herr Gott, dass konnte doch nicht so schwer sein. Ich war ja schließlich keine zehn oder so. Ich war ein erwachsener junger Mann, ich konnte das. „Massanorie?“ „Hmm.“ Er drehte sich zu mir und beeugte mich. „Was kann ich für dich tun?“ „Willst du – ich meine -“ Noch einmal tief ein- und ausatmen und dann einfach raus damit. Sachlich. Nüchtern. Alles Klar das konnte ich. „Du hast getrunken. Dir ist doch hoffentlich klar, dass du kein Auto mehr fahren kannst. Von mir aus kannst du also hier schlafen.“ Vorwurfvoll sah ich ihn an, setzte mich wieder zu ihm und aß weiter. Massanorie aber setzte ein Lächeln auf und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe. „Wie süß. Du bist um mein Wohlbefinden besorgt. Da bin ich aber beruhigt, dass ich hier schlafen darf. Ich meine was hätte ich sonst gemacht – mir etwa ein Taxi gerufen? Das wäre ja wohl unverantwortlich. Außerdem hat meine Mama immer gesagt dass ich nicht bei Fremden einsteigen darf.“ Er hatte seiner Stimme einen kindlichen Unterton mit beigefügt und ich kam mir veralbert vor. Aber nicht zu knapp. „Lach nur. Nie wieder biete ich dir das an.“ Wisperte ich nur gespielt böse. „Wirklich? Das wäre schade.“ Er stupste mich an und als ich nicht darauf ansprang spürte ich wie seine Finger unter meinen Pullover wanderten. „Hör auf!“ zischte ich nur, doch es war schon zu spät, er begann mich zu kitzeln. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte er endlich auf und zog mich auf seinen Schoß. Ich seufzte nur und fragte mich, ob ich mich hieran irgendwann gewöhnen konnte. „Was hast du vor?“ Doch er antwortet nicht, sondern begann an meiner Lippe zu knabbern. „Massanorie? Was hast du vor?“ Ich konnte nicht einfach abschalten, auch wenn sich das bei Yosuke und Massanori immer so leicht anhörte. „Ich will spielen.“ Flüsterte er nur, während er mich fester an sich zog. Mir war das unangenehm doch er störte sich nicht daran, sondern festigte seinen Griff um meine Hüfte nur noch weiter. Doch plötzlich löste er seine Hände von mir und seufzte. „Na gut. Ich will dich nicht zwingen. Wenn du nicht willst – bitte…“Er zeigte mir seine Hände und stupste mir auf die Nase. Jetzt kam ich dir dumm vor. Es war ja nicht, dass mir das nicht gefiel, es war nur – so ungewohnt. „Warum ist dir Sex so wichtig?“ ich senkte den Blick, weil ich mir allein beider Frage schon albern vorkam und begann unbewusst mit seinen Hemdknöpfen zu spielen. Ich rechnete damit, das er mich auslachte oder meine Frage mit einem blöden Spruch beantwortet – aber nichts dergleichen kam. Stattdessen zog er mein Kinn hoch, damit ich ihn ansah. „Ist die Frage, warum ich Sex mag oder warum ich Sex mit dir haben möchte?“ Er schmunzelte leicht und seine Stimme hatte einen weichen Ton angenommen. Ok, das machte mich jetzt doch etwas rattig. Um es mal mit Yosukes Vokabular auszudrücken. „Letzteres!“ gab ich beschämt zu, schaffte es aber nicht ihm in die Augen zu sehen, da sich mein Blick auf seine Lippen konzentrierte. „Wirklich? Das fragst du?“ überrascht sah ich ihn jetzt doch in die Augen, seine Stimme klang verwundert fast schon erschüttert. „Hast du noch nie in den Spiegel gesehen? Du bist der Wahnsinn und die Vorstellung, dass ich das alles zuerst zu sehen bekommen, das ist – das ist einfach nur Wow. Du unterschätzt deinen Marktwert ganz schön.“ Ich wurde wieder rot und konnte dem was er sagte nicht unbedingt zustimmen. Aber es klang, als wenn er es ernst meinte. „Also?“ „Also was?“ Ich war verwirrt. „Du willst doch aufstehen oder?“ Nachdenklich sah ich an und noch bevor er etwas sagen konnte, küsste ich ihn. Massanorie keuchte überrascht in den Kuss, fing sich aber schnell wieder und zog mich fest an seine Brust. „Egal, mit wem du telefoniert hast – du solltest das öfter machen, so mutig kenn ich dich ja gar nicht.“ „Wenn DU jetzt nicht den Mund hältst, dann hör ich auf.“ Keuchte ich in den Kuss und Massanorie antwortete mir direkt in dem er mich wieder küsste. Ein kribbeln durchfuhr mich und ich spürte wie es sich direkt in meinen Unterleib schob. Keuchend löste ich mich von Massanories Lippen und versuchte wieder Luft in meine Lunge zu bekommen. Aber Massanorie schien atmen für nicht notwendig zu halten, denn noch bevor ich zu Atem kam, waren seine Lippen wieder au meinen. Ich strich mit meiner Zunge über seine Unterlippe und biss dann sanft hinein. Während ich so auf seinen Schoss saß und wir uns gegenseitig die Luft aus der Lunge zogen, konnte ich spüren wie erregt Massanorie war. Deutlich konnte ich die Härte seine Erektion in meinem Schritt fühlen und das erregte ich nur noch mehr. Ich merkte kaum, wie sich Massanories Hände unter meinen Pullover schoben und mich von Pullover und T-Shirt befreiten. Nur die Tatsache, dass ich plötzlich wieder Luft bekam, lies mich diese Tatsache bewusst werden. Meine Finger begannen an seinem Hemd zu nesteln, doch das war schwerer als gedacht, besonders da Massanorie es schwer machte in dem er mich wieder küsste. Seine Zunge eroberte meinen Mund und ich spürte, wie sich mein Gehirn langsam verabschiedete. So langsam schaffte ich es nicht mehr einen klaren Gedanken zu formulieren, wahrscheinlich war das genau richtig. Aber für mich eher ungewohnt. Doch Massanorie verstand es mich zu maßregeln. „Schon wieder!“ Er löste sich unsanft von meinen Lippen, seine Hände legten sich auf meinen Hinter und zogen mich noch näher und etwas höher an ihn ran. Dann konnte ich seine Zähne an meiner Brust spüren. Ohne mich vorzuwarnen biss er zu und ich konnte einen kurzen Aufschrei nicht unterdrücken, jedoch folgte gleich darauf ein dummes Stöhnen meiner Kehle. So ungern ich es auch zugab, aber ich wollte mehr davon. Ich sah ihn provozierend an und er verstand sofort. Massanorie Lenjier Wahnsinn! Ja das war das Wort was das hier am besten beschrieb. Meine Zähne umspielten Mamorus Brustwarzen, welcher darunter erbebte und sich immer wieder an mich drängte. Seine Stimme hatte nun wieder diesen erregten Ton, etwas dumpf, aber wahnsinnig erotisch. Ich wollte mehr, ich wollte dass er mir gehörte – alles an ihm. Meine Finger begannen an seiner Hose zu nesteln. Langsam ließ strich über seinen harten Schwanz, er bäumte sich auf und ich steigerte meine Berührung noch, indem meine frei Hand seinen Kopf griff und ich ihm wieder meinen Mund aufdrängte. Hart keuchend versuchte er zu atmen, doch ich ließ ihn immer nur so weit zu Atem kommen wie ich es erlaubte. Ich konnte spüren, dass es noch allzu lange dauern würde, bis er kam. Mit einem Ruck zog ich ihn etwas höher, während meine Hand nun seine ganze Länge verwöhnte. Meine Zunge spielte mit seinen harten Brustwarzen und kurz bevor er in meiner Hand kam, ließ ich meine Zähne in seine Brustwarze sinken und erhöhte den Druck. Mamoru bäumte sich auf und seine Stimme überschlug sich fast als er abspritzte. Erschöpft sackte er zusammen und ließ seinen Kopf in meine Halsbeuge sinken. „Noch ne Runde?“ Kommentierte ich das gerade geschehene und strich ihm dabei über den Rücken. „Ich bin immer noch zu schnell oder?“ Ich begann zu lachen. Zu schnell war ja kein Ausdruck. Aber was sollte man machen, so war es eben. Außerdem war dadurch ein intensives Training nicht zu leugnen – also kam mir das gelegen. „Wie gesagt, du bist zu schnell, aber dafür kannst du in 10 Minuten wieder oder eher und ich bin ausdauernder. Das passt schon. Mach dir keinen Kopf. Außerdem mir macht das ja auch Spaß.“ Um meine Aussage anscheinend zu kontrollieren, spürte ich Mamorus Finger in meinen Schritt und seine Lippen an meinem Ohrläppchen. Heute war er ja besonders mutig und so gar nicht verklemmt. Na wenn das nicht mal eine positive Überraschung war. Und der Gedanke dass Mamoru auch so sein konnte, etwas forsch und aktiv, dass gefiel mir sehr. Ein kehliges Stöhnen entfuhr mir, als Mamoru endlich meine Hose geöffnet hatte und seine Finger meine Eichel streiften. „Du weißt, dass wir das auch lassen können. Wenn du das nicht machen willst.“ Flüsterte ich, während Mamorus Zähne an meine Hals entlang fuhren. „Und ich mag beißen nicht besonders.“ Meine Finger vergruben sich in seinem schwarzen Haar und ich zog ihn mit einem Ruck zurück. Ein freches Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Heute hatte ich den Jackpot geknackt. Ich wollte ihn ja aus der Reserve locken, aber das hier war ja fast schon auf seinem Mist gewachsen, er hatte sich wohl wirklich überwunden. Da war wohl eine Belohnung fällig – die wollte ich ihm nicht verwehren. „Runde zwei?“ Keuchend sah ich ihn an – noch immer hielt ich seinen Kopf fest, während seine Finger immer wieder über meine Eichel fuhren. Der Kleine wollte mich wohl quälen. „Sind schon zehn Minuten um?“ Er versuchte sich aus meinem Griff zu befreien, was mich amüsierte. Mit einem Ruck zog ich seinen Kopf zu mir und küsste ihn hart. Meine Zähne versenkte ich in seiner Unterlippe und saugte mich daran fest. „Willst du eine Belohnung, für deinen Mutigen vorstoß heute?“ Verunsicherung spiegelte sich in seinem Blick. „Ich könnte das machen was ich vorhin so detailreich erläutert habe…“ Er verstand sofort, dass sah ich zum einen an seinem Gesicht, zum anderen brauchte er wohl doch keine zehn Minuten für Runde zwei. Na dann, wollte ich ja nicht so sein. Mit einem gekonnten Griff, zog ich Mamorus Hand aus meiner Hose, drückte ihn von mir weg, stand auf, zog ihn hoch und dirigierte ihn Richtung Schlafzimmer. Mein Gehirn hatte sich schon seit einiger Zeit verabschiedete, denn das Blut aus meinen Kopf wurde woanders gebraucht. Ohne darauf zu achten landete mein Hemd auf dem Boden des Schlafzimmers und Mamoru auf dem Bett. Schwer keuchend sah er mich an und befreite sich aus seiner Jeans. Gott ich wollte ihn, alles von ihm. Jetzt und hier. Ich tat es ihm gleich und schlüpfte aus meiner Hose und meine Shorts. Mit einem musterten Blick sah mich Mamoru an und mir wurde bewusst, dass er mich noch nackt und so nah gesehen hatte. „Alles gut?“ Etwas Blut hatte es zurück in meinen Kopf geschafft. Nur etwas, aber es reichte um nicht einfach über ihn herzufallen, wie ein notgeiler Teenager. Mamoru nickte nur, aber er wirkte nervös und eine leichte Verunsicherung machte sich in seinem Gesicht bemerkbar. Ich musste einsehen, dass Sex heute noch keine Option war. Es war zu früh und ich wollte ihn nicht verschrecken. Mit einem aufmunternden Blick setzte ich mich vor ihn hin. „Alles gut?“ fragte ich erneut. „Ja, ich – ich bin gerade nur etwas verunsichert, was du vor hast.“ „Nichts was du nicht willst!“ antwortete ich wahrheitsgemäß. Meine Erektion wurde kleiner und ich war etwas enttäuscht über diesen doch recht abrupten Schluss unseres Stelldichein. „Ich hab gerade die Stimmung ruiniert, oder?“ Ich begann zu lachen und streckte mich. „Etwas, aber nicht schlimm, so bekommt mein Gehirn wieder mehr Blut und ich mach keine Dummheiten.“ Ich sah Mamoru an, während ich mich längs auf sein Bett legte. „Aber sag mal wie kommt es denn dass du plötzlich so forsch bist?“ Etwas neugierig war ich nun schon. Mamoru räusperte sich und setzte sich in den Schneidersitz neben mich. „Hmm, du würdest nur lachen.“ Und strich sich durch die Haare. „Ich klebe…“ kommentierte er, während er sich über den Bauch fuhr. „Und wenn ich verspreche nicht zu lachen?“ Meine Hand legte sich auf seinen Oberschenkel. Seufzend sah er mich an und legte sich dann neben mich auf die Seite und bedachte mich mit einem kritischen Blick. „Yosuke hat gesagt…“ und dann begann er mir von dem Telefonat mit seinem besten Freund zu erzählen. Etwas schmunzelnd hörte ich ihm zu und musste mich beherrschen nicht zu lachen. Das war fast niedlich. „Also wolltest du nur mal mutig sein und mir zeigen, dass du mir vertraust? Mal Grenzen austesten und so?“ Ich drehte mich ebenfalls auf die Seite und strich Mamoru durch die Haare. Bevor ich ihn an mich zog und seine Bemühungen mit einem Kuss belohnte. Ein langer und intensiver Kuss. Meine Zunge zeichnete seine Lippen nach und schob sich langsam in seinen Mund, wo seine Zunge ein langsam spiel mit meiner begann. Immer wieder biss ich ihm leicht in die Unterlippe bis diese leicht gerötet und geschwollen war. „Hab ich dir schon gesagt, dass du gut schmeckst. Auf jede erdenkliche Ar und Weise.“ Mit diesen Worten drückte ich Mamoru auf den Rücken. „Wie war das – du klebst? Da wollen wir mal Abhilfe schaffen.“ Mit diesen Worten lies ich meine Zunge über Mamorus Bauch fahren. Ich zog mit meiner Zungenspitze kleine Kreise und zeichnete seinen Rippenbogen nach. Er ließ seine Finger in meinen Haaren kreisen und begann mich sanft an die Stellen zu dirigieren die ich verwöhnen sollte. Schoss es mir durch den Kopf, als ich mich langsam Mamorus Schambereich näherte. Mit einem tiefen Stöhnen bäumte er sich auf, als meine Zunge über seine Erektion glitt. Meine Zähne ließ ich langsam über seine Hoden fahren, was ihn dazu bewegte seine Finger noch tiefer in meine Haare zu vergraben. Die andere Hand vergrub sich in das Laken und ich konnte das Weiß seiner Knöchel erkennen, als er sich immer fester in den Stoff krallte, während ich nun seine Länge in meinen Mund aufnahm. Mamoru brauchte nur einige Sekunden um vollkommen hart zu sein. Ich konnte das pulsieren seines Schwanzes in meinem Mund spüren. Ich ließ seinen Schwanz aus meinem Mund gleiten und begann damit die Innenseite seiner Schenkel zu liebkosen. Meine Lippen und meine Zunge erkundenden Mamorus gesamten Körper. „Wir wollen versuchen, es diesmal etwas heraus zu zögern. Sonst sind wir zu schnell fertig. Und das wäre doch schade oder?“ Mit diesen Worten griff ich unter Mamoru und zog ihn mit einem Ruck zu mir auf den Schoss. „So seh ich dich besser.“ Kommentierte ich meine Tat und biss sanft in Mamorus Schulter. „Aber da ist mir unangenehm, so siehst du alles…“ „Du Blitzmerker!“ witzelte ich nur und biss wieder zu. „Ich bräuchte auch etwas Zuwendung.“ Flüsterte ich leise und spürte dabei schon Mamorus Finger an meinem Schwanz. Er hatte tolle lange Finger, einfach perfekt für sowas. Aber ich musste zugeben, dass ich wohl heute auch nicht lange durchhalten würde. Mamorus Technik war zwar nicht sehr ausgereift, aber das machte nicht. Der Geruch von Erregung und Mamorus Stimme taten ihr bestes um mich heute ebenfalls schnell kommen zu lassen. Unsere Schwänze berührten sich und das jagte mir einen Schauer durch den Körper. „Komm schon. Hol mir einen runter.“ Flüsterte ich Mamoru vollkommen erregt zu, als ich weiter an seinem Ohr knabberte, nur um dann wieder fest in seien Schulter zu beißen. Er kam meinem Wunsch sofort nach und strich n langsamen Bewegungen über mein Glied. Erst langsam und zaghaft, dann fester und schneller. Er hatte definitiv Talent dafür, dass musste ich zugeben. Aber ich wollte ihn ja auch nicht am ausgestreckten Arm verhungern lassen, also tat ich es ihm gleich und diesmal brauchte ich nur meine Hand damit er kam. Es dauerte nun schon einige striche mehr als vorhin, damit er kam. Und auch ich kam nur kurz nah ihm. Keuchend hatte ich mich zurück fallen lassen und lag mit geschlossen Augen einfach nur da. Mamorus stütze sich auf meinem Brustkorb ab und atmete schnell. Ich öffnete meine Augen und sah ihn an. Dieser Anblick war wirklich nett. Mamoru der auf mir saß – süß. Meine Hände legten sich auf seine Beine und ich fuhr mit meinem Fingerspitzen langsam hoch und runter. Er schauderte und keuchte leise auf. Die Nachwehen des Orgasmus machten meine sanften Berührungen für ihn fast unerträglich. „Nicht anfassen!“ keuchte er leise. Ich zog meine Hände zurück und kam seiner Bitte nach. „Noch eine dritte Runde?“ Fragte ich immer noch erschöpft, aber frech. Mamoru jedoch schüttelte nur leicht den Kopf. Mit einem Ruck zog ich ihn von mir herunter und drapierte ihn neben mich. „Auch wenn es unromantisch ist. Ich geh eine Rauch – das hilft etwas. Willst du auch?“ Doch Mamoru versuchte noch immer wieder zu Atem zu kommen. Ich zog meine Shorts über und verschwand auf den Balkon. „Scheiße ist das kalt!“ fluchte ich nur, als ich den Balkon betrat. Mit drei Zügen hatte ich die Zigarette weg gequalmt. Als ich wieder ins Schlafzimmer kam, hatte Mamoru sich auf die Seite gerollt und sah mich an. „Rauchst du immer nach dem Sex?“ Anscheinend war er wieder zu Atem gekommen. „Nicht immer, nur wenn es gut war!“ gab ich selbstbewusst von mir und gesellte mich zu ihm unter die Decke. Er lächelte verschmitzt und schloss die Augen. "Muss ich jetzt Danke sagen?" "Du bist eben doch talentiert. Ausbaufähig, aber talentiert!" Stichelte ich. Mamorus Kommentar darauf war nur, dass er mir das zweite Kissen an den Kopf warf. „Heißt das, ich darf mit dir in deinem Bettchen schlafen?“ Mamoru beantwortete meine Frage nur indem er mich in die Seite zwickte. „Also keine Selbstzweifel, keine Hass Tirade auf mich?“ „Du machst es kaputt – nur zur Info.“ Seine Augen öffneten sich einen Spalt und sahen mich böse an. „Mach das Licht aus und schlaf, sonst überleg ich es mir noch einmal. Blödmann.“ Er drehte sich rum. „Blödmann sagt er einfach.“ Wisperte ich nur, knipste das Licht aus und drehte mich zu ihm. Meine Hand strich über seine Seite und ich zwickte ihn zurück. Er zuckte zusammen und ich spürte wie seine Finger meine Hand festhielten. „Ja, Blödmann.“ Kommentierte er leise meine Aktion, bevor ich näher an ihn heran rutschte, seinen Nacken küsste und einschlief. ------------------------------ So nun aber richtig. Gibts ja nicht. Jetzt ist alles drinn. Hab es extra noch mal gelesen und gleich dabei noch mal was geändert... ja Autoren sind komisch, ich weiß!! T-T Kapitel 15: Step Fiveteen... Time --------------------------------- Nur damit ich euch nicht wundert, aber dieses Kapitel ist sehr Mamoru und Massanori lastig. Was daran liegt, dass es sowas wie einen Wendepunkt symbolisiert, was Massanorie und Mamoru angeht. Also seit nicht zu enttäuscht, wenn es diesmal nur zwei Charaktere gibt. Ich verspreche im nächsten Kapitel haben wir ein Wiedersehen mit den anderen. Viel Spaß beim lesen… Und noch ganz wichtig, ein herzliches Dank an MangaMaus85, meine neue Betaleserin. Dank ihr wird das lesen der Story noch besser, da ihr euch dann nicht einige Wörter aus den Rippen schneiden müsst. DANKE SCHÖN! --------------------------------------------------------- Step Fiveteen… Time „Eure Zeit ist begrenzt. Vergeudet sie nicht damit, das Leben eines anderen zu leben. Lasst euch nicht von Dogmen einengen - dem Resultat des Denkens anderer. Lasst den Lärm der Stimmen anderer nicht eure innere Stimme ersticken. Das Wichtigste: Folgt eurem Herzen und eurer Intuition, sie wissen bereits, was ihr wirklich werden wollt.“ Steve Jobs Mamoru Chiba Ein kalter Windhauch ließ mich frösteln. Schnell zog ich die Decke noch höher und vergrub mich tiefer in ihr. „Guten Morgen!“ wurde mir leise ins Ohr geflüstert und ich spürte wie sich Massanories Hand in tiefere Regionen schob. „Mach das nicht. Nicht wenn ich noch nicht wach bin. Da kann ich sowas nicht haben.“ Wisperte ich nun schon etwas genervt. Mit einem Ruck drehte ich mich rum und öffnete meine Augen einen Spalt. Massanorie lächelte mich an und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. „Ein Morgenmuffel also! Merk ich mir – fürs nächste Mal.“ Seufzend schloss ich die Augen wieder. Er war unverbesserlich. Erschrocken saß ich plötzlich aufrecht im Bett und suchte mit meinem Blick den Wecker. „Er hat schon vor ner Stunde geklingelt.“ Ich sah Massanorie fassungslos an. „Ja, weil wir jetzt kurz vor neun haben und ich – wir – eigentlich auf der Arbeit sein müssten. Scheiße!“ fluchte ich und wollte mich aus dem Bett schälen, als mich Massanorie festhielt und wieder zurück zog. „Wo willst du hin?“ Schmunzelnd sah ich ihn an. „Na zur Arbeit – weißt du, ich hab so einen ganz miesen Boss und wenn ich zu spät komme, dann muss ich mir den ganzen Tag sein Egogehabe gefallen lassen.“ Ein Grinsen zeichnete sich auf meinem Gesicht ab, als ich mich wieder hinlegte und auf den Bauch drehte. Massanorie schob sich über mich. „Wirklich? So ein Ekel ist das?“ gespielt schockiert begann er meinen Wirbelsäule zu küssen. „Ja ein richtiger Tyrann.“ „Schrecklich! Wieso arbeitest du denn für sowas? Das klingt, als wenn der echte Problem hätte.“ Seine Fingerspitzen zeichneten kleine Kreise auf meinem Rücken. „Ja, er ist nicht ausgelastet. Keine Freunde und so. Ich glaube ja, dass der nur einsam ist.“ „Wirklich?“ gespieltes erstaunen kam mir entgegen, bevor sich Massanories Lippen an meinem Ohr wiederfanden. „Redest du immer so schlecht über deinen Boss?“ wisperte er leise in meine Ohrmuschel. Ich begann zu lachen, da Massanories Finger nun meine kitzlige Stelle gefunden hatten. „Nein, meistens noch schlimmer!“ konterte ich und riskierte, dass er mich kitzelte. Und ich hatte recht, schon einen Sekundenbruchteil später bekam ich die Strafe für meine Frechheit. Ich wand mich unter ihm und versuchte seine Hände wegzuschieben, was aber in Anbetracht von Luftmangel und lachen nur schlecht gelang. Nach einigen Minuten hörte er auf und setzte sich neben mich. „Mal ehrlich – wir kommen zu spät!“ tadelte ich ihn, während ich nach Luft rang. „Ich bin der Chef, ich kann kommen und gehen wann ich will. Außerdem will ich jetzt nicht gehen. Ich finde das hier viel schöner. Es sei denn wir machen im Büro weiter?“ Er zwinkerte mir zu und stand dann aber auf. Ich sah ihm nach und sah nun auch den Grund warum ich leicht fröstelte. Er hatte das Fenster im Schlafzimmer geöffnet und stellte sich nun davor und zündete sich eine Zigarette an. „Willst du, dass ich mir den Tod hole?“ fragte ich schnippisch. Er lachte leise. „Von sowas holst du dir den Tod? Ich dachte das bräuchte schon Dämonen und solche Dinge. Das enttäuscht mich etwas!“ Ich stützte mich auf den Ellenbogen auf und sah ihn an, als er rauchte. „Also willst du heute blau machen?“ Fragte ich etwas unschuldig. Er begann zu lachen und blies den Rauch aus dem geöffneten Fenster. „Ja so kann man das wohl nennen. Aber nicht schlimm, dafür arbeiten du und ich morgen einfach doppelt soviel und so lang.“ Er grinste mich hämisch an und auch wenn es wie ein Scherz klang – so meinte er das sicherlich sogar ernst. Seufzend ließ ich mich zurück fallen und verschränkte die Arme über den Kopf. So ein Scheiß. Ich starrte an die Decke und fragte mich, warum ich gestern Abend auf Yosuke gehört hatte. Aber ich wollte das ja auch und ich musste zugeben, dass ich wirklich gerne in seiner Nähe war. Ob sich das hier zu einer Beziehung entwickelte? Ich wusste es nicht, aber so wie jetzt war es eigentlich ganz schön. Außerdem war dieses Sex-Ding nicht so schlecht wie ich immer gedacht hatte – zu mindestens mit Massanorie. Meine Vergleichsparameter waren natürlich in diesem Punt etwas beschränkt, aber gut. „Du machst das schon wieder!“ Ich sah auf, schmunzelte und stellte mich dumm. „Was meint der Herr?“ „Du denkst wieder zu viel!“ Dieses Mal irrte er sich jedoch, ich dachte es nicht kaputt, ich war nur verunsichert worauf das hinauslief. Aber vielleicht würde das die Zeit zeigen. Mit einem Ruck setzte ich mich auf. „Da irrt der Herr. Ich hab mich nur gefragt, auf was das hier hinaus läuft.“ Fragend sah ich ihn an und plötzlich wurde Massanorie sehr ernst. Nachdenklich zog er an seiner Zigarette. „Glaubst du mir, wenn ich dir sage, dass ich das nicht weiß.“ Ich nickte nur, zog ein Knie an und stützte mein Kinn darauf ab. „Ja tu ich. Aber trotzdem ist die Frage gestatte oder?“ Nun nickte er. Irgendwie war die Stimmung nun etwas hin. „Ich bin nicht so gut in Beziehungen.“ Kam schließlich von ihm, er schnippte seinen Zigarettenstummel aus dem Fenster und schloss es wieder. Ich begann leise zu lachen. „Ach ne, sag doch sowas nicht.“ Witzelte ich. Er wollte gerade etwas erwidern, als ich weiter redete. „Wenn es dich tröstet – ich auch nicht. Ich meine, meine letzte Beziehung bestand aus der Aussicht die Welt zu retten und war aufgebaut auf einer Wiedergeburt – nicht die besten Vorrausetzungen für eine intakte Beziehung. Zudem darf ich dich daran erinnern – ein Typ hat mich letztens einen emotionalen Krüppel genannt – nichts was ne gute Therapie nicht richten könnte, aber ein emotionaler Krüppel!“ ich zwinkerte ihm zu und lächelte leicht. Massanorie sah mich an und lächelt nun ebenfalls wieder. „Sowas merkst du dir?“ fragte er mich erstaunt. „Na ja ich finde sowas sollte man sich merken. Ich merk mir oft für andere unwichtige Dinge, dann kann ich sie anderen vorhalten, wenn sie es vergessen haben.“ Achselzuckend sah ich ihn an. „Du bist gar nicht der liebe Junge wie deine Ex denkt.“ „Ich hab das auch nie behauptet! Wenn du wüsstest!“ Mit diesen Worten schob ich die Decke zurück, stand auf und streckte mich. Von hinten umfassten mich zwei Arme und ich konnte Massanories Zähne in meinem Nacken spüren. „Du kannst es nicht lassen oder?“ Ich wollte eigentlich gereizt klingen, aber leider klang es nur belustigt. „Ich sagte gestern Abend doch: Von dir kann man schlecht die Finger lassen.“ Plötzlich ließ er mich los und ich sah wie er mich musterte. „Wann hast du dir eigentlich deine Boxershorts wieder angezogen?“ „Gestern Abend, als du rauchen warst. Wieso?“ Verwundert sah ich ihn nun an und bemerkte den leichten Bartschatten auf seinem Gesicht. Das war ja auch mal nett. Anscheinend war Mister Perfekt auch nur ein gewöhnlicher Mann, der morgens auch mal zerzaust und zerknittert aussehen konnte. Etwas überraschend – auf eine angenehme Art und Weise. Er sah nun enttäuscht aus. „Ich kann nackt nicht schlafen.“ Entgegnete ich, da ich seinen enttäuschten Blick sicherlich richtig gedeutet hatte. „Ernsthaft?“ „Ja. Ich mag das nicht.“ Ich schob die Tür auf und lief Richtung Küche. „Hey. Was haste vor?“ „Kaffee kochen.“ Entgegnete ich nur trocken und schüttelte den Kopf. Massanorie war mir morgens definitiv zu munter. Ich war der Typ – ein zwei Tassen Kaffee, dann ne Dusche und dann ganz langsam starten. Massanorie war wohl eher der – morgens bin ich so fit, dass ich anderen auf den Keks gehen muss Typ. Nervig! Das Wasser tropfte langsam in den Filter während ich mich an den Schrank lehnte und noch etwas mit geschlossenen Augen döste. Weswegen ich nicht mitbekam, wie Massanorie in die Küche kam. „Es ist kalt in deiner Wohnung.“ Hörte ich seine, am morgen, recht penetrante Stimme. „Heizung!“ kam es knapp von mir und hoffte er würde sich an das Gespräch von gestern Abend erinnern. „Ist mir klar. Du solltest deinen Hauswirt, Vermieter oder so mal anrufen und da Stress machen. Kann ja nicht sein…“ „Mach das nicht…“ Unterbrach ich ihn etwas ruppig. „Bitte?“ kam es nur überrascht zurück. „Mach das nicht – sag ich. Ich kann das nicht haben, wenn man mich morgens schon bemuttert und ich mag das auch sonst nicht besonders, aber morgens noch weniger.“ Eie leichte Gereiztheit machte sich in meiner Stimme breit. „Du bist morgens wirklich nicht sehr umgänglich.“ „Das sagt der Mann, der eigentlich nie umgänglich ist.“ Konterte ich nur und schmunzelte, bevor ich ihn nun ansah. „Touché!“ er tat so als würde er den Hut vor mir ziehen. Und ich fragte mich wie ein solcher Egomane wie er, plötzlich so nett sein konnte – fast schon witzig – wenn es nicht noch früh am morgen wäre. Wir frühstückten, wenn man denn Kaffee und Müsli als Frühstück definieren konnte. Massanorie sagte jedoch nichts, sondern begnügte sich mit einem abfälligen und leicht belustigten Blick. Das war ok, besser nur spöttische Blicke, dafür weniger Gerede am morgen. Das war auch sonst zu anstrengend. Wenn das mit uns was werden sollte, musste ich ihm dieses Verhalten abgewöhnen. Nach dem Frühstück ging ich duschen und fand Massanorie danach in meinem Schlafzimmer wieder, er knöpfte sich gerade sein Hemd zu. „Na nun ansprechbar?“ Er sah mich aus den Augenwinkeln an und ich nickte leicht. „Etwas besser jedenfalls als vorhin.“ Suchend sah ich mich in meinem Kleiderschrank um. Draußen war es kalt… genauso wie hier drinnen, nur dass ich das mit gutem zureden ignorieren konnte – noch! „Ich mag den Weißen Pullover und die dunkelblaue Jeans.“ Hörte ich plötzlich von hinten und spürte auch schon wieder wie sich Massanorie von hinten an mich schmiegte. So liebesbedürftig hätte ich ihn nie eingeschätzt. „Aha!“ Ich griff nach einem schwarzen Rollkragenpullover. „Nein. Der weiße!“ Kam es nun etwas lauter von meinem Hintermann, welcher mich zur Strafe auch in die Seite zwickte. Ich zuckte leicht zusammen, sah es aber nicht ein nachzugeben. Schließlich war das hier meine Wohnung, da wollte ich ihm nicht das Zepter überlassen. Hier zählte meine Stimme mehr als seine. „Aber ich mag diesen Rollkragenpullover.“ Augenrollend, griff ich nach Shorts und dachte nicht daran den Pullover zurück zu legen. „Bitte!“ Bettelte er gerade wirklich? Nur damit ich das anzog was er wollte. Das gab es ja nicht. Dieser Spinner. „Nein.“ Kam es nur barsch von mir. „Was muss ich machen, dass du das andere anziehst?“ Er legte seinen Kopf auf meine rechte Schulter und seine Hände auf meinem Bauch. Seufzend legte ich den Kopf in den Nacken. „Wieso darf ich denn nicht anziehen was ich will?“ Anstrengend! Es war doch zu früh für sowas. Ja ich war ein Morgenmuffel und dazu kam, dass ich es nicht gewohnt war, dass morgens jemand bei mir war und mich zu sülzte. „Weil du, wenn du diesen Pullover anziehst, auch dieses schreckliche grüne Jackett anziehen willst und dann kommst du auf die Idee die unglaublich hässliche und garstige hellviolette Hose anzuziehen. Und glaube mir, dass ist ein verbrechen an der Menschheit.“ Er seufzte und klang sehr energisch. Erbost löste ich mich von ihm und sah ihn an. „Was? Garstig? Wie kann denn bitte eine Hose garstig sein?“ Ich schüttelte den Kopf und fragte mich, warum ich mich auf so eine Unterhaltung überhaupt einließ. „Ja garstig. Das bedeutet den Widerwillen, den mit Entsetzen verbundenen Abscheu des Betrachters hervorrufend; abscheulich, hässlich und böse, als unangenehm, störend, beeinträchtigend empfunden werdend. Du bist nicht der einzige der sowas runter rattern kann. Diese Hose und dieses Jackett erregen Abscheu in mir und ich empfinde es als störend und unangenehm sie ansehen zu müssen.“ Sprachlos sah ich ihn an. Das war sein ernst. Was erwiderte man bitte, wenn jemand die eigene Kleidung als garstig bezeichnete. Ja wie sollte es auch anders sein. Noch immer verwirrt sah ich ihn an und sagte auch nichts, als er in meinen Schrank griff und mir das gab was er wollte, dass ich anzog. „Ich zieh das an, wenn DU nicht mehr aussiehst wie du aussiehst. Kauf dir erst mal selber eine Jeans und eine Pullover und dann, und nur dann darfst du meine Klamotten kritisieren. Hast du eigentlich auch Klamotten die nicht so aussehen als würden sie Millionen kosten?“ Ich strich mir durch die Haare, welche noch feucht waren. „Wieso, nur so aussehen, die kosten auch soviel, allein dieser Anzug von Dolce & Gabbana kostet fast 209.000 Yen (ca. 1.500 Euro). Einer meiner Lieblingsanzüge.“ Er zupfte sein Hemd zu Recht und setzte sich aufs Bett. „Oder findest du ihn nicht schick?“ Er sah mich aus den Augenwinkeln an und wartete auf eine Antwort, die ihm wahrscheinlich recht geben musste. „Ich mag mein grünes Jackett.“ Wisperte ich nur trotzig. „Wenn ich mir was anderes kaufe, schmeißt du dann das Jackett und die Hose weg?“ Überrascht wandte ich mich ihm wieder zu. War das sein ernst? Ich konnte mir Massanorie nicht in Jeans und Pullover vorstellen, also begann ich nur zu lachen und stimmte dann zu. Was sollte schon passieren? „Klar doch, aber trotzdem zieh ich nun den schwarzen Pullover an.“ Gab ich als Antwort. Massanorie seufzte resigniert und verschwand aus dem Zimmer. „Oh man!“ fluchte ich leise, schmiss den schwarzen Pullover zurück in den Schrank und zog den weißen Pulli, sowie die dunkle Jeans an. Das würde ich mir ewig anhören müssen. Massanorie Lenjier Ich war im Bad und sah mir den Bartschatten an, welcher sich langsam auf meinem Kinn abzeichnete. Etwas enttäuscht, dass Mamoru nicht das trug was ich wollte, war ich schon, aber na gut. Ich war ja nicht seine Amme oder so. Aber als Mamoru dann ebenfalls das Bad betrat, musste ich einfach nur grinsen. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah mich böse an. Wie ein kleiner Junge, der sich dem Willen der Erwachsenen gebeugt hatte, aber trotzdem zeigen wollte wie zuwider ihm das war. „Der steht dir gut.“ Kommentierte ich nur und wandte mich dann wieder dem Spiegel zu. Ich hatte vor, dass Mamoru diese unliebsamen Kleidungstücke aus seinem Schrank entfernte und wenn ich mir dafür nur eine Jeans und einen Pullover kaufen musste, so war es das wert. Hoffte ich. Ich hatte schon seit Jahren keine Jeans mehr angehabt, geschweige denn einen Pullover oder so. Aber irgendwie wollte ich das Mamoru nicht abschlagen, außerdem traute er mir das sowieso nicht zu, sonst hätte er nie so schnell eingewilligt. Mamoru schmiss das Handtuch, welches er vorhin noch um die Hüfte gebunden hatte ins Bad und wollte gerade abziehen. Seufzend griff ich nach seinem Arm und zog ihn sanft aber bestimmt zurück. „Hey nicht schmollen. Ich will halt immer meinen Willen durchsetzen, dass solltest du doch langsam wissen. Wenn ich verspreche, dass wir heute etwas zusammen unternehmen, etwas was du willst, hörst du dann auf so ein Gesicht zu ziehen?“ Ich stahl mir einen kurzen Kuss von ihm und sah ihn vertröstend an. Mamoru lehnte sich Rücklinks an das Waschbecken, vor dem ich stand und sah mich abschätzend an. „Massanorie?“ Oh, er klang plötzlich wieder sehr ernst. „Hmm?“ „Was machen wir hier? Ich meine das hier heute morgen…“ Sein Blick verriet, dass wir erneut bei dem Thema von vorhin waren. „Keine Ahnung. Ich weiß es nicht. Gute Freunde mit gewissen Vorzügen?“ zum ersten Mal war ich selber verunsichert. Ich wusste nicht was wir hier machten oder worauf das hinaus lief, aber umso mehr Zeit ich mit diesem Kerl verbrachte umso mehr wollte ich, dass er mich mochte. Das klang mal sowas von schwul – Wahnsinn. Schweigend sahen wir uns an. Ich verstand, dass das für Mamoru noch schwerer war. Er musste gestern Abend wirklich jeden Zweifel über Bord geschmissen haben und wollte nicht wie ein dahergelaufener Typ behandelt werden. Da erinnerte ich mich wieder an das Gespräch, welches er mit Yosuke geführt hatte. „Hey. Ich würde das so halten wie dein bekloppter Freund. Wenn ich nur was zum vögeln suchen würde, dann hätte ich andere Optionen und würde mir nicht die Mühe mit dir machen. Also wieso, schauen wir nicht einfach wie es läuft und wie sich das hier entwickelt. Ich meine, wir sind beide emotionale Krüppel, auf die ein oder andere Weise. Also wird Gevatter Zeit das schon richten, oder?“ Zu meiner Überraschung zog Mamoru die Luft scharf ein und begann zu lachen. „Wow. Das klang sowas von abgedroschen und weibisch. Wahnsinn.“ Er brach in schallendes Gelächter aus und ich kam mir wirklich verarscht vor. Da öffnete man sich mal und schon bekam man so eine Reaktion – Danke. „Witzig – wirklich witzig!“ kommentierte ich seinen Ausbruch an Fröhlichkeit nur eisig. „Tut mir leid.“ Er strich sich einige Lachtränen aus den Augenwinkeln und lächelte mich an. „Gut. Dann warten wir einfach ab. Das ist, glaub ich vernünftig.“ Er sah mich erwartungsvoll an und strich mir übers Kinn. „Ich glaub ich könnte mich an den Drei-Tage-Bart Look gewöhnen.“ Damit schob er sich an mir vorbei und verschwand. Er schaffte es immer wieder mich zu verwirren. Manchmal wurde ich aus ihm nicht schlau, aber wahrscheinlich war das alles für ihn noch komplizierter als für mich. Was als Spiel anfing nur um ihn zu ärgern und damit ich auf meine Kosten kam, hatte sich vollkommen anders entwickelt. Nun – naja – ja ich hatte mich schon in ihn verguckt. Und vielleicht war es ja Einbildung, aber ich hatte das Gefühl, dass dies manchmal auf Gegenseitigkeit beruhte. Na wenn man so ein Sahneschnittchen war wie ich – kein Wunder! Ja, an Selbstbewusstsein mangelte es mir nicht. „Hey du.“ Ich drehte mich zur Seite und sah Mamoru an, welcher im Türrahmen lehnte und mich mit einem nicht deutbaren Blick ansah. „Ich weiß, du kannst dich schlecht von deinem Spiegelbild los reißen, aber war das ernst gemeint. Also dass wir was zusammen unternehmen – was ich will?“ „Ich glaube, ich bereue das Angebot gerade!“ Mamoru grinste nur. „Was hast du vor?“ Kurz vor halb zwölf und ich schlenderte mit Mamoru durch die Stadt. Er hatte bis jetzt zwei Buchläden abgeklappert und er schien wirklich darauf erpicht noch einige andere zu durchforsten. Aber gut, ich hatte es gesagt, also lief ich wie ein braver Dackel hinter her. Aber er war wirklich süß, wenn er anfing von Dingen zu reden die ihn begeisterten. In solchen Momenten plapperte er wie ein Wasserfall und er wirkte wirklich als wäre er in seiner kleinen Erdbeerwelt. Ich nickte immer nur oder haute ein Oh, Ah, Wirklich heraus. Mamoru merkte das anscheinend nicht oder ignorierte es gekonnt. Wir waren gerade in Buchladen Nummer drei angelangt und Mamoru hielt mir einen begeisterten Vortrag über das Wachstum von Körperzellen und so. Mein Ah musste diesmal nicht wirklich überzeugend geklungen haben. Denn plötzlich unterbrach Mamoru seine Ausführung und sah mich fast schon schuldbewusst an. „Ich langweile dich, oder?“ Er legte das Buch wieder zurück. „Nein.“ Kam es von mir. „Ich versteh von diesen Dingen nur nicht soviel wie du. Wenn ich dir auf der Arbeit was über Aktiengeschäfte, die Börse oder den DAX erzähle dann hörst du doch auch zu und verstehst nichts. Das bedeute aber nicht, dass ich mich langweile.“ Nicht sehr überzeugend – fand ich im Nachhinein. „Wollen wir einen Kaffee trinken? Und du versuchst es noch mal mir zu erklären.“ Doch Mamoru hatte seine Aufmerksamkeit schon wieder einem Buch zugewandt. Ich lugte kurz über seien Schulter. „Gartenträume?“ Ich lachte leise, sah nach links und rechts und hauchte ihm einen Kuss ins Ohr. Mamoru erschrak etwas und sah mich mit funkelnden Augen an. „Nicht. In. Der. Öffentlichkeit!“ Entschuldigend hob ich die Hände. Mamoru legte anscheinend wirklich viel Wert auf diese Sache, also auf dieses Nicht in der Öffentlichkeit! Das Buch stellte er wieder zurück und ich bekam zur Strafe noch einen kurzen Schlag in die Rippen. Er meinte das wohl wirklich sehr ernst mit dieser Sache. Na gut, dann hob ich mir den Spaß für die Vierwände, mein Büro und andere Orte auf. Memo: Buchladen zum ankrabbeln tabu! „Wäre es unpassend, wenn ich sagen würde, dass ich ein klein wenig geil auf dich bin?“ „Ernsthaft?“ Völlig schockiert sah er mich an. „Wieso denn das jetzt?“ Ich setzte ein süffisantes Lächeln auf. „Ich bin ein Mann. Statistisch gesehen denke ich jede Stunde einmal an Sex.“ Mamoru schluckte nur und ich sah, dass er rot wurde, das aber zu verstecken versuchte indem er sein Gesicht in seinem Schal vergrub. „Ich sagte doch, dass liegt an dir. Ich kann gar nicht genug von deiner süßen Stimme haben oder von dem Anblick…“ „Ist ok!“ unterbrach er mich und zog mich am Arm. „Ich hab es verstanden!“ Unsere nette Unterhaltung wurde jedoch arg von einer nervigen Stimme unterbrochen, die hinter uns ertönte. „Mamoru!“ Wir drehten uns um und schon war Mamorus Stimmung wieder auf Null. „Oh nein, Bunny!“ er sah mich an. „Mach keinen Scheiß. Sag bloß nichts und verkneif dir jeden Kommentar!“ Er sah mich warnend an. Mamoru Chiba Am liebsten hätte ich Massanorie in irgendeinen Busch geschubst. Leider war keiner zur Stelle. Also half nur bitten und beten. Ich gab der kleinen Stimme in meinem Kopf recht und hoffte wirklich, dass Massanorie sich zusammen riss. „Warum trägt man bei so einer Schweinekälte bitte einen Minirock und dann Overknee-Strümpfe? Das bringt sowas von gar nichts. Möchte ich hier nur mal anmerken.“ Ich sah zu Bunny und Rei, welche näher kamen. Meine Ex-Freundin trug einen blauen Minirock, dazu besagte Strümpfe und einen weißen Wintermantel. Sie trug Luna auf dem Arm, welche mich abschätzend musterte. „Vielleicht frieren Frauen nicht so schnell.“ Gab ich leise als Antwort, bevor sie in Hörweite war. „Hey Bunny.“ Sie strahlte mich an und beäugte Massanorie kritisch. Ich schmunzelte leicht und versuchte völlig ernst zu bleiben. Doch Massanorie machte alles zunichte. „Ah, du bist also Bunny. Mamorus EX-Freundin.“ Er betonte das Ex so intensiv, dass es einem fast schon weh tat. Schockiert sah Bunny ihn an. Räuspernd und noch immer völlig gelassen, stellte ich die beiden vor. „Bunny das ist Massanorie, Massanorie Bunny.“ „Freut mich.“ Kam von ihr und sie setzte ein Lächeln auf. Dann wandte sie sich mir zu. „Mamoru, ich hab versucht dich zu erreichen, weil wir doch reden wollten.“ Sie kam etwas näher und zupfte an meinem Schal herum. Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, dass das Massanorie gar nicht passte. Er rümpfte nur die Nase und ich glaube, wenn er etwas Schweres gehabt hätte, dann hätte er es auf sie geworfen. „Was für eine wunderschöne Katze!“ verwundert sahen wir alle zu Massanorie, der anscheinend nun das perfekte Opfer gefunden hatte – Luna. Mit einem unglaublich freundlichen Gesichtsausdruck sah er zuerst Luna und dann Bunny an. „Ist das eine reinrassige Katze?“ „Ähm, nein – also ich glaube nicht.“ Bunny war irritiert und suchte meinen Blick. Doch ich zuckte nur mit den Schultern, ich musste zugeben, ich war schon neugierig was er vor hatte. Auch wenn ich ihm verboten hatte was Dummes zu machen. „Darf ich sie mal halten?“ Gespannt sah ich Bunny an, was sollte sie nun sagen. Ich meine in ihren Augen war Massanorie nur irgendwer und er wusste ja nicht das Luna reden konnte und so. „Also – ich weiß nicht…“ „Danke!“ Ohne sie ausreden zu lassen griff er Luna in den Nacken, wie man das bei Katzen so machte und hob sie hoch. Lunas Gesichtsausdruck sprach Bände und meiner auch. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Es war einfach zu witzig. „Oh, du bist ja eine hübsche kleine fette Katze!“ „Was?“ Entrüstet sah Rei mich nun an und hoffte wohl, dass ich Massanorie davon abhielt sowas zu sagen, aber ich musste genug Energie aufbringen um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. „Sie ist nicht fett?“ Kam nun von Bunny. „Naja schon etwas, eine Katze in dem Alter sollte etwas dünner sein. Das geht sonst auf die Gelenke. Das ist wie beim Menschen – oder Mamoru?“ Er sah mich an und ich konnte den schelmischen Ausdruck in seinem Blick sehen. „Unrecht hat er nicht.“ Gab ich leise von mir, worauf ich auch gleich von beiden Mädchen einen verständnislosen Blick erntete. „Vielleicht sollte sie mal auf Diät gesetzt werden. Wir hatten früher auch mal ne Katze. Die war nicht so fett. Aber das passt irgendwie zu dem kleinen Ding hier. Besonders wegen diesem hässlichen mutiertem Ödem auf ihrer Stirn. Warst du mal beim Arzt damit?“ Nun reichte es Rei, sie griff nach Luna und nahm sie Massanorie weg. Luna schaute nur völlig entsetzt zu Massanorie und dann zu mir. „Ach ja Massanorie, das ist Rei.“ Massanorie nickte ihr nur zu. Und er haute gleich noch einen hinterher. „Das passt doch. Dann können deine Ex und ihre Freundin uns vielleicht bei meiner Frage helfen. Mamoru konnte mir nämlich keine Antwort auf die Frage geben. Aber ihr seht so aus, als wenn ihr das könntet.“ „Welche Frage?“ konterte ich dumm und sah ihn mahnend an. „Na du weißt schon, die Frage wer eher gewinnt. Godzilla oder Sailor Moon? Ist ja sehr berechtigt. Ich meine, Godzilla ist ja durch die Medienwirksame Vermarktung von Spielfilmen aller Art zu einem Japanischen Produkt geworden, welches vornehmlich Tokio angreift. Nun ist ja die Frage wer diesen Kampf gewinnen würde. Haben die Damen dazu eine Meinung? Ich glaube ja, dass Godzilla gute Chancen hat, aber wenn wir Sailor Moon auf seinem Kopf festschnallen und sich diese ganz schnell im Kreis dreht, dann müssten ihre Zöpfe wie ein Helikopter wirken und Godzilla in die Luft heben.“ So nun war es vorbei. Rei schäumte total, weil sie sich verarscht vorkam und Bunny war noch verwirrter als sonst. Und ich? Ich konnte nicht mehr und brach in schallendes Gelächter aus. Oh Gott das war genial. Allein dieses Bild im Kopf, reichte aus um jede Ernsthaftigkeit zu vergessen. „Mamoru!“ Ich hörte Reis mahnende Stimme und sah Bunnys Blick, aber das war mir egal. „Entschuldigt, aber kommt, das Bild ist doch herrlich.“ Gab ich nur zur Antwort und rang nach Luft. Massanorie sah mich an und hatte wohl erreicht was er wollte. „Kann ich dich kurz allein sprechen?“ Bunny zog an meinem Ärmel und ich folgte ihr, eine große Wahl hatte ich ja nicht. Außerdem war ich gerade noch damit beschäftigt nach Luft zu ringen und mir die Lachtränen aus den Augen zu wischen. „Was ist denn los mit dir?“ Luna, welche nun auf Bunnys Schultern einen Platz gefunden hatte, sah mich strafend an. „Wieso?“ kam es jetzt sehr ernst von mir. „Was soll ich machen? Soll ich ihm sagen, mach dich nicht über die fette Katze lustig, weil die reden kann. Oder mach keine Witze über Sailor Moon, weil du das bist?“ ich sah Bunny an. „Wenn ich das soll, dann gerne. Dann geh ich zu ihm und sag ihm das. Ansonsten ist es jetzt so. Er darf ja wohl seine freie Meinung äußern!“ „Er ist kein sehr netter Mensch!“ wisperte Bunny nur und griff nach meiner Hand, welche ich jedoch weg zog. „Mamoru?“ „Was?“ "Du bist einfach weggegangen und ans Handy bist du auch nicht gegangen. Wir müssen doch bereden wie es jetzt weiter geht.“ Seufzend sah ich sie an und zog meinen Schal etwas fester, da ich anfing zu frieren. „Ich will nicht.“ „Was?“ Noch nie war ich mir einer Entscheidung so sicher. „Ich will nicht. Du hast mich für Seiya verlassen – gut. Aber du kannst nicht einfach verlangen, dass immer alles nach deiner Pfeife tanzt. Ich hab keine Lust mehr nur ein Accessoire zu sein.“ „So funktioniert das nicht.“ Unterbrach mich Luna barsch. „Du kannst doch nicht das Wohl einer ganzen Welt, deinen Wünschen unterordnen. Du musst die Verantwortung dafür tragen, wer du einmal warst.“ „Nein das muss ich nicht.“ Giftete ich zurück. „Ich muss nur die Verantwortung dafür übernehmen wer ich jetzt bin und das ist gerade schon kompliziert genug. Ich hab genug damit zu tun, mein Leben hier und jetzt auf die Reihe zu bekommen, da brauch ich nicht noch ein vergangenes Leben. Und wenn du und die anderen das nicht versteht, dann tut es mir leid. Aber es wird nichts an meiner Entscheidung ändern!“ Damit war es raus und es fühlte sich nicht einmal so schlimm an wie befürchtet. Bunny sah mich schweigend an, fing sich dann aber schnell wieder. „Ich verstehe. Du brauchst Zeit. Ich meine, du hast recht, ich habe wegen Seiya mit dir Schluss gemacht, dass war ein Fehler. Ich habe es verdient, dass du mich warten lässt.“ „Was?“ Ok, das war Strange – selbst für Bunnys Verhältnisse. „Ich will mich Erwachsen Verhalten und ich werde wegen sowas nicht los weinen. Wir reden noch einmal, wenn wir zu zweit sind und ungestört.“ Ihr Blick schweifte zu Massanorie rüber. „Ok?“ Luna sah sie eben so verwirrt an wie ich, reagierte dann aber ganz anders. „Bunny hat recht. E ist schlecht all diese Dinge zu bereden, wenn wir mitten auf der Straße stehen und dieser Mann noch dabei ist.“ Bunny drückte mir einen Kuss auf die Wange und im nächsten Moment waren sie, Luna und Rei auch schon weg. Mit einem missmutigen Blick sah mich Massanorie an, als er zu mir kam. „Warum küsst die Alte dich?“ „Kaffee wäre toll und dazu ein Stück Kuchen. Können wir das einrichten?“ Ich ignorierte seinen vorherigen Kommentar und fragte mich, ob ich hätte noch deutlicher werden müssen. Vielleicht wenn ich ein Schild malte?! Er nickte nur. „Oh bevor ich es vergesse!“ Ich holte aus und boxte ihm in die Rippen. Er rang kurz nach Luft und sah mich dann aber grinsend an. „Zuviel?“ Ich nickte nur. „Sailor Moon und Godzilla? Wirklich?“ Er begann zu lachen und hielt sich dabei die Seite fest. Jetzt machte ich mir doch einen Kopf drum, was ich vorhin zu Bunny gesagt hatte. Aber es war einfach aus mir heraus geplatzt. Ich stocherte in meinem Kuchen herum und fragte mich wie oft jetzt wohl mein Telefon klingeln würde. Wahrscheinlich würde jeder der Mädchen bei mir anrufen und mir was erzählen. „Mamoru?“ aus meinen Gedanke gerissen schaute ich auf. Massanorie schien mir etwas erzählt zu haben. „Entschuldige. Was hast du gesagt?“ „Ich hab gefragt, ob du zu der Modenschau meiner Mutter gehst?“ Ich zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung. Hab mich noch nicht entschieden. Ist doch auch erst am Freitag.“ „Das mit Bunny macht dir jetzt doch zu schaffen oder?“ Ich nickte nur. „Kaum zu glauben, dabei hast du doch nur das gemacht was vernünftig ist.“ „Ist es denn vernünftig? Ich meine, darf ich meine Wünsche über eine ganze Welt stellen?“ „Klar.“ Überrascht sah ich ihn an. „Mamoru, ich kenne keinen der sich so für diese Welt aufopfert wie du und der dafür so wenig zurück bekommen hat. Ich denke, irgendwann ist ein klein wenig Egoismus sehr gut und auch angebracht.“ Er nippte an seinem Kaffee und zwinkerte mir zu. „Sieh mich an, ich lebe nur nach diesem Motto. Also nach dieser Egoismus Sache, nicht das Aufopfern!“ Ich musste schmunzeln. “Blödmann!“ Erbost sah er mich an. „Ich bin ganz schön oft ein Blödmann, kann das sein?“ „Ja. Du solltest ein Schild mit dieser Aufschrift tragen, dann wäre es leichter für alle!“ Gab ich nur trocken zurück. Er sah mich eine Weile still an, wurde dann jedoch sehr ernst. „Willst du eigentlich immer noch kündigen?“ Ohne ein Wort zu sagen, nahm ich einen bissen vom Kuchen und trank etwas Kaffee. „Weißt du – ja ich denke schon. Es ist ja nicht so als wenn ich das Geld nicht gebrauchen könnte, aber ich denke es ist nicht förderlich, dass wir uns dann SO oft sehen. Ich meine, und auf der Arbeit bist du einfach ein widerliches Ekel. Und die Welt hätte verdient, dass man sie von dir befreit.“ „Wow. Heute haben wir aber einen ehrlichen Tag? Liegt das am Wetter oder ist was im Kuchen?“ Er schien etwas erschüttert über meine Aussage, ließ mich aber weiter reden. „Ich würde meine Freizeit lieber mit dir verbringen, so wie jetzt und nicht mich davor darüber aufregen müssen, wie du im Büro drauf warst – ich weiß das klingt blöd.“ „Das war wirklich Wortkotze.“ Wisperte ich nur und legte meinen Kopf in meine Hände. „Wortkotze ist nicht ganz falsch. Aber ich versteh es – ein bisschen.“ Zweifelnd sah ich auf. „Ich finde, wenn ich weiter für dich arbeite, dann wird es nur noch komplizierter. Weil zusammen Arbeiten und dann noch privat was mit einander unternehmen, dass wird auf Dauer einfach zu viel. Da ist man schnell vom anderen genervt.“ „Ist schon gut, ich hab doch gesagt ich versteh das. Und ich finde es ja auch ok. Sind wir mal ehrlich, du bist sowieso nicht die beste Tippse.“ Sein zynischer Unterton ließ mich lächeln. „Ja aber das wusstest du vorher!“ Kam es gespielt verletzt von mir. Ich sah Massanorie noch eine Zeitlang schweigend an, während er an seinem Kaffee nippte und in einer Zeitschrift blätterte die er sich vorhin gekauft hatte. Das mit Bunny hatte mich etwas aufgewühlt und ich wusste so langsam, dass ich mir bewusst werden musste was ich wollte – oder besser wen? Ich sah aus dem Fenster, dunkle Wolken zogen auf und versprachen das es bald Regen geben würde. „Hast du Finn eigentlich geliebt?“ „Was?“ Ich schüttelte den kopf und winkte ab. „Entschuldige, war eine dumme Frage die mich nichts angeht. Ich wollte nur…“ ich stockte, sah ihn an und ein unangenehmes Schweigen machte sich breit. Mein Blick wanderte wieder aus dem Fenster. „Geliebt? Nein ich denke nicht.“ Überrascht sah ich ihn an. „Ich war verliebt, ja das war ich sicherlich. Aber geliebt? Nein ich denke wirklich nicht, dass das Liebe war.“ „Wo liegt für dich der Unterschied?“ Nun war ich neugierig geworden, ich hatte nie darüber nachgedacht ob es zwischen diesen beiden Dingen einen Unterschied gab. Das eine und das andere waren für mich immer zwei Wörter für das gleiche gewesen. „Verliebt ist man oft. Das ist dann wenn man für jemanden schwärmt, ihn den ganzen Tag sehen will, Händchen halten, kuscheln dieses ganze Zeug was als Teenager ein Vorläufer für eine Beziehung ist. Selbst in einer Beziehung kann man nur verliebt sein. Aber Liebe; das ist eine andere Hausnummer. Liebe ist etwas in meinen Augen was man nur sehr selten trifft. Einen Menschen zu lieben bedeutet ihn mit allem zu lieben was ihn ausmacht – auch die schlechten Eigenschaften und Besonderheiten. Wenn man jemanden liebt, dann naja, ich glaube dann fängt man irgendwann an ein Nest zu bauen. So würde es meine Mutter wohl ausdrücken.“ Er rührte in seinem Kaffee und leerte dann die Tasse mit einem Schluck. Ohne ein Wort raus zu bekommen saß ich da. Nun, wenn es nach seiner Definition ging war ich wohl immer nur verliebt gewesen. Aber es klang so, als wäre Liebe etwas eher Seltenes. Vielleicht hatte er gar nicht so unrecht damit. „Was ist mit dir? Hast du Bunny geliebt?“ Ich dachte darüber nach und es war sehr schwierig, da wirklich eine passende Antwort zu finden. „Ich denke ja. Damals, also im Silberjahrtausend, da habe ich sie wirklich geliebt. Frag mich nicht woher ich das weiß, ich weiß es einfach. Aber hier und jetzt – am Anfang schon, aber – nein es war wohl eher eine Art von Verliebtheit und -“ „Und?“ „- ich wollte wohl nicht alleine sein.“ Ich lächelte ihn an und leerte meine Tasse. „Was hältst du von Essen?“ Ich konnte ihm nicht folgen, war doch diese Frage nicht besonders geschickt formuliert. Aber er sah wohl, dass ich nicht verstand was er von mir wollte. „Ich frage dich, ob du heute Abend mit mir essen gehen willst. Ein Date also!“ Die Röte stieg mir ins Gesicht, ja wir verbachten Zeit miteinander, aber ein Date, das war dann schon etwas anderes. Ja ich hatte den ironischen Unterton in meinem Kopf wohl gehört, aber es machte das ganze nicht besser. „Ja wäre nett.“ Kam es nur leise von mir. „Nett ist der kleine Bruder von Scheiße!“ er hob eine Augenbraue an und musterte mich. „Haha, du weißt wie ich das meine.“ Kopfschütteln sah ich ihn an. Massanorie Lenjier Eigentlich wollten wir den Tag zusammen verbringen, jedoch machte mir ein Telefonanruf da einen Strich durch die Rechnung. Ich hatte mich um kurz vor eins von Mamoru verabschiedet und war ins Büro gefahren. Nicht einen Tag konnte man fehlen. Mamoru hatte angeboten mit zu kommen, aber ich hatte dankend abgelehnt, ich musste zugeben, sein Argument, dass ich auf der Abreit zu jedem unausstehlich war, war einleuchtend und ich wollte unser heutiges Abendessen nicht mit meiner schlechten Arbeitsstimmung versauen. „Was?“ zischte ich genervt, als ich den Konferenzsaal betrat. Mein Vater stand mir gegenüber, sowie einige Vorstandmitglieder. „Wir haben ein Problem was Firmengelder angeht und du bist nicht in deinem Büro.“ Genervt setzte ich mich hin und hörte mir an, was mein Erzeuger mir zu sagen hatte. Anscheinend ging es um die Aktien die ich kaufen wollte, es hatte sich herum gesprochen, dass ich dafür einige Firmengelder nehmen wollte. Jedoch war dies nicht unüblich, wir besaßen einige Geldanlagen die genau für solche zwecke da waren, dadurch sicherten wir uns Aktienanteile und waren gleichzeitig abgesichert gegen Aktienschwankungen. Ich hatte diese bestimmte Aktie schon seit einigen Monaten im Blick und beobachtete ihre Schwankungen täglich und wertete diese mit einem Börsenmakler aus. Es hatte sich ein Muster abgezeichnet, welches ich jetzt nur noch bestätigt haben wollte, dann würde ich einen beträchtlichen Teil meines Vermögens und einen Teil der Geldanlagen der Firma zum kauf verwenden und die Aktie dann beim höchsten Stand wieder verkaufen. So hätte ich die Anlage verdoppeln können. Mein Vater jedoch sah das anders und so musste ich meine Pläne vor dem Vorstand und vor ihm rechtfertigen und ich wusste wem ich das zu verdanken hatte. Dieser blöde inkompetente Börsenmakler war so ein Schisser. Hätte ich bloß einen Externen dafür genommen. Wenn ich den in die Finger bekommen sollte, dann Gnade ihm Gott. Es vergingen fast drei Stunden in denen ich den Männern und Frauen erklären musste, wie ich mir das alles gedacht hatte. Ich kam mir vor als wäre ich zehn Jahre alt. Während diesem unerträglichen Gespräch, indem ich das Gefühl hatte nur mit Idioten zu tun zu haben, hatte ich Mamoru eine Nachricht geschickt und ihm mitgeteilt, dass wir uns gleich um acht im Restaurant trafen. Meine Laune war auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. ~ 20 Uhr ~ Die dunklen Regenwolken hatten eigentlich nach Regen ausgesehen, aber es blieb trocken und klarte sogar auf. So das man nun vereinzelte Sterne sehen konnte. Dafür war es sehr kalt geworden, fast schon frostig. Meine Mutter hatte vor ein paar Tagen angedeutet, dass es wohl dieses Jahr eher Schnee geben sollte. Ich mochte Schnee, da hatte man das Gefühl, dass man seine Ruhe vor allem hatte. Das Restaurant was ich ausgesucht hatte hieß omaeXEX, es war ein Szene Restaurant, welches eine schöne Atmosphäre, eine herrliche Küche und eine stilvolle Bar hatte und zudem auch noch eine schöne Auswahl an Zigarren anbot. Die schwarzen Tische waren recht weit auseinander gestellt, was es schwer machte Gespräche am Nachbartisch zu belauschen, was mir nur gelegen kam. Plötzlich sah ich Mamoru, die Kellnerin führte ihn zum Tisch. Ich sah zu Mamoru hoch und nickte der Dame höflich zu, worauf hin sie auch wieder ging. Meine Verabredung jedoch blieb noch stehen, zupfte seine Krawatte zu Recht und sah mich prüfend an. Ich trug einen schwarzen Anzug, ein schwarzes Hemd und eine blau-schwarze Krawatte. Mir war sofort klar, dass Mamoru in seinem kleinen Kopf sich wieder überlegte wie teuer der Anzug war. Wie konnte man nur so sehr wegen sowas aus der Ruhe fahren. „Möchtest du dich nicht setzen? Du kannst auch stehen bleiben, aber das wäre etwas unpassend findest du nicht?“ Ich deutete auf den Stuhl gegenüber von mir. Kurz rieb er sich die Schläfe, setzte sich aber. „In deiner SMS klangst du gereizt und ich hab keine Lust mich jetzt von dir anmotzen zu lassen. Also wenn du meinst, deine Laune an mir auszulassen, dann geh ich wieder.“ „Damit kann ich leben.“ Meine Nerven waren etwas angespannt und so klang meine Antwort unangebracht barsch. Mit einem wütenden Blick sah er mich an, er wollte aufstehen und gehen. „Entschuldige.“ Kam es prompt von mir. „Ich hatte eine unschöne Unterhaltung mit dem Vorstand und meinem Erzeuger.“ „Na gut. Willst du mir erzählen was los war, oder geht mich das nichts an?“ Er setzte sich wieder hin und seufzte. Erschrocken zuckte er zusammen, als der Kellner kam und uns jedem eine Karte hinhielt. Er war wohl kurz in Gedanken gewesen. Ich nahm auch die Weinkarte entgegen und bemühte mich freundlich zu sein. Nachdenklich sah ich ihn an und musste plötzlich leise lachen. Mamoru sah in die Karte griff sich aber in Gedanken an den Hals und rieb sich die Stelle wo ich ihn vorgestern und gestern gebissen hatte. Unter seinem Hemdkragen konnte man den dunklen Fleck nur leicht erkennen, aber allein der Gedanke, dass mir dieser kleine Hals gehörte und alles was daran hing. Ich hoffte, dass nach dem Essen noch ein ausgiebiger Nachtisch drin war. Ein Schauer lief mir über den Rücken und ich musste mich konzentrieren, dass sich das nicht auf untere Regionen ausweitete. Schweigend sah ich in die Speisekarte um nicht auf dumme Gedanken zu kommen. „Was ist das heutige Tagesmenü?“ Ich sah weiterhin in die Karte, während ich den Kellner ansprach. „Südafrikanisches Straußenfilet in Butter gebraten, dazu Nusskartoffeln und frisches Gemüse vom Markt.“ Der junge Mann stand wie eine Eins dort und schien nur auf ein Wort von mir zu warten, oh musste das sein. Ich war hier der Gast und ich hatte die Kohle, ich liebte es wenn alles vor mir stramm stand. Über dieses unbeabsichtigte Wortspiel musste ich schmunzeln. „Ich kann besonders die Filetspitzen empfehlen.“ Kam es monoton von mir und wartete auf eine Reaktion von Mamoru, welchen ich über den Rand der Karte kurz anschaute. Dieser schmunzelte und nickte nur. „Du bist wohl eher der Fischliebhaber.“ Verwundert sah er mich an. „Woher-“ „Man sieht es dir an, außerdem sehe ich, dass du nur auf die linke Hälfte der Karte schaust und dort steht eben nur Fisch.“ Über diese Beobachtungsgabe musste er kurz Lächeln, dann wandte ich mich dem Kellner zu. „Als Vorspeise nehme ich das Shrimp Tartar mit sieben verschiedenen Gewürzen und Dashi Sojasauce, danach das Kobe Rinderfilet mit den gebratenen Nudeln nach Art des Hauses. Dazu eine Flasche 96er Château Canteloup.“ „Ich bekomme das frische Gemüse mit der Miso Krabbensoße, als Hauptgericht den Tagesfisch mit dem frittierten Reis und als Nachspeise die Crème Brûlée mit der schwarzen Zuckersoße.“ „Du magst auch alles was süß ist, oder?“ Mamoru sah mich an und lächelte nur. Ich konnte mich für Süßspeisen nur schwer begeistern. „Für ihn dann einen 94er Graves Blanc.“ Ich gab meine Karte zurück, Mamoru tat es mir gleich und starrte mich verwundert an. „Mein Wein ist ein Rotwein und der passt nicht zum Fisch, also dachte ich mir, bestelle ich für dich einen Weißen. Ich hoffe er wird dir schmecken. Du bist ja nicht so der Weinliebhaber. Aber ansonsten hast du einen guten Geschmack.“ „Tja, auch wenn du es nicht glaubst, aber auch Hippies haben Geschmack.“ er lehnte sich zurück und sah mich herausfordernd an. Oh wie süß, er wollte spielen. „Ja das sieht man ja schon daran, dass du mich an Land gezogen hast.“ Selbstsicher lehnte ich mich zurück und wartete ab, was Mamoru wohl erwidern würde. „Gar nicht eingebildet, nicht wahr? Außerdem ist das wohl anders herum.“ Er wurde rot und sah sich um. „Das ist nett hier.“ Ah vom Thema ablenken, ich wollte gerade nachhaken als Mamoru ein anders Thema für sich fand. „Und was war nun mit dem Vorstand?“ Ich rümpfte die Nase und winkte ab. „Nicht gerade das passende Thema zum essen, zudem macht es mich nur aggressiv, wenn ich wieder darüber rede. Sagen wir nur mal soviel, mein Vater will anscheinend die Firma nicht weiter bringen und der Vorstand ruht sich lieber auf dem aus was da ist. Risiken sind eben nicht für jeden was. Wie ich schon einmal sagte, diese Versager sind es nicht wert, dieselbe Luft wie ich zu atmen.“ „Wow. Ich hatte fast schon vergessen wie du drauf bist, wenn du die Ego-Schiene fährst!“ Ohne etwas darauf zu erwidern sah ich ihn an. „Genau deswegen will ich nicht mit dir über die Arbeit reden!“ gab ich schließlich etwas barsch zurück. „Und genau das ist nun der Grund warum ich kündige.“ „Ja ich versteh es ja. Ok?“ Das lief anders als geplant, was wohl nicht ganz allein seine Schuld war, vielleicht sogar gar nicht. Er hatte wohl nicht unrecht, was die Sache mit dem Zusammenarbeiten und dann Freizeit mit einander verbringen anging. Beides war wohl wirklich zu viel. Als unsere Vorspeise kam, unterhielten wir uns eine Weile nicht mehr. Aber so konnte ich mein Nervenkostüm wieder glätten und etwas meine Wut verrauchen lassen. „Hast du eigentlich nie etwas - naja etwas Nervenschonenderes machen wollen. Also beruflich?“ überrascht sah ich auf und nahm einen Schluck vom meinem Wein. „Wie kommst du nun darauf?“ „Na ja ich frage mich, ob du schon immer Geschäftsmann werden wolltest oder wie auch immer du dich bezeichnest.“ An seinem Glas nippend sah er mich an. Ich musste über diese Frage etwas lachen und gleichzeitig auch nachdenken. Eine gute Frage, wollte ich je etwas anderes werden – Ja! „Ja schon, als ich ein Kind war gab es zahlreiche Berufe, aber sowas ist eben kindlich.“ „Erzähl.“ Ich schien seine Neugier geweckt zu haben, er aß langsam weiter und sah mich erwartungsvoll an. „Also mit zehn, da wollte ich Pilot werden und Feuerwehrmann. Jungs eben.“ Kurz und knapp, es waren ja auch nur Kinderträume gewesen. „Und du? Wolltest du schon immer Arzt werden?“ Mamoru überlegte kurz und nickte dann. „Nein warte nicht wahr, Lehrer war auch einmal ein Gedanke, aber das hielt nicht lange. Und später? Was wolltest du werden als du älter warst.“ Nun musste ich leise lachen und es war mir etwas peinlich, dass zu erzählen. Doch Mamoru drängte mich weiter und er sah sehr wohl, dass es mir peinlich war. „Nun komm sag schon, ich hab dir schließlich auch diesen Mist von Sailor Moon und so erzählt, da ist es nur fair wenn ich auch ein par Hintergrundinfos bekomme.“ „Ah, die Karte spielst du aus. Raffiniert.“ „Danke!“ er schmunzelte etwas. „Als ich mit dem Abitur fertig war wollte ich eigentlich eine Ausbildung als Mechaniker machen. Aber mein Vater hatte eben andere Pläne.“ Mamoru sah mich etwas sprachlos an und musste dann anfangen zu lachen. Nur leise, aber es kränkte mich schon etwas. „Das du jetzt lachst ist nicht besonders feinfühlig.“ „Entschuldige. Aber ich kann mich dich nicht als Mechaniker vorstellen.“ „Na dann – ich kann mir auch nicht vorstellen, dass du mal einen Arztkittel trägst.“ Das war gelogen. „Für Autos?“ „Bitte?“ Er hatte aufgehört zu lachen und nippte erneut an seinem Glas. „Ob du Automechaniker werden wolltest?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, für Motorräder. Das einzige, was noch von diesem Vorhaben geblieben ist, ist meine Kawasaki, ZX 750 R in schwarz mit Vollverkleidung und Sportauspuff.“ „Wow ist das die, die erst im Mai auf dem Markt kam!“ Ich hatte anscheinend etwas Tolles gesagt, denn Mamorus Augen leuchteten vor Begeisterung. „Kennst du dich aus mit Motorrädern?“ „Ich liebe es Motorrad zu fahren. Das ist toll.“ „Was fährst du?“ „Eine grüne Yamaha FZR 400. Nicht so neu wie deine, aber ich mag sie. Na ja noch.“ „Noch?“ Fragend sah ich ihn an. „Naja ich hab mein Auto schon zu Geld gemacht und ich denke daran das Motorrad auch zu verkaufen. Es kommt mich günstiger, wenn ich mir eine Monatskarte hole. Und ich muss bis zum ende des Studiums etwas sparen.“ „Du weißt, wenn du weiter…“ „Ich weiß Massanorie. Aber Geld ist nicht alles. Du, ich will mit dir nicht über Geld reden, nimm es mir nicht übel.“ Ich nickte nur und wir unterhielten uns weiter über das Motorrad fahren, über Schutzkleidung und die besten Ruten in der Umgebung. So kamen wir also von Hölzchen auf Stöcken und unterhielten uns trotz anfänglicher Schwierigkeiten, welche wohl doch von mir ausgingen, recht gut. Der Abend ging schnell vorbei. Nach dem Essen hatten wir noch etwas getrunken und ich hatte Mamoru nach Hause gefahren. Dieses Mal ohne Hintergedanken, denn mich beschäftigte noch immer diese Aktien Sache. Kapitel 16: Step Sixteen… Jealousy ---------------------------------- Step Sixteen… Jealousy Eifersucht, die Begleiterin der Liebe, hat dagegen brennende Eile, alles zu glauben, was nicht erfreut. Nicht durch Tatsachen allein, schon durch Schatten und Träume läßt sie sich schrecken. Francesco Petrarca (1304 - 1374), italienischer Dichter und Geschichtsschreiber May Godai Völlig sprachlos stand ich einfach nur neben Mamoru und sah mich um. Ich musste sehr nervös wirken, denn ich spürte, wie Mamoru meine Hand nahm und sie leicht drückte. „Alles gut?“ Er sah mich besorgt an und zog mich sanft weiter. Ich nickte nur und sah mich weiter um. „Denkst du ich, das Kleid ist ok?“ Mit meiner freien Hand strich ich es schnell einige Stellen glatt, nur um mich dann zu versichern, dass niemand es gesehen hatte. „Ich meine, was ist, wenn es nicht schick genug ist? Und meine Haare, sind die Ok?“ „Seit wann machst du dir soviel aus solchen Dingen? Ich dachte immer dir ist es egal, was andere denken?“ Seufzend sah ich ihn an. „Also wirklich. Das sagen Frauen immer, aber wenn man auf einer Veranstaltung mit Models und so ist, dann zählt dass nicht mehr, dann muss man gut aussehen, sonst ist man die, über die jeder lästert – und das werde nicht ich sein.“ Flüsterte ich ihm leise zu. „Na gut. Aber du siehst toll aus. Also mach dich nicht verrückt.“ „Na das sagt der, der immer gut aussieht!“ „Danke. Aber auch das ist Arbeit. Auch wenn es nicht so aussieht.“ Gab er lächelnd zurück. „Und ich mag deine Frisur. Sieht nach einer Menge Arbeit aus.“ Mit einem stolzen Lächeln sah ich ihn an. „War es auch.“ Ich hatte mir die Haare aufgedreht, damit sie etwas lockig fielen und dann an der rechten Seite drei französische Zöpfe geflochten, welche ganz nah an der Kopfhaut lagen, so sah es aus wie ein kleiner Sidecut. Und links fielen sie gelockt über meine Schulter. Nicht zu edel und trotzdem Individuell. Dazu dann noch das schwarze Kleid, welches meine WG-Mitbewohnerin mir geliehen hatte. Es war im Stil der 50er Jahre – ein eng anliegendes Oberteil, dazu der wadenlange Tellerrock, der großzügige V-Ausschnitt gepaart mit offenen Hohen Schuhen und schon war ich fertig. Mamoru hatte schon etwas sparsam geschaut, als er mich abgeholt hatte, aber das war ja so gewollt. Aber nun hatte ich das Gefühl, mich doch etwas vertan zu haben. Auf seiner Veranstaltung wäre ein langes Kleid wohl doch die bessere Wahl gewesen. Mein Kleid war jetzt nicht raspel kurz, aber es ging halt nur bis über die Knie und all die anderen Frauen trugen lange Kleider. Etwas verunsichert, hakte ich mich bei Mamoru ein, welcher nicht ein bisschen verunsichert zu sein schien. Aber wer so aussah, musste das wohl auch nicht. Mamoru trug einen einfachen schwarzen Anzug, darunter eine Weste, weißes Hemd und Krawatte. Männer hatte es beim auswählen von Kleidung viel leichter als wir Frauen. Allein wie lange ich im Bad gestanden hatte, für Beine rasieren und diesen ganzen Schnickschnack, da wünschte man sich fast ein Kerl zu sein. „Hallo!“ Überrascht drehte ich mich herum und sah eine Frau hinter uns stehen. Vielleicht so um die vierzig, braune Haare welche zu einer Steckfrisur frisiert waren, dazu ein leichtes Makeup und ein toll schimmerndes dunkelgrünes Samt-Kleid mit ¾ Ärmeln und einem schönen gerafften Ausschnitt. Ich wusste nicht wer die Frau war, aber sie hatte Geschmack. In das Kleid hatte ich mich gleich verliebt, es war auch nur kniebedeckend und war eine Mischung aus Cocktail- und Etuikleid. Dazu trug sie eine goldene Kette mit grünen Steinen, keine Ohrringe, kein Armband, einfach nur Stilsicher – in meinen Augen. Mamoru holte mich aus meiner stillen Bewunderung zurück in die Realität. „Godai May, darf ich vorstellen Lenjier Andrea.“ Er lächelte mich an, während ich nur eine kleine Verbeugung andeutete. Ich brauchte zwei Sekunden länger, bevor ich peinlich bemerkte, dass die Frau vor mir, wohl Massanories Mutter war und sie die Gastgeberin dieser Veranstaltung war. „Oh entschuldigen sie Lenjier-san. Danke, dass ich mitkommen durfte. Verzeihen sie, ich war etwas abgelenkt. Ich – also darf ich sagen, dass ich ihr Kleid wirklich schön finde.“ Die Frau lächelte. „Danke. Das freut mich zu hören. Es ist eines meiner liebsten Kleider. Ich habe es schon Jahre lang, aber ich habe das Gefühl es wächst einfach immer mit. Und wegen der Einladung müssen sie sich nicht bei mir bedanken. Ich bot Mamoru nur an, dass er jemanden mitbringen könne. Dass er dann eine so hübsche und reizende Frau mitbringt, haben sie sich ganz allein zuzuschreiben.“ Ich errötete etwas. Diese Frau konnte niemals die Mutter dieses Trottels sein. Ich meine, was war denn da genetisch falsch gelaufen. „Leider muss ich Mamoru nun entführen.“ Sie zwinkerte mir zu und ich löste mich von Mamorus Arm. Dass er zugesagt hatte, für die Dame auf dieser Benefiz-Gala zu modeln, fand ich richtig nett. Mamoru drückte mir noch einen Kuss auf die Wange, bevor er mit Frau Lenjier verschwand. Nun kam ich mir etwas verloren vor. Ich lief durch den großen Saal und sah mir an, wer denn alles zu solch einer Benefiz Gala kam. Einige Models waren darunter, aber auch sonstige Leute die man schon einmal in der Presse gesehen hatte. So B oder C Promis eben. schoss es mir durch den Kopf. Mit einem suchenden Blick sah ich mich nach einem Kellner um, ein Glas Sekt oder so, wäre jetzt wirklich nett. Aber schon im nächsten Moment wurde mir ein Glas unter die Nase gehalten. Als ich mich zu dem Menschen drehte, zu dem die Hand gehörte, war ich etwas verwundert. Dieser Griesgram stand neben mir und nippte selber an einem Glas. „Meine Mutter meint, ich müsse mich um dich kümmern, da sie sich ja deine Begleitung geschnappt hat.“ Mit einem Schmunzeln, nahm ich das Glas, welches er mir noch immer hinhielt und nahm einen Schluck. „Also einen Babysitter brauche ich nicht!“ „Ich weiß, aber meine Mutter ist sehr überzeugend in sowas.“ „Wo ist denn deine Begleitung?“ „Hmm?“ Er sah mich etwas irritiert, aber immer noch missmutig an. „Der Junge Mann, blond, schlank, weißes Hemd, keine Krawatte. Als wir vorhin kamen, haben wir dich mit dem gesehen. Mamoru meinte, dass wäre vielleicht deine Begleitung.“ „Ah? Sagt er das?“ Er wirkte fast amüsiert. „Ich denke nicht, dass dich das was angeht. Zudem –„ er musterte mich kurz. „- das Kleid ist ja wohl nichts für so einen Abend. Oder haben Kunststudenten nicht mehr Geld für Kleidung?“ Ich zog die Luft scharf ein und wusste, warum Mamoru immer gestresst war, wenn er von ihm erzählte. Bunny Tsukino „Ich versteh das nicht!“ Hilfesuchend sah ich Minako an, welche mich entschuldigend ansah. „Warum will Yosuke denn nicht mit Mamoru reden?“ „Weil er sagt, er würde sich nicht in diese Sache einmischen, dass wäre eine Sache zwischen dir und ihm. Und Mamoru wäre sein bester Freund, er würde sowieso immer zu ihm halten.“ Mit einem gequälten Lächeln sah sie mich an und dann die Mädchen. „Aber er hat doch vorgestern angerufen, oder?“ Rei legte einen Arm um mich und versuchte mich zu trösten. „Ja!“ gab ich nur leise als Antwort. „Aber er sagte nur, dass es nichts mehr zu reden geben würde, er hätte mir ja schon am Montag gesagt, was er will.“ Ich sah auf die Tischplatte und verstand die Welt nicht mehr. Wieso machte Mamoru das? Ich konnte ja verstehen, dass er etwas böse auf mich war, wegen Seiya, aber ich hatte mich doch entschuldigt und ich wollte doch nur das Beste für alle. Für die Welt, für uns, für Chibiusa. „Hast du ihm denn den Brief gegeben, welchen wir am Mittwoch von Chibiusa bekommen haben?“ Kopfschüttelnd, holte ich ihn aus meiner Rocktasche. „Nein, hab ich nicht Makoto. Aber wie auch – ich glaube fast – das ihm Chibiusa egal ist.“ Plötzlich herrschte ein angespanntes Schweigen zwischen uns. „Ich habe das Gefühl, dass dieser Mann der bei Mamoru war, etwas mit seiner Meinung zu tun hat. Vielleicht wollte er vor ihm nicht so offen reden – und vielleicht will er dich nur etwas hin halten wegen Seiya.“ Rei nahm mich in den Arm und drückte mich fest an sich. „Ich würde gerne wissen wer das andere Mädchen ist.“ Flüsterte ich nur und sah zu Minako. Vielleicht wusste sie es ja und wollte mir es nur nicht sagen. „Ich weiß es nicht, wirklich.“ „Du könntest Yosuke fragen.“ Kam es streng von Rei, welche noch immer neben mir saß und mir nun den Brief von Chibiusa aus der Hand nahm. „Das habe ich. Aber er sagt, selbst wenn er es wüsste, ginge es mich nichts an.“ Mit diesen Worten stand Minako auf und verließ den Raum. Wir hatten uns heute Abend bei Rei getroffen, weil Luna das letzte Training mit Ami analysiert hatte und wir uns nun anhören mussten was wir ändern mussten. Eigentlich hatte ich nur Hunger und war traurig, warum? Ich verstand Mamoru gar nicht. Wieso war er denn plötzlich so komisch? So kannte ich ihn gar nicht. „Ich geh mal schauen wo Minako ist.“ Ohne eine Antwort abzuwarten stand ich auf und folgte Minako nach draußen. Die kalte Nachtluft ließ mich frieren. Minako stand vor dem Eingang des Schreins und schien zu telefonieren, oder sie wollte es, denn sie steckte das Handy wieder weg. „Minako?“ besorgt sah ich sie an. „Hm? Bunny? Es ist kalt, du solltest rein gehen. Ich komm gleich!“ „Es tut mir leid, dass ich dich so gedrängt habe, aber ich – ich will nur verstehen, was los ist.“ Minako sah in den Nachthimmel und war plötzlich sehr ernst. „Yosuke und ich haben uns etwas gestritten. Er sagt, ich hätte Geheimnisse vor ihm und dass ich ihn anlügen würde. Er hat recht und ich kann nichts dagegen tun.“ „Es tut mir leid. Aber -“ „Ich weiß. Weißt du, Mamoru hat sich für mich eingesetzt bei ihm. Er hat ihm wohl gesagt er solle sich keine Sorgen machen und so. Das war wirklich nett von ihm.“ Sie schmunzelte plötzlich. „Yosuke hat mir Geschichten erzählt, also von früher, als er in der Oberstufe war. Er, May und Mamoru haben wohl viel angestellt, so hätte ich Mamoru gar nicht eingeschätzt.“ Sie sah mich. „Wusstest du das?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich weiß eigentlich nichts über ihn.“ Gab ich zurückhaltend als Antwort. „Wieso?“ Überrascht sah ich sie an. „Weil er mir nie was erzählt.“ „Hm. Hast du ihn gefragt?“ Ich wurde rot. „Nein, habe ich nicht!“ Darauf sagte sie nichts. „Ich weiß es ist wichtig, also die Auswertung und so. Aber ich werde jetzt doch lieber zu Yosuke fahren. Weißt du Bunny, ich – ich hab mich wirklich in ihn verliebt und ich will nicht mit ihm streiten. Bitte sei mir nicht böse, aber ich werde Yosuke nicht mehr auf Mamoru ansetzen oder ihn danach fragen. Ich will nicht, dass Yosuke weiterhin böse wird. Besonders –„ sie stockte und strich sich durch die Augen. „-er sagte, wenn er sich zwischen mir und Mamoru entscheiden müsste, dann würde ich immer den Kürzen ziehen. Weil – weil May und Mamoru seine Familie wären, egal was kommen würde, auch wenn er mich liebt. Er ist ebenso Loyal zu den beiden, wie die anderen und ich zu dir. Dafür bewundere ich ihn.“ Mit diesen Worten nahm sie mich in den Arm und ging hinein, nur um kurz darauf wieder zu kommen. Sie knöpfte ihren Mantel zu und schlang sich den Schal um den Hals. Dann winkte sie mir noch einmal zu und verschwand. So kannte ich Minako gar nicht. In letzter Zeit war sie sehr erwachsen geworden, sie schwärmte nicht mehr für andere Männer oder lief ihnen nach. Sie konzentrierte sich sehr auf die Schule und wirkte plötzlich so wie die Sailer Venus die ich aus dem Silberjahrtausend kannte. Verantwortungsvoll und erwachsen und trotzdem hatte ich das Gefühl, sie ebenso zu verlieren wie ich Mamoru auch schon verloren hatte. Mit einem flauen Gefühl im Bauch ging ich wieder hinein, die anderen sahen mich schweigend an und selbst Luna schien sich Sorgen zu machen. „Wieso ist Minako denn jetzt gegangen?“ Ami, war etwas irritiert über ihren schnellen Aufbruch. „Sie wollte zu Yosuke, sie hatten Streit und sie will das aus der Welt haben.“ Mit dieser Erklärung setzte ich mich wieder an den Tisch und betrachtete den Brief, welcher vor mir lag. „Ich werde ihn morgen zu Mamoru bringen, vielleicht hilft es ihm ja bei der Entscheidung – am Ende ist es das Beste für uns alle.“ Innerlich wusste ich, dass ich recht hatte, und der Gedanke, dass Mamoru eine andere hatte machte mich wahnsinnig. Massanori Lenjier „Das ist wie mit einem Spielzeug. Wenn man es weglegt und plötzlich nimmt es ein anderer, dann will man es zurück. Das ist einfach nur egoistisch!“ Mein leeres Glas landete geschickt auf dem Tablett des Kellners, welcher gerade an mir vorbei ging. Mamorus kleine Freundin stand immer noch neben mir. Wir hatten eine belanglose und wenig interessante Unterhaltung angefangen, was jedoch eher daher rührte dass meine Mutter nicht sehr erfreut gewesen wäre, wenn es anders laufen würde. Als sie Mamoru vorhin wegbrachte, kam sie an mir vorbei und ergriff sofort die Chance um mich auf das Mädchen anzusetzen. Nicht, dass ich sie nicht schon gesehen hatte, wie konnte man auch nicht. Schließlich waren Mamoru und May nicht gerade unansehnlich, besonders wenn sie nebeneinander standen. Sie wirkten fast wie das perfekte Paar – und das ärgerte mich. Und nun kamen wir irgendwie auf seine Ex und das ärgerte mich noch mehr. Diese dämliche Kuh war immer allgegenwärtig. Ich meine, wie kann ein Mensch so viele andere Menschen kennen und beeinflussen. Das war doch krank. Die sollte sich mal ein Hobby anschaffen was nichts mit Welt retten zu tun hatte. Zudem war ich May auch noch was schuldig, da war es wohl nur gerecht, dass ich ihr Gesellschaft leistete. Ich hasste diese Benefiz Sachen, auch wenn sie meiner Mutter irgendwie Spaß machten und diese schien ihr wirklich Spaß zu machen. Was wohl einerseits daran lag, dass sogar Menschen hier waren, die sie nicht als Snobs betitelte, aber auch daran, dass mein Vater es geschafft hatte heute hier zu sein. Auch wenn ich ihn nun schon eine geraume Weile nicht mehr gesehen hatte – traurig war ich nicht drum. Während der letzten halben Stunde war mein Blick nur sporadisch zur Bühne geglitten, während meine Zwangsbegleitung ganz faszinier war. Nur Mamoru bekam meine volle Aufmerksamkeit. Besonders, wenn ich mir wieder in den Sinn rief, dass ich sogar das bekam, was unter der Kleidung war. Ach herrlich – und wenn ich daran dachte, dass ich schon meinen Besitzstempel auf seinen hübschen Körper gedrückt hatte, dann konnte ich nicht anders als lächeln. Die Dame die die Modenschau moderierte, war eine Bekannte meiner Mutter und machte das wohl gerne, denn sie war auf vielen solchen Veranstaltungen zu sehen – besser zu hören. Aber bei Mamoru würde ich gerne einmal zuhören, denn dass was er anhatte gefiel mir. Ich machte mir ein innerliches Memo ein süffisantes Lächeln zeichnete sich auf meinem Gesicht ab. „Lass uns doch mal näher ran gehen.“ Bat ich meine nette Begleitung in einem freundlichen Tonfall, welcher der Aufforderung gerne nachkam. „Anzug in Slim Fit aus Schurwolle, Anthrazit von Strellson Premium. Ein Anzug in Perfektion. Schmaler Slim Fit, hochwertige Schurwolle und ein dezentes Karo in melierter Optik machen den Rick-James zu einem stilvollen Begleiter - in jeder Lebenslage, zu jedem Anlass. Ob Business-Meeting oder Abend-Event, mit diesem Anzug setzen Sie immer auf Style und Trend und sich selbst gekonnt in Szene. Das Sakko – leicht antaillierter, schmal geschnittener Einreiher in modisch körpernaher Passform mit zwei Knöpfen. Mittellanges, schmales Revers mit Knopfloch links. Zwei paspelierte Pattentaschen, eine Brustleistentasche links. Verdeckte, seitliche Bewegungsschlitze im Rückteil. Ärmelschlitz mit fünf Kissing-Bittons. Alle Knöpfe farblich auf den Oberstoff abgestimmt. Gerade geschnittene Hose hat einen Verlängerten Bund mit zwei Haken und Gegenknopf, Sechs Schlaufen für Gürtel bis max. 4 cm Breite. Zwei französische Taschen vorne, zwei Gesäßleistentaschen. Vorderfutter aus leichtem Taft im Oberschenkelbereich bis zum Knie…“ Mein Gott, wie gut ein Mann in einem Anzug aussehe konnte. Mir lief gerade das Wasser im Mund zusammen und obwohl ich Mamoru ein sehr verständliches Lächeln zuwarf, ignorierte er das eisern und blieb in seiner Rolle. Bewundernswert, er war halt nicht einfach irgendwer, er hatte Klasse. Kein Wunder das Bunny den wieder haben wollte, egal ob Zukunft oder nicht, so einen würde ich auch nicht gerne verlieren. „…dazu trägt unser Model einen bordeaux farbenden Rollkragenpullover von Strellson Premium. Der Pullover mit Rollkragen ergänzt nicht nur Jeans, sondern auch feine Tuchhosen und spielt eine lässige Rolle bei modischen Anzug-Kombinationen. Er ist schmal geschnitten in Glattstrick. Rollkragen aus feinem Rippenstrick. Saum und Ärmel schließen mit angestrickten Rippstrickbündchen. Die Bündchen enden mit einem feinen Streifen in Kontrastfarbe. In die linke Seitennaht ist eine Logolasche mitgefasst. Über dem Bund rechts ist ein Metall-Logo angebracht…“ Mamoru verschwand wieder und ich war begeistert, der Mann in Kombination mit dem Anzug und ich war hin und weg. … „Wie läuft eigentlich die Zusammenarbeit zwischen dir und Mamoru?“ Ich schaute zu meiner linken. Wie konnte das Mädchen, denn jetzt so eine Frage stellen? Anscheinend vermutete sie schon, dass mein Interesse für ihren Begleiter nicht nur freundschaftlicher Natur war. „War in Ordnung. Es gibt jedoch besser Mitarbeiter als ihn.“ War alles was ich sagte. „War?“ Sie sah mich verwundert an. „JA war. Er hat diese Woche gekündigt.“ Ich war schon etwas überrascht, dass sie das nicht wusste. Mamoru schien nichts von Informationsweitergabe zu halten. „Das wusste ich nicht!“ Ihr Gesicht verriet, dass sie sich Sorgen machte. „Falls es dich beruhigt, er hat schon etwas Neues.“ „Warum hat er denn gekündigt?“ „Das musst du schon ihn fragen. Das geht mich ja wohl nichts an.“ Damit war das für mich erledigt. Ich konnte ihr ja schlecht sagen, dass wir unsere Beziehung in spe nicht durch unser schlechtes Arbeitsklima belasten wollten. Wie weibisch klang das denn bitte? Außerdem kannte ich May nicht, also ging sie das nichts an. Es vergingen noch einige Minuten bis auch das letzte Model seinen Dienst geleistet hatte und meine Mutter einige Dankende Worte sagte, darin inbegriffen für was sie Spenden sammelte und so. All diese Sachen eben, die eigentlich keinen Interessieren. „Es muss aufregend sein, auf solchen Veranstaltungen zu sein.“ Aus den Augenwinkeln sah ich May an. „JA so aufregend wie Fußpilz oder eine Darmuntersuchung.“ Gab ich nur desinteressiert als Antwort. Mit würden spannendere Dinge einfallen, als immer auf solchen Festen zu sein. Besonders mit Mamoru könnte ich am heutigen Abend sicherlich besseres anfangen, als ihn mit ihr zu teilen oder mit anderen. Es vergingen wieder einige Minuten, die ich damit herum bekam, dass ich mich an die Bar stellte und mir einen Scotch bestellt. Mein Vater hatte sich nun zu meiner Mutter gesellt, welche sich nun mit potenziellen Spendern unterhielt. Auf solchen Veranstaltungen war er immer das Anhängsel – das verdiente er. Dann sah ich meinen Freund in spe und das was ich sah gefiel mir - einige Minuten, dann verschwand mein aufkommendes Lächeln. Mamoru wurde von einer Traube von Frauen umringt und auch wenn ich es nur von weiten sah, so wusste ich, dass es mich störte. Was sollte das denn? Zudem hatte er auch noch diesen blöden Anzug an, wieso? Ich sah zu meine Mutter und hoffte sie würde meine missbilligen Bick richtig deuten und natürlich war auf meine Mutter verlass. Sie sah meinen Gesichtsausdruck, drehte sich herum und – und lachte. Was bitte sollte das denn? Sie sagte noch etwas zu ihren Spendern und meinem Erzeuger und kam dann langsam auf mich zu. „Was ist los?“ fragte sie mich unschuldig und hakte sich bei mir ein. „Warum trägt er denn noch den Anzug? Hast du keine Angst, dass der kleine Hippie ihn klaut!“ Gab ich nur scharf als Antwort. „Sei nicht so bösartig zu ihm und wenn du Eifersüchtig auf die Frauen bist, dann solltest du ihn retten. Denn er sieht nicht so aus, als würde ihm das Spaß machen.“ Ein mitleidiger Blick zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. „Aber seine Freundin scheint das gerade in die Hand zu nehmen.“ Ich sah wieder zu ihm herüber. May hatte sich zwischen die Frauen gedrängt, sich bei Mamoru eingehakt und schaffte es ihm etwas Freiraum zu verschaffen. Beide lachten leise und es sah so aus als wäre er ihr wirklich dankbar. „Und was den Anzug angeht, so hab ich ihm erlaubt den weiter zu tragen, die anderen Models tragen ihre letzten Outfit auch noch, wenn ich sie schon nicht bezahle, dann ist das ein kleines Dankeschön Außerdem sieht er doch gut darin aus. Dein Blick vorhin deutete jedenfalls an, dass du das ebenso siehst.“ Ihr süffisantes Lächeln ließ mich die Augen verdrehen. Aber ich behielt dabei meinen Freund und seine Begleitung im Auge. Für meine Verhältnisse war mir das etwas zu vertraut. Er hauchte ihr gerade einen Kuss auf die Wange und das machte mich rasend. Die beiden hatten doch etwas miteinander – bestimmt. „Ich bin an der Bar!“ Kam es schroff von mir und ich löste mich von meiner Mutter. Mamoru Chiba Ich war froh, dass May da war und ich nun in Ruhe wieder atmen konnte. Seufzend nahm ich sie an die Hand und zog sie sanft hinter mir her. „Da will aber einer schnell weg von seinen Verehrerinnen.“ May stupste mich in die Seite und lächelte. Ich nickte nur zustimmend. „Bleib bloß in meiner Nähe, sonst kommen die sofort wieder.“ „Ja es ist ein Fluch. Aber keine Sorge, ich als deine Freundin und Verlobte lasse das nicht zu.“ Mit einem schmunzeln schüttelte ich den Kopf. Ihre kleine Lüge hatte geholfen mich aus diesem Haufen zu befreien. Eigentlich wollte ich ja nur zu Massanorie, ich hatte ihn vorhin gesehen und sein Blick war sehr aussagekräftig gewesen. Aber ich hatte das einfach ignoriert. Trotzdem wollte ich ein paar kurze Worte mit ihm wechseln, denn ich hatte ihn zu Beginn der Veranstaltung mit diesem Mann gesehen und wollte nur einmal nachfragen wer das war. Nicht das ich das kontrollieren wollte, aber meine letzte Beziehung hatte mich dank Seiya gelehrt, am besten gleich neue Rivalen kennen zu lernen und am besten zu eliminieren. Und ich würde nicht ein zweites Mal den gleichen Fehler begehen. JA sie war wieder da, wie sollte ich auch einen Tag ohne meine kleine gespaltene Persönlichkeit auskommen? Ob andere Menschen dieses Problem wohl auch hatten? „Alles gut?“ Erschrocken sah ich May an. „Du siehst aus als würde dich was nerven oder zu mindestens beschäftigen!“ „Ach nein. Ich hab mich gerade nur gefragt ob sich Massanorie gut um dich gekümmert hat.“ Sie rümpfte die Nase. „Na ja ich hätte die Zeit auch mit einem Eiswürfel verbringen können. Obwohl - “ sie sah mich an und grinste. „-als er dich gesehen hatte, war er plötzlich sehr umgänglich – fast schon nett.“ Ein verlegenes Räuspern war alles was ich darauf erwiderte. „Willst du mir vielleicht was sagen?“ Sie hatte plötzlich diesen sehr neugierigen und wissenden Blick drauf und mir war das sehr unangenehm. Da kam es mir fast wie eine Rettung vor, dass Frau Lenjier uns ansprach. „Ich wollte mich noch einmal bedanken, oder störe ich gerade?“ Ich schüttelte den Kopf und atmete innerlich erleichtert auf. „Nein überhaupt nicht. Ich bin froh, wenn ich Ihnen einen Gefallen tun konnte. Und es ist wirklich eine schöne Veranstaltung. Einige der Damen haben mir gesagt, dass sie so etwas öfter machen. Das klingt nach einer menge Arbeit und vielen Nerven.“ Frau Lenjier lächelte nur und sah sich um. „Ja das ist es, anstrengend und so weiter. Aber es lohnt sich und dieses Mal ist sogar mein Mann dabei. Sonst drückt er sich immer davor. Aber in letzter Zeit versucht er einiges wieder gut zu machen. Da opfert Mann sich auch schon mal gerne auf.“ Sie lachte leise und sah in Richtung ihres Mannes. Ich hatte ihn bisher immer nur auf Fotos gesehen, aber noch nie in Natura. Und ich musste Massanorie recht geben, er sah wirklich aus wie einer der kleine Kinder fraß – wenigstens sein Gesichtsausdruck. mischte sich mein Kopf ein. „Und ich hörte, sie sind jetzt verlobt. Die Damenwelt scheint darüber sehr traurig.“ Sie deutete mit einer leichten Kopfbewegung zu der Gruppe Frauen, welche nun ein anderes der männlichen Model belagerten. „Ja.“ Gab ich verlegen zu. „Na ja ich kann ja nicht zulassen, dass eine Horde Frauen dich verschlingt. Da muss sich die beste Freundin schon mal opfern.“ May ließ meinen Arm los und schenkte mir einen Wimpernaufschlag. „Aber ich muss mich kurz entschuldigen.“ Frau Lenjier und ich nickten, während May Richtung der Damentoiletten verschwand. „Wenn sie meinen Sohn suchen, der ist an der Bar. Anscheinend hat es ihm nicht gefallen, dass sie so von den Damen umringt waren.“ Sie strich mir über den Ärmel und zupfte am Anzug herum. Verlegen sah ich in Richtung Bar, konnte Massanorie aber nicht ausmachen. Vielleicht war er ja gegangen?! „Zudem, denke ich, dass er auch auf May eifersüchtig ist.“ „Ist es denn in Ordnung, dass sie mir das sagen?“ Fragte ich etwas zurück haltend, besonders weil es mir unangenehm war, dass seine Mutter anscheinend sehr wohl wusste das da was zwischen uns war oder sich entwickelte oder wie immer man da nennen wollte. „Na sie können ihn ja selber fragen, aber ich schätze, dass er nicht gerade der Typ Mann ist, der zugeben würde, dass er auf Frauen eifersüchtig ist.“ Mit einem Schmunzeln sah sie mich an. „Wo wir gerade dabei sind. Du arbeitest ja nicht mehr für meinen Sohn nicht wahr?“ Ich nickte nur und wusste nicht worauf sie hinaus wollte. „Dann können wir ja jetzt mit dem Sie und dem –san aufhören. Also ich bin Andrea und wenn du dich weigerst, dann kann ich sehr überzeugend sein. Also keine Widerrede. Schließlich sind mein Sohn und du sehr gut befreundet.“ Letzteres sagte sie mit einem zweideutigen Lächeln. Ein resignierendes Seufzen kam von mir, welches sie nur mit einem schmunzeln bedachte. „Wo ist eigentlich ihre Enkeltochter?“ Ich wollte das Thema von Massanorie und dem anderen Kram weglenken und da ich mich erinnerte, dass Katrin davon sprach auch hier zu sein hielt ich es für klug mal nachzufragen. „Deine Enkeltochter!“ sie sah mich mahnend an. „Die kleine Maus ist erkältet. Sie hat sich im Kindergarten bei einer Freundin angesteckt und nun liegt sie im Bett.“ „Oh.“ War alles was ich sagte, da ich plötzlich Massanorie entdeckte – mit diesem anderen Typen. Andrea musste meinen Blick bemerkt haben, denn sie sah in die gleiche Richtung. „Das ist Steven Coleman, er gehört zu meinem Mann. Er ist sowas wie sein Stellvertreter in den USA. Morgen findet ein Meeting statt und er ist extra deswegen angereist.“ Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, aber es kam mir sehr gelegen das Massanories Mutter mich darüber aufklärte. So musste ich wenigstens nicht dumm sterben, denn ich bezweifelte dass Massanorie mir das erzählt hätte. „Die beiden kennen sich anscheinend sehr gut, oder?“ Nun wollte ich schon wissen was da vor sich ging. Schließlich war Massanorie ja Jahre lang in den USA gewesen und die Antwort auf diese Frage gefiel mir nicht – nicht im Geringsten. „Du solltest das nicht so ernst nehmen. Steven ist ein komischer Kauz, sehr ehrgeizig und sehr fixiert auf gewinnbringende Geschäfte und Vermarktung der Firma. Ich persönlich kann ihn nicht leiden. Ohne seinen Vater wäre er nicht so weit gekommen – Vitamin B könnte man sagen.“ Schweigend sah ich zu den beiden hinüber und fand, dass Massanorie schon sehr interessiert mit ihm redete, er lachte sogar etwas und wirkte fast als würde ihm die Gesellschaft von diesem Steven gefallen. „Die beiden hatten mal etwas mit einander, oder irre ich mich?“ Ich hatte es noch nicht ausgesprochen, da merkte ich, dass ich das laut gesagt hatte. „Entschuldigung, das geht mich nichts an. Ich – war nur ein Gedanke.“ „Du musst dich nicht entschuldigen. Und du hast Recht – sie hatten was miteinander und ich glaube auch, dass Steven noch immer denkt er könnte meinen Sohn wieder für sich gewinnen. Aber ihm geht es nur ums Geld und deswegen wünsche ich mir, dass er zur Hölle fährt.“ Etwas irritiert sah ich Andrea an und konnte mir dann dennoch ein leichtes schmunzeln nicht verkneifen. „Ich sollte Steven mal Hallo sagen, er ist ja schließlich so dicke mit meinem Mann.“ Sie hackte sich bei mir ein und zog mich etwas hinter sich her. „Du begleitest mich doch bestimmt oder? Sonst stehst du wieder ganz allein herum und dann könnten die Damen hinter uns auf dummen Gedanken kommen.“ sie zwinkerte mir zu und begann leise zu lachen. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, zu Massanorie zu gehen, aber ein Nein war wohl nicht drin – also folgte ich ihr, spürte aber den Kloß in meinem Hals als wir näher kamen. „Ich hoffe nicht, dass ihr euch über die Arbeit unterhaltet?“ Sie nickte diesem Steven zu und belächelte ihren Sohn. Ich stand nur dumm daneben und versuchte nicht annähernd so doof zu wirken wie ich mir gerade vorkam. Massanorie sah mich musternd an und bedachte mich dann nur mit einem nicken. Idiot! „Natürlich nicht Andrea. Wir reden nur gerade über diese tolle Veranstaltung. Danke das ich dabei sein durfte.“ Stevens Stimme war dunkel und man hörte deutlich den amerikanischen Akzent beim sprechen, ansonsten schien sein japanisch sehr gut zu sein. Zudem war er schon nicht unansehnlich, einige seiner blonden Haare hingen in den Augen und er strich sich die Haare zurück. Er war etwas gebräunt, was seinen ausländischen Touch nur noch unterstrich. Nachdem er Andrea begrüßt hatte wandte er sich mit einem fragenden Blick an mich. „Und wer ist ihr Begleiter Andrea?“ „Oh das ist Mamoru Chiba, er hat mir heute den Gefallen getan und für mich gemodelt und er ist ein Freund meines Sohnes, nicht wahr?“ Sie stupste Massanorie an. „Mum!?“ „Nicht Mum?!“ Ihr Blick wurde streng. „Steven haben sie nicht Lust mich zu meinem Mann zu begleiten, ich denke sonst langweilt er sich noch zu Tode und das wollen wir doch nicht oder?“ Nach der Vorstellung von Andrea hatte mich Steven gemustert und ein abfälliges Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht wieder. Auf die Aufforderung von Andre reagierte er sofort und bat ihr seinen Arm an. Als er an mir vorbei ging wisperte er nur „Das hier ist nicht deine Liga!“ Dann war er weg und ich blieb wütend zurück und hoffte, dass er wirklich zur Hölle fuhr. „Na, hast du genug von all den Frauen, die dich umgarnen wie die Motten das Licht?“ Sein bissiger Ton ließ mich kurz aufschrecken. Er war anscheinend ebenso eifersüchtig wie ich, nur dass ich das besser verstecken konnte – dachte ich. „Na du scheinst ja auch kein Kind von Traurigkeit zu sein.“ Wir sahen uns an und ich wollte nicht der sein, der zuerst wegsah. Nach einer gefühlten Ewigkeit sahen wir beide gleichzeitig weg. Oh man, so konnte das ja nicht weiter gehen. Wieso? Wieso ich? Nun war die Stimme auch noch Psychologe. Dafür hatte ich doch bis jetzt immer Yosuke gehabt, aber nein, das reichte wohl nicht mehr. Massanorie Lenjier Schweigend stand er da, wie ich das hasste. Warum konnte er nicht einfach was sagen? „Also wenn das alles ist, dann verabschiede ich mich.“ Ich schob mein Glas weg und machte mich zum Aufbruch bereit, als ich plötzlich Mamorus Hand auf meinem Arm spürte. „Wieso bist du eigentlich jetzt sauer auf mich?“ Er verstand es anscheinend wirklich nicht. „Ich? Sauer? Wie bitte kommst du darauf?“ ich setzte mich wieder. „Nur weil du hier mit deiner kleinen Freundin auftauchst und so tust als wärt ihr das Traumpaar schlecht hin und sich dann dutzende Frauen um dich scharen. Nur weil du, als ich dich fragte ob wir zusammen hier hin gehen sollen, mich hast abblitzen lassen und mich gestern nicht mal zurück gerufen hast bin ich doch nicht sauer.“ Genervt und wütend bestellte ich ein weiteres Glas Scotch. Immer das gleiche, genau wegen so einem Scheiß wollte ich nie wieder eine feste Beziehung. Sowas war mir zu anstrengend. „Das mit May ist nichts, sie ist wie eine kleine Schwester für mich und gleichzeitig meine beste Freundin, da ist nichts.“ „Ach bitte. Man sieht doch, dass sie dich am liebsten flach legen würde.“ „Nicht jeder ist so wie du.“ Gab er mir zickig als Antwort. „Plötzlich stört dich das? Vorgestern klang das noch anders.“ „Wenn du nur vögeln willst dann sag es einfach. Dann kannst du ja mit Steven weg gehen, der scheint ja wohl auch deinen Stempel abbekommen zu haben, so wie wahrscheinlich jeder zweite hier. Zudem spiele ich ja sowieso nicht in deiner Liga…“ „Wie meinst du das denn jetzt.“ Wir steigerten uns in das Gespräch rein und einige Blicke waren schon auf uns gerichtet. Aber das war ihm und auch mir egal. „Jedes Mal wenn ich mit dir was unternehme, habe ich das Gefühl dass – ich – dass ich mir wie ein armer Schlucker neben dir vorkomme. Nur einmal würde ich gerne mit dir was unternehmen ohne Minderwertigkeitskomplexe zu bekommen. Nur einmal. Ich meine, ist es zu viel verlangt, wenn der Herr eventuell mal einfach normale Klamotten anhat und nicht aussieht wie ein Yakuza oder ein Millionenerbe oder ein Bestatter?“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ging. Etwas verblüfft blieb ich zurück und sah an mir hinunter? Bestatter? Wieso sah ich denn bitte aus wie ein Bestatter? Ich wusste ja, dass wir darüber letzte Woche schon geredet hatten, aber ich war noch nicht zum einkaufen gekommen. Kopfschüttelnd sah ich ihm nach. Auf was für Gedanken der immer kam, dass war fast schon faszinierend. Wahrscheinlich hätte ich ihm nachlaufen müssen, aber mein Ego verbot mir das. May Godai Als ich wieder zurück kam, stieß ich auf dem Flur mit einer jungen Frau zusammen. Ich war wohl so in Gedanken gewesen, dass ich sie übersehen hatte. „Entschuldigen Sie.“ Ich lächelte höflich und hoffte jetzt nicht allzu ungeschickt zu wirken oder gar wie ein Trampel. Aber als ich dann sah, wenn ich angerempelt hatte blieb mir die Luft weg. Vor mir stand wirklich Michiru Kaio, die Michiru Kaio. Mein Vorbild. Ich hatte nur angefangen Kunst zu studieren, weil ich ihre Bilder großartig fand, weil ich Sie großartig fand. In meinen Augen verkörperte sie eine noch nie dagewesene Eleganz, sie war wie – wie eine richtige Lady. Oh mein Gott und ich hatte sie angerempelt, wie peinlich war das denn?! „Alles in Ordnung.“ Sie lächelte mich an und strich sich durch ihre Haare. Völlig sprachlos stand ich da und obwohl ich mir so viele Sätze im Kopf parat legte, schaffte ich es nur ein „Hi.“ Herauszupressen. Nein, nein, dass hatte ich doch nicht wirklich gerade mit einer piepsigen Stimme gesagt. Oder? Etwas verwundert sah sie mich an, nickte dann und verschwand. Und ich? Ich blieb dumm wie Brot zurück und wollte am liebsten weinen. Das war meine Chance gewesen und ich hatte sie vermasselt. Total in den Sand gesetzt. Ich ließ mich auf einen Stuhl nieder, welcher im Flur stand und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Es war fast unmöglich für mich, die Tränen über diese Peinlichkeit zu unterdrücken. „May alles gut?“ Mamorus Stimme ließ ich aufsehen, besorgt hockte er sich vor mich und nahm meine Hand. „Ich hab es vermasselt.“ „Was denn?“ Er verstand überhaupt nicht was mit mir los war, schluchzend erzählte ich ihm was passiert war. „Das ist eine Katastrophe. Ich meine, ich liebe ihre Bilder – sie ist mein Vorbild – ich hebe sogar die Kataloge von Ausstellungen auf, nur weil ihre Bilder drin abgebildet sind. Aber nun treffe ich sie wirklich einmal in echt und ich schaffe es nur ein dummes Hi heraus zu pressen – sie hält mich jetzt sicherlich für dumm oder so. Mamoru – das ist nicht fair. Ich weiß, ich bin keine große Künstlerin, aber trotzdem…“ „Sag sowas nicht. Du bist eine tolle Künstlerin, ich mag deine Sachen und Yosuke tut das auch. Du bist super begabt und nur weil du gerade aufgeregt warst, wird sie dich nicht für dumm halten.“ Unterbrach mich Mamorus sanft. Er strich mir einige Tränen aus dem Gesicht und lächelte mich aufmunternd an. „Tut mir leid. Ich verderbe dir den Abend!“ flüsterte ich leise. Ich benahm mich wirklich dumm. Mamoru so zu blamieren, nur wegen sowas. „Tröste dich. Mein Abend ist schon verdorben und das ist nicht deine Schuld – Wollen wir noch bleiben oder wollen wir gehen?“ Nun sah ich ihn verwundert an. „Ist was passiert?“ fragte ich besorgt. Aber Mamoru schüttelte nur den Kopf, stand auf und setzte sich auf den noch freien Stuhl neben mich. „Mir liegen solche Veranstaltungen nicht. Zu gezwungen und Spaß ist auch was anderes.“ Ich nickte nur und verstand ihn schon etwas. „Wir könnten ja noch was essen gehen. Ich hab noch gebratenen Reis im Kühlschrank, naja wenn Yuri ihn nicht gefuttert hat.“ Mamoru nickte. „Klingt super. Ich zieh mich um und dann können wir gehen.“ Er drückte mir noch einen Kuss auf die Wange und verschwand dann. Es dauerte keine 15 Minuten und Mamoru kam wieder zurück. Ich sah wie Frau Lenjier ihn abfing und sie sich kurz unterhielten. Sie schien etwas enttäuscht, dass Mamoru schon gehen wollte, nickte dann aber nur und Mamoru kam zu mir. „Alles gut?“ wollte ich wissen. „Hmm? Ja alles ok. Wollen wir los?“ Mamoru drehte sich nur noch einmal flüchtig um, als wir gingen und er wirkte, als würde ihn etwas beschäftigen. Mamoru Chiba Oh man, was für ein Abend... alles fing so gut an, aber dann war das kleine Kartenhaus eingestürzt. Missmutig schaute ich aus dem Fenster der Bahn, welche um vier Uhr morgens recht leer war. May und ich hatten Glück gehabt, da ihre Mitbewohnerin den gebratenen Reis noch nicht gefunden hatte, danach hatte sie mir noch einmal versichert, dass es ihr leid tat, was ich einfach irgendwann hingenommen hatte. Was sollte ich ihr auch sagen Hey May, kein Problem, mein Abend hab ich mir durch meine Eifersucht und Massanories Ego selbst kaputt gemacht? Ja klar, ganz sicher! Aber anderseits, war das schon die Wahrheit. Seufzend sah ich auf die Haltestelle und ich wusste, wenn ich jetzt umstieg wäre ich ihn 10 Minuten bei Massanories Wohnung. Vielleicht war er ja noch wach? < Komm schon, sei ein Mann und entschuldige dich für dieses kindische Verhalten.> Seufzend und mich selbst bemitleidend stand ich auf und machte mich auf in Richtung Massanorie. Ich mochte nicht, dass diese Stimme in meinem Kopf so oft recht hatte, das machte mir mein eigenes Ego kaputt. Völlig Gedanken versunken merkte ich gar nicht wie ich bei Massanories Wohnung ankam. Zögerlich betrat ich den Fahrstuhl und drückte auf den Knopf. Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit – ein böse Vorahnung. Aber ich schob das auf den Abend und auf meine Schuldgefühle, weil ich so stur sein konnte, wenn es nicht nach meinem Willen ging. „Ein- und ausatmen!“ flüsterte ich, als sich die Fahrstuhltüren nach einer gefühlten Ewigkeit öffneten, doch was ich dann sah machte einfach alles kaputt. Steven hatte die Arme um Massanories Hals geschlungen und beide küssten sich. Im nächsten Moment sah Massanorie mich an und ich schüttelte nur den Kopf und versuchte die aufkommenden Tränen herunter schlucken. Ohne ein Wort zu sagen, drückte ich auf den Erdgeschoss Knopf und hoffte, dass sich die Tür schnell schließen würde – oder das Massanorie mir wenigstens nachlaufen würde. Aber es geschah nichts, ich hörte nur wie er etwas sagte, ignorierte es aber und das plötzliche Klingeln meines Handys kommentierte ich nur indem ich Massanorie wegdrückte. Ich spielte wohl wirklich nicht in seiner Liga. Kapitel 17: Step Seventeen... Treason ------------------------------------- Step Seventeen… Treason Um jemanden zu verraten, muß man ihn erst dazu bringen, daß er einem vertraut. Dominik Krenner Mamoru Chiba Es war kurz vor 4 Uhr, ich gönnte mir eine kleine Pause und nippte an einem Kaffee. Noch immer schwirrte mir dieses Bild von Massanorie und Steven im Kopf herum. Seitdem waren nun fünf Tage vergangen und noch immer rief Massanorie drei bis fünfmal am Tag an, er sprach nie auf meine Mailbox oder auf meinen Anrufbeantworter. Er legte immer auf, wenn sich eines von beiden meldete und er stand auch bis jetzt nicht vor meiner Tür. Ich war kein Dummkopf, das dieser Kuss eventuell nicht alles war, was zwischen den beiden vorgefallen war, war mir bewusst und das machte es noch schwerer. Ich hatte ihm vertraut und er hatte das einfach weggeworfen. Ihm war einfach alles egal, ich war ihm egal. Wie konnte ich auch nur so dumm sein und ihm glauben, dass das zwischen uns irgendeine Bedeutung hatte. Im eigentlichen Sinn war ich nur eine Ablenkung gewesen – es war für ihn immer nur ein Spiel gewesen und ich hatte mich darauf eingelassen. Es war eben doch falsch ihm zu vertrauen. Innerlich hatte ich resigniert und ich wollte auch nicht mehr weinen oder mich fragen, ob es an mir lag. Aber in mir war eine leere, die mir fast das Herz zerriss. Nur einmal – nur dieses eine mal dachte ich wirklich jemanden vertrauen zu können. Und nun? Nun war ich wieder allein und alles Fluchen und weinen half nichts. Dieses Scheiß Leben war einfach gemein. Die aufkommenden Tränen schluckte ich hinunter und versuchte meine Gedanken auf etwas anderes zu lenken. Mein Blick glitt durch die Halle des Tsukiji Fischmarktes. Überall liefen Aktionäre herum um den Fisch und die anderen Sachen zu begutachten und zu taxieren. Heute Morgen hatten wir schon einige Tonnen Thunfisch entladen und bereitgelegt, aber diese Arbeit war auf Dauer eigentlich nicht geeignet. Ich war nun schon seit 2 Uhr hier, wobei der Fischmarkt selber täglich mit einigen unregelmäßigen Ausnahmen gegen 3 Uhr Früh öffnete. Die eigentliche Auktion begann meist gegen 5:20 Uhr, wobei hieran nur lizensierte Käufer teilnehmen dürfen, welche meist Zwischenhändler oder von Restaurants direkt beauftragte Personen sind. Auch Inhaber der kleinen Restaurants, welche sich im Äußeren Bereich des Fischmarktes befanden nahmen stets an den Auktionen teil. Die Auktion endet gegen 7:00 Uhr mit dem Abtransport der verkauften Ware. Gegen 13:00 wurde der Fischmarkt zur Reinigung komplett geschlossen und gegen 15 Uhr hatte ich dann endlich Feierabend. Dreimal die Woche ging es dann noch von 18 bis 24 Uhr in den Supermarkt, Ware auspacken und die Kasse bedienen. Diese drei Tage waren anstrengend, besonders, da sie diese Woche fast hintereinander lagen. Ich merkte, wie mir die Augen fast zufielen und bekämpfte die Müdigkeit mit mehr Kaffee. Wenigstens hielt mich dieser Arbeitstakt davon ab, den ganzen Tag an Massanorie zu denken. Denn ich hatte keine Lust mir noch einmal wegen ihm die Augen auszuheulen. Das war einfach zu demütigend gewesen. „Chiba!“ Ich zuckte zusammen und sah mich um. „Komm schon, fürs Pause machen bezahl ich dich nicht!“ Ich nickte und nahm meine Arbeit wieder auf. Hier herrschte ein rauer Ton und ich war froh, dass ich heute nach Feierabend nicht in den Supermarkt musste. Das hieß, ich konnte einfach ins Bett fallen und mich ausschlafen. Das waren mal gute Aussichten, die ersten in dieser Woche. Während ich Kisten mit Fisch und Meeresfrüchten herum trug, schob und wog schaffte ich es nicht mehr an Massanorie zu denken. Vielleicht war es besser so – vielleicht sollte ich mich wieder bei Bunny melden. Müde und mit Rückenschmerzen machte ich mich gegen 15 Uhr auf in Richtung Heimat. Endlich duschen und dann schlafen, das waren gute Aussichten. Wieder begann mein Handy zu vibrieren. Als ich vorhin drauf gesehen hatte, waren 3 Anrufe in Abwesenheit drauf gewesen, alle von einer unbekannten Nummer. Auch wenn ich seine Nummer gelöscht hatte, so kannte ich sie leider auswendig und so sah ich immer, dass er es war. Als ich nun wieder einen Blick auf das Handy warf, war es jedoch nicht seine Nummer die mich anblinkte. „Chiba?“ Hoffentlich bedauerte ich das nicht. schoss es mir durch den Kopf als ich abnahm. Doch ich hatte wohl doch etwas Glück verdient, denn es meldete sich eine Frauenstimme. „Hallo Mamoru. Bitte entschuldige, aber ich war die vorherigen Tage nicht in Tokio.“ „Hallo Michiru.“ Erleichterung machte sich in mir breit. „Ist schon in Ordnung. Warum ich dich angerufen habe…“ Ich erläuterte Michiru mein Anliegen und sie tat mir den Gefallen gerne um den ich sie bat. Wenigstens einem konnte ich diese Woche eine Freude machen. Wenn schon mein Leben scheiße war. May Godai Immer noch verärgert über meine Begegnung mit Michiru Kaio stand ich in meinem kleinen Atelier und hämmerte auf einem Metallstück herum. Ich musste meiner Wut über mich selber irgendwie kompensieren. Also misshandelte ich einfach dieses Stück Metall und schlug immer wieder darauf herum. Eigentlich sollte es ein Rahmen für ein Windspiel werden, aber so langsam war es nur zur Aggressionsbewältigung gut. Seufzend setzte ich mich und ließ meinen Kopf auf die Arbeitsplatte sinken. „Ich bin so dumm, so dumm. Ich bin ein Toaster oder ein Stück Brot oder so… AAHHH!“ Ich raufte mir die Haare und überlegte wie ich dieses Dilemma je überwinden konnte. Gerade als sich mein Selbstmitleid ins unermessliche steigern wollte, klopfte es. Bestimmt war das wieder einer dieser Ersties – Immer dasselbe. Das hier war mein Atelier und ich hatte mich dafür den ganzen Tag eingetragen. Wieso? Wieso hatte diese blöde Uni auch nur eine Handvoll Ateliers für so viele Studenten. Das war alles scheiße. Wenn ich genug Geld fürs Musikauflegen bekommen würde, dann hätte ich mir längst ein eigenes Atelier gemietet, aber so konnte das ja nichts werden. Wie war das, Brotlose Kunst?! Wieder klopfte es. „WAS?“ Schrie ich nur und hoffte, dass ich dem – oder derjenigen nun meinen Hammer an den Kopf werfen konnte. Doch plötzlich sah mich ein freundlich lächelndes Gesicht an. „Mamoru?!“ seufzend drehte ich mich auf dem Hocker um und winkte ihn zu mir. „Was machst du denn hier?“ „Wenn du beschäftigt bist, dann geh ich wieder!“ kam es nur von ihm. Irrte ich mich oder sah er blass aus. Irgendwie mitgenommen. „Beschäftigt?“ Ich seufzte. „Na irgendwie sollte ich das sein, aber ich hab gerade so einen kleinen Hänger.“ Es stimmte, ich hätte theoretisch genug Arbeit gehabt, aber wie sich darauf konzentrieren wenn einem immer wieder die eigene Dummheit durch den Kopf schoss. Das war für die Inspiration tödlich. Und ich musste in einer Woche mein Projekt abgeben. „Hast du Feierabend?“ Ich stand auf und wollte Mamoru umarmen. Doch dieser schob mich nur sanft zurück. „Ich an deiner Stelle würde das lassen, ich komme geradewegs von der Arbeit und – naja – ich muffle nach Fisch.“ Ich schnupperte und verzog gespielt die Nase. „Stimmt. Dein neues Deo lässt vom Geruch zu wünschen übrig!“ neckte ich ihn. „JA sehr lustig. Aber du siehst aus, als wärst du gerade in einem Farbeimer gefallen.“ Ich sah an mir herunter. Mein weißes Spaghettitop war mit Farbklecksen versehen und meine schwarze Baggyhose sah auch nicht besser aus. „Du hast den rostigen Schimmer vergessen der mich umgibt, vom Metallschleifen. Das lässt meine Augen immer so strahlen.“ Ich streckt ihm die Zunge heraus und umarmte ihn nun doch schnell. Mamoru hatte mir am Freitagabend noch erzählt, wo er nun arbeitete und ich fragte mich wie er das schaffte. Ich wäre nach der ersten Doppelschicht umgefallen. Aber er war es wohl einfach gewöhnt. Auch wenn ich nicht verstand warum er den Job bei dem Griesgram für soviel Arbeit und einem weitaus schlechteren Gehalt hingeworfen hatte. Aber egal – ich war froh Mamoru zu sehen. „Ich hab heute Nachmittag frei, im Supermarkt muss ich erst morgen wieder arbeiten und ich dachte mir ich sag mal Hallo. Immer noch deprimiert?“ „Wie kommst du denn da rauf?“ fragte ich unschuldig und seufzte. „Na ja, der Hammer und das misshandelte Metallstück weisen darauf hin, aber auch dein verzweifelter Aufschrei, denn man durch die ganze Uni gehört hat.“ Er setzte ein Grinsen auf und strich mir über die Haare, wobei ersteres sehr gekünstelt wirkte. „Ja ich weiß, dumm oder? Ich ärger mich immer noch über mich selbst. Wie kann man denn so dumm sein?“ „Was sollte das denn werden?“ er hob mein gepeinigtes Kunstwerk hoch. „Ein Windspiel. Ich hab schon einige Elemente. Willst du es sehen?“ Er nickte und legte das Stück wieder zurück. „Malst du zurzeit nicht mehr?“ „Nein. Gerade befasse ich mich mehr mit dem Thema Müll und Kunst. Ich streife immer auf der Müllhalde herum und suche Sachen die ich noch verwenden kann. Wie das hier.“ Ich hob ein Glaswindspiel hoch. „Ich hab das Glas aus einem Buntglasfenster heraus geschnitten, was auf der Müllhalde lag und dann in kleine Metallrahmen gesetzt, welche ich in Form gebracht habe. Wie findest du es?“ Er sah sich mein Kunstwerk an und lächelte. „Die Scherben sehen ja aus wie kleine Schmetterlinge und Blüten!“ „Ja!“ gab ich begeistert als Antwort. „Ich hab sie mit einer Schablone und einem Glasschneider zu Recht geschnitten. Das gab ganz schöne Kratzer an den Händen. Und das Metall zu biegen war auch etwas schwieriger als ich dachte, aber ich hab es erhitzt mit einem Bunsenbrenner, dann ging es. Aber meine Hände brauchen jetzt mal wieder ein Verwöhnprogramm.“ Ich hielt das Windspiel ans Fenster und das einfallende Licht zeichnete ein Farbspiel an die Wand welches lustig zu tanzen begann. „Trägst du dabei keine Handschuhe?“ wollte er wissen. „Doch, aber beim einsetzen vom Glas nicht, da braucht es etwas Fingerspitzengefühl und das hab ich mit Handschuhen nicht.“ Er besah sich das Windspiel. „Das ist wirklich schön.“ Mamoru schien es wirklich zu gefallen – aber er wirkte auch etwas nachdenklich. „Ist was? Du wirkst auch als würde dich was beschäftigen, oder als wärst du niedergeschlagen. Du weißt doch, dass ich das erkenne, auch wenn du so tust als wäre alles gut.“ Schweigend sah er mich an und strich sich durch die Augen. „Mamoru?“ besorgt legte ich meine Hand auf seinen Arm. „Entschuldige. Alles gut. Ich bin nur Müde, ich bin es nicht mehr gewohnt so früh aufzustehen.“ „Lügner.“ Wisperte ich nur. „Hat es was mit Massanorie zu tun?“ Kaum hatte ich den Namen ausgesprochen, da blockte Mamoru auch schon. Er entzog sich meiner Berührung und atmete tief ein. „Mamoru?“ besorgt sah ich ihn an. „May hör auf. Ich will nicht mehr von ihm reden ok?“ Mamoru klang wütend und enttäuscht zugleich. Damit die Stimmung nicht weiter kippte, wollte ich das Thema wechseln, aber mir fiel nichts ein um diese Situation wieder aufzufangen. Schließlich war es Mamoru der die Stille beendete. „Ich dachte, du, Yosuke und ich könnten am Wochenende irgendwas zusammen unternehmen. Am Freitag muss ich nur kellnern, aber am Samstag hab ich komplett frei.“ Mit einem nicken und einem leichten Lächeln sah ich Mamoru an. „Klingt gut. Was willst du denn machen?“ Er zuckte mit den Achseln und betrachtete weiterhin das Windspiel. „Keine Ahnung, überlass ich euch.“ Nachdenklich setzte er sich hin und betrachtete die Sonnenreflexionen an der Wand. „Kann ich dich was fragen?“ Verblüfft über diese Frage rückte ich mir meinen Hocker heran und nickte. „Denkst du, Bunny ist eine schlechte Wahl – als Freundin?“ Wow. Also mit so einer Frage hätte ich nicht gerechnet, besonders da ich dachte, dass sich die Bunny Sache schon erledig hatte. Aber anscheinend nicht. Was sollte ich denn bitte darauf antworten? „Wieso fragst du?“ kam es zögerlich von mir. Ich belächelte meine eigene Frage und kramte nun nervös in meiner Hosentasche nach einem Haargummi. „Nur so -“ Das klingeln seines Handys ließ ihn aufsehen, aber nach einem kurzen Blick aufs Display, drückte er den Anrufer weg. „Wer war das?“ Wollte ich wissen, während meine suche nach einem Haargummi endlich von Erfolg gekrönt war. Schnell hatte ich mir einen Zopf gebunden. „Niemand!“ kam es leicht gereizt von ihm. „Hör zu, ich will mich nicht einmischen, aber wenn du Streit mit Massanorie hast, dann ist das ok. Und wir können darüber reden – ich meine er scheint dich ja zu mögen…“ Das war falsch, es war absolut falsch diesen Satz überhaupt laut ausgesprochen zu haben. Denn plötzlich stand Mamoru auf. „Also erstens hast du recht, misch dich da nicht ein. Und zweitens; Massanorie Lenjier mag nur sich selber. Ihm sind andere egal, er denkt nämlich dass jeder Mensch nur für ihn da ist und dass er mit den Menschen machen kann was er will.“ Ich konnte die Tränen in seinen Augen sehen, wusste aber nicht ob ich nun weiter fragen sollte oder nicht. „Tut mir leid.“ Mamoru wischte sich durch die Augen und sah auf die Uhr, als es plötzlich klopfte. „Ich will mich nicht streiten. Lass es einfach sein, ok?“ Mit diesen Worten drehte er sich um und öffnete die Tür. Ohne ein Wort zu sagen, sah ich ihm nach. Ich wusste nicht was los war, aber dass es ihm nicht gut ging und dass das was mit Massanorie zu tun hatte war klar. „Hey.“ Ich sah zu Tür konnte aber nicht erkennen, mit wem sich Mamoru unterhielt. Doch dann sah ich sie und mir fiel alles aus dem Gesicht. „Michiru, darf ich dir May vorstellen.“ „OMG!“ entfuhr es mir nur. Ja das war besser als Hi. Definitiv! „Ich meine – ich fühle mich – wow!“ Michiru Kaio stand wirklich vor mir und ich klang wie ein degenerierter Pudel. Klasse! Sie trug eine dunkelrote Bluse, einen schwarzen Rock und hatte ihre Haare elegant zurück gesteckt, so das nur einzelne Strähnen ihr ins Gesicht fielen. „Es freut mich sehr May.“ Ihre Stimme klang toll, sie war toll. Mamoru merkte wohl, dass mein Gehirn aussetzte, denn er kam zu mir, drückte mir einen Kuss auf die Wange und kniff mich in die Seite. „Nun atme mal wieder.“ Flüsterte er mir derweil ins Ohr. Ich tat wie mir gesagt und atmete einmal tief ein und aus. „Es freut mich sehr. Kaio-san sie sind mein großes Vorbild. Ich kenne all ihre Bilder und habe sogar einige Kunstdrucke von ihnen erworben.“ Gut ich hätte in dem Satz eventuell Luft holen müssen, aber es war ein halbwegs schlauer Satz, also ok. Mein Vorbild lächelte und sah sich um. „Du kannst ruhig Michiru sagen. Wir haben uns auf der Benefiz Veranstaltung gesehen, nicht wahr? Mamoru sagte mir, du wärst auch Künstlerin und er hat gesagt eine sehr begabte.“ Verlegen und dankbar sah ich zu Mamoru. „Ich denke, man selbst schätzt seine Kunst anders ein als andere.“ Sie sah sich um und blieb vor einigen meiner Bilder stehen. Plötzlich wurde mir erst bewusst, dass Mamoru das hier eingefädelt hatte. Fragend sah ich ihn an. „Woher kennst ihr euch?“ Denn es wirkte nicht so, als wenn die beiden sich fremd wären. „Michiru ist eine Freundin von Bunny.“ Kam es nur knapp von Mamoru, welcher sich seinen Schal wieder fester umschlang. „Ich lasse euch nun allein. Von Kunst verstehe ich sowieso nicht soviel.“ Er lächelte Michiru zu, welche zurück lächelte und nickte. „Mamoru?“ ich sah, dass es ihm trotzdem nicht gut ging, und auch wenn ich hierfür mehr als nur dankbar war, so überwog doch die Sorge um ihn. „Ich melde mich wegen dem Wochenende!“ er drückte mich und ließ keine weitere Frage von mir zu. Bunny Tsukino „Hast du ihm den Brief nun endlich gegeben?“ Ich schüttelte den Kopf und sah Ray an, welche nur seufzte und sich wieder ihrem Getränk widmete. Nach der Schule hatte wir uns hier im Cafe getroffen und natürlich waren Mamoru und ich das Gesprächsthema Nummer eins zurzeit. „Aber ich denke auch, dass das nicht mehr nötig ist!“ entgegnete ich schließlich und lächelte etwas. „Wieso?“ kam es von Ray, Makoto, Amy und Minako gleichzeitig. „Weil Mamoru mir vorhin eine Nachricht geschickt hat und sich am Wochenende mit mir treffen will um die ganze Sache zu besprechen. Und nach einigem hin und her Geschreibe bin ich sehr zuversichtlich, das sich alles wieder einrenken wird. Ich glaube, er ist nicht mehr wütend auf mich und das wir von vorne anfangen können.“ Sichtlich erleichtert sahen mich die Mädchen an, obwohl ich der Meinung war, dass Minako etwas verunsichert drein sah. Ich war in letzter Zeit schon etwas verunsichert gewesen, was diese Sache mit Mamoru anging. Aber anscheinend hatte sich alles wieder normalisiert und nach dem Wochenende würde alles wieder so sein wie es sein sollte. Die letzten Jahre waren anstrengend gewesen und hatten uns körperlich aber besonders emotional viel abverlangt. Die ganzen Kämpfe, all das Leid und die Zerstörung – aber auch die vielen neuen Freundschaften und das Vertrauen, dass die Zukunft die uns bevorstand wundervoll und friedlich werden würde. Für diese Zukunft wollte ich alles tun, ich liebte Chibiusa und gerade in letzter Zeit spürte ich immer mehr, wie ich mich nach dieser Zukunft sehnte – auch wenn ich für Seiya Gefühle hegte, so waren diese nicht die selben wie für Mamoru. „Hast du dir schon einmal Gedanken gemacht was ist – ich meine, was ist wenn du nicht Königin wirst!“ Etwas erschrocken sah ich zu Minako, welche an ihrem Tee nippte und in die Runde schaute. „Wie meist du das? Ich meine, wir wissen doch, dass das passieren wird.“ Konterte Makoto nur. Und auch ich nickte dazu nur. Schließlich war Chibiusa der lebende Beweis wie es kommen würde. „Ja aber – was ist wenn es anders kommt.“ Minako sah mich an und ihre Stimme hatte einen ernsten Unterton angenommen. „Ich überlege einfach was dann sein wird.“ „Spielst du damit auf Yosuke an?“ Ray sah sie etwas zerknirscht an. „Nein. Ich spiele darauf an, was dann aus uns wird. Ich habe mir einfach überlegt, dass es vielleicht nicht sinnvoll ist, dass wir unser Leben auf diese Zukunft ausrichten und dabei die Gegenwart vergessen oder auch was wir wollen. Als wir anfingen mit dem kämpfen, da dachte ich auch, dass es nichts Größeres gibt als das was wir einmal waren, aber nun – nun denke ich einfach, dass ich vielleicht mit dem was ich jetzt haben kann sehr zufrieden bin.“ Völlig fassungslos sahen wir uns an. „Was soll das heißen?“ kam es dann endlich von Ami. „Das soll heißen, dass ich darüber nachdenke für eine Weile nach England zu gehen. Eigentlich nächstes Jahr im Sommer zusammen mit Yosuke. Er will dort ein Auslandssemester machen und hat mich gefragt ob ich nicht mitkommen will. Ich würde dann das Austauschprogramm der Schule in Anspruch nehmen - “ Weiter kam sie nicht. „Wie denkst du dir das bitte? Was ist wenn uns wieder Dämonen angreifen?“ Ray war völlig empört und auch Makoto sah sie nur Kopfschüttelnd an. „Minako, ich denke, du solltest das noch einmal überdenken. Ich meine als Mamoru ins Ausland ging, da bin ich ja auch nicht mitgegangen.“ „Ja ich weiß. Und was ist dann passiert? Wir entsinnen uns alle. Außerdem hat er dich, glaub ich, auch nie gefragt.“ War ihre bissige Antwort darauf. „Ich denke einfach, dass Mamoru in einigen seiner Überlegungen was die Eigenverantwortlichkeit unseres Lebens betrifft nicht unrecht hat. Zudem will ich sehr gerne etwas für meine berufliche Zukunft tun und ich glaube in England kann ich einiges dafür lernen.“ Schweigend sahen wir uns an. Wie konnte Minako nur sowas sagen. So als wäre das was wir einmal waren nichts wert. So als wäre unsere Zukunft in Crystal Tokio nichts wert. „Diese Zukunft ist wichtig für die ganze Menschheit!“ kam es plötzlich von Luna. „Nein, denn die Menschheit weiß nichts von dieser Zukunft. Am Ende gestalten wir unsere eigene Zukunft.“ Mit diesen Worten stand sie auf und ging. „Sie kann doch nicht einfach so gehen?!“ Doch Ray packte mich sanft am Arm und schüttelte den Kopf. „Wahrscheinlich ist das wieder eine ihrer Marotten, das geht vorbei. Und das mit diesem Yosuke hält sowieso nicht so lange. Sie schafft es doch nie eine Beziehung mit einem Mann so durchzuziehen, dafür ist sie zu wankelmütig.“ „Meinst du?“ Ich war doch etwas verunsichert. Doch auch die anderen nickten nur. „Lass uns am besten noch etwas bestellen.“ Ich stimmte Ami zu und wir bestellten uns noch etwas zu trinken, bevor wir uns aufmachten um zu lernen. „Findest du mich fett?“ Luna saß vor meinem Spiegel, während wir lernten und sah sich von allen Seiten an. „Nein natürlich nicht.“ Kam es prompt von Artemis, bevor auch nur eine von uns etwas Falsches sagen konnte. Das was dieser Freund von Mamoru zu Luna gesagt hatte, nahm sie etwas mit. Ray sah auf und runzelte die Stirn „Ich würde nicht soviel darauf geben was so einer sagt. Ich meine, so einen unsympathischen Typen habe ich noch nie kennen gelernt!“ Ich nickte nur. „Ich frage mich vorher die beiden sich kennen?“ „Hmm?“ Ami sah auf. „Ich habe irgendwie gerade das Gefühl eines Déjà-vu. Diese Situation hatten wir doch schon einmal.“ „Ja stimmt. Mit Fiore. Ich erinnere mich.“ Nachdenklich überlegte ich vorher Mamoru diesen Mann kannte, denn er schien ihn gut zu kennen und sein Verhalten war wirklich sehr seltsam gewesen an diesem Tag. So kannte ich ihn gar nicht. Ich nahm mir vor, ihn am Wochenende darauf anzusprechen. Massanorie Lenjier „Es ist der neueste Schrei unter Hedgefonds- und Bankmanagern: Sie planen, tausende Mieteinnahmen zu neuen, hochkomplexen Finanzpapieren zu bündeln. Die Wall Street scheint ein neues Produkt auf den Finanzmarkt werfen zu wollen: Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" führen mit Blackstone und der Deutschen Bank zwei große Akteure Gespräche darüber, die weltweit erste Anleihe auf der Basis künftiger Mieteinnahmen zu kreieren und zu verkaufen… Hörst du mir überhaupt zu?!“ Ich sah auf und begutachtete mein Gegenüber. Steven hatte einige Finanzberichte vor sich und wir wollten eigentlich über eine neue Anleger-Möglichkeit reden, jedoch hatte ich gerade kein Ohr für sein Gerede. „Nein!“ kommentierte ich die Frage nur kurz und sachlich. „Dürfte ich erfahren wo du gerade mit deinen Gedanken bist? Ich denke nämlich, dass der Ausbau des Firmenkapitals keine unerhebliche Sache darstellt.“ „Das Firmenkapital interessiert mich gerade nicht.“ Kam es eisig von mir, während ich erneut nach meinem Handy griff, so wie schon viermal vorher an diesem Tag. Er hatte nicht zurück gerufen und er ging auch nicht dran. Erneut drückte ich die Wiederwahltaste und wartete. „Komm schon.“ Wisperte ich mehr zu mir selbst, aber nach nur zweimal läuten wurde ich wieder weggedrückt. Es hatte anscheinend keinen Sinn. So erreichte ich ihn nicht. An diesem Abend war echt alles schief gelaufen, was schief gehen konnte. Und das schlimmste war, dass ich ihm nicht nachgelaufen war. Aber was hätte ich ihm sagen sollen? Sorry, dass er mich geküsst hat? Sorry, dass das nicht alles war? Oh Gott, ich brauchte ein Wunder. Aber vielleicht musste er sich auch nur etwas abreagieren? Ich war mir nicht ganz sicher, was er nun von mir verlangte. „Du schaffst es allein den Börsenbericht zu bearbeiten und für morgen Abend ein Konzept vorzulegen, nicht wahr!“ Aussage, keine Frage. Damit stand ich auf, griff nach einer Tasche, welche in der Ecke stand und verließ mein Büro. Im Flur kam mir meine neue dusselige Sekretärin entgegen. „Herr Lenjier, eine Frage…“ „Nein. Sie dumme Sumpfkuh schaffen es nicht mal einen Kopiere zu bedienen. Selbst ihr Vorgänger war dazu in der Lage und der war nur ein Student. Dann werden sie als ausgebildete Bürokraft das wohl auch schaffen!“ giftete ich sie im vorbei gehen an. Sollte die Ziege doch losheulen, ich hatte dafür keine Zeit, wirklich nicht. Ich hatte andere Sorgen und Probleme. Nämlich einen Freund der sauer auf mich war. Ich verschwand auf die Toilette und kramte in der Tasche herum. Was ich nicht alles bereit war zu tun, nur um den lieben Friedenswillen. Seit Freitagabend, seit diesem Vorfall, war ich gereizt und wütend. Also hatte ich mir gestern in der Stadt eine Jeans und einen Pullover gekauft, genauso wie von ihm gewünscht. Vielleicht würde ihn das ja gnädig stimmen. Trotzdem machte sich in mir ein flaues Gefühl breit, als ich endlich bei ihm ankam und zu seiner Wohnung hoch fuhr. Innerlich wusste ich was das Problem war, aber eingestehen wollte ich es mir nicht. Dies hier war nur ein Missverständnis und Mamoru würde schon einknicken, wenn ich nur lieb genug darum bat – dachte ich. Die innere Stimme, welche mich seit dem Abend beharrlich auf meine Schandtat hinwies und mir in einer Dauerschleife erzählte was für ein Schwein ich war, ignorierte ich einfach. Ich klingelte an seiner Tür, aber es machte keiner auf. Etwa er war da und wollte nicht öffnen oder er war noch arbeiten. Ich musste zugeben, dass ich seine Arbeitszeiten nicht wirklich kannte – wo er arbeitete ja, wann nein. Gute Voraussetzung um spontan hier aufzutauchen. Das erneute öffnen des Fahrstuhls ließ mich aufhorchen und tatsächlich stand mir Mamoru plötzlich gegenüber. Er wirkte blass, hatte Ringe unter den Augen und wirkte auch an sich etwas mitgenommen. Lächelnd sah ich ihn an, aber im nächsten Moment konnte ich nicht leugnen, dass meine innere Stimme recht hatte. Ich hatte mir etwas vorgemacht. Er war nicht mehr mein Freund, er würde mir nicht einfach so um den Hals fallen. Sein Blick durchbohrte mich regelrecht und ohne ein Wort ging er an mir vorbei und kramte nach seinem Schlüssel. „Mamoru hör zu, es ist nicht so wie es aussah!“ „…“ „Ich meine, das war alles ein Missverständnis. Du weißt doch wie das ist, man trinkt etwas über den Durst…“ In diesem Moment öffnete sich seine Wohnungstür. „Hast du mit ihm geschlafen?“ Seine Stimme klang dünn und gepresst. Nun war ich es der schwieg. Ich wollte das hier nicht, aber ich verstand immer mehr, dass ich alles kaputt gemacht hatte. Dass Mamoru nicht nur wegen der Arbeit so blass und müde aussah. Ich war ebenso ein Grund. „Nein…“ kam es wispernd von mir. „LÜG MICH NICHT AN!“ er drehte sich zu mir um und schlug mir auf die Brust. „WAGE ES NICHT MICH ANZULÜGEN!“ Erschüttert stand ich da und dann blieb mir nichts anderes übrig – ich nickte. Und die Ohrfeige die ich daraufhin bekam, ließ mich erschrocken feststellen, dass ich zu weit gegangen war. „Ich bin doch nur eine Nummer.“ Er sah mich an und begann zu weinen. „ICH HAB DIR VERTRAUT. MEHR ALS JEMALS JEMANDEM ZUVOR! UND DU BELÜGST UND VERRÄTST MICH!“ Er schrie mich an und schlug immer wieder auf meinen Brustkorb. Ich ließ es zu und stand nur da. Was sollte ich auch tun. Er hatte ja recht. Ich war hier der Feind – ich ganz allein hatte alles weggeworfen was wir in harter Arbeit erreicht hatten und für was? Für ein paar Minuten schnellen Sex. „Wie wäre es, wenn wir reden und dann kauf ich dir was Nettes. Du kannst dir aussuchen was du willst!“ Im Nachhinein, war das mal selten dämlich. Mamoru sah mich fassungslos an und wurde nur noch wütender. „Veraschst du mich?“ fragte er mich mit einem wütenden Blick. Ein Kopfschütteln meinerseits. „DU DENKST WIRKLICH, DASS SICH DAS HIER MIT GELD LÖSEN LÄSST? SEH ICH AUS WIE EINER DEINER STRICHER?“ „Nein, so meinte ich das nicht.“ Ich kam in Erklärungsnot. „Mamoru…“ Ich wollte ihn umarmen, irgendetwas machen. Aber er wich meiner Berührung aus und atmete tief ein und aus. „Fass mich nicht an! Und verschwinde einfach.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand in seiner Wohnung. Es dauerte einige Minuten bis ich mich wieder gefangen hatte. Meine linke Wange schmerzte und ich konnte spüren wie sie langsam anschwoll. Erneut klingelte ich, aber es kam nichts zurück. Nach einigen Minuten ging ich in zaghaftes Klopfen über, aber auch hierauf folgte nichts als Stille. Nach einer halben Stunde, die ich vor seiner Tür ausgeharrt hatte, machte ich wieder auf den Weg zu meinem Wagen. Eine Weile saß ich nur dort und starrte auf die Straße vor mir. „Scheiße! Scheiße! Scheiße! SCHEIßE!“ Ich schlug mit aller Kraft auf das Lenkrad, immer und immer wieder. Gott, was war ich doch für ein erbärmlicher Kerl. Die ganzen letzten Tage hatte ich mir eingeredet, dass alles wieder gut werden würde. Dass er nur etwas sauer war. Den Gedanken, dass er mich hasste, dass ich alles kaputt gemacht hatte, diesen Gedanken hatte ich beiseite geschoben – denn dies bedeutete, dass ich ihn verlor. Ich hatte ihn verloren wegen meinem dummen Stolz, weil ich nicht Nein gesagt hatte als ich es hätte tun sollen. Was nun? Aufgeben? Ich wusste es nicht. Verzweifelt lehnte ich meine Stirn gegen das Lenkrad und musste nun selbst meine Tränen hinunter schlucken. Und ich musste mir eingestehen, dass ich mehr als nur ein beiläufiges Gefühl für ihn hatte. Andrea Lenjier „Seijiro?“ Ich klopfte an seine Bürotür und schaute zaghaft hinein. Mein Göttergatte saß hinter seinem Schreibtisch und nahm sofort die Brille ab, als ich herein kam. Wie süß er war, er hasste es wenn man ihn mit Brille sah, dabei fand ich schon, dass sie ihm stand. Aber Männer waren da sehr eitel – jedenfalls meine Männer. „Was gibt es?“ Er lächelte und lehnte sich zurück. „Du bist ja sichtlich gut gelaunt.“ Gab ich treffend zurück und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, welchen er nur mit einem Lächeln kommentierte. In letztere Zeit hatte mein Mann ausgesprochen gute Laune an den Tag gelegt und er war auch öfter zu Hause, wenn auch in seinem Arbeitszimmer. Aber ich nahm die Mühe schon wahr, mehr Zeit mit mir zu verbringen. „Was machst du gerade?“ „Einen Urlaub buchen!“ völlig überrascht sah ich auf die Internetseite der Fluggesellschaft. „Und wohin? Und wann wolltest du mir das sagen?“ Fragte ich gespielt erbost. „Ich dachte, du würdest eventuell gerne mal wieder deine Schwester sehen. Also dachte ich, wir fliegen über Neujahr nach Deutschland.“ Überwältigt von dieser lieben Geste fiel ich ihm um den Hals. „Wirklich? Du bist ein Schatz.“ Ich lehnte mich nach vorne und küsste ihn zärtlich auf die Lippen, was er gerne erwiderte. „Ich dachte, ich muss mir etwas Mühe geben, da ich ja sehr in deine Ungnade gefallen bin.“ Mir war sehr gut bewusst auf was er anspielte, deswegen war es noch schöner. Auch wenn er manchmal sehr eisig wirkte, so nahm er meine Kritik immer ernst und versuchte auch sich zu bessern. Und er war wirklich ein Romantiker – wenn er denn wollte. Das kam zwar nur sehr selten vor, aber deswegen war es ja etwas Besonderes! „Und was ist nun der Grund, warum du zu mir gekommen bist?“ „Oh richtig. Ich wollte fragen ob du damit einverstanden bist, wenn ich ein Gemüsecurry mache, mit Reis und so.“ „Klingt gut. Aber lohnt sich der Aufwand für zwei Leute?“ „Also wirklich. Soll ich etwa einfach eine Suppe machen? Ich denke nicht. Außerdem habe ich das Rezept gestern in einer Zeitschrift gefunden. Lass mir doch meinen Spaß!“ Ich strich ihm durch die Haare und gab ihm noch einmal einen Kuss. „Ich ruf dich wenn es fertig ist.“ „Gut, mach das!“ Wieder in der Küche band ich mir eine Schürze um und kramte das Rezept heraus, welche ich gestern zufällig gefunden hatte. „Fanatisches Gemüsecurry, lockerer Basmatireis dazu ein Möhrensalat, Papadamas und indisches Fladenbrot. Na wenn das nicht gut klingt.“ Mit Elan machte ich mich daran Schüsseln und Kochtöpfe heraus zu suchen, als ich plötzlich hörte wie die Haustür aufgeschlossen wurde. Meine Tochter konnte es nicht sein, da Katrin noch immer krank im Bett lag, blieb nur noch mein Sohn, welcher jedoch einen Schlüssel besaß diesen aber nur selten nutze. „Mama?“ Ich horchte auf. „Küche.“ Er nannte mich nie Mama immer nur Mum, es sei denn etwas war nicht in Ordnung. Meistens wenn er etwas ausgefressen hatte. Ohne mich umzudrehen, hörte ich ihn herein kommen. Er drückte mir einen Kuss auf die Wange und lehnte sich an die Anrichte hinter mir. Ich wusste sehr genau, dass ich, wenn ich fragen würde, keine Antwort bekam, also hieß es abwarten. Eine Zeitlang kam nichts. „Erinnerst du dich noch an René?“ „War das nicht dieser dämliche Junge, der dich damals so verkaspert hat, der nach Finn? Um es einmal human auszudrücken?“ „Ja, genau der. Weißt du auch noch wie er mich „verkaspert“ hat?“ Seine Stimme klang irgendwie angeschlagen. Nachdenklich versuchte ich mich zu erinnern. Ja da war es wieder. „Oh ja, du hast gedacht ihr hättet eine Beziehung und dann hat er doch mit diesem anderen jungen Mann geschlafen. Dieser René war einfach nur schlimm, ich meine, was muss in einem Menschen vorgehen, wenn man jemanden so behandelt.“ „Großartig!“ „Bitte?“ ich drehte mich um und sah Massanorie nun an und ließ erschrocken das Messer fallen. „Oh mein Gott. Was hast du gemacht?“ Ich ging zu ihm rüber und legte meine Hand auf seine Wange, welche rot und leicht geschwollen war. „Ich hol dir einen Eisbeutel!“ Doch Massanorie hielt meine Hand fest und schüttelte den Kopf. „Schon gut. Lass es. Ich bin jetzt René!“ wisperte er nur, während er zum Küchentisch ging, sich einen Stuhl ran rückte und sich setzte. „Was?“ Ich verstand gerade nicht worauf er hinaus wollte. Ohne es mir zu erklären sah er mich an und auch wenn es etwas dauerte aber so langsam fiel der Groschen auch bei mir. „Massanorie – mit wem?“ In diesem Moment kam mein Mann in die Küche. „Ist das gerade Massanorie gewesen?“ Er sah unseren Sohn und knallte ihm das Telefon auf den Tisch. „Steven hat gerade angerufen und sich über dein mangelndes Engagement beschwert. Wie kommst du darauf einfach so aus der Firma zu verschwinden und andere mit deinen Aufgaben zurück zu lassen.“ Ich blickte Massanorie an und sah seinen Blick, welchen er mir zuwarf als mein Mann Stevens Namen nannte. „Seijiro?“ Ich berührte meinen Mann am Arm, welcher sich zu mir umdrehte. „Alles in Ordnung?“ Er sah wohl mein etwas blasses Gesicht und schaltete sofort auf fürsorglichen Ehemann um. „Ja alles gut. Aber würdest du mich mit Massanorie allein lassen, bitte?“ Ich sah ihn bittend an und obwohl ich sah, dass er noch nicht fertig war, sah er auch, dass etwas nicht stimmte. Sein Blick lag auf Massanorie, welcher sein Gesicht in seine Hände gelegt hatte und meinen Mann einfach ignorierte. „Gut, aber dass ist noch nicht geklärt.“ Ich nickte nur und war dankbar, dass er wieder ging. „Du hast mit Steven geschlafen?“ Langsam setzte ich mich und nahm seine Hand. „Ist das alles?“ Da war noch mehr, dass wusste ich. „Mamoru – er weiß es. Er hat gesehen – wie ich – wie Steven mich geküsst hat und dann war ich heute da und dachte das wird schon, aber dann ist alles einfach über mir zusammen gestürzt. Ich habs dann zugeben und Mamoru – so hab ich ihn noch nie erlebt.“ „Hast du von ihm dieses Andenken?“ Mein Sohn nickte und strich sich über die Wange. „Eigentlich hätte er noch fester zuschlagen müssen!“ „Wieso hast du das getan? Wieso schläfst du denn mit Steven? Ich dachte, das mit Mamoru und dir ist etwas Festes?“ „Ich hab etwas zu viel getrunken, war eifersüchtig, wollte Spaß und dann hab ich halt nicht mehr nachgedacht. Keine Ahnung. Ich weiß es im Nachhinein nicht mehr.“ „Du weißt ich liebe dich, aber ehrlich, das war ja mal das dämlichste was du je gemacht hast!“ Mahnend sah ich ihn an, stand auf und ging zurück zur Arbeitsplatte wo mein kleiner Kürbis lag, den ich noch schneiden musste. Eine Weile lang kam nichts von ihm und ich wusste nicht was ich sagen sollte. „Was mach ich denn nun?“ Er stand nun neben mir und sah mir zu. Seufzend sah ich ihn an. „Massanorie? Sag mir, wie hast du dich damals denn gefühlt?“ Er überlegte und wurde plötzlich sehr nachdenklich. „Ich war wütend, aber eigentlich mehr verletzt. Ich hatte ihm vertraut und er hat mich gedemütigt damit…“ Seine Stimme wurde leiser, er dann stand da und sah nur aus dem Fenster. „Ich hab Scheiße gebaut.“ Ich nickte nur und strich ihm über den Arm. Erst jetzt fiel mir auf, das mein Sohn einen wollweißen Pullover trug und eine Jeans. Etwas überrascht sah ich ihn an. Er bemerkte meinen Blick und lächelte. „Mamoru hat gesagt, dass er sich nicht mehr mit mir in der Öffentlichkeit sehen lassen kann, wenn ich immer aussehe wie ein Bestatter… Das war bevor…“ Er seufzte und biss sich auf die Lippe. „Was mach ich denn nun?“ Wieder sah er mich fragend an. Doch ich schüttelte nur den Kopf. „Weißt du, ich glaube du musst ihm Zeit lassen. So wie du muss er auch mit jemanden darüber reden…“ „Mit wem denn?“ unterbrach er mich. „Das ist ja das Problem, seine Freunde wussten doch nicht, dass wir etwas hatten. Er hat mit mir geredet. Und nun bin ich das Arschloch und was bleibt ist, dass er ganz allein damit ist. Ich bin wie seine Ex. Ganz toll!“ Ratlos sah ich ihn an. Was sollte ich meinem Sohn denn jetzt sagen. Ich hatte ihn schon lange nicht mehr so gesehen, so ratlos und verloren. „Ich würde sogar zu meinem Erzeuger gehen, wenn er einen Ratschlag hätte der mich weiter bringt. Also wenn du mir sagst, ich soll zu ihm gehen, dann geh ich auch zu dem rüber!“ Er meinte es wirklich ernst, wenn er schon Hilfe von seinem Vater annehmen würde. „Beruhige dich erst einmal. Es hilft jetzt keinem wenn du dich verrückt machst und ganz sicher hilft es Mamoru nicht. Ich meine, du verlangst nun eine Sofort-Hilfe. Aber die gibt es nicht. Hast du dich eigentlich bei ihm entschuldigt?“ Natürlich ging ich davon aus, aber besser einmal nachfragen. „Nicht so richtig!“ kam es nun von meinem Sohn. Perplex sah ich ihn an. „Wie bitte? Das ist jetzt nicht dein ernst. Du gehst zu ihm und alles, aber du entschuldigst dich nicht. Wenigstens das hat er wohl verdient. Das ist doch wohl nicht zu viel verlangt!“ Fassungslos wandte ich mich wieder meinem Rezept zu. „Tut mir leid!“ Kam es jetzt nur kleinlaut von ihm. „Also bei mir musst du dich nicht entschuldigen!“ Gab ich nur etwas gereizt als Antwort. Ich war schon etwas wütend auf ihn, auch wenn er mit leid tat. Seufzend reichte ich ihm ein Messer und den Blumenkohl. „Hier, du kannst mir helfen.“ Ohne einen Widerspruch begann Massanorie mir zur Hand zu gehen. Es verging etwas Zeit in der ich das Curry und den Reis aufgesetzt hatte und mir nun erneut das Rezept durch las. Massanorie hatte mir fleißig geholfen und sah mich eine Weile aus den Augenwinkeln an. „Du hast noch was Dummes angestellt, oder?“ Ich drehte mich zu ihm und musterte ihn. Ich kannte doch meine Kinder und Massanori hatte immer noch diesen: Mama, ich hab noch mehr Müll gebaut Blick drauf. Er wich meinem Blick aus und holte sich eine Cola aus dem Kühlschrank. „Kann sein, dass ich noch was Dummes gesagt habe.“ „Oh Gott. Und was?“ „Ich hab ihm gesagt, dass – naja, dass ich als Entschädigung kaufen würde was er will.“ Ich schüttelte nur fassungslos den Kopf. Wie konnte mein Sohn denn so dumm sein. Wenn er Mist baute dann aber richtig. „Und was hat er gesagt?“ Fragte ich etwas erschöpft über die Erkenntnis, dass mein Sohn manchmal wirklich ein Sonderfall war. „Er wurde noch wütender und hat gesagt er wäre keiner meiner sonstigen Stricher!“ Er nippte an der Cola. „Im Nachhinein war das wohl nicht meine beste Wortwahl gewesen. Aber ich wollte es doch nur gut machen.“ „Aber du kannst doch nicht alles mit Geld lösen.“ Kam es nur traurig von mir. „Ja das hat er auch gesagt.“ Er hob den Kochtopfdeckel an und warf einen Blick hinein. „Du solltest froh sein, wenn Mamoru nicht die Bürgersteigseite wechselt wenn er dich sieht.“ „Danke Mum. Das hilft mir ungemein.“ Kam es nur leise von ihm. „Na gut, es ist jetzt so wie es ist. Und machen kannst du erst mal nicht viel. Ich würde sagen, dass du ihm jetzt etwas Zeit gibst. Und dann entschuldigst du dich aufrichtig bei ihm und hoffst, dass er dir nicht noch eine langt.“ Ich holte drei Teller aus dem Schrank und drückte sie Massanorie in die Hand. „Aber?“ „Nichts aber. Wie gesagt, eine Sofort-Lösung bekommst du nicht. Du hast das verbockt, nun musst du auch mal etwas Empathie zeigen und Mamoru Zeit geben. Und selbst wenn er dir das verzeiht, wird es nicht einfach für dich. Dir ist doch klar, dass er dir nicht mehr vertrauen wird, selbst wenn er dir das verzeiht.“ Massanorie sah mich an und nickte dann nur. „Denk daran, nicht du bist hier das Opfer.“ Ich strich ihm über den Arm und schob ihn sanft in Richtung Esszimmer. „So und nun deck den Tisch. Du isst mit uns. Und wenn du schon auf dem Weg bist, kannst du deinem Vater Bescheid sagen, dass das Essen gleich fertig ist.“ „Aber…“ „Aber? Nichts aber. Du klopft an sein Büro, wirst dir einen Anschiss holen, weil du einfach abgehauen bist aus dem Büro und dann essen wir zusammen.“ „Dir ist bewusst, dass ich keine 15 mehr bin, oder?“ Er wurde etwas zickig und sah mich provozierend an. „Dann benimm dich auch nicht so!“ konterte ich nur. „Und sieh mich nicht so an.“ Er maulte kurz verschwand dann aber doch aus der Küche. Nachdem Seijiro und Massanorie ihre Streitigkeiten ausgetragen hatten, was wie immer nicht ohne eine gewisse Lautstärke von statten ging, saßen wir am Tisch und aßen. Mein Mann war wohl wenig über das da sein von Massanorie begeistert, sagte aber nichts. „Und? Wie schmeckt es dir?“ „Gut. Aber hat mir dein Essen je nicht geschmeckt?“ Er schmunzelte und sah mich an. „Hmm, mir würden da einige Male einfallen.“ Er lachte leise und nahm sich einen Nachschlag. „Und was ist mit dir Massanorie?“ Dieser nickte nur und stocherte in seinem Essen herum. Er war sichtlich mitgenommen und wirkte gedanklich abwesend. „Vergiss nicht das Essen am Freitag mit Steven und seinem Vater. Es ist wichtig, dass Senior gut gelaunt ist, wenn wir am Samstag die Papiere unterschreiben. Du weißt ja wie das sonst wieder endet.“ Seijiro warf Massanorie einen missbilligen Blick zu, welcher jedoch nur nickte wie zuvor. „Kommst du auch mit?“ Massanori sah nun auf und schob seinen Teller von sich weg. „Ja, dein Vater hat mich gefragt, zudem ist es ja kein richtiges Geschäftsessen. Eher eine Mischung aus Privat und Geschäft.“ „Hmm.“ War alles was als Antwort kam. Seufzend sah ich Massanorie an und fragte mich, ob er das jemals wieder hinbekam. Mir tat Mamoru leid, dass hatte er sicherlich nicht verdient. Besonders, weil ich der festen Überzeugung war, dass Massanorie nur sehr geringe Chancen hatte jemals etwas Besseres als ihn zu finden. Kapitel 18: Step Eighteen... Arduous ------------------------------------ Step Eighteen… Arduous Ganz egal, wie beschwerlich das gestern war, stets kannst du heute von neuem beginnen. Buddha Mamoru Chiba „Das war der Hammer. Ich meine wir haben uns super unterhalten und sie hat sogar meine Bilder gelobt und sagte ich hätte Talent. Besonders interessant fand sie mein Müll zu Kunst Projekt. Sie hat sogar gesagt, sie würde mich gerne mal beim sammeln begleiten und hat mir sogar angeboten in ihr Atelier zu kommen. Oh, Mamoru dass ist so cool Und das hab ich nur dir zu verdanken, du bist echt der beste Freund den man haben kann.“ May redete auf mich ein und war vor Begeisterung kaum noch zu stoppen. Lächelnd sah ich sie an und hörte ihrer Ausführung zu. Es freute mich, dass das Treffen zwischen ihr und Michiru so gut verlaufen war. Etwas sorgen hatte ich mir schon gemacht, da beide so unterschiedliche Menschen waren. Aber Künstler waren wohl doch irgendwie alle gleich. Ich wünschte nur, ich könnte Mays Begeisterung wirklich teilen, aber seitdem Massanorie bei mir aufgetaucht war und – und er mir die Wahrheit gesagt hatte und dann noch diesen blöden Spruch gelassen hatte, war ich einfach nur am Boden. Alles war scheiße. Ich hatte geahnt, dass der Kuss nicht alles war, aber ich hatte gehofft mich zu irren. Aber am Ende war ich es wohl doch nicht wert, dass man sich um mich bemühte. Seit Mittwoch, also gute zwei Tage, hatte ich immer wenn ich allein in meiner Wohnung war einfach nur geheult. Das war doch Müll, einfach nur Müll. Ich verfluchte ihn, aber trotzdem wollte ich nichts lieber als bei ihm zu sein. Das war doch Scheiße. Alles in meinem Kopf drehte sich und ich hatte das Gefühl, dass sich die ganze Welt gegen mich stellte. Vielleicht war ich einfach nicht liebenswert oder ich hatte es nicht verdient, dass man mich liebte. Ich wusste es nicht, aber dieser Vorfall hatte an meinem Selbstbewusstsein genagt und ließ mich immer tiefer in dieses kleine schwarze Loch in meinem inneren sinken. Und plötzlich begann ich allem zu Zweifeln was er gesagt oder getan hatte. Was war wenn alles nur gelogen war, jedes nette Wort, jede Geste? Was war wenn das alles nur ein Spiel für ihn war? Wie konnte es nur so weh tun? Ich wollte ihn hassen, aber es ging nicht. Da war einfach nur Verzweiflung und Enttäuschung und die Frage ob ich selber schuld war. Alles war eine Lüge und kein Kuss von ihm war ehrlich gewesen, aber ich konnte diesem Reiz nicht wiederstehen. Ich Esel hatte ihm vertraut und dafür war der Fall in die Realität umso schmerzhafter gewesen. All die Wochen hatte er mich getäuscht, er hatte sich nie wirklich für mich interessiert – das glaubte ich mit jeder Minute mehr. „Mamoru?“ Ich zuckte zusammen und sah May an, welche mir eine Tasse hinhielt. „Danke.“ Mit einem schmunzeln nahm ich die Tasse und fragte mich, wann sie aufgehört hatte zu reden und aus dem Raum gegangen war. Als sie heute Morgen vor meiner Tür stand, hatte ich mich gefreut. Etwas nette Gesellschaft und ich würde vielleicht aufhören nur an ihn zu denken. Pustekuchen. Selbst May schaffte es nicht mich abzulenken. „Willst du darüber reden?“ Sie setzte sich neben mich und lehnte sich an meine Schulter. „Nein.“ Kam es nur leise von mir. Was sollte ich ihr denn sagen? Zudem fühlte ich mich einfach nur gedemütigt und ich wollte dieses Gefühl nicht weiter bestärken, indem ich May oder jemand andern von dieser Situation erzählte. Am besten war es doch, wenn man es einfach hinunterschluckte - ganz tief und dann sperrte man dieses Gefühl einfach in eine Kiste und schmiss den Schlüssel weg. Aber diesmal gelang mir das nicht! „Ich habe überlegt, Bunny noch einmal eine Chance zu geben!“ wisperte ich nur und konnte die Tränen kaum noch unterdrücken. Ohne ein Wort zu sagen, drückte May meine Hand und schmiegte sich enger an mich. So vergingen einige Minuten und ich musste zugeben, dass mir Mays Nähe gut tat. Ich schaffte es meine Gedanken etwas zu ordnen. „Ich denke nicht, dass sie dich wirklich liebt!“ Kam es plötzlich leise von ihr. „Ein bisschen reicht mir schon.“ Nuschelte ich nur. Vielleicht war der Grund ein falscher, aber eine erneute Beziehung mit Bunny vermittelte mir wenigstens etwas Stabilität. Ich wollte nicht mehr kämpfen, nicht mehr um eine eigenständige Zukunft, nicht mehr um meine Bedürfnisse, nicht mehr um ihn. Ich wollte nur noch – was? Ich wusste es nicht, ich war ausgelaugt und innerlich müde. „Wann musst du denn heute los?“ Mays Hand strich mir über den Arm und ich schloss die Augen. „Um 17 Uhr muss ich da sein und dann bis Ende. Also so bis eins mit Putzen und so – denke ich.“ Ich sah an die Decke und lehnte meinen Kopf schließlich an den von May. „Ich will nicht zur Arbeit!“ flüsterte ich nur und seufzte leicht. „Hmm, aber ich glaube das geht nicht!“ Ich schmunzelte etwas. „Nein, wohl nicht. Wie spät ist es denn?“ „Gleich 16 Uhr. Also hast du noch ein paar Minuten.“ „Ich muss noch duschen und so.“ May und ich hatten uns an der Bahnstation getrennt, nachdem ich noch eine dicke Umarmung und einen liebevollen Blick bekommen hatte. Ich war dankbar, dass sie nicht fragte, dass sie es einfach alles so hinnahm. Beim Duschen hatte ich es geschafft mich zu sammeln und so wirkte ich auf der Arbeit wie immer sehr reserviert, jedoch freundlich. Gut das man das kellner nicht verlernte. Nach zwei Stunden herum laufen und Geschirr tragen, hatte ich eine gute Trinkgeldbilanz hinter mir, was mir weiteren Elan für den Abend gab. Ich unterhielt mich gerade mit einer Kollegin als mein Chef hinter uns trat. „Habt ihr keine Tische zu bedienen?“ Kitara-san war ein kleiner etwas rundlicher Mann, mit einem Schnäuzer, der ihn wohl westlicher aussehen lassen sollte. Aber es sah eher aus als hätte er Dreck unter der Nase hängen. Aber über Geschmack ließ sich ja streiten. „Doch Kitara-san. Entschuldigen Sie.“ Kam es von uns beiden prompt, aber als er uns den Rücken zudrehte, lächelte mir Li-Lan nur zu und zog eine kleine Grimasse. Ich schmunzelte und machte mich wieder an die Arbeit. Die Tische im Restaurant waren nummeriert, wobei es hier 30 Tische gab und sechs bis acht Kellner. Heute Abend hatten wir Pech, wir waren zu sechst, was für jeden fünf Tische bedeutet. Das war noch zu machen, auch wenn es etwas stressig war. Ich hatte bis jetzt noch Glück, ich hatte die Tische 2, 7, 26, 27 und 28, wobei 2 und 28 noch frei waren und Tisch 7 gerade beim Nachtisch war. Somit hatte ich gerade etwas Luft, was in meinem jetzigen Zustand nicht gerade so gut war. Meine Gedanken schwirrten schon wieder umher und irgendwie schaffte ich es nicht dieses Bild von Massanorie und Steven aus meinem Kopf zu bekommen. Und was nun noch schlimmer war, war die Vorstellung, dass die beiden Sex gehabt hatten. Aber es konnte ja nur besser werden, wenn ich es mir einfach lange genug einredete, dann würde es wahrscheinlich auch so werden. Also wandte ich mich wieder meinen Tischen zu, brachte Rechnungen, Teller und Getränke, das übliche an so einem Abend. Es war nun kurz vor sieben als Tisch 28 besetzt wurde. Und ich mich mit 5 Karten zum Tisch aufmachte, gut dass ich die Gäste nicht auch noch zu den Tischen bringen musste, das wäre mir wirklich zu viel. Also nett lächeln – doch mitten auf dem Weg blieb ich fassungslos stehen und starrte zu meinem Tisch. Der Hammer der mich nun traf ließ mein Gemütszustand auf ein neues Rekordtief sinken. Schnell drehte ich mich auf dem Absatz um und ging zu Li-Lan. „Tauscht du bitte mit mir den Tisch 28?“ Ich sah sie bittend an. „Ähm, das geht nicht. Ich hab alle Tische schon bedient und du weißt, der Chef rastet aus, wenn wir mitten im kellnern die Tische tauschen.“ Sie sah zu Tisch 28 und dann wieder zu mir. „Außerdem sehen die aus, als würden die gutes Trinkgeld geben.“ „Das ist mir egal, ich will diesen Tisch nicht.“ Gab ich nur leise von mir und hoffte, sie würde doch noch mit mir tauschen. Doch schon im nächsten Moment kam mein Chef und sein Gesichtsausdruck sah nicht erfreut Aus. „Gibt es ein Problem?“ Noch bevor er das fragte, war Li-Lan auch schon weg. Ich durfte mir einen kurzen aber intensiven Anranzer abholen, weil ich den Tisch so lange warten ließ. „Etwa du machst deinen Job oder ich finde einen anderen Kellner. Es gibt genug zuverlässige Menschen die diesen Job gerne hätten. Also an die Arbeit oder willst du dir jetzt gleich einen anderen Job zulegen?“ Mein Job oder mein restlicher Stolz? Die Wahl war nicht schwer, denn vom letzteren hatte ich sowieso nur noch einen Fingerhut voll und Rechnungen konnte ich damit sowieso nicht bezahlen. Was machte es dann schon, wenn ich diesen Rest auch noch wegkippte. Massanorie Lenjier Jetzt verstand ich endlich was Mamoru damit meinte, wen er gesagt hatte, dass Fortuna ihm vor die Füße kotzte. Denn genau das tat sie gerade, sie spuckte mir mitten auf meine Prada Schuhe und lachte dabei auch noch hämisch. Es gab keinen Ausdruck für so einen Moment, der musste wohl erst noch erfunden werden. Vielleicht eine Mischung aus allen Schimpfwörtern dieser Welt und darüber hinaus, dass würde es eventuell ansatzweise treffen – vielleicht! Als wir das Restaurant betreten hatten war noch alles gut, wir wurden zum Tisch geführt und ich hoffte das der Blick meiner Mutter Steven dazu brachte einfach zu platzen oder so was – so wie in diesen miesen Zeichentrickserien. Oder ein Amboss fiel ihm auf seinen kleinen Kopf. Ich hatte den Rat meiner Mutter befolgt und mich nicht mehr bei Mamoru gemeldet, dass fiel mir schwer, denn ich hoffte, dass er, wenn er mich einfach erklären ließ alles wieder gut werden würde. Aber innerlich wusste ich ja, dass es nicht so sein würde. Ich hatte wohl das Beste in meinem Leben einfach weggeworfen. Die leicht depressive Klaviermusik hier im Restaurant tat dann auch noch ihr bestes um mein angeschlagenes Gemüt weiter herunter zu fahren. Und dann, indem Moment wo ich dachte mein Leben konnte nicht schlimmer werden, stand er da. Ich meine, wie groß war die Chance das der Mann, den ich betrogen und gedemütigt hatte in einer Stadt mit knapp 600 km² Fläche und 9 Millionen Einwohnern in dem Restaurant arbeitete wo ich ein Geschäftsessen mit meinem Vater abhielt? Gering – wahrscheinlicher war doch, eine Nadel in einem Heuhaufen zu finden oder fliegende Schweine zu sehen, oder auch ein Pferd das vor einer Apotheke kotzte. Aber nein, Mamoru und ich hatten selbst in diesem Moment das Schicksal überrumpelt. Er hatte mich auch gesehen und war auf dem Absatz wieder gegangen ohne sich unserem Tisch auch nur im Geringsten weiter zu nähern. Ich seufzte nur und wollte mich erschießen. Meine Mutter bemerkte dies und sah mich fragend an. „Was ist los?“ Ihre Stimme klang besorgt. „Mamoru arbeitet hier.“ Wisperte ich nur und hoffte, dass dies nur ein schlechter Scherz von Gott war. Ich war ja bestimmt kein guter Christ, aber dass hier war auf jeden Fall ein Witz der seines gleichen suchte. Als Teenager hatte ich ja mal die Theorie aufgestellt, dass Gott jeden Tag einen Zettel aus einem riesigen Hut zog und da stand dann ein Name von irgendeinem Menschen drauf und dann drückte Gott diesen riesigen roten Button und der Mensch zu dem Namen hatte dann einfach die A-Karte gezogen und zwar für Wochen. Das war mir schon oft passiert, ich vertrat ja die Meinung, dass mein Name mehr als nur einmal in diesem Hut war. „Ich denke ja, dass ihre bezaubernde Frau nicht so an geschäftlichen Gesprächen interessiert ist.“ Mein Blick glitt zu Herrn Coleman, welcher zur linken meines Vaters saß und meiner Mutter einen Charmanten Blick zuwarf. Wenn der wüsste, dass meine Mutter ihn jedes Mal zur Hölle wünschte, würde der sicherlich nicht so charmant lächeln. Dies wiederum ließ mich kurz lächeln. „Ich denke, ich werde es verkraften. Aber ich bin Ihnen natürlich dankbar für ihre Rücksicht.“ Mein Vater sah meine Mutter dankbar an, da er wusste, wie sehr sie Geschäftsessen langweilten, aber sie kam doch immer wieder mit. Gerade als ich dachte es würde besser werden, wurde es nur noch schlimmer. „Entschuldigen Sie bitte die Verzögerung!“ Mein Vater sah auf. „Es gab einige Verzögerungen, was ich hiermit sehr bedaure.“ In diesem Moment bemerkte auch meine Mutter Mamoru, welcher hinter diesem abgebrochenen Gartenzwerg mit dem Dreck unter der Nase stand. „Schon in Ordnung.“ Gab mein Vater bestimmt von sich und musterte Mamoru kurz, er wusste das er ihn vom sehen her kannte, dass bemerkte ich daran wie er die Augenbrauen zusammen zog. Der kleine Hobbit mit der Drecklippe verschwand, nachdem er seinen Unmut über seinen unzuverlässigen Kellner losgelassen hatte. Mein Vater indessen musterte Mamoru noch immer, und als dieser ihm die Karte reichte hatte er wohl einen Gedankenblitz. „Haben Sie nicht für meine Frau gearbeitet?“ Er nahm die Karte entgegen und sah bei der Frage nicht einmal auf. Mamoru reichte meiner Mutter auch eine Karte, welche die Situation nutzte um a) das Thema zu wechseln und b) Mamoru aus der Situation zu befreien. Sie war toll. „Ja, hat er. Das ist Mamoru, du weißt doch, der nette junge Mann von dem ich dir erzählt habe.“ „Von dem Katrin immer erzählt?“ Meine Mutter nickte. Mamoru sagte nichts und reichte mir stattdessen die Karte, ich nahm sie und sah ihn an. „Mamoru?“ Ich wollte etwas sagen, doch plötzlich spürte ich die Hand meiner Mutter auf meinem Unterarm. Ich stockte und sah zu Mamoru welcher sich nun an Steven wandte und sein Blick war deutlich. Nun verstand ich endlich was meine Mutter an Vater und Sohn zu ätzend fand, um es einmal mit ihren Worten auszudrücken. Ich hatte echt mit jedem Sex. Mein Geschmack war eventuell wirklich Scheiße. Ich dachte noch einmal über diesen Vorwurf meines Vaters nach und musste ihm nun doch etwas Wahrheit abgewinnen. Die nächsten Minuten verbrachte ich damit Mamoru durch mein Verhalten nicht weiter in Bedrängnis zu bringen oder ihn nervös zu machen. Ich erkannte nun, dass meine Mutter recht hatte, ich war nicht das Opfer, ich war der Böse und nun musste ich mein möglichstes tun um das wieder hinzubiegen. Aber das ging nicht durch ständige anrufe oder sonst was. In meinem Kopf begann ich nun damit einen Master Plan auszuarbeiten und gleichzeitig nicht Steven ins Gesicht zu springen, da er nun anfing zu reden. „Ich könnte mir nicht vorstellen als Kellner zu arbeiten. Ich meine, Leute zu bedienen, fast ein bisschen wie in der Kolonialzeit als man Sklaven hatte. Dazu wäre mir mein Selbstwertgefühl zu kostbar.“ Mamoru hielt in seiner Bewegung inne und sah Steven nur an. Dieser setzte ein leichtes Lächeln auf. „Als ich früher Student war habe ich auch gekellnert. Es ist ehrliches Geld, was man mit seinen Händen eigens verdient hat. Sowas ist keine Schande, sondern sollte gewürdigt werden.“ Völlig sprachlos sah ich zu meinem Vater, welcher nun anscheinend Partei für Mamoru ergriff. Steven wurde nur kreideweiß und auch dessen Vater war nun weitaus kleiner als zuvor. Meine Mutter lächelte etwas gehässig und sah wieder in die Karte. Ich dagegen war verwundert, ich wusste nicht, dass mein Vater auch neben dem Studium gearbeitet hatte. „Können sie mir einen Wein empfehlen junger Mann?“ Er sah zu Mamoru auf und wartete auf eine Antwort. Mamoru empfahl ihm etwas und verschwand dann unauffällig mit unserer Getränkebestellung. Etwas verwirrt war ich schon, ließ es mir aber nicht anmerken. Herr Coleman versuchte nun die Schandtat seines Sohnes wieder grade zu rücken indem er sich entschuldigte und nun dämlich lächelte und nickte während er mit meinem Vater sprach. Warum machten wir mit denen noch mal Geschäfte? Ich konnte mich nicht entsinnen. „Ich denke mein Sohn ist noch jung und das Leben wird ihn noch lehren, das Demut eine Tugend ist.“ „Tugend und Bescheidenheit sollte man früh lernen, sonst wird es sich sicherlich auf sozialer und geschäftlicher Ebene nicht zu dem Erfolg kommen, der eventuell angestrebt wird. Ich weiß nicht wie es bei Ihnen ist, aber ich schätze Demut sehr. Es ist eine Tugend die, wie ich finde, in den westlichen Kulturen oft nicht sehr hoch geschätzt wird, anders als in Japan und in traditionellen Familien die den westlichen Idealen noch nicht anheimgefallen sind.“ Herr Colemann und auch Steven waren nun beide beschämt und warfen sich unsichere Blicke zu. Man konnte meinem Vater vorhalten was man wollte, aber er legte viel Wert auf traditionelle Dinge, gerade wenn es um die Familie ging. Vielleicht mit ein Grund warum ich in seinen Augen ein Versager war, ich hielt nämlich von den Traditionen meines Vaters nicht sehr viel. Was mir jedoch Mamoru auch schon das ein oder andere Mal vorgeworfen hatte. Ich seufzte leise, schob meinen Stuhl zurück um kurz in Richtung Sanitäranlagen zu verschwinden. „Entschuldigt mich!“ In diesem Moment griff meine Mutter nach mir und wollte wohl etwas erwidern, doch es war schon zu spät, ich hatte nicht nach hinten gesehen und als ich mich umdrehte und einen Schritt ging, stieß ich auch schon mit ihm zusammen. Das Klirren und gepolter war durch das ganze Restaurant zu hören. Das Tablett und alles was sich darauf befand, hatte der Erdanziehung nichts entgegen zu setzen. Meine Mutter schlug sich nur leicht vor den Kopf und rieb sich die Stirn. Mamoru saß etwas bedröppelt auf dem Boden und sah zu mir hoch. „Oh Gott, warum?“ flüsterte ich nur. Von hinten kam auch schon der kleine Hobbit mit dem Dreck unter der Nase angelaufen und er war nicht begeistert. Mamoru Chiba War ja klar! Was sollte auch sonst passieren, wenn nicht das hier. Ich begann damit die Scherben aufzusammeln, während ich von hinten schon die Stimme meines Chefs hörte. Er würde mir die Gläser und den Inhalt sicherlich vom Gehalt abziehen, das war klar. „Tut mir leid!“ ich sah zur Seite und sah Massanorie an, welcher neben mir kniete und mir half die Scherben aufzulesen. „Nein, es war meine Schuld. Ich hab nicht aufgepasst.“ Flüsterte ich nur. „Es tut mir leid – einfach alles!“ verwundert sah ich ihn an, während er die Scherben weiter auf mein Tablett legte. Sprachlos sah ich ihn an. „Was ist denn hier los?“ Ich drehte mich abrupt um und sah zu meinem Boss hoch, welcher nun mit einem wütenden Gesichtsausdruck neben mir stand. „Kannst du nicht einmal Getränke servieren?“ Gut, nun durfte ich mir auch noch vor allen Gästen meine Unfähigkeit anhören, super. Wenn es noch schlimmer ging, dann sollte mir das bitte jemand mitteilen. Überraschenderweise meldete sich nun Massanories Vater zu Wort. „Sie sollten ihre Angestellten nicht so behandeln. Es war nämlich die Schuld meines Sohnes und nicht die ihres Kellners.“ Ich hob das Tablett hoch und sah kurz zu Seijiro Lenjier, welcher mich kurz musterte und dann nickte. „Mein Vater hat recht. Es war meine Schuld.“ Nun schweifte mein Blick zu Massanorie. „Verschwinde!“ zischte mir Kitara-san nur leise zu und begann sich nochmals zu entschuldigen. Ich dagegen ging zurück zur Theke und wollte am liebsten im Boden versinken. So was Peinliches. Wie war das mit dem Selbstwertgefühl? Welches Selbstwertgefühl? Wie schrieb man das überhaupt? „Nicht dein Tag?“ Ich seufzte, schmiss die Scherben in den Mülleimer hinter der Theke und sah zu Touji. Touji war etwas älter als ich, kleiner, schwarze Haare und trug eine Brille. Seine Augen musterten mich kurz, bevor er mir neue Getränke hinschob. „Nein. Nicht so richtig!“ gab ich nur kleinlaut wieder. „Mach dir nichts draus. Der Chef hat jeden neuen auf den Kicker, egal was du machst.“ Das beruhigte mich nun nicht unbedingt. „Na toll.“ Gab ich nur genervt als Antwort, bevor ich die Getränke erneut auf das Tablett stellte. „Er wird mir die Getränke vom Lohn abziehen oder?“ „Nein – die Getränke und die Gläser. Er ist da sehr penibel!“ „Chiba!“ Ich zuckte unwillkürlich zusammen und musste aufpassen nicht auch dieses Tablett fallen zu lassen. „Noch ein Patzer heute Abend und du kannst sofort gehen, oder ich stecke dich in die Küche zum abwaschen und Müll raustragen. Hast du das verstanden?“ Er sah mich wütend an, versuchte aber seine Stimme leise zu halten. Ich nickte nur. Wutschnauben ging er an mir vorbei und ich musste erst einmal etwas ein- und ausatmen. Was war denn heute bloß los? Ich hatte schon so oft gekellnert, aber sowas war mir noch nie passiert. Langsam machte ich mich wieder auf zum Tisch und Stevens hämisches Grinsen machte es nicht besser. Jedoch versteckte er es dieses Mal wenigstens hinter der Speisekarte. Er war auch nur so ätzend wenn es keiner mitbekam. Selbst dieser blöde Kerl hatte Schiss vor Massanorie Vater, nach dem letzten Spruch den dieser ihm reingedrückt hatte. Ich musste zugeben, dass hatte schon gut getan. Ein schmunzeln konnte ich mir nicht verkneifen, als ich Steven nun sein Glas hinstellte und dass dieser das sah und mich missbilligend ansah machte es für mich schon etwas erträglicher. Als ich es nun nach dem zweiten Anlauf ohne Schaden geschafft hatte die Getränke zu servieren war ich etwas erleichtert. Ich stand nun neben Massanories Vater und hoffte, dass der Rest des Abends besser lief, als sich jener an mich wandte. „Ihr Chef ist etwas aufbrausend!“ Überrascht sah ich ihn an und sah zur anderen Seite des Lokals, wo eben dieser stand und mich sehr genau im Auge behielt. „Verzeihen sie werter Gast, aber es steht mir nicht zu dazu etwas zu sagen.“ Ich verneigte mich kurz und lächelte leicht. Eine Moment sah mich Massanories Vater an und ich konnte nicht wirklich erkennen was ihn ihm vorging, doch dann meinte ich ein schmunzeln auf seinem Gesicht zu erkennen, bevor er sich wieder der Karte zuwandte. „Höflich und Loyal – trotz angespannter Arbeitsverhältnisse. Ich muss zugeben, ich schätze sowas. Auch wenn falsche Loyalität manchmal unangebracht ist. Langsam verstehe ich, warum meine Frau und meine Enkelin sie immer so positiv beschreiben. Ich hielt es schon für eine Maßlose Übertreibung, aber anscheinend habe ich mich geirrt.“ Völlig perplex stand ich da und sah zu Andrea, welche mich nur leicht anlächelte. „Du solltest eben auf meine Menschenkenntnis vertrauen, Seijiro.“ Sie drückte seine Hand kurz und wandte sich dann wieder Coleman Senior zu. Während ich nun ohne ein weiteres Wort die Bestellung aufnahm, konnte ich nicht umher Massanorie aus den Augenwinkeln einen flüchtigen Blick zu zuwerfen – anscheinend hatte er den gleichen Einfall. Wie sahen uns kurz an, bevor ich wegsah. Ab diesem Moment lief der Abend eigentlich ruhig. Ich schaffte es nicht gefeuert zu werden und auch sonst war es ruhig geworden. Die Anderen Tische hatten nach einer Weile meine Aufmerksamkeit von Massanorie abgelenkt und so vergingen drei Stunden in denen ich von Tisch zu Tisch hetzte – immer den Blick meines Chefs im Nacken spürend. „Ihre Rechnung!“ Ich legte die kleine schwarze Mappe ab und wollte gerade wieder gehen, als mich die Stimme von Seijiro Lenjier wieder zurück rief. „Es gibt hier eine Unstimmigkeit!“ „Bitte?“ Ich sah auf die Rechnung, konnte aber nichts finden. Es war alles da. Er wollte zusammen zahlen und ich hatte auch keinen Posten vergessen. Als wenn er nur darauf gewartet hatte, kam auch schon Kitara-san wieder an. Er hatte wohl wirklich nur darauf gewartet einen Grund zu finden mich rauszuschmeißen. „Gibt es Probleme, werter Gast?“ „Ja!“ kam es nur monoton zurück. „Sagte ich ihnen nicht vorhin, dass ich für die Gläser und die Getränke die mein Sohn zu Bruch gingen ließ aufkommen werde? Warum sehen ich jedoch nichts davon auf der Rechnung?“ Seine Stimme klang kühl und sachlich. „Oh verzeihen sie. Aber das geht auf Kosten des Hauses. So etwas passiert doch mal.“ Äußerlich verzog ich keine Miene, aber innerlich lachte ich mich gerade weg, was war das denn? Klar, vor ihm jetzt so milde Töne spucken, aber am Ende es mir vom Lohn abziehen. „Wieso habe ich das Gefühl, dass sie das dem jungen Mann hinter Ihnen vom Gehalt abziehen werden?“ Nun geriet mein Boss in Erklärungsnot und sah mich an. „Oh nein, wie kommen sie denn darauf, werter Gast? Ich entschuldige mich für meine wütenden Worte von vorhin, aber das sind nur Worte und ich würde meinem Kellner nie ein solches Missgeschick in Rechnung stellen.“ „Gut. Denn sonst werde ich wohl gezwungen sein, mir ein Restaurant für meine Geschäftsessen zu suchen, wo man mehr von Fairness am Arbeitsplatz gehört hat.“ Mit diesen Worten legte er seine Kreditkarte in die Rechnungsmappe und hielt sie mir hin. Kitara-san lächelte, verbeugte sich und verschwand. Wieso? Wieso hatte ich das Gefühl, dass ich dafür büßen musste? Es war fast schon so eine Art Ironie, immer wenn mir ein Lenjier was Gutes wollte wurde es nur noch schlimmer. Das war doch paradox! Ich räumte gerade den Tisch ab und fragte mich ob Steven wohl mit zu Massanorie ging, als ich die Handtasche sah, welche wohl von Andrea stammte. Ich nahm sie auf und eilte zur Tür um sie noch zu erwischen. Draußen war es bitter kalt und der Himmel ließ erahnen, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis es zu schneien anfing. „Entschuldigung?“ Andrea und ihr Mann, sowie Massanorie standen nur einige Meter vom Restaurant entfernt. Erstere lächelte mich an, kam auf mich zu und nahm mir die Tasche ab. „Danke! Habe ich die doch glatt vergessen!“ Ich war vielleicht etwas durch den Wind, aber dass sie dies mit Absicht getan hatte war selbst mir bewusst. „Alles gut Mamoru?“ Ich rang mir ein Lächeln ab und nickte „Natürlich. Danke nochmal, wegen den Getränken! schoss es mir durch den Kopf. „Mamoru?“ Ich strich mir durch die Haare. „Entschuldigung, ich war in Gedanken.“ „Hmm. Mamoru hör zu, ich habe kein Recht dir sowas zu sagen, denn ich bin nicht deine Mutter – aber – vielleicht solltet ihr beide euch einfach aussprechen.“ Sie lächelte mich an und zog den Mantel fester zusammen. Mir fielen viele Dinge ein, die ich darauf sagen wollte, aber mein Mund entschied sich – im Nachhinein – für die schlechteste Antwort. „Du hast Recht – du bist nicht meine Mutter!“ Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging wieder hinein. Die Tür hatte sich noch nicht ganz hinter mir geschlossen, da bereute ich es auch schon sowas zu ihr gesagt zu haben. Sie hatte es gut gemeint und wollte bestimmt nur das Beste. Am liebsten hätte ich mich entschuldigt, aber dazu war ich nun auch zu feige. Seufzend ging ich wieder hinein und kümmerte mich um meine Arbeit. Seijiro Lenjier Der gestrige Abend war ernüchternd gewesen, ich musste mir noch einmal Gedanken machen, ob eine weitere Zusammenarbeit mit der Familie Coleman eine gute Idee war. Eventuell würde diese Kooperation dem Ruf der Firma eher schaden als nutzen. Zu diesem Schluss war ich gekommen, da Steven Coleman anscheinend an Menschenbild hatte welches nicht in meine Überzeugungen hineinpasste. Das Verhalten des jungen Mannes, den ich bis dahin sehr als Mitarbeiter geschätzt hatte, besonders wenn es um die Firmenstandorte in den USA ging, hatte mich doch sehr enttäuscht. Eine Unterredung mit meinem Vater, über diese Thematik, wäre wohl nun eine sinnvolle Idee, welche ich in den nächsten Tagen umsetzen wollte. Ich rieb mir die Brust und verzog kurz das Gesicht, schon seit dem frühen Morgen fühlte ich mich nicht so gut. Dies war auch der Grund, warum ich mich dazu entschlossen hatte heute Morgen nicht in die Firma zu fahren. Ein freier Tag, abgesehen von einer nicht verschiebbaren Telefonkonferenz am späten Nachmittag, würde mir sicherlich gut tun. Ich warf einen kurzen Blick auf die Uhr und widmete mich dann wieder meiner Zeitung. Diesen freien Tag hatte ich mir wohl doch mal verdient, so drückte es Andrea jedenfalls aus. Sie war richtig glücklich gewesen, als ich hier nach dem Aufstehen berichtet hatte heute nicht in die Firma zu fahren. Den wirklichen Grund hatte ich ihr verheimlicht, sie würde sich sonst nur sorgen machen. Zudem war es ja nichts Schlimmes. Zwar konnte sie zwei Termine die sie hatte nicht mehr absagen, aber sie versprach noch vor 12 Uhr wieder zurück zu sein – das war vor drei Stunden und wir hatten nun kurz nach elf, was bedeutete, dass ich sie jede Minute zurück erwartete. Etwas verwundert sah ich vom Wirtschaftsteil hoch, als es an der Tür läutete. Etwa hatte sie ihren Schlüssel vergessen oder hatte keine Hand frei – wie so oft. Wahrscheinlich würde sie wieder einkaufen um etwas zu kochen womit sie mich überzeugen wollte mittags öfter zu Hause zu sein. Ich musste zugeben, dass auch wenn ich den Aufwand für zwei Leute etwas zu groß empfand, ich es sehr genoss wenn sie mich so bauchpinselte und mich verwöhnte. Das würde ich ihr nicht sagen, aber sie wusste es wahrscheinlich sowieso. Die Zeitung landete auf dem Sessel, von dem ich aufstand und mich zur Tür aufzumachen. Wieder dieser kurze Stich in der Brust, aber er war sofort wieder verschwunden und ich tat es erneut als das Alter ab. Doch überraschender Weise stand nicht meine Frau vor der Tür. „Guten Morgen!“ Mein gegenüber schien mehr als nur verwundert und brachte im ersten Moment keinen Ton heraus. Ich wartete geduldig, da ich wusste, dass ich manchmal auf Menschen so eine Wirkung hatte. Andrea sagte, ich hätte einfach eine Ausstrahlung die selbst Eisberge erstarren ließ – ich hielt das mal wieder für eine ihrer Übertreibungen. „Guten Morgen.“ Anscheinend hatte sich der junge Mann gefangen. „Ist ihre Frau wohl zu sprechen?“ Musternd begutachtete ich den jungen Mann. Wenn ich mich recht entsann hieß er – Mamoru… Chiba Mamoru. Meine Frau hatte es erwähnt, mehr als nur einmal, genau wie meine Enkeltochter. Anscheinend hatte Chiba Mamoru eine sehr interessante Wirkung auf beide, denn da waren sie sich einig, er war wohl recht charmant und liebenswürdig. Um es einmal mit den Worten meiner Frau auszudrücken. Ich konnte mich solchen Lobenshymnen nicht anschließen, auch wenn der erste Eindruck, den ich gestern gehabt hatte nicht unbedingt negativ war. Aber man sollte ja nicht immer dem ersten Eindruck vertrauen. „Sie ist nicht da. Aber wenn sie wollen, können sie warten, ich erwarte sie eigentlich innerhalb der nächsten halben Stunde zurück!“ Unentschlossen ob er mein Angebot annehmen sollte, sah er mich an. „Nur wenn es keine Umstände macht.“ Ich schwieg auf die Aussage, es ging um Höflichkeit nicht um Umstände. „Ich möchte sie jedoch nicht von der Arbeit abhalten.“ Gab er zögerlich von sich, als er das Haus betrat. „Das ist nicht der Fall.“ Kam es von mir, während ich ihm andeutete mir zu folgen. Im Wohnzimmer angekommen machte ich eine Geste zum Sofa, damit er sich setzte. „Tee?“ Er setzte sich und nickte dann nur. „Danke, dass ich auf ihre Frau warten kann.“ „Hm.“ Kam es nur von mir, als ich den Raum verließ um eine Tasse zu holen. Der junge Mann schien nervös, jedoch war er freundlich. Das war ja mal eine Verbesserung. Und wie ich das verstanden hatte, war mein Gast wohl Massanories Neuer! Ob ich das ernst zu nehmen hatte, wusste ich noch nicht – man würde sehen was mein Sohn da wieder angeschleppt hatte. Mit einer Tasse ausgestattet betrat ich wieder das Wohnzimmer. „Darf ich fragen, was sie mit meiner Frau zu bereden haben?“ Die Tasse setzte ich auf dem Tisch ab und goss etwas Tee hinein. „Also – ich würde das doch lieber mit ihrer Frau persönlich besprechen.“ Kam es zögerlich. Ich nickte, setzte mich wieder in meine Sessel und nahm meine Zeitung wieder zur Hand. Ich hatte ihn hineingebeten, aber bespassen musste ich ihn ja nicht. „Oh…“ Ich sah von meiner Zeitung auf. „Bitte?“ „Der Tee. Er ist sehr gut.“ Er lächelte mich an und nahm erneut einen Schluck. „Eine Mischung meines Vaters.“ Ich faltete die Zeitung wieder zusammen und legte sie auf den kleinen Beistelltisch neben mich. „Meine Frau findet den Tee zu stark.“ „Wirklich? Ich finde ihn sehr gut.“ Nun hatten wir ein Gesprächsthema gefunden, wir unterhielten uns über Tee und darüber wie er denn am besten zubereitet werden musste. Es war kurz vor 12 Uhr als ich die Tür hörte. „Seijiro? Ich bin wieder da.“ Ich lächelte und sah in Richtung Tür. „Im Wohnzimmer.“ Rief ich zurück und hörte ein leises Tüten rascheln. „Ich habe dir etwas mitgebracht. Ich konnte nicht daran vorbei gehen. Du musst es aber anprobieren – du wolltest dir doch eine schöne Strickjacke kaufen…“ Sie betrat mit einer Tüte den Raum und sah verwundert zu unserem Gast. „Mamoru?“ Sie lächelte. „Das ist aber eine schöne Überraschung!“ Sofort sah sie mich an. „Du warst nett zu ihm, oder?“ Ein prüfender Blick lag auf mir. „Er lebt noch, wenn du das meinst!“ Ich stand auf, nahm ihr die Tüte ab und drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Wange. „Ist es dir recht, wenn ich sie später anprobiere? Ich würde mich gerne etwas hinlegen.“ „Alles gut?“ besorgt strich sie mir über den Arm. „Hmm? Ja, nur etwas müde. Kannst du mich später wecken? Oh und ich muss heute Abend doch noch einmal weg. Ist aber nur eine Telefonkonferenz und dauert nur eine Stunde.“ Ich wandte mich um. „Hat mich gefreut.“ Mamoru stand auf und verbeugte sich leicht. „Danke für den Tee.“ Nickend verließ ich den Raum, um mich etwas hinzulegen. Mamoru Chiba Etwas nervös sah ich zu Andrea. Als ich heute Morgen aufgestanden war, wusste ich, dass ich mich für meinen Tonfall von gestern Abend entschuldigen musste. „Also Mamoru, was verschafft mir die Freude?“ Ich sah zu ihr und seufzte. „Ich – ich wollte mich für gestern Abend entschuldigen“ Ich verbeugte mich etwas und traute mich kaum sie anzusehen, bestimmt war sie sauer auf mich. „Wirklich?“ Verwunderte sah ich nun doch auf. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Eigentlich müsste ich mich doch bei dir entschuldigen! Komm erst einmal mit. Ich hab etwas Kuchen gekauft, willst du etwas?“ Ich hatte keine Chance ihr zu antworten, da sie schon aus dem Wohnzimmer verschwand. Etwas irritiert folgte ich ihr und betrat die Küche. „Wie kommst du denn darauf, dass du dich entschuldigen musst?“ Sie begann damit eine Einkaufstüte auszuräumen. „Weil ich mich gestern im Ton vergriffen habe. Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich weiß ja, dass du es nur gut meinst.“ Plötzlich drehte sie sich um und sah mich ernst an. „Das ist nicht wahr. Ich muss mich entschuldigen. Du hast genau richtig reagiert. Ich meine, wer bin ich denn das ich sowas zu dir sagen darf. Du hast doch recht. Ich bin nicht deine Mutter, ich habe nicht das Recht mich in dein Privatleben einzumischen, nur weil mein Sohn mich in seinem zulässt. Ich bin manchmal wohl wirklich etwas zu offen.“ Damit hatte ich nun nicht gerechnet. „Ich bin es nur nicht gewohnt, dass sich jemand für mein Leben interessiert!“ Gab ich leise als Antwort und strich mir durch die Haare. Ich lehnte mich gegen die Küchenzeile und seufzte. Warum waren diese Sachen mit Familien nur so kompliziert? Wenn May oder Yosuke davon erzählten, fand ich es immer sehr anstrengend, aber eigentlich war ich nur etwas neidisch. Es musste toll sein, wenn man mit jedem Problem zu seinen Eltern gehen konnte. Das Massanorie so ein gutes Verhältnis zu seiner Mutter hatte, war schon gut – in der jetzigen Situation wäre ein Gesprächspartner wohl nett gewesen. „Mamoru?“ Ich zuckte zusammen. „Entschuldige. Ich war nur in Gedanken.“ Ich setzte ein Lächeln auf und unterdrückte ein seufzen. „Es ist wohl falsch, dir anzubieten mit mir zu reden, oder?“ Ihre Stimme klang fast besorgt. „Ich denke, es ist nicht gut –!“ Gab ich nur als Antwort und hoffte einfach, dass es damit gut war. Und anscheinend hatte ich Glück, denn Andrea nickte nur, strich mir über den Arm und machte sich wieder ans Tüten ausräumen. Ich blieb noch auf einen Kaffee, lehnte aber den Kuchen dankend ab. Auf dem Weg nach Hause, machte sich ein komisches Gefühl in mir breit. Ich wollte am liebsten bei Massanorie vorbei und ihm sagen, dass ich ihm noch eine Chance gab. Aber ich wusste, dass war nur Wunschdenken. Ich meine, was für eine Chance hatten wir schon? Zudem hatte ich Bunny gesagt, dass wir reden würden und gedanklich hatte ich mich langsam damit abgefunden, dass ich ihr noch eine Chance gab. Zwar hatte sie unsere Verabredung auf heute Abend verschoben, da sie wohl noch mit dem Mädchen lernen musste. Aber das war ja nicht unbedingt schlecht. Vielleicht konnte ich bis dahin etwas Schlaf nachholen. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen und zerrten an meinen Nerven. Wenigstens musste ich nicht mehr heulen. Ich hatte mir eingeredet, dass Massanorie das Ganze auch nicht so viel ausmachte. Am gestrigen Abend hatte er sich entschuldigt, dass glaubte ich jedenfalls, aber vielleicht hatte ich mir das auch nur eingeredet. Vielleicht machte ich mir auch nur was vor und ihm war es egal, wie es mir ging. Und schon wieder machte ich mir Gedanken um ihn. Wieso? Bedrückt machte ich mich auf den Heimweg um den verlorenen Schlaf nachzuholen. Ich wusste nicht wie spät es war, als mich ein klingeln wach werden ließ. Mein Handy leuchtete und wollte überhaupt nicht mehr aufhören zu klingeln. „Chiba?“ Verschlafen nahm ich ab und dann wurde plötzlich alles anders. ------------------------ So hier nun eine Information für meine lieben Leser :D Ich bin gerade dabei meine BA zu schreiben und ich werde versuchen in (un)regelmäßigen Abständen Kapitel hochzuladen, aber nicht wundern falls es etwas länger dauern sollte. Ich werde mich bemühen, euch nicht so lange auf dem trockenen liegen zu lassen. ;) Lg und knuddel eure Rally Kapitel 19: Step Nineteen... Treuness ------------------------------------- Hi ich bin's wieder, so meine Bachelorarbeit ist fertig und endlich kann ich weiter schreiben.:D Ich hoffe ihr lest trotz der langen Wartezeit weiter ^^ Viel Spaß mit dem Kap. ----------------------------------------------------------- Step Nineteen… Trueness Unglück - der erste Weg zur Wahrheit. Lord George Gordon Noel Byron Massanorie Lenjier Aufgelöst hielt ich meine Mutter, während ich nicht begriff was gerade hier passierte. Noch immer weinte sie und klammerte sich an mich. Sachte strich ich ihr über den Rücken um sie wenigstens etwas zu beruhigen. Alles um mich herum wirkte als würde es in Zeitlupe ablaufen. Meine Schwester stand neben mir, sie hatte Katrin an der einen Hand, während sie meine drückte bis ihre Knöchel weiß wurden. Sie presste die Lippen fest aufeinander und ich konnte die Tränen in ihren Augen sehen. Mein Blick fiel auf die Uhr an der Klinikwand. 2 Stunden! 2 Stunden waren wir schon hier und noch immer war kein Arzt bei uns. Als mein Vater während der Telefonkonferenz plötzlich zusammensackte und Schmerzen hatte… - in diesem Moment – ich glaube ich hatte noch nie so viel Angst gehabt wie in diesem einen Moment. Als der Krankenwagen meinen Vater abgeholt hatte, rief ich meine Mutter und Julia an, aber eigentlich geschah das mehr automatisch, denn so richtig realisieren konnte ich das gar nicht. Plötzlich tauchte ein Arzt auf, welcher sich Zielstrebig auf uns zu bewegte. Meine Mutter löste sich in dem Moment von mir, wo sie ihn entdeckt hatte. Sie wischte sich ihre Tränen am Blusenärmel ab und ging ihm entgegen. Noch immer blieb ich wie erstarrt stehen. Nein, das war sicher nur ein schlimmer Traum. Julia löste sich auch von mir und ging zu meiner Mutter und dem Arzt. Ich spürte Katrins kleine Finger an meiner Hand und sah kurz nach unten. Sie sah aus, als könne sie gar nicht verstehen, warum wir hier waren und ich war ebenso ratlos wie sie. Diese Sache – diese Sache in der Firma, der Krankenwagen, das hier… alles wirkte so surreal. Nicht richtig. „Massanorie?“ Ich drehte mich um. Mamoru stand einige Schritte von mir weg. Er sah mich besorgt an, als er auf mich zukam und mich leicht am Arm berührte. Ohne an die letzten Tage zu denken, ohne an das zu denken was ich ihm angetan hatte, ohne daran zu denken warum er hier war, griff ich nach ihm und zog ihn fest an mich. „Schon ok.“ Er stellte sich auf die Zehenspitzen und erwiderte meine Umarmung. Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge. „Mach das alles gut wird!“ flüsterte ich nur bittend in sein Ohr, während ich ihn immer fester an mich presste. „Massanorie?!“ Ich hörte meine Mutter, wollte aber nicht ablassen von Mamoru. Ich hatte Angst sie anzusehen und in ihrem Gesicht etwas zu sehen was ich nicht wollte. Diese Angst machte es mir unmöglich ihn loszulassen. „Massanorie…“ ich spürte das sich Mamoru langsam von mir löste. Er sah mich an und schob mich in Richtung meiner Mutter. Ihr Blick war besorgt, aber sie wandte sich dem Arzt wieder zu. „Ich komm sofort wieder -“ ich wollte gehen, drehte mich aber noch einmal zu ihm um. „Nicht weglaufen!“ Ich wartete bis Mamoru nickte und ging dann zu meiner Mutter. Der Arzt erklärte ihr gerade, dass mein Vater einen Herzinfarkt hatte und dass dieser nach jetzigem Stand nicht der erste war. Er erläuterte uns, dass nach dem EKG darauf zu schließen war, dass mein Vater schon einen stillen Infarkt gehabt haben musste. Wir waren völlig geschockt, da mein Vater nun keine wirklich ungesunde Lebensweise hatte. Ja er rauchte und trank ab und an etwas, aber Ernährung und Gesundheit waren immer Top gewesen. Nie hatte mein Vater über gesundheitliche Probleme gesprochen. Das Problem des Infarkts war wohl, dass er einen kurzen Herzstillstand hatte, welcher das Ganze noch weiter verschlimmerte. Meine Mutter schluchzte immer wieder und musste sich setzen um das alles zu verarbeiten. Meine Schwester setzte sich sofort neben sie und hielt ihre Hand und sah zu mir hoch. Bevor sich der Arzt verabschiedete, teilte er uns mit, dass wir zu ihm konnten, jedoch nur wenn wir ruhig waren. „Ich muss Sachen für euren Vater holen.“ Meine Mutter stand auf, holte tief Luft und lächelte uns beide an. „Also ich werde jetzt nach Hause fahren und euren Vater etwas einpacken.“ „Nein Mum. Bleib du mit Julia hier und ich fahre, du siehst so blass aus, da mache ich mir nur noch mehr Sorgen wenn du Auto fährst.“ Ich griff nach ihrem Autoschlüssel und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Du siehst auch nicht besser aus als Mama. Vielleicht sollte ich lieber fahren.“ Julia griff nach dem Schlüssel in meiner Hand. „Lass das!“ giftete ich sie nur an. „Hört auf zu streiten!“ Meine Mutter sank wieder auf den Stuhl und begann zu weinen. Julia warf mir einen entschuldigenden Blick zu, welchen ich nur mit einem Nicken bedachte. Plötzlich spürte ich einige Finger an meiner Hand. Ich sah zur Seite, Mamoru stand nun neben mir und nahm mir die Schlüssel aus der Hand. „Ich kann gerne fahren. Und Katrin nehme ich eben mit. Ja?“ Er ging vor meiner Mutter in die Hocke und nahm ihre Hände in seine. Meine Mutter drückte seine Hände und nickte nur. „Danke!“ wisperte sie nur leise. „Soll ich was Bestimmtes mitbringen?“ Er wirkte neben uns völlig ruhig, was sofort auf meine Mutter abfärbte. Plötzlich wirkte sie viel ruhiger - gefasster. Sie atmete tief ein und aus und sagte ihm dann was er bitte mitbringen sollte. Meine Schwester sagte nichts. Auch nicht als er mit Katrin an der Hand wegging. Er drückte meine Hand noch einmal und verschwand dann. Mamoru Chiba Als May angerufen hatte, war ich sehr irritiert gewesen, sie hatte mir fast aufgetragen den Fernseher einzuschalten. In den Nachrichten war es Thema Nummer eins. Seijiro Lenjier, Chef der Lenjier Cooperation musste in eine Klinik eingeliefert werden. Die Gründe waren nicht bekannt, aber ich hatte es auch nicht bis zum Ende angeschaut. Nachdem sie den Namen der Klinik gesagt hatten, würgte ich May ab und machte mich auf den Weg. Ich wusste nicht warum oder was ich für eine Hilfe sein würde. Aber ich wusste, dass ich wenigstens wissen wollte wie es Massanorie ging. Als ich an der Klinik ankam, standen draußen auch schon etliche Reporter. Es war wirklich ätzend, dass Menschen sich so an dem Leid eines anderen ergötzen konnten. Massanorie stand in der Notaufnahme mitten im Gang und wirkte vollkommen abwesend. Und als er mich gesehen und an sich gedrückt hatte, wusste ich nicht was ich tun sollte. Ich war etwas überfordert, aber ich wollte wenigstens versuchen in diesem Moment ein guter Freund zu sein – Freunde, ja das waren wir wohl noch. Als sich seine Schwester und er dann anfingen wegen etwas so banalem wie Kleidung holen anfingen zu streiten, hielt ich es für besser, wenn von Ihnen keiner mehr Auto fuhr. Und nun hielt ich Katrin an der Hand, welche noch nichts gesagt hatte, und ging Richtung Ausgang. „Mamoru?“ Ich drehte mich um und strich Katrin kurz durch die Haare. Massanorie kam hinter mir her. „Hier.“ Er drückte mir einen zweiten Autoschlüssel in die Hand. „Das ist mein Autoschlüssel. Im Kofferraum liegt ein Kindersitz, also so ein Teil eben. Meine Mutter hat keinen.“ Er wirkte blass und nicht wirklich bei sich. Ich nickte nur und machte mich auf zum Parkplatz. Ich fand Massanories Auto sofort und fragte mich, warum er nicht mit im Krankenwagen gefahren war, aber vielleicht hatte er auch nicht soweit gedacht. Katrin stand noch immer schweigend neben mir, als ich den Kindersitz aus dem Kofferraum holte und sie dann hinten anschnallte. Besorgt strich ich ihr über den Kopf und lächelte sie etwas an, aber sie wirkte abwesend und nachdenklich. Während der Fahrt sah ich immer wieder in den Rückspiegel um zu sehen was sie machte, oder ob sie zu weinen begann. Aber sie schwieg einfach nur. Es vergingen einige Minuten und die Stille im Auto machte mich nervös. „Mamoru?“ „Ja?“ Katrin schaute aus dem Fenster. „Kommt Opa jetzt auch in den Himmel wie Papa?“ Ich schluckte und antwortete nicht gleich. Was sollte ich ihr denn jetzt sagen? So wie es aussah, würde er wohl wieder gesund werden, aber was war wenn ich mich irrte? „Nein. Er ist nur etwas krank und muss sich jetzt viel ausruhen!“ Mein Mund war schneller als jeder kritischer Gedanke. Durch den Rückspiegel konnte ich sehen, dass sie nickte. „Mama hat geweint, und Oma und Massanorie auch.“ Es war das erste Mal, dass sie nicht die Koseform von Massanorie benutzte. Das machte mir etwas sorgen. „Sie machen sich alle Sorgen um deinen Opa. Und weinen hilft dann, damit es einem etwas besser geht oder man seine Sorge ausdrücken kann.“ Wieder sah ich in den Rückspiegel. Nachdenklich sah sie nach vorne. „Mir machen Krankenhäuser Angst. Papa war auch in einem Krankenhaus und dann war er plötzlich nicht mehr da.“ Sie schluchzte etwas und rieb sich die Tränen aus den Augen. „Ich mag Krankenhäuser auch nicht“ antwortet ich mehr zu mir selbst, doch Katrin schien immer das zu hören was nicht für sie bestimmt war. „Aber du willst doch Arzt werden, dann musst du das doch!“ Ich lachte etwas, hatte sie nicht ganz unrecht mit ihrer Aussage. „Ja, irgendwie doof oder. Ich mag auch keine Spritzen – vielleicht hab ich mir den falschen Beruf aussucht.“ Katrin begann leise zu lachen und ich war beruhigt, dass sie das tat. „Hilfst du mir gleich die Sachen für deinen Opa zu finden?“ „JA.“ Kam es nur laut von der Rückbank. Ich hätte nicht gedacht, dass sie mir wirklich eine Hilfe sein konnte, aber durch sie hatte ich sowohl die Reisetasche und einige Sachen viel schneller gefunden. „Mamoru?“ „Hm?“ ich sah von der Tasche auf, in welche ich gerade ein Hemd gelegt hatte. „Die auch?“ Katrin hatte eine Strickjacke in der Hand und hielt sie mir hin. Das Schild an der Jacke zeigte mir, dass es sich um die Jacke handeln musste, welche Andrea heute Morgen mitgebracht hatte. „Ja warum nicht. Da freut sich dein Opa bestimmt.“ „Mamoru?“ unsicher zupfte sie an meinem Jackenärmel. „Hm?“ „Ich hab Hunger.“ Verblüfft sah ich sie nun an, während ich die Tasche schloss. Mein Blick fiel auf die Uhr neben dem Bett. 18:30 Uhr! Mir fiel erst jetzt auf, dass Katrin noch immer ihre Kindergartenuniform trug. Ihre Mutter hatte sie sicherlich abgeholt und war dann sofort zum Krankenhaus gefahren. „Sollen wir dir unterwegs was holen?“ Ich ging in die Hocke und zupfte sie nun an ihrer Jacke. Sie kicherte und zupfte nun an meinem Schal. „Ja. Glaubst du Mama, Oma und Massanorie haben auch Hunger?“ Ich zuckte mit den Achseln. „Wir holen einfach etwas und dann können wir sie ja fragen. Sandwiches wären doch gut, oder?“ Sie nickte und schlang dann ihre Arme um mich. „Ich will nicht das Opa zu Papa geht.“ Ich drückte sie fest und nahm sie auf den Arm. „Wir fahren jetzt zurück und schauen wie es deinem Opa geht, ok?“ Wieder nickte sie nur und vergrub ihr Gesicht in meiner Halsbeuge, wie Massanorie von ihr. Mit meiner freien Hand griff ich nach der Tasche und machte mich wieder auf den Weg zurück in die Klinik. Andrea Lenjier Es war wie ein schlimmer Alptraum. Mein Blick ruhte auf meinem Mann, welcher blass und alt wirkte. Ich hielt seine Hand und strich immer wieder über den Handrücken. Der Arzt meinte, er würde erst morgen zu sich kommen, da er etwas bekommen hatte, aber ich hatte nur halbherzig zugehört, ich wollte nur zu ihm. Julia saß auf der anderen Seite des Bettes und hatte ihren Kopf in ihre Hände gestützt und Massanorie stand einfach nur am Fenster. Das Piepen der Maschine, welche ihn überwachte, machte mich wahnsinnig. Ich hatte Angst, dass plötzlich kein piepen mehr kam, sondern nur dieser schreckliche Ton, den man immer in Filmen hörte. Allein der Gedanke trieb mir wieder die Tränen in die Augen. Seijiro hatte heute Morgen nur gesagt, dass er müde sei und als ich Ihn geweckt hatte, wirkte er zwar etwas blass, aber ich schob das ebenso wie er auf eine aufkeimende Erkältung oder Stress. Als mich dann Massanorie anrief und vollkommen aufgelöst erzählte was passiert war, war ich nur noch in Panik geraten. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich seine Eltern noch nicht angerufen hatte. Ich stand auf und durchsuchte meine Handtasche nach meinem Handy. „Ich hab sie schon angerufen!“ überrascht sah ich zum Fenster. Massanorie sah mich kurz an, lächelte verhalten und sah dann wieder nach draußen. „Danke. Ich habe es ganz vergessen.“ Ich sah von ihm zu Julia und merkte erst jetzt wie blass meine Kinder waren. Sicherlich sah ich ebenso aus, aber es brachte wohl niemanden etwas, wenn wir uns alle kaputt machten. „Ihr beiden solltet euch ausruhen. Ein Kaffee oder etwas frische Luft würden sicherlich helfen.“ Doch Julia schüttelte nur den Kopf und drückte die Hand ihres Vaters. „Nein, ich will lieber hier bleiben.“ Mir fehlte die Kraft um dagegen zu reden, also nahm ich es hin. Massanorie sagte nichts. Ein klopfen an der Tür ließ mich Aufsehen. Der Kopf meiner Enkelin schob sich durch die sich öffnende Tür, sie trug eine Papiertüte und schaute zu Mamoru hoch, welcher nach ihr herein kam. „Liebling!“ Julia stand nun auf, ging zu Katrin und drückte sie fest. Sie hatte nicht einmal protestiert als Mamoru sie mitgenommen hatte und ich hatte ihn einfach so beansprucht. Ich fühlte mich plötzlich unwohl ihn darum gebeten zu haben, da ich nicht wollte, dass er sich von mir oder meinen Kindern ausgenutzt vorkam. „Mamoru.“ Ich ging auf ihn zu und nahm ihm die Tasche ab. „Danke. Bitte entschuldige…“ „Schon gut. Ich hab es doch angeboten.“ Er schien genau zu wissen was ich dachte und erstickte meine Zweifel so schnell wie sie gekommen waren. „Oma hast du Hunger?“ Katrin zupfte an meiner Hose und hielt mir die Papiertüte hin. „Mamoru und ich haben was zu essen mitgebracht.“ Ich sah meine Enkelin an und dann Mamoru, welcher besorgt zu Massanorie sah. Dieser hatte sich nicht einmal umgedreht als Mamoru den Raum betreten hatte. „Oma?“ Ich zuckte zusammen und nahm ihr die Tüte ab, welche sie mir noch immer hin hielt. „Danke, Süße.“ Ich stellte die Tüte auf dem kleinen Tisch ab, welcher im Raum stand und packte die Sandwiches aus. Seijiro hatte ein Einzelzimmer, das machte das ganze viel einfacher. Wieder rückte das Gepiepe der Maschine in meinen Kopf und eine Gänsehaut zeichnete sich auf meinem Arm ab. Vielleicht war mir auch einfach nur kalt, ich wusste es nicht so genau. „Danke, dass du sie mitgenommen hast.“ Ich sah zu Julia, welche sich wieder zu ihrem Vater gesetzt hatte und erneut seine Hand hielt. „Kein Problem. Habe ich gerne gemacht. Sie war mir eine große Hilfe.“ Mamoru lächelte mich an. „Wenn noch was ist, dann kannst du es gerne sagen.“ Er lächelte mich aufmunternd an und drückte meine Hand. Ich konnte gar nicht anders als zurück lächeln, irgendwie hatte Mamoru eine beruhigende Wirkung auf mich. Es war so als würde es mir plötzlich besser gehen, als würde etwas von der Angst abfallen und einfach verschwinden. Ich atmete einmal tief ein und aus und schüttelte dann den Kopf. „Nein danke. Du hast schon genug getan. Aber es ist lieb von dir, dass du es anbietest.“ Katrins Stimme zog unsere Aufmerksamkeit auf sich. „Warum piepst das so?“ Sie stand neben ihrer Mutter und deutete auf die Geräte an welche Seijiro angeschlossen war. Julia schlucke und rang erneut mit den Tränen. „Das ist ein Monitor, mit welchem man immer sieht wie gut es deinem Opa geht.“ Mein Blick schwenkte zu Mamoru, welcher sich nun Katrin zuwandte. Er ging zu ihr und hob sie hoch. „Und warum stehen da so viele Zahlen und warum macht es immer piep? Heißt das, dass es Opa nicht gut geht?“ „Nein das sind gute Zahlen. Schau mal, siehst du hier oben die Zahlen und diese Linie, die immer so lustige Zickzackkurven macht?“ „Ja.“ „Die ist ein EKG, das heißt, hier siehst du wie schnell das Herz deines Opas schlägt. Und das piepen simuliert den Herzschlag.“ Ohne etwas zu sagen, setzte ich mich wieder auf die andere Bettseite und hörte Mamoru zu. Eine Erklärung dieses Piepens machte es leichter es zu ertragen. „So wie das, das Herzhör-Ding in meinem Arztkoffer?“ Katrin sah ihn fragend und gleichzeitig begeistert an. Ich wusste nicht was sie meinte, aber anscheinend wusste er es schon. „Du meinst ein Stethoskop? Das was immer so kalt ist, wenn einen der Arzt abhört?“ Sie nickte. „Ja, du hast recht so ähnlich. Nur dass das hier die Maschine macht. Deswegen hat dein Opa auch die bunten Kabel auf der Brust. Dadurch kann die Maschine das machen, was du sonst mit deinem Arztkoffer machst.“ „Oh. Das ist toll und was ist das da?“ Mamoru erklärte ihr geduldig jede Linie, jede Zahl und plötzlich schien es so, als würde auch Julia durch die Erklärung wieder etwas mehr Fassung gewinnen. Sie sah mich an und ein leichtes lächeln umspielte ihre blassen Gesichtszüge. „Oma, hast du gehört? Das ist alles wichtig. Das Gerät schaut nur ob es Opa gut geht.“ Katrin schien vollkommen zufrieden mit Mamorus Erläuterung. Für sie war nun klar, dass diese Maschine und das Gepiepe nötig waren, damit es ihrem Opa wieder gut ging. Und ich – ich empfand das Geräusch des immer wieder aufkommenden piepen nicht mehr als so unheilvoll wie vor ein paar Minuten. Mamoru Chiba Ich setzte Katrin wieder ab und strubbelte durch ihre Haare, wobei sie anfing leise zu quietschen. „Mama, willst du was essen?“ Sie lehnte sich an ihre Mutter und sah sie an. „Nein Süße. Jetzt nicht.“ „Aber Mama, ich hab auch was gegessen.“ Katrin begann ihre Mutter darüber aufzuklären, dass sie doch Hunger haben müsste. Mein Blick glitt zu Massanorie der völlig teilnahmslos am Fenster stand und nach draußen schaute. Ich berührte ihn am Arm und er zuckte zusammen, so als hätte ich ihn abrupt aus seinen Gedanken gerissen. Etwas irritiert sah ich er mich an. „Hey.“ Wisperte ich nur. Er jedoch sah mich nur an und plötzlich hatte ich das Gefühl, dass es wohl besser war den Raum zu verlassen. „Wollen wir etwas frische Luft schnappen, du und ich?“ Ich setzte ein Lächeln auf. Er nickte nur, nahm sein Jackett und wir verließen das Zimmer. Wir standen am Hintereingang des Krankenhauses, welcher in einen Park führte. Ich nahm auf einer Bank Platz und sah in den Himmel. Es war vollkommen dunkel und die Laternen, warfen tanzende Schatten auf den Boden. Ein eisiger Wind fegte einige Blätter an uns vorbei und ließ mich frösteln. Massanorie dagegen schien das gar nicht zu bemerken, er trug nur sein Jackett und sah auf einen nicht vorhandenen Punkt in der Dunkelheit, bevor er sich neben mich setzte. Er wollte sich eine Zigarette anzünden, doch seine Hände zitterten und so bekam er das Feuerzeug erst gar nicht an. Einen Augenblick lang sah ich mir diese Szene an, bevor ich nach seinen Händen griff und ihm das Feuerzeug hinhielt. Er sah mich kurz an, zog an der Zigarette und ich ließ das Feuerzeug in meiner Tasche verschwinden. Wir schwiegen eine Weile und ich zog meinen Schal noch enger um meinen Hals. Ich bereute es, keine Handschuhe mitgenommen zu haben. Meine Jackentaschen brachten nicht unbedingt das gewünschte Ergebnis und so versuchte ich einfach mein Gesicht in den Schal zu drücken um nicht zu erfrieren. Ich verstand überhaupt nicht, wie Raucher dieses Wetter immer ertrugen nur um ihrer Sucht nachzukommen. „Ich kann das nicht.“ Überrascht sah ich Massanorie an, ich verstand nicht was er meinte. „Was meinst du?“ Sein Blick wandte sich zu mir. „Das hier! Ich kann nicht so tun, als wäre alles ok. Und ich frage mich wie du das kannst. Als mein Vater zusammenbrach und ich daneben stand, dachte ich nur an die Dinge die ich ihm hätte sagen müssen. Und nun bist du hier obwohl ich das größte Arschloch der Nation bin. Aber du bist hier! Und der Gedanke, dass dir was passieren könnte ohne das ich dir erkläre was mit Steven war, was ich für dich empfinde macht mich wahnsinnig. Ich weiß nicht was mich mehr beschäftigt, du oder mein Vater. Ich kann nicht mit beiden Dingen gleichzeitig umgehen, nicht jetzt - nicht hier.“ Er ließ die Zigarette fallen und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Völlig entsetzt sah ich ihn an, ich hatte Massanorie noch nie so erlebt. Aber nun saß dieser Mann neben mir und versuchte nicht in Tränen auszubrechen. Noch heute Morgen war ich enttäuscht und frustriert gewesen, am liebsten hätte ich mich in meinem Bett verkrochen und in Selbstmitleid geschwelgt. Und nun saß ich hier und das einzige was ich empfand war Mitgefühl für ihn. Ich lehnte mich an ihn und strich ihm durch die Haare. „Mir fällt das hier auch nicht leicht. Aber ich denke, dass wir Freunde sind – trotzdem… und man ist eben für Freunde da wenn sie einen brauchen…“ Wow, das klang selbst für meine Verhältnisse echt dumm. „Freunde? Na super… genau das was ich hören wollte.“ Er lehnte sich zurück und schob meine Hand beiseite. „Ja Freunde, was denkst du denn?“ Ich stand auf und ging langsam auf und ab um mich zu wärmen. „Ich meine was sind wir denn sonst? Ein Paar? Ganz sicher nicht, nachdem du mit Steven gevögelt hast.“ Zischte ich nur böse und bereute es sofort. Dies war weder der Ort noch der passende Zeitpunkt um meiner Wut freien Lauf zu lassen. „Ich war so wütend auf dich.“ Erschüttert über diese Aussage starrte ich ihn an. Er war wütend auf mich gewesen? Das verstand nun wer will. „Du und May, ich meine, ich mag schwul sein, aber ein Idiot bin ich nicht. Ich sehe sehr wohl wenn eine Frau attraktiv ist und sowas. Auch wenn mich das nicht interessiert - ich sehe es trotzdem. Und du kommst da mit ihr an und ihr beiden seht aus wie das perfekte Paar. Wenn ihr Kindern zusammen hättet wären die bestimmt hübsch und so ein Scheiß schoss mir dann durch den Kopf. Und dann diese blöden Weiber die dich belagert haben. Und du - du hast überhaupt nicht bemerkt, dass ich da war, du wolltest ja auch nicht mit mir zusammen dahin gehen.“ Ohne ihn zu unterbrechen hatte ich ihn reden lassen. Aber nun wollten einige Fragen doch schon gestellt werden. „Du warst eifersüchtig auf May und diese Frauen – die ich zu meiner Verteidigung nicht mal kenne? Und das war der Grund, warum du Steven flachgelegt hast? Ich meine – du sagst du wärst eifersüchtig. Aber denkst du mal daran, dass ich das auch war?! Ich meine, ich hab dich den Abend gesucht und du bist mir aus dem Weg gegangen und dann hast du mit diesem Steven geredet und so getan als wäre ich nur irgendein Bekannter und dieser Typ erzählt mir dann noch, dass ich nicht in deiner Liga spiele. Außerdem hast du mich nie gefragt ob wir zusammen hingehen… Ich dachte du willst das nicht… und wir hatten ja noch gar nicht richtig definiert ob wir zusammen sind…“ Etwas lauter als gewollt hatte ich angefangen meinen Unmut kundzutun, war zum Ende hin aber immer leiser geworden. Langsam wurde mir bewusst, dass wir einfach nicht genug miteinander redeten. Hätten wir an dem Abend einfach miteinander gesprochen, dann würden wir jetzt wahrscheinlich nicht in diesem Chaos stecken. Wir schwiegen uns etwas an und ich begann mich wieder dafür zu schämen, dass ich mit ihm überhaupt in so einem Moment darüber sprach. Ich sollte ihn lieber wegen seinem Vater aufbauen, stattdessen stand ich hier und beschwerte mich über mangelnde Aufmerksamkeit. „Ich wollte nicht mit ihm schlafen!“ kam es plötzlich von ihm. „Bist du gestolpert und auf ihn gefallen? Wie kann man sowas nicht wollen?“ Gab ich nur giftig als Antwort. „Ich will das jetzt nicht besprechen. Nicht hier und nicht jetzt. Das ist der falsche Moment.“ „Aber ich kann das - weil ich nämlich nicht wieder zu meinem Vater und ihm beim Sterben zu sehen kann, während in meinem Kopf sich alles nur um dich dreht.“ Nun war er auch lauter geworden. Wieder schweigen. „Gut. Dann eben wie du es willst!“ Es passte mir nicht und ich hasste es nicht meinem Willen zu bekommen. „Du hast doch nur mit ihm geschlafen, weil ich dich nicht ran gelassen habe. Weil du mir einen reinwürgen wolltest und weil du überhaut nicht monogam sein kannst. Für dich ist immer alles nur ein Spiel, dein Leben, dein Job, deine Fick-Freunde… ist mir egal… alles ist für dich nur ein Spiel.“ Ich redete mich in Rage. „Alles ist immer nur so wie du es willst. Und dann kommt dieser blöde Scheiß Kerl und schon bumst du den in deiner Wohnung. Was denkst du dir denn bitte? Ich meine wie bekloppt muss man denn sein, damit man sowas macht. Ich weiß ja dass du alles bespringst was nicht bei drei auf den Bäumen ist, aber ich dachte wirklich dass dir was an mir liegt, ich hab wirklich gedacht, dass du Egomanischer unterentwickelter Einzeller wirklich etwas an mir findest, deswegen hab ich mich doch überhaupt erst auf dich eingelassen. Hätte ich gewusst, dass ich für dich auch nur ein blödes Accessoires bin, dann hätte ich ja gleich bei Bunny bleiben können.“ Wütend schluckte ich die aufkommenden Tränen hinunter, ging zu ihm, griff in seine Jackettasche, angelte mir die Zigarettenschachtel heraus und griff sofort in meine Tasche nach dem Feuerzeug. „… und es ist auch deine Schuld wenn ich an Lungenkrebs sterbe! Und das ich mich schlecht fühlen muss, weil ich dich anmotzte obwohl dein Vater gerade da drinnen liegt mit deiner weinend Mutter und deiner Schwester.“ Mit einem tiefen Atemzug zog ich den Geschmack der Zigarette in meine Lunge und starrte in den Nachthimmel. „Und das schlimme ist, dass ich trotzdem hier bin. Dass ich so selbstzerstörerisch bin!“ Schweigen. Nur der kalte Wind meldete sich zu Wort und die aufziehenden Wolken verdeckten den Sternenhimmel. „Ich wusste nicht, dass du solche Kraftausdrücke kennst.“ „Ich in ein Heimkind, was denkst du denn?!“ Kopfschüttelnd sah ich ihn an. Es ging mir besser, in den letzten Tagen hatte ich mich ausgeheult und nun hatte ich dem Ärger Luft gemacht – jetzt ging es mir besser! „Sag mir was ich tun soll.“ Verdutzt drehte ich mich um und sah Massanorie an, welcher aufgestanden war und nun genau vor mir stand. „Was?“„Sag mir was ich tun soll! Egal was, ich wird es tun, nur damit du mir verzeihst. Alles, ich schwöre dir ich werde alles tun, was du willst!“ Er strich mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und lehnte seine Stirn an meine. „Ich hab soviel gesagt was mir leid tut und ich werde bestimmt noch vieles sagen was mir leid tun wird und wir werden uns oft streiten, weil wir beide stur sind. Aber ich will dass mein Bett wenn ich morgens aufwache nach dir riecht, ich will mich mit dir streiten und sehen wo meine Grenzen sind.“ Ich war perplex, so kannte ich ihn nicht. Man konnte ja fast meinen, dass er Gefühle hatte. „Ich hasse dich!“ flüsterte ich nur. „Ein Anfang.“ Er rieb seine Nase an meiner und sah mich an. „Wieso hast du mit ihm geschlafen?“ flüstere ich. „Weil ich schlecht nein Sagen kann, wenn mir ein Mann an die Hose geht und mir beginnt einen zu blasen, zudem war ich angetrunken und eifersüchtig!“ Das war nicht die Antwort die ich erwartet hatte, aber wenigstens war er ehrlich. „Und nun?“ „Ich hab dich vermisst.“ Ich wollte ihm nicht zustimmen, ihm nicht sagen, dass es mir auch so ging – noch nicht. Seine Finger glitten durch meine Haare und blieben an meinem Hinterkopf liegen. Auch wenn ich es nur ungerne zugab, aber ich mochte es wenn er das tat, er sollte das nur nicht merken. „Wir sollten wieder rein gehen.“ wispere ich nur und spürte seine Lippen auf meinen, in diesem Moment schob ich ihn grob von mir. „Das hier ist der falsche Ort und die Falsche Zeit…“ gab ich nur hektisch als Erklärung ab und ging wieder in Richtung Eingang. Die Zigarette in meiner Hand war zur Hälfte abgebrannt, zwei Züge später trat ich sie aus und atmete tief ein und aus. Wenn wir nicht hier wären, nicht in dieser Situation hätte ich alles zugelassen. Ich wollte ihn – jetzt. Aber das war unpassend. Massanorie berührte von hinten meinen Arm und als ich mich umdrehte zeichnete sich im Licht der Laternen ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen ab. Aber wie es nun wirklich weitergehen sollte, dass wussten wir wohl beide nicht. Und Bunny? Der musste ich nun auf jeden Fall unter die Augen treten – ich war selbst schuld. Mein ewiges Hin und her war ihr gegenüber nicht fair – eine Entscheidung musste her und zwar am besten noch heute. Bunny Tsukino Gut das ich den Zweitschlüssel noch hatte. Mamoru hatte mir eine Nachricht geschickt, dass er etwas später kommen würde, anscheinend war er noch bei einem Freund. Er hatte es nur kurz erklärt, wollte mir dann aber absagen. Luna hatte mich dann dazu gedrängt mich heute trotzdem noch mit ihm zu treffen und ich hatte ihm gesagt dass wir uns auch ruhig später treffen könnten – schließlich war ja Wochenende. Nun war es fast halb zehn und ich fragte mich was denn wichtiger sein konnte als unser Gespräch zu unserer Beziehung. Luna hatte ich gebeten zu Hause zu bleiben, ich wollte Mamoru zeigen, dass es bei unserer Beziehung nur um uns ging. Anscheinend reagierte er wie Minako gerade etwas gereizt was die Zukunft anging. Ich hatte meine Kleidung extra so gewählt, dass sie gleichzeitig erwachsen aber auch hübsch war. Ein langer dunkelroter Rock, dazu einen weißen Pullover und eine schwarze Weste. Luna hatte meine Wahl sogar gelobt und meinte ich würde wohl langsam verstehen, dass ich mich in meine Rolle als zukünftige Königin einfinden müsste. Nervös ging ich auf und ab und spielte dabei mit der kleinen Herzkette um meinen Hals. Überrascht zuckte ich zusammen als mein Handy ein kurzes Geräusch von sich gab. Zuerst dachte ich es wäre Mamoru aber dann blinkte Seiyas Name auf. „Hey Schätzchen. Ich vermisse dich. Bitte melde dich doch!“ „Seiya…“ ich drückte die Nachricht weg und ließ das Handy in meine Rocktasche verschwinden. Wieso musste er sich jetzt melden? Das Geräusch eines Schlüssel lies mich aufatmen, nun würde alles gut werden. Mamoru betrat das Wohnzimmer und sah mich an und ich wusste etwas stimmte nicht. Er wirkte ernst, müde und abgekämpft. „Hi.“ Ich ging zu ihm und strich ihm über die Brust, als ich einen komischen Geruch an ihm wahrnahm. „Du riechst nach Zigarette.“ „Ich weiß. Ich hab ja auch geraucht.“ Er schob meine Hand sanft beiseite, zog sich den Pullover aus und schmiss ihn achtlos auf seinen Schreibtisch, während er dann an seinem T-Shirt zupfte. „Aber du rauchst doch gar nicht.“ Ich musterte Mamorus und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. „Nicht mehr. Aber zurzeit schon ab und an. Es ist kompliziert.“ „Ich wusste nicht dass du mal geraucht hast. Das hast du nie erzählt.“ Besorgt sah ich ihn an und suchte seine Nähe, doch er wich mir aus und wirkte nervös. Wieso wusste ich sowas nicht? Wieso erzählte er mir denn nichts von sich? Wir sahen uns an und ich redete mir ein, dass er einfach nur einen harten Tag hatte, dass es an mir lag, weil ich nie fragte. Ohne etwas zu sagen, ging er zurück in die Küche und kam mit einer Packung Keksen zurück. „Willst du auch?“ Ich schüttelte den Kopf und setzte mich auf das Sofa. „Du siehst müde aus.“ Stellte ich fest. „Ja ich komm gerade aus dem Krankenhaus.“ „Geht es dir gut?“ besorgt sah ich ihn an. „Hmm? Ja, der Vater eines Freundes liegt im Krankenhaus.“ Er wirkte besorgt und musterte mich. „Versprichst du mir etwas?“ „Mamoru?“ Fragend sah ich ihn an und verstand nicht was er nun wollte. „Ich will das mir versprichst mir bis zum Ende zuzuhören und dann, dann kannst du machen was du willst. Egal was, ich werde es einfach hinnehmen.“ Mein Magen zog sich krampfhaft zusammen und eine innere Stimme, welche ich in den hintersten Raum meines Herzen gesperrt hatte meldete sich zu Wort und begann mir zuzuflüstern, dass ich mir etwas vormachte – das er und Minako recht hatten. Aber ich nickte. Ich blieb still! Ich blieb still, als er mir erzählte dass er keine Zukunft mit mir wolle. Ich blieb still, als er mir sagte, dass er mich nicht um Chibiusa Willen heiraten könne. Ich zuckte zusammen und mir wurde schlecht als er mir von Massanorie erzählte; aber ich blieb still. „…ich weiß nicht was ich für ihn empfinde. Und ich weiß dass es dumm klingt, aber ich glaube dass ich mit ihm versuchen will eine Beziehung zu führen. Ich weiß nicht warum oder wieso? Aber ich weiß, dass ich es will. Jede Logik macht sich aus dem Staub wenn ich mit ihm zusammen bin, aber ich bin glücklich und mehr will ich nicht. Ich weiß nicht wie ich es sonst erklären soll.“ Er sah mich an und seufzte. Ich fühlte mich gedemütigt und völlig wehrlos. Ausgeliefert! Ohne ein Wort sah ich ihn an und musste das erst einmal verdauen. Mit vielem hatte ich gerechnet, aber doch nicht dass mir mein Prinz sagte, dass er mit einem Mann zusammen sein wollte. „Mit einem Mann?“ Ich sah ihn fassungslos an. „Du lässt zu, dass die ganze Welt untergehen könnte wegen einem Mann?“ Mamoru lehnte sich zurück und sah an die Decke. Ungläubig stand ich auf und ging, ich verstand es nicht. Anscheinend kannte ich Mamoru wirklich nicht. Massanorie Lenjier Es war kurz nach zwölf, als ich wieder in Richtung meines Appartements ging. Als ich vor einer halben Stunde aus dem Krankenhaus kam, stand Sparky schon vor der Tür und bettelte mich gierig an mit ihm Gassi zu gehen. Die ganze Zeit war ich im Krankenhaus gewesen, meine Mutter hatte es geschafft die Nachtschwester zu überreden, dass sie dableiben konnte. Sie wollte nicht von seiner Seite weichen und ich wäre auch am liebsten dort geblieben. Aber ich musste mich am nächsten Tag einer hungrigen Pressemeute stellen und die Aktionäre riefen auch schon den ganzen Tag an, so sagte es wenigstens Steven und meine dusslige Sekretärin. Noch immer konnte ich nicht verstehen, was da heute passiert war. Mein Vater, der Fels in der Brandung hatte eine Infarkt. In mir lief ein Film ab und ich stellte mir vor, wie viele Jahre ich vergeudet hatte mit Streitereien und Anfeindungen nur weil ich zu stur war seine Meinung anzuerkennen. Fassungslos über mich selbst sog ich die kalte Nachtluft ein. Meine Schwester und ich hatten uns darüber geeignet, dass sie morgen mit dabei sein wollte wenn ich den Reportern das gab was sie haben wollten – Informationen. Sie hielt es für besser, wenn wir zu zweit auftraten. Es war wohl das erste Mal seit Jahren, dass wir uns einig waren. Wie doch so ein Schicksal eine Familie wieder versöhnen konnte. Auch wenn ich es nie zugeben würde, aber ich hatte wirklich Angst um ihn. Wie er da im Konferenzsaal zusammengebrochen war, dass wollte ich nie wieder mitmachen. Meine Großeltern hatten am Telefon mitgeteilt, dass sie morgen in aller Frühe im Krankenhaus sein würden. Zum ersten Mal schien meiner Mutter das Auftauchen meiner Großeltern egal zu sein. Sonst geriet sie immer in Panik und wirkte verunsichert. Heute hatte sie nur genickt und versucht nicht mehr zu weinen, sie wollte nur seine Hand halten alles andere war egal. Und dann noch die Sache mit Mamoru. Es tat mir im Nachhinein leid das sich ihn so provoziert und genötigt hatte die Sache mit mir vor dem Krankenhaus zu klären. Aber für mich war das wichtig. Und auch, wenn wir das noch nicht ausgestanden hatten so wusste ich, dass er wieder mit mir redete und meine Anrufe entgegen nahm. Vielleicht hatte ich diesmal nicht alles falsch gemacht. Sparky winselte und leckte mir über die Hand. „Alles gut mein Junge!“ Ich beugte mich hinunter und vergrub meine Hände in seinem Fell, während er mir über das Gesicht schleckte. „Ja ich hab dich auch lieb. Entschuldige, dass ich mich momentan nicht so gut um dich kümmere. Ich werde mich bessern, versprochen.“ Ich fischte nach meinem Handy und fand es schließlich in einer Innentasche meines Mantels. Keine Nachricht. Wie schade, ich hätte eine aufbauende SMS gebrauchen können. „Wollen wir heute mal schauen, ob wir bei Mamoru schlafen können?“ Ich sah Sparky an, welcher bellte und mit dem Schwanz wedelte. Anscheinend gefiel ihm die Vorstellung. Und mir gefiel sie auch, denn ich wollte nicht allein sein, sondern musste mit jemanden reden und da sich mein „Freundeskreis“ ja auf – um es mit Mamorus Worten zu sagen – Fick-Freunde beschränkte, hoffte ich mein Glück bei Mamoru zu finden. Also packte ich einige Sachen zusammen, als ich wieder in der Wohnung war und machte mich auf zu Mamoru. Unterwegs hielt ich noch bei einem Supermarkt und kaufte etwas als Mitbringsel und um ihn freundlich zu stimmen. Mein Körper war so mit Adrenalin voll gepumpt, dass ich einfach nicht zur Ruhe kam – so kam es mir zu mindestens vor, als ich vor Mamorus Tür stand. Das letzte Mal ich hier war, hatte die Katastrophe seinen Lauf genommen. Dementsprechend nervös war ich als ich auf die Klingel drückte. Es dauerte keine fünf Sekunden, als die Tür geöffnet wurde. Ich sah Mamoru an und meine Angst ihn zu wecken war wohl unbegründet gewesen, er trug eine Jogginghose und hatte ein ausgeleiertes Shirt an. „Hey. Ist alles ok mit deinem Vater?“ Ich nickte. „Ich wollte nur um Asyl bitten, nur für eine Nacht. Aber ich kann gerade nicht in dieser riesigen Wohnung sein und…“ ich kramte in der Einkauftasche. „…ich habe ein Geschenk mitgebracht um dich wohlwollend zu stimmen.“ Ich hielt ihm eine Packung Schokolade hin und setzte ein Lächeln auf. Er nahm die Schokolade und sah zu Sparky. „Das macht zwei Tafeln.“ Gab er nur matt von sich, bevor er die Tür weiter öffnete und uns herein lies. „Ich hab noch eine in der Tasche.“ Gab ich nur als Antwort und betrat die Wohnung. „Danke. Ich weiß es ist eine blöde Situation…“ „…es ist ok. Wir haben das geklärt und zurzeit steht das mit deinem Vater im Vordergrund, also lass es gut sein. Zudem reden du und ich uns immer um Kopf und Kragen. Also lassen wir es doch.“ Mamoru wirkte genervt. „Ich kann auch gehen.“ Ich klang schroffer als gewollt. „Er sah mich nun seufzend an. „Genau das meine ich. Ich hab doch gesagt, es ist ok. Ich geh jetzt baden, im Kühlschrank steht noch ein Flasche Wein, die hat May gestern als Dank mitgebracht. Fühlt euch wie zu Hause.“ Er streichelte Sparky noch und verschwand dann im Bad. Mamoru Chiba Immer dieses Diskutieren, wenn ich sage es ist ok, dann ist es ok. Seufzend ließ ich mich in das heiße Wasser sinken und schloss die Augen. Ruhe! Perfekt. Kein Gerede, kein Gejammer, keine Menschen die mir erzählen dass wegen mir die menschliche Rasse aussterben wird. Das klopfen an der Tür ließ mich jedoch erkennen, dass ich niemals meine Ruhe haben würde, nicht mal in den eigenen vier Wänden. „Komm rein!“ was solle ich auch sonst sagen. Noch immer hatte ich die Augen geschlossen und ich öffnete sie erst, als ich etwas Kaltes an meinem Arm spürte. Überrascht sah ich auf das Weinglas, welches mir Massanorie hinhielt. „Ich dachte du willst vielleicht auch.“ Ich zögerte nahm es dann aber auch. „Darf ich bleiben?“ Ich nickte nur. Massanorie hatte sich die Socken ausgezogen, die Hosenbeine waren hochgekrempelt, ebenso wie seine Hemdärmel. Er setzte sich an das Fußende der Wanne und ließ seine Fingerspitzen durch das Wasser und den Schaum gleiten, während er an seinem Glas nippte. „Hast du die Schokolade zufällig auch dabei?“ Irgendwie bestand mein Essen am heutigen Tag nur aus Keksen und Schokolade. Was für eine Ernährungsgrundlage – Bravo! Er lächelte, stand auf und kam nur einige Sekunde später mit einer Tafel zurück. Ohne etwas zu sagen, machte er sie auf und brach einige Stücke von der Tafel ab, bevor er sie mir hinhielt. „Danke.“ Schweigend saßen wir eine Weile so da, ich war in meine eigenen Gedanken vertieft und merkte erst nach einer geraumen Zeit, dass er mich ansah. „Hmm? Was ist?“ „Nichts. Ich dachte nur gerade dass du wirklich hübsch bist, wenn du so ernst und nachdenklich aussiehst!“ Wow, das war sicherlich lieb gemeint, ab absoluter Schnulzen Kram. Ich setzte mich auf und schnippte ihn an die Stirn. Er zuckte kurz zusammen und war anscheinend irritiert. „Was soll das? Seit wann bist du denn so ein Softie geworden?“ Er lachte etwas und rieb sich die Stelle an seiner Stirn wo ich ihn getroffen hatte. „Keine Ahnung, jetzt gerade. Ich dachte ich sag mal was Nettes zu dir.“ Ich schnaufte verächtlich. „Aber nicht so einen Ramsch. Falls du es noch nicht bemerkt hast, aber von uns beiden bin ich der sensible, weinenden, in Kummer und Selbstmitleid zerfließende und du hast die Rolle, des selbst-verliebten, herrischen Prolls, den niemand leiden kann und der nie lächelte oder nett ist. Wenn du jetzt anfängst meine Schiene zu fahren, dann kannst du gleich wieder gehen. Ich komm nämlich schon nicht mit mir selber klar, wie soll ich dann dich ernst nehmen oder mögen.“ Er dachte kurz nach und noch bevor ich reagieren konnte, hatte er seine Hand auch schon in meinen Haaren vergraben und zog mich mit einem Ruck zu sich. „Du fieser kleiner Bengel. Wie kannst du nur. Ich bin zerfressen von Schuldgefühlen und so einem Scheiß und nun hältst d mir auch noch eine Standpauke.“ Eine Antwort erwartete er nicht, denn er hatte den Satz noch nicht ganz ausgesprochen, da spürte ich auch schon seine Lippen auf meinen. Er machte sich nicht einmal die Mühe mich zärtlich zu küssen, er eroberte meinen Mund hart und schnell und ließ mir keine Zeit für einen Einspruch oder Gegenwehr. Kapitel 20: Step Twenty... Self-awareness ----------------------------------------- Step Twenty… Self-awareness Du kannst dich nicht selber finden, indem du in die Vergangenheit gehst. Du findest dich selber, indem du in die Gegenwart kommst. Eckhart Tolle Bunny Tsukino Das konnte nicht wahr sein. Das war alles nur ein böser Traum. So wie damals als Mamoru mit mir Schluss gemacht hatte, weil er mich beschützen wollte. Ich wusste, dass mit Seiya war ein Fehler – auch wenn ich Gefühle für ihn hatte. Aber ich liebte Chibiusa, wie konnte ich also so egoistisch sein. Mamoru konnte das nicht ernstgemeint haben. Das war nicht wahr, er log – da war ich mir sicher. Ich strich mir die Tränen aus den Augen und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. So saß ich nun auf meinem Bett und hoffte, dass ich endlich aufwachen würde aus diesem Alptraum. Luna war bei Artemis und ich wollte niemanden sehen. Was war bloß aus unserer strahlenden Zukunft geworden? Das leise vibrieren meines Handys ließ mich aufsehen. Rays Name blinkte auf. Sie machte sich Sorgen, in den letzten Wochen war sie immer für mich da gewesen und hatte mich getröstet. Doch nun ließ ich das Handy einfach klingeln, ich wollte sie nicht sprechen, was hätte ich auch sagen sollen?! Es verstummte, nur um einige Zeit später wieder zu läuten, dies widerholte sich noch einige Male. Es war nun schon fast Mitternacht, aber ich bekam kein Auge zu, ich wollte einfach nur, dass es aufhörte. „Bunny?“ Ich zuckte zusammen, strich mir die Tränen aus den Augen und sah aus dem Fenster. Wieder hörte ich meinen Namen. Nun stand ich auf und betrat meinen Balkon. Ray stand unten und sah mich besorgt an, dass konnte ich selbst im Licht der Laternen erkennen. Sie hatte einen roten Wollmantel an und einen Schwarzen Schal umgeschlungen. „Ich hab mir Sorgen gemacht, du bist nicht rangegangen und ich hatte ein komisches Gefühl!“ Ihre Stimme klang so besorgt, dass ich wieder in Tränen ausbrach. Weinend ging ich wieder rein um ihr die Tür zu öffnen. Kaum hatte ich dies getan, lag ich schon weinend in ihren Armen und ließ mich trösten. Nur stockend konnte ich erzählen was passiert war. „Bitte was?“ Völlig aufgebracht sah sie mich an und strich mit die Haare zurück. „Nun hör auf zu weinen Bunny.“ Alles wird wieder gut. Morgen früh gehen wir zu ihm und dann klären wir das, das ist ja wohl alles nur ein schlechter Scherz!“ Ich glaubte nicht daran, aber das wollte ich ihr nicht sagen. Also nickte ich nur und war froh, dass sie die Nacht bei mir blieb. So war es erträglicher. Massanorie Lenjier Ja sicherlich – man konnte das hier auch als pietätlos ansehen. Oder als unangebracht oder so was. Aber für mich war es zum einen eine Art den Kopf frei zu bekommen und zum anderen wollte ich Mamoru wieder zurück gewinnen und da war wohl etwas Körpereinsatz nicht falsch. Nachdem er mich im Bad doch recht schnell abgewiesen hatte, war ich reumütig ins Wohnzimmer verschwunden und hatte die Couch ausgezogen. Mamoru hatte mir zuvor deutlich gemacht, das sich zwar hier bleiben durfte, aber nicht in seinem Bett. Auch damit fand ich mich zunächst ab, aber als er dann zu mir kam und wir beiden schweigend nebeneinander gesessen hatten, hatte ich einen erneuten Vorstoß gewagt und bis jetzt sah es nicht schlecht aus. Was sicherlich auch dem zweiten Glas Wein zu verdanken war, dass wir beide intus hatten. Dieses Mal war es jedoch anders als wie bei den letzten Malen, ich wollte nicht wieder über ihn herfallen, sondern ihm zeigen, dass ich mehr konnte als ihn rau anzufassen. Meine Finger glitten langsam immer weiter unter sein dünnes Shirt und erlaubten mir mit jeder Sekunde mehr von seinem hübschen Körper zu sehen. Zärtlich strich ich mit meiner Nasensitze den Weg meiner Finger nach und ließ meine Lippen nur leicht über seine warme Haut gleiten. Seine Finger fuhren mir durch die Haare, was mir ein kribbeln über den Rücken jagte. An seinen Brustwarzen verweilte ich eine Weile und beobachtete wie sein Brustkorb sich auf und ab bewegte. Mein Kopf hob sich wieder und ich wandte mich seinem Gesicht zu. Er sah mich an und ein kleines Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab. „Ich dachte wir wollten das nicht.“ Seine Finger glitten wieder durch meine Haare und zupften leicht an einer Strähne. Lächelnd beugte ich mich zu ihm hinunter und berührte seine Lippen nur leicht mit meinem - nur ein Hauch. Zu wenig um Hoffnung zu erwecken, zu viel um zu Leugnen das es passiert war. Mein Blick fixierte ihn und ich konnte mich einfach nicht von diesen Augen losreisen. „Du hast das beschlossen. Ich wollte nur nicht streiten – schon wieder!“ flüsterte ich nur, bevor ich ihn erneut küsste. „Verstehe.“ Hauchte er in den Kuss hinein und erwiderte ihn dann. Ich schob mich nun komplett über ihn und Mamoru spreizte seine Beine ohne Widerspruch für mich. Das hier war perfekt. Wortlos rutschte ich wieder etwas hinunter und ließ meine Finger erneut unter sein Shirt gleiten, nur um seine Haut dann mit Küssen zu bedecken. Mamorus Atem ging nun schneller - erwartungsvoller. Wieder bei seinen Brustwarzen angelangt, glitt meine Zunge über sie und neckte sie mit langsamen saugen und lecken. Ein leises Keuchen drang an mein Ohr, was mir einen erneuten Schauer über den Rücken jagte. Mein kleiner Prinz beugte seinen Rücken durch und drängte sich mehr an meine Lippen. Bedächtig seinen Geschmack zu genießen, seine Stimme, seinen ganzen Körper glitt ich nach unten und hinterließ eine Spur mit meinen Lippen. An seinem Bauchnabel angekommen, zeichnete ich kleine Kreise mit meiner Zunge um ihn herum, um mich dann zärtlich an ihm festzusaugen. Meine Finger glitten an der Außenseite seiner Schenkel nach oben und spielten mit dem Bund seiner Trainingshose. Ich konnte die kleinen schwarzen Haare sehen, welche von seinem Bauchnabel zu seiner Scham führten. Meine Nase glitt durch sie hindurch und ich wollte diesem kleinen Wegweiser ohne weiteres Folgen, als ich plötzlich Mamorus Hand in meinen Haaren spürte, welche nun fester zugriff und mich zwang ihn anzusehen. Er lächelte und ich konnte die Röte in seinem Gesicht sehen, welche von seiner eigenen Erregtheit kam. „Bist du sicher dass das ok ist?“ „Wieso nicht?“ Er seufzte und richtete sich auf. „Weiß nicht?“ er entzog sich mir und seufzte. „Weil die Sache mit Steven noch immer im Raum steht, wir noch immer nicht geklärt haben, was nun mit uns ist und dein Vater im Krankenhaus liegt.“ Das er recht hatte stand außer Frage – gefiel es mir – Nein! So ein Scheiß. „Vielleicht sollten wir einfach schlafen. Es war ein anstrengender Tag – für uns beide!“ Mit einem gequälten Lächeln stand er auf und verschwand in seinem Schlafzimmer. Was war denn bitte das gerade gewesen? Sprachlos sah ich ihm hinterher und ließ mich schließlich einfach nur ins Kissen fallen. Frustration machte sich breit und schließlich mit einem gewaltigen Knall war auch wieder die Sorge um meinen Vater da. Etwas Ablenkung wäre genau richtig gewesen, aber wahrscheinlich war Sex doch kein Allheilmittel, wie ich bis jetzt immer gedacht hatte. Mamoru Chiba Ich lag wach! Nicht einfach eine Stunde oder zwei! Nein! Die ganze Nacht. Es war halb sechs, draußen war es dunkel und ich starrte noch immer an die Decke, wälzte mich hin und her und wusste nichts mit mir anzufangen. Was also tun? Dumm hier liegen bleiben und warten? „Ich könnte joggen gehen.“ Wisperte ich zu mir selbst und musste zugeben, dass diese Idee wahrscheinlich die beste war die ich in den letzten vier Stunden gehabt hatte. Ich schlüpfte aus dem Bett und in meine Laufsachen. Ein dicker Pullover und eine Kapuzenjacke sollten reichen um nicht zu frieren. Leise schob ich die Tür meines Schlafzimmers auf und sah zu der Couch. Massanories leise und regelmäßige Atemzüge ließen meine Hoffnung, dass auch er nicht schlafen konnte zerplatzen. Was hatte ich denn auch erwartet? Das er wach da lag und von seinem Weltschmerz aufgezehrt wurde? Wahnsinn, die kleine Stimme war auch schon wach und anscheinend fit. Innerlich seufzend schlich ich mich an ihm vorbei. Gerade als ich in meine Schuhe schlüpfte, wurde ich von hinten an gestupst. „Guten morgen Sparky.“ Flüsterte ich nur und strich ihm durchs Fell, was er sich auch gerne gefallen ließ. Schwanzwedelnd sah er mich an und schien sehr erfreut, dass ich joggen gehen wollte. „Willst du vielleicht mit?“ Natürlich konnte er nicht antworten, aber er drehte sich um, verschwand in meinem Wohnzimmer und kam mit seiner Leine im Maul zurück – was dann soviel wie ein Ja bedeutete. Lächelnd setzte ich mir meine Mütze auf, zog ein paar Handschuhe an, nahm die Leine und machte mich zusammen mit dem besten Freund des Menschen auf in die Kälte. Wir waren schon eine knappe Stunde unterwegs und Sparky schien begeistert von dieser frühmorgendlichen Unternehmung. Die kalte Luft einzuatmen war angenehm und die anfängliche Kälte war auch verschwunden. Der November war eigentlich kein schöner Monat. Alles war kahl und grau. Der Himmel, die Straßen – einfach alles. Da war man ja wirklich fast froh, wenn es endlich zu schneien anfing. Das Gespräch mit Bunny am Vorabend ging mir wieder durch den Kopf und ich schämte mich etwas, ihr so weh getan zu haben. Dazu kam dann auch noch, dass ich Massanorie vor ihr als meinem Freund betitelt hatte obwohl ich gar nicht wusste ob das stimmte. Es war mir einfach so herausgerutscht. So ein Mist. Auch hatte ich das Gefühl, etwas vergessen zu haben, als sie gegangen war, aber wirklich einfallen was es war wollte mir nicht. Vielleicht war es auch nur Einbildung. Ich hielt an und atmete tief ein und aus. Mein Kopf war wieder etwas klarer, nicht aufgeräumt oder so, nur etwas klarer. Sparky bellte und lief um mich herum, so dass sich die Leine um meine Beine wickelte. „Hey!“ ich befreite mich aus seiner Falle und kniete mich zu ihm. „Na. Das gefällt dir oder?“ Ein Bellen und ein freudiges Schwanzwedeln. “Ja mir tut laufen auch immer gut. Dein Herrchen wird wohl in nächster Zeit nicht mehr soviel Zeit für dich haben. Also müssen du und ich uns etwas einfallen lassen.“ Ich kraulte ihn hinter den Ohren und dachte darüber nach, ob Massanorie wohl vor hatte länger bei mir in der Wohnung zu bleiben. „Wenn dein Herrchen länger bei mir bleibt, wird das bestimmt anstrengend. Ich muss nämlich ab morgen wieder arbeiten und dass dann auch noch auf dem Fischmarkt. Sein Vater liegt im Krankenhaus, Steven wird wahrscheinlich auch irgendwann dort auftauchen und bei meinem Glück genau dann wenn ich auch da bin. Oder glaubst du, ich sollte lieber nicht mehr hingehen. Ich meine, er ist ja nicht mein Vater?!“ Sparky sah mich nur an und leckte mir schließlich übers Gesicht. Na großartig, ich führte nun keine Selbstgespräche mehr, sondern ich unterhielt mich mit einem Hund – war das eine Verbesserung? Ich bezweifelte es. Ein Windstoß der mir durch Mark und Bein ging erinnerte mich daran, dass es nicht sehr sinnvoll war einfach nicht weiter zu laufen. Ich schnappte mir erneut die Leine und lief weiter. Es war nun kurz vor sieben, als ich fast wieder bei meiner Wohnung war. Noch immer war es stockdunkel und nur ab und an kamen mir Menschen entgegen, die wahrscheinlich auf dem Weg zur Arbeit waren. Leicht frierend betraten wir meine Wohnung. Ich lauschte und konnte nichts hören. Sparky schüttelte sich und ich schmunzelte, da er danach kurz so aussah wie ein Fellknäul mit Beinen. Ich fror und schwitzte gleichzeitig, also beschloss ich kurz unter die warme Dusche zu springen und dann eventuell Massanorie zu wecken. Er hatte erwähnt, dass er früh ins Krankenhaus wollte und die Presse wollte wohl heute auch noch ihren Teil dieser „Story“ abhaben. Das warme Wasser tat richtig gut und am liebsten wäre ich gar nicht mehr unter der Dusche hervorgekommen. Nachdem ich mich abgetrocknet und mir ein Handtuch um die Hüfte gewickelt hatte betrat ich den Flur, wo schon ein fröhlicher Hund auf mich wartet und mir ein Spielzeug vor die Füße warf. Es sah aus wie eine Plüschmaus, ich bückte mich und stellte fest, dass sie wohl quietschte. Sparky bellte einmal und stupste mich auffordernd an. „Hey nicht so laut! Herrschen schläft doch noch!“ Ich tadelte Sparky etwas, lächelte dann aber und schmiss das Spielzeug weg, damit Sparky ihm hinterher jagen konnte. In einem kleinen Flur nicht unbedingt sinnvoll, aber er freute sich. „Ich bin schon wach, keine Sorge!“ Erschrocken sah ich auf. Massanorie stand im Türrahmen zum Wohnzimmer. So wie er aussah war er gerade erst aufgestanden, seine zerzausten Haare und sein zerknittertes Gesicht ließen darauf schließen. „Entschuldige.“ Wisperte ich nur, denn ich versuchte meine Verlegenheit zu verstecken, indem ich mich räusperte und wo anders hinsah. Massanorie trug nur seine engen Shorts und diese versteckten gerade nicht unbedingt seine Erektion. Ihn schien das jedoch nicht zu stören, er nahm Sparky das Spielzeug ab und warf es erneut, diesmal jedoch ins Wohnzimmer. „Wart ihr weg?“ Ich nickte und überlegte mir, wohin ich am besten sehen konnte, ohne völlig verlegen und so zu wirken. Doch Massanorie musterte mich nur und verstand nach einigen Sekunden wohl, warum ich ihn nicht ansah und so herumdruckste. „Du bist süß!“ entfuhr es ihm nur, bevor er die zwei oder drei Schritte die uns voneinander trennten überwand und mich küsste. „Hey!“ kommentierte ich diesen morgendlichen Überfall nur und schob mich an ihm vorbei in Richtung Wohnzimmer und somit meines Schlafzimmers um mich anzuziehen. Sparky vereitelte meinen Plan jedoch, da er sich mir in den Weg stellte und mir die Maus vor die Füße legte. „Er will spielen!“ „Ja das merke ich.“ Kommentierte ich diesen total sinnfreien Kommentar. SO schlau, dass ich das selbst wusste, war ich allemal. Ich wusste, dass Massanorie nun wieder hinter mir stand, seine Finger glitten über meinen Rücken. Das er morgens so rattig sein konnte, war ja Wahnsinn. Nicht zum aushalten. Er begann meinen Nacken zu küssen und ich seufzte nur, aus Frustration. Zwei Sekunden lang ließ ich es mir gefallen, drehte mich dann jedoch um und kniff ihn in die Seite. Er zuckte zusammen und verzog etwas schmerzhaft das Gesicht. „Lass das. Du solltest duschen und was essen. Und dann ins Krankenhaus fahren!“ Dies war kein Vorschlag, sondern eine sehr direkte Anweisung. Massanorie schien es auch genauso zu verstehen. „JA mein General.“ „Ha ha. Sehr witzig.“ Ich lehnte mich gegen die Wand und sah ihm ins Gesicht, während seine Augen überall waren „Mein Gesicht ist hier oben.“ Tadelte ich nun das Herrchen ebenso wie ich Sparky zuvor getadelt hatte. „Ich weiß, aber den Rest schau ich mir auch gerne an.“ „Hmm.“ Kam nur von mir, sowie ein Kopfschütteln. Schweigend sah ich ihn an und wollte gerade wieder gehen, als mir wieder seine Halskette auffiel. Ohne nachzudenken griff ich danach und sah sie mir an. Ich fand es immer noch komisch, dass ein Mann wie er gläubig sein sollte. Zudem hatte ich nicht sehr viel Verständnis für Religionen. Sie nutzen doch niemanden etwas. Man betete und trotzdem passierte nichts. Ich wusste das nur zu genau. „Hey.“ Seine Stimme riss mich aus seinen Gedanken. „Alles ok?“ Ich nickte nur und ließ die Kette und das kleine Kreuz wieder los. Ich tippte ihn auf die Brust und stutzte. „Hast du dir wehgetan?“ Massanorie zuckte kurz zusammen, ich war mir nicht sicher warum. „Entschuldige. Tut das weh?“ Ich besah mir die kleine Narbe an seiner Brustwarze. „Nein es tut nicht weh, aber wenn du mir über die Brustwarzen streichst ist wohl klar, warum ich zusammen zucke, oder?“ Schnell zog ich meine Hand zurück und räusperte mich. „Entschuldige.“ „Und was die Narbe angeht, ich hatte mal ein Piercing und na ja was soll man sagen, nach einer Schlägerei hatte ich keins mehr.“ Er zuckte mit den Schultern. „Du warst wirklich mal gepierct?“ Das überraschte mich nun doch. So was hätte ich von ihm nie erwartet. „Ja. Ich steh auf sowas.“ Mir wurde leider viel zu spät bewusst, was für ein Thema ich hier angefangen hatte. Massanorie lächelte etwas. Es war ein sehr anzügliches Lächeln. „Ich denke dir würde sowas auch gut stehen.“ „Nein danke.“ Kommentierte ich diese Aussage nur. „Ich wusste gar nicht, dass du auf solche Dinge stehst.“ „Oh. Ich hab noch ganz andere Fetische. Glaub mir.“ Auch wenn es wahrscheinlich dumm war, war ich neugierig geworden und wollte schon wissen auf was ich mich bei ihm einließ. „Ok!?“ „Eine kurze Zusammenfassung wäre jetzt ganz nett. Schließlich muss ich ja wissen auf was ich mich einlasse.“ Ich klang sehr von mir selbst überzeugt und auch gar nicht schockiert. Ich hatte das gut gemacht. Massanorie aber schien mir meine gespielte Offen- und Gelassenheit nicht abzukaufen, spielte aber mit. „Ach nichts Besonderes. Ich mag es nur, wenn Männer sich rasieren.“ Ich schluckte etwas, ließ mir aber nicht anmerken, dass ich nervös war und verunsichert. Mit einem schulterzucken und dem Spruch. „Das ist ja nichts Ungewöhnliches.“ Kommentierte ich seinen Ausspruch. „Wirklich? Dann würdest du dich für mich rasieren – komplett.“ Nun musste ich doch etwas mit mir kämpfen um meine Gelassenheit beizubehalten. „Komplett?“ Meine Stimme hatte nicht mitbekommen, dass ich gelassen sein wollte. Sie klang eher sehr verunsichert. Er lächelte und nickte. „Ja komplett. Achseln, Beine, Arme… das ganze eben.“ Bei den letzten Worten ließ er seine Finger über die schwarzen Härchen welche von meinem Bauchnabel weg führten gleiten. „Am liebsten mach ich das immer selber. Ich finde ja, dass eine Rasur etwas sehr erotisches haben kann.“ So die Gelassenheit war weg und zurück blieb die Mentalität eines Teenagers der überfordert war. Ohne eine Vorwarnung, drückte Massanorie seine flache Hand zwischen meine Beine. Ich stöhnte kurz auf und hielt mich an seinen Armen fest. „Nicht.“ Keuchte ich nur leise und versuchte mich wieder zu fangen. „Wieso? Ein morgendlicher Quickie ist das Beste am Tag. Zudem hast du mich gestern Abend am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Auch wenn ich den Grund verstehe. Aber warum soll nur immer ich leiden.“ Welch Ironie in diesem Satz steckte merkte Massanorie wohl auch erst nachdem er ihn ausgesprochen hatte, denn er zog seine Hand zurück und küsste mich plötzlich sehr zärtlich. Nach einer gefühlten Ewigkeit, löste er sich von mir und rieb seine Nasensitze an meiner. „Entschuldige. Das war ein blöder Satz. Ich bin wohl wirklich nicht sehr schlau bei sowas.“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein schon gut. Ich begreife langsam, dass dein Mund manchmal auch viel schneller ist als dein Kopf. Außerdem…“ ich lächelte und bewies im nächsten Augenblick, dass auch ich forsch sein konnte, wenn ich es denn wollte und mir keine Gedanken machte. Meine Hand legte sich auf seine Shorts und ich drückte seine Erektion etwas. Er zog die Luft scharf ein. „…kannst du ja gar nicht denken, wenn dein ganzes Blut hier benötigt wird.“ Grinsend sah ich ihn an und zog die Hand zurück. „Du bist ziemlich unberechenbar.“ Kommentierte er nur. Zwar war ich stolz auf das was ich gerade gemacht hatte, besonders weil ich dafür einige Hemmschwellen niederreißen musste, aber das ich rot geworden war, war selbst mir bewusst. „Gut, ich geh jetzt duschen und sorge wieder für ausreichend Blut in meinem Kopf, ok?“ Nickend sah ich ihn an. Massanorie wirkte ganz normal, er war wie immer, aber ich konnte in seinen Gesichtszügen erkenne, dass es ihm wohl nicht so gut ging. Er versteckte das nur viel besser als ich es je gekonnt hatte. Mir wurde bewusst, dass dieses ganze Getue, dieses mich ärgern und Sex haben wollen, wohl nur seine Art war mit der Situation fertig zu werden. „Bekomm ich noch einen Kuss?“ Ich tippte auf seine Brust. Anstatt einer Antwort bekam ich einen Kuss, welcher dieses Mal wohl wirklich lange dauerte. Ich konnte hören das Sparky anfing zu bellen, hielt es jedoch für den Protest das man nicht mit ihm spielte. „Mamoru!“ Mein Kopf schnellte zur Seite und ich wusste plötzlich, was ich vergessen hatte als Bunny gestern Abend gegangen war. Meinen Zweitschlüssel! Nun stand sie zusammen mit Ray in meiner Wohnungstür. Beide waren kreidebleich und wenn Bunny mir gestern Abend nicht geglaubt hatte, dann sicherlich jetzt. Was sollte man auch jetzt noch missverstehen. Ich stand halb nackt mit einem anderen halb nacktem Mann in meinem Flur und wir küssten uns. Also bitte, wer konnte das nicht verstehen. „Wie kannst du nur!“ Ray sah mich wütend an. „Ich dachte, Bunny hätte es falsch verstanden, dass sie einfach übertreibt, aber dass du das hier wirklich machst.“ Bunny begann zu weinen. Seufzend löste ich mich von Massanorie und schob ihn etwas von mir weg. „Wolltest du nicht duschen?“ fragte ich ihn ernst und machte so sehr deutlich, dass er verschwinden sollte. Ich wollte das hier alleine klären und hatte keine Lust auf seine Kommentare. „Ich geh Kaffeekochen.“ Er ging in die Küche und ich hörte wie er in meinen Schränken wühlte. „Was fällt euch eigentlich ein hier um diese Uhrzeit aufzutauchen!“ Mir stand es bis zum Hals, ich hatte auf diesen Scheiß keine Lust mehr. „Was uns einfällt. Was ist denn bitte mit dir? Was soll das? Kannst du dir vorstellen was Bunny gerade durchmacht. Was du gerade alles zerstörst. Und sein wann stehst du denn bitte auf Männer.“ Wütend sah ich sie an. „Ich wüsste nicht warum ich vor dir Rechenschaft ablegen muss. Ich hab Bunny gestern Abend sehr deutlich erklärt, was los ist. Ich hab es ihr erklärt und nichts von dem was ich gesagt habe werde ich zurück nehmen.“ „Ich hab gedacht wir könnten das klären.“ Bunnys Stimme klang gepresst. Ray legte sofort einen Arm um sie. „Wir haben das gestern geklärt.“ So langsam verlor ich die Geduld. „Du hast gar nichts geklärt. Du machst alles kaputt. Einfach alles. Wegen dir ist Bunny am Boden zerstört, wegen dir wird Chibiusa nicht geboren und wegen dir…“ So jetzt reichte es mir. „Wegen mir? Wegen MIR?“ Ich strich mir durch die Haare und atmete tief ein und aus. „Was interessiert mich denn bitte die Zukunft? Was interessiert mich gerade Chibiusa? Zurzeit interessiert mich eher mein verkorkstes Leben auf die Reihe zu bekommen. Zurzeit interessiert es mich, dass ich es schaffe eine Beziehung mit diesem Mann aufzubauen für den ich mehr Gefühle habe als für Bunny. Ich hab keine Lust mehr diese Welt zu retten, ich hab keine Lust mehr ständig nur das blöde Anhängsel zu sein. Du und Bunny und auch die anderen, ihr wisst doch einen scheiß Dreck von mir. Also maß dir nicht an mir zu sagen was ich will oder nicht. Du hast doch keine Ahnung.“ Ich wurde lauter und aufgebrachter. „Ich hab für diesen blöden Kinderkram keine Zeit, ich hab echt bessere Dinge zu tun als mich mit Bunny rumzuärgern, die denkt dass sie ihr Glück aufgeben muss nur für eine bescheuerte Zukunft.“ Ich wandte mich an Bunny. „Und was dich angeht. Hör auf zu heulen. Ich kann es nicht mehr sehen. Ich finde es toll, dass du alles tun würdest für diese Welt und so. Aber mal ernsthaft, ich bin jetzt der böse, du hast doch schon was mit Seiya am laufen gehabt, als du dachtest ich wäre in Amerika. Und wag es nicht mir zu sagen es wäre nicht so. Ich bin doch kein Idiot. Ich mag, ja was Gefühle angeht, nicht unbedingt der hochentwickeltste sein, aber so gefühlskalt bin ich auch nicht. Und wenn das alles ist was ihr heute hier wolltet, dann könnt ihr gerne wieder gehen.“ Mit diesen Worten drehte ich mich um und wollte gehen, als mir erneut einfiel was ich am Tag zuvor schon vergessen hatte. „Ach ja, meinen Zweitschlüssel hätte ich gerne wieder zurück.“ Ich sah Bunny an. Sie hatte mit weinen aufgehört und schien nun auch wütend auf mich zu sein, denn se nahm den Schlüssel und warf ihn mir vor die Füße. „Sehr erwachsenen. Wirklich Bunny, sehr erwachsen!“ rief ich nur nach, während meine Wohnungstür mit einem lauten Knall ins Schloss fiel. Mein Tag war gelaufen. Massanorie kam aus der Küche und sah mich an. „Alles gut?“ Ich schüttelte den Kopf. Ich verschwand ohne ein weiteres Wort ins Schlafzimmer und zog mich an. Jetzt musste ich schneller sein als Bunny und Ray. Sicherlich würden sie die anderen Mädchen anrufen und wenn Minako das erfuhr, würde sie es Yosuke erzählen und er dann May. Wenn ich mich schon outete und das Arschloch der ganzen Welt war, dann wollte ich das zu mindestens meinem Freunden selber sagen. Als ich in die Küche kam, saß Massanorie am Tisch und nippte an einem Kaffee. „Willst du einen?“ „Nein. Ich muss los. Ich muss zu May und Yosuke.“ „Wieso?“ Genervt sah ich ihn an. „Weil ich, wie es dir bereits aufgefallen sein müsste, nur zwei Freunde habe. Und wenn Ray und Bunny gleich der Meinung sind alle gegen mich aufzubringen, würde ich gerne noch die Chance haben, meine beiden Freunde zu behalten.“ Er nickte nur und machte keine Anstalten mich aufzuhalten oder auszufragen. „Ich nehm Sparky mit und komm später im Krankhaus vorbei.“ Ich stockte. „Wenn du das willst heißt das.“ fragend sah ich zu ihm. „Ich würde mich freuen, wenn du später rum kommst.“ Wir lächelten uns nur kurz an bevor ich verschwand. May Godai Schlafen war toll, besonders wenn man die ganze Nacht gearbeitet hatte. Ich war kurzfristig für eine Arbeitskollegin eingesprungen. Als Dj zu arbeiten war manchmal wirklich hart. Die Leute dachten immer, man würde nur Musik auflegen, tanzen und so. Aber das war wirklich harte Arbeit, auch wenn es eine tolle Arbeit war. Ich drehte mich noch einmal herum und versank gerade wieder im Tiefschlafmodus als ich leicht an gestupst wurde. „May?“ Ich blinzelte etwas und sah in Mamorus Gesicht, er saß vor meinem Bett, seinen Kopf auf mein Bett gelegt. „Hey.“ Flüsterte ich nur und versuchte leicht zu lächeln. „Ich hoffe es ist wichtig. Ich bin nämlich erst vor einer Stunde ins Bett gekommen. Also muss es echt wichtig sein, sonst bin ich etwas sauer, dass du mich nun weckst.“ Ich rollte mich wieder zusammen und schloss die Augen. „Ja irgendwie schon. Ich dachte mir, ich sag es dir bevor Yosuke bei dir anruft.“ Ich gab nur ein murmelndes Geräusch wieder und ersuchte noch etwas ansprechbar zu bleiben - was mir nur sehr schwerlich gelang. Ansatzweise hörte ich was er mir nun sagte und als er fertig war, öffnete ich schließlich meine Augen einen Spalt um ihn zu mustern. „Du weckst mich also, um mir zu sagen, dass du mit Massanorie zusammen bist und das Bunny euch heute Morgen erwischt hat, wie ihr in deinem Flur rumgemacht habt?“ Er wollte gerad protestieren, wahrscheinlich um mir zu sagen, dass sie nicht rumgemacht hatten. Ich winkte nur ab. „Du bist süß. Aber ich wusste schon, dass zwischen euch was läuft.“ „Was?“ Seufzend streckte ich mich und setzt mich nun doch auf. Ich zupfte an meinem Top und gähnte. Das Flurlicht fiel in mein Zimmer und ich sah, dass neben Mamoru ein Hund saß. „Da ist ein Hund.“ Kommentierte ich das gesehene und wandte mich dann wieder Mamoru zu. „Ich hab gesagt, ich wusste das schon. Ich meine, ich bin ja nicht dumm. Du hast soviel von ihm geredet und so und… das ist einfach so ein Frauen sechster Sinn Ding. Das versteht ihr Männer nicht!“ Ich beugte mich zu ihm und drückte ihm einen Kuss auf den Mund. „Ich finde es lieb, dass du es mir persönlich sagen wolltest und ich es nicht über Yosuke und die Mädchen erfahren sollte. Aber…“ „Aber?“ Mamoru schien immer noch etwas verwundert über meine Reaktion. „Aber, kannst du jetzt gehen Ich will schlafen. Wir reden heute Abend oder so…“ Ich grinste und ließ mich zurück ins Bett fallen. Ich hörte wie er aufstand und spürte wie er mir einen Kuss auf die Stirn drückte. „Ich hab dich lieb May.“ „Ich dich auch.“ Und schon im nächsten Moment war ich in meiner kleinen Erdbeerwelt. Yosuke Murakami Es war erst kurz vor halb acht und ich fühlte mich etwas gerädert, dieses Gefühl verging jedoch, als ich zurück kam und in meinem Futon die schönste Frau Allerzeiten sah. Das klingeln ihres Handys hatte mich geweckt und nun saß sie da und telefonierte. Sie sah sehr ernst aus und mehr als Ja und nein und sicherlich war nicht zu hören. Sie schien besorgt zu sein, denn als sie mich ansah versuchte sie zu lächeln. Erst als sie wieder aufgelegt hatte, legte ich mich zurück zu ihr und hauchte ihr einen Kuss auf die Schultern. „Sieht aus als ob was passiert wäre.“ Ich stütze mich auf meinem Ellenbogen ab und musterte sie ausgiebig. Sie trug ein weißes Top, eine lange Nachthose und hatte ihre Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Einige Strähnen ihrer goldenen Haare fielen ihr ins Gesicht, als sie sich wieder hinlegte und sich dann zu mir wandte. Sie wirkte nachdenklich. „Hey! Alles gut?“ ich machte mir sorgen - sie wirkte gar nicht mehr so entspannt wie gestern Abend. „War das deine Mutter die herausgefunden hat, dass du doch nicht bei Makoto schläfst?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, es war Bunny, oder besser Ray. Beide also.“ „Ok!“ noch immer sah ich sie an. „Und?“ So langsam machte ich mir doch Sorgen. Immer noch musterte sie mich und schließlich küsste sie mich schnell und kuschelte sich an mich. „Nichts. Es war nicht wichtig.“ Ich hätte natürlich nachfragen können, aber jetzt hier mit ihr zu kuscheln war viel verlockender. Ich war schon fast wieder eingedöst, als es an der Tür klingelte. Murmelnd und wenig begeistert stand ich auf und öffnete. Vor mir stand Mamoru mit einem Hund – den ich schon mal gesehen hatte. „Hey!“ „Hey?“ murmelte ich nur und gähnte. „Wer ist tot?“ „Was?“ „Ich fragte wer tot ist. Denn es muss jemand tot sein, sonst würdest du mich doch nicht so früh aus dem Bett klingeln.“ Leicht gereizt ging ich rein und winkte Mamoru mir zu folgen. Er war mein bester Freund, aber gerade war ich zu müde für sowas. „Tut mir leid, dass ich dich wecke. Aber es ist wichtig. Sag mal… hat Minako zufällig bei dir angerufen – ich meine heute?“ Ich drehte mich um und grinste leicht. „Nein. Angerufen hat sie nicht.“ „Guten morgen.“ Minako hatte sich einen Pullover von mir übergezogen und stand nun im Flur. Mamoru wurde etwas blass und wirkte nervös. Der Hund neben ihm streckte sich und leckte Mamorus Hand ab und winselte leicht. „Hi Minako.“ „Yosuke ich geh duschen. Dann könnt ihr ja reden.“ Sie lächelte mich an, drückte mir eine Kuss auf die Wange und wollte gerade im Bad verschwinden, als sie sich noch einmal umdrehte. „Bunny hat vorhin angerufen, aber ich hab es ihm nicht gesagt.“ Völlig verdutzt sah ich von Minako zu Mamoru und umgekehrt. „Was nicht gesagt?“ Doch Minako hatte die Badezimmertür schon geschlossen. „Kannst du mir mal sagen was hier los ist?“ Mamoru nickte nur. „Na dann raus damit. Was hat sie mir nicht gesagt?“ Nun war ich hellwach. Irgendwas ging doch hier vor und ich wollte wissen was es war. Wir betraten mein Wohn/Schlafzimmer und ich schob das Futon mit den Füßen beiseite und setzt mich an den kleinen Tisch. Mamoru setzte sich mir gegenüber und sein vierbeiniger Begleiter – ich konnte mich einfach nicht erinnern wo ich diesen Hund schon ml gesehen hatte – schnüffelte sich durch mein Zimmer. „Seit wann hast du einen Hund?“ „Ist der von Massanorie.“ „Von dem? Stimmt, auf dem Friedhof hatte er den mit.“ Der Groschen war gefallen. „Warum läufst du mit dem rum?“ „Ich bin mit ihm zusammen.“ Irritation. „Du bist mit dem Hund zusammen?“ Mamoru sah mich verständnislos an. „Nein! Was ist das denn für ne blöde Frage.“ Es war zu früh, ich dachte über diese Unterhaltung nach – dann war es soweit – es macht klick. „Du meinst – du – und…“ ich deutete zu dem Hund. „-sein Besitzer?“ Ein nicken und dann schwiegen wir uns an, bis es unangenehm wurde. „Sind wir noch Freunde?“ Zögerlich sah er mich an. Ich überlegte, ja natürlich waren wir das, aber mehr als ein nicken brachte ich nicht raus. Diese Situation war komisch. „Warum wusste meine Freundin das vor mir?“ Er seufzte. „Weil Bunny gestern Abend bei mir war, da hab ich ihr gesagt, dass ich sie nicht zurück will und dass ich mit ihm zusammen bin, oder fast… ist kompliziert, wir haben unseren Beziehungsstatus noch nicht völlig geklärt. Und heute Morgen tauchte sie dann mit Ray bei mir auf, und hat mich mit ihm erwischt – also nicht beim Sex oder so…“ wir schweigen und räusperten uns beide. „- nur beim küssen. Und ich hatte Angst, dass sie nun die Mädchen alle anruft und dass dann Minako dich anruft. Ich wollte es dir und May selber sagen. Auch wenn ich Angst habe, dass das etwas an unserer Freundschaft ändert.“ Mamoru sah zu dem Hund rüber und wirkte nervös, da er Augenkontakt mit mir vermied. „Wir sind noch Freunde. Ich find’s nur komisch.“ Wieder schwiegen wir. Ich wusste warum er dachte, dass es ein Problem für mich werden würde, ich hatte ja mehr als nur einmal negativ zu dieser Thematik geäußert – aber das war ja immer Gerede und jetzt war es ja Mamoru. Etwas nachdenklich sah ich ihn an. Oh man, Er musste denken, dass ich jetzt nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Ich schien recht zu haben, denn noch im gleichen Augenblick stand er auf. „Ich glaube, ich sollte jetzt gehen.“ „Nein, jetzt warte. Ich weiß nicht was ich jetzt sagen soll. Ich meine, warum denn dieser Typ, wenn du schon schwul sein willst, dann hätte ich es nett gefunden, wenn du dir jemanden suchst der wenigstens nicht so ein Penner ist.“ „Ich hab mir das nicht ausgesucht!“ kam es bissig von ihm. „Ich such mir das doch nicht aus, es ist einfach so. Ich mag ihn und ich bin gern mit ihm zusammen. Er macht sich Sorgen um mich und kümmert sich auch um mich – auch wenn er das meistens vergeigt weil er ebenso ein emotionaler Krüppel ist wie ich!“ Ernsthaftigkeit war hier wohl das Thema, aber ich konnte nicht anders als zu lachen. „Ja ne ist klar. Ich meine ernsthaft. Von all den Menschen in Tokio suchst du dir den aus der ebenso verkorkst ist wie du?“ Ein grinsen breitete sich aus und Mamoru rümpfte nur die Nase bevor er sich wieder setzte. „Ja Gefühlskrüppel passen eben gut zusammen.“ Er lächelte etwas und seufzte. Minako schien sich mit Absicht Zeit zu lassen, denn sie tauchte erst nach einer guten halben Stunde wieder auf. Mamoru und ich hatten uns darüber unterhalten – über seine neue Eroberung. Und auch wenn ich es seltsam fand, dass mein bester Freund anscheinend lieber mit einem Mann als mit einer Frau zusammen sein wollte, so versuchte ich es mit Humor zu nehmen. Kurz nachdem Minako wieder da war, verabschiedete sich Mamoru und versprach sich in den nächsten Tagen zu melden. Er hatte mir erzählt, dass der Vater seines „Freundes“ wohl einen Herzinfarkt gehabt hatte und ich hatte ihm gesagt Gute Besserung auszurichten, auch wenn ich Massanorie Lenjier nicht leiden konnte. Als ich Mamoru verabschiedete hatte, betrat ich die Küche in welcher Minako gerade Kaffee kocht. „Danke!“ Ich umarmte sie von hinten und drückte sie fest an mich. Dass sie mir das nicht erzählt hatte, obwohl Bunny sie zuvor angerufen hatte und wohl in den schlimmsten Tönen von Mamoru geredete haben musste – davon ging ich jedenfalls aus – fand ich mehr als nur lieb. „Schon gut. Mamoru ist dein bester Freund. Ihr seid eine Familie, May, Mamoru und du. Das hab ich verstanden. Und sowas sollte man seiner Familie immer selber erzählen.“ „Du bist eine großartige Frau. Das ich dich gefunden habe – einfach nur Wahnsinn!“ Damit drehte ich sie zu mir um, legte meine Arme um sie und küsste sie. Kapitel 21: Step Twenty-one... Confidence II -------------------------------------------- Step Twenty-one… Confidence II Vertrauen ist etwas sehr zerbrechliches. Wenn wir es einmal gewonnen haben, gibt es uns ungeheure Freiheit. Aber wenn wir das Vertrauen einmal verloren haben, kann es sein, dass wir es nie mehr zurückgewinnen. In Wahrheit wissen wir natürlich nie, wem wir vertrauen können. Die, die uns am nächsten stehen, können uns betrügen. Und völlig Fremde können uns zu Hilfe eilen. Am Ende beschließen die meisten Menschen nur sich selbst zu vertrauen. Denn dies ist die einfachste Art, sich vor Verbrennungen zu schützen. Susan Mayer aus Desperate Housewives (Serienzitat) Mamoru Chiba Ich wusste noch nicht wie ich das finden sollte. May hatte sehr gelassen auf die Nachricht reagiert, aber Yosuke. Er hatte zwar gesagt, dass es ok war, aber so recht glauben wollte ich das nicht. Hoffentlich hatte ich jetzt nicht meinen besten Freund verloren. Mit gemischten Gefühlen brachte ich Sparky zurück in meine Wohnung. Massanorie war schon weg und ich beschloss ins Krankenhaus zu fahren, vielleicht konnte ich mich ja nützlich machen. Zudem wollte ich nicht zu Hause rum sitzen und darauf warten, dass Bunny erneut vorbei kam, am besten dann mit allen Mädchen. Als ich schließlich im Krankenhaus ankam und an die Zimmertür klopfte meldete sich keiner, also öffnete ich leise die Tür und trat ein. Es war keiner da – abgesehen von Herrn Lenjier. Ich sah mich um und warf einen Blick auf die Monitore, welche noch immer ruhig vor sich hin summten, blinkten und piepten. Wahrscheinlich wäre es schlauer gewesen einfach wieder zu gehen, schließlich kannte ich Herrn Lenjier überhaupt nicht, unsere erste Begegnung war nicht gerade Sympathieüberflutet gewesen, aber einfach so gehen und ihn allein lassen wollte ich ihn auch nicht. Also setzte ich mich auf den Stuhl der neben seinem Bett stand und dachte darüber nach wie chaotisch der Tag schon gewesen war. So ein Tagesbeginn war wirklich für die Tonne. Erschrocken zuckte ich zusammen, als sich zwei Hände auf meine Schultern legten. „Guten Morgen.“ Andreas Stimme klang leise, fast flüsternd und ohne sie zu sehen, wusste ich, dass sie sicherlich blass aussah und müde. Ich drehte meinen Kopf und sah sie an. „Guten Morgen.“ „Er ist vorhin aufgewacht. Aber sofort wieder eingeschlafen, der Arzt sagt, dass er viel Ruhe braucht.“ Ein schmales Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab, als sie sich auf die Bettkante setzte. „Meine Schwiegereltern sind heute Morgen auch schon hier gewesen. Seine Mutter hat mich so böse angesehen, dass ich wusste, dass sie mir die Schuld gibt.“ Ich konnte sehen, dass sie mit den Tränen rang. „Sie meint das sicher nicht so. Sie ist seine Mutter, da macht man sich eben Sorgen…“ „Lieb von dir. Aber ich weiß, dass sie mich nicht leiden kann.“ Schweigend saßen wir da, als mir einfiel, dass ich ihr etwas zum Essen mitgebracht hatte. „Hier.“ Ich hielt ihr ein kleine Tüte hin. „Das Essen im Krankenhaus ist nicht so besonders und ich dachte, nachdem du die ganze Zeit hier warst hast du sicherlich Hunger. Du musst bei Kräften bleiben.“ „Lieb von dir. Aber ich hab keinen Hunger.“ „Darum geht es nicht.“ Konterte ich nur sehr bestimmt, stand auf und hielt ihr die Tüte weiterhin vor die Nase. „Aber wenn du nichts isst, dann machen sich Massanorie und deine Tochter und auch Katrin nur noch mehr Sorgen. Du solltest Ihnen nicht zumuten sich auch noch um dich zu Sorgen. Dass wäre doch auch nicht fair, oder?“ Überrascht sah sie mich an und nickte dann. „Ein gutes Argument. Du kannst ja sehr bestimmend sein.“ Ich wurde rot und wollte mich gerade entschuldigen, weil ich wohl doch etwas übertrieben hatte, als die Tür aufging und Massanorie hereinkam. „Hey.“ Er sah mich, lächelte und noch bevor ich mich dagegen wehren konnte zog er mich in eine Umarmung und hielt mich fest. „Ich hasse die Presse und ich mag keine Krankenhäuser.“ Wisperte er nur. „Massanorie?“ „Hmm?“ „Kannst du das hier bitte sein lassen. Wegen deiner Mutter und deinem Vater und so…?“ Seine Umarmung löste sich sofort und er sah mich Kopfschüttelnd an. „Wie geht es ihm?“ er drückte seiner Mutter einen Kuss auf die Stirn und drückte dann die Hand seines Vaters. „Er schläft wieder. Aber die Ärzte sagen, dass schlimmste ist überstanden.“ Mit einem liebevollen Blick nahm er seine Mutter in die Arme und drückte sie fest an sich. „Siehst du! Ich sagte doch er wird wieder. Er ist eben ein sturer alter Mann, wie Unkraut, das vergeht auch nicht.“ Massanorie wirkte gut gelaunt, fast heiter. Aber es war wohl nur eine Fassade um seine Mutter zu stützen und damit sie sich nicht zu sehr sorgte. Mir wurde plötzlich bewusst, dass Massanorie anders als ich, ein Familienmensch war, auch wenn er das abstritt – gerade seine Mutter war alles für ihn. Plötzlich fühlte ich mich fehl am Platz und wusste nicht so recht was ich hier machte. Ich war weder ein Teil dieser Familie, noch kannte ich sie sehr gut. Massanorie und ich hatten ja schließlich immer noch nicht definiert was jetzt los war. Ja – ich hatte jedem gesagt, dass wir zusammen waren, aber er hatte es noch nicht gesagt. Was war denn wenn nur ich das so sah und er nicht? Massanorie schien wirklich immer mitzubekommen, wenn ich Dinge kaputt dachte, denn im selben Augenblick spürte ich schon seine Finger in meinen Haaren. „Mach das nicht.“ Seine Stimme war ernst und er musterte mich ausgiebig. „Was ist denn?“ Andrea sah mich an und ich wurde rot. „Weißt du Mum, Mamoru besitzt das Talent so lange über Dinge nachzudenken, bis nur noch das schlechte und destruktive überbleibt.“ „Wirklich?“ „Ja.“ Er wandte sich wieder an mich. „Also hör auf, egal über was du gerade nachdenkst. Hör einfach auf!“ Er drückte mir nun ebenfalls einen Kuss auf die Stirn und setzte sich dann neben das Bett seines Vaters, während er jedoch weiter meine Hand hielt. Es vergingen einige Minuten, in denen ich trotzdem alles kaputt dachte, immer wieder drückte Massanorie meine Hand. „Wo sind eigentlich Oma und Opa?“ „Julia fährt sie zu uns, damit sie sich etwas ausruhen können. Zudem will dein Großvater sich später mit dir treffen um dann in die Firma zu fahren.“ Massanorie nickte nur. „Ich habe mit der Presse gesprochen und ich denke die Investoren werde ich heute auch noch treffen und alles klären. Es erfordert nur etwas Feingefühl, aber das wird schon werden.“ „Ich hol uns Kaffee?“ Massanorie drückte meine Hand und nickte nur, die Sorge, welche er versuchte zu überspielen war ihm ins Gesicht geschrieben. Schweigend verließ ich das Zimmer und fragte mich, warum ich gekommen war. Eine Hilfe war ich nicht und ich war nicht gut im Trost spenden. Seufzend ging ich durch den Krankenhausgang und suchte nach einem Automaten um eine Dose Kaffee zu ziehen. Irgendwie waren mir Krankenhäuser suspekt, hier roch es komisch und ich hatte nur schlechte Erinnerungen an sie. Trotzdem wollte ich Arzt werden, vielleicht würde ich es ja zu einer eigenen Praxis bringen, das wäre schon sehr toll. Aber soweit in die Zukunft wollte ich nicht denken. Ich blieb an einem Fenster stehen und sah nach draußen. Yosuke hatte bald Geburtstag, ob er dann noch mit mir redete? Irgendwie war das alles zu komisch. Ich blieb noch ein paar Stunden im Krankenhaus und verließ es erst als Massanories Großmutter auftauchte. Er selber war schon ins Büro gefahren und auch wenn Andrea meinte, ich müsste nicht fahren, so hatte ich keine Lust seine Großmutter kennen zu lernen. Wieder in meiner Wohnung angekommen, blinkte mein Anrufbeantworter wie ein Weihnachtsbaum. Seufzend ignorierte ich das und nahm mir vor, ihn in einem Moment abzuhören in dem ich mir das Geschimpfe von Bunny und den Mädchen anhören konnte ohne gleich wieder in Selbstmitleid zu verfallen. Etwas Schlaf vor der Arbeit würde mir jedoch auch gut tun, leider wurde dieser Plan wieder einmal durch die Türklingel unterbrochen. Ich versuchte es zu ignorieren, da ich mir sicher war, dass es Bunny oder eines der Mädchen sein würde – ja es war offiziell, ich litt unter Verfolgungswahn! „Mamoru?“ Überrascht horchte ich auf, dass war nicht Bunny - sondern Minakos Stimme. Minako Aino Schon seit Tagen hatte ich mir vorgenommen mit Mamoru zu sprechen, ich wollte ihn um etwas bitten und nun wollte ich das mehr als je zuvor. Aber um diese Beziehung weiterzuführen - um endlich zu Vertrauen, musste ich etwas zu Ende bringen. Als Bunny mich aufgelöst angerufen hatte und mir erzählte was passiert war, war ich – sicherlich ich war auch geschockt. Aber dann hatte ich Yosuke angesehen und ich wusste, dass wenn ich ihm das nun auch erzählen würde, ich eine Grenze überschreiten würde. Also hatte ich mir Bunnys und dann Rays Gerede angehört und dann gewartet. Ja – ich war froh, dass Mamoru nur kurze Zeit später aufgetaucht war, somit musste ich Yosuke nicht anlügen. Aber als Mamoru gegangen war, wurde Yosuke sehr nachdenklich. Den ganzen Morgen hatten wir nicht darüber geredet, über alles andere aber nicht darüber. Ich klopfte erneut an Mamorus Tür. „Mamoru? Falls du da bist, ich bin allein – versprochen! Und ich will auch nicht streiten oder anklagen oder sonst etwas in der Art…“ Er öffnete die Tür und musterte mich. „Hey!“ „Hey!“ wir sahen uns einen Moment prüfend an. „Darf ich reinkommen?“ Er nickte nur und ich betrat seine Wohnung. Sofort wurde ich von dem Hund, den Mamoru schon heute Morgen mit hatte begrüßt. Er schnüffelte an meiner Hand und umrundete mich. „Er riecht bestimmt Artemis.“ „Ja kann sein.“ Mamoru war nicht begeistert das ich hier war. „Wenn ich dich störe, dann komm ich ein anderes mal wieder.“ Lächelnd sah ich ihn an und zögerte meine Schuhe auszuziehen. „Kommt drauf an… bist du hier als Bunnys Freundin oder als Yosukes?“ verwundert sah ich ihn an. „Macht das einen Unterschied?“ Wieder nickte er. „Dann als erstes als Yosukes…“ Ich schwieg und wagte es im ersten Moment nicht weiter zureden. „Und Zweitens?“ Ich zögerte, weil ich nicht wusste wie er reagieren würde, ob er mein Anliegen nicht dumm und kindisch fand. „Als Venus.“ Wisperte ich nur. „Im nächsten Leben mach ich so einen Dreck nicht mehr mit.“ Er drehte sich um und ging. „Willst du einen Kaffee oder Tee?“ „Tee… danke.“ Seufzend zog ich meine Schuhe aus und schlüpfte in die Pantoffeln. Ich setzte mich ins Wohnzimmer, aber es herrschte eine etwas angespannte Situation. Nach ein paar Minuten kam Mamoru wieder, stellte eine Tasse mit heißem Tee vor mir ab und setzte sich in den Sessel. „Danke.“ „Hmm.“ Er schien nicht sonderlich erfreut von meiner Anwesenheit, aber er hatte mich trotzdem herein gelassen, was ich wohl dem Umstand zu verdanken hatte, dass ich die Freundin seines besten Freundes war. „Was kann ich also für dich tun?“ Seufzend sah er mich an. „Ich weiß nicht wie ich dir das erklären soll – und mir fällt das hier sehr schwer, würdest du mir also erst bis zum Ende zuhören, bevor du mich verurteilst oder mich hinausschmeißt?“ Überrascht sah mich Mamoru an, nickte dann jedoch. „Ich möchte dich um etwas bitten. Ich habe mir lange darüber Gedanken gemacht, aber ich muss einfach für mich einen Abschluss haben, sonst werde ich das niemals überwinden. Als wir damals gegen Beryll gekämpft haben, da hast du am Ende die vier Seelensteine von Jadeite, Nephrite, Zoisite und Kunzite behalten. Ich weiß das, weil Bunny es vor einigen Jahren erwähnte. Ich möchte dich bitten, mich mit Kunzite sprechen zu lassen. Ich weiß, dass du dafür einen Teil deiner psychometrischen Kräfte aufbringen musst, aber ich muss dich wirklich eindringlich bitten. In den letzten Wochen wurde mir klar, dass egal was ich in den letzten Jahren getan habe, dass jede unstetige Beziehung mit Männern das Produkt meines fehlenden Vertrauens waren. Ich – ich als Venus habe Kunzite geliebt, ebenso wie ich jetzt Yosuke liebe. Kunzite war alles was ich mir je gewünscht hatte. Ein Mann welcher ebenso viel Ehre, Würde und Mut in sich trug wie ich. Der für seinen Herrn alles tun würde, sowie ich für meine Herrin. Aber am Ende hat er alles verraten, dich, seine Welt… und mich. Er hat gegen mich gekämpft, hat mich verwundet und war bereit mich zu töten. All dass hat in mir tiefe Spuren des Misstrauens hinterlassen. Ich will jedoch nicht immer daran denken, dass auch Yosuke mich einmal hintergehen wird. Ich muss es wissen, ich muss wissen wieso. Ich weiß, dass er nichts für sein Verhalten konnte, trotzdem wiegt es schwer. Ich muss mit ihm reden, ich muss diesen Teil von mir endlich zu Grabe tragen - um jetzt leben zu können. Weißt du – ein Teil von mir liebt Kunzite noch immer, dieser kleine Teil der Prinzessin Venus in mir, der immer da sein wird. Kunzite wird für immer ein Teil von mir sein, ebenso wie es Ace ist. Aber nun will ich nicht mehr in der Vergangenheit leben, ich will nach vorne sehen. Vielleicht wird die Zukunft die wir gesehen haben nicht eintreten – vielleicht aber doch, nur verändert – ich weiß es nicht. Was ich aber weiß, ist, dass ich egal was kommt selbst darüber entscheiden will welchen Weg ich gehe. Und dafür muss ich einen Abschluss mit mir selber finden.“ Schweigend hatte Mamoru mir zugehört, stand nun auf und sah aus dem Fenster. „Was glaubst du damit zu erreichen? Ich meine, was bringt es dir mit Kunzite zu reden. Es wird weder etwas an seinem Verrat ändern noch an deinen Gefühlen zu Yosuke.“ Ich schloss die Augen und Bilder von Kunzite stiegen in mir auf. „Da hast du recht. Aber ich muss meiner Wut freien Lauf lassen, will ihm zeigen, dass nur weil er tot ist, nicht alles vergessen ist. Dass es Wunden gibt, die schlimmer sind als andere. Warst du nie wütend auf ihn?“ Nun sah ich zu Mamoru. „Was spielt das für eine Rolle?“ „Eine große.“ Ich wollte ihm sagen, dass all das Misstrauen das wir innerlich hegten, all die Einsamkeit ein Produkt dieses Verrats war, dieses Kampfes, aber ich wusste, dass Mamoru das nicht hören wollte. „Ist er nett?“ Verwundert drehte sich Mamoru zu mir um und ich lächelte. „Wer?“ „Dein Freund. Ich hoffe, er ist nett.“ „Wieso fragst du? Waren wir nicht gerade bei Kunzite und so…“ „Ja. Aber du scheinst mir diesen Gefallen nicht erfüllen zu wollen. Was ich auch verstehe. Also versuche ich galant das Thema zu wechseln.“ Er schwieg und eine Weile sahen wir uns nur an. „Liebst du Yosuke, wirklich so wie du einst Kunzite geliebt hast.“ Ich nickte. „Yosuke liebt dich auch, noch nie hat er so von einem Mädchen…“ er stockte und lächelte. „… von einer Frau gesprochen wie von dir. Er macht sich Sorgen, dass du ihm etwas nicht erzählst. Dass du Geheimnisse vor ihm hast, ich habe ihm gesagt, dass jeder Geheimnisse hat und dass wir erst nach einer langen Zeit des Kennenlernen und des Vertrauens aufbauen unsere Geheimnisse mit dem anderen Teilen.“ „Danke.“ „Ja schon gut.“ Mit diesen Worten ging er zu einem Schrank und holte eine kleine Schatulle heraus. Er stellte sie auf den Tisch und öffnete sie langsam. Darin lagen auf einem dunklen Samtstoff vier Steine. Ein orangefarbener mit schwarzen Flecken, ein dunkel Grüner, ein grau-brauner, sowie ein rosaroter Stein. „Würdest du mir den Gefallen tun und ihm nicht sagen, dass es mit ihr aus ist.“ „Ja. Versprochen.“ Dankbar sah ich ihn an, ich wusste dass er sich innerlich dagegen sträubte, dass merkte ich. Trotzdem tat er es. Es dauerte nur einen Augenblick und ich konnte Kunzites Silhouette erkennen. Er hatte nur seinen Stein aus der Schatulle genommen und sie dann wieder verschlossen. Noch einen Wimpernschalg später stand er da, nur ein Schema, keine feste Form, aber ich erkannte ihn deutlich, so als wäre er eine Projektion, so als würde sein Körper irgendwo schlafen. „Herr?“ „Ich geh mir einen Kaffee kochen, dieser Tag ist mir einfach zu verdreht.“ Dann ging Mamoru und schloss die Tür hinter sich. Zurück blieben ich und Kunzite. Ich stand auf und sah ihn an und konnte die Tränen nicht unterdrücken. „Ich habe ihn darum gebeten, weil ich um eine Zukunft zu führen, mit meiner Vergangenheit abschließen muss – wenigstens mit einem Teil. Ich habe einen Mann kennen gelernt und ich – ich liebe ihn. Ich habe es ihm noch nicht gesagt, aber immer wenn ich es will, denke ich an dich. Ein Teil von mir liebt dich noch immer und hat Angst davor, dass das was uns passierte erneut geschieht, dass ich wieder einen Menschen den ich liebe verlieren werde, dass ich wieder…“ ich sah ihn an und ich konnte es in seinen Augen sehen, konnte sehen das er es verstand. „Hasst du mich?“ Wie oft hatte ich diese Stimme in meinen Träumen gehört, diese sanfte und doch bestimmende Stimme. „Ja! Ich hasse dich und doch gibt es einen Teil von mir, einen Teil der dich liebt und ich hasse diesen Teil. Denn er verhindert, dass ich jemals wieder Vertrauen kann.“ „Verzeih mir. Nichts was ich sage, wird dass was ich dir antat ungeschehen machen. Ich habe dich geliebt, nie zuvor war ich einer Frau begegnet die so war wie du. Deine Schönheit und deine Stärke, deine Loyalität und deine Würde. Das alles waren Attribute die ich an dir liebte. Du warst von uns beiden die Stärkere, die Loyalere. Alles was ich einst geschworenen hatte zu beschützen habe ich geopfert und mit eigenen Händen zerstört, weil meine Missgunst mich beherrschte und mich blind machte.“ Weinend stand ich da und plötzlich war all der Schmerz den ich damals empfand da. Dieser unsagbare Schmerz, als er vor mir stand und sein Schwert gegen mich erhob, obwohl er mir nur Tage vorher gesagt hatte, dass er mich liebte. „Vielleicht war unsere Liebe nicht so stark wie wir glaubten.“ Ich zögerte und sah aus dem Fenster. „Und vielleicht war ich nicht der Mann der sie verdiente. Aber wenn dieser Mann, den du jetzt liebst, sie verdient, dann enthalte sie ihm nicht vor. Denn jeder Mann den du liebst kann sich glücklich schätzen, dass du ihn erwählt hast.“ Lächelnd sahen wir uns an, ich konnte spüren wie sich der Knoten löste und sich ein Gefühl in mir ausbreitete welches ich schon so lange vermisst hatte. Massanorie Lenjier 23 Uhr und endlich konnte ich ins Bett fallen. Ich war schon fast bei meiner Wohnung gewesen, als mir einfiel, dass ich ja eigentlich zu Mamoru wollte. Also hatte ich fast eine halbe Stunde verschenkt, aber das machte wohl am heutigen Tag auch nichts mehr. Das mein Vater wieder aufgewacht war, hatte den Tag sehr gut beginnen lassen, nur das mein Großvater mit in die Firma kam hatte einen etwas bitteren Beigeschmack gehabt. Nicht das ich ihn nicht schätzte, als Geschäftsmann und so, aber er war eben nicht mehr der jüngste und die Firma hatte sich dank meinem Vater und eventuell auch dank mir in die Zukunft entwickelt. Für ihn waren diese ganzen Neuerungen nicht so einfach. Somit hatte ich die halbe Zeit damit zugebracht ihm die neuen Programme zu erklären und gerechtfertigt warum wir einige Etagen modernisiert hatten – vor 6 Jahren wohlgemerkt. Das Mamoru noch nicht schlief überraschte mich, besonders da er ja um 3 Uhr wieder arbeiten musste. Sparky begrüßte mich überschwänglich. „Na mein Junge.“ Ich kraulte ihm den Kopf und drückte ihm einen Kuss auf das Fell. Dann wandte ich mich dem Wohnzimmer zu. „Ich bin wieder da.“ „Ich hörs!“ Ok, das war mal eine Begrüßung. Wie ärgerlich, dass ich doch nicht zu mir gefahren bin. Aber gut, nun musste ich mir auch noch das Gezicke meines Freundes reinziehen – was für ein Tag. „Mehr Begeisterung, wenn ich bitten darf!“ giftete ich leise zurück, bevor ich das Wohnzimmer betrat und die Stirn runzelte. Interessiert sah ich zu Mamoru, welcher auf dem Boden saß und anscheinend in ein Spiel vertieft war. „Ich wusste nicht, dass du eine Spielekonsole besitzt.“ „Ein Nintendo um genau zu sein. Und ja ich habe eine, aber ich hatte sie vor zwei oder drei Jahren in den Schrank gestellt und heute hatte ich Lust zu spielen. Besser als Fernsehen alle mal.“ „Und was spielst du da? Sieht spannend aus.“ „Secret of Mana. Und es wäre noch spannender wenn dieser blöde Scheiß Typ nicht ständig drauf gehen würde und die dumme Pute mit ihm.“ „Hmm.“ Intuitiv hatte ich das Gefühl Mamoru benutzte das Spiel um Frust abzubauen. Also wollte ich mich nicht dazwischen stellen, ich lernte ja auch. Solche Situationen führten sonst wieder nur zu Streit. Ich stand gerade vor dem Kühlschrank und überlegte was ich noch essen könnte, als ich Mamorus Hand spürte, welche an meinem Hemd zupfte. „Du sag mal…“ „Hmm.“ Ich drehte mich nicht um. „Sind wir eigentlich zusammen?“ Jetzt war ich doch irritiert und drehte mich um. „Ich meine ja nur… du hast es nicht gesagt, oder mich gefragt und… und du hast selbst gesagt, dass es nicht mehr so einfach ist wie in der Schulzeit.“ Er spielte mit einem meiner Hemdknöpfe. Schmunzelnd sah ich ihn an. „Ich dachte schon, dass wir das geklärt haben. Aber wenn du eine schriftliche Einladung brauchst…“ „Blödmann!“ giftete er jetzt nur, drehte sich um und verschwand. Kurz darauf hörte ich wieder die Geräusche des Spiels. Sparky trank gerade aus seinem Napf und sah mich dann an. „Wenn du mir doch bloß sagen könntest, warum er jetzt wieder so drauf ist!“ Ich lächelte dann jedoch und suchte mir einen Stift und einen kleinen Zettel. Letzteres fand ich in dem ich ein Stück von einer Keksschachtel abriss. Dann schrieb ich mit fein säuberlichen Buchstaben Willst du mit mir gehen? Ja / Nein / Vielleicht darauf, faltete ihn zusammen und betrat das Wohnzimmer. „Ich werde jetzt duschen gehen.“ Dann legte ich den Zettel sowie den Stift neben ihn und ging ins Bad. Das Wasser war angenehm und tat wirklich gut, besonders nach so einem Tag. Ich musste zugeben, dass ich schon Lust auf Mamoru hatte und der Gedanke an seinen hübschen Mund und seinen Körper ließ mich unter der Dusche nicht gerade kalt. Heute musste ich wohl selbst Hand anlegen. Meine Hand strich über meinen Schwanz und ich stellte mir Mamoru vor wie er vor mir kniete und mit seiner Zunge gerade meine Erektion verwöhnte. Das Klopfen an der Tür ließ meine Phantasie zerplatzen. „Massanorie?“ Ich lachte leise auf, welche Ironie. „Ja.“ „Darf ich reinkommen?“ „Wenn du willst…“ Er öffnete die Tür und wurde sofort rot. Es war wohl sehr gut erkennbar, dass ich gerade beschäftigt gewesen war. „Ich wollte nicht stören.“ „Du störst nicht. Prinzipiell bist du nicht gerade unschuldig daran.“ Ich grinste. „Ich hab Ja angekreuzt.“ Er lehnte sich an die Tür und sah mich an. Ich lächelte nur und begann damit mich einzuseifen. „Ich könnte vor der Arbeit etwas Zerstreuung gebrauchen.“ Kam es nun nuschelnd von ihm. Gespielt erschüttert und innerlich wirklich verwundert über diese Anfrage, sah ich ihn an. „Nein Mamoru. Du hast mir gestern wirklich deutlich gemacht wie pietätlos es wäre. Ich denke nicht, dass es gut wäre.“ „Blödmann. Mich kostet das ganz schön Überwindung.“ „Ich weiß.“ Mit einem eindeutigen Blick sah ich ihn an. “Zieh dich aus und komm her. Du kannst mit mir duschen.“ Mamoru wurde nun schlagartig rot und begann zu stammeln. „Also… ich weiß… ich denke…“ „Nicht denken – ausziehen!“ Lächelnd ging ich zu ihm und strich ihm durch die Haare. „Du denkst zu viel und deswegen stehst du dir immer wieder selbst im Weg.“ Ohne ein Wort zu sagen lächelte Mamoru und nickte. „Dann zieh dich aus und wir duschen zusammen.“ Kein Widerwort, langsam begann Mamoru damit sich ausziehen. Es war wirklich schön ihm zuzusehen, dieser hübsche Körper und alles gehörte mir. Mit einem anzüglichen Lächeln sah ich Mamoru an, packte ihn am Handgelenk und zog ihn bestimmt aber sanft unter die Dusche. Ich packte Mamorus Kopf mit beiden Händen, umfasste seine Wangen und vergrub meine Finger in seinem schwarzen Haar. Einen kurzen Augenblick sah ich ihn an, bevor ich ihn küsste. Ohne zu zögern öffnete er seinen Mund für mich mit einem leisen Stöhnen. Ich presste seine Körper gegen die kalten Fließen und ließ ihm keinen Platz zu entkommen. Meine Zunge eroberte seinen Mund und er tat es mir gleich, sofort verlangsamte ich meine Aktion, indem ich seine Zunge mit meiner nur neckte und sie sanft zurück drängte. Der Wasserdampf und der Geruch von Duschgel machten das Atmen fast unerträglich und ich konnte Mamorus Erektion an meiner spüren – diesen Moment nahm mein Gehirn als Anlass um sich abzuschalten. Ich presste meinen Unterleib fest an seinen und er stöhnte kurz auf, seine Arme lagen auf meinen Schultern, seine Finger massierten meine Kopfhaut und vergruben sich immer wieder in meinen Haaren. Meine Finger dagegen glitten über seinen Rücken auf und ab und zeichneten seine Wirbelsäule nach. Gleichzeitig ließ ich meine Lippen über seine Kehle gleiten und saugte immer wieder an seiner Haut und hinterließ an einigen Stellen dunkle Flecken. Ich suchte seinen Hals nach einer besonders empfindlichen Stelle ab und ließ meine Zähne langsam darüber gleiten, ich wollte dass er es sah, er sollte jeden Morgen sehen, dass das alles mir gehörte. Ich versenkte meine Zähne in seine Haut und Mamorus Stöhnen wurde lauter und er vergrub seine Finger tiefer in meine Haare. „Massanorie…“ Seine heißere Stimme ließ keinen Zweifel aufkommen, dass es ihm gefiel. Seine Stimme vibrierte und ich konnte die Erregung spüren die ihn erschaudern ließ. Seine Stimme erregte mich noch mehr, ich konnte das brennen in meinem Unterleib kaum noch unter Kontrolle halten und presste mich immer fester gegen ihn. Noch nie war ich so erregt gewesen. Ich nutzte Sex sonst nur für meine eigene Befriedigung aber hier, bei ihm, war es anders. Ich wollte ihn, ich wollte dass er sich unter mir wandte. Das seine Stimme sich überschlug und er meinen Namen voller Erregung rief. Meine Hände glitten tiefer und lagen nun auf seinen Hüften. „Ich will dich. Ich will dich ganz Mamoru. Ich will deinen hübschen Schwanz in meinen Mund nehmen bis du meinen Namen schreiend kommst und dann, wenn du denkst, dass es nicht besser werden kann, ficke ich deinen kleinen perfekten Arsch.“ Meine Lippen lagen auf seiner Ohrmuschel und ich flüsterte ihm ohne darüber nachzudenken meine kleine Phantasie in die Ohren. Mamoru zuckte zusammen und ich drehte meinen Kopf, so dass ich ihn ansah. Er biss sich auf die Lippen und sah mich nervös an, in seinem Kopf musste gerade alles durcheinander gehen, aber anders als gedacht, konnte ich in seinen Augen sehen wie sich die Bilder die ich gerade beschrieben hatte manifestierten. Er wirkte verunsichert und ich dachte schon, dass er nun wütend und beschämt davon stürmen würde. „Warum willst du diese Dinge mit mir machen?“ Scheu sah er mich an. Mit einem Finger zeichnete ich seine Lippen nach. „Weil du mich wahnsinnig machst. Weil ich deine erregte Stimme einfach nur geil finde und weil du mein Freund bist.“ Mit einem sanften Kuss versuchte ich ihm seine Verunsicherung zu nehmen. „Also, soll ich diese Dinge mit dir machen?“ Das Wasser perlte über unsere Körper und ich konnte mein Gehirn nur minimal mit Blut versorgen. Mamoru sah mich an und er nickte. Mit einem viel sagendem Lächeln ging ich langsam in die Knie und ließ meine Lippen dabei über seinen Brustkorb gleiten und blieb nur kurz an seinen Brustwarzen hängen um diese mit sanften Küssen und kleinen Bissen hart werden zu lassen. Mamoru keuchte auf und seine Finger vergruben sich in meiner Schulter. Bedächtig glitt ich weiter nach unten und sank schließlich auf meine Knie. Auf der Spitze zeichnete sich ein milchiger Tropfen ab, welchen ich nur zur gerne ableckte. Sein Geschmack war einfach betörend, ich nahm seine gesamte Länge auf und ließ meine Zunge immer wieder über die pulsierende Vene an seinem Schwanz gleiten. Saugend bewegte ich meinen Kopf zurück und ließ ihn wieder aus meinen Mund gleiten. Mamoru stöhnte auf und er konnte sich nur mit Mühe noch auf den Beinen halten. Ich stand wieder auf und lotste ihn zur Badewanne. Mit einem Ruck drückte ich ihn hinunter ging wieder auf die Knie und leckte über diesen empfindlichen Punkt an seinen Hoden. Er keuchte auf und seine Finger glitten in meine Haare. Mit einer geschickten Bewegung legte ich seine Beine über meine Schultern. „Ich kann mich so nicht halten…“ seine Stimme war dünn und stockend. „Lehn dich nach Vorne und halt dich an mir fest." „Massanorie…“ Ich ignorierte seinen aufkommenden Einwand, nahm seinen Schwanz in meine linke Hand und leckte an ihm hoch und runter, so wie man es an einem Eis machte. Mamorus Stimme überschlug sich, als ich wieder an seiner Spitze ankam und sachte an ihr saugte. Dieses Mal war ich darauf bedacht, ihn immer weiter zu treiben. Seine Arme legten sich auf meinen Rücken und ich spürte wie seine Finger sich verkrampften. Wieder fuhr ich mit der Zunge hinunter, bis ich seine Hoden erreicht hatte und langsam begann an ihnen zu saugen. Mamoru stöhnte und keuchte vor Erregung immer weiter auf und seine Atmung wurde immer schneller. Sein erregter Duft, der Geruch seines Schweißes und seine Stimme die so lustvoll klang machten mich gierig und trunken. Er sollte mich anflehen ihn kommen zu lassen. Wieder bildete sich ein Lusttropfen auf der Spitze, welchen ich gierig mit der Zunge aufleckte, bevor ich seinen Schwanz wieder aufnahm. Dieses Mal entspannte ich Kiefer und Kehle und nahm ihn komplett auf, so dass seine Eichel an meinen Rachen stieß. Ich vergrub mein Gesicht in seinen Schamhaaren und saugte noch stärker. Er hatte seinen Körper nach vorne gebeugt und ich konnte seinen Atem in meinen Nacken spüren, keuchend und unkontrolliert, er war kurz davor zu kommen. Mit einem Ruck zog ich mich zurück, griff nach Mamorus Gesicht und küsste ihn hart. Mit diesem Kuss zog ich ihm die letzte Luft aus der Lunge, keuchend sah er mich an. Er fragte nicht nach, sein Blick war fahrig und völlig erregt. Ich hatte mich auf den Badewannenrand gesetzt, Mamoru hatte ich auf meinen Schoss gezogen, seine Beine hingen in der Badewanne, ich hatte meine Beine gespreizt und streichelte seinen Rücken. „Entspann dich.“ Er nickte nur und ich zog ihn nah an mich heran und küsste sein Schulterblatt. Ein zittern überkam ihn und ich versuchte ihn zu beruhigen. „Shhh. Ich werde dir nicht weh tun versprochen.“ Wieder streichelte ich seinen Rücken und fuhr ihm dann durch Haare. „Vertraust du mir denn nicht?“ Plötzlich zuckte er zusammen, richtete sich kurz auf und sah mir in die Augen. Er antwortet mir nicht, sondern küsste mich zärtlich. Ich erwiderte den Kuss und zog ihn noch näher an mich heran, bevor ich nach hinten griff und die Handdusche nahm. „Nicht erschrecken.“ Wisperte ich nur und biss ihm sanft in die Unterlippe. Warmes Wasser glitt über Mamorus Rücken und er legte seinen Kopf in meine Halsbeuge, als ich mit der freien Hand begann seine Wirbelsäule nachzuzeichnen. Meine Finger wanderten seinen Rücken hinunter, fuhren über seinen Hintern und strichen kurz über sein Steißbein, bevor ich sie langsam und vorsichtig in die Ritze seiner Pobacken gleiten ließ. Das warme Wasser rann über meine Hand und ich schob die Fingerspitze langsam immer wieder über seinen Eingang. Er zuckte zusammen und ich spürte wie er sich verkrampfte, seine Arme schlossen sich fester um meine Schultern. Ohne das Tempo zu steigern begann ich immer wieder durch die Ritze zu streichen und über seinen Eingang bis er sich entspannte, das warme Wasser half sehr dabei. Als er sich endlich wieder entspannte, fuhr ich wieder über seinen Eingang und schob meine Fingerkuppe langsam hinein. Ich musste etwas Druck aufbauen um den engen Muskelring zu überwinden, doch dann glitt mein Finger fast von selbst in ihn. Zuerst nur bis zum ersten Gelenk und dann bis zum zweiten. Mamoru keuchte auf und verkrampfte sich. „Shhh. Entspann dich, dann wird’s dir auch gefallen.“ „Massanorie… ich…“ Langsam oder schnell, ich entschied mich für schnell. Mit einem Ruck stieß ich meinen Finger in ihn. Er stöhnte auf und klammerte sich an mich, als ich langsam begann meinen Finger in ihm zu bewegen. „Gut?“ Mamoru drehte seinen Kopf und sah mich an. „Komm her.“ Er wusste was ich wollte und küsste mich. Ohne ihn vorzuwarnen, nahm ich einen zweiten Finger und schob ihn ebenfalls in ihn hinein, er stöhnte in den Kuss hinein und seine Fingernägel bohrten sich in meinen Rücken. Meine Finger fingen an ihn zu stimulieren indem ich diesen bestimmten Punkt suchte, ich bewegte meine Finger langsam und entlockte Mamoru eine schöne erregte Stimme. Mir wurde bewusst wie eng Mamoru war, die Vorstellung ihn zu ficken, brachte mich fast zum Orgasmus, auch wenn ich insgeheim nicht wusste, wie ich überhaupt in ihn eindringen sollte. Ich würde wahrscheinlich nicht lange durchhalten. „Ich… ich kann nicht…“ in diesem Moment bäumte er sich auf und kam. Schmunzelnd bewegte ich meine Finger noch etwas. Er zuckte unter meiner Berührung zusammen. „Du bist so süß wenn du kommst.“ Schnell atmend legte er seinen Kopf in meine Halsbeuge. „Lass uns ins Schlafzimmer gehen.“ Ich warf einen kurzen Blick auf die Uhr. Halb eins. Ich konnte mir also noch Zeit lassen, obwohl das wohl schwierig werden würde, mein Unterleib pulsierte und ich wusste, dass ich nicht mehr lange warten wollte und konnte. Ich wollte ihn. Aus einem Grund den ich selber nicht mehr auf die Reihe bekam, hatte ich Kondome und Gel eingepackt, als ich zu ihm gefahren war. Er wandte sich unter mir und versuchte mich weg zu schieben, jedoch eher aus Erregtheit und Scham als aus Nicht-Wollen. Meine Finger glitten immer wieder in ihn hinein und ich strich über seine Prostata, wobei er sich bei jeder flüchtigen Berührung des Punktes aufbäumte. Gleichzeitig leckte ich über seine Brustwarzen und strich über seinen Schwanz. Mamorus Gesicht war gerötet vor Erregung und seine Augen wirkten fahrig. Er wimmerte immer wieder meinen Namen, stöhnte und vergrub seine Finger im Bettlaken. „Sieh mich an…“ Mamoru drehte seinen Kopf und sah mich mit fahrigen Augen an. „Sag es. Ich will das du es sagst.“ Ich biss wieder in seine Brustwarzen und fuhr schneller über seine Erektion. Meine Finger glitten immer tiefer in seinen hübschen Apfelpo, bis er ganz verschwunden war. „Bitte…“ „Bitte was?“ „ich… ich will kommen… bitte.“ „Nein. Das will ich nicht hören.“ Ich ignorierte sein betteln und flehen, machte einfach weiter und rutschte hinunter. Mein Mund glitt über seinen Schwanz und ich nahm ihn auf, als erneut Lusttropfen erschienen. „Massanorie…“ Ich sah auf, ließ ihn aus meinen Mund gleiten und beugte mich über ihn, seine Lippen waren von den vielen Küssen geschwollen und gerötet. Meine Zunge glitt über sie. „Was?“ wisperte ich. „Willst du was?“ Er nickte, schlang seine Arme um mich und zog mich zu sich hinunter. „Dich. Ich will dich. Jetzt!“ Sein Blick, seine Stimme, sein Geruch - dass alles sorgte dafür, dass sich mein Gehirn nun vollständig ausschaltete. „Wie kannst du mich nur so ansehen und denken, dass ich mich dann noch beherrschen kann.“ Ich richtete mich auf, nahm ein Kissen und schob es unter sein Becken. Seine Beine legte ich über meine Oberschenkel und zog ihn mit einem Ruck zu mir ran. Er sah mich an und ich sah die Nervosität in seinem Gesicht – gleichzeitig aber auch eine Erwartung. Nun wurde ich nervös. Das hier war sein erstes Mal und wenn ich das vermasselte, dann würde ich ihn nie mehr dazu bekommen mit mir zu schlafen. Ich griff hinter mich und nahm das Kondom, welches ich schon parat gelegt hatte, in die Hand. Ich wollte es langsam angehen, ich hatte das Kondom übergestreift und leckte erneut über seine Hoden und über seinen Eingang. Meine Zunge glitt langsam in ihn hinein, zog sich wieder zurück und stieß dann erneut nach vorne. Er bäumte sich auf und vergrub seine Finger in meinen Haaren. Seine heisere Stimme bettelte erneut nach Erlösung. Ich richtete mich auf und positionierte mich über ihn, benetzte meine Finger mit Gleitgel und schob sie langsam in ihn hinein um ihn vorzubereiten. Mein zweiter Finger kam hinzu und mit Scherenhaften Bewegungen begann ich ihn zu dehnen, immer darauf bedacht, dass er nicht kam. Er wimmerte immer mehr und schob sich mir fast schon entgegen. Ich drückte meine Eichel langsam an seinen Eingang und versuchte langsam zu atmen um nicht sofort zu kommen. Ich wollte langsam und zärtlich sein, aber Mamorus stöhnende Stimme und sein betteln waren unerträglich für mich. Und so passierte es, dass ich mit einem einzigen Stoß in ihn eindrang. Einige Tränen waren in seinen Augenwinkeln erkennbar und er verzog kurz schmerzhaft das Gesicht. Ich wartete einen Moment und biss mir in die Wange um nicht zu schnell zu kommen. Nach einem kurzen Moment begann ich mich zuerst langsam in ihm zu bewegen, ich zog mich zurück und stieß dann wieder hart zu. Nach einigen Momenten passte sich Mamoru meinem Takt an. Er war so eng, dass ich dachte er würde alles aus mir heraus pressen was in mir war. Dafür hatte sich das Warten gelohnt. In meinen Ohren begann das Blut zu rauschen und ich verlor fast den Verstand. Instinktiv versuchte Mamoru seine Beine um meine Taille zu schlingen, ich half ihm und beugte mich mehr nach vorne und ich versank noch tiefer in ihm. Meine Bewegungen wurden schneller und unkoordinierter. Ich stieß immer härter zu und Mamorus Finger krallten sich in meine Schulter und in meinen Arm, als wir uns dem Höhepunkt näherten. Meine Stimme vermischte sich mit seiner und ich vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge. Sein Körper zitterte und ich konnte spüren wie sich der Orgasmus in ihm ausbreitete. Und dann gab er sich dem Orgasmus hin und ergoss sich zwischen uns. Ich brauchte nur zwei Stöße mehr um ebenfalls zu kommen. Schwer atmend sackte ich auf ihm zusammen und versuchte wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Ich rollte mich von ihm herunter, streifte das Kondom ab und ließ es achtlos neben das Bett fallen. Mamorus Atmung war flach und zitternd. Vorsichtig strich ich über seinen Arm, was ihn zusammen zucken ließ. Mamoru Chiba „Nicht. Anfassen.“ War alles was ich herauspressen konnte, als Massanorie mich berührte. Es war, als würde man Stecknadeln in meine Körper stecken. Mein erstes Mal. Ich starrte an die Decke und versuchte wieder zu Sinnen zu kommen. Aber die Müdigkeit überkam mich langsam, ich drehte mich auf die Seite und sah ihn kurz an, bevor ich die Augen schloss und begann weg zu dösen. „Hey. Nicht einschlafen!“ Ich spürte seinen Finger auf meinem Nasenrücken und suchte mit einer freien Hand nach der Decke, bevor ich einschlief. „Ich weiß, dass ist sehr unromantisch, aber du musst gleich arbeiten. Es ist gleich zwei Uhr.“ Seine Stimme und seine warmen Hände weckten mich. Nur langsam öffnete ich die Augen und sah Massanorie an. Die Nachttischlampe hüllte das Zimmer in ein angenehmes Licht und ich fragte mich, ob es schon die ganze Zeit brannte. Lächelnd betrachtete er mich und küsste meine Nasenspitze. „Eigentlich mache ich das nicht, aber – wie war es für dich?“ Schweigend lag ich da und überlegte. „Wirst du etwa gerade rot?“ Massanories Stimme klang überrascht und dann lachte er leise. „Wie niedlich. Wir hatten gerade Sex und du liegst nackt neben mir und du wirst rot…“ „Zieh mich nicht auf.“ Noch immer müde schloss ich wieder die Augen. „Du must wirklich aufstehen. Es ist nun schon zwanzig nach zwei, wenn ich dich fahre kommst du noch pünktlich, aber dafür müssen wir in zehn Minuten los.“ „Ich bin müde.“ „Ich weiß. Aber du wolltest es so. Also komm.“ Er zog mir die Decke weg, welche er mir wohl übergelegt hatte und stupste mich so lange bis ich mich aufsetzte und aufstand. Die darauf folgende kalte Dusche tat gut, doch ich hatte mir das alles etwas anderes gedacht. Nachdenklich stand ich unter der Dusche und fragte mich ob ich mich wohl sehr dumm angestellt hatte und ob es ihm Spaß gemacht hatte. Massanorie wartete schon im Flur und sah auf die Uhr. „Komm.“ Er lächelte matt und ich schlüpfte in meine Schuhe. Das war komisch. „Hab ich was falsch gemacht?“ zögerlich sah ich ihn an als wir im Fahrstuhl standen. „Hmm? Wie kommst du darauf?“ er zog seinen Mantel hoch und gähnte. „Weil du jetzt so komisch bist. So als hätte ich was Dummes gesagt oder als ob wir Streit hätten.“ Er lächelte, schüttelte den Kopf und sah mich an. „Dummkopf. Ich bin nur müde und ich finde es doof, dass das hier nun so abläuft. Ich hätte einfach gerne gehabt, das wir beide zusammen einschlafen, morgens nebeneinander aufwachen und so… eben so wie es wohl sein sollte, wenn man das erste Mal miteinander schläft – in einer feste Beziehung.“ Nun zeichnete sich ein leichter Rotschimmer auf seinem Gesicht ab. So kannte ich ihn gar nicht. Ich griff nach seiner Hand und drückte sie. „Dann nehmen wir das als die Generalprobe und beim nächsten Mal wird es dann perfekt.“ Ich lächelte, griff nach seinem Mantelkragen und zog ihn zu mir hinunter. „Und für mich war es perfekt. Jetzt verstehe ich warum Yosuke und May immer so begeistert davon geredet haben. Ich glaube daran kann ich mich gewöhnen. Und ich lerne eigentlich sehr schnell.“ Verwunderung war in seinem Gesicht zu erkennen, doch dann lächelten wir uns an und ich küsste ihn zärtlich. Plötzlich verstand ich Minako – Vertrauen war etwas so kostbares, dass jeder Verrat uns auf ewig verfolgte. Ich wollte Massanorie vertrauen, wollte ihm vertrauen, dass er bei mir blieb, dass er mich nicht im Stich ließ. Am Ende mussten wir uns von der Vergangenheit lösen um neu lieben zu können und damit auch neu zu vertrauen. Kapitel 22: Step Twenty-two... Family ------------------------------------- Step Twenty-two… Family Familie ist und bleibt der Ort, wo Menschen in ganz besondere Weise mit ihren Eigenheiten, Stärken und Schwächen angenommen werden. Hannelore Rönsch May Godai Aufgeregt sah ich meine Plattensammlung noch einmal durch und hoffte, alle Mixes dabei zu haben die ich brauchte. Dieser Job war wirklich wichtig, in diesem Club tauchten immer wieder einmal Musikverleger auf, die die Mixes von DJs verlegten. Wenn ich es schaffte einen auf mich aufmerksam zu machen, dann musste ich mir eventuell keine Sorgen mehr wegen dem Studium machen oder als arme mittelose Künstlerin zu enden. Das Womb war einfach nur toll, die Lichtinstallation und die Tanzfläche – einfach Wahnsinn. Hier einen Job zu bekommen war fast unmöglich, aber man hatte mich angerufen, weil der DJ der auflegen sollte abgesagt hatte. Glück musste man haben. Es klopfte an die Tür, wo ich mich umzog und der Kopf eines Türstehers spähte rein. „Hy Little Snake.“ Ein bulliger Typ lächelte mich an und trat ein. „Tomiee.“ Ich grinste und ließ mich auf einen Stuhl fallen. „Na alles klar?“ Ich lächelte nur. Tomiee war ein alter Bekannter von mir und den Jungs. Wir kannten uns schon ewig und wer Tomiee kannte, der kam in fast jeden Club in der Stadt, weil man so jeden Türsteher kannte. „Kommen die Jungs auch noch?“ „Ja. Duhu? Bist doch so lieb…“ „…und schleuse sie vor den anderen rein, damit sie nicht ewig in der Schlange stehen? Klar!“ Sein markantes Gesicht und sein Undercut verwirkten bei anderen ihr Ergebnis nie, er wirkte wie einer mit dem man sich nicht anlegen wollte. Aber er war total lieb, immer wenn er gerade vor einem Club stand wo ich einen Job hatte, passte er auf mich auf. Wie oft hatte er schon Typen rausgeworfen, weil sie mich begrabscht hatten oder weil ich sie kastriert hatte. Es war toll, wenn man die wichtigen und richtigen Leute kannte. „Little Snake – ich pass schon auf dich auf. Wenn dich jemand anmacht, sag mir Bescheid. Auch wenn ich mir mehr Sorgen um den Typen mache, besonders wenn die Jungs auch noch da sind.“ Er zwinkerte mir zu, hob mich vom Stuhl und drückte mich fest. Little Snake. So hatte mich Tomiee immer genannt als wir noch Teenager waren und dann war er zu meinem DJ Namen geworden. Nervös sah ich auf die Uhr und ging noch einmal meinen Plan durch, mein Konzept war perfekt – in meinen Augen. Ob das die Leute auch so sagen würde man sehen. Mein Blick blieb am Spiegel heften und ich begann damit mich zu stylen. Massanorie Lenjier Die letzten zwei Wochen waren anstrengend gewesen, für uns alle. Zuerst sah es so aus als würde mein Vater nie wieder zu Kräften kommen. Als er aufgewacht war, hatte meine Mutter nur geweint, vor Glück und vor Sorge um ihn. Meine Schwester wollte ihn gar nicht mehr los lassen und ich – ich hatte nur da gestanden und war dankbar das dieser alte Mann so zäh war. In dieser Zeit hatte ich mich quasi bei Mamoru eingenistet, der Gedanke alleine zu sein hatte mich so sehr erschrocken, dass ich es nicht schaffte nicht bei ihm zu sein. Morgens ging ich in die Firma, regelte alles was es gab und nachmittags war ich in der Klinik und half meiner Familie so gut wie ich konnte. Meine Großeltern waren angereist und meine Mutter schien bis auf wenige Minuten Ausnahme fast schon dankbar über ihre Anwesenheit, was einem Wunder glich, wenn ich daran dachte, dass meine Mutter und meine Großeltern sich nicht besonders leiden konnten. Meine Großmutter blieb mit meiner Mutter im Krankenhaus und sie lösten sich am Bett meines Vaters ab, während mein Großvater in die Firma ging und mir half, dass nicht alles zusammenbrach – eher gesagt versuchte ich die Firma vor ihm zu bewahren. Er wusste zwar einiges besser, war aber mit der neuen Technik, die wir vor einigen Jahren in die Firma integriert hatten, leicht überfordert. Ich möchte kurz anmerken wir reden hier von Computern und Laserdruckern statt Schreibmaschinen, nicht von Teilchenbeschleunigern, wobei für meinen Großvater war das wohl das gleiche. Also spielte ich zumeist Babysitter für ihn. Ich übernahm die Position meines Vaters und nach einigen Tagen der Unruhe und der Verunsicherung hatte der Lauf in der Firma wieder seinen normalen Gang genommen. Mein Vater war heute entlassen worden und der Arzt hatte deutlich gemacht, dass er sich einschränken und kürzer treten musste, was für mich hieß mehr als je zuvor seinen Platz einzunehmen. Für meinen Vater hieß es ein Hobby zu finden! Julia unterstütze meine Mutter und mich mit allem was sie geben konnte. Sie kam in die Firma und fuhr Papiere herum, kochte für Mutter und meine Großeltern und zum ersten Mal seit Jahrzehnten waren wir uns so nahe wie nie. Mamoru hatte dies nur mit dem Satz „Familiendramen schweißen doch immer zusammen!“ kommentiert. So wie er war, hatte er es nicht ganz ausgesprochen und sich schon entschuldigt. Aber nach diesen zwei Wochen merkte ich, dass Mamoru ebenso viel getan hatte, auch wenn ich es nicht gesehen hatte. Er hatte fast jeden Tag auf dem Fischmarkt gearbeitet, war danach in seine Wohnung gefahren, hatte sich um Sparky gekümmert, war zu meiner Mutter gefahren, hatte sich die Spitzen meiner Großeltern gefallen lassen und hatte zeitweise auch Katrin am Bein hängen gehabt. Abends wenn ich dann nach Hause kam, saß er auf der Couch, hatte Essen gekocht und hörte sich meinen Tag an und während dieser Zeit fragte ich nur selten nach seinem. Mein Egoismus hatte in dieser Zeit einen neuen Höhepunkt erreicht – doch er sagte nichts. Nach diesem Überraschungsbesuch von Bunny hatte Mamoru mit ihr oder den anderen Mädchen nichts mehr zu tun. Sie hatten wohl noch einige Male angerufen, aber Mamoru hatte mir sonst nichts erzählt – ich hatte aber auch nicht gefragt. Leider war der Sex vor zwei Wochen auch der erste und letzte bis zu diesem Moment. Ich hatte einfach keine Lust wenn ich abends kam und Mamoru blieb abends nur wach um sich um mich zu kümmern, oft genug fielen ihm die Augen zu – da war wohl nicht an Sex zu denken – auch wenn ich das ganze schon sehr gerne wiederholt hätte. Es war Samstagabend und ich beobachtete meine Mutter wie sie meinen Vater gegen seinen Willen in eine Decke wickelte, ihm einen Hocker unter die Füße schob und meine Großmutter daneben stand und dies nur mit einem Nicken gut hieß. Er hatte sich geweigert ins Bett zu gehen und hatte dies damit begründet, dass er schließlich jetzt fast drei Wochen nur im Bett gelegen hätte. Nach einer halben Stunde, in der mein Vater allein auf seinem Posten kämpfte, hatte er alle soweit, dass sie ihm einen Platz in seinem Sessel zustanden. Aber die Decke, den Hocker, das Gezuppe und den Diätplan konnte er nicht weg reden, ebenso wie das Alkoholverbot und die Tatsache, dass er nun Nichtraucher war – gegen seinen Willen verstand sich. Etwas Mitleid hatte ich schon mit ihm, aber gegen meine Schwester, meine Mutter und meine Großmutter wollte ich mich nicht stellen. Mit einem Schmunzeln verschwand ich in die Küche und setzte mir einen Kaffee auf. Ein Blick auf mein Handy zeigte mir, dass Mamoru wohl kein Interesse hatte den heutigen Abend mit mir zu verbringen. Dabei hatte ich schon auf etwas Unterstützung gehofft, gerade weil mein Vater heute entlassen worden war. „Was ist los?“ Meine Mutter stand hinter mir und lächelte. Ihr ging es besser, das erleichterte mich. Zeitweise hatte ich mir wirklich Sorgen um sie gemacht. Zu wenig Schlaf und Essen hatten sie blass werden lassen. Auch wenn ich wusste, dass Mamoru ihr immer etwas gebracht hatte, so richtig Hunger hatte sie nie gehabt. „Ach nichts. Die letzten Wochen zerren nur an meinen Nerven, so wie bei uns allen.“ Ein nicken zeigte mir, dass es ihr genauso ging. „Und ich dachte schon du hättest mal wieder Streit mit Mamoru.“ Kam es schmunzelnd und wissend. „Wir haben keinen Streit.“ Es hatte keinen Sinn sie anzulügen, zudem hatte ich dann immer ein schlechtes Gewissen. „Ich finde es nur albern, dass er diesen Abend lieber mit seinen Freunden verbringt und in einen Club geht, anstatt hier zu sein und mich zu unterstützen.“ Nun klang ich doch etwas anklagend. „Das ist aber ganz schön egoistisch von dir Bruderherz!“ Meine kleine Schwester stand in der Tür, sie hatte Katrin ins Bett gebracht und schien nun unbedingt ihre Meinung kundtun zu müssen. „Bitte. Teile mir dein unerschöpfliches Wissen mit.“ Konterte ich nur ironisch. Daraufhin knuffte meine Mutter mich. „Deine Schwester hat recht. Mamoru hat in den letzten zwei Wochen wirklich sehr viel für dich getan. Er hat auf Sparky aufgepasst und dich mit durchgefüttert und er hat mir im Krankenhaus Gesellschaft geleistet und sich das Gerede deiner Großeltern angehört. Und das war nicht immer nett.“ „Wieso biste denn nicht mitgegangen?“ Katrin nahm mir meine Kaffeetasse aus der Hand und nahm einen Schluck. „Erst einmal ist das mein Kaffee. Und zudem mag ich seine Freunde nicht. Das sind Kinder. Sowas brauch ich nicht.“ Ich nahm Julia die Tasse wieder ab und setzte mich an den Küchentisch. „Wow. Und die mögen dich?“ „Ich bezweifle das. Aber darauf lege ich keinen Wert.“ Kam es nur bissig von mir. Meine Mutter schwieg, hörte uns zu und setzte sich neben mich an den Tisch. „Ich finde das ja etwas egoistisch – auch wenn ich mich wiederhole. Zudem hat ja niemand gesagt, dass du hier bleiben musst.“ Sie zuckte mit den Schultern und lehnte sich an die Küchenzeile. „Julia sei doch so nett und setz deinem Vater einen Tee auf.“ Meine Mutter nippte an ihrer Tasse und sah mich an. „Mir kam es so vor, als wenn seine Freunde sowas wie seine Familie sind. So hörte es sich an, wenn er von ihnen redete.“ „Wieso habt ihr über die geredet?“ Irritiert sah ich sie an. „Mamoru war ja oft genug im Krankenhaus und wenn dein Vater schlief oder bei einer Untersuchung war haben wir uns unterhalten.“ „Hmm. Aber das ändert nichts. Familie hin oder her.“ „Also muss er für dich und deine Familie da sein, aber nicht für seine eigene.“ „Das ist etwas anderes. Sie sind seine Freunde. Nicht seine Familie – auch wenn er das anders sieht.“ „Aber Familie ist doch nicht an Blutsverwandtschaft geknüpft.“ Julia mischte sich wieder ein und ich räusperte mich nur. „Misch dich nicht ein Julchen.“ „Aber sie hat recht. Massanorie, du kannst doch nicht mit zweierlei Maß messen. Für Mamoru sind seine Freunde seine Familie. Er würde für sie die gleichen Opfer bringen wie du für uns. Findest du es nicht fair, wenn du dich dann ebenso um sie bemühst wie er sich um uns bemüht. Mir ist sehr wohl bewusst, dass unsere Familie etwas anstrengend ist, und ich bin sicherlich etwas aufdringlich, aber Mamoru hat sich immer bemüht nett zu sein und zuvorkommend. Obwohl er deinen Vater gar nicht richtig kennt, hat er ihm den Gefallen getan und ihm Börsenzeitschriften gebracht. Die beiden dachten wohl ich bekomm das nicht mit, aber wenn es ihnen Spaß macht von mir aus.“ Ein Lächeln umspielt ihre Lippen und sie strich sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ich finde ja du bist es ihm schuldig, dich ebenso um seine Familie zu bemühen, auch wenn es in deinen Augen nur Freunde sind. Du nimmst nur – aber du solltest doch wissen – es klappt nur mit geben und nehmen.“ Mit diesen Worten stand meine Mutter auf, gab mir einen Kuss auf den Kopf und machte sich an das Tablett mit dem Tee und einigen Medikamente für meinen Vater. Plötzlich legten sich zwei Arme um mich und Julias Kopf positionierte sich auf meiner linken Schulter. „Weißt du was Bruderherz. Ich mag Mamoru, er ist super nett – und ich glaube er tut dir gut. Also bekomm deinen Arsch hoch und mach dir einen netten Abend.“ Noch bevor ich etwas sagen konnte verschwand sie aus der Küche, zusammen mit meiner Mutter. Yosuke Murakami Ganz cool. Bloß nicht anmerken lassen, dass sie einfach nur scharf aussieht. Ganz ruhig. Ich sah Minako an, welche auf mich zukam. Sie hatte ihre Jacke bei der Garderobe abgegeben und kam nun lächelnd auf mich zu. Sie trug ein umwerfendes rotes Minikleid, einen blauen Bolero und hohe schwarze Stiefel. Sie hatte ein dezentes Make-up aufgelegt und trug ihre Haare offen mit einem schwarzen Hut. Am liebsten hätte ich ihr ein Schild mit der Aufschrift MEINSumgehängt. „Und?“ sie drehte sich einmal um die eigene Achse und sah mich fragend an. „Oder meinst du es passt nicht zu diesem Club.“ Ich sah an mir herunter und stellte fest, dass ich mit meiner schwarzen Destroyed Denim Jeans, sowie den Boots und einem blauen Shirt nicht gerade zu meiner Traumfrau passte. „Du siehst toll aus, ich zweifle nur gerade etwas an mir.“ Sie lachte und küsste mich stürmisch. „Du siehst immer gut aus. Ich muss mich viel mehr anstrengen um neben dir nicht wie ein Kind zu wirken.“ Das wundervolle an ihr war, dass sie das wirklich glaubte. Dabei war sie vieles - aber kein Kind. Sexy, klug, liebevoll und einfühlsam – aber kein Kind. „Du bist einfach nur der Hammer. Und ich schwöre dir, wenn dich auch nur ein Typ heute Abend angrabscht, dann reiß ich ihm das Herz raus.“ Für alle Männer die sich hier schon tummelten und meine Freundin anglotzten, legte ich meinen Arm demonstrativ um sie und grinste. „Meins!“ wisperte ich nur ohne zu bedenken, dass Minako es hören konnte. „Deins.“ Flüsterte sie nur und gab mir einen sanften Kuss, indem sie sich zu mir hoch streckte. Selbst mit Stiefeln, war sie immer noch kleiner als ich. So musste es sein. Ich war ein Glückspilz. „Vergiss nicht was du versprochen hast.“ Sie sah mir in die Augen, als sie sich von mir löste und zwickte mich in die Seite. Ich nickte und seufzte. Minako und May hatten zwei Wochen lang auf mich eingeredet wegen der Sache mit Mamoru. Ich war in letzter Zeit etwas abweisend zu ihm gewesen und ihn mit Floskeln wie: es ist nicht deine Schuld; ich muss viel arbeiten; aber ich ruf dich an - versprochen abgespeist. Seitdem ich wusste, dass Mamoru mit diesem Massanorie zusammen war, war ich etwas verunsichert wie ich mit ihm umgehen sollte. Die Mädchen meinten, dass sich ja nichts ändern würde. Das selbst Minako so gut damit umging und mir ins Gewissen redete wunderte mich, aber sie hatte mir auf Nachfragen erklärt, dass ich doch immer wieder sagen würde, dass May und Mamoru meine Familie waren und Familie steht nun mal immer zusammen egal was ist – sagte sie. Außerdem müsste Familie der Ort sein wo man sein konnte wie man wirklich ist, ohne Angst zu haben. Minako schaffte es immer wieder mich zu überraschen. Sie machte sich Sorgen neben mir wie ein Kind zu wirken, dabei war sie oft genug die Reifere von uns beiden. Als May uns eingeladen hatte, musste ich beiden verspreche mich mit Mamoru auszusprechen, falls dieser kommen würde. Aber ich zweifelte nicht daran und ich sollte recht behalten. May und Mamoru waren beide schon da und unterhielten sich angeregt als wir in die oberer Etage zu den Loungeplätzen kamen, die May uns extra reserviert hatte. Der Club war noch nicht voll, aber es war auch erst kurz vor neun. Viel zu früh, aber May war sicherlich aufgeregt und konnte etwas Zuspruch gebrauchen. Sie sah wirklich gut aus. Dieses Mal keinen Rock, sondern eine ¾ Hose, schwarze flache Stiefel, ein sexy Top, witziger weiße in der gleichen Farbe wie das Kleid meiner Freundin. Etwas Schmuck, ein auffälliges Makeup und die Haare hatte sie zu zwei Zöpfen gebunden, wie Pippi-Langstrumpf. Wobei die Zöpfe lockig waren und alles was vorne herumhing glatt. Aber war wohl so ein Mädels Ding. Mamoru sah mich an und lächelte – anscheinend war er nicht sauer auf mich. Und plötzlich kam ich mir super albern vor. Ohne ein Wort zu sagen sahen wir uns an. Minako war die erste die das Schweigen brach. „Also ich finde die Männer holen den Frauen etwas zu trinken. Natürlich Alkoholfrei." Sie zwinkerte uns zu und schob uns in Richtung Bar. Als wir an der Bar standen, sah ich Mamoru von der Seite an. „Hör mal… tut mir leid. Ich bin echt ein Idiot.“ „Schon gut. Vergiss es. Wenn es dich tröstet, es gibt Augenblicke, da weiß ich selber nicht was ich von mir halten soll.“ Er lächelte und gab dem Barmann ein Zeichen, dass wir etwas bestellen wollten. „Hörzu, was willste haben. Die erste Runde geht auf mich, damit ichs wieder gut machen kann.“ „Na da will ich nicht nein sagen.“ Er grinste. „Zwei Bier, einen Ginger Bunny und…“ Er sah mich an. „…einen Tailormade Green Melon Iced Tea.“ Mamoru sah mich an. „Minako hat sich ja richtig heraus geputzt.“ „Ja. Ich komm mir auch etwas zu lässig vor. Aber ich bin froh, dass du auch nicht besser aussiehst.“ Ich grinste. Mamoru trug eine enge schwarze Jeanshose, anthrazit-farbene Boots mit 9-Loch Schnürung und ein weißes enges T-Shirt mit Knopfleiste. „Sind die Schuhe neu?“ Er sah an sich hinunter. „Ja hab sie zusammen mit einer Winterjacke in einem Seconhand Shop gekauft – vor ein paar Tagen. Wieso?“ „Weil sie gut aussehen.“ So langsam musste man doch etwas lauter reden, es wurde voller und die Musik, welche wohl noch von einer Playlist kam, passte sich der Geräuschkulisse an. Mit jeweils zwei Getränken stießen wir wenig später zu den Mädels, die offensichtlich gut gelaunt waren. „Hi. Da kommen ja unsere Männer.“ May rückte etwas und ließ Mamoru neben sich Platz nehmen. „Also Jungs, ist nun wieder alles gut, oder muss ich wieder sauer werden.“ Sie sah uns gespielt böse an oder besser nur mich. „Alles gut.“ Mamoru legte den Arm um sie und gab ihr einen Kuss auf die Schläfe. „Na gut. Aber wehe ihr streitet wieder wegen so einem Unsinn.“ „Keine Sorge, das wagen die nicht mit zwei so tollen Frauen an ihrer Seite.“ Minako lehnte sich an mich und saugte kurz an dem Strohhalm in ihrem Glas. „Na wer kann da schon wiedersprechen.“ Ich lachte und wir stießen an. Mamoru Chiba Halb zehn. May verabschiedet sich und verschwand. So nervös hatte ich sie schon lange nicht mehr erlebt. Aber für sie war das hier wirklich eine Chance. Yosuke und ich sahen uns nur an und seufzten, hoffentlich wurde es gut. Der Clubbesitzer kündigte sie an und anscheinend hatte sie sich umsonst Sorgen gemacht, denn sie schien schon Fans zu haben, die nur wegen ihr hier waren. „Also ohne große Reden zu schwingen hier euer DJ für die Nacht - Little Snack.“ Die Menge jubelte und May erschien hinter ihrem Mischpult und war sofort in ihrem Element, sie heizte den Leuten mit einigen Sprüchen ein und sah kurz zu uns hoch, bevor sie ihre Arbeit begann. Minako wippte mit dem aufkommenden Beat mit und nach dem Austausch eines Blickes wussten Yosuke und ich, sie hatte sich umsonst Sorgen gemacht. „Das ist richtig gut. Wollen wir tanzen?“ Minako stand auf und zog Yosuke mit hoch, dieser warf mir einen kurzen Blick zu. „Ist es ok, wenn wir…“ „Verschwinde schon, sonst ist deine Freundin gleich Freiwild.“ Ich deutete Minako hinterher die schon einige Meter weiter war. Die Tanzfläche unter mir füllte sich schnell und die Lichtshow war wirklich Wahnsinn, besonders durch die Reflexion der Discokugel in der Mitte des Saals. Unweigerlich fragte ich mich wie wohl Epileptiker darauf reagieren würden. Über mich selbst den Kopf schüttelnd nahm ich einen Schluck Bier und streckte mich. Das Massanorie sauer auf mich war verdrängte ich erfolgreich. Ich musste zugeben, ich war so gut drauf wie lange nicht mehr. So langsam ging es wieder Bergauf. In meiner Hosentasche vibrierte es. Ich konnte mir denken wer es war. Mit einem Blick auf das Display lachte ich auf. *Nehmen wir an es würde mich interessieren, wie ist es so in dem Club?* *Nichts für dich, aber ich finde es gut (^_-)* *Ich hasse diese Emoticons. In der Zeit wo du die eintippst kannst du schon sechs Nachrichten verschicken* Ich schmunzelte, nahm einen großen Schluck und ließ mich etwas aus. *凸( ̄ヘ ̄)* Es dauerte einige Minuten bis wieder etwas zurück kam. *Mit dir mach ich das gerne. * Ein grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. *Wie geht’s deinem Vater?* *Gut. Und wie ist die Musik?* *May leistet ganze Arbeit. Ich glaube es würde dir gefallen. (  ̄▽ ̄)[] [](≧▽≦ )* Es kam nichts zurück. Aber es wunderte mich jetzt nicht wirklich. Es war kurz vor elf und ich war wieder an der Reihe Getränke zu besorgen. So langsam merkte ich den Alkohol. Ich vertrug Bier besser als andere Sachen, aber auch bei Bier kannte ich wenigstens meine Grenze. Yosuke schien das aber nicht zu interessieren, er hielt mich am Handgelenk fest und zog mich runter, als ich gerade zur Bar wollte. „Bring mir bitte noch ein Bier mit und zwei Shōchū (Japanischer Schnaps, zumeist aus Reis, Gerste, Kartoffeln oder Zuckerrohr gewonnen. Meist knapp über 30 %.) für uns.“ Er grinste. „Ich helfe dir tragen.“ Minako zupfte an meinem Shirt und deutete nach unten, die Musik ließ nur bedingt eine Unterhaltung zu. Morgen war ich heiser, das wusste ich - egal. Massanorie hatte sich nicht mehr gemeldet, aber er war erwachsen und ich hatte ihn gefragt ob er mitkommen wollte, mehr konnte ich auch nicht tun. Minako lief neben mir her und ich spürte wie sie nach meiner Hand griff und sie fest drückte. So viele Leute waren ihr wohl doch etwas suspekt, auch wenn sie sich gut hielt. Ich drückte ihre Hand zurück und zog sie durch die Menge zur Bar. Es war fast Glückssache ein Getränk zu bekommen. Mit etwas Geschick schlüpfte ich in eine Lücke an der Bar und versuchte Augenkontakt mit einem der Barmänner herzustellen – leichter gesagt als getan. „Kannst du mal deinen weiblichen Charme spielen lassen?“ rief ich ihr laut zu und deutete auf den Barmann. Minako lachte, und versuchte nun mit winken auf uns aufmerksam zu machen. Funktionierte nur nicht. Wie genial. Sowas passierte auch nicht oft, da stand eine hübsche Frau und keiner beachtete sie. Plötzlich zuckte ich zusammen. „Shit!“ ich kramte in meiner Hosentasche und holte mein Handy hervor, welches wie wild vibrierte. Massanories Nummer leuchtete auf. „Willst du kurz raus und dran gehen?“ Minakos Stimme kam nur leise an obwohl sie schon lauter redete. Nickend sah ich sie an und es vibrierte weiter. Es musste echt dringend sein, wenn er nicht auflegte. „Aber du kommst mit. Sonst bekomm ich Ärger!“ Sie lachte und folgte mir. Wir waren nun in der Nähe vom Ausgang. Hier war es zwar nicht leise aber so laut, dass man normal reden konnte und ein kurzes Telefonat war auch drin. Massanorie hatte in der Zeit schon zweimal aufgelegt und wieder angerufen. So langsam machte ich mir Sorgen, hoffentlich war mit seinem Vater alles in Ordnung! Besorgt ging ich beim dritten Anruf dran. „Hi. Ist alles ok? Ist was passiert?“ „Du musst nicht schreien.“ Ich war kurz irritiert. „Sorry, man merkt nach einer Zeit nicht mehr, dass man zu laut spricht. Wegen der Musik.“ Fügte ich erklärend hinzu, was eigentlich dumm war. „Bist du noch nüchtern genug um mir einen Gefallen zu tun?“ „Ich bin super nüchtern.“ Gab ich nur als Antwort, auch wenn es etwas übertrieben war. „Na dann. Komm doch bitte nach draußen und sag diesem Türsteher, dass ich mich nicht hinten anstelle. Denn wenn ich das tun muss, dann geh ich wieder.“ Ich verstand ihn nicht und sah Minako fragend an. „Was ist los?“ fragte sie mich. „Bin mir nicht sicher!“ gab ich zurück und in meinem Kopf hallten Massanories Worte noch einmal nach. „Bist du draußen – vor dem Club?“ „Super nüchtern? Na ja. Wo sonst Mamoru – wohl kaum in meiner Wohnung.“ „Ok – warte, ich komm eben raus.“ Dann legte ich einfach auf und konnte mir ein grinsen nicht verkneifen. „Und?“ „Mein Freund steht draußen und beschwert sich das er nicht wie sonst auch immer einen roten Teppich ausgerollt bekommt – warte hier und nicht anquatschen lassen.“ Mit diesen Worten lief ich zur Tür und trat ins Freie. Der erste Moment war ernüchternd, nicht weil es Schweine kalt war und es schneite, sondern weil die frische Luft mir einen kleinen Hammer vor den Kopf schlug und mir zeigte, dass ich morgen bestimmt einen Kater haben würde. Dann erst kam die Kälte. „Fuck!“ entfuhr es mir nur, während ich von einem Bein aufs andere hüpfte und mich schnell nach ihm umsah. Massanorie stand einige Meter weiter und rauchte eine. „Solltest du nicht rein gehen.“ Ich sah zur Seite und Tomiee an, welcher mich musterte.“ „Gute Idee. Aber kannst du mir vorher noch einen Gefallen tun?“ „Klar.“ „Kann er dahinten mit mir rein – ohne Schlange stehen.“ Ich deutete mit einem Kopfnicken Richtung Massanorie. „Der? Du kennst den? Das ich den nicht gleich verprügelt habe ist alles.“ „Ja ich weiß, er hat so eine Wirkung auf fast alle. Aber er ist eigentlich nett – also?“ Tomiee musterte erst Massanorie und dann mich. „Na gut, aber kommt der mir noch einmal dumm, dann schmeiß ich ihn wieder raus. Also hol ihn.“ „Danke!“ flötete ich nur und sprintete zu ihm hinüber. „Hey.“ „Hey.“ Massanorie sah mich an und schüttelte den Kopf. „Du hättest dir ruhig noch was anziehen können.“ Zunge rausstreckend sah ich ihn an. „Ach doch nicht für die paar Sekunden. Das lohnt den Aufwand nicht an der Garderobe. Komm schon bevor es sich Tomiee noch anders überlegt.“ „Tomiee?“ „Der Türsteher.“ Ich griff nach seiner Hand und zog ihn hinter mir her. „Im Club gibt es eine Raucherecke, da kannst du zu Ende qualmen.“ Massanorie Lenjier „Sind wir etwas aufgekratzt?“ Ich musterte den Türsteher noch einmal und ließ mich dann von Mamoru in den Club schleifen. Anscheinend freute er sich wirklich mich zu sehen und ich musste zugeben, dass mir das gefiel. „Ich muss nur Minako wiederfinden.“ Er sah sich im Eingangsbereich um. „Hey!“ Eine Frauenstimme ließ Mamoru zusammen zucken, er drehte sich zur Seite und winkte einer jungen Dame die zu uns kam. Ihr Outfit erinnerte stark an ein Party Girl. Das war also Minako. Ich hatte mir ja eine passionierte Sailor Kriegerin anders vorgestellt, aber gut. Die Musik war zu laut und ich kam mir hier wirklich alt vor, aber das lag wohl mehr an mir und nicht an dem Klientel, was hier vertreten war. Ich schenkte Minako ein Nicken, mehr als wie andere bekamen – aber ich wollte wenigstens versuchen nett zu sein. Auch wenn mir andere Menschen immer noch am Arsch vorbei gingen. „Willst du was trinken? Ich bin dran mit holen.“ Mamoru sah mich an und ich bemerkte, dass er, seitdem ich ihn kannte, noch nie so gute Laune hatte. Vielleicht musste ich mich doch etwas mehr um ihn kümmern. Er wartete meine Antwort nicht ab, sondern zog mich hinter sich her. Die Musik klang ab und es wurde etwas leiser, so dass man sich nicht mehr anschreien musste. An der Bar war es voll – rappelvoll. Ich sah mir an, wie Mamoru versuchte etwas zu bestellen, aber er sowie Minako scheiterten. Seufzend stupste ich ihn an. „Was willst du haben?“ „Ich kann das alleine.“ Gab er etwas schmollend zur Antwort, da er merkte dass ich ihm gerade etwas Unfähigkeit vorwarf. Aber nur etwas. „Sag es doch einfach.“ Er zögerte und kramte in seiner Hosentasche herum, um mir schließlich einen 1.000 (ca. 7 €) und einen 2.000 (ca. 14 €) Yen Schein hinzuhalten. Ich nahm das Geld aus seiner Hand, faltete die Scheine ordentlich und stecke sie zurück in seine Hosentasche. „Du solltest dein Geld fürs Studium sparen und nicht für Alkohol ausgeben. Auch wenn mir bewusst ist, dass du das nicht hören willst.“ „Ich will aber nicht, dass du bezahlst, sonst heißt es irgendwann ich würde dich ausnehmen. Oder würde nur dein Geld wollen!“ Er biss sich auf die Lippe und ich stutzte. „Wenn du denkst, dass ich das denke, dann sollten wir uns noch einmal eindringlich unterhalten. Und nun sag schon was du willst.“ Er schwieg und strich sich durch die Haare. Minako stand nur neben uns und beobachtet diese Szenerie zwischen Mamoru und mir. „Zwei Bier, zwei Shōchū und eine Cola mit Eis.“ Sie lächelte und sah Mamoru an. „Er meint es nur nett.“ „Darum geht es nicht.“ Konterte er nur und seufzte. „Sturer Kerl.“ Gab ich nur als Antwort und wandte mich dem Barmann zu. „Als wenn du es schaffst zu bestellen.“ Mamoru konnte sich einen bissigen Kommentar nicht verkneifen. „Du musst auch immer das letzte Wort haben.“ Kopfschüttelnd sah ich ihn aus den Augenwinkeln an. Der Barkeeper wollte gerade an mir vorbei huschen, als ich ihn auch schon am Arm gegriffen hatte. „Hey. Zwei Bier, zwei Shōchū, eine Cola mit Eis und einen Whiskey pur und wehe du mischst den mit Wasser.“ Zwei Minuten später hatte ich die Getränke. „Sehr beeindruckend.“ Minako nahm ein Bier und ihre Cola entgegen. „Das hätte ich auch geschafft.“ Er war wirklich bockig, also versuchte ich versöhnlich zu klingen. „Ich weiß, aber ich wollte vor deinen Freunden einen guten ersten Eindruck machen.“ Das war eine Lüge und er wusste es auch, schmunzelte aber. „Lügner.“ Ich lächelte und hielt die beiden kleinen Gläser mit Shōchū hin. Der Abend war eigentlich ganz ok. Gut der Club war nicht so meins, aber ich war abgesehen vom Phönix auch nicht so oft in Clubs. Die Arbeit ließ das kaum zu und zudem mochte ich Clubs nicht in denen es nur so von Heterosexualität strotze. Die Männer sahen zum größten Teil aus wie Zuhälter und die Frauen wie Schlampen. Perfekt für mein zynisches Gemüt. Aber Mamoru machte es wieder weg, abgesehen von gelegentlichen Kommentaren, weil ich seine Runden zahlte, war er sehr gut gelaunt. Seine Freunde nahm ich wahr und zwischenzeitlich versuchte ich Mamoru zu liebe ein Gespräch zu führen. Yosuke und ich hatten schnell mit einigen Blicken geklärt, dass wir vom anderen nichts hielten, aber wegen Mamoru so taten als würde uns die Gegenwart des anderen nicht stören. Minako war ok, sie versuchte ab und an ein Gespräch mit mir anzufangen, welches ich nicht gleich im Keim erstickte. Sie war nicht so dumm wie ich vermutet hatte. „Langweilst du dich?“ Ich zuckte zusammen und sah Mamoru an, welcher neben mir saß und sich etwas an mich lehnte. „Hmm.“ Machte ich nur und nippte an meinem Glas. „So schlimm?“ „Nein. Ist nur nicht so mein Club.“ Musternd sah ich ihn an und fixierte die Stelle an seinem Bauch wo sein Shirt hochgerutscht war und etwas Haut entblößte, da er halb liegend neben mir saß und sich streckte. „Wieso?“ Er hatte meinen Blick noch nicht bemerkt. Minako und ihr bekloppter Freund waren tanzen und ich musste mich zusammen reißen. „Weil ich, sonst nur in Clubs gehe in denen ich auch über meine Begleitung herfallen kann.“ Ich griff nach seinem Shirt und zog es über die freie Stelle. Mamoru zuckte zusammen und beobachtete meine Hand. „Stimmt. Über mich herfallen darfst du nicht. Aber…“ er sah sich um, es war zwar voll, aber hier oben ging es etwas ruhiger zu. Mit einem Mal zog er mich an meinem Hemdskragen zu sich und ich war zu irritiert, um auf den Kuss zu reagieren. Seine Zunge glitt in meinen Mund und strich keck über meine, bevor er sich wieder von mir löste. Der Geschmack von Bier breitete sich in meinem Mund aus, als ich ihn fast schon schockiert ansah. „Ok!?“ Er lächelte, wandte seinen Blick wieder zur Tanzfläche und griff nach seinem Bier. Er überraschte mich immer wieder! „Ihr seid ein tolles Publikum. In 15 Minuten geht es weiter und ich hab noch einiges für euch.“ Ich wandte meinen Blick zum Podest wo May stand. „Sie ist nicht schlecht.“ Und das meinte ich ernst. Sie legte gut auf, ein Teil der Sachen war nicht schlecht. „Ja das finde ich auch. Sie ist sogar richtig gut.“ Mamoru lehnte sich wieder etwas an mich und schmunzelte. May und die beiden anderen tauchten wieder bei uns auf und irgendwie war es ein netter Abend gewesen. Es war kurz vor halb drei als wir gingen, der Club machte sich bereit um zu schließen. Die meisten Clubs schafften nicht einmal die ein Uhr Marke, da war halb drei schon lang. Mamoru Chiba Ich zog meinen Schal enger und sah Massanorie aus den Augenwinkeln an. „Danke dass du doch noch gekommen bist.“ Er nickte nur und zog an seiner Zigarette. Dass er bis zum Ende geblieben war und er sogar zugestimmt hatte auf May zu warten, damit sie nicht allein nach Hause musste, war wirklich nett von ihm gewesen. Ich wusste, selbst mit dem Alkohol im Kopf, dass es ihn einiges abverlangt hatte so nett zu meinen Freunden zu sein. Deswegen war ich wirklich dankbar und es zeigte mir, dass ihm wohl wirklich etwas an mir lag. „Warum warten wir eigentlich auf sie und dein bekloppter Kumpel nicht?“ Er klang etwas genervt, aber ich überhörte das. „Weil ich dachte es wäre doch blöd, wenn die beiden auch warten würden. Schließlich sei ihnen etwas Zweisamkeit auch gegönnt.“ „Und uns nicht?“ Seine Stimme klang enttäuscht. „Doch. Ich denke schon, aber…“ „Schon gut. Vergiss es, war eine dumme Frage. Du bist halt so.“ Irgendwie klang das nicht so, als wäre es ein Kompliment. „Mamoru!“ Ich schaute auf und sah zu May, welche auf uns zukam. „Wo sind deine Sachen?“ Ich nahm an, dass sie ihr Equipment dabei haben würde, aber sie trug nur eine kleine Handtasche mit sich und knöpfte sich gerade den Mantel zu. „Die hole ich morgen mit dem Auto meiner Mutter ab. Tomiee hat gesagt das geht klar. Also was wollen wir noch unternehmen?“ Anscheinend war sie noch kein bisschen müde und ich bereute es etwas, Yosuke zugesagt zu haben, dass ich sie nach Hause bringen würde. Denn das Massanorie ebenso daran interessiert war mit mir allein zu sein hatte ich nicht bedacht. „Also… wir…“ May verstand sofort warum ich so herumdruckste. „Oh. Sorry. Ich wollte nicht das dritte Rad sein. Aber es ist ja auch schon spät…“ „Warst du schon einmal im Phoenix?“ Massanorie unterbrach sie und schnippte seine Zigarette weg. „Ähm nein?“ verwundert sah ich zu Massanorie, welcher sie ansah. „Na dann.“ Er setzte ein Lächeln auf, welches sehr gekünstelt aussah und ging los. „Ist es ok? Ich meine, dass wir jetzt was zu dritt machen?“ „Klar. Wenn er das vorschlägt.“ Also trotteten wir Massanorie hinterher. Ich hätte nicht gedacht, dass er das machen würde, aber anscheinend war er wirklich bereit sich um meine Freunde zu bemühen. Ja!! Sie war wieder da. Was würde ich nur ohne meinen Pessimismus tun? Glücklich leben. Erfüllt und ohne Selbstzweifel? Ach scheiße, wer wollte denn sowas. Ich grinste in mich hinein. Was sollte es. „Na komm schon.“ Wir holten Massanorie ein und ich stupste ihn in die Seite – soweit das durch seinen Mantel denn möglich war. „Da ich ja den ganzen Abend nur rumsaß und zusehen musste, wie andere tanzen, komm ich dann im Phoenix auch mal auf meine Kosten?“ Er grinste und schon war alles wieder gut. May lachte nur leise. Im Phoenix angekommen, sah sich May interessiert um. „Das heißt: Ich werde hier nicht angetatscht oder angegraben oder sonst was?“ Sie sah Massanorie fragend an. „Ich bezweifle es.“ „WIE.GEIL!“ sie hüpfte und freute sich anscheinend wirklich. „Wisst ihr wie anstrengend es ist, immer nur von solchen Vollidioten angequatscht zu werden, die etwa zu dumm sind um ihren Namen zu schreiben oder total besoffen. Da ist es super mal einfach nur tanzen zu können. Ihr seid oben?“ Ich nickte. „Gut ich geh tanzen.“ „Süßes Outfit.“ Ein Pärchen lief Händchen haltend an uns vorbei und zwinkerte May nur lächelnd zu. „Danke!“ sie winkte. „Ich liebe es hier.“ Und schon war sie weg. „Sie ist schon etwas …“ Massanorie suchte nach netten Worten dafür. „…verrückt? Ja! Sie hat einen leichten Fetisch was Schwule Männer angeht.“ „Merkt man kaum.“ Ob dies nun ironisch gemeint war wusste ich nicht, aber ich zuckte nur mit den Schultern. Wir hatten Glück und saßen am gleichen Tisch wie damals, als wir das erste Mal hier waren. Ich dachte darüber nach, was seitdem alles passiert war und stellte fest, dass ich, wenn mir das damals jemand gesagt hätte wie es laufen würde ich denjenigen für verrückt erklärt hätte. „Du denkst schon wieder!“ Grinsend sah ich ihn an. „Ja, aber ich dachte nur was seit dem ersten Mal als wir hier waren alles passiert ist.“ „Ja schon interessant wie es läuft. Ich dachte du machst dir Gedanken über das was May vorhin im Club gesagt hat.“ Ich überlegte. „Ach du meinst, dass es komisch ist das wir nicht diese typische verliebte Pärchen Symptome zeigen wie flirten und rosa Herzen und so?“ Er nickte. „Ich finde das nicht schlimm. Ich glaube ja, dass das nicht unbedingt so sein muss. Wir sind halt eher…“ ich suchte nach den passenden Worten. „…emotionale Krüppel?“ Irrte ich mich oder schwang da etwas Trauriges in seiner Stimme mit. „Ja das auch. Aber wir sind glaub ich sehr reserviert in der Öffentlichkeit. Ich noch mehr als du. Aber wenn wir alleine sind, können wir das ja auch… manchmal…“ Verrecke! Ich stellte mir vor wie ich die kleine Stimme, die in meiner Fantasie das Bild eines kleinen grünen Männchen mit einem gelben Regenmantel, Stiefeln, violetten Haaren und einer roten Fliegerbrille auf dem Kopf angenommen hatte, mit einer Schippe erschlug und es genoss. „Hmm.“ Ich verdrängte das Bild und wandte mich wieder Massanorie zu. „Stört dich das?“ „Hmm.“ Ok. Noch ein Hmm und ich würde wirklich sauer werden. „Mit Hmm kann ich keine Unterhaltung führen.“ Die Kellnerin kam und sah uns lächelnd an trotz der späten Uhrzeit und so. Aber das war ihr Job, ich kannte das und trotzdem tat sie mir leid – gerade weil ich wusste wie es war. „Er bestellt.“ Dann sah ich Massanorie an. „Muntert es dich auf, wenn ich dir sage, dass ich es mag, dass du meistens einfach für mich mitentscheidest.“ Er lachte leise, ließ seine Hand durch mein Haar gleiten und festigte seinen Griff an meinem Hinterkopf. Es zog etwas, war aber eher reizvoll als schmerzhaft. „Einen Widomaker, Balsamic-Touch und..“ Er musterte mich „…einen 21st Century.“ Die Dame verschwand und Massanorie widmete sich ganz mir. „Also. Du magst es dominiert zu werden.“ Es war keine Frage. „Nein, das hab ich nicht gesagt.“ Auch wenn ich leicht angetrunken war, ich verstand sehr gut was er meinte und spürte wie mir die Röte ins Gesicht stieg. „Ach nein?“ Ein anzügliches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, bevor er mich etwas grob zu sich zog, seine Hand noch immer in den Haaren meines Hinterkopfes vergraben und mich küsste. Er machte sich erst gar nicht die Mühe zärtlich zu sein, seine Zunge drang in meinen Mund und eroberte ihn hart. Ich keuchte in den Kuss hinein und versuchte mit meiner Zunge in seinen Mund zu kommen, aber er ließ es nicht zu und drängte mich immer wieder zurück. Ohne große Gegenwehr ließ ich mich schließlich darauf ein und als er mich los ließ sah ich ihn nur keuchend an. „Du hast doch noch zwei Tage frei oder?“ Ich nickte. „Wollen wir die im Bett verbringen? Wir müssen schließlich etwas üben, an deiner Ausdauer und meiner Feinfühligkeit.“ „Mal sehen. Wenn du zu May weiterhin so nett bist.“ Ich zog mich von ihm zurück und brachte etwas Abstand zwischen uns. Heute lief es gut zwischen uns. Wir testeten unsere Grenzen beim anderen aus und loteten aus wie weit wir wann und wo gehen konnten. Massanories Freizügigkeit faszinierte mich undsteckte etwas an. „Einen Balsamic-Touch kenn ich. Aber Widomaker und 21st Century?“ “Woher kennst du denn den Balsamic Touch?“ “Tja, du weißt eben nicht alles über mich.” Ich lachte leise und streckte mich. „Ich hab schon mal in einer Bar gearbeitet, da lernt man auch Cocktails mischen, aber ich hab dafür nicht so viel Talent. Aber etwas ist hängen geblieben.“ „Wir reden zu wenig, scheint mir.“ „Oder wir machen andere Dinge, die mehr Spaß machen.“ Die zermatschte grüne Masse in meinem Kopf, die mal meine ätzende innere Stimme wahr hob ihre kleine Hand und meldete sich zu Wort. röchelte sie, bevor ich sie wieder mit der Schippe malträtierte. Stirb! Stirb! Stirb! Leider nistete sich dieses Gefühl in mir ein. „Der Widomaker besteht aus Rum, Scotch und Zitronensaft. Der 21st Century aus Cola, Amaretto, Orangensaft und Rum.“ „Ok. Wieder was gelernt!“ Wir lächelten uns an. Als May zu uns kam, schien sie immer noch bester Laune zu sein. "So ich habe beschlossen: Dies. Ist. Mein. Lieblings. Club!" Sie sah den Drink der vor ihr stand und musterte Massanorie. "Hab ich den dir zu verdanken?“ Massanorie nickte nur kurz und nahm einen Schluck aus seinem Glas. „Oh wie süß – danke!“ ihre Stimme hatte einen kindlichen Unterton angenommen, aber sie meinte es wirklich so. Sie nippte vorsichtig. „Lecker. Also Jungs – was gibt es neues? Wie geht es deinem Vater Massanorie? Was macht die Uni? Fandet ihr mich gut?“ „Nichts und Gut! Als Antwort auf eins, zwei und vier!“ Tja so konnte man auch eine Unterhaltung im Keim ersticken. May zog wieder an ihrem Strohhalm und sah mich an. „Gut." Kam es nur von mir. Anscheinend war meine Konversationsfähigkeit mit der inneren Stimme gestorben. May seufzte nur und schüttelte den Kopf. „Ihr seid wirklich das perfekte Paar. Alles muss man euch aus der Nase ziehen. Ich hoffe doch du bist nett zu meinem besten Freund.“ Ihr Blick lag nun auf Massanorie der sie abschätzend ansah. „Er ist noch hier, also denke ich schon.“ „Schlechtes Argument. Mamoru ist sehr anhänglich und merkt nicht sehr schnell wenn man ihn schlecht behandelt.“ Irrte ich mich oder sprachen sie gerade über mich, während ich daneben saß? „Hallo? Ich bin anwesend.“ Beide sahen mich kurz an und widmeten sich dann wieder ihrem Gespräch. „Also wenn du ihn nicht gut behandelst und nett zu ihm bist, dann setzt es was. Ich lasse es nämlich nicht zu, dass du ihn einfach nur ausnutzt.“ „Warum sollte ich ihn denn ausnutzen?“ „Na für irgendwelche Sexspiele…“ „Hey!“ Unterbrach ich sie und schüttelte nur mit dem Kopf. „Was soll das denn werden?“ „Ich mein ja nur. Kann ja sein, dass er nur an Sex interessiert ist und nicht an dir als Menschen. Man muss einfach aufpassen. Glaub mir Mamoru, was Männer angeht habe ich mehr Erfahrung als du.“ Sie hob mahnend den Zeigefinger und rückte sich eine imaginäre Brille zurecht. „Wie kommst du darauf, dass ich so was vorhabe?“ Massanorie schien sich gar nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. May schmunzelte. „Ich weiß nicht. Ich wollte nur klarstellen, dass Mamoru niemand ist, den man benutzt.“ Ihre Stimme hatte einen ernsten Ton angenommen und ich kam mir etwas dumm vor. „Es ist ja sicherlich ehrenvoll, dass du dich so um ihn sorgst, aber ich denke wir bekommen das gut allein hin. Und Mamoru weiß, dass ich ihn nicht nur wegen dem Sex mag.“ Er sah mich an und ich sollte nicken, aber leider schaffte ich das nicht. „Ich komm gleich wieder!“ Ich stand auf und verschwand in Richtung der Toiletten. Wieso? Wieso dachte ich mir immer Dinge kaputt. Ich hatte sicherlich ein etwas selbstzerstörerisches Bild von mir, aber wieso musste das immer dann zum Vorschein kommen, wenn Massanorie etwas zu mir sagte, worüber andere sich freuen würden. Meine Unsicherheit und mein kaputtes Selbstwertgefühl waren mir keine Hilfe um eine Beziehung aufzubauen. Witziger Weise hatten sie sich bei Bunny nicht einmal halb so oft gemeldet. Anscheinend waren Toiletten sowas wie der Treffpunkt von Leuten die ungestört reden wollten, denn es war voll. Ich stellte mich an die äußerste Wand an ein Waschbecken und wusch mir das Gesicht um wieder runter zu kommen. „Alles gut?“ Im Spiegel sah ich Massanorie der hinter mir stand und mich ernst und besorgt ansah. „Tut mir leid.“ Flüsterte ich nur. Was sollte ich sonst auch sagen? „Schon gut.“ „Nein.“ Sagte ich nur energisch und strich mir das restliche Wasser aus dem Gesicht. „So ein Scheiß. Wieso sagt sie sowas auch. Das ist alles Mays schuld. Wenn sie nur nicht immer so blöde Sachen sagen würde.“ „Du denkst immer noch, dass ich nur Sex will?“ Es war eine Frage und er wirkte verletzt. Zu Recht! Dachte ich. „Ich will nicht… aber…“ ich drehte mich um und lehnte mich gegen das Waschbecken. „Kannst du mir fünf Sachen an mir nennen, aus denen du gerne eine Beziehung mit führst.“ „Darauf kannst‘e nur falsch antworten.“ Ich sah zur Seite. Ein junger Mann, braune Haare mein Alter wusch sich die Hände. „Sorry. Geht mich nichts an.“ „Gut erkannt.“ Zischte Massanorie nur. „Hey nicht unhöflich werden. Schließlich ist das hier ein Klo. Da könnt ihr keine Privatsphäre erwarten.“ Er nickte mir zu und griff an mir vorbei um ein Papierhandtuch aus dem Spender zu ziehen. „Er meint es nicht so. Er ist auf mich sauer und – naja er lässt es an dir aus.“ Er lächelte. „Na wenn ich helfen kann einen Streit zwischen Liebenden zu verhindern, dann ok.“ „Lass uns gehen.“ „Nein. Ich will eine Antwort.“ Meine Hände verschwanden in meinen Hosentaschen und ich sah ihn fordern an. „Wieso hier und jetzt?“ „Falls du es noch nicht bemerkt hast, bin ich nicht gerade sozial verträglich. Mein kaputtes Selbstbewusstsein redet mir ständig ein, dass jemand wie du doch nicht ernsthaft an mir interessiert sein kann. Ich meine, sieh mich an und dann sieh dich um. Allein in diesem Klo sehen 75% besser aus als ich und mindestens 100% haben mehr Selbstbewusstsein oder ein höheres Selbstwertgefühl.“ „Na das würde ich bestreiten. Das Make-up und die Klamotten täuschen über das Mangelnde Selbstwertgefühl von mindestens 50% hinweg, dann sind 17,8% von denen nicht im Einklang mit ihrer eigenen Sexualität, ca. 12,2% fühlen sich fett und Beziehungsunfähig und der Rest von 20% kommt wohl mit seinem leben gut zu recht. Und wenn jemandem meine Meinung interessiert, ich denke du siehst besser aus als...“ Irritiert sah ich wieder zu dem jungen Mann, der ein Waschbecken neben mir stand und sich im Spiegel anscheinend seinen Lidstrich nachzog um mich dann kurz musternd anzusehen. „… hmm 65% der Anwesenden und zwar bezogen auf den ganzen Club. Und das wiederum liegt an deiner Natürlichkeit, die ein hohes Maß an Selbstbewusstsein ausstrahlt.“ Massanories Blick verriet, dass er über diese Einmischung nicht begeistert war. „Hey. Wie ich schon sagte, das ist ein öffentliches Klo.“ Massanorie warf ihm einen eisigen Blick zu, worauf der junge Mann nur abwehrend die Hände hob. „Mamoru...“ er wandte sich wieder mir zu. „... ich weiß, dass das zwischen uns etwas… holprig kam. Und ich hab bis jetzt viel Mist gebaut. Aber denkst du nicht, dass wenn ich nur auf Sex aus wäre, ich dich in den letzten zwei Wochen schon abserviert hätte?“ Das klang einleuchtend. Seufzend sah er mich an und sah sich kurz um. Unsere Unterhaltung war, wie der junge Mann schon sagte nicht privat und so konnte man sehr gut mitbekommen, dass sich die Stimmenlautstärke der anderen „Klogäste“ senkte. „Du musst mich auch demütigen oder?“ Er rieb sich über das Kinn und sah mich an. „Fünf Dinge?“ Ich nickte. Es war mir egal, das wir auf dem Klo waren, ich wollte es hören, ich wollte mein Selbstwertgefühl und die scheiß Stimme in meinem Kopf Lügen strafen. „Ich mag das hier an dir. Dass du stur bist und wenn du dir etwas in den Kopf gesetzt hast, dass auch durchziehst – selbst wenn es bedeutet ein sehr privates Gespräch auf einem Herrenklo in einem Schwulen Club zu führen.“ Er tippte mir an die Stirn und rang mir so ein kleines Lächeln ab. „Ich mag auch wie du lächelst. Weil du nur selten lächelst und noch mehr mag ich es, wenn du wegen mir lächelst. Außerdem mag ich es, dass du dich für andere einsetzt – weil ich glaube, dass ich in diesem Punkt etwas Nachhilfe von dir brauche. Wie viel waren das?“ „Drei.“ Wisperte ich und zupfte an seinem Hemd. „Ich mag auch deine Hände…“ er griff nach meinem Arm und zog meine rechte Hand aus meiner Hosentasche und küsste meine Handinnenfläche. „…und ich mag es, dass du Ideale hast, die für dich immer Vorrang vor allem haben. Und das man dich nicht kaufen kann.“ „Das waren sechs.“ „Ich weiß.“ Er zog mich an sich und drückte mich. Mein Kinn lag auf seiner Schulter und ich kam mir albern vor ihm so eine Szene gemacht zu haben, aber gleichzeitg ging es mir besser. „Wie süß.“ „Echt? Ich fand es kitschig“ „Ach komm…“ War ja klar dass jeder seinen Kommentar dazu abgeben musste – selber schuld. „Ach haltet die Klappe. Ihr seid nur neidisch, weil ihr keinen habt der fünf Dinge aufzählen könnte die er an euch mag!“ Und schon war es ruhig, der junge Mann neben uns lächelte nur und beobachtete uns. Ich lachte und löste mich von Massanorie. „Tut mir leid.“ „Schon gut.“ Er strich mir durch die Haare und küsste mich sanft. „Ich gewöhn mich langsam daran, dass du zwischendurch mal durchdrehst und einen Schub Selbstwert brauchst.“ „Ihr seid ja wirklich süß.“ Ich wandte mich um. „Hey. Wie kommt man eigentlich auf diese Prozentzahlen?“ Massanorie schüttelte den Kopf. „Mein Freund ist Paartherapeut. Er analysiert oft die Leute die hier sind und da schnappt man schon mal was auf.“ Ich wollte gerade etwas sagen, als sich die Tür öffnete und May herein kam. Ihr Blick verriet, dass sie sich Sorgen machte. Ohne auch nur die geringste Scham zu zeigen kam sie herein und zupfte mir am Arm herum. „Ich wollte das nicht. Tut mir leid.“ „So, sollen wir.“ Massanorie schubste mich langsam aus dem Klo und May gleich mit. Es war halb fünf und es schneite leicht draußen. Massanorie hatte May ein Taxi gerufen und es ihr sogar bezahlt. Sie bedankte sich, und meinte sie würde es ihm zurück geben, aber er lehnte ab. Schweigend gingen wir in Richtung seiner Wohnung. Es wäre dumm zu mir zu gehen, da dies nur ein Umweg wäre und da Sparky bei seiner Mutter war, wartete ja niemand bei mir auf uns. „Bist du böse?“ Ich war mir nicht sicher ob ich diesmal nicht wieder zu weit gegangen war. „Hmm? Nein. Nur müde.“ Er lächelte. „Ok.“ Das knirschen des Schnees unter meinen Schuhen machte das Schweigen zwischen uns erträglicher. „Wegen vorhin…“ „Schon gut.“ Er kramte in seiner Manteltasche und zog ein Päckchen Zigaretten heraus. „Darf ich dich etwas Fragen?“ Irgendwie hatte die Tonart mit der er mich das fragte schon nichts Gutes an sich. „Klar, was denn?“ „Wie viele Pflegefamilien hattest du?“ Ruckartig blieb ich stehen und in meinem Magen bildete sich ein Kloß. „12!“ gab ich nur als Antwort und ging an ihm vorbei, oder besser ich wollte. Aber er hielt mich am Handgelenk fest. „Ich will es nur verstehen.“ Die Ernsthaftigkeit in seiner Stimme ließ mich Aufsehen. „Was?“ „Wieso du manchmal denkst, dass keiner dich … dich mag oder mögen könnte.“ Ein Lachen unterdrückend seufzte ich. “Naja es ist schwierig sich selbst zu mögen, wenn andere es nicht tun. Und als Kind ist es noch schwieriger. Man nimmt ein Kind mit und dann bringt man es zurück, so als ob man ein Kleidungsstück umtauscht weil es nicht passt oder es einem zu Hause nicht mehr gefällt. Dann hört man irgendwann, wie Erwachsene sagen, dass sie so ein Kind nicht haben wollen – sondern ein lebenslustiges – eines das nicht weint und jammert oder viel Zuwendung braucht. Irgendwann denkt man eben, dass es stimmt – dass man nicht liebenswert ist.“ Die letzten Worte hatte ich mehr flüsternd gesagt und versuchte ein Lächeln aufzusetzen. „Ich mag dich.“ Ich nickte. „Ich meine das ernst. Wenn es nicht so wäre, hätte ich mir sicher nicht auf dem Klo diese Blöße gegeben. Ich kenne niemanden der liebenswürdiger ist als du.“ „Deine Mutter!“ Er verdrehte die Augen. „Das ist etwas anderes, sie ist meine Mutter.“ Er legte den Arm um mich und wir gingen weiter. „Wieso denkst du eigentlich immer alles kaputt?“ Ich dachte über die Frage, dessen Antwort ich kannte aber nicht laut sagen wollte nach. „Du würdest nur lachen.“ “Bring mich zum lachen!“ Seufzend sah ich ihn aus den Augenwinkeln an. „Weil die kleine Stimme in meinem Kopf immer sagt, dass du nur Sex willst und das ich dumm bin und so…“ Ich wurde rot und stellte fest wie dämlich das klang. „Ernsthaft. Du hörst Stimmen?“ Naserümpfend boxte ich ihn in die Seite. „Ja. Und eigentlich mag ich sie, aber manchmal ist sie doof – genau wie du!“ Eingeschnappt drehte ich den Kopf weg. Er begann zu lachen und zog mich wieder näher an sich. „Ich wusste doch von Anfang an, mit dir wird es nicht langweilig.“ Ich verdrehte die Augen über diesen total sinnlosen Kommentar, aber eben dieser schaffte es meine Laune wieder komplett zu heben. „Du bist so schnulzig. Ich dachte ich hätte dir schon gesagt was ich davon halte.“ „Ach plötzlich wieder so. Aber vorhin konnte der Herr nicht genug davon bekommen oder bist du einfach nur voyeuristisch veranlagt?“ So neckten wir uns noch auf dem ganzen Weg und mir wurde bewusst, wie albern ich mich mal wieder angestellt hatte. Kapitel 23: Step Twenty-three... Fear II ---------------------------------------- Step Twenty-three… Fear II Vertraue deinem Herzen. Wertschätze dessen Intuition. Wähle die Angst loszulassen und öffne dich der Wahrheit und du wirst erwachen zu Freiheit, Klarheit und Freude am Sein. Mooji Bunny Tsukino „Fröhliches Lachen drang aus dem Auto. Mamoru und ich kamen gerade von einer Geburtstagsfeier nach Hause, draußen war es schon tiefe Nacht und nur das Glitzern des Schnees im Scheinwerferlicht war deutlich erkennbar. Wir lachten unbeschwert und unterhielten uns über die Scherze und Streiche der Feier. Alles im allen war es ein sehr gelungener Abend gewesen. Ich fuhr auf der Straße Richtung Tokyo. Weit vor uns tauchten Scheinwerfer auf und kamen rasch näher, wurden immer heller und heller und man konnte deutlich erkennen, dass sie von einer Straßenseite zur anderen hüpften. Mamoru verging das Lachen und auch mir wurde jetzt langsam flau im Magen. Der entgegenkommende Wagen war jetzt so nah, dass ich geblendet wurde. Instinktiv verringerte ich die Geschwindigkeit und fuhr weiter rechts, da das Auto mit seinen lustigen Schlangenlinien nicht aufhörte. Plötzlich musste ich das Lenkrad nach rechts herum reißen. Der Wagen wurde durch geschüttelt, ich verlor die Kontrolle, konnte mich nicht mehr bewegen, konnte nur noch den heran nahenden Baum anstarren. Stille! Als ich die Augen wieder öffnete dämmerte es bereits, doch man konnte nichts erkennen, überall dicker, dichter Nebel. Unter Stöhnen richtete ich mich auf. Es kostete meine ganze Kraft die verzogene Wagentür zu öffnen, dann kroch ich auf allen vieren aus dem Wagen. Der Nebel packte mich mit seinen kalten, nassen Fingern und raubte mir für einen Moment die Luft. Langsam und zitternd kroch ich durch den tiefen Schnee. Die Schmerzen, die Kälte, nichts bemerkte ich. Mein einziger Gedanke war Mamoru! Als ich endlich auf der Beifahrerseite angelangt war, zog ich mich an der Tür hoch. Ich ergriff den Türgriff und rüttelte daran. Nichts. Ich atmete die kalte Luft ein, welche in meinen Lungen brannte, wartete einen Moment und versuchte es erneut. Ich riss mit letzter Kraft an dem Griff, plötzlich gab die Tür nach und sprang mit einem gewaltigen Satz auf. Der Druck der aufspringenden Tür schleuderte mich zurück und ich landete im Schnee. Erst jetzt spürte ich all die Schmerzen an meinem Körper und ich merkte das mir das Atmen immer schwerer fiel. Ich wollte nicht mehr, konnte nicht mehr. Lange lag ich dort und rührte mich nicht, wie tot, die Augen geschlossen. Als ich wieder zu mir kam konnte ich mich für einen kurzen Moment nicht orientieren. Ruckartig richtete ich mich auf, schrie und stürzte wieder zurück in den Schnee, der mich wie Watte auffing. Meine Hand lag auf meiner Stirn und als ich sie runter nahm und vor meine Augen hielt, färbte sich der Schnee rot. Da kamen die Erinnerungen wieder, die Scheinwerfer, der Aufprall, die Stille. Ich versuchte mich wieder aufzurichten, endlich gelang es mir und meine Augen waren auf den Beifahrersitz gerichtet, wo Mamoru sitzen sollte. Doch da war niemand – der Platz war leer. In mir stieg Panik auf und ich versuchte den immer größer werdenden Schmerz in mir zu ignorieren. Warum war er nicht da? Warum ließ er mich mit all den Schmerzen allein?“ Weinend saß ich neben Rei, welche Ihren Arm um mich gelegt hatte und mir behutsam über den Rücken strich. „Ich habe immer wieder diesen Albtraum. Ich weiß nicht mehr was ich machen soll.“ Auch die anderen sahen mich mitfühlend an. „Ami, hast du eine Idee was das bedeuten könnte?“ Makoto schob mir besorgt einige Kekse hin, während sie sich an Ami wandte. Diese seufzte leicht und rückte ihre Brille zurück. „Ich glaube, dein Unterbewusstsein versucht zu verarbeiten, dass Mamoru dich verlassen hat. Dieser ganze Unfall ist die Projektion dieser Situation. Du denkst, dass es deine Schuld ist, dass Mamoru weg ist, gleichzeitig bist du aber wütend und fühlst dich ungerecht behandelt, weil er dich einfach mit deinem Kummer allein lässt. Weißt du, ich glaube in Yosukes Traumdeutungsbuch stand drin, dass das Auto allgemein als Sinnbild für den inneren Antrieb stehen kann, welches das Handeln und Verhalten eines Menschen stark beeinflussen und ihn motivieren. Je nach den Begleitumständen, wie in deinem Fall ergeben sich dann spezielle Bedeutungen. Du lenkst das Auto, also hast du zu Beginn alles im fest im Griff, aber der Unfall weist auf Versagensängste hin. Du denkst, du hast die Situation nicht mehr unter Kontrolle. Traumszenarios mit Autos verarbeiten häufig die Art, wie jemand auf der psychischen oder emotionalen Ebene mit sich selbst umgeht.“ Minako sah kurz auf und lächelte mich an. Wir alle starrten sie nur fassungslos an. „Schaut nicht so. Mein Freund ist Psychologie-Student und er schlägt jeden Traum in so einem Symbol Traumdeutungsbuch nach. Da bekommt man interessante Sachen mit. Letztens habe ich von Elefanten geträumt und dann hat Yosuke gesagt das würde zeigen, dass ich ein geduldiger und ruhiger Mensch bin, der trotz Aufregung nie seine Autorität verliert. Der Elefant im Traum kann bedeuten, dass jemand mit Problemen gut fertig werden kann.“ „Ich habe keine Versagensängste!“ gab ich nur barsch als Antwort. Minako seufzte und ich fand ihre neue Art wirklich sehr unangenehm. „Ich meine ja nur, dass du nach vorne schauen sollst. Ich meine, denk doch an Seiya. Ich dachte, du liebst ihn?“ Nun schluckte ich. „Minako! Wie kannst du nur so Gefühlskalt sein?“ Rei wies sie zurecht. „Ich bin nicht gefühlskalt. Ich sage nur wie es ist. Die Welt dreht sich weiter. Ich sage nicht, dass ich ihren Kummer nicht verstehen kann, aber sie trauert nicht wegen der Beziehung zu Mamoru. Sondern sie trauert um eine noch nicht geschriebene Zukunft. Die sowieso niemals so eingetreten wäre.“ Nun war es still im Raum. Alle sahen sich an und ich ließ Minakos Worte in meinem Kopf noch einmal nachhallen. Trauerte ich wirklich um Mamoru oder doch um die Zukunft und Chibiusa? Ich wusste es nicht. „Wie meinst du das?“ Makoto riss mich aus meinen Gedanken. „Das die Zukunft nicht so eingetreten wäre.“ „Sie hat nicht unrecht.“ Ami meldete sich zu Wort und seufzte. „Wir haben die Zukunft gesehen und wissen durch Chibiusa auch sehr genau zu welchem Zeitpunkt alles passieren wird. Das Problem, welches sich nun daraus ergibt ist, dass wenn man die Zukunft kennt, man alles dafür tun wird damit sie eintrifft. Durch dieses Zwanghafte Verhalten kann es aber auch kommen, dass eben die Zukunft die wir gesehen haben nicht eintreffen wird. Die Kausalität von Zeit und Raum ist sehr schwierig zu bestimmen oder zu erklären. Allein unsere Anwesenheit in der Zukunft und unser Wissen ändern sie schon beträchtlich und führen zu veränderten Zeitsträngen und Zeitabläufen.“ Sie lächelte Minako matt an und dann mich. „Am Ende können wir nicht wirklich sagen welche Zukunft eintrifft.“ Ich schluckte und wollte am liebsten losheulen. „Ami! Was soll das denn jetzt? Fängst du jetzt schon an wie Minako?“ Rei nahm mich fest in den Arm und drückte mich an sich. „Hör auf Rei. Es wird nicht besser wenn du herum schreist!“ Minako wurde plötzlich sehr ernst und sah in die Runde. „Wie kannst du nur? Du verbringst zurzeit mehr Zeit mit Mamoru als mit uns.“ Ich fühlte mich etwas verraten von ihr. Minako Aino Diese Unterhaltung war albern. Ich war an diesem Abend nicht gekommen um zu streiten, sondern damit wir Geschenke basteln konnten. Auf Bunnys Vorwurf reagierte ich nicht. Ich wollte mich nicht für etwas rechtfertigen was in meinen Augen keiner Rechtfertigung unterlag. „Wir sollten uns lieber überlegen was wir Weihnachten machen wollen.“ „Ich finde wir sollten endlich klären, wie du zu dieser Sache stehst. Findest du es etwa gut was Mamoru macht?“ Seufzend sah ich auf, legte die Schere beiseite und überlegte kurz ob ich Yosuke doch lieber einen Schal stricken sollte, aber diesen Gedanken verwarf ich lieber schnell. Stricken war so gar nicht meine Sache. „Ich denke nicht, dass ich mich dafür rechtfertigen muss, dass ich mit dem besten Freund meines Freundes etwas unternehme. Es gehört nun mal dazu, dass man sich auch mit den Freunden des Partners anfreundet. Ich trenne das sehr scharf. Mamoru ist der Beste Freund meines Freundes – wie eben schon gesagt.“ Ich sah Rei an, welche mir einen wütenden Blick zuwarf. Sie war aufgebracht und Bunnys Alpträume und ihr weinen, sowie ihre Verzweiflung taten ihr übriges. „Was die Sache mit Massanorie, also Mamorus Freund angeht. Er ist nicht gerade ein Charmebolzen, wie es Yosuke ausdrückt. Aber Mamoru scheint - “ ich überlegte kurz. In den letzten Tagen waren Yosuke und ich viel aus gewesen, er hatte mich auch anderen Freunden vorgestellt, aber meistens waren wir abends mit Mamoru aus gewesen und Massanorie war zweimal dabei gewesen. Ich fand ihn jetzt nicht gerade charmant, aber… „…glücklich!“ beendete ich meinen Satz und lächelte leicht. „Ach das ist ja toll – er ist glücklich. Denkt er auch mal an andere.“ Rei wurde lauter. „Rei.“ Makoto mischte sich nun ein und versuchte Rei zu beruhigen. Wir begannen uns zu streiten, eher gesagt diskutierten wir über diese Situation. Warum tat ich mir das an? „RUHE!“ Ich schlug auf den Tisch. „Anstatt das wir hier alle herumschreien und uns über etwas zu streiten, was keinerlei Diskussion bedarf, sollten wir darüber reden, welche Chancen das für uns bedeuten. Welche Möglichkeiten sich bieten und wie wir als Freunde miteinander umgehen.“ Alle sahen mich an. „Ich bin es leid. Wirklich leid.“ Rei öffnete den Mund um etwas zu sagen. „Setz dich Rei und halt den Mund. Zu aller erst: Mamoru hat wohl das Recht selbst zu entscheiden, wie er sein Leben leben will. Sicher; ich verstehe, dass es dir schlecht geht.“ Mitfühlend sah ich Bunny an und band meine Haare zu einem Zopf. „Aber ihr habt euch doch im guten getrennt. Du hast dich doch von ihm getrennt und wolltest mit Seiya zusammen sein. Es musste dir doch damals schon klar sein, dass wenn du diesen Schritt gehst, es auch die Zukunft verändern wird. Ich verstehe nicht, wieso das plötzlich so ein Problem darstellt?“ Mein Blick wanderte zu Rei. „Und du? Du sagst, dass Mamoru egoistisch ist? Ich glaube nicht, dass das zutrifft, wie oft hat er uns schon geholfen? Wie oft hat er unsere Probleme vor seine gestellt, er war damals bereit sich von Bunny zu trennen, weil er es nicht ertrug, dass ihr etwas passiert. Ich denke nicht, dass das Egoismus ist. Zudem wolltest du doch immer Stewardess werden und du Ami Ärztin, Makoto du wolltest eine Bäckerei und einen Blumenladen eröffnen. All diese Dinge sind doch unsere Träume, wieso also ist es euch so wichtig, dass eine Zukunft eintrifft, in welcher wir auf unsere Träume verzichten.“ Stille! Alle sahen zuerst mich an, bevor ihre Blicke ausweichend auf den Boden glitten. Kopfschüttelnd stand ich auf, mir war die Lust auf Weihnachtsgeschenke basteln vergangen. Einen letzten Versuch wollte ich jedoch noch starten. Während ich meine Jacke und meinen Schal nahm, wandte ich mich zu Bunny. „Bunny, wieso redest du nicht noch einmal mit Mamoru? Irgendwo, wo ihr ungestört seid. Dann würdest du bestimmt verstehen, warum er sich so entschieden hat.“ Sie nickte schwach und ich ging. Mit etwas Glück, würde doch noch alles gut werden – dachte ich zu dem Zeitpunkt jedenfalls. Noch drei Tage bis Heiligabend. Bunny hatte mich angerufen und mich gebeten mit Mamoru zu reden, damit er einem Treffen zustimmen würde. Mamoru hatte zögerlich reagiert, aber schlussendlich hatte er zugestimmt. Es schneite leicht, als ich im Park ankam. Bunny und die anderen kamen auch gerade und unterhielten sich leise. Ich kam mir vor wie eine Unterhändlerin. So hatte ich mir das alles wirklich nicht vorgestellt, aber Bunny, Mamoru und die anderen sicherlich auch nicht. Langsam kroch mir die Kälte in die Knochen. Rei kam auf mich zu. „Minako?“ „Hmm?“ In ihrem Gesicht konnte ich erkennen was sie wollte. Ich winkte nur ab und lächelte. „Schon ok. Wir machen uns alle nur Sorgen um Bunny. Aber du verstehst doch meinen Standpunkt, oder?“ Seufzend nickte sie. „Ja, schon. Es ist schwer geworden das alles zu trennen.“ „Ja, ich weiß. Mit einem Freund klappt es besser, besonders wenn er immer in der Nähe von einem ist.“ Grinsend sah ich sie an. „Minako, wenn du damit Yuuichirou meinst, dann kann ich nur sagen, dass das albern ist. Er ist nicht mein Typ.“ Aber die leichte röte in ihrem Gesicht ließ mich kichern. „Ja Rei. Ich verstehe.“ Gab ich nur sarkastisch zurück. „Er kommt zu spät.“ Amis Stimme riss uns aus unseren Gedanken. Rei nickte nur und sah mich besorgt an. „Passt gar nicht zu ihm.“ „Nein.“ Gab ich nur nachdenklich als Antwort. Es hörte auf zu schneien und ein kalter Wind ließ uns alle frieren. „Oh…“ Makoto hatte sich zu uns gesellt, während Bunny auf einer Bank etwas abseits saß. Seiya war auch dort, er stand etwas weiter weg und beobachtete Bunny sorgenvoll. Er tat mir leid. Was für ein Gefühl musste es sein, wenn die Frau die man liebte sich nicht entscheiden kann, weil ihre Liebe zu groß ist und sie nur das Wohl aller im Kopf hat? „Was?“ Ich drehte mich in die Richtung in die Makoto sah. Mamoru kam auf uns zu und ich zuckte kurz zusammen. Er sah fürchterlich aus. Yosuke hatte mir gesagt, dass sie Fußball spielen wollten, aber das war doch etwas übertrieben. Mamoru trug eine kurze Hose, einen langen grünen Parka, Fußballschuhe und auch wenn Yosuke es dementierte und es Fußballsocken nannte, für mich waren es Kniestrümpfe. Doch das Problem war eher, das er überall Schürfwunden hatte, eine aufgesprungene Lippe und sein Gesichtsausdruck ließ erkennen, dass er keine Lust hatte sich jetzt mit den Mädchen auseinander zu setzen. „Kein Wort. Ich hatte einen Scheißtag.“ Mein erster Gedanke war nach Yosuke zu fragen, Mamoru musste meine Gedanken lesen. Er ließ seine Sporttasche fallen und strich sich durch die Haare. „Yosuke sieht auch nicht besser aus und es tut mir leid – das ist meine Schuld.“ Er sah mich schuldbewusst an und lächelte matt. „Was ist denn passiert?“ Besorgt sah ich ihn an. „Ist es ok, wenn du das Yosuke fragst, ich hab gerade keine Lust das zu erzählen. Es hat mich schon einiges an Überredungskunst gekostet, dass er mich allein gehen ließ.“ „Geht es dir gut?“ Ami und die anderen sahen sich abwechselnd an und musterten dann Mamoru. „Ja. Super!“ Gab er nur zynisch als Antwort, wandte sich um und ging zu Bunny. „Glaubst du das geht gut?“ Makoto seufzte und verschränkte die Arme vor der Brust. Das konnte ich gerade beim besten Willen nicht sagen, nicht nachdem Mamoru so eine Laune hatte. Doch es schien gut zu laufen – zu Anfang! Sie redeten, Bunny stand auf, lief etwas umher und Mamoru ließ sie einfach reden. Wir verstanden nicht worum es ging, aber das war egal. Aber dann lief es aus dem Ruder. Mamoru musste irgendwas gesagt haben was Bunny aufregte, denn sie begann ihn anzuschreien und schließlich mischte sich Seiya ein. Mamoru und Seiya gerieten aneinander und keiner von beiden war wohl wirklich glücklich darüber den anderen zu sehen. Wir bekamen nur Bruchstücke wie „Ich hab dir gesagt, was passiert, wenn du nicht auf sie aufpasst“ „Du hast mir doch die Freundin ausgespannt“ „Was mischt du dich da ein“ „Wie kannst du nur“ „Verantwortungslos“ mit. Bunny mischte sich auch noch ein und es schien nicht so als wenn es zu einer friedlichen Aussprache kommen würde. Rei sah mich an und ich nickte nur – es war Zeit sich einzumischen. Wir gingen etwas schneller zu den dreien als vielleicht nötig, aber wer wusste schon was passierte wenn es so weiter ging. Doch dann passierte das was nicht passieren sollte. Egal wie es passiert war, Bunny schien gefühlsmäßig an ihre Grenzen zu stoßen, sie schrie Mamoru an und im nächsten Moment war es auch schon passiert. Ein helles Licht! Und Bunnys Stimme die sich überschlug! Im nächsten Moment war es wieder dunkel, Seiya hielt Bunny in den Armen welche sich an ihm abstützte und völlig schockiert in Mamorus Richtung sah. Dieser lag am Boden und krümmte sich vor Schmerzen. Es waren nur Sekunden, aber es kam mir vor wie Stunden und plötzlich wurde uns allen klar was passiert war, sie hatte den Silberkristall gegen ihn eingesetzt. Es war nicht mit Absicht geschehen, aber sie hatte es getan. In ihrem Gesicht war Fassungslosigkeit zu erkennen, sie konnte es selbst nicht glauben und wollte gerade zu Mamoru. Mit einem Ruck riss ich sie zurück, sah sie kurz an und gab ihr dann eine schallende Ohrfeige, welche sie zurück in Seiyas Arm warf. „Wie kannst du nur! Bist du wahnsinnig?“ Ich rannte zu Mamoru während die Mädchen mich fassungslos ansahen. Bunny rappelte sich wieder auf und folgte mir, doch ich hörte plötzlich Kunzites Stimme in meinem Kopf. An dem Tag als ich mit Mamorus Hilfe mit ihm gesprochen hatte, da hatte er mich um etwas gebeten… „… es ist egoistisch und ich habe nicht verdient, dass du mir diesen Gefallen erfüllst. Doch ich habe alles verraten was mir wichtig war, jeden den ich geliebt habe. Doch auch wenn ich vielleicht nie wiedergeboren werde, so bitte ich dich, dass du meinen Herrn so beschützt wie du deine Herrin beschützt… In deinen Augen mag es unvernünftig sein, dich darum zu bitten, aber ich kenne niemanden der so viel Willenskraft besitzt wie du. Deine Ideale sind stärker, als es meine je waren.“ Aus Liebe zu ihm, hatte ich es ihm geschworen und nun musste ich mich entscheiden, wem in diesem Moment meine Loyalität galt. Ich wusste es – noch bevor Kunzites Stimme in meinem Kopf verhallt war. „Macht des Venuskristalls!“ Nur einen Wimpernschlag dauerte es und Bunny hielt in ihrer Bewegung inne. Fassungslos sah sie mich an, auch die anderen waren schockiert und starr. Die Klinge des Heiligen Schwertes berührte ihre Kehle. „Geht zurück!“ „Venus!“ „NEIN!“ Schrie ich sie an. „Ich weiß was ich tue. Aber ich habe meine Treue nicht einer Prinzessin geschworen, die Unschuldige aus Zorn, Missgunst und Egoismus verletzt. Ich bin bereit für sie mich selbst aufzugeben, alles was ich liebe aufzugeben, aber jetzt gerade ist sie diejenige die all ihre Ideale und Werte verraten hat!“ Bunny begann zu weinen und sackte zusammen. „Es tut mir leid.“ Sie weinte und sah an mir vorbei. Ich achtete nicht darauf, ließ das Schwert verschwinden und lief zu Mamoru. „Mamoru!“ „Schon ok…“ er presste die Lippen aufeinander und hielt sich den Arm fest. „Was – für ein – Scheißtag!“ Er sah mich kurz an und quälte sich ein Lächeln ab. „Du – hast das doch – gerade nicht – wirklich getan, oder?“ Er schüttelte den Kopf und setzte sich auf die Knie auf. „Was meinst du?“ Besorgt berührte ich seine Schulter und zog die Hand schnell zurück, als er zuckte. Er musterte mich und ich verstand es. „Ich hab es versprochen.“ Wisperte ich nur und lächelte sanft. Wieder schüttelte er den Kopf. „Dummkopf.“ Flüsterte er nur und verzog vor Schmerzen das Gesicht. „Massanorie hatte recht – das ist einer dieser Tage!“ „Venus!“ Ich stand auf, drehte mich um und musterte die anderen, Rei hatte sich verwandelt ebenso wie die anderen. „Nehmt die Prinzessin und geht.“ Eine Böe blies den Pulverschnee auf und wirbelte ihn umher. „Wie kannst du…“ Mars setzte an und ich wusste sie würde alles tun um Bunny zu beschützen, das würde ich auch. Mein Leben würde ich für sie opfern, aber sie hatte etwas unrechtes getan. „Mach es nicht. Fordere mich nicht heraus.“ Meine Stimme und meine Haltung ließen keinen Zweifel, dass ich es ernst meinte. Ich stellte mich demonstrativ vor Mamoru und wich den Blicken der Mädchen nicht aus. „Geht einfach! Das ist ein Befehl! Vergesst nicht, dass ich eure Kommandantin bin, auch wenn wir Gefährtinnen sind!“ Mars wollte gerade zu mir kommen, als Bunny sie fest hielt. „Nein!“ Ich will das nicht. Ich wollte das hier nicht. Ich wollte nicht, dass ihr gegeneinander kämpft und ich wollte auch Mamoru nicht verletzen – ich weiß nicht… bitte Rei. Sie hat recht – lass uns gehen… bitte.“ Weinend klammerte sie sich an Mars. Diese zögerte, nickte dann aber. Merkur kam langsam auf mich zu. „Du kümmerst dich um Mamoru?“ Ich nickte. „Gut, wir kümmern uns um Bunny. Wir melden uns dann später.“ Nickend wandte ich mich wieder um und kniete mich zu Mamoru. Die Mädchen verschwanden zusammen mit Seiya und Bunny. Mir wurde bewusst, was ich da gerade getan hatte, was passiert wäre wenn Mars mich wirklich angegriffen hätte wollte ich mir gar nicht ausmalen. „Wir sollten ins Krankenhaus.“ Mamoru wirkte plötzlich sehr blass und sah an mir vorbei. „Was ist denn?“ Ich drehte mich um und sah Yosuke, welcher nicht weit von uns stand und uns mit aufgerissenen Augen ansah. Er hatte es gesehen – alles. Das sah ich in seinen Augen. Sein Blick sprang zwischen Mamoru und mir hin und her. Mamoru Chiba Scheißtag! Scheißtag! Scheißtag! Erst die Schlägerei auf dem Fußballplatz, dann die Scheiße mit Bunny und nun Yosuke. Fortuna kotze mir vor die Füße – erneut! Yosuke war nicht weggelaufen, er hatte uns ins Krankenhaus begleitet wo ich dem Arzt erklärte, dass eine Schlägerei nicht zu meinen Gunsten ausgefallen war. Somit war die Schlägerei doch ein Glücksfall, dass machte den Arm und die Rippen, welche alle samt zum Glück nur angebrochen waren wieder glaubwürdig. Da ich nicht daran glaubte, dass Yosuke oder Minako noch da sein würden, wenn ich aus dem Behandlungszimmer kommen würde, schickte ich Massanorie eine SMS mit der Bitte mich abzuholen. Daraufhin klingelte das Handy dauerhaft, aber ich wollte es ihm am Telefon nicht erklären. Was sollte ich auch sagen? Klang gar nicht demütigend. Mein Ego sank auf null – größtenteils wegen der Sache mit Bunny. Ich meine – ja ich war vielleicht nicht der perfekte Freund, aber deswegen musste sie ja nicht gleich versuchen mich auszulöschen. Das war doch etwas übertrieben – oder? Mein Glück war gewesen, dass in dem Moment wo sie anscheinend ihren kleinen Burnout hatte mein Kristall reagiert hatte. Ohne den wäre ich wahrscheinlich nicht so glimpflich davon gekommen. „Also kein Sport, keine Prügelei und Bettruhe ist wichtig. Dann kommen sie in drei Tagen wieder, ich möchte mir die Blutergüsse anschauen.“ Der Arzt war auch kein Fan von mir - auch nicht. Nicht der erste heute. Ich nickte nur und traute mich erst gar nicht nach Schmerztabletten zu fragen. Mein rechter Arm wurde mit einer Schiene versehen, einbandagiert und lag nun in einer Schlinge und ich konnte selbst die Finger nicht richtig bewegen, weil es dann sofort in den Arm zog. Ich unterdrückte ein Wimmern als ich ausversehen an meine Rippen kam. Schmerztabletten wären toll. Massanorie würde sicherlich auch sauer sein. Ich betrat gerade wieder die Halle der Notaufnahme, als ich auch schon eine bekannte Stimme hörte. Minako stand etwas abseits und sah mich zuerst. Massanorie motzte gerade eine Schwester an, welche bestimmt gleich anfing zu weinen. Doch bevor es dazu kam, bemerkte er mich und kam auf mich zu. Als ich ihn sah wurde mir bewusst, dass ich ihn von einem Geschäftsessen weggeholt hatte. Noch am Morgen hatte er es mir erzählt, aber ich hatte es einfach vergessen. Er trug seinen schwarzen Wintermantel über den Arm und als er vor mir stand konnte ich den leichten Geruch von Wein wahrnehmen. „Was ist passiert? Wieso siehst du denn so aus?“ Wütend musterte er mich. Nun traute ich mich erst recht nicht, ihm die Wahrheit zu sagen. „Wir hatten eine Prügelei.“ Yosuke stand hinter Massanorie. Sein Blick lag jedoch auf mir. „Anscheinend hatten die ein Problem mit eurer Beziehung.“ Er sah zu Minako. „Was das andere angeht, so bin ich einfach nur enttäuscht. Wir sind die besten Freunde, ich lass mich sogar für dich verprügeln und das hier ist wie wir beide wissen nicht das erste Mal, aber dass du mich belügst, dass du mir nicht vertraust um mir sowas zu sagen…“ Er schüttelte den Kopf. „Ich geh jetzt. Und – ich brauch etwas Abstand – zu euch beiden.“ Damit drehte er sich um und ging. Minako nickte und zwang sich zu einem Lächeln. „Ok.“ War alles was sie heraus brachte. Massanorie sah mich an. „Was meint er damit?“ „Oh, er hat gesehen wie sich Minako – verwandelt hat…“ „Das ist mir doch scheiß egal!“ zischte er. „Ich meine das mit der Prügelei.“ „Ach das…“ Ich hatte gehofft mit einer Notlüge durchzukommen, aber das würde wohl nichts mehr werden. „Also?“ Wir standen mitten in der Notaufnahme und ich war nicht in Stimmung für eine Szene dieser Art. „Einige aus unserem Fußballteam haben uns gesehen, als wir im Club waren. An dem Abend mit May, Yosuke und Minako. Kann sein, dass sie gesehen haben wie wir uns geküsst haben und sie fanden die Vorstellung mit so einem wie mir wie sie es ausdrückten, Fußball zu spielen als widerwärtig. Daraufhin hatten wir etwas Streit und Yosuke und ich haben etwas abbekommen. Fünf gegen zwei ist eben nicht so richtig fair. Aber wenn es dich fröhlich stimmt, Yosuke hat einem die Nase gebrochen – so glaubt er zumindest.“ Ich grinste etwas, Massanorie verzog keine Miene. Mit einem tiefen Seufzer wollte ich meinen Unmut kundtun, doch meine Rippen fanden tiefes ein- und ausatmen als eine super schlechte Idee. Ich zuckte zusammen und keuchte vor Schmerzen kurz auf. Ich rechnete jetzt mit einem Schwall von Vorwürfen oder dass Massanorie wütend war, aber plötzlich legte sich etwas Schweres auf meine Schultern. Ich sah auf und war überrascht. Massanorie hatte mir seinen Mantel umgelegt und in seinen Augen lag etwas Trauriges. „Hast du Schmerztabletten bekommen?“ Plötzlich schien er nicht mehr wütend, sondern nur noch besorgt – fast fürsorglich. Das. Machte. Mir. Angst: „Nein.“ Er nickte. „Hast du die Rechnung schon bezahlt?“ „Nein, das wollte ich…“ „Warte hier!“ Damit drehte er sich um und ging. „Er wirkt – anders.“ Ich sah Minako an und nickte. „Ja. Jetzt mach ich mir Sorgen.“ Dann schwiegen wir. „Wegen Yosuke...“ Minako schüttelte den Kopf. „Er wird sich melden, oder?“ Mit Tränen in den Augen sah sie mich an. Wieder nickte ich. Was sollte ich auch sonst sagen. Ich wusste es nicht, so hatte ich ihn noch nie erlebt. „Du hättest das nicht machen dürfen.“ Aus den Augenwinkeln sah ich sie an. Sie wusste was ich meinte. „Ja kann sein. Aber ich…“ „Das ist egal. Du musst sie beschützen – nicht mich. Egal was du Kunzite versprochen hast. Ich passe auf mich selber auf. Er ist tot. Du kannst doch ein Versprechen, was du einem Toten gibst nicht höher stellen, als den Schwur den du Serenity geleistet hast.“ Ich war dankbar für das was sie getan hatte, aber gleichzeitig auch enttäuscht. Minakos Reaktion und ihr Verhalten in diesem Moment konnte dazu führen, dass sich die Gruppe spaltete. Das durfte nicht passieren. „Entschuldige.“ Sie sah auf den Boden. „Tut mir leid.“ Wisperte ich nur. Doch sie schüttelte den Kopf. „Nein. Du hast schon etwas recht. Aber in diesem Moment schien es mir das richtige. Und du siehst es falsch; Kunzite macht sich noch immer Sorgen um dich. Es ist nur natürlich, dass er dich beschützen will. Ich würde für sie das gleiche tun, auch wenn man mir das vielleicht nach heute nicht glaubt.“ „Doch – ich glaube dir.“ Mit einem Lächeln sah sie mich an. „Wegen dem was Bunny…“ Ich winkte mit der gesunden Hand ab. „Lass es. Wenn du jetzt denkst ich würde ihr das ewig vorhalten und so, dann irrst du dich. Wir beide wissen, dass Bunny vieles ist, verwirrt, tollpatschig und so, aber eines ist sie nicht – boshaft oder gar bösartig. Sie wird ebenso leiden wie ich.“ Ich runzelte die Stirn. „Das heißt nicht, dass ich nicht sauer bin, mein Ego ist etwas erschüttert, weil meine Ex mich umbringen wollte. Aber ich werde ganz sicher nicht zur Rache ausholen – dafür hab ich andere Sorgen. Aber du kannst ihr sagen, dass sie mich erst einmal in Ruhe lassen soll.“ Ich schwieg kurz. „Und sag ihr, sie soll sich gefälligst zusammen reißen und das mit Seiya in den Griff bekommen, sonst bin ich sauer. Ich lass mir nämlich nicht die Knochen für nichts brechen. Wenn es ihr jetzt besser geht, meinet wegen – aber noch einmal halte ich nicht dafür her.“ Massanorie kam nach einige Minuten wieder, er war mit dem Auto gekommen, aber ich fragte nicht wie viel er getrunken hatte. War in diesem Moment wohl auch nicht wichtig. Ich hatte ihn gefragt ob wir Minako mitnehmen konnten und er hatte ohne zu motzen zugestimmt. Mit einigen aufbauenden Worten hatte ich mich von ihr verabschiedet. Seitdem herrschte zwischen mir und Massanorie schweigen. „Ich will nicht streiten. Also sag mir einfach, weswegen du wütend bist.“ Ich zupfte am Gurt, weil er mich wegen meines Armes störte und mir auf die Rippen drückte. Aber er sagte nichts, er wirkte abwesend, was beim Autofahren nicht so ganz meinen Vorstellungen von Sicherheit entsprach. „Was ist denn im Park passiert?“ Massanorie schien heute Abend besonders Empathie-fähig zu sein. Ich zuckte mit den Schultern. „Ach nichts von Bedeutung.“ Log ich mehr schlecht als recht. „Und was ist nicht von Bedeutung?“ Nun schwieg ich. „Mamoru!“ Ich wartete noch ein paar Minuten in der Hoffnung er würde es sein lassen mich aufzufordern. Aber nach dem vierten Mal, gab ich nach. Während ich ihm von der Eskalation im Park erzählte festigte sich sein Griff ums Lenkrad – das beunruhigte mich. Als ich fertig war sagte er nichts, er nickte nur und schwieg dann wieder. So ging es den ganzen Abend weiter. „Fuck!“ Fluchte ich nur leise und versuchte mich aus meinen Sachen zu schälen, als sich die Badezimmertür öffnete. Massanorie kam rein, sah meine kläglichen versuche mit nur einer Hand aus meiner Hose und den Shorts zu kommen und fast meinte ich ein Lächeln auf seinem Gesicht zu erkennen. „Komm her, ich helfe dir.“ Seine Stimme hatte einen sanften Unterton angenommen. Als sein Vater im Krankenhaus lag, da hatte er auch oft einen solchen Tonfall gehabt, wenn er mit seiner Mutter oder seiner Schwester gesprochen hatte. „Tut mir leid.“ Flüsterte ich nur und setzte mich auf den Badewannenrand, während er meine Strümpfe auszog. „Was meinst du?“ „Das du dir Sorgen machst wegen mir. Das ich dich von deinem Geschäftsessen weggeholt habe, dass du deswegen Ärger mit deinem Vater bekommst… und alles was noch dazu gehört.“ Er schüttelte nur den Kopf und strich kurz über meine aufgeschlagenen Knie. Es schmerzte etwas und ich zuckte kurz unter seiner Berührung. „Ein miserabler Arzt. Er hat sich dieses Wunden nicht mal angeschaut.“ Damit stand er auf und kam mit einem Verbandkasten wieder. Wir schwiegen wieder und er desinfizierte jede noch so kleine Wunde. Am Ende war ich mit Pflastern nur so überseht. Ich lag schon eine Weile im Bett und die Schmerztabletten – wo immer er die her hatte – wirkten langsam. Diese angenehme Benommenheit welche sich gerade in meinem Gehirn breit machte verdrängt die Sorge um Minako und Yosuke. Kapitel 24: Step Twenty-four… Anger ------------------------------------ Step Twenty-four… Anger Jedermann kann zornig werden. Das geht leicht. Aber der richtigen Person gegenüber zornig werden, im richtigen Maß, zur rechten Zeit, zum rechten Zweck und auf die richtige Weise – das liegt nicht in der Macht des Einzelnen. Aristoteles Bunny Tsukino Ich wollte mit ihm reden, auch wenn ich schon jede Hoffnung aufgegeben hatte. Schneeflocken tanzten vor meinen Augen herum und ließen die Nacht seltsam friedlich wirksam, so als würde der Himmel alles unter sich bedecken wollen. Fröstelnd zog ich den Schal enger um meinen Hals, doch die Kälte wollte nicht verschwinden. Es war als würde sie sich in meinem Inneren ausbreiten. Ich blickte auf und lächelte, als ich Seiya hinter einer Baumgruppe erblickte. Er war da und die Sorge um mich stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er lächelte mich an und ich spürte wie mir die Tränen in die Augen schossen. Ich quälte mich selber und das war wohl das schlimmste was ich tun konnte, ich hatte das Gefühl, als würde mich etwas innerlich zerreißen, innerlich verschlingen – doch ich wusste nicht, wie ich das beenden sollte. Ich dachte, es würde aufhören wenn ich einfach nur mit Mamoru redete und endlich alles so kommen würde wie es bestimmt war. Meine Gedanken machten sich selbstständig und fast schauderte es mich, als ich dieses Säuseln in meinem Kopf hörte, welches wie ein Echo tief in meine Seele drang. Anteilslos sah ich zu den Mädchen und zu Mamoru, der gerade dazu gestoßen war. Er sah schrecklich aus, so als hätte er sich geprügelt – doch was kümmerte es mich? Erschrocken zuckte ich zusammen und schüttelte diese negativen Gedanken ab. Besorgt wollte ich ihn fragen was passiert war, aber er winkte nur ab und seufzte. „Lass uns reden Bunny. Es ist kalt und ich will nach Hause!“ Warum war er bloß so abweisend zu mir? Hatte ich nicht alles für ihn getan? Wieder diese Kälte die mich befiel. „Wieso? Ich verstehe dich nicht? Ich habe das Gefühl, dass du jemand ganz anderes bist?“ flüsterte ich nur. Mamoru sah in den Nachthimmel. „Vielleicht hab ich dir nur nie gezeigt wie ich bin. Weil es nicht gepasst hätte, weil ich mich selbst manchmal nicht kenne.“ Seine Stimme hatte einen ernsten Ton, aber in dieser Ernsthaftigkeit lag auch ein sanfter Unterton. „Alle die letzten Jahre – waren also eine Lüge?“ wisperte ich nur und versuchte die Tränen zu unterdrücken. Mamoru antwortet nicht, er sah nur weiter in den Himmel und schloss die Augen. „Mamoru?“ „Mamoru? Sag, dass es keine Lüge war.“ Verzweiflung machte sich in meiner Stimme breit und ich ballte meine Hände zu Fäusten. „Nein. Keine Lüge – weißt du, es ist schwierig. Ich – ich weiß selber nicht so recht wer oder wie ich selber bin. Aber ich weiß, dass das was am nächsten an mein Ich heran kommt, dass ist was du jetzt siehst. Das was ich Massanorie erlaube zu sehen. Die Beziehung mit dir, war keine Lüge, sie war nur nicht das was uns beide Glücklich machen wird.“ „Woher willst du das wissen?“ Wütend stand ich auf. Ich verstand einfach nicht, was er mir sagen wollte. „Ich liebe dich. Das habe ich damals und ich tue es heute und du redest davon als gäbe es etwas anderes, etwas was wichtiger sei als das hier - als unsere Zukunft.“ „Für mich ist das hier und jetzt wichtig. Die Zukunft ist mir nicht mehr wichtig und wenn, dann gestalte ich sie nach meinen Träumen und Wünschen.“ Fassungslos sah ich ihn an. „Wie kannst du das sagen. Was ist denn mit Chibiusa? Ist sie dir auch egal?“ Meine Stimme wurde lauter. Er schwieg und dann sagte er das was ich nicht hören wollte, was mich schockierte. „Ja. Denn sie ist noch nicht geboren. Wieso sollte ich dann Schuld oder so empfinden.“ „WIE KANNST DU NUR? SIE IST UNSERE TOCHTER!" Meine Stimme überschlug sich und in meinem Inneren überschlug sich alles, so als würde gerade das Dach der Welt über mir zusammen brechen. Plötzlich spürte ich zwei Hände auf meinen Schultern und Seiyas Stimme drang zu mir. „Wie kannst du nur so grausam sein?“ „Misch dich nicht ein Seiya. Das hier geht dich nichts an?" Mamoru stand auf und kam auf Seiya zu, welcher sich nur aufbäumte und ihn wütend anblitzte. „Ich hab dir gesagt, was passiert, wenn du nicht auf sie aufpasst!“ „Ja und es hat mich damals schon nicht interessiert. Denkst du etwa ich wusste es nicht, dass du auf sie stehst. Hast dich ja nicht gerade darum bemüht es zu verheimlichen. Zudem hast du mir ja wohl die Freundin ausgespannt und dass obwohl du wusstest, dass sie einen Freund hat.“ Die beiden schmissen sich ihre aufgestaute Wut an den Kopf und ich klammerte mich nur an Seiya und hoffte, dass das alles nur ein böser Traum war. Alles zerbrach. Meine Zukunft! Chibiusa! Alles was mir lieb und teuer war – für das ich gekämpft hatte, zerbrach vor meinem inneren Auge. Wieder und wieder hallte die Stimme durch meinen Kopf, durch ich hatte das Gefühl sie kam aus meinem tiefsten Inneren. „Du hast gesagt du wirst mich retten und trösten. Du hast geschworen mir zu helfen, dass du da bist in Glück oder Panik. Was ist jetzt mit unserer großen Liebe, mit unseren Plänen unserer Zukunft. Du hast mich einfach vergessen und hast mich ersetzt – bin ich so leicht zu ersetzen?“ Mamoru sah mich an, doch ich sah nicht den Schmerz in seinen Augen, sah nicht dass er mich einmal geliebt hatte. Ich konnte nur noch die Verzweiflung, die Panik in mir spüren die sich ausbreitete und mich überwältigte. “Wenn dir alles egal ist warum… WARUM VERSCHWINDEST DU DANN NICHT EINFACH?“ schrie ich Mamoru an und dann war plötzlich alles still. Wie ein Schleier nahm ich alles wahr und konnte nichts tun als mich an Seiya zu klammern. Er redete auf mich ein. Der Schnee fiel immer noch, als wäre nichts passiert. Mamoru lag am Boden und mir wurde bewusst, was passiert war, ich wollte zu ihm, doch dann spürte ich Minakos Hand, sah in ihr Gesicht und als ich die Ohrfeige registriert hatte, hielt mich Seiya auch schon wieder fest in den Armen. „Wie kannst du nur! Bist du wahnsinnig?“ Sie rannte zu Mamoru während die Mädchen ihr fassungslos nachsahen. Ich rappelte mich wieder auf und wollte ihr nach. Ich ignorierte Reis Stimme und die der anderen, die auf mich einredeten. Ich wollte nur zu ihm. Das hatte ich nicht gewollt. Wie konnte das nur passieren? Wie konnte ich bloß so etwas tun? Reis Stimme, die meinen Namen schrie, holte mich in die Realität. Erschrocken sah ich Minako an, welche sich in Sailor Venus verwandelt hatte und ich konnte die kalte Klinge ihres Schwertes an meinem Hals spüren. „NEIN!“ Schrie sie Rei an. „Ich weiß was ich tue. Aber ich habe meine Treue nicht einer Prinzessin geschworen, die Unschuldige aus Zorn, Missgunst und Egoismus verletzt. Ich bin bereit für sie mich selbst aufzugeben, alles was ich liebe aufzugeben, aber jetzt gerade ist sie diejenige die all ihre Ideale und Werte verraten hat!“ Weinend sah ich sie an, sackte zusammen und wusste, dass sie recht hatte und ein Teil von mir war dankbar, dass sie Mamoru verteidigte – vor mir. Dass die anderen sich auch verwandelt hatten bemerkte ich erst, als sie sich neben mich knieten und mich besorgt ansahen. „Prinzessin. Wie kannst du…“ Mars setzte an und machte sich zu einem Angriff bereit. War das alles meine Schuld? War ich es die meine Freundinnen gegen einander aufgehetzt hatte? Sollte eine Prinzessin nicht Menschen vereinen und nicht sie gegeneinander aufbringen? „Mach es nicht. Fordere mich nicht heraus.“ Venus Stimme klang ernst und ich wusste, sie würde nicht von Mamoru zurückweichen. Ich verstand noch immer nicht was passiert war, wie es dazu kommen konnte. Aber ich wusste, dass es meine Schuld war. Das ich etwas Unentschuldbares getan hatte. „Geht einfach! Das ist ein Befehl! Vergesst nicht, dass ich eure Kommandantin bin, auch wenn wir Gefährtinnen sind!“ Gerade als Mars an mir vorbei zu Venus laufen wollte, hielt ich sie an der Hand fest, schluchzend sah ich sie an. Mars „Nein! Ich will das nicht. Ich wollte das hier nicht. Ich wollte nicht, dass ihr gegeneinander kämpft und ich wollte auch Mamoru nicht verletzen – ich weiß nicht… bitte Rei. Sie hat recht – lass uns gehen… bitte.“ Weinend klammerte ich mich an Mars. Diese zögerte, nickte dann aber. Seiya nahm mich in den Arm und half mir hoch, ich hatte alles zerstört. Seiya stützte mich doch ich blendete ihn und die Stimmen der Mädchen aus. Nichts war mehr da, nur noch meine eigene Fassungslosigkeit. Ich höre dich jetzt noch wie gestern die Worte sprechen dass du und ich was besonderes sein, viel zu schön zu vergessen, Gott sei Dank kann ich sehen, man kann dich nicht an Worten messen, es reicht dir nicht zu verletzen du musst herzen zerfetzen, du warst zart zu mir hast gesagt wie sehr du mich liebst, dass es niemand gibt der dein Herz so versteht wie ich und dass nie jemand anders in Frage kommt, egal ob der Tag mal kommt an dem zweifel erscheinen denn wir zwei vereint sind zu stark für Streit, du hast Treue geschworen und mehr du hast gesagt du vergibst mir, du hast gesagt du wirst da sein, doch als du weggingst was blieb mit, du hast gesagt du wirst mich retten und trösten, du wirst mir helfen, du hast gesagt du wirst füllen und ersetzen was ich nicht selbst bin, du hast geschworen dass du da bist in Glück oder Panik, hast geschworen du gibst halt, doch wenn ich fall spür ich gar nix, du hast geschworen du bist der Mensch meines Lebens bis ich verreck. Was ist jetzt mit großer Liebe, mit großen Plänen in unserem Leben zu zweit, der Gemeinsamkeit, unsern Träumen und der ganzen Zeit, sie verblassen wie nichts, ich bin Optimist doch Hoffnung und Liebe verlassen mich, lass mich nicht einfach hängen, gibt's bei dir nicht wenigstens Hass für mich? Yosuke Murakami Als ich mich dazu entschlossen hatte Mamoru doch zu begleiten, dachte ich eigentlich nur, dass ich ihm etwas Rückendeckung wegen Bunny geben wollte. Schließlich kannte ich mich mit verrückten Ex-en aus. Aber was ich dann sah, war nicht das, was ich erwartet hatte. Fassungslos sah ich zu Mamoru und Minako, welche anscheinend gar nicht Minako war. Und als ich Mamoru ansah wusste ich es. Lügen. Immer nur Lügen. Wut stieg in mir auf. Wut darüber, dass mein bester Freund anscheinend der Meinung war, dass man eine Freundschaft auf Lügen aufbauen konnte, Wut darüber das meine Freundin unsere Beziehung auf der gleichen Basis aufbauen wollte. Noch immer fiel es mir schwer das alles zu verstehen, ich war mit ins Krankenhaus gefahren, nicht aus Besorgtheit, sondern eher weil ich hoffte einige Antworten zu bekommen. Aber Minako schwieg sich aus. „Wieso?“ Sie blickte auf. „Yosuke?“ Ich konnte die Tränen in ihren Augen sehen, aber es war mir egal. Mir war egal, dass sie gleich anfing zu weinen. Das einzige was ich wollte, was mich interessierte waren Antworten. „Ich wollte dich nicht anlügen, aber du musst verstehen…“ „Verstehen? Ich muss nichts verstehen. Ihr habt mich angelogen. Er hat mich angelogen. Habe ich nicht verdient, dass er mir vertraut, dass du mir vertraust? Und ihr lügt mich an…“ „Entschuldigen Sie. Aber das hier ist ein Krankenhaus.“ Ich drehte mich um und sah eine Schwester, welche mich nur mahnend ansah. Ich entschuldigte mich und atmete tief ein und aus. Und ich wusste, dass meine Wut sich eigentlich nur auf Mamoru bezog. Ja Minako hatte mich auch angelogen, aber das mit Mamoru wiegte für mich viel schwerer und es tat viel mehr weh. Von Minako war ich enttäuscht, auf Mamoru war ich wütend und fragte mich, ob unsere Freundschaft nur eine Lüge war die ihm einen Nutzen brachte. Minako begann zu weinen, stand auf und ging. Ich sah ihr nicht nach. Ich hatte immer gewusst, dass er mir etwas verheimlichte, wusste dass sie es auch tat, aber Mamoru hatte gesagt, ich sollte ihr Vertrauen, sollte warten. Dabei war er der größere Lügner. Was hatte er mir noch nicht erzählt? Sollte ich es May erzählen? Sollte ich unsere Freundschaft einfach beenden? Wofür sollte ich sie aufrecht erhalten? Wozu sollte ich mir die Mühe machen, wenn er sie auf Lügen aufgebaut hatte. Er war mein bester Freund. Meine Familie – wie ein Bruder. Doch wenn alles nur eine Lüge war, wie wahr waren dann all die Erlebnisse, jedes Wort? Plötzlich holte mich etwas zurück in die Realität. Ich sah auf und konnte Massanorie erkennen, welcher hereinkam und wie immer ein Arschloch war. Als wenige Minuten später Mamoru auftauchte, stand ich auf und ging auf ihn, Minako und Massanorie zu. Mamorus Freund klang wenig begeistert und Mamoru druckste wie immer herum und wollte ihm anscheinend auch nicht die Wahrheit sagen. Wie ich es leid war, diese ganzen Lügen und Ausreden. „Wir hatten eine Prügelei.“ Ich stand hinter Massanorie und sah Mamoru direkt an. Alles ging entzwei, all die Jahre in denen ich dachte, ich könnte ihm vertrauen und nun, nun war nichts mehr übrig. „Anscheinend hatten die ein Problem mit eurer Beziehung.“ Mein Blick ging zu Minako und ich konnte es sehen, konnte ihren Schmerz sehen und dass sie mir am liebsten um den Hals gefallen wäre. Aber ich wollte es nicht, wollte sie nicht in meiner Nähe haben – keinen von beiden. Wieder sah ich Mamoru an. „Was das andere angeht, so bin ich einfach nur enttäuscht. Wir sind die besten Freunde, ich lass mich sogar für dich verprügeln und das hier ist, wie wir beide wissen, nicht das erste Mal, aber dass du mich belügst, dass du mir nicht vertraust um mir sowas zu sagen…“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich geh jetzt. Und – ich brauch etwas Abstand – zu euch beiden.“ Damit drehte ich mich um und ging. In meiner Wohnung angekommen, ging ich duschen und setzte mich in die dunkle Wohnung. Alles in mir krampfte sich zusammen, voller Wut und Enttäuschung. Wie konnte ich nur so blind sein und mich so täuschen lassen? Minako – ich hatte mich wirklich in sie verliebt und nun wurde ich wieder eines besseren belehrt. Vielleicht sollte ich doch bei belanglosen Beziehungen bleiben – ohne Sinn und Verstand. Was sollte ich denn nun machen? Sollte ich es May erzählen? War ich es ihr nicht schuldig? Schließlich hatte er uns beide belogen… Unsere gemeinsamen Wochen hast du gemeinsten Lügen geweiht wann gabst du mir den letzten ehrlichen Kuss Oh ich war wohl mit Blindheit geschlagen denn ich brauch' dich hab' auf dich gebaut war das alles für dich nur ein erster Versuch? Es tut weh aus und vorbei es tut weh geht denn alles entzwei? All die Wochen getäuscht hast mich abgrundtief enttäuscht es tut weh Ich würde dich gern hassen doch ich lieb' dich noch viel zu sehr könnt' ich einfach nur von dir lassen kein Geruch kein Bild keine Erinnerung mehr Ja ich weiß auch dass es dir leid tut doch auch du bist ein Sklave der Feigheit warum muss ich dich am Ende so schäbig verlier'n? Es tut weh aus und vorbei es tut weh geht denn alles entzwei? All die Jahre getäuscht hast mich abgrundtief enttäuscht Es tut weh aus und vorbei Es tut weh Seiya Kou Wie sie weinte. Ich konnte es kaum mit ansehen, immer und immer wieder strich ich ihr über den Kopf. Ihre langen Haare lagen offen über ihren Schultern. Keines der Mädchen konnte sie beruhigen. Dass es so aus dem Ruder läuft – nie hatte ich das für möglich gehalten. Mein armes Schätzchen. „Schätzchen?“ Sie sah auf und in ihren Augen lag ein tiefer Schmerz, der mir in der Seele weh tat, fast als würde mir das Herz zerreißen. „Seiya. Ich wollte das nicht!“ Ich nickte nur und lächelte sie sanft an. Rei und die anderen schwiegen und blickten nur aus dem Fenster. Wir waren in den Tempel gegangenen, weil wir hier Ruhe hatten. Die anderen hatten schon bei Bunnys Mutter angerufen und ihr gesagt, dass sie die Nacht bei Rei schlafen würde. „Alles gut Schätzchen. Das wissen wir doch. Es war ein Unfall!“ Ich küsste sie auf die Stirn und schloss sie fest in meine Arme. Am liebsten wollte ich sie nie wieder loslassen. Nie wieder wollte ich sie loslassen. Dass ich mich mit Mamoru so in die Wolle bekommen hatte, war nicht geplant, aber unvermeidbar. Der machte mich so wütend, aber dass das passiert war, das wollte niemand. Ich musste zugeben, dass ich mir Sorgen machte, ob er schlimm verletzt war. Wenn ja, dann würde Bunny sich das nie verzeihen. „Bunny?“ Luna schmiegte sich an ihre Beine und sah sie besorgt an. „Bunny. Wein nicht mehr. Minako hat gerade geschrieben und meint, dass es Mamoru gut geht. Es ist nicht so schlimm.“ „Wirklich? Kommt Minako hier her?“ Luna seufzte und schüttelte den Kopf. „Sie ist zu Hause und will sich morgen mit uns treffen.“ Ami lächelte und steckte ihr Handy weg. „Wie konnte sie nur? Sie hat Bunny angegriffen!“ Rei kochte vor Wut. „HÖRT AUF!“ Bunny hielt sich die Ohren zu und weinte erneut bitterlich. Schnell zog ich sie enger an mich um ihr Trost zu spenden. „Schätzchen.“ „Hört auf. Bitte. Ich bin ihr nicht böse. Sie hat es richtig gemacht.“ Sie schlang ihre Arme nun auch um mich und klammerte sich fest an mich. „Aber Bunny…“ Makoto wollte gerade etwas sagen, als ich nur sah wie Luna sie böse ansah. „Wenn Bunny sagt es ist gut, dann ist es gut.“ Ihre Stimme klang streng und ich musste leicht lächeln. „Seiya, bitte geh nicht weg.“ Ich schüttelte den Kopf. „Niemals. Keine Sorge.“ „Es tut mir leid Seiya. Wie kannst du mich nur lieben, ich bin ein schrecklicher Mensch. Ich verletzte die die ich liebe und dann klammere ich mich an dich. Wie kannst du mich nur lieben?“ Lächelnd drückte ich sie etwas weg von mir, damit sie mich ansah. „Weil ich weiß, dass du ein Mensch bist, den man lieben muss. Soviel Sanftheit und Liebe habe ich noch nie gesehen. Ich würde dich immer lieben, egal was passiert. Ich vertraue dir und deswegen liebe ich dich. Auch wenn du mich nie lieben kannst.“ „Seiya…“ Sie sah mich an und unter all den Tränen konnte ich ein kleines Lächeln erkennen. „Es tut mir leid. Alles.“ Ich nickte. „Mach dir keine Sorgen. Mamoru ist zäh und auch wenn ich ihn nicht sonderlich mag, weil er dich zum Weinen gebracht hat – so schätze ich mal, dass er nicht der Mensch ist der dir das vorhält. Er weiß sicherlich, dass du nicht allein schuld daran bist.“ Sie fiel mir um den Hals und drückte mich fest an sich. „Ich kann warten, mein Schätzchen.“ Und das würde ich tun. Ich würde warten. Ich war damals gegangen, weil ich es musste, weil ich sah, dass sie ihn liebte. Aber nun wollte ich sie für mich. Nur für mich. Ich liebte sie und wollte ihr die Zukunft geben, nach der sie sich sehnte. Sie glücklich machen, nie zum Weinen bringen, das wollte ich. Egal ob ich ewig warten musste. Auch wenn ich vielleicht nie die Chance dazu bekommen würde – ich wollte an ihrer Seite bleiben. Und ich hatte Verständnis für ihre Situation, ihr Pflichtbewusstsein für diese Welt – nein für die ganze Galaxie, war groß und nun wankte es. Wankte wegen einem unachtsamen Moment. Wir machten alle Fehler, aber für einen Menschen wie Bunny musste es schrecklich sein einen solchen Fehler zu machen. Jemand wie sie, der die Sanftheit in Person war, der so viel Liebe in sich trug um damit ein ganzes Universum zu erhellen. Wie schrecklich musste es da sein, wenn man plötzlich jemand den man liebte verletzte? Ich konnte mir das gar nicht vorstellen. Ich strich ihr immer wieder über den Kopf und summte eine leise Melodie. Und als sie endlich in meinen Armen einschlief, da wusste ich es – ich war geboren um sie zu beschützen und um sie zu lieben. Woher nimmst du die Kraft, durch die Wand zu gehen Die Geduld um zu warten, mich zu verstehn Deine Augen eröffnen den Blick auf mein Glück Woher kennst du das Leben, aus meiner Sicht Teilst meine Sorgen Und beklagst dich nicht Deine Augen eröffnen den Blick, auf mein Glück Ich will dich nie wieder verliern Ich will dir vertraun und dafür alles riskiern Zum Leben geboren, zum Leben verdammt Es geht nicht alleine, komm gib mir die Hand - deine Hand Du bist schön wie ein Märchen und du weißt es nicht Du betrittst einen Raum und erstrahlst im Licht Deine Augen eröffnen den Blick, auf mein Glück Ich will dich nie wieder verliern Ich will dir vertraun und dafür alles riskiern Zum Leben geboren, zum Leben verdammt Es geht nicht alleine, komm gib mir die Hand - deine Hand. ---------------------------------------------------------------- 1. Lied: Curse - Und was ist jetzt 2. Lied: Pur - Es tut weh 3. Lied: Münchener Freiheit - Ich will dich nie wieder verlieren Kapitel 25: Step Twenty-five... Pain I -------------------------------------- Wir alle tragen Masken, und es kommt der Zeitpunkt, an dem wir sie nicht mehr abnehmen können, ohne dabei Stücke unserer Haut mit abzutrennen. Andre Berthiaume Massanorie Lenjier „Irgendwo muss ich doch noch Kaffee haben.“ Ich durchsuchte meine Schränke und nahm mir vor, doch heute mal einkaufen zu gehen, so langsam wurde es traurig. Mein Kühlschrank war ja schon immer nicht der Bestgefüllteste, aber das ich keinen Kaffee da hatte – das war fast schon katastrophal. Seufzend sah ich über meine Schulter und stellte fest, dass mein Vater noch immer redete. Oh man. So einen Morgen wünschte man sich doch. Meine Mutter versuchte ihn zu beruhigen und wirkte etwas verzweifelt. Aber was sollte ich schon sagen. Schließlich war ich ihm keine Rechenschaft schuldig – naja vielleicht doch. Aber das wollte ich ihm lieber nicht sagen. Es war ja nicht so als würde ich nicht wissen, dass ihn diese Aufregung, welche mal wieder von mir ausging, nicht gut tat. Anderseits sah ich es nicht ein, dass ich ihm erklärte warum ich gestern das Geschäftsessen verlassen hatte. „Dad hör zu. Es tut mir leid, aber hör auf dich aufzuregen. Damit treibst du Mum in den Wahnsinn. Und dann geht es ihr schlecht.“ Mein Vater schwieg kurz, sah meine Mutter an und ich konnte sehen, dass er sich Vorwürfe machte, weil sie ihn besorgt am Arm festhielt. „Bitte Seijiro.“ Meine Mutter sah ihn bittend an. Er nickte nur, setzte sich dann auf einen meiner Küchenstühle und atmete tief ein und aus. „Gut. Also – würdest du mir bitte erklären, warum du bei einem wichtigen Geschäftsessen mit den Aktionären einfach verschwindest. Bitte.“ „Ein Private Angelegenheit.“ Ich wollte ihm nicht sagen, dass ich Mamoru aus dem Krankenhaus abgeholt hatte, weil dann musste ich ihm auch sagen, warum er dort war und das war einfach etwas was niemanden etwas anging. Sparky wuselte um meine Beine und versuchte mir wohl etwas mitzuteilen, ich drückte ihn sanft von mir weg. „Nicht jetzt, Junge!“ „Massanorie…“ sein Kopf verfärbte sich Purpurfarben und ich verdrehte nur die Augen. Ok warum wollte ich noch einmal ein gutes Verhältnis mit ihm – ich konnte mir nicht mehr denken wieso ich das nach seinem Herzinfarkt angestrebt hatte. Als Chef konnte ich ihn wenigstens noch einigermaßen ernst nehmen, aber diese Mischung aus strengem Vater und Chef war zum kotzen. „Er hat mich aus dem Krankenhaus abgeholt.“ Ich drehte mich um und sah Mamoru, welcher verschlafen in der Tür stand. Er trug eine Jogginghose von mir und ein T-Shirt. Seine Lippe war noch etwas angeschwollen, aber die meisten kleineren Schrammen waren verschwunden. Hmm - diese Selbstheilungssache war echt nicht schlecht. Auch hatte er seinen Arm nicht mehr in der Schlinge liegen, sondern bewegte wohl selber etwas skeptisch die Finger, verzog aber dann das Gesicht. Sparky lief sofort zu ihm, umrundete ihn und winselte. Er machte sich wohl auch Sorgen. Wahrscheinlich wollte mir mein Hund mitteilen, dass mein Patient einfach aufgestanden war. „Oh. Mein. Gott.“ Meine Mutter war sichtlich bestürzt. Wenn sie ihn gestern gesehen hätte, wäre sie wohl in Tränen ausgebrochen. Sofort stand sie bei ihm und strich ihm die Haare aus dem Gesicht und besah sich die Pflaster und den Verband an seinem Arm. Er war wohl wirklich gerade erst aufgestanden, denn er brauchte einige Sekunden um dieser Überrumpelung von mütterlicher Zuneigung entgegen zu wirken. Er wich ihrer Berührung aus, lächelte gequält und kam zu mir. Anscheinend war es ihm sehr unangenehm, dass meine Mutter so fürsorglich und besorgt reagierte. Ich konnte sehen, dass er sie sehr skeptisch musterte, bevor er ein „Entschuldige.“ nuschelte. Meine Mutter verstand wohl immer noch nicht, dass er mit so viel Nähe nichts anfangen konnte, sie seufzte und sah Mamoru an. „Stimmt das?“ Mein Vater hatte dieses Szenario still beobachtet und musterte Mamoru und mich. „Kann sein…“ „Ja. Ich hatte ein paar Probleme mit einigen Bekannten. Es tut mir leid, dass ich ihn von dem Geschäftsessen weggeholt habe. Ich hatte vergessen, dass er dort war. Es war also meine Schuld.“ Mamoru sah auf den Boden und seufzte. „Dir ist doch klar, dass du ihm keine Rechenschaft ablegen musst, oder?“ flüsterte ich und stupste ihn an. „Na besser als wenn du einfach wieder Streit anfängst oder ihn anlügst.“ Konterte er nur leise. „Eine gute Lüge ist immer gern gesehen, wenn es denn angebracht ist.“ „Ja genau. Weil ich mir das leisten kann…“ er wich meinem Blick aus und ich wusste, dass er auf Yosuke anspielte. Das und die Prügelei mussten ihm schwer zusetzen. Mamoru lehnte sich an den Kühlschrank und gähnte verhalten. Anscheinend hatten wir ihn unfreiwillig aufgeweckt. Mein Blick glitt zu meinem Vater, ich rechnete nun mit einer Standpauke mit dem Thema Wie-ich-es-doch-wagen-kann-für-ein-dahergelaufen-Mann-meine-Arbeit-zu-vernachlässigen. Doch er sagte nichts, er kam auf mich zu und musterte mich. „Das nächste Mal sagst du mir gleich den Grund. Dann muss ich mich nicht aufregen.“ Völlig verdutzt und sprachlos sah ich ihn an. Sowas war ja wohl noch nie vorgekommen. Er wandte sich zu Mamoru um. „Ist denn ansonsten alles gut?“ Mamoru sah meinen Vater überrascht an, nickte dann aber nur. „Hmm.“ Er schwieg und Mamoru war es der seinem Blick zuerst auswich. Und aus den Augenwinkeln meinen Blick suchte. „Musst du nicht in die Firma!“ keine Frage, eher eine Aufforderung – die Frage von wem ich dieses Talent hatte, war wohl damit auch geklärt. Eigentlich hatte ich geplant von zu Hause aus zu arbeiten, weil ich bei Mamoru bleiben wollte. Ich fühlte mich schuldig wegen der Prügelei und wollte mit ihm noch darüber reden. Mich entschuldigen und so. „Sehe ich doch richtig, oder?“ er sah mich an. Seine Laune schien wie immer kühl – kam wahrscheinlich von dem Eispickel was er als Herz definierte. „Mamoru kann ja dann mit zu uns kommen…“ Hatte ich das gerade richtig verstanden oder war das der Kaffeeentzug. „Übermorgen ist der 24., da wolltet ihr doch sowieso kommen, dann kann er ebenso gut jetzt schon mitkommen und ihr beide schlaft bei uns. Schließlich ist er ja wohl etwas gehandicapt. Alles andere wäre wohl verantwortungslos.“ Sprach er, musterte mich, Mamoru und meine Mutter, die, wie sollte es anders sein, zustimmend nickte und ging. Das Mamoru eigentlich nicht vor hatte Weihnachten mit uns zu verbringen, hatte ich bedauerlicherweise noch nicht erwähnt. Anscheinend wollte Mamoru das jedoch nachholen – ich hatte kurzzeitig vergessen wie er es hasste, wenn man für ihn Entscheidungen traf. „Ich hatte nicht vor Weihnachten mit Ihnen zu feiern. Ich halte nichts von Weihnachten und ich kann sehr gut für mich allein sorgen und…“ Mein Vater drehte sich um und Mamoru versuchte nicht an seinen Worten zu ersticken. „Wenn du für dich allein sorgen kannst, frage ich mich warum du gestern Abend meinen Sohn angerufen hast und warum du in eine Prügelei geraten bist.“ „Hey.“ Ich fiel meinem Vater ins Wort und schob mich zwischen ihn und Mamoru. „Mamoru kann sehr gut auf sich alleine aufpassen, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Du kannst nicht immer über alles und jeden bestimmen.“ „Aber sollte er dann nicht versuchen dir weniger Kummer zu bereiten als mehr.“ Er war einfach ein Ekel. „Raus.“ Wütend sah ich ihn an, spürte dann aber Mamorus Hand an meinem Arm. „Hör auf. Du wolltest dich doch nicht mehr mit ihm streiten…“ Ich zögerte. Meine Mutter stand nur seufzend im Flur. „Warum sind eigentlich die Männer der Familie Lenjier solche Idioten? Meine Mutter hatte recht, ich hätte lieber Lukas heiraten sollen, der war wenigstens nur ein Fußball Fan. Damit hätte ich mich viel besser arrangieren können.“ „Mum!“ Wie unpassend war das denn jetzt. „Herr Gott. Dein Vater meinte ja nur, dass es vielleicht eine gute Idee wäre, wenn Mamoru bei uns bleibt. Dann kannst du arbeiten gehen und Mamoru kann sich ausruhen und weil jemand bei ihm ist, musst du dir keine Sorgen machen. Das Entlastet dich doch und Mamoru kann sich besser erholen, wenn er sich um nichts kümmern muss.“ Sie schüttelte den Kopf und sah meinen Vater böse an. „Und du? Du bist doch Geschäftsmann, aber deinem Sohn Dinge vernünftig erklären kannst du nicht, oder?“ Mein Vater verdrehte nur die Augen, lächelte sie dann aber matt an. „Und wenn Mamoru übermorgen lieber nach Hause möchte, dann kann ihn Massanorie ja fahren. Und wenn nicht, bleibt er.“ Sie blickte an mir vorbei zu Mamoru. Ich drehte mich rum und sah Mamoru schweigend an. … .. . Mamoru Chiba Schlaftrunken drehte ich mich herum, zog die Decke etwas höher und merkte just in diesem Moment, dass die Schmerztabletten nicht so lange anhielten wie sie sollten. „Autsch!“ zischte ich leise und hoffte, dass das in ein paar Tagen vorbei war. Meinem Arm ging es jedenfalls besser als gestern. Ich konnte die Finger wieder bewegen und auch sonst waren die Schmerzen in diesem Teil meines Körpers besser geworden. Der Rest ließ jedoch immer noch zu wünschen übrig. Zudem war ich die ganze Zeit müde und fühlte mich dämmrig, was wohl daran lag das mein Kristall so viel Energie wie möglich aufbrachte um mich zu heilen, was sich jedoch in Anbetracht, dass ich nur sehr wenig davon über hatte, seit Bunnys kleinem Aussetzer, etwas schwierig erwies. Meine Rippen meldeten sich und teilten mir mit, dass sie es Scheiße fanden, dass ich auf der Seite lag. Also wieder auf den Rücken gerollt und hoffen, dass das zwicken und pieken nachließ. Der Morgen hatte schon echt beschissen angefangen, die Sache mit Massanories Vater hatte mich getroffen. Ob ich Massanorie wirklich mehr Probleme machte als er hatte?! Wahrscheinlich war es so. Seufzend schloss ich die Augen und versuchte noch etwas zu schlafen, als ich plötzlich eine Hand spürte. Ich zuckte zusammen, öffnete meine Augen und sah Massanorie an. „Hi. Ich wollte dich nicht wecken.“ „Hast du nicht.“ Er beugte sich zu mir und küsste mich sanft. „Alles gut bei dir?“ „Hmm. Denke schon. Musst du nicht im Büro sein?“ „Ja. Aber ich brauchte eine Akte die mein Vater hatte und da dachte ich, ich schau mal nach dir. Meine Mutter meinte, sie hätte dich den ganzen Tag nicht gesehen und dass du keinen Hunger hast.“ Er klang besorgt, aber ich wollte nicht noch einmal nachgeben. Hatte ich denn nicht schon für ihn nachgegeben und war mit seinen Eltern mitgefahren – obwohl sich alles in mir sträubte. „Ich hab wirklich keinen Hunger.“ „Du hättest nein sagen können.“ Er strich mir durch die Haare und blieb an der Stelle hängen wo ich die Narbe von dem Unfall hatte. „Damit ich mir nachsagen lassen kann, dir nur Probleme zu machen – sicher nicht.“ Gab ich nur patzig als Antwort und drehte mich trotz des Protestes meiner Rippen auf die Seite. „Es wird wohl etwas später werden. Sollen wir dann zusammen essen?“ Er strich mir über den Rücken und schien sich heute nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. „Ist mir egal.“ Er seufzte, drückte mir noch einen Kuss auf den Hinterkopf und dann hörte ich nur wie die Tür seines ehemaligen Zimmers ins Schloss fiel. Alle behandelten mich wie ein Kind… „Ich hasse dich.“ Irgendwann schlief ich wieder ein und wachte erst auf, als es draußen schon dunkel war. Neben mir nahm ich leise regelmäßige Atemzüge wahr. Wie spät es wohl war? Mein Körper rebellierte etwas, als ich mich aufrichtete, aber es war erträglich. Massanorie lag schlafend neben mir, mein Blick richtete sich auf den Wecker. 3 Uhr. Toll und ich war hell wach – was nun? Nach einigen Minuten des an die Decke starren stand ich auf. Dass ich den ganzen Tag nicht gegessen hatte, forderte nun auch seinen Tribut. Ich schwankte kurz und ließ mich wieder aufs Bett sinken. Massanorie murmelte etwas, drehte sich, wachte aber nicht auf. Ich wartete bis der Schwindel nachließ und stand erneut auf. Nun war es besser. Leise schloss ich die Tür hinter mir und ging die Treppe hinunter, als sich etwas Weiches an mir vorbei schlich. Erschrocken zuckte ich zusammen und sah Sparky nach, welcher sich in das vom Mondlicht erhellte Wohnzimmer schlich und mich kurz musterte, bevor er verschwand. Mit einem schmunzeln folgte ich ihm. Mein Blick fiel auf das Bücherregal und obwohl ich kurz zögerte, weil ich es komisch fand mir einfach ein Buch zu nehmen, setzte ich mich kurze Zeit später doch in den Sessel und begann ein Buch zu lesen. Die kleine Lampe neben mir gab gerade genug Licht, damit einem die Augen nicht herausfielen. Das Buch stellte sich beim Lesen als Sammlungen von einzelnen Erzählungen heraus, nicht meine gängige Lektüre aber interessant. „Ist es interessant?“ Ich war so sehr im Lesen vertieft gewesen, dass ich nicht bemerkt hatte, dass jemand den Raum betreten und sich auf das Sofa gesetzt hatte. Erschrocken schrie ich kurz auf und ich spürte wie mein Herz bereit war mir aus der Brust zu springen. Seijiro Lenjier sah mich schmunzelnd an und nippte an einer Teetasse. „Ist es interessant?“ er sah zu Sparky der nur schnaubte, sich aufrichtete und uns böse ansah. Anscheinend war es ihm zu dumm, dass er nirgends in Ruhe schlafen konnte. Er schob die angelehnte Tür auf und verschwand. Lächelnd sah ich ihm nach, bevor ich mich der Antwort von Herrn Lenjier widmete. „Ja. Entschuldigen sie, ich hätte gefragt…“ „Schon gut. Bücher sind zum Lesen da.“ Sollte ich nun einfach weiterlesen oder versuchen ein angespanntes Gespräch aufzubauen? Beides nicht gerade höfliche Aussichten, also entschloss ich mich einfach das Buch zurück zu stellen und wieder ins Bett zu gehen. Was wahrscheinlich sowieso besser. „Das mit heute Morgen tut mir leid. Meine Frau meinte, dass es meine Schuld sei, dass du dich den ganzen Tag nicht hast sehen lassen. Sie meint, ich wäre manchmal einfach unsensibel. Etwas was mein Sohn mir auch vorwirft.“ Wieder nippte er an der Tasse. „Sie denken, dass ich Massanorie von der Arbeit abhalte und dass er die Firma vernachlässigt wegen mir. Aber ich kann sie beruhigen, so wichtig bin ich nicht für ihn, er würde die Firma mir immer vorziehen. Und das er das Essen verlassen hat, lag wohl eher an dem Umstand, dass die Sache mit Ihnen noch bei ihm nachhängt.“ Ich schloss das Buch und betrachtete den Einband, dass ich unbewusst auf meine Unterlippe biss, merkte ich erst als ich den leichten Geschmack von Blut wahrnahm. Herr Lenjier sagte nichts darauf, aber dass er mich ansah merkte ich sehr wohl. Aber ich wusste, dass ich seinem Blick nicht stand halten würde, also sah ich weiter auf das Buch und hoffte, dass er einfach gelangweilt von mir, gehen würde. „Warum ist er dann mit dir zusammen?“ Über die Antwort musste ich nicht lange nachdenken. „Das frage ich mich auch.“ All die Dinge die Massanorie mir im Club aufgezählt hatte, waren für mich nicht aussagekräftig. Damals ja, jetzt nicht. Ich lachte leise und kam mir albern vor. Ich hörte, dass Herr Lenjier aufstand, doch als sich plötzlich eine Hand auf meinen Kopf legte und mit sanftem Druck einen Stoß gab, blickte ich erschrocken auf. Die Hand hatte er schon wieder zurück gezogen und ging zur Tür. Ohne ein Wort zu sagen, ging er und ließ mich im Wohnzimmer zurück. Nach einer Weile legte ich das Buch auf die Seite und ging wieder zurück zu Massanorie. Dieser schlief noch immer seelenruhig und ich beneidete ihn dafür. Mir selber wollte es einfach nicht gelingen einzuschlafen, mir gingen zu viele Dinge im Kopf herum. Nach einer Weile des hin und her Wälzens und als ich mich dazu entschloss, trotz Protest meiner Rippen auf der Seite liegen zu bleiben, spürte ich eine Hand auf meinem Rücken. „Alles gut?“ Ich musste Massanorie geweckt haben. "Ja entschuldige.“ Wisperte ich nur und schloss die Augen. Plötzlich spürte ich wie Massanorie dicht an mich heran rutschte und seinen Arm um mich schlang. „Wenn du dich rum drehst, dann wäre das voll lieb von dir. Wenn es denn geht.“ Ich schmunzelte, drehte mich auf die andere Seite – was in Anbetracht, dass Massanorie seinen Arm nicht wegzog und auch sonst nicht wegrückte sehr umständlich war. „Besser?“ fragte ich und spürte seine Stirn an meiner. Sein Atem glitt über meine Lippen und ich genoss seine ruhigen Atemzüge. „Du warst weg. Alles gut?“ Ohne ihm zu antworten strich ich ihm über den Nasenrücken und schmiegte mich noch enger an ihm. Es war nicht der Moment um Dinge zu besprechen die mir durch den Kopf gingen, aber irgendwie wusste ich sonst nichts mit mir anzufangen. „Bist du böse auf mich.“ Ich konnte spüren, wie er bei der Frage leicht zusammen zuckte. „Mein Vorsatz fürs neue Jahr wird sein, dir nicht mehr auf dumme Fragen zu antworten.“ „Tut mir leid.“ Er seufzte. „Entschuldige dich nicht immer.“ Seine Stimme hat einen leicht bissigen Ton angenommen. „Schlaf lieber.“ Er zog mich enger an sich heran. Ich sagte nichts mehr, schloss die Augen und drängte mich noch enger an ihn. Irgendwann spürte ich seine regelmäßigen Atemzüge neben mir, ich öffnete die Augen wieder und lag einfach nur so da und hoffte, dass der Wecker von ihm bald klingeln würde. Vielleicht war ich doch nur eine Belastung für ihn. „Hey mein kleiner Streuner. Aufwachen.“ Irgendwann musste ich wohl doch eingeschlafen sein, denn ich öffnete verschlafen die Augen und stellte fest, dass ich nun noch erschöpfter war als heute Nacht. „Hmm?“ Verschwommen sah ich Massanorie an und streckte mich – Scheiß Idee! Sofort „belohnten“ mich meine Rippen mit dem Aufruf BIST DU SCHEIßE?! „Oh Gott!“ zischte ich nur, kniff die Augen zusammen und biss mir auf die Unterlippe vor Schmerzen. Hätte ich die Augen nicht zugekniffen wäre mir bestimmt schwarz vor Augen geworden. Als ich die Augen öffnete und der Schmerz nachließ, tanzten kleine Punkte vor meinem Blickfeld und die Stimme in meinem Kopf meckerte auch wieder nur rum. „Hey.“ Massanories besorgte Stimme ließ mich Aufsehen. „Alles gut… nur etwas unbedacht bewegt.“ Gab ich keuchend als Antwort. Er nickte und sah mich etwas hilflos an. „Ich wollte duschen und dachte, du willst vielleicht mit unter die Dusche kommen. Dann kann ich dir helfen?“ Irrte ich mich oder hatte er ein leicht anzügliches lächeln aufgesetzt? Wenn ja, war es so schnell verschwunden wie es gekommen war. „Aber du musst nicht.“ Ja, ich musste nie irgendwas, aber ich tat es trotzdem. Da lag ja das Problem. Langsam richtete ich mich auf und lächelte und diesmal konnte ich das gespielte lächeln wenigstens auf die Schmerzen schieben. „Nein, klingt gut.“ Ohne etwas zu sagen stand er da und musterte mich, schließlich seufzte er aber und ließ meine Antwort einfach im Raum stehen. Auch wenn ich wieder nur nachgegeben hatte, so musste ich spätestens nachdem das warme Wasser mir über den Kopf rann zugeben, dass die Idee toll gewesen war. Massanorie ließ seine Hände über meinen Rücken gleiten und ich achtete darauf, dass der Verband an meinem Arm nicht nass wurde. Den Verband um meine Brust hatte er mir abgenommen, da ich ja sowieso nicht zum Arzt konnte – wie sollte ich ihm auch erklären, dass es mir so viel besser ging, spontane Selbstheilung war medizinisch nicht gerade ein normales Thema – hatte Massanorie mir angeboten den Verband zu wechseln. Erst als sein Hände meinen Nacken massierten, bemerkte ich, dass wir schon lange keinen so engen Körperkontakt gehabt hatten. Umso länger seine Berührungen dauerten, umso mehr kribbelte es und ein schauer lief mir die Wirbelsäule entlang. Ob ich wohl heute Morgen eine Aufmunterung bekommen konnte? Demonstrativ drehte ich mich herum und sah Massanorie an. Dieser lächelte und küsste mich sanft. Meine gesunde Hand legte ich in seinen Nacken und zog ihn näher an mich heran. Langsam ließ ich meine Zunge über seine Lippen gleiten und versuchte ihm zu zeigen, dass ich gerne mehr wollte. Doch anscheinend war ich der einzige. Massanorie drehte den Kopf beiseite, strich mir einige nasse Haarsträhnen aus dem Gesicht und lächelte verhalten. „Wie geht’s dir denn?“ Ok, falsches Thema! Falscher Ort! Falsche Zeit! Ich wollte weniger reden wie es mir ging – die Antwort war recht eindeutig – sondern eher etwas dagegen tun. „Besser würde es mir gehen, mit etwas Ablenkung.“ Schamgefühl? Oh bitte, die letzten zwei Tage waren der purer Horror, noch schlimmer konnte es nicht werden. Wer brauchte da noch Schamgefühl? Meine Finger glitten über seine Brust und versuchten einen erneuten Versuch, damit er auf mich ansprang. Sonst konnte er die Finger nicht bei sich behalten und nun sowas. „Ich denke nicht, dass wir das überstürzen sollten.“ Wieder drückte er mich etwas von sich weg und brachte Distanz zwischen uns. Was war denn nun los? Völlig irritiert sah ich ihn an. „Hab ich was gemacht?“ „Nein.“ Er drehte die Dusche ab und wickelte mich in ein Handtuch. Ohne einen Kommentar ließ ich ihn einfach gewähren. Aber mein Gesichtsausdruck musste Bände sprechen, denn Massanorie sah mich an und seufzte nur. „Tut mir leid. Aber ich mache mir gerade Gedanken um uns und da hab ich keine Lust…“ Er schwieg und suchte nach den richtigen Worten. Seit wann war er denn so sensibel? Er sagte doch sonst einfach was er dachte, oft war es nicht schön und wir stritten dann, aber ich mochte es, dass er Dinge einfach beim Namen nannte. „… auf mich?“ ergänzte ich den Satz und setzte mich auf einen Hocker. „Nein. So war das nicht gemeint.“ „Wieso packst du mich denn jetzt Watte?“ vorwurfsvoll sah ich ihn an. „Meine Ex wollte mich umbringen, mein bester Freund redet nicht mehr mit mir und wird es vielleicht nie wieder, meine beste Freundin wird sich ihm bestimmt anschließen, weil sie mir einfach nicht auf meine SMS antwortet und nun fängt mein Freund an mich wie eine Porzellanpuppe zu behandeln. Das einzige was ich jetzt brauche ist etwas Normalität in meinem Leben.“ Dass ich immer lauter geworden war, wurde mir erst jetzt bewusst. Massanorie öffnete den Mund, schloss ihn aber sofort wieder und ich wurde nun erst recht sauer. Ich schnappte mir den Bademantel, welchen er in seiner Krankenschwester-Muttertirade für mich bereit gelegt hatte, wickelte mich darin ein und schnaubte nur sauer. „Ich lass mich verprügeln wegen dir und du schaffst es nicht mal mich als Entschädigung zu vögeln!“ giftete ich ihn nur an und verließ zeternd das Badezimmer. Ich war so sauer, dass ich kurz vergessen hatte wo ich war, dass jedoch wurde mir auf dem Flur wieder bewusst, da mir dort Massanories Vater entgegen kam. Aber auch das war mir egal, endlich jemand der verstand, dass Massanorie ein Idiot war. Massanorie Lenjier „Ihr Sohn ist ein totaler Idiot, völlig stumpf wenn es um Beziehungen geht und emotional ein Versager. Sie sollten froh sein, dass er schwul ist und sich nicht fortpflanzen kann, sowas sollte keine Kinder haben!“ das war das letzte was ich hörte, bevor die Zimmertür ins Schloss fiel. Ich trat mit einem Handtuch bekleidet aus dem Bad und sah meinen Vater an, welcher etwas perplex – ha wie witzig, er war ja wirklich irritiert – im Flur stand. Schöner Anblick, auch wenn die Situation peinlich war und seine Sympathie für Mamoru wahrscheinlich jetzt bei null lag. Aber überraschenderweise drehte sich mein Vater zu mir um musterte mich und schüttelte nur den Kopf. Dann schmunzelte er und ging einfach weiter den Flur entlang Richtung Treppe. Ok, das war seltsam. Normalerweise wäre ich angefressen und wütend, aber zurzeit hatte Mamoru recht, ich packte ihn in Watte. Ich wusste einfach nicht wie ich damit umgehen sollte, es war gar nicht so sehr die Sache mit Bunny oder Yosuke, sondern diese Prügelei. Mir war nie in den Sinn gekommen, dass es für Mamoru Auswirkungen hatte mit mir zusammen zu sein oder wenn andere Menschen das sahen. Dass sein zu Beginn unserer Beziehung Nicht in der Öffentlichkeit Grundsatz, für ihnen einen Sinn hatte und vielleicht auf einer bösen Vorahnung beruhte oder er von Anfang Angst vor solchen Dingen hatte, war mir nie in den Sinn gekommen. Vorsichtig betrat ich mein Zimmer und sah mich um. Mamoru saß auf dem Bett und sah auf sein Handy. Schweigend schloss ich die Tür hinter mir, ging zu ihm und setzte mich mit etwas Abstand zu ihm. „Sie geht nicht ran. Dabei würde ich gerne jemandem sagen wie doof du bist.“ Seine Stimme hatte einen traurigen Ton angenommen. Ich nahm ihm das Handy aus der Hand, klappte es zu und legte es auf den Nachtschrank. „Du hast es meinem Vater erzählt. Ich wette der hört dir gerne zu, wenn du über mich schimpfst.“ Während ich das sagte, nahm ich eine Verbandrolle in die Hand, welche ich schon vor dem Duschen bereit gelegt hatte. „Zieh den Bademantel aus, dann kann ich den Verband anlegen.“ Er tat was ich von ihm wollte und streifte sich den Bademantel ab. Dass er die Tränen in den Augen stehen hatte sah ich, aber ich ignorierte es. Er zuckte kurz zusammen als ich den Verband stramm zog, sagte aber nichts. „Zu eng?“ Er schüttelte den Kopf. „Gut. Sonst musst du es sagen.“ Als ich damit fertig, war begann ich mich anziehen. „Hier. Zieh einen Pullover von mir an. Der ist schon etwas älter, aber zu klein. Der passt dir bestimmt.“ Ich hielt ihm den Pullover hin. „Ich hab eigene Sachen dabei.“ „Ich weiß. Aber ich dachte, du findest es nett was von mir zu tragen, in meiner Wohnung machst du das ja auch oft.“ „Ich mag es einfach, wenn Sachen nach dir riechen.“ Flüsterte er nur, stand auf und kramte in seiner Tasche nach eigenen Klamotten. So ganz schlau aus Mamorus Verhalten wurde ich nicht. Hatte ich damit gerechnet, dass wir uns streiten würden und er einfach mal seinen Frust raus schreien würde, entzog er sich mir einfach. „Wenn du mich anschreien willst, dann kannst du das ruhig. Du hättest allen Grund dazu.“ Verwundert sah er mich an. „Wieso?“ Nun war ich es der nicht verstand. „Na wegen der Prügelei und weil du nun hier bist. Gibt bestimmt nen Grund.“ Wieder nur Verwunderung, dann schüttelte er den Kopf. „Du verstehst gar nichts.“ Da hatte er wohl recht. Nachdenklich nippte ich einige Minuten später an meinem Kaffee. Mamoru wollte nicht frühstücken, er habe keinen Hunger. „Schläft Mamoru noch?“ Meine Mutter stellte ihre Tasse ab und sah mich an. „Nein. Er hat nur keinen Hunger!“ „Aber er hat doch gestern schon nichts gegessen. Das ist nicht gut…“ „Andrea.“ Mein Vater blätterte die Zeitung um, senkte sie kurz und sah sie an. „Er ist erwachsen.“ Damit wandte er sich wieder der Zeitung zu und seufzte nur ab und an, als er beim Wirtschaftsteil angelangt war. Meine Mutter schien über den Einwand meines Vaters nachzudenken – ich äußerte mich nicht dazu. Einerseits weil er recht hatte, anderseits weil Mamoru gerade stur war. Aber sie fand schnell ein anderes Thema, dem sie sich zuwenden konnte. „Heute ist der 23.12. morgen ist Heiligabend und wir haben noch keinen Baum.“ Dass das meine Mutter verstimmte war klar, aber es wurmte mich auch. Sicherlich, der Herzinfarkt meines Vaters und alles was damit zusammen hing hatten uns nicht gerade in vorweihnachtliche Stimmung versetzt. Trotzdem war es für uns ungewöhnlich zu diesem Zeitpunkt keinen Baum zu haben. Aber anscheinend hatte mein Vater heute einen Ratgeber gefrühstückt. „Massanorie arbeitet doch heute nicht so lange, da könnt ihr dann ja losziehen und einen besorgen.“ Er sah noch nicht mal von seiner Zeitung auf. Meine Mutter jedoch war begeistert von dieser Idee, war ja klar, dass sie von dem Alten kam. Dann musste er nicht mit. Er feierte Weihnachten nur wegen meiner Mutter und früher wegen uns Kindern – wenn’s nach ihm gehen würde, gäbe es kein Weihnachten. Humbug! Um es einmal mit den berühmten Worten von Ebenezer Scrooge zu sagen. Kapitel 26: Step Twenty-six... Pain II -------------------------------------- Die Zeit mag Wunden heilen, aber sie ist eine miserable Kosmetikerin. Mark Twain Seijiro Lenjier Ich klopfte an Massanories ehemaliges Zimmer, wartete jedoch nicht auf ein 'Herein.' sondern öffnete die Tür. Mamoru saß auf dem Bett und blätterte in einem Buch herum. Als er mich sah, stand er auf und sah mich verunsichert an. „Gut du bist wach. Zieh dich an, ich warte unten auf dich.“ Tür zu und fertig. Ich wartete unten ca. 10 Minuten als Mamoru auftauchte. Er trug eine Jeans, einen hellen Pullover und sah mich fragend und sehr skeptisch an. „Lenjier-sama ich…“ Leicht schmunzelnd sah ich den jungen Mann vor mir an. „Meine Frau erlaubt mir nicht allein das Haus zu verlassen. Also begleitest du mich, da ich gerne in den Onoterusaki Shrine möchte. Sind schöne 20 Minuten Spaziergang.“ Ich zog meinen Mantel über und reichte Mamoru seine Jacke. „Ich…“ „Ja?“ „Ach nichts.“ Nickend hielt ich ihm die Tür auf. Auf dem Weg zum Shrine sagte Mamoru kein Wort, aber ich bemerkte, dass er zeitweise zu mir schielte. Wir waren fast am Shrine angekommen, als Mamoru wohl endlich den Mut fasste etwas zu sagen. „Das wegen heute Morgen. Ich wollte mich entschuldigen.“ „Weil du meinen Sohn einen Idioten und emotionalen Versager genannt hast.“ Ich sah Mamoru aus den Augenwinkeln an. Dieser nickte und vergrub sein Gesicht bis zur Nasenspitze in seinem Schal. „Macht nichts. Das sagt meine Frau auch oft zu mir und ich lebe auch noch. Da wird es mein Sohn wohl auch überleben.“ Überrascht blieb er stehen. Ich ging ungerührt weiter und hörte kurze Zeit seine Schritte hinter mir. Vor dem Shrine holte er mich wieder ein. „Wie oft besuchst du einen Shrine?“ Etwas überrumpelt sah er mich an. „Ähm… nicht so oft.“ Er druckste etwas herum, mal sehen wie schlau der Junge wirklich war. „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, Allein ich glaub’, du hältst nicht viel davon?“ Ich lachte leise und ging weiter, als Mamoru aufschloss lächelte er etwas. „Wer darf sagen: Ich glaub’ an Gott? Magst Priester oder Weise fragen, Und ihre Antwort scheint nur Spott Über den Frager zu sein.“ Ich applaudierte leise und schmunzelte. „Sehr gut.“ Mamoru wurde etwas rot und lächelte nun stärker. „Sie mögen Faust?“ „Eine sehr offensichtliche Frage. Ich finde ja, dass es ein sehr schönes Stück ist mit einer tiefen Aussage über das Leben. Aber du scheinst von Religion wirklich nicht viel zu halten.“ Ein leises Seufzen. „Nein nicht sonderlich. Ich glaube es ist Verschwendung an etwas Höheres zu glauben oder die Ahnen um Dinge zu bitten. Nichts davon wird einem helfen das Leben zu meistern oder Probleme lösen. Religion lässt einen nur in eine Phantasiewelt flüchten, damit man der Realität mit ihrer ganzen Brutalität nicht ins Auge sehen muss, denn dann würden die Menschen zerbrechen und sich reihenweise von Hausdächern stürzen! – Also… entschuldigen sie so war das nicht gemeint.“ „Doch war es und ich finde es eine interessante Ansicht. Ehrlich zu mindestens – so etwas schätze ich. Zudem sagt es eine Menge über dich aus.“ „Was sagt es denn aus?“ verunsichert sah er mich an, doch ich sah nur auf ihn hinunter, legte meine Hand auf seinen Kopf und gab ihm einen kurzen Klaps. „Vor einem Shrine verbeugt man sich, das hat nichts mit glauben, sondern mit Respekt zu tun.“ Ich deutete nach vorne und verbeugte mich vor dem Shrine, warf einige Münzen in die Spendenbox und läutete die Glocke. Nach einigen Minuten des stillen Gebets öffnete ich die Augen und sah zu Mamoru, welcher neben mir stand und nachdenklich den Shrine ansah. „Religion ist mehr als nur die Flucht aus der Realität.“ Ich ging weiter um einen Talisman zu kaufen. „Religion hilft uns dabei das Elend der Welt erträglicher zu machen. In Trauer und Leid, kann sie uns tragen und uns Ruhe und Zuflucht spenden, einen Sinn geben im Chaos. Sie kann alles ordnen in einem selber und in der eigenen Weltansicht. Sicherlich ist Religion auch immer etwas, das missbraucht werden kann, aber in ihrem Selbstverständnis dient die Religion nur dem Wohl der Seele, es umgibt uns, weil alles Religion sein kann. Brauchtum ist Religion und Religion ist Brauchtum. Wenn wir das eine ablehnen, lehnen wir auch uns selber ab.“ Ich wandte mich der jungen Miko zu und kaufte zwei Talismane, die man an einen Baum hängen konnte. „Hier.“ Ich hielt Mamoru einen hin, welchen er zögerlich annahm. „Um mit der Welt und sich im reinen zu sein, muss man auch mit seinen Ahnen im reinen sein.“ Damit wandte ich mich um, schrieb auf den Talisman den Namen meiner Familie und hängte ihn auf. Mamoru indessen sah den Talisman an und schien unschlüssig. „Ich warte vor dem Eingang, lass dir Zeit.“ Ich ging einige Schritte, bevor er mich rief. „Lenjier-sama?“ Ich drehte mich um. „Warum… warum sind sie so nett zu mir. Ich dachte sie können mich nicht leiden?“ Ein Schmunzeln ließ meine Lippen zucken, doch ich schwieg und ging. Es dauerte eine ganze Weile bis Mamoru neben mir auftauchte. Anscheinend hatte den Talisman auch aufgehängt, er trug ihn jedenfalls nicht mit sich herum. Langsam wurde ich etwas nervös, dass Andrea mir verbot zu rauchen, nur weil dieser jämmerliche Arzt der Meinung war es würde mir schaden, machte mich wahnsinnig. Heute Morgen wäre ich fast so weit gewesen meinen Sohn um eine Zigarette zu bitten. Nicht weil ich mir nicht einfach welche kaufen konnte, aber mich über Andreas Kopf hinweg zu setzen bedeutete dann nur Tränen. Ich wusste ja, dass sie sich sorgte und auch wenn ich es nur ungerne zugab, so wusste ich auch, dass sie recht hatte. Aber heimlich rauchen wollte ich auch nicht, also musste ich wohl eine andere Sache finden. „Geht es Ihnen gut, Lenjier-sama?“ Mein Blick wanderte zu meiner Begleitung. „Ja.“ Antwortete ich nur und schlenderte in Richtung Einkaufsmeile. „Aber Morgen ist Weihnachten und aufgrund eines Herzinfarktes hatte ich keine Zeit meiner Frau ein Geschenk zu kaufen.“ Erklärte ich mich und winkte Mamoru zu mir zu folgen. Drei Stunden, vier Juweliere, zwei Parfümerien und Boutiquen später hatte ich was ich wollte. Ein Gold Armband 585er Gelbgold mit Rauchquarz und Perlmutt für knapp 85.000 Yen (ca. 600€). Andrea würde wieder schimpfen, weil ich so viel Geld für Schmuck ausgab, aber ich fand nach der letzten Zeit müsste es schon etwas sein, dass meine Dankbarkeit ausdrückte. Zudem konnten wir schon nicht nach Deutschland fliegen wie ich es eigentlich geplant hatte, somit konnte sie ihre Familie wieder nicht sehen und dass sie das traurig stimmte, wusste ich nur zu genau. Auch nach all den Jahren war ihr Tokyo keine wirkliche Heimat geworden. Aber sie blieb und sagte nur selten etwas was ihren Unmut ausdrückte. Ich wandte mich an Mamoru, der die ganze Zeit einfach nur neben mir her trottete und erst einmal schluckte als ich das Armband gekauft hatte. „Schenken mein Sohn und du euch auch etwas?“ Es interessierte mich wirklich, denn soweit war Massanorie noch nie gegangen. Auch wenn Massanorie meinte mich würde sein Leben nicht interessieren, so wusste ich sehr wohl was für Flaschen er sonst immer anschleppte und dass diese wie Aktienkurse immer wieder in der Versenke verschwanden. „Ähm – ich weiß nicht. Wir hatten nicht darüber gesprochen. Aber ich wüsste auch nicht was ich ihm schenken sollte.“ Er lachte leise auf. „Alles was er haben will, kann er sich selbst kaufen und ich glaube nicht, dass es etwas gibt was ich mir leisten kann damit es ihm gefällt.“ Etwas geknickt blieb er neben mir an einer Ampel stehen. „Hmm. Ums Geld geht es nicht bei Geschenken.“ Gab ich nur schlicht als Antwort und wandte mich der Ampel zu als ich Mamoru lachen hörte. „Bitte entschuldigen sie Lenjier-sama. Aber ich finde ihre Aussage nicht gerade aussagekräftig, nachdem sie ihrer Frau ein Armband für knapp 85.000 Yen gekauft haben. Da kann ich schlecht mit einem selbstgestrickten Schal oder so kommen.“ Schmunzelnd sah ich ihn an. „Ich kann meiner Frau dieses Geschenk machen, weil ich das Geld habe, das bedeutet aber nicht, dass sie sich nicht genauso über eine Blumenzwiebel freuen würde und da ich ihr so eine schon mal geschenkt habe, kann ich das gut beurteilen.“ Wir gingen weiter. „Du gehst doch arbeiten und soviel ich weiß nicht gerade wenig. Da dürfte wohl etwas Geld für ein kleines Geschenk übrig bleiben.“ Anscheinend hatte ich ihn bei diesem Thema auf dem falschen Fuß erwischt. „Ich hab gerade keinen Job mehr und meine Ersparnisse gehen für meine Wohnung drauf und eventuell für meine erneute Universitäts-Einschreibung. Ich mag ihren Sohn, aber nicht wegen seinem Geld, also brauchen sie keine Anspielung in diese Richtung zu machen.“ Er wich meinem Blick aus und blieb stehen. „Zudem, wenn ich ihm etwas kaufe, dann wird er mir auch etwas schenken und er wird ebenso wenig dabei aufs Geld achten wie sie bei ihrer Frau. Wie soll ich mich da nicht schlecht fühlen, wenn mein Geschenk neben seinem wirkt wie das eines armen Schluckers. Und dann wird er irgendwann merken, dass ich wirklich nicht in seiner Liga spiele und mich loswerden wollen. Sie haben es doch selbst gesagt, ich halte ihn von der Arbeit ab und falle ihm zur Last.“ Ein seltsamer Junge, wie konnte man nur so wenig Selbstbewusstsein haben. Dabei schien er im Krankenhaus gar nicht so sensibel zu sein. Vielleicht hatte meine Frau deswegen immer diesen Beschützerinstinkt wenn sie ihn sah und behandelte ihn wie einen kleinen Jungen, denn genauso wirkte er gerade. Seufzend ging ich zu ihm. „Mein Sohn denkt, ich würde mich nicht für ihn interessieren, aber ich weiß sehr wohl, dass er bevor er dich kannte nicht so glücklich wirkte.“ Mamoru sah auf und ich legte meine Hand auf seinen Kopf und wuselte ihm durch die Harre bevor ich meine Hand liegen ließ. „Wichtiger als Geld ist Respekt. Respekt vor sich selber und vor anderen. Und den kann man nicht kaufen, sondern man verdient ihn sich mit harter Arbeit, Ehrlichkeit und innerer Stärke. Mein Sohn hat das lange nicht verstanden, aber ich glaube, du bist ihm ein guter Lehrmeister. Du hast in deinem Leben doch viel erreicht, darauf solltest du stolz sein, denn andere hätten längst aufgegeben. Das Leben legt uns nur so viel Last auf die Schultern wie wir auch tragen können. Und anstatt mir recht zu geben, solltest du mir beweisen, dass ich unrecht habe. Denn trotz meiner Sturheit bin ich sehr belehrbar.“ Noch einmal gab ich ihm einen kurzen Klaps auf den Kopf bevor ich weiter ging. Es dauerte diesmal eine ganze Weile bis Mamoru wieder zu mir aufgeschlossen hatte und als ich ihn aus den Augenwinkeln sah, merkte ich wie er leicht lächelte. Mamoru Chiba Das was Massanories Vater gesagt hatte, wollte mir nicht mehr aus dem Kopf. Es war seltsam. Aber diese Art von ihm – ich mochte es. Ich mochte diese leicht ruppige Art dieses Mannes, da wusste ich wenigstens woran ich war. Im Shrine war ich verwundert gewesen, wie redselig dieser Mann sein konnte und er war ein guter Redner. Man hörte ihm zu und er sagte Dinge die einen Nachdenklich stimmten – die mich nachdenklich stimmten. Diese Sache mit Massanorie hatte mich auch zum Nachdenken gebracht und ich reflektierte das gesagte noch einmal. Ich musste zugeben, dass ich mit Seijiros Art besser zu Recht kam, als mit Andreas. Seine Art hatte etwas an sich, bei dem ich mir nicht wie ein Kind vorkam. Auf dem Rückweg erzählte er wieder weniger und schien mich mit meinen Gedanken allein zu lassen, die er aufgewirbelt hatte, um sie zu ordnen. Endlich wieder angekommen, hing ich meine Jacke auf. Ich sah ihm hinter her und fast freute ich mich, dass er mir mit einer Geste mitteilte das ich ihm folgen sollte. Eigentlich war es ja total dumm, ich lief einem Mann hinterher der mich – sicher war ich mir nicht mehr – nicht leiden konnte und freute mich auf eine Unterhaltung mit ihm. Dieses kleine Lob, als ich Faust erkannt hatte und es sogar zitieren konnte, hatte mich – glücklich wäre zu viel gesagt, aber ich hatte schon lange kein Lob mehr für etwas bekommen. Und ich mochte diese schroffe Art von ihm, wenn er mir leicht auf den Kopf klapste. Dass das Haus groß war, war mir ja schon aufgefallen aber der Wintergarten in den er mich führte war umwerfend. Dutzende von blühenden und grünen Pflanzen standen hier herum. Ein kleines Paradies. Begeistert sah ich mich um. „Das ist das Werk meiner Frau.“ „Wirklich? Dann hat Massanorie nicht ihren grünen Daumen geerbt. Bei ihm wächst alles immer nur knusprig.“ Er lachte und ich sah ihn überrascht an. Dass dieser Mann lachen konnte verwunderte mich, aber interessanterweise hatte er ein eher warmes lachen, rau aber nicht unheimlich. „Setz dich.“ Plötzlich rollte ein Ball vor meine Füße, ich bückte mich und musste nur einen Sekundenbruchteil später versuchen nicht das Gleichgewicht zu verlieren, als Sparky mich ansprang und spielen wollte. „Du bringst mich auch irgendwann noch um.“ Tadelte ich ihn und warf den Ball aus dem Wintergarten heraus. Mein Blick schweifte wieder umher und ich sah mir die ganzen Pflanzen an. Was für eine Fülle. Dass Andrea gut mit Pflanzen konnte, hatte mir Massanorie ja gesagt, aber das hier war fast ein Kunstwerk. „In der Gesellschaft von Tieren scheinst du dich wohler zu fühlen, als in der von Menschen.“ Erschrocken drehte ich mich um und mir wurde bewusst, dass Massanories Vater immer noch anwesend war. Verlegen strich ich mir durch die Haare und nickte. „Ja stimmt. Kinder und Tiere machen mich nicht so nervös.“ Wisperte ich nur und versuchte nicht wie ein totaler Trottel zu wirken. „Keine sehr gute Vorrausetzung um Arzt zu werden.“ Und schon war er verschwunden. Gekränkt biss ich mir auf die Lippen und ließ mich in einen der Korbsessel fallen, die inmitten des Wintergartens um einen Glastisch herum standen. Er hatte ja recht, aber musste er das denn so schonungslos sagen. Man konnte sich solche Sachen doch auch einfach sparen oder hinunterschlucken, aber anscheinend war Massanories Vater der Meinung alles aus- und anzusprechen was er bemerkte. Wahrscheinlich war das der Grund, warum er eine solche Firma leiten konnte. Da musste man höchstwahrscheinlich schnell Leute einschätzen, Stärken und Schwächen taxieren um sie dann für den eigenen Vorteil zu nutzen. Das deprimierte mich schon wieder. Als er wieder kam, trug er ein Tablett mit Tee und stellte es auf dem Tisch ab. Ich wich seinem Blick aus und war wieder an dem Punkt angelangt, dass ich mich lächerlich machte, weil ich die Stille Hoffnung gehabt hatte, dass er mich mögen würde. Dabei hatte ich gedacht mir das abgewöhnt zu haben, spätestens nach der x-ten Pflegefamilie die mich wieder abgegeben hatte. „Wie kommt es eigentlich, dass ein junger Mann wie du, der ja anscheinend schon einige Lebenserfahrung hat und gelernt hat sich durchzukämpfen, so ein geringes Selbstbewusstsein hat?“ Verwundert, ja fast erschrocken sah ich auf. „Was?“ ich musste diese Frage erst einmal verdauen und sacken lassen. Doch er schien nicht gewillt die Frage noch einmal zu wiederholen, sondern goss sich Tee ein und wartete anscheinend ohne mich anzusehen auf eine Antwort. „Ich habe ein sehr gutes Selbstbewusstsein.“ log ich schließlich mit fester Stimme und war fast dabei es selbst zu glauben. In einer Geste der Selbsterzeugung und Selbstdarstellung setzte ich mich gerade auf und sah Massanories Vater direkt an. Doch anstatt mir das zu glauben oder meine Lüge hinzunehmen, musterte er mich und sein Blick hatte etwas Grimmiges. Mein Mund wurde trocken und in mir stieg ein flaues Gefühl auf. Ich konnte spüren wie mir die Schamesröte ins Gesicht stieg, weil ich ihn anlog. Ohne es kontrollieren zu können ließ ich mich in dem Sessel zurück sinken und sah betreten auf meine Hände hinunter. Er schwieg jedoch, goss mir ebenfalls Tee ein und setzte sich mir gegenüber. Eine ganze Weile verging, ohne dass er etwas erwiderte und ich konnte nicht aufsehen, weil ich dieses Unbehagen fühlte. schoss es mir durch den Kopf. „Sieh mich an Mamoru.“ Seijiros Stimme hallte in meinem Kopf wieder und aus einem Reflex heraus schüttelte ich nur den Kopf. Ich konnte hören wie er aufstand, verkrampfte mich und kniff die Augen fast schmerzhaft zusammen. Was war denn plötzlich los mit mir? Wieso denn jetzt bitte? Seine Hand legte sich plötzlich auf meinen Kopf und für einen kurzen Moment setzte mein Herz aus – dachte ich zu mindestens. Wie lange er nun schon die Hand auf meinen Kopf hatte wusste ich nicht, aber nach einer ganzen Weile – so fühlte es sich jedenfalls an – entspannte ich mich wieder und die Panikattacke von zuvor verschwand wieder. „Alles wieder gut?“ Seine Stimme klang monoton. Ich nickte. „Dann kannst du mich ja wieder los lassen.“ Erschrocken bemerkte ich, dass ich wohl in einem Anflug von Panik nach seiner Hand gegriffen hatte als er sie mir auf den Kopf legte und seinen Hemdärmel festhielt. Sofort merkte ich wie mir die Röte ins Gesicht schoss. „Tut mir leid. Wirklich. Ich weiß auch nicht…“ Ich wollte nach oben sehen um zu lächeln und mich eventuell noch aus dieser Nummer raus zureden, aber als ich die Augen öffnete, sah ich, dass er vor mir in die Hocke gegangen war. Ich ließ seinen Ärmel los, schluckte und im nächsten Moment begann ich leise zu lachen. „Nun haben sie ihre Bestätigung. Ihr Sohn hat sich einen verkorksten Typen ausgesucht. Er hat wohl wirklich einen miesen Geschmack was Männer angeht.“ Ich lächelte und dachte er würde nun einfach aufstehen und mich zur Hölle schicken, aber sein Gesicht hatte noch immer eine ernste Mimik. „Hast du gedacht ich würde dich schlagen?“ Mein Herz setzte nun wirklich aus und ich konnte das Ticken der Standuhr wahrnehmen, welche plötzlich so laut klang als würde sie in meinem Kopf stehen. Ich öffnete den Mund um mich allein über die Frage zu amüsieren, dann würde ich mich entschuldigen, meine Sachen packen und einfach verschwinden. Bei Massanorie würde ich mich einfach nicht mehr melden und eventuell könnte ich ja mit einigen Schlaftabletten diesem ganzen Scheiß hier einfach Lebewohl sagen. Aber stattdessen schloss ich den Mund wieder und wich seinem Blick wie so oft an diesem Tag einfach aus. Seine große schwere Hand lag noch immer auf meinem Kopf und gab mir einen leichten Klaps, bevor er sie wegnahm. Kurz musste ich darüber schmunzeln, wusste aber, dass es keine Situation war in der mir zum Lachen zumute war. Anscheinend war mein Schweigen und mein nicht vorhandener Augenkontakt Antwort genug gewesen. „Ist dir das in den Pflegefamilien oft passiert?“ Nun schüttelte ich den Kopf. Wenigstens einen letzten Rest an Würde wollte ich behalten, nur einen winzigen Rest. „Nur in einer – und… und auch da war es nur drei- oder viermal. Ich war halt anstrengend und da kann einem schon mal der Geduldsfaden reißen.“ Im Laufe meiner zahlreichen Pflegefamilien hatte ich mir eingeredet, dass es damals meine Schuld gewesen war, also hatte ich aufgehört zu weinen, wenn andere dabei waren und hatte eher dem Konzept von Kindern entsprochen die man wohl nur zu gerne lieb haben konnte – hatte jedoch auch nichts gebracht. In einem Anflug von Kurz-Depression zog ich die Luft scharf ein und versuchte die Tränen weg zu zwinkern, gelang jedoch nicht so gut wie ich dachte. Egal – sein Vater hielt mich bestimmt schon für einen Versager und Psycho, was sollte es also noch. Mit einer Handbewegung nahm ich meinen Pullover Ärmel und wischte mir durch die Augen, bevor ich ihn wieder ansah. Er hatte sich weder bewegt, noch eine Miene verzogen. „So nun haben sie alles was sie brauchen um sich ein Bild von mir zu machen. Zusammengefasst also, ich bin ein totaler Versager, ohne Freunde, Familie, Selbstbewusstsein, einen Job, einer Ausbildung oder Studienplatz und schnorre mich bei ihrem Sohn und ihrer Frau durch. Ich sollte…“ „Danke. Aber ich bin in der Lage mir selber ein Bild von dir zu machen, auch ohne deine leicht theatralische Zusammenfassung.“ In seiner Stimme lag, obwohl der Satz es implizierte, keine Verärgerung mit. Interessanter Weise fühlte ich mich nun wirklich wie ein kleiner Junge und hatte keine Ahnung wie das kam. „Ich mag es nicht, wenn man mich anlügt. Also, wenn ich dich etwas frage, dann möchte ich gerne eine Antwort die der Wahrheit entspricht. Es ist mir egal, wenn du mir sagst, dass es mich nichts angeht, oder dass du mir nicht antworten willst, aber anlügen lasse ich mich nicht gerne. Hast du das verstanden?“ Und ohne auch nur im Geringsten darüber nachzudenken schoss es aus mir heraus. „Ja Sir.“ Es verging nur ein Sekundenbruchteil als ich realisierte was ich gesagt hatte, doch da begann Seijiro auch schon laut zu lachen. „Sir? Andrea hat recht, ich muss auf andere wirklich eine schrecklich einschüchternde Wirkung haben. Aber Sir hat mich noch keiner genannt.“ Er lachte weiter, stand auf und ließ sich wieder in dem Sessel gegenüber von mir nieder. Ich dagegen lief rot an und schämte mich zutiefst für meine Antwort, die einfach so aus mir heraus gesprungen war. Noch immer lachend saß er da, als plötzlich Andrea in der Tür zum Wintergarten stand und ihren Mann sprachlos ansah. „Alles in Ordnung?“ ihr Blick wechselte zwischen mir und ihm hin und her. Seijiro Lenjier Menschen die Kinder schlugen waren in meinen Augen nicht würdig sich Menschen zu nennen. Aber Mitleid half hier nicht weiter und ich wunderte mich etwas über mich selbst, aber auch über meinen Sohn. Ob er wohl wusste was für Partner er sich da angelacht hatte? Eine Menge Arbeit kam da auf ihn zu und ich war gespannt, ob es ihm so ernst war wie er vor gab – um Mamorus Willen hoffte ich es wenigstens. Meine Frau sah mich fragend an, als ich an ihr vorbei ging und mir einige Lachtränen aus den Augenwinkeln wischte. „Andrea. Vielleicht sollte ich mir von den Kindern wünschen, dass sie mich jetzt nur noch mit Sir ansprechen.“ „Was?“ verwundert und gleichzeitig amüsiert sah sie mir nach. „Das will ich hören, wie dein Sohn das zu dir sagt.“ Rief sie nur bevor ich verschwand und das Wohnzimmer betrat, wo mein Taugenichts von Sohn gerade den gekauften Baum ein stielte. „Glaubst du, dass du dafür qualifiziert bist?“ „Haha. Anstatt große Reden zu schwingen kann mir der alte Mann ja mal helfen.“ Amüsiert setzte ich mich in meinen Sessel und griff nach der Zeitung. „Warum sollte ich, ihr wollt ja einen Baum haben und schließlich habe ich deinen Freund bespasst.“ Ohne eine Miene zu verziehen sah ich verstohlen über den Rand der Zeitung und musterte Massanorie, welcher mir einen bösen Blick zuwarf. „Wehe du hast was zu ihm gesagt, was ihn verletzt. Er ist gerade etwas sensibel, also lass ihn in Ruhe!“ Ich rümpfte nur die Nase und wandte mich der Zeitung zu, als Andrea das Wohnzimmer betrat – mit Mamoru im Schlepptau. „Also was sagst du? Ein schöner Baum, nicht wahr?“ Und so weiter, sie redete auf ihn ein und er nickte nur stoisch vor sich hin und warf mir zwischenzeitlich einige Blicke zu. Als Massanorie sich dann noch einmischte, zog er sich dezent zurück und verschwand. Wenn man so einen Trubel nicht gewohnt war, musste es ja fast wie die Hölle sein, dass konnte ich nur zu gut nachvollziehen. Andreas Familie war da auch nicht besser, diese ständige Beschallung machte mich stets Wahnsinnig. Es vergingen einige Stunden und ich zog mich in mein Arbeitszimmer zurück um etwas zu lesen und mich ungestört – heimlich – mit meinen Aktien zu beschäftigen. Andrea wollte, dass ich mich schonte und Aktienkurse berechnen, Aktien zu kaufen und wieder abzustoßen gehörte nicht in ihren Zwanzig-Punkte Ernährungs- und Lebensplan, welchen sie nun für mich aufgestellt hatte. Als es klopfte sah ich kurz auf. „Herein!“ Die Tür öffnete sich zaghaft, was sofort deutlich machte wer hier klopfte. „Mamoru, komm rein und lunger nicht so vor meiner Tür herum, das kann ich nicht haben.“ Er trat ein und schloss die Tür schnell hinter sich. „Entschuldigung, dass ich sie störe.“ Wisperte er nur und trat nervös von einem Bein aufs andere. „Wenn du stören würdest, würde ich es sagen oder nicht herein rufen.“ Gab ich nur kurz als Antwort und wandte mich wieder dem Computer und dem darauf befindlichen Aktienkurs zu. Nachdem er eine Weile schweigend an der Tür stand, seufzte ich. „Möchtest du etwas Bestimmtes?“ „Ja… nein… also schon. Ich wollte sie bitten, Massanorie nichts von dieser Sache zu erzählen.“ Seufzend sah ich auf. „Wie kommst du darauf, dass ich das machen würde?“ „Weil sie ihren Sohn davor bewahren wollen einen Fehler zu machen?“ unsicher sah er mich an. „Also vor dir.“ Gab ich als Antwort zurück und wandte mich wieder dem Börsenkurs zu. Ich musste wohl die Aktien, die ich vor gut einer Woche gekauft hatte, etwa abstoßen oder riskieren Verlust zu machen. Nach einigen Überlegungen und Abwägungen beschloss ich, lieber den Gewinn von 2% zu nehmen anstatt eines Verlusts im viertstelligen Bereich. „Anscheinend denkst du ja, dass du nicht gut genug für meinen Sohn bist. Dann würde mich mal interessieren warum du dann bei ihm bleibst – wenn du es nicht wegen des Geldes tust.“ Mit einem Nicken deutete ich zu der kleinen Couch in meinem Arbeitszimmer und musste etwas schmunzeln, als er kurz zögerte und sehr bedacht darauf war mir nicht den Rücken zu zudrehen – ein bisschen wie mein Sohn als er klein war und ich ihn zum ausschimpfen hier ins Zimmer rief. Mein Gast schien nicht so ganz genau zu wissen was ich nun von ihm wollte, also wandte ich mich ihm zu. „Also?“ Mein Gegenüber strahlte so viel Unsicherheit aus, dass ich sie fast greifen konnte. Er war bestimmt ein miserabler Pokerspieler und ein noch schlechterer Geschäftsmann. Jedoch konnte dies auch dem Umstand zu verschulden sein, dass ich ihn mit meine Art nervös machte, plus dem Umstand, dass er sich hier in einer Umgebung aufhielt die wohl weniger seinem natürlichen Umfeld entsprach – Wohlfühlzone war hier das Schlagwort. Leise seufzend stand ich auf und ging zu einem Globus und öffnete ihn am Äquator. Zum Vorschein kam eine kleine Bar, in welcher ich für Gäste oder mich selber einige gute Tropfen aufbewahrte. Das Andrea sie mir gelassen hatte, lag wohl daran, dass sie mir in alle ihrer weiblichen Fürsorge trotzdem einen Hauch von Selbstbestimmung erlauben wollte – mein eigener kleiner rebellischer Versuch mich gegen sie und die Ärzte durchzusetzen. Nachdenklich griff ich nach einer Flasche Whiskey und goss zwei Fingerbreit in zwei Gläser. Dann schloss ich die Bar wieder, ging zu ihm und reichte ihm ein Glas. Das sollte wohl reichen um ihm etwas Nervosität zu nehme, schließlich wollte ich ihn nicht fressen oder schlimmeres. Ich merkte jedoch schnell, dass ich mich wohl wirklich – wie Andrea es nannte – zu oft nur in Gesellschaft von Menschen bewegte die Geld als Quelle von Lebensqualität wahrnahmen. Denn Mamoru nahm das Glas nur zu gerne und lehrte es mit einem Schluck. Ich zog die Luft etwas scharf ein, musterte ihn, musste dann über mich selbst leise lachen. Mein Gesichtsausdruck indem Moment wo er das Glas leerte, musste Bände gesprochen haben, denn Mamoru sah zuerst mich und dann das leere Glas in seiner Hand an. „Hab ich was falsch gemacht?“ Ich lachte nun etwas offener, ließ mich in einen Sessel neben ihn nieder und sah in mein Glas. „Nein. Ich sollte wohl nur nicht erwarten, dass ein Jungspund wie du einen 34.000 Yen (240 €) teuren 40 Jahre alten Whiskey zu schätzen und trinken weiß.“ Er wurde kreidebleich und begann eine Entschuldigung zu stammeln. Ich winkte jedoch nur ab. „Schon gut. Hat er dir wenigstens geschmeckt?“ Ein Nicken und dann lehnte er sich zurück und drehte das leere Glas in seinen Händen. „Ihr Sohn ist Ihnen sehr ähnlich.“ Anscheinend hatte der kleine Drink geholfen. „Ich glaube nicht, dass das zutrifft. Er ist eher wie seine Mutter.“ Kommentierte ich das Gesagte nur und nippte an meinem Glas. Doch er schien meinen Kommentar einfach zu ignorieren. „Immer wenn ich denke, dass ich verstehe, was für ein Mensch er ist, zeigt er mir eine andere Seite an sich. Als ich dachte, dass er einfach nur ein arroganter und zynischer Mann ist, da zeigte er mir plötzlich wie nett und witzig er sein kann. Es ist, als wenn man in einer neuen Stadt wohnt, immer wenn man denkt nun kenne ich mich aus, biegt man um eine Ecke und muss wieder schauen wo man ist, nur um sich nicht zu verirren. Ich glaube, dass er das nicht allen Menschen zeigt, also so wie er sein kann…“ er zögerte und sah mich plötzlich an. „…aber dann frage ich mich auch, warum er mir das gerade zeigt. Ich bin sehr oft sehr undankbar zu ihm. Ich weiß, dass ich stur und zu oft unnahbar bin und dass das Gepäck das ich emotional mit mir herum schleppe eigentlich ein eigener Bezirk sein könnte, aber das scheint ihn nicht zu stören.“ „Und in wie fern sind mein Sohn und ich uns ähnlich?“ Nun war ich ernsthaft neugierig. So wie Mamoru meinen Sohn beschrieb kannte ich ihn nicht, war aber innerlich froh, dass meine Frau wohl trotz all meiner Fehler in seiner Erzeihung ihn so gut hinbekommen hatte. Einen Moment schwieg er, bevor er leicht lächelte. „Bei ihnen weiß ich auch nicht so genau woran ich bin. In einem Moment sind sie sehr nett und geben mir weise Ratschläge und im nächsten Moment habe ich das Gefühl, dass sie mich am liebsten aus ihrem Haus werfen wollen.“ „Das was du als wankelmütig beschreibst, ist immer der gleiche Kurs. Nett sein und kritische Dinge sagen, schließt sich nicht aus. Kritik sollte man nicht ausüben um andere zu verletzen, sondern um sie zu fordern besser zu werden, Kritik dient dazu Menschen dazu zu bringen ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Wenn uns niemand auf unser Fehlverhalten hinweist, dann können wir uns nicht weiterentwickeln.“ Ich nahm einen Schluck und seufzte leise. „Aber manchmal kann einem auch die eigenen Sturheit daran hindern sich zu ändern, weil man einfach nicht wanken will in seinen Überzeugungen.“ Nachdenklich sah ich nun in mein eigenes Glas und wusste nur zu gut, wie einem die eigene Sturheit Wege verbauen konnte. Meine Ehe und auch die Beziehung zu meinen Kindern trugen nur zu deutlich die Spuren meiner eigenen Dickköpfigkeit. Anscheinend war Mamoru jedoch, was Empathiefähigkeit anging, sehr gut ausgestattet. „Ich denke, dass sie ein sehrt guter Vater sind.“ „Hmm?“ Verblüfft sah ich ihn an. „Und worauf stützt sich deine Annahme?“ Dann lächelte er, wurde rot und sah mich an. „Weil ich glaube, dass wenn ich in meiner Kindheit einen Vater wie sie gehabt hätte, ich bestimmt nicht so ein Leben führen würde wie jetzt – voller Selbstzweifel und Ängsten anderen zu sagen was ich denke, meine ich!“ Nachdenklich sah ich ihn an. „Dein Vater könnte sehr stolz auf dich sein.“ Sowas etwas in der Art hätte ich sagen können, aber stattdessen trank ich mein Glas aus, stellte es auf dem kleinen Beistelltisch neben mir und schweifte mit meinen Gedanken ab, zudem Tag vor 22 Jahren als dieser junger Anwalt in die Firma kam um uns zu vertreten… Kapitel 27: Memory ------------------ Memorys Die Zukunft habe ich hinter mir. Nun freue ich mich über meine Vergangenheit. Gerhard Kocher Mit einem Lächeln sah die junge Frau auf ihren Sohn hinunter und sie konnte nicht anders als immer wieder Dankbarkeit und unendliche Liebe zu verspüren - für dieses Glück das ihr geschenkt wurde. Ihre zarten Finger begannen wieder damit den dickeren der beiden Fäden auf den Stoff zu legen um diesen mit einem viel feineren goldenen Faden zu vernähen. Diese Technik beherrschte sie im Schlaf und hatte sie schon so oft angewendet, dass sie nicht einmal mehr hinsehen musste. Der feine Faden tänzelte zwischen ihren Fingern hin und her, verschwand im Leinen und versenkte sich dann wieder. Ihre verstorbene Mutter meinte immer, dass sie ein besonderes Talent zum Sticken hätte und wie gerne würde sie ihr nun erzählen, dass sie recht hatte, dass Stunden und Nächte diesem Talent vorangegangen waren und es einst an verregneten und verschneiten Tagen nichts schöneres gab als diesem tanzenden Faden zuzusehen, welcher durch ihr Tun Farben und Bilder erschuf. Langsam konnte man das zarte Blumenmuster erkennen welches sich auf dem feinen Leinenstoff abzeichnete. „Mama, weiter.“ Sie sah wieder zu ihrem zweijährigen Sohn hinunter, welcher fröhlich einen Takt mit seinen Händchen klatschte. „Du hast gesummt.“ Nun blickte sie auf und wandte ihren Kopf zu ihrem Mann, der in der Tür stand, sich seine Krawatte band und sie liebevoll anlächelte. Als sie sich kennenlernten, da wussten es beide, sie gehörten zusammen, hatten sich gesucht und gefunden. „Nicht wahr Mamoru. Mama hat gesummt.“ Er kam näher und strich seinem Sohn über den Kopf, bei diesem kleinen Ritual kicherte der Junge und griff nach der Hand seines Vaters um sie mit seinen kleinen Fingern festzuhalten „Eine sehr schöne Melodie, die mir sehr bekannt vorkommt.“ „Wirklich? Das ist mir nicht aufgefallen.“ Überrascht über sich selber wandte sie sich wieder ihrer Stickerei zu. „Was glaubst du Mamoru? Vielleicht möchte Mama tanzen bevor Papa zur Arbeit geht.“ Quickend vor Lachen rollte sich der kleine Junge auf dem Boden, als sein Vater ihn zu kitzeln begann. „Ja Mama tanzen!“ „Nein, Mama möchte nicht.“ gab sie gespielt ernst zurück und legte ihren Stickrahmen bei Seite nur um sich im nächsten Moment von ihrem Mann hochziehen zu lassen und in seinen Armen zu liegen. „Habe ich dir eigentlich schon gesagt wie sehr ich dich liebe?“ Sie lehnte sich an ihn und Strähnen ihrer schwarzen gewellten Haare fielen ihr ins Gesicht. Die Wärme seiner Brust und sein Herzschlag ließen sie das ungute Gefühl in ihrem Herzen vergessen, was sich mit jedem Jahr deutlicher bemerkbar machte. Lachend drehten sie sich im Kreis, während er diese Melodie summte, zu der sie schon so oft getanzt hatten. „Mamoru sieh genau zu, so behandelt meine eine Dame.“ Die junge Frau lachte, drehte sich mit ihrem Mann und lächelte verschmitzt. „Ja Mamoru achte genau darauf. Denn dein Vater weiß es am besten – viele Frauenherzen hat er schon gebrochen.“ Er begann zu lachen und versuchte einen Rotschimmer zu überspielen, indem er sie herumdrehte. „Ach ja. Aber trotzdem habe ich dich schon zweimal erobert. Also spricht es wohl für mich und meinen Charme.“ Nun lachte sie fröhlich auf, löste sich aus seiner Berührung und ging einige Schritte tanzend zurück, während sie sich um sich selbst drehte. „Also erstens habe ich dich erobert. Einmal mit einem Pfeil der dich fast ins Herz getroffen hat.“ Sie hob einen Finger und dann einen zweiten. „Und das zweite Mal mit einer Degenspitze, weil du mir beweisen wolltest wie gut du fechten kannst.“ Mit einem Grinsen überbrückte er die Distanz zu ihr, hob sie hoch und sah seiner hübschen jungen Frau ins Gesicht. Ihr blaues Sommerkleid schmiegte sich perfekt an ihren Körper und unterstrich nur ihre leuchtenden blauen Augen und ihr wundervolles schwarzes Haar. „Ja das stimmt. Aber deswegen hast du mein Herz immer sofort erobert.“ Als er sie das erste Mal gesehen hatte, wusste er, dass er sein Leben lang nur nach ihr gesucht hatte, dass sie alles war was er je wollte und wollen würde. Lächelnd und etwas aus Atem ließ er sie hinunter und küsste ihre Handinnenseite. „Wir sehen uns heute Abend. Und ich liebe euch.“ Seine dunkelblonden Haare waren etwas zerzaust und lagen wirr um seinen Kopf, während seine braunen Augen auf seinen Sohn gerichtet waren. „Du passt mir auf deine Mutter auf, hörst du?“ Mit väterlicher Liebe drückte er seinen Sohn, strich ihm durch die pechschwarzen Harre und freute sich über diese strahlenden blauen Augen die ihn ansahen. dachte er nur, entließ ihn aus der Umarmung und sah sie an und wieder konnte er nicht anders als sie an sich zu ziehen und sie zu küssen. Ihr Mann war nun schon seit einigen Stunden weg und die warme Mittagssonne schien durch die offene Tür zum Garten ins Wohnzimmer. Der Geruch von Blumen durchflutete das kleine Haus und ein Windspiel unterstrich mit einigen leisen Klängen das Gezirp der Grillen. Noch immer stickte sie und warf hin und wieder einen Blick zu ihrem Sohn, der Bilder malte und ab und an im Garten verschwand um anschließend mit Blumen, Blättern, Käfern und einigen anderen Dingen wieder kam. Sie hatten Glück gehabt, dass sie genau dieses Haus gefunden hatten. Es war einfach perfekt und nach dem Kauf mussten sie vieles selber machen, weil das Geld nicht gereicht hatte um Handwerker einzustellen, aber sie hatten es geschafft. Es war ein klassisches japanisches Haus, ihr kleines Haus, ihr Paradies. Zwar lag das Haus knapp 30 Minuten außerhalb von Tokio, aber das machte ihnen nichts. Für sie und ihre kleine Familie war es einfach perfekt. „Noriko-san?“ Noriko sah auf und erkannte sofort, dass es Fr. Kasuragi war, die sie rief. Ruhig legte sie ihre Stickerei beiseite und betrat die Veranda, einen Moment lang musste sie die Augen zusammen kneifen um nicht von der Sonne geblendet zu werden. Dann huschte ihr Blick zu dem kleinen mit Bäumen bewachsenen Tor, das ihren Garten mit dem der Nachbarn verband. Die vorherigen Besitzer waren mit den Kasuragis verwandt, weswegen sie sich diese Möglichkeit angeschafft hatten um nicht immer um das Haus herum gehen zu müssen. Mamoru stand am Tor und lachte hell auf. „Mama!“ er winkte Noriko zu und wandte sich dann wieder Fr. Katsuragi zu. Sie war eine kleine Frau Ende 60, aber in ihren Augen konnte man noch immer das junge stürmische Mädchen von einst erkennen. Ihre grauen Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten, und noch bevor Noriko in Sichtweite war, reichte sie dem kleinen Jungen vor ihr eine kleine Tüte mit Zuckersternen und legte verschwörerisch die Finger auf den Mund. „Das ist unser Geheimnis.“ Wisperte sie leise. Mamoru nickte nur und versteckte die kleine Leckerei schnell in der Brusttasche seiner Latzhose, bevor er die warme Hand seiner Mutter spürte die ihm sanft über den Kopf strich und ihn anlächelte. Sie beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn sanft auf die Stirn, bevor sie sich der Dame hinter dem Tor zuwandte. Seijiro Lenjier „Du lässt dir von ihr auf der Nase herum tanzen. So geht das nicht. Deswegen waren deine Mutter und ich gegen eine Heirat mit einer Gajin. Sie hat keinen Respekt vor dir und versteht nicht wie wichtig es ist, dass du hier in Japan bist. Sprich endlich ein Machtwort.“ „Ja Vater.“ Gab ich nur zaghaft als Antwort und seufzte als er mein Büro verließ. Es war strategisch wohl unklug gewesen ihm zu sagen, dass ich mit Andrea wieder nach Deutschland gehen würde. Sie war strickt gegen einen dauerhaften Aufenthalt in Tokio und nachdem sie gestern Abend im Hotel in Tränen ausgebrochen war und sich weigerte bei meinen Eltern zu wohnen, weil sie dann ebenso gut in einer Löwengrube wohnen könnte, was ich für übertrieben hielt, hatte ich nachgegeben. So langsam wurde es anstrengend, mit ihr und meinem Eltern. Dass ich mich entscheiden musste, war mir klar und eigentlich hatte ich gehofft, dass Andrea mitziehen würde, wenn ich ihr sagte, dass es für die Firma war, aber ihr Verständnis dafür hielt sich in Grenzen. Wieso war sie bloß so anstrengend? Vielleicht hatten meine Eltern ja recht und es war unglücklich gewesen sie zu heiraten? Plötzlich war ich mir unsicher über die Entscheidungen der letzten Jahre. Massanorie wurde auch immer anstrengender und wurde ihr immer ähnlicher, immer wenn wir stritten sah er mich böse an und ich durfte ihn nicht einmal mehr auf den Arm nehmen. Wenn ich strenger werden würde, vielleicht würde das ja helfen. Ich wollte nur das Beste für mein Kind und meine Frau – aber was war das denn? Ich war fast 30 Jahre alt und mein Vater machte deutlich, dass er nun mit Mitte 50 langsam doch auch mehr Zeit mit meiner Mutter verbringen wollte, gerade weil sie gesundheitlich etwas angeschlagen war. Ein Umzug in einen eher ländlichen Vorort von Tokio sollte Abhilfe schaffen. Dann noch der Ärger wegen diesem Prozess. Wie konnte dieser undankbare Trottel auch nur interne Geschäftsdaten an die Konkurrenz verkaufen. Das könnte uns unter Umständen alles kosten was mein Vater so mühevoll aufgebaut hatte. Die Daten waren verloren, aber wenigstens den Prozess wegen Betriebsspionage wollten wir gewinnen, damit wir nicht aussahen wie die letzten Trottel. Nachdenklich sah ich aus dem Fenster und fragte mich wie es nur weitergehen sollte. Ein Klopfen holte mich zurück in die harte Realität. Zum Träumen blieb eben nie Zeit. „Herr Lenjier?“ „Ja!“ giftete ich nur und rieb mir über die Schläfe. „Der Anwalt ist hier und würde gerne…“ „Lassen sie ihn schon rein und sagen sie Lenjier-sama Bescheid. Wir treffen uns im Konferenzsaal.“ „Soll ich den Anwalt dann auch sofort...“ „JA verdammt. Oder soll ich ihren Job machen?“ dusselige Kuh. Ich packte meine Unterlagen zusammen und machte mich auf zum Konferenzsaal. Die Anwaltskanzlei meinte, sie würde uns ihren besten Mann schicken, das bezweifelte ich ja. Bevor ich den Konferenzsaal betrat blieb ich stehen und atmete noch einmal kurz ein und aus. Ich hatte diesen Mann eingestellt der uns so geschadet hatte, dementsprechend war mein Vater auch nicht gerade gut auf mich zu sprechen. Also musste ich wenigstens versuchen, dass dieser Anwalt mich nicht für einen unfähigen Trottel hielt. Bestimmt so ein alter Mann, mit Bart und Zigarre – aber als ich die Tür öffnete, sah ich mich kurz um, denn das konnte unmöglich deren bester Mann sein?! Der war bestimmt erst so alt wie ich, oder jünger! „Guten Tag. Herr Lenjier, meine Kanzlei und ich möchte ihnen jegliche Unterstützung zusagen. Mein Name ist Chiba Alexander und ich bin ihr Anwalt. Machen sie sich keine Sorgen, jeder der beteiligten Parteien wird zu ihrem Recht kommen.“ Ich stand wie dumm da, schaute den jüngeren Mann an und auch wenn es unvorstellbar war, aber ich glaubte ihm das wirklich. Seine Stimme hatte eine beruhigende Wirkung und war angenehm. Ich legte meine Unterlagen auf dem großen Konferenztisch ab und musterte ihn. Großgewachsen, dunkelblonde Haare, ein markantes Gesicht welches trotz seiner jungen Jahre wirkte, als hätte er schon ein ganzes Leben hinter sich, – nicht verbraucht, aber eben so als ob er schon vieles gesehen und erlebt hätt – in seinen Augen lag ein Ausdruck voller Selbstbewusstsein aber nicht arrogant, eher so, dass man dachte, dass er alles richten konnte, ich konnte es gar nicht so wirklich erklären. Er trug einen beige farbenden Anzug, weißes Hemd und eine dazu passende Krawatte. Sofort dachte ich, dass es eine ungewöhnliche Farbe für einen Anzug war, gerade als Anwalt, aber irgendwie passte es zu ihm und unterstrich sein überzeugendes Auftreten noch einmal. Seine markanten Gesichtszüge erinnerten mich etwas an diese Portraits von Adligen die man oft in Galerien sah oder im Fernsehen. Er verbeugte sich und lächelte dezent, was seine weißen Zähne kurz entblößte. „Lenjier Seijiro. Es freut mich sehr.“ nuschelte ich nur und verbeugte mich ebenfalls. „Sind sie Japaner?“ Sein Name weckte in mir die Vermutung, dass es nicht der Fall war, dies würde bedeuten, dass mein Vater ihn hasste. Doch wieder lächelte der junge Anwalt. „Ja Herr Lenjier. Sicherlich irritiert sie mein Name. Eine kurze Erklärung dazu. Meine Mutter war Professorin für griechische Geschichte und hatte eine Vorliebe für die Geschichte von Alexander des Großen. Sie meinte, mit so einem Namen könnte man nur selber großes Vollbringen.“ Mit einem Nicken nahm ich es zur Kenntnis und wusste das ich aussehen musste wie ein blutiger Anfänger – wie ein kleiner Junge. Tröstend war, dass mein Vater ebenso reagierte wie ich als er herein kam. Er suchte nach einem gesetzten alten Mann mit Zigarre, billigen Aftershave und fand ihn. Aber wie ich hatte er eine beruhigende Wirkung auf ihn und nach einigen kurzen Floskeln widmeten wir uns den Fall. Andrea Lenjier „Mama, bitte wein nicht.“ Mein Sohn drückte meine Hand fest und schmiegte sich an mich, als ich die Tür des Hotelzimmers hinter mir zuzog. Der Streit mit Seijiro hatte mich mitgenommen und dann auch noch das Ergebnis des Schwangerschaftstestes. Was sollte ich denn jetzt machen? Ich war doch erst 25 Jahre alt und schon wieder schwanger in einer fremden Stadt, in einem fremden Land, mit Menschen die mich ansahen als wäre ich das schreckliche Überbleibsel eines Reaktorunfalls und mein Mann erzählte mir, dass wir hier bleiben sollte, - wegen der Firma! Was war denn mit mir? Zählten denn meine Wünsche gar nicht? „Schon gut Massanorie. Mama weint nicht mehr. Wir fahren zu Papa, ja?“ Mein kleiner Sohn rümpfte jedoch nur die Nase. „Dann weinst du wieder. Dann will ich nicht zu ihm.“ Erschrocken sah ich ihn an. Ich hatte nie vorgehabt einen Keil zwischen die beiden zu treiben. „Ach du kleiner Dummkopf. Ich weine doch nicht wegen Papa. Sondern weil ich mich freue. Weißt du, du bekommst bald ein Geschwisterchen.“ Lächelnd ging ich in die Hocke und zog meinen fünfjährigen Jungen in eine feste Umarmung. Ich durfte nicht mehr weinen wenn er dabei war, oder mich mit Seijiro streiten. Wie dumm von mir, dass ich daran erst jetzt dachte. „Kannst du es denn zurück geben?“ Ohne zu wissen was er meinte sah ich ihn nun an. „Was?“ „Das Baby! Können wir es denn zurück geben wenn ich es nicht mag?“ Wieder kräuselte er seine Nase und sah mich forschend an. Lachend drückte ich ihn wieder. „Ich glaube nicht, dass das geht.“ „Oh manno.“ Entfuhr es ihm nur, bevor er mich auch fest drückte und seufzte. Als ich ihn endlich wieder los ließ, strich ich mir die Tränen aus den Augen, lächelte ihn fröhlich an und küsste ihn auf die Nase. „Mama... iiih...“ kam es nur von ihm, während er die Nase kräuselte und die Stirn in Falten legte. Das hatte er definitiv von seinem Vater. „Ich bin doch schon fünf Jahre alt und kein Baby mehr.“ Ich nickte und legte meine Hand auf seine Wange. „Massanorie? Du weißt das ich dich schrecklich lieb habe, oder?“ Seine grünen Augen musterten mich und schließlich setzte er dieses wundervolle schelmische Grinsen auf. „Ja Mama. Aber Oma sagt immer mich muss man einfach lieb haben. Du kannst also nichts dafür.“ Damit drückte er mir ebenfalls einen Kuss auf die Nase, griff nach meiner Hand und zog mich hinter sich her. Lachend stand ich auf und wir gingen zum Fahrstuhl. Meine Mutter verhätschelte ihn immer und ich wusste, dass ich auf ihre Hilfe zählen konnte, wenn sie erfuhr, dass ich wieder schwanger war. Aber ob sich Seijiro freuen würde wusste ich nicht. Wieder stiegen mir die Tränen in die Augen, doch ich schluckte sie hinunter und versuchte einzelne Ausläufer einfach wegzublinzeln. Um meinen Gedankendang zu unterstreichen kniff ich die Augen fest zusammen und atmete ein-, zweimal tief ein und aus. „Mama!“ Ich zuckte zusammen und sah zu Massanorie hinunter. „Du drückst meine Hand zu fest.“ „Oh entschuldige.“ Stammelte ich nur und lockerte meinen Griff. „Musst du wieder weinen?“ Schnell schüttelte ich den Kopf und ich spürte wie sich einige Strähnen meines Haares aus meinem Zopf lösten. „Nein, nein. Ich dachte nur, dass du irgendwann zu groß bist um meine Hand zu halten und dann wirst du lieber die Hand eines netten Mädchens halten wollen.“ Wieder legte er seine kleine Stirn in Falten und verzog etwas angeekelt das Gesicht. „Mädchen sind doch alle doof. Und deine Hand werde ich immer halten Mama. Wenn ich groß bin, dann kümmere ich mich um dich. Weil du dann ja alt bist…“ er zögerte und sein Griff wurde stärker. „Dann kann Papa auch gehen und du musst nicht mehr weinen.“ Erschrocken sah ich ihn an – was war ich für eine schlechte Mutter, wenn mein fünfjähriger Sohn so etwas sagte. Den Weg in die Firma von Seijiro schwieg ich bewusst, da ich Angst hatte das jedes Thema meinen Sohn vielleicht weiter von Seijiro entfernen konnte. Mit einem Lächeln und den wenigen Worten japanisch die ich konnte, meldete ich mich unten an und obwohl ich die Blicke der Empfangsdame spürte, ignorierte ich sie und lächelte. Vielleicht hätte ich doch ein anderes Outfit wählen sollen. Mit einer dreiviertel Jeans, einem Spaghettitop und einer Strickjacke war ich wohl nicht unbedingt die Vorzeige-Frau des Junior Chefs. Nachdenklich sah ich mich in den Spiegelwänden des Fahrstuhls an. Wenn ich mich wenigstens nicht für die Chucks entscheiden hätte, sondern für flache Schuhe, dann hätte ich vielleicht nicht ausgesehen wie eine junge mittelose Ausländerin. Dann würden mir seine Eltern vielleicht nicht immer unterstellen, dass Massanorie nicht Seijiros Sohn sein konnte. Mein Blick wanderte zu Massanorie welcher mich musterte. „Bald werde ich richtig rund sein Massanorie. Dann wirst du denken, dass ich dick bin.“ Lächelnd drehte ich mich wieder um und lehnte mich Rücklinks an die Fahrstuhlwand um seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken. Die Tür wollte sich gerade schließen, als sich eine Frauenhand dazwischen schob und sie sich erneut öffnete. „Oh.“ War alles was ich flüsternd herausbekam, als eine attraktive Frau den Fahrstuhl betrat. Sie war unglaublich hübsch und wirkte so elegant. „Mama? Hast du Fieber?“ Massanorie drückte meine Hand und sah mich besorgt an. „Nein Schatz. Wieso?“ fragte ich nur und sah zu ihm. „Weil du ganz rot bist.“ Verlegen strich ich mir einige Strähnen aus dem Gesicht und wartete bis sich die Tür schloss. Aus den Augenwinkeln betrachtete ich die junge Frau genauer. Sie wirkte etwas jünger als ich und ich mochte ihr blaues Sommerkleid, welches ihr bis knapp über die Knie ging und am unteren Saum weiße Rosen aufgedruckt hatte. Erst als mein Blick am Saum des Kleides hängen blieb, bemerkte ich die Bewegung hinter ihren Beinen. Als ich meinen Blick wieder hob sah sie mich lächelnd an. Sofort schoss mir die Röte ins Gesicht und ich stammelte eine Entschuldigung. ~~~ Als Alexander seine Frau angerufen hatte, war es ihm sehr unangenehm gewesen, aber er hatte wohl in seinem morgendlichen Spiel mit Noriko eine Akte liegen gelassen, welche er nun dringend brauchte. Mit einem neckischen Unterton hatte sie ihn aufgezogen, bevor sie versprach rechtzeitig da zu sein, so dass es nicht zu Unannehmlichkeiten führen würde. Die Sommertage in Tokio waren dieses Jahr besonders warm und nur ab und an konnte man einen leicht kühlenden Windhauch wahrnehmen. Noriko hatte diesen ungeplanten Ausflug zum Anlass genommen um mit ihrem Sohn danach zum Strand zu fahren oder eventuell auch nur auf einen Spielplatz. Leicht seufzend beugte sie sich zu ihm hinunter, er hatte in der Bahn nicht mehr im Buggy sitzen wollen und so lief er an ihrer Hand neben ihr her. Nun betätigte sie die Bremse am Buggy und nahm seine kleinen Hände in ihre. „Nicht ziehen.“ Mahnte sie liebevoll, bevor sie den kleinen weißen Sommerhut wieder richtig positionierte. „Sonst bekommst du Kopfschmerzen.“ „Mama, nein…“ Er zog seine Hände aus ihren hervor und zupfte wieder an dieser garstigen Mütze. Dass seine Mutter nicht verstehen wollte, dass sie ihn störte verstand er nicht. Hier an der Bahnstation war es schattig, was Mamoru den Anlass gegeben hatte seinen Unmut über den Hut kundzutun. Immer noch lächelnd löste sie die Schleife unter seinem Kinn und nahm den Sommerhut in die Hand. Seine schwarzen Haare waren etwas zerzaust, aber auf dem Gesicht ihres Sohnes lag nun ein glückliches Lächeln. Es war nicht so, dass Noriko einfach aufgab, aber sie wollte, dass er es verstand und da nützte es in ihren Augen nichts, wenn sie ihn zwang. Also stand sie auf, nahm ihn an die eine Hand und schob mit der andern langsam den Buggy vor sich her. Es war eine Menge los in Shinjuku. Überall liefen geschäftige Menschen umher und Noriko sah immer wieder zu ihrem Kleinen hinunter, welcher mit jedem Menschen ihre Hand fester drückte. Mamoru drängte sich eng an seine Mutter, weil er etwas Angst hatte. „Mama… rein.“ Er deutete auf den Buggy. Noriko blieb stehen, hob ihn hoch und setzte ihn in den Buggy. Sie küsste ihn sanft auf die Stirn und lächelte. Nun würden sie wohl auch viel schneller ankommen um Alexander die Akte zu bringen, aber sie kam nicht weit. „Mama?“ Noch immer hielt sie den weißen Hut in ihrer Hand. „Ja Mamoru?“ antwortet sie ruhig und doch sehr wissentlich. Er sagte nichts, sondern sie konnte seine Händchen sehen, die aus dem Buggy heraus lugten und nach etwas griffen. Sie hielt an und kniete sich vor den Buggy. „Meinst du, dass die Mütze doch besser ist?“ Sie hielt sie ihm hin, während er seine Händchen auf seinen Kopf legte und versuchte nicht von der Sonne geblendet zu werden. „Kof aua.“ „Kopf.“ Korrigierte sie ihn lächelnd. „Du hast recht. Dann setzen wir ihn wohl lieber auf.“ Ruhig und gelassen setzte sie den Hut wieder auf den Kopf ihres Sohnes und band eine kleine Schleife unter seinem Kinn. Zufrieden lachte Mamoru auf, als seine Mutter ihm auch noch eine kleine Flasche Wasser hinhielt. „Dane.“ nuschelte er nur und trank gierig. Die freundliche Empfangsdame hatte Noriko ohne zu zögern erlaubt den Buggy bei ihr stehen zu lassen. Als sie schließlich im Fahrstuhl standen musste Noriko leicht schmunzeln, als die junge Frau neben ihr sie etwas zu lange anstarrte. Über die gestammelte Entschuldigung lächelte sie verständnisvoll. Mamoru dagegen zupfte am Bein seiner Mutter und sah zu dem kleinen Jungen neben Andrea. Dieser bemerkte den Blick, streckte jedoch nur die Zunge heraus und zog eine Grimmasse. Die Antwort seiner Mutter fiel dementsprechend aus. „Massanorie!“ ermahnte sie ihn nur scharf und zwickte ihn kurz ins Ohr. „Mama!“ kam es nur erbost, doch er schielte verstohlen zu dem, in seinen Augen, kleinem „Mädchen“. Für ihn war das Kind ein Mädchen, Jungen würden niemals so einen Sonnenhut tragen und auch die helle Latzhose und das gelbe T-Shirt bestätigten den fünfjährigen in seiner professionellen Meinung. Dass das kleine „Mädchen“ ihn jedoch weiterhin ansah und ihm dann auch die Zunge heraus streckte, fand er – für ein Mädchen - toll. Noriko lachte leise, ging in die Hocke und nahm Mamoru das Hütchen ab. „Na, hat dir der kleine Junge etwas gezeigt?“ sie stupste seine Zunge an, die er dem Jungen immer noch hinstreckte. Quietschend vor Lachen warf sich Mamoru in die Arme seiner Mutter und vergrub sein Gesicht in ihrem Kleid. Ihre Finger glitten durch sein Haar und zogen ihn in eine leichte Umarmung. In ihr stieg für einen Moment wieder dieses Unwohlsein auf. Ein kleiner stechender Schmerz, der immer dann auftauchte wenn Mamoru ihr manchmal so nah war. Wie ein böses Omen, dass ihr etwas sagen wollte – aber deuten konnte sie es nicht. „Mama, Abfel.“ Noriko sah auf und bemerkte Mamorus Blick. Er hatte seinen Kopf leicht zur Seite geneigt und sah seine Mutter an. „Apfel.“ Korrigierte sie das Wort langsam und deutlich, bevor sie in die Tragetasche griff, eine kleine Dose herausholte und ihrem Spross ein Apfelstück hinhielt. Mamoru zögerte und schien angestrengt über etwas nachzudenken, er sah zu dem Jungen und man konnte förmlich sehen wie er überlegte. Doch schließlich griff er nach dem Stück und wandte sich wieder seiner Mutter zu. „Mädchen sind doof.“ Zischte Massanorie nur und kassierte dafür einen leichten Klaps seiner Mutter. „Sei still.“ Wisperte diese nur und schüttelte den Kopf. „Aber ich rede Deutsch. Und außerdem kann mich das doofe Mädchen nicht verstehen, weil es noch ein Baby ist.“ Kommentierte Massanorie trotzig, zugegeben auch etwas lauter als nötig um seiner Aussage zu untermalen. Andrea jedoch sah ihren Sohn böse an und machte eine entschuldigende Geste zu der Dame neben ihr. Zur ihrer Verwunderung schien diese jedoch in Gedanken und den Ausbruch von Massanorie nicht einmal wahrgenommen zu haben. Die beiden Kinder jedoch tauschten immer wieder Blicke aus und musterten sich gegenseitig. Andrea ging es ebenso. Immer wieder ertappte sie sich dabei, wie sie die junge Frau neben sich musterte und sich wünschte auch so elegant und gleichzeitig sympathisch zu wirken wie die Unbekannte. Das immer wieder Leute ein und aus stiegen schien sie nicht einmal zu bemerken. Erst als die junge Frau ihr zunickte und somit Augenkontakt mit ihr herstellte, wachte Andrea aus ihrer Hypnose auf. Schnell zog sie Massanorie hinter sich her, als sie merkte, dass sie ebenfalls aussteigen musste. Noriko ließ Mamoru etwas vorlaufen, rief ihn aber kurz damit sie ihn nicht aus den Augen verlor. Doch schon im nächsten Moment leuchtete das Gesicht des Jungen auf und er verschwand um eine Ecke. Das fröhliche Lachen und eine vertraute Stimme ließen ihre Sorgen unbestätigt. Sie verlangsamte ihre Schritte und bog mit einem Lächeln um die Ecke. Alexander hatte Mamoru hochgehoben und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Noriko.“ Er lächelte sie an und zog sie in eine kurze Umarmung. „Genau wegen diesem Blick hast du deine Akte vergessen.“ Neckte sie ihn, zog besagte Akte aus ihrer Tasche und hielt sie ihm hin. „Nein ich habe sie vergessen, weil meine Frau mir immer wieder den Kopf verdreht.“ Er zwinkerte ihr zu. „Mama nochmal…“ Die kleine Hand streckte sich Noriko entgegen und deutete an, dass er noch etwas haben wollte. Sie verstand es sofort. Reagierte aber nicht. „Wir sind heute Abend eingeladen bei den Nachbarn. Versuchst du also nicht allzu spät zu kommen?“ Sie unterhielten sich etwas, während Mamoru zu seiner Mutter sah und sichtlich nervös auf dem Arm seines Vaters herum zappelte. „Mama Abfel!“ kam es nun lauter, doch als Antwort bekam er nur einen strengen Blick seines Vaters. „So nicht.“ Sofort verschwand die kleine Hand, welche immer noch fordern ausgestreckt gewesen war. Das kleine Gesicht verzog sich und man konnte die Tränen in den Augen des Kindes sehen. Noriko jedoch sagte nichts. Alexander setzte Mamoru ab, welcher dies mit Widerwillen zur Kenntnis nahm und sich festhielt. Aber Alexander löste die Finger von Mamoru und sah ihn mahnend an. „Du musst lernen, dass du nicht immer das bekommst was du willst. Und nur weil du lauter wirst, wird es nicht besser. Und jetzt wirst du erst recht warten.“ Damit stand er auf und wandte sich wieder seiner Frau zu. Dass Mamoru nicht verstand was sein Vater sagte wusste dieser. Aber trotzdem wusste Alexander, dass Mamoru verstand, dass er etwas getan hatte was nicht in Ordnung war. Es vergingen einige Minuten in denen Mamoru sich auf den Boden gesetzt hatte und versuchte aus der Brusttasche seiner Latzhose die kleine Tüte mit Zuckersternen herauszuholen. Doch seine kleinen Finger schafften es nicht und so schniefte er frustriert. Massanorie indessen saß auf einer Couch im Wartebereich. Er hatte sich geweigert mit ins Büro seines Vaters zu gehen. In seinen Augen war er manchmal einfach nur böse. Immer weinte seine Mutter wenn er da war. Auch wenn er erst fünf war, so hatte er in seinen Augen sowieso alles durchblickt was die Erwachsenen doch immer erzählten. Seufzend sah er an die Decke und zupfte an seinem blauen Shirt, als er plötzlich eine Bewegung aus den Augenwinkeln war nahm. Er sah zur Seite und schaute das kleine Mädchen an, welches so doof im Fahrstuhl gewesen war. Mamoru indessen betrachtete den Jungen und legte den Kopf etwas schief, während er an einem Apfelstück herum kaute, welches er nun doch bekommen hatte – auch wenn er warten musste. Ein weiteres Stück Apfel hielt er in der anderen Hand und nach einem zögerlichen Anlauf hielt er es dem fremden Jungen hin. Massanorie zuckte überrascht zusammen und nahm den Apfel dann entgegen. „Danke.“ Kam es nur in einem zaghaften japanisch von ihm, bevor er sich neben Mamoru niederließ welcher sich auf den Boden gesetzt hatte. Die beiden Kinder aßen schweigend den Apfel, bevor Mamoru damit begann wieder energisch in seiner Brusttasche herum zu kramen. Diesmal gelang es ihm die kleine Tüte hervorzuziehen und hielt auch diese dem Jungen hin. „Da…“ Da Da ein universelles Wort ist und in jeglicher Kindersprache meistens so viel heißt wie "Nimm schon, sonst esse ich es allein“ war es egal, dass Massanories japanisch nicht gut war. Er griff nach der Tüte und nahm sich einige Zuckersterne heraus. Noriko sah zu Mamoru, welcher neben dem Jungen aus dem Fahrstuhl saß und lächelte ihrem Mann zu. „Der Junge hat ihm gezeigt wie man jemanden die Zunge herausstreckt.“ „Ach wirklich?“ Er drehte sich herum und musterte das ältere Kind, bevor er sich wieder seiner Frau zuwandte. „Wir sehen uns dann heute Abend. Pass auf dich und Mamoru auf, hörst du?“ In seinem Satz schwang ernstgemeinte Besorgnis mit, so wie immer. Seine schlimmste Angst war es, dass ihr und seinem Sohn etwas passieren würde. „Das werde ich.“ Wie immer nahm sie seine Sorge wahr und lächelte sie weg. „Das habe ich doch immer.“ Plötzlich wurde sein Blick ernst und abwesend. In seinem Kopf wurden wieder diese Bilder lebendig. Sie kamen nicht mehr so häufig, aber immer noch gab es Momente wo sie aufflammten und ihn daran erinnerten was damals passiert war. „Alexander?“ Er zuckte zusammen und sah auf Norikos Hand, welche nun auf seinem Arm lag. „Entschuldige“ wisperte er nur leise, beugte sich vor, vergrub seine Finger in ihrem Nacken und zog sie zu sich. Sie ließ es geschehen und schmiegte sich an seine Brust. „Ich verspreche, diesmal werde ich dich und ihn beschützen. Noch einmal ertrage ich das nicht.“ „Ssshh.“ Sie ließ ihre Finger über seinen Oberarm gleiten und begann diese vertraute Melodie zu summen. Das beruhigte ihn immer, wenn er wieder diese leichte Panik in sich spürte. „Entschuldige.“ Er löste sich von ihr und sah sie zerknirscht an. Dass er manchmal so seine Fassung verlor und vor ihr diese Angst zeigte, nagte an ihm. Doch Noriko kannte diese Angst nur zu gut. „Kann ich dich etwas fragen?“ Überrascht sah sie zu ihm auf und nickte. „Hast du es bereut meine Frau geworden zu sein?“ Noch bevor das letzte Wort richtig ausgesprochen war, presste Noriko ihre Lippen auf die ihres Mannes und erstickte so jeden Zweifel, jeden Selbstvorwurf im Keim. Sie löst sich wieder von ihm, nur so viel, dass sie reden konnte, ihr warmer Atem strich über die Lippen von Alexander. „Alexander Enndri Selassie, König Elysiums. Immer und immer wieder, selbst wenn es tausend Leben wären die ich leben müsste. Immer würde ich wieder eure Frau werden wollen. Und immer würde ich dafür beten euch dieses Kind zu schenken. Denn eine größere Liebe als zu meinem Sohn und zu euch habe ich nie gespürt!“ Seine Augen glänzen, als sie genau das zu ihm sagt, was er sich immer wieder wünschte. „Ich liebe dich Gaia. Niemals könnte ich eine andere Frau so lieben wie dich.“ Mit diesen Worten stahl er sich noch einen letzten Kuss. Die Sekretärin die in diesem Moment um die Ecke bog stutzte kurz, lächelte dann jedoch nur leicht. „Achja junge Liebe.“ Wisperte sie nur, bevor sie an ihnen vorbei ging. Alexander und Noriko lösten sich von einander und versuchten nicht laut zu lachen. Wenn diese Frau wüsste. Sie verabschiedeten sich und Noriko sah zu ihrem Sohn, der noch immer neben dem fremden Jungen saß. Als Mamoru seine Mutter sah, stand er auf, lächelte den Jungen an und verschwand auf seinen kurzen Beinen schnell zu seiner Mutter. Welche ihn hoch hob und ihn sanft ansah. Noch einen Moment sah Massanorie den beiden hinterher, bevor er eine Hand auf seinem Kopf spürte. Seine Mutter lächelte ihn an, neben ihr stand sein Vater welcher ihn musterte und ebenfalls matt lächelte. „Mama?“ „Hmm?“ „Nicht alle Mädchen sind doof. Das kleine Mädchen aus dem Fahrstuhl ist nett. Wenn ich groß bin, heirate ich die.“ Mit einem trotzigen Gesichtsausdruck sah er seine Eltern an, die nun lachten und sich vielsagende Blicke zuwarfen. Für sie war es nur ein kindlicher Ausruf der im nächsten Moment vergessen sein wird – denn Liebe ist nicht so einfach. Kapitel 28: Step Twenty-seven... Absolution ------------------------------------------- Vergebung ist in erster Linie heilend für den, der vergibt. Denn du befreist dich von etwas, das dich sonst bei lebendigem Leib auffressen wird, das deine Freude zerstört und dich daran hindert, wirklich bedingungslos zu lieben. William Paul Young in Die Hütte (Buchzitat) Yosuke Murakami „Ich weiß, du bist sauer, aber du solltest deine Wut nicht an Minako auslassen. Sie kann wohl am wenigstens dafür… ja ich hab dich und May angelogen und ich bin mir sicher, dass du schon längst mit ihr gesprochen hast – sie meldet sich schließlich auch nicht mehr bei mir. Aber – aber ich bitte dich wirklich, wenn du jemanden hassen willst, dann mich. Du hast recht, ich hab es euch nicht erzählt, weil ich weder dir noch May genug vertraue und weil ich immer denke ich könnte alles alleine durchziehen. Aber Minako hat es dir nicht erzählt, weil sie dich beschützen wollte, sie wollte nur nicht, dass dir etwas passiert. Das ist wohl ein besserer Grund als meiner. Also bitte – dann redete nie wieder mit mir – aber schmeiß nicht das Mädchen weg mit dem du eine Zukunft haben könntest. Das ist wohl mein letzter Rat als dein bester Freund. Tut mir leid – einfach alles.“ Immer wieder hörte ich mir die Nachricht auf meinem Anrufbeantworter ab und nachdem ich sie auswendig konnte, griff ich nach dem Hörer. „Aino.“ „Guten Tag Fr. Aino. Ist Minako da?“ ~2 Stunden später~ Als es an der Tür klingelte, musste ich mich überwinden zu öffnen, doch dann sah ich sie an. Und sie weinen zu sehen ertrug ich nicht. Ich griff nach ihrem Arm und zog sie in eine feste Umarmung, schluchzend klammerte sie sich an mich. „Es tut mir leid. Es tut mir Leid.“ Kam es nur mit tränenschwerer Stimme von ihr. Ich glaubte ihr und zog ihren Geruch tief ein, erst jetzt bemerkte ich wie sehr ich sie vermisst hatte. Noch eine ganze Weile standen wir so da, bevor ich mich von ihr löste, ihre Tränenspuren wegwischte und sie in die Wohnung zog. Nun standen wir in meiner kleinen Küche und während ich mich auf den Tee konzentrierte, war ihr Blick auf mich gerichtet. „Hasst du mich?“ kam es flüsternd von ihr. Und es fiel mir wirklich schwer, ihr sofort zu antworten. Also schwieg ich und dachte darüber nach. Hassen? Nein. „Ich habe das Gefühl dich nicht mehr zu kennen. Wenn ich dich jetzt ansehe, dann…“ ich wandte mich zu ihr um. „… dann weiß ich nicht mehr, was wahr war und was nicht. Ob irgendetwas wahr war. Es ist nur so ein Gefühl, aber ich frage mich einfach wer du bist und ob du deine Gefühle für mich nur ein Spiel waren.“ In ihren Augen lag nun ein Ausdruck von Schmerz. „Alles war wahr. Meine Gefühle, wer ich bin.“ Tränen rannen ihr über die Wangen und ich musste mich zusammen reißen um sie nicht sofort wieder in die Arme zu schließen. „Warum hast du es mir nicht gesagt? Hättest du es mir jemals erzählt?“ Meine Stimme war ruhig, denn in mir war keine Wut mehr, nicht für sie. Für sie hatte ich nur Trauer und Schmerz über. „Ich wollte dich beschützen.“ Wisperte sie nur und strich sich mit ihrem Pullover Ärmel die Tränen aus den Augenwinkeln. „In erster Linie bin Minako Aino, das Mädchen in das… das sich in dich verliebt hat. Venus ist ein Teil von mir, der alt ist. Eine…“ Ihre Stimme brach und sie schlang ihre Arme um sich selber. „Eine – was?“ Ohne sie anzusehen, schob ich ihr die volle Teetasse hin und lehnte mich rücklings gegen meine Küchenanrichte. „Eine Bürde.“ Nun war ich überrascht. Mein Blick suchte den Ihren und ich seufzte leise als ich sie ansah. Da war nichts mehr von der Sailor Kriegerin die ich vor einigen Tagen gesehen hatte. Nichts mehr von diesem Stolz und der Kraft. Hier vor mir stand meine weinende Freundin und ich war nicht in der Lage sie zu trösten, weil ich nicht wusste ob ich noch vertrauen konnte. „Wieso Bürde?“ „Weil es eine Verpflichtung ist die so alt ist und doch erfülle ich sie weiter. Gegen allen Unmut in mir, gegen alle Zweifel, gegen den Wunsch normal zu sein. Weil ich es muss, weil es meine Bestimmung ist. Weil ich den Menschen den ich beschütze liebe.“ Ihre Stimme wurde mit jedem Wort fester und am Ende des Satzes sah sie mich an und in ihren Augen lagen eine tiefe Überzeugung und eine Stärke die ich so noch nie bei ihr gesehen hatte. Wir schwiegen, tranken Tee und irgendwann saßen wir neben einander und ich wusste es würde wieder werden. Ich war dankbar, dass ich mich bei ihr gemeldet hatte, dass – dass Mamoru auf mich eingeredet hatte. Aber mit ihm war es etwas anderes – ihm konnte ich nicht einfach verzeihen. Minako Aino Anders als erwartet bombardierte mich Yosuke nicht mit unzähligen Fragen. Er saß irgendwann einfach nur still neben mir und wir starrten auf die Schneeflocken die am Fenster hinab fielen. Ich war hier, bei ihm. Vielleicht würde alles wieder gut werden? In mir war diese Hoffnung, dass ich ihn nicht verloren hatte, aber ich wagte kaum daran zu glauben. Immer wieder hatte ich Tränen in den Augen, blinzelte sie weg und betet, dass alles wieder gut werden würde. Als er mich angerufen hatte konnte ich es kaum glauben und als ich dann vor seiner Wohnung stand, er öffnete und mich ansah. Da wusste ich es. Ich liebte ihn. Ich liebte diesen Mann so sehr, dass es mir das Herz brach nicht bei ihm zu sein. Nur hier zu sitzen, bei ihm, reichte mir aus, damit meine Welt sich wieder etwas schneller drehte. Vielleicht war es eben diese Liebe gewesen, die Bunny für Mamoru empfunden hatte und wenn nicht in dieser Zeit, dann sicherlich damals. Plötzlich fiel es mir leichter ihren Schmerz zu verstehen, ihr Leid ihn zu verlieren. Es vergingen noch fast 20 Minuten bevor Yosuke das Schweigen brach. „Gut. Ich will, dass du es mir erzählst. Alles. Keine Geheimnisse.“ Er stellte die Teetasse ab und sah mich an. Schluckend rang ich nach den passenden Worten und wusste nicht wirklich wo ich anfangen sollte. Schließlich entschloss ich mich am Anfang zu beginnen. Ich erzählte ihm von meinem früheren leben, von Kunzite, vom Krieg und unser aller Wiedergeburt, auch Ace ließ ich nicht aus und als ich endlich bei den Geschehnissen im Park angekommen war, waren über zwei Stunden vergangen. Wieder schwiegen wir und ich traute mich nicht als erste das Schweigen zu brechen. Was sollte ich sagen? Was fragen? Was würde er nun denken? „Minako?“ Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch. „Ja?“ Er stockte, wandte sich dann zu mir um und sah mir tief in die Augen. „Ich brauche etwas Zeit um das alles zu verdauen, weil – man das ist echt ne harte Kost. Aber… aber ich bin wie doof in dich verliebt und irgendwie wusste ich ja die ganze Zeit, dass du was Besonderes bist.“ Er kratzte sich an der Nase und wurde rot, da ging es ihm nicht anders als mir. „Lüg mich nie wieder an, ok? Ich meine klar, das ist alles seltsam und so, aber trotzdem ich will, dass du ehrlich zu mir bist.“ Er hatte den Satz noch nicht ganz beendet, da fiel ich ihm schon um den Hals und drückte ihn fest an mich. Mein Gesicht vergrub ich in seiner Halsbeuge damit er meine Tränen nicht sah. „Danke. Danke. Nie wieder, versprochen.“ nuschelte ich nur, bevor ich mich etwas von ihm löste und ihm einen sanften Kuss auf die Klippen hauchte, welchen er auch sofort erwiderte. Als wir uns wieder von einander lösten lächelte ich, auch wenn mir noch immer Tränen über die Wangen liefen. „Ich bin so glücklich, und wenn ich das Mamoru sage…“ „Ich hab nur dir vergeben. Mamoru nicht.“ Kam es nur ernst von ihm. Seine Augen zeigten mir, dass er es auch so meinte. „Aber Yosuke. Er hat nur…“ „Sei mir nicht böse, aber das ist etwas was nur uns etwas angeht. Mich, May und ihn.“ Damit war das Thema beendet. Ich versuchte noch einige Male an diesem Abend für Mamoru ein gutes Wort einzulegen, aber Yosuke blockte mich ab und gab mir sehr deutlich zu verstehen, dass Mamoru kein Thema war, dass er besprechen wollte. Yosuke hatte mir erlaubt heute bei ihm zu schlafen, doch so sehr ich mich bemühte ich fand keine Ruhe. Irgendwann, es war kurz vor drei Uhr morgens, nahm ich mein Handy und begann eine Nachricht zu schreiben. Hallo Mamoru. Vielen Dank, Y. hat mir gesagt was du für mich getan hast. Es wird bestimmt alles wieder gut, ich rede mit ihm… N8 Mina Eine Weile starrte ich noch auf das Display, bevor ich es weglegte und mich wieder in das Futon kuschelte. Mamoru Chiba 24. Dezember, ich war bei den Eltern meines Freundes, der mich in eine Schaumstoffblase gepackt hatte. Ganz toll. Und ein Geschenk hatte ich auch nicht. Ich hatte mich von Massanorie und seiner Schwester überreden lassen mit in die Stadt zu kommen, da beide ebenfalls noch Geschenke kaufen mussten und da Katrin nicht zu Hause bleiben wollte, war ich wohl einfach der perfekte Aufpasser. Wiedermal ignorierte ich die kleine Stimme in meinem Kopf, auch wenn ich wusste, dass es gemein war so zu denken. Seufzend kramte ich in meiner Umhängetasche und zog schließlich ein Brillenetui heraus. Den ganzen Morgen hatte ich schon Kopfschmerzen und meine Augen taten auch weh. Also entschloss ich mich meine Brille mal wieder öfters zu tragen. Massanorie hatte ja sowieso zurzeit kein Interesse an mir, also machte die Brille es auch nicht schlimmer. „Das sieht lustig aus.“ Ich lächelte gespielt und sah Katrin an, welche neben mir auf einer Bank im Shopping Center saß und an einem Kakao nippte. „Danke.“ Gab ich nur zurück, seufzte und starrte vor mich hin. „Na alles gut bei euch?“ Mein Blick wanderte zu Julia, welche mit zwei Taschen zu uns kam und sich setzte. „Ja Mama. Mamoru hat mir einen Kakao gekauft.“ Katrin lachte und wippte mit ihren Beinen hin und her und summte dabei ein Weihnachtslied nach dem anderen. Ich hasste Weihnachten. Mein Blick wanderte zu Massanorie, welcher auf der Rolltreppe gerade herunter fuhr. Er trug ebenfalls eine Tasche mit sich und lächelte mich an. Leider hatte ich weder die Laune, noch die Motivation es ihm gleichzutun. Als wandte ich mich einfach den beiden Damen neben mir zu und nickte dumm auf ihre Fragen. „So. Könnt ihr noch oder seid ihr schon kaputt? Ich brauche nur noch ein Geschenk. Das für Mama und Papa hast du ja besorgt oder?“ Sie sah ihren großen Bruder an und lachte vergnügt. Massanorie rümpfte die Nase setzte dann aber doch ein Lächeln auf. „Ja eine Reise für zwei in ein Erholungsbad in den Bergen.“ Die Frage nach Lust dieser Einkaufstortur wurde einfach übergangen also trottete ich hinterher, im Schlepptau ein weihnachtslustiges Mädchen. Plötzlich gesellte sich Massanorie zu uns. „Katrin, lauf doch mal zu Mama und frag sie was sie mir schenken will.“ „Aber das geht nicht.“ Gab sie erbost von sich, grinste dann aber und lief zu ihrer Mutter. „Willst du reden?“ Ich schüttelte den Kopf. Er hatte zwar recht, aber ich wollte nicht mit ihm reden. Ich wollte mit meinen Freunden reden. „Hast du May nochmal versucht anzurufen.“ Seine Stimme klang besorgt und ich konnte spüren, wie seine freie Hand kurz über meine strich. „Ja. Hab ich. Sie hat mir dann eine Nachricht geschrieben.“ „Und?“ Ich zuckte mit den Schultern, kramte mein Handy heraus, rief die beiden aufeinanderfolgenden Nachrichten auf und hielt sie ihm hin. Ich habe mit Yosuke gesprochen. Wir sind gar nicht deine Familie, sonst würdest du nicht immer lügen. Ich war noch nie so enttäuscht von dir. Ich werde mich melden, muss erst einmal über vieles nachdenken. Frohe Weihnachten! Schulterzuckend steckte ich das Handy wieder ein. „Konnte ich mir ja denken. Typisch Mädchen, immer sind sie gleich eingeschnappt.“ Es sollte selbstsicher klingen, aber selbst ich merkte. dass das was ich wollte und das was dabei herauskam zwei verschiedene Dinge waren. „Dabei wollte ich sie nur was fragen.“ nuschelte ich und blieb vor einem Schaufenster stehen. Die Auslage interessierte mich nicht, aber es war besser als einfach nur so vor sich hinzustarren. „Was wolltest du sie denn fragen?“ „Das geht dich nichts an. Etwas was man eben mit Freunden bespricht.“ Gab ich nur patzig als Antwort. Ich schob meine Brille wieder höher und betrachtete mir die Kleidungsstücke im Schaufenster. „Sind wir keine Freunde?“ Nun drehte ich mich verdutzt zu ihm um. Ernst sah er mich an und musterte mein Gesicht. schrie das Männchen in meinem Kopf, während ich mich räusperte. „Kann sein.“ Kam es nur leise von mir. „Dann frag mich. Egal was Mamoru.“ Ich merkte ja dass er es ernst meinte. Aber das ging nicht. ER war doch das Thema der Frage! „Schon gut. Was ist eigentlich in der Tüte?“ ungeschickt versuchte ich vom Thema abzulenken. Doch Massanorie merkte das natürlich, verdrehte die Augen, massierte sich den Nasenrücken und seufzte. „Na gut. Dann wechseln wir eben das Thema.“ Damit kramte er in der Tüte und holte ein kleines Paket heraus. Es war in blaues Geschenkpapier eingewickelt und hatte eine kleine goldene Schleife auf der Oberseite. Neugierig wollte ich danach greifen, doch Massanorie grinste nur und ließ es wieder in der Tüte verschwinden. „Tja hättest du mit mir geredet, hättest du es wenigstens in die Hand nehmen dürfen!“ Er grinste und schlenderte summend an mir vorbei. Oh Gott, er hatte wirklich ein Geschenk für mich. Deprimiert blieb ich stehen, sah ihm nach und überlegte mir, was man einem Mann schenken konnte, der alles hatte oder sich alles selber leisten konnte. „Mamoru?!“ Ich sah auf, atmete tief ein und aus und überlegte angestrengt über was er sich freuen würde, und was wenig kostete – die Antworten würden bestimmt sehr gering ausfallen! Massanorie Lenjier Ihn aufzumuntern war wirklich nicht leicht. Und ich musste zugeben, dass ich diesen Trauerklos als Freund nicht mochte. Es gab Momente da fragte ich mich wirklich ob Mamoru diesen Stress wert war. Ja der Sex war gut, auch wenn er selten war. Und ansonsten konnte er ja eine angenehme Person sein, wenn er nicht gerade deprimiert und oder depressiv war. Seufzend nippte ich an meiner Tasse Kaffee und sah zu meiner Mutter die sich um das Essen für heute Abend kümmerte. Mamoru hatte sich vor zwei Stunden abgesetzt und meinte nur, er bräuchte etwas Abstand und ruhe, da er es nicht gewohnt sei mit so vielen Menschen umgeben zu sein. Katrin huschte immer von der Küche ins Arbeitszimmer meines Vaters und dann stand sie vor der verschlossenen Wohnzimmertür und versuchte durch Schlüsselloch zu schauen. „Katrin komm her. Du kannst mir helfen.“ Meine Mutter hatte ein unglaubliches Geschick darin Katrin abzulenken. „Aber Oma, ich will schauen ob das Christkind schon die Geschenke gebracht hat.“ Protestierte die kleine. „Setz dich an den Tisch zu deinem Onkel und such doch im Rezeptbuch nach dem leckeren Möhrenkuchen.“ „JA Möhrenkuchen!“ Schrie meine Nichte sichtlich vergnügt, pflanzte sich mir gegenüber an den Tisch und begann damit das große Backbuch meiner Mutter durchzublättern. „Warum ist Mamoru nicht hier?“ Katrin sah vom Buch auf und musterte mich. „Weil er noch Sachen zu erledigen hat.“ Kurze, knappe, trockene Antwort. „Muss er auch noch Geschenke kaufen?“ Ich zuckte mit den Schultern und widmete mich wieder meinem Kaffee. Eine ganze Weile lang herrschte in der Küche stille. Mein Blick wanderte kurz zu Katrin welche angestrengt im Buch blätterte, dann aber aufhörte mich ansah und dann ihre Oma. „Oma?“ „Ja?“ „Du hast doch gesagt, dass das Christkind nur Kindern etwas bringt. Deswegen müssen du und Opa und Mama und Massanorie euch selber etwas schenken.“ „Ja genau. Stell dir mal vor das Christkind müsste auch den Erwachsenen etwas bringen. Dann hätte es noch viel mehr Arbeit…“ „Was ist denn mit den Erwachsenen die keine Mama und Papa haben oder keine Freunde? Macht das Christkind dann eine Ausnahme? Sonst bekommen die ja auch nichts.“ Dass ich mich am Kaffee verschluckte fiel keinem auf. „Natürlich. Da macht das Christkind eine Ausnahme. Sonst wären diese Menschen ja sehr traurig zu Weihnachten.“ „Dann ist es ja gut. Ich dachte schon, Mamoru bekommt keine Geschenke.“ Damit widmete sie sich wieder dem Backbuch und ihrer Suche. Verdutzt sahen wir sie an. „Wie kommst du bitte darauf, dass Mamoru keine Geschenke bekommt?“ grummelte ich nur. Katrin sah auf, seufzte und machte eine dieser kindlichen Handbewegungen die andeuteten sollten, dass sie Bescheid wisse. „Weil Mamoru mir erzählt hat, dass seine Freunde böse auf ihn sind und sie nun keine Freunde mehr wären. Und dann hab ich ihm gesagt, dass du ihn ja lieb hast und Mama und Opa auch. Dann hat er gesagt, dass du ihn gerade auch nicht magst und das ja Oma und Opa nicht seine Mama oder Papa seien.“ Sie blätterte weiter ohne aufzusehen. „Also bekommt er keine Geschenke und dann ist es gut wenn das Christkind ihm was bringt.“ So, nun hatte ich fast den Geduldsfaden verloren. „Warum erzählt er dir sowas?“ Meine Stimme klang nicht sehr angenehm, was mir einen mütterlichen Mahnblick einbrachte. Diesen ignorierte ich gekonnt – jahrelange Übung konnte ich nur sagen. „Weil ich Mamoru gefragt habe ob er traurig ist. Als er auf mich aufgepasst hat und Mama und du einkaufen wart… Oma hier. Das sieht aus wie der Möhrenkuchen.“ „Prima Spatz. Bring mir doch bitte das Buch.“ „Scheiße!“ „Massanorie!“ schimpfte meine Mutter nur, sah mich an und schüttelte den Kopf. Ohne das weiter zu beachten, stand ich auf und verließ die Küche. „Ich fahr mal kurz weg, bin passend wieder da.“ Rief ich nur, bevor die Haustür hinter mir ins Schloss fiel. Was bildete sich dieser Depp denn bitte ein? Wütend fuhr ich zu seiner Wohnung und erst als meine Reifen an einer Ampel durchdrehten, beruhigte ich mich etwas und fuhr dem Wetter angepasst. Bunny Tsukino Den ganzen Tag schon hielt Seiya meine Hand. Im Kino, im Cafe, auf dem Heimweg. Am Anfang fühlte es sich komisch an, aber dann war es nur noch schön und ich war dankbar das Seiya mir mein Gefühlschaos nicht übel nahm. Er war die ganze Zeit an meiner Seite – gab mir Kraft und tröstete mich. Minako meinte es würde Mamoru gut gehen und das sein… sein ‚Freund‘ sich um ihn kümmern würde. Sein Freund – das klang einfach komisch. Dieser Massanorie war mir sehr unsympathisch gewesen und ich verstand nicht wie Mamoru mit ihm etwas anfangen konnte. Aber immer wenn ich daran dachte, kamen die Bilder wieder hoch wie ich die Kontrolle über meine Gefühle verloren hatte. Nie würde ich mir das verzeihen. Minako hatte mir gesagt, dass Mamoru mir nicht böse war, dass er nur etwas Ruhe haben wollte – vor mir und den anderen. Aber wie konnte er mir das verzeihen? Wie konnten die Mädchen mir das verzeihen? Wie konnte ich mir das selbst jemals verzeihen? „Schätzchen?“ Ich zuckte zusammen und spürte Seiyas warme Hand an meiner Wange. „Ja?“ „Alles in Ordnung?“ besorgt sah er mir in die Augen. „Hmm.“ Nuschelte ich nur, bevor ich meine Nase in meinem Schal vergrub. „Es wird alles wieder gut – mein Schätzchen!“ Er zog mich in eine tiefe Umarmung und während die Schneeflocken um uns herum tanzten wurde ich innerlich ruhiger. Fast schien die Welt wieder in Ordnung zu sein. Aber die Realität würde uns früh genug wieder einholen. „Wollen wir noch etwas spazieren gehen oder willst du lieber nach Hause?“ Er schob mich etwas von sich und hob mein Kinn an. Lächeln sah er auf mich hinunter, um mir schließlich einen sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen. Dass er immer so zärtlich war gefiel mir und so war es nicht schwer ihn anzulächeln. „Spazieren gehen.“ Flüsterte ich nur, hackte mich bei ihm ein und kuschelte mich an seine warme Schulter. „Alles was du willst…“ Und so spazierten wir in dieser Winterlandschaft umher und ich fühlte mich geborgen, auch wenn die Sorgen leise anklopften. Kapitel 29: Step Twenty-eight Confidence III -------------------------------------------- Wir müssen uns hüten, denen, die wir lieben, Mangel an Vertrauen vorzuwerfen, wenn sie uns nicht jederzeit in alle Ecken ihres Herzens einblicken lassen. Albert Schweitzer Mamoru Chiba Shinnen omedeto. Merii Kurisumasu! (japanisch) Sarbatori vesele! (russisch) Feliz Navidad! (spanisch) Frohe Weihnachten! Meine Stimmung sank mit der Anzahl von Weihnachtsmännern, welche mich aus den Schaufenstern angrinsten und 'Hohoho' riefen. Ebenso war es mit den zahllosen Weihnachtsliedern, welche man entgegen geschmettert bekam. Seufzend zog ich den Schal fester um meinen Hals und vergrub mein Gesicht bis zur Nasenspitze darin. Das einzige was ich wollte, war nach Hause und endlich einen warmen Kaffee trinken, falls ich noch welchen hatte. Dieser Shopping Nachmittag mit den Lenjier Kindern hatte mich wahnsinnig gemacht. Wie konnte man soviel Kohle für Geschenke raus werfen? „Ich hasse dich…“ wisperte ich nur und am liebsten wollte ich heulen. Dass meine rationale Stimme immer zum falschen Zeitpunkt meinte sich melden müssen – also immer. Und als wenn es nicht schon Schlimm genug war, meinte die TV Anzeige über einem Gebäude auch noch mich verhöhnen zu müssen. „Und nun der neuste Weihnachts-Hit der Three Lights. Eine neue Pop Version von Last Christmas!“ „Ja ist schon klar. Dämlicher Pisser, der meint auch die ganze Welt gehört ihm. Ich sollte ihm auch noch mal eine Tracht Prügel verpassen.“ Zischte ich nur und ging schleunigst weiter, bevor ich mir die ätzende Kreischstimme von Seiya rein ziehen musste. Weihnachten war Scheiße! Und ich wusste noch immer nicht, was ich meinem reichen Freund schenken sollte. Oh man, konnte es noch schlimmer kommen? Wahrscheinlich ja, aber beschreien wollte ich es nicht. Seufzend schlenderte ich in das nächste Einkaufzentrum. Mit etwas Glück würde ich in einem der Geschäfte etwas finden. Vielleicht ein Schal oder so was in der Art. Das waren doch so typische Geschenke, die man machte, wenn einem nichts anderes einfiel. Nicht sehr originell, aber nützlich. Nach einer knappen Stunde hatte ich nur einen Kaffee für mich gekauft, aber ansonsten war ich nicht viel weiter als vorher. Resignierend setzte ich mich auf den Rand eines Pflanzkübels und sah mir die vorbei eilenden Menschen an. Soviel Hektik für einen ganz normalen Abend. Ja gut, Massanorie bedeutet Weihnachten anscheinend wirklich viel. Aber das war ja eher so eine religiös geprägte Geschichte. Ich ließ den Kopf hängen und überlegte ob ich ihm nicht einfach absagen sollte. „Hey. Na wieder Stress mit deinem Freund?“ Erschrocken sah ich auf. Mein erster Gedanke war, dass es jemand vom Fußball Team war und ich wollte nun wirklich keinen Ärger haben. Aber als ich aufsah, sah ich nur in das schmunzelnde Gesicht eines jungen Mannes, den ich im ersten Moment nicht erkannte. Irritiert sah ich ihn an und musterte ihn unverhohlen. Dunkle enge Röhren-Jeans, weißes Shirt mit irgend so einem amerikanischen Spruch drauf, eine schwarze Strickjacke, Sneakers und einen Nietengürtel. Seine braunen Haare lagen etwas wirr herum, aber vielleicht war das gewollt – so genau konnte man das heutzutage nicht mehr wissen. Seine braunen Augen musterten mich und schienen eine Antwort abzuwarten. Als diese jedoch nicht kam, setzte er sich neben mich. „Du und dein Macker, ihr scheint ja wirklich mal eine total komplizierte Beziehung zu führen.“ Er streckte sich und sah dann auf den Kaffee in meiner Hand. „Trinkst du den noch?“ Ich schüttelte den Kopf und wusste nicht so recht was ich nun tun sollte. Irgendwie kam mir die Stimme bekannt vor, aber wirklich einordnen konnte ich sie nicht. Erschrocken zuckte ich zusammen als er nach meinem Kaffeebecher griff, einen Schluck nahm und sich dann schüttelte. „Bäh. Der ist ja mal eklig. Und so ne Plörre trinkste?“ Er warf den noch halb vollen Becher in die Tonne neben uns, stand auf und nickte mir zu. „Wenn du willst, dann spendier ich dir nen vernünftigen Kaffee.“ „Kennen wir uns?“ Meine Laune, die vorher schon schlecht war, sank noch weiter. Was für ein frecher Bursche war das denn?! Der war bestimmt jünger als ich oder genauso alt und nahm sich hier soviel Vertrautheit heraus, dass es fast schon strafbar war. Einen Moment lang sah er mich fassungslos an, brach dann jedoch in schallendes Gelächter aus. „Oh man. Sorry. Ich bin manchmal echt doof.“ Er wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln und grinste. „Wir kennen uns aus dem Phoenix. Wir sind Klo-Bekannte. Ich bin der gut aussehende Statistik-Typ.“ Plötzlich machte es Klick bei mir. Ja klar, der Mann der im Phoenix eine Reihe von Prozenten herunter gerasselt hatte. Daher kannte ich die Stimme. „Ähm, ja…stimmt. Hey.“ Auch wenn ich nun wusste woher wir uns flüchtig kannten, erklärte das nicht seine Art. „Kisaragi Shogo. Freut mich sehr.“ „Chiba Mamoru.“ Auf das Freut mich verzichtete ich nur zu gern, denn ob das wirklich zutraf wusste ich nicht. Doch er schien das nicht einmal mit zu bekommen oder es störte ihn nicht. „Also Chiba-kun. Haste nun Bock auf nen Vernünftigen Kaffee?“ „Eigentlich nicht. Ich kenn dich nicht einmal.“ Kam es nur etwas patzig von mir. Neue Freunde finden stand irgendwie nicht auf meiner To-Do-Liste. Ich wollte gehen und ihn unhöflicher Weise einfach stehen lassen, aber anscheinend stand ein Nein hier nicht zur Antwort. „Stell dich nicht so an. Du siehst aus, als könntest du etwas Rat gebrauchen – bei deinem Freund und deinem Coming-out.“ Erschrocken fuhr ich zusammen und drehte mich zu ihm um. „Was?“ Mein Blick glitt umher, doch anscheinend hatte es niemand mitbekommen. Ich spürte wie mir die Röte ins Gesicht stieg und ich in einem Loch verschwinden wollte. „Woher… woher willst du wissen, dass ich dabei Hilfe gebrauchen kann?“ Selbstsicherheit, das war nun das wichtigste. Bloß nicht anmerken lassen, dass er eventuell recht hatte. „Ich hab auch mal so ausgesehen wie du und ich kenn ne Menge Leute die auch mal diesen Ausdruck hatten. Glaub mir, da hilft nur reden mit Menschen die das auch kennen.“ Zögernd sah ich ihn an, während ich auf meiner Unterlippe herum kaute. „Komm schon. Ich meine, ich hab dir auf dem Klo schließlich schon etwas Mut zugesprochen. Und Klo-Bekanntschaften sind die Besten!“ Er setzte ein Lächeln auf, welches erst einmal sympathisch war und ich versuchte abzuwägen was ich nun machen sollte. Meine Optionen waren begrenzt, also entschied ich mich für die etwas unorthodoxe Methode. „Na gut, warum nicht.“ „Geht doch.“ Kam es nur zurück und ich folgte Kiseragi-kun durch das Einkaufszentrum zu einem kleinen Klamotten Laden namens Full Volume. Der Laden war mir noch gar nicht aufgefallen, er war etwas klein und richtete sich anscheinend eher an ein alternatives Publikum und andere. Ich kannte mich mit so was nicht gut genug aus, um eine genaue Kategorie Einteilung vorzunehmen. Massanorie nannte dies Schubladen Denken. Ich nannte es Markt Analyse. Das er Recht hatte stand jedoch außer Frage. Der Laden war gut gefüllt, einige Frauen und Männer waren hier und schauten sich in Regalen und Ständern um. Zwischen drin lief ein junger Mann hin und her und beriet die Kunden. „Na wie gefällt dir mein kleiner Laden? Schick oder?“ „Das ist dein Laden?“ verwundert und anerkennend sah ich meine neue Bekanntschaft an. „Jepp. Hab ihn vor zwei Jahren eröffnet und schreibe schon schwarze Zahlen.“ Ich war wirklich beeindruckt – auch wenn es nicht meinem Geschmack entsprach. „Magst du nen normalen Kaffee oder was ausgefallenes?“ Er sah mich jedoch kurz an, schmunzelte etwas abfällig – so fasste ich es jedenfalls auf – und beantwortete seine eigene Frage. „Normal, nicht wahr?“ Irgendwie kränkte mich das etwas, auch wenn es vielleicht nicht so gemeint war. Aber ich nickte nur und kommentierte es nicht. Er verschwand in einen kleinen Raum. Neugierig sah ich mich um und stellte schnell fest, dass die Kleidung nicht dem entsprach was ich im Schrank hatte. Es waren viele eher dunklere Sachen dabei, aber auch helle Hemden und Hosen aus den verschiedensten Materialien. Mein Blick fiel auf eine dunkle bordeauxfarbende Lederhose. Und irgendwie fand ich sie schick. Aber eingestehen wollte ich mir das nicht. Auch wenn ich mich für meinen Freund geprügelt hatte, es stimmte, ich kam noch immer nicht damit zu Recht mit Massanorie zusammen zu sein. „Die ist schick oder? Aber dafür muss man die passende Figur haben, finde ich. Dir würde sie stehen.“ Räuspernd drehte ich mich um und sah Kisaragi-kun abschätzend an. „Ist nicht mein Stil.“ „Ja klar.“ Kam nur als Antwort, bevor er mir eine Tasse hinhielt. Wieder ignorierte ich diesen Kommentar und nippte an dem Kaffee. Der wirklich besser schmeckte als das, was ich vorhin getrunken hatte. Während mein Blick noch durch den Laden glitt, ließ sich mein Gegenüber auf einer kleinen Couch nieder, welche in einer Ecke stand. Unschlüssig was ich hiervon halten sollte, gesellte ich mich nach einem kurzem zögern zu ihm. „Also erzähl.“ Zögernd sah ich ihn an. Er bemerkte das und seufzte. „Weißt du. Es ist wirklich scheiße, wenn man mit niemanden reden kann. Und auf die unausgesprochene Frage, woher ich weiß, dass du nicht geoutet bist, ist die Antwort leicht. Man merkt es dir an. Du passt irgendwie nicht ins Phoenix. Außerdem merkt man dir dein Unwohlsein an, wenn du dort bist. Wie du andere Pärchen ansiehst und deine Mimik dabei spricht Bände.“ Er nahm einen Schluck aus seiner eigenen Tasse. „Um es genau zu sagen, du siehst aus wie jemand der sich vor Schwulen Männer schon etwas ekelt.“ „Das ist nicht wahr!“ Entfuhr mir erbost. „Ich hab damit keine Probleme. Das ist ja lachhaft. Du kennst mich ja nicht mal und dann unterstellst du mir ich hätte ein Problem mit…“ wieder begann ich damit mir auf die Unterlippe zu beißen. Eine schlechte Angewohnheit die ich mir vor kurzem angewöhnt hatte. „…dem Schwulsein?“beendete er meinen Satz. „Also ist es für dich voll ok, wenn neben dir zwei Männer sitzen, die sich küssen und fummeln würden?“ Ich wollte etwas erwidern, sagen dass es ok für mich war, aber ich bekam keinen Ton heraus. Voller Verlegenheit sah ich auf den Boden und trank den Kaffee. Mein Sitzpartner schwieg und schien auf eine Reaktion von mir zu warten. Aber anders als ich, konnte er Schweigen wohl nicht ganz so gut ertragen. Denn es vergingen höchsten einige Sekunden bevor er das Wort ergriff. „Ich finde ja wichtig ist nur, dass man mit sich selber klarkommt. Was andere denken sollte einem egal sein…“ Ich lachte nun leise und lehnte mich zurück. „Ja das sagt sich so einfach. Aber es ist irgendwie auch nicht ermutigend, wenn man sich prügeln muss, nur weil man nicht als Schwuchtel bezeichnet werden will.“ Seufzend und frustriert sah ich in die Tasse und betrachtete die schwarze Flüssigkeit. „Oh scheiße. Man das tut mir Leid.“ Etwas überrascht sah ich meinen Sitzpartner an. Es klang wirklich ehrlich und irgendwie tat das gut. „So was ist mir Gott sei dank noch nie passiert. Also klar, solche Sprüche schon. Aber das ich mich deswegen prügel… waren das denn Freunde von dir?“ Ich schüttelte den Kopf und erzählte ihm einfach von meinen ehemaligen Fußball Kollegen. „Das sind Idioten. Aber toll das dein bester Freund kein Problem damit hat.“ „Er redet nicht mehr mit mir – nicht wegen dem Thema. Was anderes.“ „Und deine Familie, was sagt die dazu?“ Ich zögerte kurz. „Ich hab keine.“ Nach diesem Geständnis wurden wir ruhiger, wahrscheinlich bereute er schon, dass er mit mir reden wollte. Ja, man konnte den Leuten nur vor den Kopf schauen und nicht rein. Sonst hätte er sofort gemerkt was für ein kaputtes Menschlein vor ihm sitzt. „Eigentlich hast du ja Glück, dass du keine Familie hast.“ Verblüfft sah ich auf. „Bitte?“ „Na ich meine du hast diesen Stress nicht. Mein Vater beispielsweise, naja er liebt mich und wir haben ein Verhältnis, dass ich mit ok betiteln würde, aber für meine Mutter war das echt schlimm. Das einzige Kind und dann auch noch so was. Ich hatte so nen Schiss mich vor ihnen zu outen und am Ende hat es uns allen nur Kummer gebracht. Klar, ich hab nen tolles Leben. Einen gut florierenden Laden, eine tolle Wohnung, einen liebevollen Freund – aber trotzdem ist es immer noch total verkrampft wenn ich nach Hause fahre und ihn mitbringe – dabei ist es schon sechs Jahre her, dass ich es Ihnen gesagt habe. Ich will dir nicht zu nahe treten, aber sei froh, dass du das nicht hast. Außerdem scheint dein Freund ja wohl voll in dich verschossen zu sein…“ „Wie kommst du darauf?“ In meinem Kopf schwirrte es etwas. Bis jetzt war er der einzige Mensch der mich nicht mit Mitleid überschüttet hatte, selbst Massanorie hatte diesen mitleidigen Blick drauf wenn wir von Familie sprachen. „Na der hat sich auf dem Männerklo eines total angesagten SchwulenClubs für dich zum Affen gemacht. Glaub mir, das tun Männer nicht für ne Fick-Bekanntschaft oder so. Da muss schon was hinter stecken.“ Er zwinkerte mir zu und ich merkte wie ich über beide Ohren errötete. „Ach das ist Quatsch. Er könnte jeden haben…“ wisperte ich nur verlegen in meine Kaffeetasse. „Ja bestimmt. So wie der aussieht hat der bestimmt keine Probleme jemanden zu finden – aber er hat ja anscheinend dich gefunden.“ Er grinste mich an und stupste mir in die Rippen. Es zog etwas und ich zog die Luft kurz scharf ein, der Verband hatte es etwas gemildert aber unangenehm war es noch immer. Eigentlich war es eine nette Unterhaltung und es half mir meinen Kopf wieder etwas klarer zu bekommen. Der erste Eindruck hatte mich wohl getäuscht, denn er war nett und seine offene Art wie er Dinge ansprach gefiel mir. Als ich nach einer knappen Stunde den Laden verließ, hatte ich zwar noch immer kein Geschenk, aber meine Laune war besser. Kisaragi hatte mir den Tipp gegeben ihm etwas zu schenken was er wollte, egal was es war. Ich dachte darüber nach und ich wusste sehr wohl was er sich wünschte, aber ihm das zu erfüllen war mir eigentlich zu doof. Aber vielleicht war es deswegen umso besser, schließlich wusste er dann nur zu gut, dass es mich Überwindung gekostet hatte. Bevor ich den Laden verlassen hatte musste ich Kisaragi nur versprechen mal vorbei zu schauen, er hatte mir zudem auch noch einmal die Lederhose versucht schmackhaft zu machen. Aber soweit war ich dann doch noch nicht. Als ich wenige Minuten später vor dem Supermarkt stand, musste ich mich doch sehr überwinden, auch wenn ich insgeheim schon wusste, dass sich Massanorie freuen würde – wahrscheinlich noch mehr als das. Massanorie Lenjier Ich trat den Schnee von meinen Schuhen ab und knöpfte meinen Mantel auf, als ich das Wohnhaus betrat. Der Fahrstuhl öffnete sich sofort, was mich etwas – einen Millibruchteil – milde stimmte. Vor Mamorus Wohnung angekommen, schloss ich auf, klingeln war unnötig, schließlich hatte ich noch einen Schlüssel.Es war dunkel und nur unter der Badezimmertür drang ein matter Lichtschein hervor. Ich konnte das Geräusch der Dusche hören, doch nach etwas anderem als ihn anzumotzen war mir nun wirklich nicht. Ohne auf mich aufmerksam zu machen betrat ich den kleinen Vorraum zum Badezimmer. Ich hatte mir nicht einmal die Mühe gemacht meine Schuhe ausziehen. Was ich wollte war klar – ihm den Marsch blasen und dann wieder abhauen. Sollte er doch Weihnachten alleine verbringen, noch einmal würde ich ihm das Privileg mit mir zu feiern nicht einzuräumen. „Was fällt dir eigentlich ein?“ Polterte ich sofort los, als ich die Zwischentür aufriss und Mamoru ansah, welcher vor der Dusche hockte und sich die Haare auswusch. Ich ignorierte wie er erschrocken zusammen fuhr. „Was machst du denn bitte hier?“ raunte er nur, wusch sich das restliche Shampoo aus den Haaren und räusperte sich verlegen. „Was ich hier mache? Du benutzt Katrin als Kummerkasten. Was bildest du dir denn bitte ein?“ „Kannst du mich nicht später anmotzen?“ kam es nur leise von ihm. Ich zog die Luft scharf ein und wollte gerade weiter reden, als ich sah wie er verlegen er war. Die Röte in seinem Gesicht reichte bis zu seinen Ohren und als er merkte, dass ich es bemerkt hatte drehte er mir den Rücken zu und griff nach einem Handtuch. "Nein kann ich nicht. Du kannst nämlich gleich hier bleiben. Manchmal frage ich mich wirklich..." Meine Stimme war eisig und ich drehte mich beim Reden um zu gehen. Ihn einfach stehen zu lassen war gerade das netteste was ich machen konnte. Sonst würde ich mich noch vergessen. Doch in diesem Moment bemerkte ich den kleinen Rasierer neben der Dusche. Ich stockte in meinem letzten Satz, wandte mich Mamoru wieder zu und sah noch einen Augenaufschlag lang wie er sich das Handtuch um die Hüften schlang. Doch was ich nicht sah, waren die kleinen schwarzen Härchen die von seinem Nabel zu meinem Spielplatz führten. Er hatte doch nicht? „Was machst du da?“ fragte ich nun süß. Sofort drehte er mir wieder den Rücken zu. "Mich abtrocknen. Sieht man doch. Und wolltest du mich nicht gerade ausladen?" zischte er nur genervt. Ich trat näher an ihn heran, was ihn zusammen zucken ließ. Ich konnte sehen wie sich sein Körper verspannte und fast meinte ich seinen Herzschlag hören zu können. Mein Blick fiel über seine Schulter und egal was ich hier wollte, ich hatte es vergessen. Ein schmutziges Grinsen zeichnete sich auf meinem Gesicht ab, bevor ich nach dem Handtuchgriff. Langsam strich ich mit meiner rechten Hand über die glatte Stelle unterhalb seines Nabels. "Hier fehlt was!" Raunend lagen meine Lippen an seinem Ohr. „Ist das mein Weihnachtsgeschenk?“ Er nickte nur und plötzlich törnte mich seine Verlegenheit noch mehr an. „Sweet!“ wisperte ich nur, bevor meine Zunge leicht über seinen Nacken strich. "Ist das die einzige Stelle?" wollte ich neugierig wissen. "Kann sein..." flüsterte er nur. "Aber du wolltest mich anschreien. Hast du das schon vergessen?" "Wütender Sex ist der Beste." kam es nur vor mir, bevor ich Mamoru an der Hüfte packte, ihn hart gegen die Badezimmerwand drückte und ihn von dem Handtuch befreite. Er wollte etwas sagen, aber ich küsste ihn noch vor seinem Einspruch hart und fordernd. Meine Zunge glitt in seinen Mund und beanspruchte ihn für sich. Mamoru keuchte ihn den Kuss hinein, ich spürte wie seine Hände sich in meinem Mantel bohrten und er mich noch näher heran zog. "Na, sind wir etwas spitz?" Grinsend löste ich mich von ihm und sah an ihm herunter. Noch bevor ich eine Antwort bekam, entledigte ich mich meines Mantels. Achtlos schmiss ich ihn über den Rand der Badewanne, ebenso wie mein Jackett. Ich krempelte mir die Ärmel meines Hemdes hoch und öffnete meinen Gürtel. "Was hast du vor?" Mamoru sah mich nur erregt an. "Wenn du mir den Anzug vollsaust werde ich mich heute noch dafür rächen.“ War alles was ich sagte, bevor ich wieder auf ihn zuging, nach seinen Händen griff und sie über seinen Kopf verschränkte und mit einer Hand festhielt. "Ich hab es mir anders überlegt. Ich motze dich nicht an, sondern züchtige dich einfach etwas." Was für ein schöner Tag, der konnte nicht besser werden. Mit einer Hand hielt ich Mamorus Hände über seinen Kopf fest, mit der anderen streichelte ich langsam über Mamorus Oberkörper. Das leise Seufzen und stöhnen von Mamoru stachelte mich nur noch mehr an. Langsam begann ich seine Brustwarzen zu zwicken bis sie hart wurden. "Entschuldige, ich hab dich vernachlässigt. Kommt nicht mehr vor." säuselte ich nur leise in sein Ohr, bevor ich anfing ihn leicht ins Ohr zu beißen. Kapitel 30: Step Twenty-nine Friendship --------------------------------------- Freundschaft ist nicht nur ein köstliches Geschenk, sondern auch eine dauernde Aufgabe. Ernst Zacharias May Godai "May?" Ich zuckte zusammen und sah Yosuke an, welcher neben mir saß und an seinem Kaffee nippte. "Alles gut?" Ich schüttelte den Kopf. Nichts war gut. Alles war blöd. Mein Blick schweifte umher und ich sah mich im Cafe um. Überall liefen Leute herum und die bunte Weihnachtsbeleuchtung blinkte einen aufmunternd an. Yosuke hatte mich überredet mit ihm und Minako etwas zu unternehmen. Wir wollten auf eine Party von Freunden, aber so richtig Lust hatte ich nicht. Meine Finger begannen damit an dem schwarzen Rock,den ich trug, herum zu zupfen. Irgendwie gefiel mir nichts von dem was ich heute Abend anprobiert hatte. Also war es diesmal, für meine Verhältnisse, ein schlichtes Outfit geworden. Ein schwarzer Rock, schwarze Overknee Strümpfe und eine rote Bluse. Aber meine Gedanken drehten sich nur um Mamoru und ich verstand noch immer nicht, warum das alles passiert war. Als Yosuke mich anrief und mir am Telefon von all diesen seltsamen Dingen erzählte, hielt ich ihn für verrückt, aber dann hatte Minako alles bestätigt und es war wahr - sie war Sailor Venus. Das war - Wahnsinn. Aber das Mamoru uns so etwas wichtiges, so etwas elementares nicht erzählt hatte kränkte mich sehr und Yosuke auch. "An was denkst du?" Yosuke stupste mich sanft an. Ich seufzte jedoch nur und lächelte matt. Er wusste es, sagte jedoch nichts. Als Minako das Café betrat, seufzte er erleichtert auf, er wollte nicht über Mamoru reden und tat einfach alles um dem Thema aus dem Weg zu gehen. Aber ich konnte das nicht. Ich hatte Mamoru so lieb und wollte eigentlich nur mit ihm reden, aber - ich konnte einfach nicht. "Hallo ihr beiden." Minako lächelte uns an, drückte Yosuke einen Kuss auf die Lippen und setzte sich zu uns. Nur am Rande folgte ich der Unterhaltung, nachdenklich schaute ich aus dem Fenster und sah mir die Straße der Stadt an, welche sich vor mir erstreckte. Die kleinen Schneeflocken tanzten herum und legten sich wie ein weißer Teppich auf die Stadt. Tokio bei Nacht mit Schnee, eigentlich ein großartiger Anblick, doch jetzt gerade machte er mich nur traurig. Meine Gedanken waren bei Mamoru, wie es ihm jetzt ging, was er machte, ob er auch an uns dachte? Tausend Fragen und ich hatte keine Antwort. "Ist alles in Ordnung May?" Ich sah auf und schenkte Minako ein kleines Lächeln. "Ja alles gut. Ich bin nur in Gedanken." Minako lächelte matt und nickte. "Du könntest ihn anrufen." wisperte sie nur. Yosukes Blick verengte sich, als er sie musterte. "Ich will nicht - noch nicht." kam es zögerlich von mir. Es entstand ein unangenehmes schweigen, welches Minako schließlich auflöste. "Du hast mir nie erzählt, wie ihr euch kennen gelernt habt?" Sie wandte sich an Yosuke, welcher nur wieder anseinem Kaffee nippte. "Ist auch nicht wichtig. So spannend ist es nicht." "Du hast dich geprügelt..." wisperte ich nur und musste schließlich doch grinsen. Minako sah mich verwundert an, während sie sich eine verirrte Haarsträhne hinter das Ohr klemmte. "Geprügelt?" Yosuke schmunzelte und konnte sich nur schwer ein lachen verkneifen. Wir sahen uns an und grinsten schließlich. ~19xx im Tokyo Kinderheim~ "Gebt ihn mir zurück." "Nein - hol ihn doch, du Baby." Die vier Jungen grinsten und lachten nur, während die Türklinke des Abstellraums immer wieder runter gedrückt wurde. "Na, kommt das Baby nicht raus?! Heul doch, du Heulsuse. Kein Wunder, dass dich niemand haben will, immer nur am heulen und so klein, wie ein Baby." "Ja genau. Und deinen doofen Teddybären schmeißen wir einfach weg." Wieder lachten die Jungen bevor sie fortrannten. Sie rannten den Flur des Heims entlang und schließlich nach draußen. Man konnte von dem Gelände des Heims schnell zum Fluss kommen und genau da wollten die Jungen zwischen sechs und acht auch hin. Sie genossen es ein Opfer zu haben, welches sie immer und immer drangsalieren konnten. Sie kamen am Flussufer an und schmissen sich den Teddybären zu. "Was für ein Baby, immer heult er nur." "Ja genau!" Wieder lachten sie und gerade als sie den Bären in den Fluss werfen wollten, flog ein Stein auf sie zu und traf einen von ihnen genau am Kopf. "Aua!" Der Junge hielt sich die blutende Stelle und sah sich um. Nur ein paar Meter weiter stand ein Junge, braune Haare, eine abgewetzte Jeans und ein altes T-Shirt. Neben ihm stand ein kleines Mädchen, höchstens vier oder fünf Jahre alt. "Yosuke?" "Schon gut May. Du bleibst hier." Er tätschelte das Mädchen auf den Kopf und grinste dann. "Das ist doch gar nicht euer Bär, oder? Der gehört dem neuen. Also gebt ihn wieder her." "Halt die Klappe Yosuke. Sonst sag ich der Heimleitung, dass du mit Steinen wirfst." "Mach doch!" kam es nur frech von Yosuke, welcher auf die Jungs zuging. May blieb zurück und streckte den Jungen nur die Zunge heraus. "Gib schon her." Er deutet auf den Bären, doch der Junge mit dem Namen Shiro dachte nicht daran. "Hol ihn dir doch." Yosuke grinste. "Na gut!" Mamoru hatte sich in der dunklen Abstellkammer zusammen gekauert und weinte bitterlich. Er wollte nicht hier sein, er wollte einfach nur weg von hier. Keiner verstand ihn und keiner mochte ihn. Tränen kullerten immer weiter über seine Wangen. Er war schon fast drei Wochen hier, aber noch immer hatte er keine Freunde gefunden. Die anderen Kinder ärgerten ihn nur und auch die Erwachsenen waren nur am schimpfen. Dabei wollte Mamoru nur allein sein und weinen, solange und so oft wie er wollte. Er fühlte sich schrecklich. Er wusste nichts mehr und immer hatte er diese schrecklichen Alpträume, aber keiner verstand das. Der kleine Junge bekam nicht mit, wie sich ein Schlüssel im Schloss drehte und sich die Tür öffnete. "Nicht weinen." Eine kleine Hand lehnte sich auf seinen Kopf. Er zuckte zusammen und sah in das Gesicht eines kleinen Mädchens. Ihre blonden Haare waren zu einem unordentlichen Zopf gebunden und sie trug ein abgetragenes gelbes Kleid. "Hier." ein strahlendes Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, als sie Mamoru seinen Teddybären hinhielt. "Danke." Er griff nach dem Bären und drückte ihn fest an sich. Ein leichter Geruch von Flieder stieg ihm in die Nase. Und er erinnerte sich daran, dass seine Mutter so gerochen hatte. Deswegen war dieser Bär so wichtig für ihn, es war das einzige was ihm ein Gefühl von Zuhause und Geborgenheit gab. "Du musst sie verhauen wenn sie gemein sind. Die sind nämlich dumm."Yosuke stand vor dem Abstellraum, die Hände in den Hosentaschen und grinste Mamoru an. Dabei entblößte er eine kleine Zahnlücke. Seine Hose hatte ein Loch und zahlreiche Schrammen und Kratzer waren zu sehen. "Hast du ihn mir wiedergeholt?" Mamoru sah den Jungen fragend an und schniefte. "Klar doch." "Wieso?" Mamoru konnte nicht glauben das der Junge vor ihm einfach nur nett sein wollte. "Weil die dumm sind. Und ich beschütze die schwächeren." "Yosuke gewinnt immer." kam es von May, als sie nach Mamorus Hand griff und ihn hinter sich herzog. "Ich bin MurakamiYosuke und das ist Godai May. Ich passe auf sie auf." Mamoru schwieg und drückte seine kleine Nase tief in das Fell des Bären. „Sag schon wie du heißt!“ Yosuke beobachtete den Jungen vor sich und grinste weiterhin. "Ich weiß nicht…" Nuschelte Mamoru nur leise und musterte den Jungen vor sich. „Wie du weißt nicht? Du musst doch wissen wie du heißt!“ Doch Mamoru schüttelte nur den Kopf und schniefte leise. „Ich weiß es aber nicht. Die Frau im Krankenhaus sagt… sagt ich heiße Mamoru…“schluchzend wischte er sich einige Tränen aus den Augenwinkeln und versuchte nicht wieder zu weinen - was ihm nur schwerlich gelang. „Nicht weinen. Mamorukligt toll.“ Yosuke puffte Mamoru auf die Schulter und lachte.„Wollen wir Freunde sein? Dann pass ich auch auf dich auf!" verwundert starrte Mamoru Yosuke an. May klatschte begeistert in die Hände und schmiegte sich an ihren neuen Freund. Ich strich mir die Lachtränen aus den Augenwinkeln und sah zu Yosuke. "Du hast damals einen Milchzahn für diesen Teddybären eingebüßt." "Ja aber danach waren wir unzertrennlich." Ich nickte, lehnte mich nach hinten und dachte an die guten Zeiten zurück. Auch wenn wir davon im Heim nicht viele hatten, aber zu dritt hatten wir immer alles überstanden. "Wie süß. Du bist ja ein richtiger kleiner Held gewesen." Minako kicherte und schenkte Yosuke ein Lächeln. Ich grinste nur und dachte daran, dass Mamoru manchmal auch ganz schön unter ihm leiden musste. "Was grinst du denn so gehässig?!" Kam es nur frech von ihm als er meinen Gesichtsausdruck wahrnahm. "Ach nichts." flötete ich nur und lachte leise. "Sag doch." Minako sah mich bittend an. "Was ist so lustig?" Ich zuckte mit den Schultern. "Dein Held ist manchmal aber auch sehr fies gewesen zu Mamoru, weißt du noch als du ihn so angefahren hast, weil er mal wieder ein Kätzchen retten wollte." Yosuke seufzte genervt. "Welche meinst du? Mamoru hat alles retten wollen was vier Pfoten hatte. Hunde, Katzen, Häschen - alles." Yosuke lächelte. "Ja das weiß ich noch, ich war am Ende so wütend auf ihn. Immer musste er Probleme machen..." ~drei Jahre später~ "Mamoru pass auf!“ May sah besorgt zu Mamoru rauf, der auf einem Ast der Trauerweide saß und versuchte eine Katze von Baum zu hohlen. „Du fällst bestimmt runter...“ „Ach nein, ich pass auf.“ Mamoru grinste sie an, er war sich wie immer sicher heil unten an zu kommen. Es war ein herrlicher Tag mitten im Juni, die langen grünen Blätter an den gelb-goldenen Ästen der Weide rauschten im zarten Wind. Die Weide bot einen romantischen Anblick. Viele der Äste waren so lang, dass die Blätter fast den Boden berührten, und wenn man genau hin hörte, so konnte man die Weide singen hören wenn der Wind sich in ihren Ästen verfing und die Strahlen der Sonne sie in ein Licht tauchte, das einem die Sprache verschlug. Yosuke stand etwa 6 Meter von der Weide entfernt und passte auf das keiner kam, denn die Betreuer hatten ihnen streng verboten auf die Weide zu klettern, genauer gesagt hatte die Heimleitung in einer einstündigen Predigt Mamoru verboten auf die Weide zu klettern, denn es war weit hin bekannt das Mamoru und die Schwerkraft nicht gerade gut zusammen arbeiteten. Bis jetzt war Mamoru schon vom Dach, dreimal von der Weide, fünfmal vom Schrank... eigentlich war er schon überall runtergefallen wo man nur runter fallen konnte. Aber Verbote waren ja dazu da gebrochen zu werden, warum sollte man sonst Sachen verbieten? So war es halt dazu gekommen, das May, Yosuke und Mamoru beim Fußball spielen eine junge Katze entdeckten die sich nicht mehr vom Baum traute, also hatte Mamoru mit seiner unsagbaren großen Tierliebe beschlossen die kleine Katze zu retten, sie hätten zwar auch jemand anderen Bescheid sagen können, aber das wäre ja nicht so toll gewesen wie sie selbst zu retten. Also kletterte Mamoru rauf und versuchte an die Katze zu kommen, die zitternd auf einem Ast saß, der etwa 4 Meter über den Boden hang. May konnte Mamoru kaum sehen, da die Trauerweide sehr dicht bewachsen war und nur mit Mühe konnte die 7-jährige Mamoru sehen, da die Blätter ihr vollkommen die Sicht raubten. „Wenn du runter fällst, dann wird es bestimmt wieder Ärger geben." May war total nervös. Sie sah wie Yosuke angelaufen kam und wild mit den Armen gestikulierte, sie wusste zwar nicht was los war aber es war bestimmt nichts Gutes. „Was ist los?“ May sah Yosuke fragend an der jetzt neben ihr zum stehen kam. „FrauHiromie kommt genau auf uns zu!“ „Mamoru, mach schon, sonst bekommen wir alle Ärger!“ Yosuke ließ einen scharfen Unterton in seiner Stimme erklingen. „Ja ich weiß, aber ich hab die Katze gleich, nur noch ein paar Zentimeter!“ May drehte den Kopf und konnte jetzt schon die Stimmevon Frau Hiromie hören, welche nach ihnen rief. Yosuke und May sahen schnell nach oben, aber die Äste der Trauerweide ließen keinen Blick auf Mamoru zu, da hatte Yosuke einen Einfall. „Mamoru, bleib einfach ganz ruhig sitzen, sie werden dich gar nicht sehen und wenn sie wieder weg ist dann kletterst du einfach runter und niemand wird erfahren was wir angestellt haben...“ Yosuke war von seiner eigenen Brillanz überrascht. “...tu uns nur einen gefallen und Fall. Nicht. Runter!“ er betonte die letzten drei Wörter extra und sandte noch ein kurzes Stoßgebet nach oben. „Was macht ihr zwei hier?“ Die gereizte Stimme der Heimleiterin ließ sie zusammen schrecken. Frau Hiromie war eine groß gewachsene Frau Mitte 50. Ihre Haare trug sie immer streng nach hinten gekämmt und zu einem Zopf geflochten. Dazu stets einen Rock und einen Blazer nur um den Adoptiveltern zeigen zu können wie toll sie doch war. Aber eigentlich war sie eine gemeine Frau, die nur wegen des Geldes dieses Heim betrieb. Kinder waren ihr egal. Frau Hiromie fuhr die beiden Kinder an und packte Yosuke grob am Arm. „Nichts... wir...“ Yosuke fiel nichts Passendes ein, „...wir spielen verstecken und Mamoru muss suchen!“ kam es wie aus der Pistole geschossen von May. „Ihr drei solltet aufhören euch mit diesem Jungen herumzutreiben, wenn ihr jemals adoptiert werden wollt." Gab sie nur gereizt als Antwort. Yosuke zuckte bei den Worten zusammen. Immer redete diese Frau schlecht von Mamoru und sie mochte ihn auch nicht und immer wenn irgendetwas im Heim passierte gab sie ihm schuld. Mamoru ertrug es einfach, aber immer wenn die drei alleine waren, weinte er und Yosuke und May trösteten ihn. Yosuke hatte wieder eine ganze Woche gebraucht um ihn zum Lachen zu bringen, nachdem ihn wieder eine Familie zurück gebracht hatte. Wütend riss er sich aus ihrem Griff los. "Sie sind so eine fiese Hexe." zischte er nur. May stand nur daneben, hob den Fußball auf und schniefte. Sie war nicht so stark wie Yosuke und traute sich oft nicht Frau Hiromie zu sagen, dass sie gemein war. Aber dafür bewunderte sie Yosuke nur noch mehr. Und sie bewunderte Mamoru, weil er sie auch immer beschützte, obwohl er doch immer so traurig war und alle immer auf ihm herumhackten. Sie wollte auch stark sein um ihre beiden großen "Brüder" zu beschützen. "Du elender Bengel. Ihr solltet etwas dankbarer sein. Dank mir habt ihr schließlich ein Dach über den Kopf. Und wo ist nun dieses seltsame Kind. Sag schon Yosuke." sie musterte Yosuke und dann May, bevor sie sich ihren Rock glatt strich. Die beiden Kinder schwiegen, als es plötzlich über ihnen knackte, ein kurzer Aufschrei erfolgte und Mamoru lag am Boden. "Mamoru!" May und Yosuke sahen Mamoru besorgt an, welcher sich aufrappelte und ein kleines Kätzchen los ließ, welches sich schüttelte und etwas vorwurfsvoll mauzte, als wolle es sich über die unsanfte Landung beschweren. "Alles gut!" nuschelte Mamoru nur und schüttelte sich kurz. Im nächsten Moment schnellte eine Hand nach vorne, riss ihn auf die Beine und noch bevor Yosuke, May oder Mamoru überhaupt realisierten was passierte, hatte Frau Hiromie Mamoru eine schallende Ohrfeige verpasst. "Du widerlicher kleiner Freak. Nur Problem machst du. Dich wird nie jemand haben wollen." Ihre Stimme hatte einen schrillen Ton angenommen. Mamoru war so überrascht, dass er nicht einmal zu weinen begann, obwohl ihm sein ganzes Gesicht schmerzte. Völlig geschockt sah er sie an. Yosuke und May erging es nicht anders, nur das May ihre Fassung schneller zurück bekam und anfing zu weinen. Dies rüttelte Yosuke wach, so dass er nach vorne schnellte und Mamoru von Frau Hiromie wegzog. "HÖREN SIE AUF!" schrie er sie an. Doch Frau Hiromie lächelte nur überlegen. "Oder was? Ich entscheide was hier recht oder unrecht ist." Damit sah sie wieder zu Mamoru. "Wenn du dir das Genick gebrochen hättest, hätte ich ein Problem weniger!" Damit drehte sie sich um und ging. "Kommt gefälligst rein, gleich kommen einige interessierte Paare." Sie blieb kurz stehen und drehte ich noch einmal um. "Du kannst da bleiben Mamoru. So verheult nimmt dich sowieso keiner." Sie setzte ein süffisantes lächeln auf und verschwand wieder Richtung Heim. May schluchzte noch etwas, beruhigte sich jedoch wieder. Mamoru stand nur da, presste die Lippen aufeinander und versuchte nicht zu weinen. In seinen zerzausten Haaren hingen kleine Zweige und Blätter, seine Wange war knallrot, pochte und schmerzte unerträglich. Yosuke zog Mamoru in eine feste Umarmung, während der kleine Junge anfing zu zittern und sich fest an seinen besten Freund drückte. "Sie ist dumm. Wir finden alle eine ganz tolle Familie. Und dann haben wir wieder eine Mama und einen Papa die uns lieb haben. Ganz bestimmt!" May trat neben die beiden Jungen und strich Mamoru über den Rücken. Dieser zitterte nun noch stärker und weinte sich nun doch bitterlich die Augen aus, während er sich schluchzend an Yosuke klammerte. Ich hatte es verdrängt. Diese schrecklichen Momente in denen das Heim wie die Hölle gewesen war. Meine Hände ruhten zusammengeballt auf meinem Schoss, während ich versuchte nicht zu weinen. Ich spürte wie Yosuke meine Hand nahm und sie zärtlich drückte. Ich räusperte mich und schluckte die Tränen hinunter, aber als ich Yosuke aufmunternd anlächeln wollte, sah ich, dass es ihn auch mitnahm. Traurig sah er mich an und zog mich in eine feste Umarmung. "Sie war immer so gemein zu Mamoru. Kein Wunder, dass er andere Menschen nicht mag. Sie hat ihm so oft gesagt, dass ihn keiner haben will..." wisperte ich nur. Ich befreite mich aus der Umarmung, aber Yosuke sagte nichts. Minako sah uns nur traurig und fassungslos an. "Ich... ich wusste das nicht. Mamoru hat nie davon erzählt." kam es leise von ihr. "Nein. Hat er nicht. Das haben wir alle nicht." Yosuke Stimme zitterte und ich wusste, dass er wütend war - aber auf wen er jetzt wütend war wusste ich nicht. Aber plötzlich wurde Yosuke sehr still und er schien nachdenklich zu sein. "Was ist denn los?" Minako rutschte näher an ihn heran und strich ihm über den Arm. "Ich hab mein Versprechen nicht gehalten..." wisperte er nur. "Ich sagte ihm, ich würde auf ihn aufpassen, aber das hab ich nicht." Sein Gesichtsausdruck wurde ernst, er nahm seine Brille ab und legte sie vor sich auf den Tisch. Yosuke Murakami Schweigend saß ich da und sah aus dem Fenster des Cafés. Die ganze Zeit schon hatte ich den Klos im Hals und auch wenn ich unglaublich glücklich war,das Minako da war, das May da war - es war nicht perfekt. Minako hatte ich vergeben, natürlich hatte ich noch viele Fragen, noch viele Dinge die ich nicht verstand, aber ich liebte sie und ihr zu verzeihen schien so leicht zu sein. Aber - warum konnte es nicht ebenso bei Mamoru sein? Wieso war ich nur so wütend auf ihn? Ich legte meinen Kopf in den Nacken und starrte an die Decke. Diese Geschichte wie wir uns kennen lernten, war mir nah gegangen. Ich hatte schon ewig nicht mehr ans Heim gedacht und an all die Probleme dort. Und nun fühlte ich mich schlecht, weil mir bewusst wurde, dass ich es nicht geschafft hatte. Das ich aufgegeben hatte, weil ich einfach nicht mehr konnte. Ich war selbst ein Kind und wollte die beiden beschützen, aber wie macht man das nur wenn man selbst heulen möchte und sich klein und schwach fühlt? Wie kamen die Erinnerungen hoch wie Mamoru so oft nachts an meinem Bett stand und mich bat, dass er bei mir schlafen dürfte - nie hatte ich ihm das abgeschlagen. Aber mir fiel auch wieder ein, dass ich als dieses Paar hereinkam und sie sich mit uns Kindern unterhielten, ich unbedingt wollte, dass sie mich mitnahmen. May war schon weg und ich wollte unbedingt endlich ein zu Hause. Ich war doch selbst erst 12 Jahre alt und wollte einfach ein leben weg von diesem Heim, weg von all den Problemen. Und ich wusste noch wie das Gefühl in meiner Brust war, als sie Mamoru mitnahmen und ich mir wünschte, dass sie ihn auch wieder bringen würden. Noch immer zog es schmerzhaft in mir, wenn ich daran dachte.Ich wollte doch nicht, dass er traurig war, aber diesesPaar wollte ich für mich. Und bei May hatte es doch auch geklappt und wie glücklich ich war und mich gleichzeitig schämte, als es wirklich so kam. Als sie ihn zurück brachten, er mich weinend ansah und ich nur dachte "Jetzt nehmen sie mich mit!" und es wirklich so war. Wie ich ihm sagte, dass er stark sein müsste und ich ja nicht weg war, dass wir doch Freunde waren und uns noch immer sehen würden. Und er mich ansah und nickte und mir glaubte. Aber - am Ende war es nicht so. Wir sahen uns in der Schule bis sich unsere Wege trennten, aber Mamoru wurde immer verschlossener, immer stiller. Und irgendwann redeten wir kaum noch miteinander. Und plötzlich fiel mir wieder ein, wie oft ich Mamoru gesehen hatte auf den Schulweg, dass ich ihm ansah, dass es ihm schlecht ging und nichts sagte, nichts tat. Es ist wohl so, ich wollte mehr als ich konnte. Ich war auch nur ein Kind und hatte ein Versprechen gegeben was ich nicht halten konnte und am Ende war es Mamoru der am meisten darunter litt. In mir breitete sich ein Gefühl der Verzweiflung aus, ich war immer nur wütend auf Mamoru gewesen, weil er uns das Gefühl gab nicht mehr unser Freund zu sein - aber vielleicht waren wir zuerst die gewesen, die ihm dieses Gefühl gaben. Ich schämte mich plötzlich sehr dafür, dass ich damals in meinem Bett lag und darum gebetet hatte, dass sie Mamoru nicht haben wollten. Für das Glücksgefühl als sie mich mitnahmen und Mamoru zurückblieb, weil ich endlich da raus kam. Seufzend lehnte ich mich nach vorne, sah May an. "Ich hab keine Lust mehr auf die Party." Sie nickte nur. "Bist du böse wenn wir nicht hingehen, sondern einfach hier bleiben und noch wastrinken?" Ich sah Minako an und legte meine Stirn an ihre. Doch sie schüttelte nur den Kopf und strich mir zärtlich durch die Haare. "Alles gut." sie lächelte michsanft an und küsste mich liebevoll. "Danke." hauchte ich nur, löste mich von ihr und sah wieder aus dem Fenster. "Glaubst du, das Massanorie sich gut um ihn kümmert?" Mays Stimme war leise und sie nippte gedankenverloren an ihrem Glas. "Gute Frage." ich wusste es nicht. Aber ich hatte schon das Gefühl gehabt das dieser Typ ihm gut tat. Mamoru schien ihm zu vertrauen und das war etwas sehr seltenes in Mamorus Welt. "Ich denke schon. Er wirkt immer sehr glücklich wenn er da ist. Und er ist dann ganz anders als sonst, er wirkt dann eher gelöst." kam es von Minako, welche uns beide fröhlich ansah. Ich konnte nicht anders, ich lächelte sie an und nickte. Ja - das stimmte. Massanorie brachte ihn zum Lachen, das war mir schon an dem Abend im Club aufgefallen. Noch nie hatte ich ihn so gut gelaunt gesehen. Vielleicht war es genau das, was Mamoru brauchte. Jemanden der nicht nur sagte,dass er auf ihn aufpasste, sondern es auch tat. Kapitel 31: Step Thirty… Wish ----------------------------- Gott kann keine Wünsche erfüllen. Er kann nur drei Dinge: Leben schaffen... über das Leben wachen...und die Atmosphäre bewegen. Deshalb erfüllen Sternschnuppen keine Wünsche.. Sie sind zu schnell..... Es ist unmöglich, einen Wusch dreimal zu wiederholen, ehe sie verlöschen. Kamikaze Kaito Jeanne (Band 7) Massanorie Lenjier Ich musste aufpassen nicht die Beherrschung zu verlieren, denn am liebsten hätte ich ihn gepackt und ihn ins Bett verfrachtet. Aber aufgrund der Tatsache, dass meine Eltern, sowie meine Schwester und meine Nichte uns in zwei Stunden spätestens erwarteten wäre dies keine gute Idee. Also versuchte ich genug Blut in meinem Kopf zu lassen um denken zu können. Was in Anbetracht der Tatsache, dass Mamorus Stimme so unglaublich sexy klang, wenn er erregt war wirklich, schwer war. Ich biss mir in die Innenseite meiner Wange um klar zu bleiben. Meine freie Hand strich über Mamorus Brustkorb und zeichnete seine Muskeln nach. Als ich über seine Rippen strich, zuckte er kurz zusammen, entspannte sich jedoch recht schnell wieder. "Entschuldige." nuschelte ich nur. Doch ihn schien es nicht zu stören. "Bitte hör nicht auf." wimmerte er nur leise und versuchte sich von meiner Hand zu befreien, welche seine Hände noch immer festhielten. "Du machst mich wahnsinnig." Mit diesen Worten leckte ich über seinen Hals und hinterließ einige kleine Flecke um meinen Besitzanspruch wieder geltend zu machen. Seine Haut roch nach Zitrone und ich wusste - ich mochte es nicht. Dieser Geruch passte nicht zu ihm und ich beschloss, dass er heute Abend noch einmal duschen gehen musste, bevor ich ihm das Hirn raus vögeln würde. Denn genau das würde ich definitiv heute Nacht noch machen. Mein Mund wanderte tiefer und verharrte an seiner Brustwarze, welche ich mit meiner Zunge verwöhnte. Mamorus stöhnen ließ mich schmunzeln und er keuchte auf, als ich damit begann leicht an seiner Brustwarze zu knabbern. "Was soll ich nur mit dir machen?" Ich richtete mich wieder auf und strich ihm einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Ich wüsste da etwas!" wisperte er nur und sah mich verführerisch an. Ob er wohl wusste was er für eine Wirkung auf mich hatte, wenn er einen so lasziv ansah? Ich glaubte ja nicht! "Ja ich auch. Aber ich will mir eigentlich das meiste für heute Nacht aufheben. Also..." ich ließ seine Hände los und zog ihn mit zur Wanne, auf dessen Rand ich mich niederließ. Mein Mund legte sich auf seinen Bauchnabel und ich zog Mamoru nah an mich heran. Ich konnte spüren wie sein Körper zitterte und seine Finger durch meine Haare strichen und sich langsam immer fester krallten, umso weiter mein Mund nach unten glitt. Mit einem Lächeln leckte ich die ersten Tropfen von Mamorus Schwanz und genoss den leicht bitteren Geschmack. Das hier konnte ich wirklich ewig machen und es würde immer wieder gut werden. Mit einem genüsslichen Geräusch nahm ich seine ganze Länge auf, meine Hände glitten zu seinem Po und massierten ihn sanft, während ich damit begann Mamoru zu verwöhnen. Ich hörte wie er stöhnte und seine Finger sich immer fester in meine Haare krallten. Seine Hüfte begann langsam einen Rhythmus zu finden und er stieß langsam immer wieder in meinen Mund. Dafür, dass er keine Erfahrung hatte, stellte er sich immer sehr geschickt an. Mamoru zitterte immer mehr und sein Atem wurde fahrig. Meine Zunge glitt über die pulsierende Vene an seinem Schwanz, als seine Finger sich verkrampften und er kam. Er hatte mich überrascht und so musste ich mich etwas bemühen zu schlucken. Ich entließ ihn aus meinem Mund und wischte mir mit den Fingern einige Tropfen aus den Mundwinkeln. Mamoru setzte sich schwer atmend zu meinen Füßen und sah mich aus den Augenwinkeln an. "Entschuldige!" kam es nur leise von ihm. "Schon gut." Damit wuselte ich ihm durch die Haare, stand auf, schloss meinen Gürtel wieder, da ich anscheinend warten musste um auf meine Kosten zu kommen und wusch mir die Hände. "Ich warte. Und trödel nicht." Mamoru Chiba Dass er mich im Bad erwischt hatte, kratzte sehr an meinem Ego und an meiner Männlichkeit. Gut war jedoch, dass Massanorie seine Standpauke, welche er mir wohl entgegen schmettern wollte, vergessen hatte. Anscheinend hatte sein Fetisch diese Wirkung auf ihn – vielleicht war es ja sinnvoll sich das mal für später zu merken. Mir war wirklich nichts Besseres eingefallen was ich ihm schenken konnte. Aber die Wahl mit dem rasieren schien die richtige zu gewesen zu sein. Dass er dann gleich im Bad über mich herfiel, war zwar nicht geplant, aber auch nicht schlecht. Aber ich hatte natürlich das ganze vermasselt. Denn es dauerte nicht sehr lange bis ich kam und Massanorie wirkte etwas unbefriedigt. Zudem hatte er mich dabei kein einziges Mal geküsst. Und ich musste zugeben, dass mir das Küssen mit am besten gefiel. Toll, jetzt machte ich mir auch noch Sorgen darum, dass ich ihn nicht befriedigen konnte. Perfekt. Nachdem ich wieder einigermaßen klar denken und atmen konnte, sprang ich erneut kurz unter die Dusche. Mit einem Handtuch bekleidet und noch feuchten Haaren betrat ich das Wohnzimmer, wo ich gleichdarauf an einem Kälteschock starb. Massanorie stand auf dem Balkon und rauchte und zu meinem Unmut hatte er dabei die Tür aufgelassen, damit auch all die kalte Luft bloß in meine Wohnung zog. Aber meckern wollte ich jetzt auch nicht, also verschwand ich im Schlafzimmer und begann damit mich anzuziehen. Meine Wahl fiel auf eine schwarze Hose und auf ein Bordeauxfarbenes Hemd. Ich haderte, ob eine Krawatte wohl passend war, als Massanorie sich zu mir gesellte und mich musterte. "Und?" Er lächelte und nickte. "Ist ok. Nimm die schwarze!" kam es nur von ihm, als ich mir die drei Krawatten ansah die ich besaß. Er wollte gerade wieder verschwinden, als ich versuchte eine Konversation zu beginnen. "Kannst du mir helfen beim binden?" Ja ich konnte das alleine, aber ich wollte irgendwie wissen ob alles gut zwischen uns war. "Kannst du das nicht alleine?" kam es nur etwas amüsiert von ihm, als er zu mir kam und mir die Krawatte aus der Hand nahm. "Doch, aber dein Knoten sieht immer besser aus." gab ich zerknirscht zu, da es der Wahrheit entsprach. Ich zupfte an seiner Krawatte herum und lächelte ihn an. "Hmm." kam es nur von ihm, als er meinen Hemdkragen hochklappte und damit begann sie zu binden. "Hab ich dir eigentlich weh getan?" Verwundert sah ich ihn an. "Nein, wieso?" Er zog eine Augenbraue hoch und verharrte in seiner Bewegung. "Wegen deiner Hand oder den Rippen!" kam es ernst von ihm. "Oh?!" war alles was ich antwortete, als ich meine Hand hochnahm und sie besah. Stimmt. Ich hatte es ganz vergessen. Langsam bewegte ich meine Finger und konnte nur noch ein leichtes ziehen spüren, wenn ich die Finger krümmte. Es war mir gar nicht aufgefallen, dass es nicht mehr schmerzte. Selbst als ich den Verband abgenommen hatte, war ich mit meinen Gedanken woanders gewesen. Meine Rippen schienen sich auch nur noch sporadisch zu melden. "Nein scheint ok." kam es auch von mir nun etwas unsicher. Ich war gerade selbst etwas verwundert wie schnell es gegangen war und gleichzeitig kam ich mir etwas schuldig vor, weil ich wusste, dass Yosuke noch immer aussehen musste wie ein Sandsack. Zerknirscht besah ich weiter meine Hand und fragte mich, wieso es plötzlich so schnell ging. Ja es stimmte, ich war es gewohnt, dass alles etwas schneller heilte und kleine Wunden waren nie wirklich ein Problem gewesen, aber das hier war enorm schnell gegangen. "Alles gut?" Als Antwort seufzte ich, legte meine Hände auf seine und beugte mich nach vorne um einen Kuss zu bekommen. Doch Massanorie wich mir aus. "Lass das." Enttäuscht sah ich ihn an. "Tut mir leid, ich wollte nicht so schnell kommen. Ich werd versuchen es besser zu machen..." "Darum geht es nicht. Aber ich bin immer noch etwas sauer auf dich, weil du Katrin als deine persönliche Therapeutin benutzt. Wir beide sind zusammen und du solltest langsam anfangen mit mir zu reden, egal was ist. Deswegen bekommst du heute Abend keinen Kuss, wenn ich es nicht will. Das ist deine Strafe." Er musterte mein Gesicht und lächelte böse. Ich wollte einen Widerspruch einlegen, doch er unterbrach mich noch bevor ich etwas sagen konnte. "Und was das zu schnell angeht, so wirst du, wenn ich heute Nacht mit dir fertig bin, das Problem nicht mehr haben. Da ich vor habe dich so durch zu vögeln, dass du morgen nicht mehr laufen kannst." Er grinste und zwinkerte mir zu. "Fertig." Er klappte meinen Hemdkragen hinunter und als ich mich umdrehte und das Ergebnis im Spiegel betrachtete, holte er aus und schlug mir auf den Hintern. Erschrocken sah ich ihm nach und musste schlucken. Sollte ich mich nun freuen oder beunruhigt sein? So ganz war ich mir nicht sicher. Als wir bei seinen Eltern ankamen, ließ ich mich dazu überreden mit in die Kirche zu gehen, was jedoch nicht an Massanories Überredungskünsten lag, sondern an Katrins Hundeaugen-Blick. Eigentlich war es nett gewesen, nichts was ich täglich machen würde, aber einmal im Jahr konnte man sich sowas wohl mal antun. Aber Massanorie schien wirklich darauf zu stehen und es schien ihm und seiner Familie viel zu bedeuten. Naja außer seinem Vater, dem ging es wohl wie mir. Massanorie wich keine Sekunde von meiner Seite, jedoch bemerkte ich den etwas skeptischen Blick seines Vaters, wenn Massanorie begann mir sehr unmoralische Dinge ins Ohr zu flüstern. Er verstand das als kleinen Anreiz was mir heute Nacht noch bevor stand und leider musste ich zugeben, dass ich einigen dieser Dinge nicht abgeneigt war. Nur bekam ich trotz Augenaufschlag und gelegentlichem Bitten keinen Kuss mehr. Er weigerte sich strikt und meinte nur immer wieder, dass ich mit der Strafe leben müsse. Schließlich würde es nur unsere Beziehung stärken. Idiot. Jetzt war ich endlich mal fordernd und wollte versuchen mich ganz auf ihn einzulassen und er musste erzieherische Maßnahmen einführen. Es kostete mich innerlich einiges an Überwindung um mir selbst einzugestehen, dass ich ihn gerne küsste. Ich mochte den leichten Geschmack von Zigarette und seine Art wie er mir in die Unterlippe biss. Wie seine Zunge sich forsch in meinen Mund bewegte und mir ihren Rhythmus aufzwang... "Alles gut?" Ich zuckte zusammen und nickte. Dass ich mich gerade in einer Kuss-Fantasie mit ihm befand, verschwieg ich lieber und zwar nicht nur weil Katrin neben mir herlief. "Gleich kommt das Christkind, gleich kommt das Christkind... Maru-chan ich hab mir was ganz besonderes gewünscht." Katrins Stimme klang aufgeregt und in ihren Augen glitzerte es voller Erwartung auf das was noch kam. Ich nickte ihr nur zu und überlegte kurz, ob ich sie fragen sollte was sie sich gewünscht hatte, aber da lief sie auch schon voraus um ihre Mutter und ihre Großeltern einzuholen. Zurück blieben Massanorie und ich, schweigend liefen wir nebeneinander her. Ich - weil ich nicht wusste was ich sagen sollte ohne eventuell durchscheinen zu lassen, dass ich es eigentlich kaum erwarten konnte mit ihm allein zu sein. Er - keine Ahnung, weil es in seiner Natur lag. "Und?" "Und, was?" Ich sah überrascht zu Massanorie. "Ob alles gut ist, hab ich gefragt." kam es amüsiert von ihm. Er wusste, dass er mich aus dem Konzept brachte. Also zuckte ich nur uninteressiert mit den Schultern und schob die Schuld auf ihn. „Dein Vater mag nicht, dass du die ganze Zeit an meinem Rockzipfel hängst!“ kam es nur mahnend von mir. „Stört es dich auch?“ Erklang es spöttisch und ich spürte seine flache Hand auf meinem Hintern. „Ja…“ log ich schnell und ging einige Schritte nach vorne. Das Massanorie seit dem Bad-Vorfall so anhänglich und – und Notgeil war, machte mich nervös. Ich fuhr mir durch die Haare und atmete tief ein. Bloß nicht aus der Ruhe bringen lassen. "Lügner!" kam es nur leise hinter mir und als Massanorie wieder aufgeschlossen hatte, konnte ich den Geruch seines After-Shaves wahrnehmen. Vorsichtig blickte ich verstohlen zur Seite und wurde rot als ich bemerkte, dass Massanorie das gleiche tat. Wie abgesprochen räusperten wir uns beide und gingen wieder einige Minuten schweigend nebeneinander her. Nur das Knarzen des Schnees unter unseren Füßen war zu hören und das leise plappern von Katrin vor uns. Was würde ich jetzt nicht für einen Kuss tun. Oh man, ich war wirklich an einem Tiefpunkt angekommen. Seufzend zog ich meinen Schal fester und schnaubte frustriert auf, als es nicht so lief wie ich es wollte. Leise schimpfend blieb ich stehen und löste ihn komplett nur um ihn dann neu um meinen Hals zu drapieren. Das leise Lachen von Massanorie ignorierte ich, aber als seine Hände nach dem Schal griffen und er mir die Arbeit abnahm, konnte ich nicht anders. Er war mir so nah, ich konnte seinen Atem auf meinem Gesicht spüren und der leichte Geruch von Zigarette und After-Shave machte es mir wirklich schwer. Also beschloss ich, als erwachsener Mann, meinem Freund zu zeigen, dass mir seine kindischen Erziehungsmaßnahmen mal geflogen sonst wo vorbeigehen konnten. Ich griff nach dem Kragen seines Mantels, zog ihn schnell zu mir und küsste ihn fordernd. Doch seine Reaktion war eine andere als ich erhofft hatte. Er packte mich an der Schulter und schon im nächsten Moment musste ich kurz auf keuchen, weil er mich gegen eine Mauer drückte. Massanorie Lenjier Herausfordernd sah ich ihn an und was ich sah, war verführerisch gut. Mamoru schluckte, als ich ihn härter gegen die Mauer drückte und nah an sein Gesicht heran kam. "Was hab ich dir gesagt?" hauchte ich bedrohlich. Doch anstatt einer Antwort, sah er mich an und ich sah die Erregung in seinen Augen. Und dann war es fast wie ein Rausch. Seine Augen, sein Blick, wie er sich über die Lippen leckte. Das alles sorgte gerade dafür, dass mein Kopf sich ausschaltete und ich wusste ich wollte ihn. Hart presste ich meine Lippen auf seine und keuchte selber in den Kuss hinein, als meine Hände über seine Wangen strichen und ich mich an ihn drückte. Mamoru schien genauso zu denken wie ich, denn er krallte seine Finger in meinen Nacken und zog mich immer fester an sich. Fordernd und hart beanspruchte ich seinen Mund für mich, während meine Zunge die seine immer wieder hart zurück in seinen Mund drängte, weil ich die Führung nicht abgeben wollte. Sein warmer Atem vermischte sich mit meinem als wir keuchend von einander ließen und uns ansahen. "Nicht aufhören..." kam es stockend von ihm und seine Finger fuhren durch meine Haare und er öffnete seinen Mund für einen nächsten Kuss. "Was machst du nur mit mir?" völlig fassungslos sah ich ihn an und konnte kaum fassen, dass dieser Mann es schaffte mich verrückt zu machen vor Verlangen. "Soll ich betteln? Sag es... was du willst..." flüsternd sah er mich an und ich stürzte mich ohne das er betteln musste auf ihn. Immer fester presste ich seinen Körper gegen die Mauer und eroberte seinen Mund für mich. Meine Finger suchten den Reißverschluss seines Parkas, so wie seine meinen Mantel öffneten und ich seine Finger spürte, wie sie sich an meinem Gürtel zu schaffen machten. Oh mein Gott. Da war er, der einzige vernünftige Gedanke, ein Funken - aber ich nutze ihn. Schnell trat ich zurück, keuchte und strich mir durch die Haare. "Scheiße!" fluchte ich leise und spürte, dass meine Erregung nicht erfreut war über diesen plötzlichen Abbruch. Mamoru schien, wie ich, mit dem Gedanken zu hadern aufzuhören. Seine blauen Augen fixierten mich und ich wusste, er wollte es. Hier und jetzt - und es war ihm egal! Immer noch schwer keuchend sahen wir uns an. Meine Hormone und mein Adrenalin waren völlig außer Kontrolle, aber ich atmete tief ein und aus. Bloß nicht durchdrehen. Ich schluckte und suchte Mamorus Blick - er lehnte immer noch an der Mauer, sein Blick war in den Himmel gerichtete und er schien das gerade zu verarbeiten. Sein Atem ging schnell und kleine Wolken stiegen auf, wenn er ausatmete. "Wir sollten das auf später verschieben." Meine Stimme klang nicht so überzeugt wie sie sollte, doch Mamoru nickte nur. "Gut!" bekräftigte ich meine Aussage mehr zu mir selber. Ich richtete meine Haare, meinen Mantel und trat zu Mamoru. Gerade wollte ich seinen Schal, der im Eifer des Gefechts auf den Boden gefallen war, aufheben, als ich Mamorus Finger spürte die mich am Kragen packten und nach oben zogen. "Nicht gut!" kam es nur von ihm, als er mich wieder an sich zog und mich küsste. Mein Gott - das war der Wahnsinn! Mamorus Zunge drängte sich vor in meinen Mund und umspielte meine fordernd. Wie bitte sollte Mann denn bei sowas nein sagen? So kannte ich ihn gar nicht, aber es gefiel mir. Dieses Fordern, diese Leidenschaft die uns beide zu übermannen drohte und mich völlig durcheinander brachte. Alle Logik machte sich aus dem Staub und wieder lief mir ein Schauer über den Rücken, als ich ihn packte und die Mauer in seinem Rücken das einzige war was uns auf den Beinen hielt. Hart drängte ich ihn dagegen und musste kurz inne halten um mich zu vergewissern, dass ich ihm nicht weh tat. Keuchend löste ich mich von Mamoru, worauf hin er mir einen lasziven Blick zuwarf. Und plötzlich wusste ich was los war und das machte es mir fast unmöglich ihm zu widerstehen. "Darauf stehst du also?" hauchte ich nur, als ich mich widerwillig von ihm löste und meine Hand in seinen Schritt legte. Er war steinhart und stöhnte leise auf, als meine Finger anfingen seinen Schwanz durch die Hose zu massieren. "Ich wusste ja, dass du nicht gerade der Blümchen-Sex-Typ bist, aber dass du darauf stehst, wenn man dich dominiert und dich hart ran nimmt, hätte ich nicht gedacht." wisperte ich leise, während meine freie Hand sich unter sein Kinn legte und meine Finger über seine Lippen strichen, welche er daraufhin aus Reflex einen Spalt öffnete. Ich schluckte hart. "Massanorie! Mamoru!" wir zuckten zusammen und ich brachte etwas Abstand zwischen uns. Stimmt - meine Familie war auch noch da. Gott sei danke schien sie nicht bemerkt zu haben, dass Mamoru und ich immer weiter zurück gefallen waren. Julia stand an einer Ecke und winkte uns zu. "Was macht ihr denn? Kommt schon!" "Ja!" kam es nur genervt von mir. Mein Blick wanderte wieder zu Mamoru, welcher sich kurz vorne über beugte und tief ein und aus atmete. Ich tat es ihm mit dem ein und aus atmen gleich und richtete mich nun wirklich wieder. "Geht es, oder soll ich vorgehen?" Sich Mamoru jetzt zu nähern war für uns beide nicht gut. Da ich nicht wusste ob ich mich zurück halten konnte und Mamoru schien das über sich auch nicht zu wissen, denn er griff nach seinem Schal und schien auch abzuwägen ob Nähe nun gut oder schlecht war. "Lass uns gehen!" kam es nur leise von ihm und schon war er einige Schritte vor mir. Ich sah wie er sich durch die Haare fuhr und seine Jacke richtete. Wir hielten auf dem restlichen Weg einen Sicherheitsabstand zu einander, wobei sich unsere Blicke immer wieder trafen und wir wussten beide, dass wir nicht allein sein sollten, wenn wir nicht über einander herfallen wollten. Mamoru Chiba Die kalte Nachtluft machte es mir einfach, mich wieder etwas zu beruhigen. Mein Atem spiegelte sich in den kleinen weißen Wolken wieder, die sich im Schein der Laternen auflösten. Massanorie lief mit einem gewissen Abstand neben mir her und als wir Julia erreicht hatten, schloss er etwas eilig zu seinen Eltern auf. Normalerweise wäre ich jetzt wohl eingeschnappt oder würde mir Gedanken machen was los war, nun jedoch war ich erleichtert, weil ich mich selber wieder etwas besser unter Kontrolle bekam. Julia fing ein Gespräch mit mir an, während wir die letzten Meter zum Haus zurück legten, welchem ich jedoch nur eine geringe Beachtung schenkte. Ich musste für mich gerade erst einmal klären was da gerade passiert war und ganz wichtig - wieso?! Als Massanorie mich gegen die Mauer gedrängt hatte, hatte mir das nicht nur gefallen, sondern mein ganzer Körper schrie förmlich nach ihm. Seine bedrohliche Stimme, die mir wohl sagen sollte, dass er Bestimmte was - wann - wie - wo - geschah hatte mich nur noch mehr erregt und so hatte ich wirklich jede Scheu verloren. In meinem Kopf war nur noch das Verlangen gewesen, dass ich ihn wollte. Und auch jetzt war es nicht besser. Allein seine Silhouette zu sehen reichte aus um einige sehr schmutzige Fantasien in meinem Kopf entstehen zu lassen und ich schämte mich nicht einmal. Wir erreichten gerade das Haus, als Julia mich anstieß. "Hast du mir zugehört?" Irritiert sah ich sie an und überlegte. "Entschuldige..." nuschelte ich nur und zog den Schal etwas höher. Sie seufzte und schüttelte den Kopf. "Kein Problem. Ich bin das ja von Massanorie auch nicht anders gewöhnt." Sie zuckte mit den Schultern, lächelte und ging zu Katrin, welche an der Hand ihrer Oma lief und anscheinend Massanorie etwas erzählte. Wir betraten das Haus, wobei ich nicht nur wegen Massanorie zuletzt eintrat, sondern eher, weil ich die Situation im Allgemeinen immer noch seltsam fand. So richtig hatte ich ja nichts mit Weihnachten zu tun und ein bisschen kam ich mir schon vor wie ein Fremdkörper. "Alles gut?" Ich zuckte zusammen, als ich die Tür hinter mir schloss und Massanorie mich am Arm berührte. "Ja. Alles gut." kam es nur leise von mir und ich wich seinem Blick aus, weil ich sonst wieder etwas Dummes tun würde. Als ich dann jedoch aus den Augenwinkeln zu Massanorie sah, bemerkte ich, dass es ihm wohl nicht anders ging. War er wirklich etwas rot? Das war süß und ich fand es irgendwie schon sexy, dass das an ihm nicht so einfach vorbei ging. Ich setzte ein Lächeln auf und stupste ihn an. "Holen wir das später nach?" wisperte ich nur und biss mir auf die Unterlippe. In Massanories Augen konnte ich sehen, dass er überrascht war. Doch dann leckte er sich über die Lippen und nickte. "Aber bis dahin sollten wir wohl versuchen nicht allzu oft allein zu sein, denn sonst kann ich mich, glaub ich, nicht beherrschen." seine Stimme hatte einen rauen Unterton und ich merkte, wie ich eine Gänsehaut bekam. Sein Vater hatte Katrin auf dem Arm und ging mit ihr und Julia im Schlepptau in Richtung Wohnzimmer, während Andrea in der Küche verschwand. Noch bevor Massanorie mir wieder zu nah kam, folgte ich seiner Mutter in die Küche. Ablenkung war das Beste um nicht die ganze Zeit dauergeil zu sein. Als ich die Küche betrat, stieg mir ein leckerer Duft in Nase, was meinen Magen auch gleich einen Anlass gab um mich zu blamieren. Das Magenknurren konnte man sicher im ganzen Haus hören. Andrea drehte sich zu mir um und lachte leise, als sie sich eine Schürze umband. "Keine Sorge, gib mir zwanzig Minuten. Aber schön zu wissen, dass du Hunger mitgebracht hast." "Entschuldigung." Ich strich mir durch die Haare und war nun doch etwas neugierig was sie kochte. „Kann ich irgendwie helfen?“ Plötzlich fiel mir ein, das May, als sie noch mit mir redete, gesagt hatte, dass sie fand, dass Andrea einen unglaublich guten Modegeschmack hatte und für ihr Alter super hübsch war, besonders weil man ihr das Alter nicht ansah. Ich musterte Massanories Mutter kurz und musste zugeben, dass sie wirklich hübsch war. Sie trug ein langärmeliges schwarzes, dezentes asymmetrisches Kleid mit einem Schalkragen. „Nein, musst du nicht.“ Ich zuckte zusammen, lächelte etwas verlegen und nickte. Ihre Haare hatte sie zu einem legeren Zopf gebunden und einzelne Haarsträhnchen fielen ihr ins Gesicht. „Was ist?“ Etwas amüsiert sah sie mich an und ich fühlte mich ertappt. Also räusperte ich mich und stammelte ein „Nichts“ hervor. Dann drehte ich mich auf dem Absatz um. Peinlich, ich starrte die Mutter meines Freundes an. Ich ging den Flur entlang und fand Katrin, wie sie versuchte durch das Schlüsselloch des Wohnzimmers zu schauen. Einen Augenblick sah ich ihr zu, bevor ich mich neben sie hockte und sie an stupste. "Was machst du da?" Sie zuckte zusammen und grinste. "Das Christkind und der Weihnachtsmann sind da drin und schmücken den Baum und so. Aber ich kann nichts sehen." Ihre Stimme hatte einen etwas anklagenden Unterton angenommen und sie stemmte erbost die Hände in die Hüfte. Leise lachend sah ich sie an und zupfte einen weißen Fussel von ihrem blauen Samtkleid. Ich verstand nichts von diesen Weihnachtsbräuchen und Traditionen. Massanorie hatte mir jedoch erklärt, dass es bei ihnen immer so ablief, dass am 24.12. das Wohnzimmer immer abgeschlossen war und es erst nach dem Essen geöffnet wurde. So ganz erschloss sich mir dieser Brauch nicht, aber wer war ich schon Weihnachtstraditionen von Familien anzuprangern. "Maru-chan?" "Hmm?" ich sah Katrin an und lächelte. Sie war plötzlich ganz ernst und zupfte an meinem Hemd. "Willst du ein Geheimnis wissen? Aber ich erzähl es nur dir!" Sie flüsterte und stockte kurz, als ihre Mutter zu uns kam. "Na ihr beiden. Was macht ihr so?" "Nichts Mama. Ist ein Geheimnis." Dann wandte sie sich wieder zu mir. "Mamoru komm mit..." sie nahm meine Hand und zog mich hinter sich her. Ich sah zu Julia und zuckte entschuldigend mit den Achseln. So richtig wusste ich nicht was Katrin von mir wollte, aber es schien wichtig zu sein und anscheinend war ich hier der einzige der in dieses große Kindergeheimnis eingeweiht werden sollte. Ohne etwas zu sagen, ließ ich mich von Katrin mitziehen, die Treppe hinauf und schließlich in ihr Zimmer. "Und was ist das große Geheimnis?" Ich zwinkerte ihr zu und ließ mich auf dem Bett nieder. "Ich hab mir was gewünscht!" kam es stolz und voller Freude von der Kleinen Maus vor mir. Sie kletterte aufs Bett, nahm sich den Bären und drückte ihn fest an sich. In diesem Moment wusste ich, was sie mir erzählen wollte. Ich wusste, was sie sich gewünscht hatte. Und ich wünschte mir inständig es nicht zu wissen. "Katrin?" ich sah sie mitleidig an und stand auf. "Ich hab dem Christkind einen Brief geschrieben, also nicht geschrieben, ich hab gemalt." Ihr Stimmchen war ganz leise und sie drückte ihre kleine Nase tief in das Fell des Bären. Mein Blick glitt zu ihr und ich wollte gerade wirklich kein Teil dieses Geheimnisses sein. "Katrin hör zu... also Wünsche..." doch sie sah mich nur kurz an und plötzlich zeichnete sich ein fröhliches Lächeln auf ihrem Gesicht ab. "Ich hab mir vom Christkind den Papa zurück gewünscht!" Es war raus. Ich wusste es vorher und nun hatte sie es ausgesprochen und es war meine Aufgabe ihr das Herz zu brechen, ihre kleine Seele zu nehmen und sie in die harte und ätzende Realität zu holen, in der es keine Wunder, keine Feen und keinen fetten roten Typen gab, der Tote Eltern wieder zurück brachte, nur damit sie irgendwann genauso so ein Wrack wurde wie ich. summte die Stimme in meinem Kopf nur und stellte dann zur weiteren Freude die Melodie des neuen Three Lights Weihnachtshits an, welche leider einen Ohrwurm-Charakter besaß. Katrin Lenjier "Und wenn das Christkind mir den Papa wieder bringt... dann kannst du dir das ja auch wünschen..." strahlend sah ich Maru-chan an und drückte den Bären fest an mich. Heute war ein ganz toller Tag, "Ich habe dem Christkind doch auch extra einen zweiten Brief gemalt, weil die Mama ja nicht merken sollte, dass ich mir das vom Christkind wünsche. Ich will, dass Mama überrascht ist, wenn der Papa gleich wieder da ist." Ich stellte mich aufs Bett und sprang auf und ab und strahlte Maru-chan an. Aber Maru-chan freute sich gar nicht, er sah traurig aus und schüttelte nur den Kopf. "Wieso schaust du so traurig?" "Katrin... ich..." er kam auf mich zu und hielt mich fest. "Setz dich..." "Wieso?" "Bitte?!" ich nickte und setzte mich auf die Bettkante, Mamoru kniete sich vor mich und strich Wolle über den Kopf. "Katrin... ich versteh nicht viel von Weihnachten und so... aber... ich glaube nicht - ich glaube nicht das - d-das Christkind dir deinen Papa wieder bringen kann." Entsetz sah ich ihn an und schüttelte den Kopf. "Wieso sagst du das?" Mamoru senkte den Blick und schüttelte nur den Kopf. Wieso sagt er denn so etwas? Ich dachte Mamoru hätte mich lieb und das er sich freuen würde. Aber jetzt war er plötzlich gemein. "Ich dachte, du hast mich lieb." Ich schniefte und klammerte mich fest an Wolle. "Ich hab dich sogar ganz doll lieb - aber - ich will nicht, dass du traurig bist..." "Aber wenn Papa wieder da ist, dann ist alle wieder gut!" ich schubste ihn weg und sprang von der Bettkante. "Du bist gemein. Du bist gar nicht mein Freund und lieb hast du mich auch nicht." wütend sah ich ihn an und zog die Nase hoch. "Du bist doof und ich mag dich nicht mehr!" Schnell rannte ich aus dem Zimmer und zu Mama, die im Esszimmer stand und mit Sano-oji-chan redete. Ich klammerte mich an ihr Bein und drückte mich fest an sie. "Katrin? Was ist los?" "Mamoru ist gemein. Ich hab ihn nicht mehr lieb!" gab ich laut von mir und sah zur Tür, wo Mamoru auftauchte. Er sollte weggehen. Er war so gemein. Er wollte nur nicht, dass mein Papa wieder zurück kam und deswegen sagte er solche gemeine Sachen zu mir. "Katrin?" Ich sah nach oben und sah, dass Sano-oji-chan mich böse ansah. Dann ging er zu Mamoru und redete mit ihm, aber über was wusste ich nicht. "Sag doch sowas nicht. Ich dachte, du magst Mamoru?" Meine Mama strich mir durch die Haare und löste eine Haarklammer aus meinem Zopf. Doch ich schüttelte nur doll den Kopf. "Nein! Er ist gemein und ich mag ihn nicht mehr!" Mamoru Chiba Etwas hilflos hatte ich versucht Katrin klar zu machen, dass ihr Wunsch nur ein Wunsch war - dies scheiterte kläglich und zu allem Unmut war ich nun auch der Böse. Massanorie stand neben mir und zog mich in den Flur. "Was ist los?" Ich schüttelte nur den Kopf. Es brachte nichts wenn ich es ihm erzählte, es würde nichts ändern. "Mamoru!" "Ist schon gut." kam es nun etwas gereizt von mir. "Wir hatten nur eine Meinungsverschiedenheit was ein bestimmtes Thema angeht!" Damit war alles gesagt. Massanorie musterte mich, seufzte dann jedoch nur. "Sturkopf, dann eben nicht." Sein Gesichtsausdruck machte mir sehr deutlich, dass er von meinem Schweigen mal wieder nicht begeistert war, aber darauf konnte ich nun beim besten Willen keine Rücksicht nehmen. Dieser Abend würde, wie ich es schon vermutet hatte, nicht so toll werden wie Massanorie es angepriesen hatte. Aber es gab auch gute Momente - zu meinem Glück. Gut, Katrin redete nicht mit mir und wenn sie merkte, dass es keine gute Fee wie im Märchen gab, würde sie wahrscheinlich traumatisiert werden - aber das Essen war gut und die Unterhaltungen... Wem machte ich was vor? Klar, das Essen war toll und auch so war es nett, aber eigentlich beschäftigte mich die ganze Zeit nur wie Katrin gleich reagieren würde. Der Gedanke, dass ihre kleine kindliche Welt und ihr ganzes Vertrauen in eine höhere Macht gleichzeitig zerstört werden würde, sorgte dafür, dass ich weder das Essen noch Massanories Gesellschaft genießen konnte. Massanorie merkte, dass ich mit meinen Gedanken woanders war und mehr als einmal spürte ich seine Hand auf meiner und wie er mit dem Daumen meinen Handrücken streichelte. Dafür schenkte ich ihm jedes Mal ein Lächeln und seufzte innerlich. Vielleicht sollte ich es ihm doch sagen. Sie war schließlich seine Nichte und er konnte wahrscheinlich besser mit ihr umgehen, wenn es um das zerstören von Träumen geht. Ich sah auf die Uhr und stellte fest, dass es gerade einmal 19 Uhr war und ich fragte mich, was May und Yosuke wohl gerade machten? Ob sie bei ihrer Familie waren? Oder bei Freunden? Oh man, wenn dieses Jahr vorbei war, würde ich auch drei Kreuze im Kalender machen. Das nächste konnte nur besser werden. "So..." ich sah auf und nippte an dem Weinglas, welches Massanorie mir netterweise vor einigen Minuten hingestellt hatte. "Ich werde jetzt mal schauen gehen..." "Ja Oma!" Katrin sprang von ihrem Stuhl auf und klatschte in die Hände. Ich sah in das Glas vor mir und leerte es mit einem Schluck. Gott, um das gleich zu überstehen musste auch guter Wein wie dieser - und ich war mir sicher, dass er das war - einfach hinunter gekippt werden. Mein Blick blieb an Katrin hängen und in mir machte sich eine tiefe Melancholie breit. Ich konnte nichts tun um ihr zu helfen, konnte nur zulassen, dass die Realität ihr Werk tat. In diesem Moment wünschte ich mir wirklich, ich könnte an eine höhere Macht glauben, an einen Gott der nie zulassen würde, dass einem kleinen Mädchen an Weihnachten das Herz gebrochen wurde. Aber das war nur Wunschdenken. Das Leben war nicht fair und es war nur selten gut. Also blieb ich einfach stehen, als ihre Oma die Wohnzimmertür öffnete, ich sah Katrin an wie sie sich umsah und ich sah wie sie erkannte, dass er nicht da war. Dass es keine Wunder gab. Der Raum war vollkommen dunkel und wurde nur durch die elektrischen Kerzen des großen Weihnachtsbaumes erhellt. Ihre Großeltern besahen sich den geschmückten Baum, ebenso wie Julia und Massanorie. Ich stand noch immer im Türrahmen und hatte nur Augen für das kleine Mädchen, dass genau vor dem Baum stand, dessen Kopf gesenkt war und es wirkte fast so, als würde sie sich die Geschenke ansehen die zu Hauf unter dem Baum lagen. Doch ich wusste, dass es nicht so war, ich wusste, dass sie gerade begriff das es egal war ob sie lieb oder böse war - er würde nicht mehr zurück kommen. Und es würde immer weh tun. Es würde besser werden, aber an solchen Tagen würde es sie immer einholen und es würde sie zum Weinen bringen. Langsam drehte sie sich um und sie sah zu mir und ich konnte nichts tun als ihrem Blick auszuweichen, weil ich es noch nie so gehasst hatte recht zu haben wie in diesem Moment. Sie weinte nicht, sie sagte nichts. Plötzlich spürte ich eine kleine Hand die meine ergriff und sie festhielt. Ich sah hinunter und sah Katrin an, welche sich an mich schmiegte. "Schau Katrin. Hast du schon all die Geschenke gesehen, die dir das Christkind gebracht hat." Julia sah zu ihrer Tochter, die ihr den Rücken zuwandte und ich konnte spüren wie ihr kleiner Körper zitterte. Und ich konnte in ihren Augen sehen, dass sie auch den Tränen nah war. Dass sie diesen Abend ebenso schrecklich traurig fand wie Katrin, aber sie versuchte einfach alles um Normalität in das Leben ihrer Tochter und in ihr eigenes zu bringen. Es herrschte Stille im Raum und alle Blicke lagen auf dem kleinen Mädchen neben mir, welches sich fest an mich schmiegte und es wirkte fast so als wolle sie meine Hand nie wieder los lassen. Und dann war es einfach zu viel, Katrin begann zu schniefen und schon im nächsten Moment stand sie laut weinend neben mir. Sie weinte einfach nur und klammerte sich immer fester ein meine Hose. Noch bevor ihre Mutter oder sonst wer bei ihr war, hatte ich sie schon in meine Arme geschlossen und drückte sie so fest an mich, dass ich Angst hatte ihr weh zu tun. "Es tut mir leid. Es tut mir so leid." wisperte ich nur und hielt sie einfach nur im Arm. "Katrin?!" Ich erwartete, dass Julia oder ihre Großmutter sofort neben mir auftauchen würde, aber nichts geschah. Katrin weinte sich bitterlich bei mir aus und ich glaubte, dass all die Tränen, die sie so oft hinuntergeschluckt hatte nun ihren Weg suchten. Ich selber atmete tief ein und aus, da ich selber den Tränen nah war. Immer noch drückte ich sie fest an mich und begann ihr über den Rücken zu streicheln. Langsam beruhigte sie sich und löste sich etwas von mir. "Er ist nicht da..." kam es nur tränenschwer von ihr als sie mich ansah. "Ja ich weiß." kam es nur leise von mir und ich schämte mich so sehr, dass ich recht hatte. "Wieso hat das Christkind Papa nicht zurück gebracht?" ihre Gesicht war bedeckt von Tränenspuren und ihre Augen waren rot, als sie mich das fragte worauf ich keine Antwort hatte. "Weil so etwas nie in Erfüllung geht." kam es nur ernst von mir, als ich ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht schob. "Aber du hast das gewusst..." sie sah mich immer noch leicht weinend an, während ihre Stimme leise und stockend klang. "Ja... tut mir leid..." Was sollte ich ihr denn sagen? Ich sah sie an und versuchte mir ein Lächeln abzuringen, doch es gelang mir einfach nicht. Also beschloss ich einfach die Wahrheit zu sagen. Seufzend und tief ein und aus atmend legte ich meine Stirn an ihre. "Niemand wird ihn dir zurück bringen. Egal wie lieb oder böse du bist. Egal was du machst und sagst oder dir wünschst. Kein Weihnachtsmann, kein Christkind, niemand wird dir diesen Wunsch je erfüllen..." sie wimmerte leise und nickte nur als sie wieder zu weinen begann. "Also... also ist es auch egal ob ich weine?" Schnell schüttelte ich den Kopf. "Nein. Nein das ist nicht egal. Wenn du weinen willst, dann musst du viel weinen und wann du willst. Du hast doch..." ich stockte und traute mich nicht hoch zusehen. "...du hast doch eine wundervolle Familie. Deine Mama, dein Opa, deine Oma und dein Onkel, sie haben dich alle so lieb - egal wie sehr du weinst, oder wie oft du traurig bist. Sie werden dich immer lieb haben und auch wenn das deinen Papa nicht zurück bringt, so geht es dir dann besser. Weinen hilft, dass es uns besser geht." Schniefend sah sie mich an und drückte ihre Stirn fester an meine. "Hast du mich auch lieb? Ich wollte nicht böse auf dich sein..." wieder begann sie zu weinen, doch ich lachte nur leise auf. "Ich werde dich immer lieb haben. Egal wie oft du böse auf mich bist!" ich zwickte sie leicht in den Arm und rang ihr damit ein kleines Lächeln ab. "Ich hab dich auch lieb." kam es nur leise von ihr. "Ich weiß." Noch immer hockte ich auf dem Boden, sie weinte leise und lehnte mit ihrer kleinen Stirn an meiner. "Jetzt sind bestimmt alle böse." wisperte sie nur für mich hörbar. "Nein, das stimmt nicht. Keiner ist dir böse. Niemand." Sie nickte nur leicht und schluckte immer wieder. "Mamoru?" "Hmm?" "Ist es wirklich ok, wenn ich immer weine?" "Ja! Immer. Und du..." ich stockte. "...du musst auch nie alleine weinen. Wenn du weinen willst, dann solltest du immer zu deiner Mama gehen, oder deinen Großeltern oder Massanorie und wenn du willst auch zu mir. Denn wenn man immer nur alleine für sich weint, dann kann einen niemand trösten und dann wird es auch nicht besser werden." Und ich wusste was ich sagte, denn ich wollte nicht, dass sie so wurde wie ich. Dass sie niemandem mehr vertrauen gegenüber brachte, dass sie dachte das es niemanden gab der sie verstand. "Mamoru?" "Ja?" "Ich brauche ein Taschentuch..." sie zog die Nase hoch und ich begann leise zu lachen und wischte mir selber die Tränen aus den Augen. In diesem Moment hockte sich jemand neben uns, ich sah kurz auf und sah Massanorie an, welcher Katrin ein Papiertaschentuch hinhielt. "Aber putzen kannst alleine oder?" Er hatte diesen bissigen Tonfall drauf und Katrin verzog böse die Schnute. "Ich bin schon groß!" kam es nur von ihr, als sie sich laut die Nase putzte und durch die Augen wischte. "Ich weiß." Seine Stimme hatte einen sanften Ton angenommen und er strich ihr sanft über den Kopf um sie dann kurz zu umarmen. "Hast du Lust mal zu Mama zu gehen, ich glaube, sie kann auch eine Umarmung gebrauchen." Katrin drehte sich um und auch mein Blick glitt nun zu den anderen anwesenden. Julia lag in den Armen ihres Vaters und weinte leise vor sich hin, während ihre Mutter neben ihr stand und ihr durch die Haare strich. Ohne etwas zu sagen, lief Katrin zu ihrer Mutter und drückte sich wie zuvor bei mir fest an ihre Beine. Sofort löste sie sich von ihrem Vater und hob ihre Tochter auf die Arme nur um sie dann fest an sich zu drücken. Ich selber stand auf und wischte mir mit dem Hemdsärmel durch die Augen, als ich plötzlich bemerkte, das Massanorie auch mir ein Taschentuch hinhielt. "Nicht nötig." kommentierte ich das nur und hatte sofort meine Fassung wieder - jahrelange Übung! Massanorie musterte mich nur und in seinem Blick lag Mitleid - etwas was ich nicht leiden konnte. "Sieh mich nicht so an. Kümmere dich lieber um deine Familie." zischte ich nur und ging wieder zurück ins Esszimmer. Noch immer stand hier mein Weinglas und die angebrochene Flasche Weißwein. Ich nahm die Flasche und goss mir etwas ein, nur um beim eingießen zu entscheiden, dass ein Glas doch immer voll sein sollte. Also füllte ich entgegen allen Konventionen das Weißweinglas bis zum Rand, was zur Folge hatte das die Flasche fast leer war. Mit einem tiefen Seufzer nahm ich einen Schluck und ließ mich auf einem Stuhl am Esstisch nieder. Auf dem Parkett hörte ich leise Schritte und ich wusste, dass es Massanorie war. Er setzte sich neben mich und schwieg. "Wollen wir reden?" Ich schüttelte den Kopf. "Massanorie?" "Ja?" "Kannst du einfach weg gehen und mich etwas allein lassen - bitte?" Wenn er nicht ging, würde ich sicherlich anfangen vor ihm zu weinen und das wollte ich auf jeden Fall vermeiden. "Bist du sicher?" Er klang besorgt und das machte es noch viel schlimmer. "Ja. Weißt du, ich kann mit Einsamkeit besser umgehen, als mit Nähe." Es verging ein Augenblick, doch dann stand er auf und ging, ohne ein Wort zu sagen, ohne eine Umarmung oder einen Kuss. Ich wollte, dass er ging und er tat es. wieder nahm ich einen großen Schluck aus meinem Glas und schüttelte den Kopf. "Doch das würde er... ich bin nämlich nicht seine Familie." wisperte ich mir selbst als Antwort zu. Kapitel 32: Thirty-one... Family II ----------------------------------- Step Thirty… Family II Der Hauptteil des Ehrgeizes und Lebensinteresses meiner Eltern galt ihren Kindern[...]. Ich wuchs mit dem fördernden Gefühl auf, daß Menschen mich wichtig nahmen und für mich Sorge trugen. Darin sehe ich das Glück, denn dieses Gefühl gibt dem Menschen ein Fundament für Ruhe und Gelassenheit, das ihn vor mancher häßlichen Gier schützt. Franz Werfel (1890-1945), östr. Schriftsteller Massanorie Lenjier Mein Blick fiel auf die Standuhr. Fast eine Stunde war es her, dass Mamoru mich gebeten hatte ihn allein zu lassen und diesmal hatte ich es getan. Als Katrin anfing zu weinen, hatte ich meine Schwester am Arm festgehalten als sie zu ihr wollte. Mamoru schien, was diese Trauer Sache anging, einen besseren Draht zu Katrin zu haben und trotz dieser düsteren ersten Stimmung war es doch nett geworden. Julia, meine Mutter und Katrin saßen um den Baum und packten Geschenke aus. Mein Vater indessen hatte es sich in seinem Sessel gemütlich gemacht und sah ebenso wie ich zu den Frauen unserer Familie. Es war das erste Mal für die beiden ohne ihn und wir hatten befürchtet, dass genau das passieren würde. Jetzt verstand ich auch, warum Katrin zu Beginn des Abends so wütend auf Mamoru gewesen war. Er musste versucht haben es ihr zu erklären und sie wollte es nicht hören. Was für ein Chaos. Selbst unsere normalsten Weihnachtsfeste waren nie ruhig, aber das heute toppte wirklich alles. Obwohl es nett war mich nicht mit dem Alten zu streiten. Da kam doch viel eher eine besinnliche Stimmung auf. "Willst du nicht nach ihm sehen?" Ich sah aus den Augenwinkeln zu meinem Vater und schüttelte nur leicht den Kopf. Auf streiten hatte ich keine Lust, egal ob mit Mamoru oder ihm. "Nein. Ich habe gelernt, dass es manchmal besser ist, ihn zufrieden zu lassen. Wenn er der Meinung ist, dass er Lust auf diesen Trubel hat, wird er schon kommen." gab ich nur als Antwort und wandte meinen Blick wieder zu Katrin. Sie hatte sich gefangen, aber sie sah immer wieder zur Tür und schien sich ebenso wie ich Sorgen zu machen. "Du solltest einmal ernsthaft mit ihm reden." Anscheinend wollte er unbedingt über Mamoru reden. "Und wieso?" gab ich nun recht belanglos von mir. "Ich dachte, er ist dein Freund oder Lebensgefährte. Egal wie man das bei euch nennt." Wow. Er hatte es geschafft. Er pisste er mich an. "Das nennt man genauso wie bei anderen Paaren auch." zischte ich. "Ich bin ja keine Fremdartige Spezies!" Mein Vater sah mich an und wollte gerade etwas sagen, als meine Mutter sich einmischte. "Wenn ihr es wagt heute zu streiten, dann lernt ihr mich kennen." Sie setzte sich neben mich, nahm ihr Weinglas und nippte daran. "Wir streiten nicht..." kommentierte mein Vater ruhig die Situation. Ich dagegen sah das anders. "Ich habe mich nur unglücklich ausdrückt und mich in der Wortwahl etwas vergriffen." etwas ungläubig sah ich meinen Vater an. Er beachtete mich nicht, sondern lächelte meine Mutter an. Meine Mutter seufzte, nickte dann aber. Mein Vater sah mich an und nickte ebenfalls. "Also?" "Also was?" kam es noch immer etwas gereizt von mir. "Willst du nicht mit ihm reden? Er ist dein Freund und anscheinend belastet ihn etwas." Seufzend lehnte ich mich zurück. "Mamoru belastet vieles. Dafür reicht ein Abend nicht aus." gab ich mehr zu mir selbst wieder. Plötzlich quietschte Katrin auf, ich sah zur Tür und musste feststellen, dass ich erleichtert war, ihn zu sehen. Er schenkte Katrin ein kleines Lächeln, gesellte sich aber zur mir auf die Couch. Katrin wollte sofort aufspringen, aber Julia hielt sie kurz zurück, flüsterte etwas und schon setzte sich Katrin wieder und widmete sich ihren Geschenken. Mamoru schwieg und sah nachdenklich aus, als er sich neben mich setzte. Unsere Schultern berührten sich, so nah kam er an mich heran. Ich war positiv überrascht, normalerweise vermied Mamoru so viel Nähe, aber vielleicht brauchte er das eben jetzt. "Kannst du mir einen Gefallen tun?" Ich sah ihn an und nickte. "Was denn?" "Darf ich von deinem Handy eine SMS schicken. An May und Yosuke, ich - ich denke, wenn ich von meinem Handy schreibe, lesen sie sie sonst nicht!" Ohne etwas zu sagen, griff ich in meine Hosentasche und hielt es ihm hin. "Aber stürz mich nicht in den Ruin." gab ich nur kühl von mir. "Ich werde es versuchen, wenn nicht kannst du ja das Weihnachtsgeld, was ich nie bekommen habe dafür einbehalten." Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Seufzend schüttelte ich den Kopf und legte meinen Arm um ihn. Sofort zuckte er zusammen, warf einen Blick zu meinem Vater und meiner Mutter und rückte etwas von mir weg. Seufzend sah ich ihn an. Sturkopf! "Was schreibst du denn?" "Nur Frohe Weihnachten..." wisperte er, während er tippte und warf einen Blick zu Katrin, welche nun auf glühenden Kohlen bei ihrer Mutter saß und zu Mamoru sah, so als würde sie auf ein Zeichen warten endlich zu ihm zu dürfen. Er hielt mir das Handy wieder hin und lächelte matt. "Willste es nicht bei dir behalten, vielleicht schreiben sie ja zurück?" "Ich glaube ja nicht. Und wenn ja, kannst du es mir ja geben." "Hmm. Von mir aus." Ich nahm es und legte es vor mir auf den Tisch. "Willst du dein Geschenk haben?" Ich fragte beiläufig, weil ich wusste, dass Mamoru es unangenehm war, dass ich ihm etwas schenkte. Und unwillkürlich fragte ich mich, ob er jemals Geschenke zu Weihnachten bekommen hatte. "Geschenk?" etwas ratlos sah er mich an und wurde verlegen. "Ähm... also... wieso hast du ein Geschenk?" er rümpfte die Nase und versuchte mich spottend anzusehen - gelang nicht. Er wäre ein schrecklicher Geschäftsmann. Kein Pokerface und auch sonst konnte man ihn schnell aus der Fassung bringen und in seinem Gesicht lesen wie in einem Buch - jedenfalls konnte ich das. "Katrin! Schau mal ob unter dem Baum ein kleines blaues Päckchen liegt mit einer goldenen Schleife." "Ja." "Bring mir das bitte." Sofort sprang sie auf und brachte mir die kleine Schachtel, die ich Mamoru heute schon einmal unter die Nase gehalten hatte. Ich rutschte an ihn heran und legte es ihm auf den Schoß. "Frohe Weihnachten." wisperte ich nur leise und zog ihn in eine Umarmung. Er verkrampfte sich und schob mich etwas hastiger als nötig von sich. "Mamoru, du musst es aufmachen! Opa hat auch schon ein Geschenk ausgepackt und Mama und Oma auch. Dann musst jetzt du und dann Massanorie." Katrin stützte sich auf seinen Knien ab und drückte sich etwas hoch. Mein Vater und meine Mutter hatten jeweils das Geschenk von Katrin aufgemacht, welches sie im Kindergarten gebastelt hatte. Ein Bild mit Glitzersand für Oma und einen selbstgetöpferten Aschenbecher der Bunt bemalt war für Opa. Ich musste mir bei letzterem Geschenk schon das Lachen verkneifen, aber mein Vater hatte sich bedankt und würde ihn sicherlich zu Hause nutzen. Julia hatte von mir eine Brosche bekommen, die sie sich gewünscht hatte und die meine Mutter mir gezeigt hatte. Mein Blick glitt wieder zu Mamoru, der noch immer das Päckchen ansah und nicht so recht wusste was er damit anfangen sollte. Während Mamoru das kleine Päckchen anstarrte, gesellte sich meine Schwester auch zu uns und ließ sich in dem noch freien Sessel nieder. "Du musst es aufmachen." Katrin wurde ungeduldig und wippte auf den Zehenspitzen herum. Mamoru jedoch zögerte. Ich sah ihn an und sah wie er sich auf die Unterlippe biss. Meine Hand legte sich in seinen Nacken und ich zog ihn an mich heran. "Mach schon, es ist nichts schlimmes." flüsterte ich nur und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. "Ich hab aber nichts für dich." Wisperte er nur sehr leise, so dass ich es kaum hören konnte. "Das hab ich anders in Erinnerung." gab ich nur zurück und konnte mir ein unanständiges Lächeln nicht verkneifen, worauf hin ich auch gleich seinen Ellenbogen in meinen Rippen spürte. Zögerlich zog er an der Schleife und öffnete das Papier. Zum Vorschein kam eine kleine Schachtel, welche Mamoru zaghaft öffnete und dann sah er mich etwas entsetzt an. In der kleinen Schachtel lag eine dünne Kette aus geflochtenem Leder mit einer Schmuckhülse aus Edelstahl in welcher ein kleiner Bernstein eingefasst war. "Massanorie?!" Mamoru saß mit offenem Mund da und starrte die 50 cm lange Kette an. "Was?" fragte ich nur unschuldig. "Ich dachte, so etwas schenkt man seinem Freund zu Weihnachten, etwas was man sonst nicht schenkt." Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen als Mamoru mich verlegen ansah. "Außerdem war dein Geschenk um einiges besser." Nun wurde er erst recht rot. "Wieso hast du dein Geschenk schon bekommen?" Julia mischte sich ein und ich grinste. "Weil ich ungeduldig war und es schon vorhin auspacken wollte, deswegen." Das war nicht einmal gelogen. Mamoru räusperte sich nur und lächelte etwas verlegen. "Und es war ein tolles Geschenk, genau was ich haben wollte." Ich lächelte jetzt und gab Mamoru erneut einen Kuss auf die Wange, was er zum Anlass nahm mir erneut seinen Ellbogen in die Rippen zu stoßen. Mit einer gelassenen Handbewegung griff ich in das kleine Kästchen und nahm die Kette heraus. Erst jetzt fiel mir auf, dass Mamoru die Krawatte abgenommen hatte und der erste Knopf seines Hemdkragens geöffnet war. "Dreh den Kopf." Mamoru sah mich irritiert an und sein Blick huschte an mir vorbei zu meiner Mutter und meinem Vater. Mamoru Chiba Schmuck! Er schenkte mir wirklich Schmuck! Etwas fassungslos sah ich ihn immer noch an und konnte nicht fassen, dass mir dieser Idiot Schmuck schenkte. Man schenkte Frauen Schmuck, aber doch nicht - doch nicht MIR! Mein Blick huschte zu seinen Eltern, welche sich nur lächelnd ansahen und uns beide gar nicht beachteten. Etwas verunsichert sah ich Massanorie an. "Du kannst doch nicht..." fing ich an, aber er schnitt mir das Wort ab. "Dreh. Den. Kopf!" Er seufzte und schüttelte den Kopf leicht, bevor er mit seiner freien Hand einfach meinen Kopf drehte und schon im nächsten Moment konnte ich spüren wie er die Kette im Nacken schloss. Sie war jetzt nicht unmännlich, aber - Schmuck? Für mich? Nicht nur, dass ich nur selten bis nie was zu Weihnachten bekam, was sicherlich auch an meiner Art lag Weihnachten aus dem Weg zu gehen, aber Schmuck? Ich kam nicht darüber hinweg. "Die ist wirklich schick!" ich sah zu Julia, welche ihrem Bruder nur anerkennend zu nickte. "Du hast ja doch Geschmack." sie lächelte ihn lieb an. Massanorie antwortete nicht darauf, sondern lehnte sich zurück und ließ seine Finger über meinen Rücken gleiten, was mir eine leichte Gänsehaut bescherte. Ich rückte wieder etwas von ihm weg und lehnte mich auch zurück. Ich traute mich gar nicht die Kette anzufassen geschweige denn mir darüber Gedanken zu machen was das wohl für eine Bedeutung hatte, dass er mir sowas schenkte. Als ich die letzte Stunde im Esszimmer gesessen hatte, war meine Laune eigentlich auf einen Nullpunkt gesunken, aber Massanorie hatte es mit diesem kleinen Geschenk geschafft meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. "Jetzt darf ich ein Geschenk aufmachen..." Katrin hüpfte und sah mich lachend an. Anscheinend hatte es geholfen sich auszuweinen und sie begann es zu akzeptieren, oder sie genoss es nun wirklich bei ihrer Familie zu sein. Was es genau war wusste ich nicht, aber sie schien sich zu freuen. "Ich dachte, ich darf jetzt ein Geschenk auf machen!" Massanorie sah sie ernst an. Doch sie sah ihn nur böse an. "Du hast schon. Du hast gesagt, du hast schon ein Geschenk aufgemacht..." Damit drehte sie sich um. Ich lachte leise und sah Massanorie aus den Augenwinkeln an. "Hat sie nicht unrecht." wisperte ich leise und bekam dafür ein süffisantes lächeln von Massanorie geschenkt. Obwohl dieser Abend mehr als schrecklich angefangen hatte, wurde er eigentlich ganz nett. Die Gespräche waren ok und für meine Verhältnisse hielt ich mich ganz gut was zwischenmenschliche Kommunikation anging. Selbst Massanorie und seine Schwester schienen sich gut zu verstehen und ich wunderte mich etwas, da die beiden sich eigentlich nicht leiden konnten. Aber anscheinend hatte die Sache mit ihrem Vater sie etwas näher zusammen gebracht. Zudem war die Halskette nicht das einzige Geschenk für mich. Katrin schenkte mir einen weißen Bilderrahmen, welcher mit buntem Glitzer ihrerseits verziert worden war, mit dem Hinweis sie wüsste ganz genau, dass ich ihr Kindergarten-Bild noch nicht aufgestellt hatte. Daraufhin warf ich Massanorie einen bösen Blick zu, welchen er nur mit einem Schulterzucken bedachte und grinste. "Petze!" zischte ich nur leise und versprach der kleinen Maus, dass ich das nachholen würde, da ich ja jetzt auch einen Rahmen hatte. Massanories Eltern bekamen von ihren Kindern eine Fahrt in ein Erholungsgebiet in den Bergen mit heißen Quellen und so und anscheinend war es für Massanorie klar, dass dieses Geschenk ebenso von Julia und ihm, wie auch von mir kam. Auch wenn ich nichts dazu beigetragen hatte. Aber einen Einwand duldete Massanorie nicht und überging, dass ich an seinem Ärmel zupfte um zu protestieren. Seufzend resignierte ich schließlich und lehnte mich zurück, dass meine Meinung so wenig Beachtung fand war doch deprimierend. "Hier." Ich sah zur Seite und sah Massanories Vater an, welcher ihm einen Umschlag hinhielt. Andrea schimpfte etwas und boxte ihren Mann leicht auf den Oberarm. Anscheinend hatte ich etwas nicht mitbekommen, denn Massanorie nahm den Umschlag nur widerwillig entgegen und murmelte "Lass mich raten, wieder ein schlechter Scherz auf meine Kosten?" mürrisch öffnete er den Umschlag. "Seijiro. Wir hatte doch das Gespräch, dass du das sein lassen sollst." Andrea schien wirklich böse zu sein, doch dann sah ich auf die beiden Karten, die Massanorie aus dem Umschlag zog. Und sofort war meine Laune auf 150 %. Ohne nachzudenken rückte ich näher an ihn und griff nach den Karten in seiner Hand. "Oh wow! Das sind zwei Karten für La Forza del Destino. Die Oper ist schon seit Monaten ausverkauft. Ich wollte ja mit Bunny hin, aber die schläft bei sowas immer ein. Kennst du das Stück?" Ich sah ihn total begeistert an, doch er schüttelte nur den Kopf. "Wirklich nicht? Also La Forza des Destino, ist ein Stück von Verdi, aber das wusstest du sicherlich schon und übersetzt heißt es Die Macht des Schicksals. Es ist eine Oper in vier Akten und wurde uraufgeführt am 10. November 1862 in Sankt Petersburg. Bekanntestes Element der musikalischen Gestaltung ist ein Schicksalsmotiv, das sich von der Ouvertüre an wie ein Leitfaden durch das gesamte Werk zieht. Es erzählt von den grausamen Schicksal und blutigen Ende der Tochter eines spanischen Marquis, Leonora; einem Nachkomme der königlichen Familie des Inka-Reiches, Don Alvaro; und Leonoras Bruder Don Carlo. Ein ganz tragisches Stück, welches Komplex ist und ein gesellschaftliches Bild zeigt, welches wir auch heute noch in einigen Facetten übernehmen können. Das du das nicht kennst!" Ich sah mir die Karten genauer an und grinste. Das Stück wurde in dem New National Theatre von Tokyo aufgeführt und es waren Karten für den ersten Rang Mittig. Einfach nur toll. Unten sitzen war sowieso nicht so pralle, aber erster Rang und dann mittig, einfach nur perfekt. Plötzlich wurde mir bewusst, dass Massanorie zwar zwei Karten bekommen hatte, aber vielleicht wollte er ja lieber mit jemand anderen hin, anstatt mit mir. Ich biss mir auf die Unterlippe und sah Massanorie an. "Sag mal, würdest du..." "Du willst da hin?" Er unterbrach mich und musterte mein Gesicht. "Ähm... ja? Aber du musst nicht mit mir hingehen..." plötzlich kam ich mir albern vor. Ich war ein Dummkopf, klar wollte er da lieber mit jemand anderen hin, was dachte ich mir denn bloß. "Du stehst wirklich auf Opern?" Nun war ich irritiert. Ich sah auf und musterte Massanorie, der mich etwas schockiert ansah nickte dann jedoch leicht. "Naja, du ja anscheinend auch..." Ich hielt ihm die Karten hin, welche er nur nahm und plötzlich lachte er nur auf und sah zu seinem Vater. "Danke Dad. Ein schönes Geschenk und ich glaube, du hast besonders Mamoru eine Freude damit gemacht." Damit drehte er sich wieder zu mir und lächelte. "Ich würde mit keinem anderen lieber in eine Oper gehen als mit dir. Wenn du schon soviel Begeisterung beim Erzählen an den Tag legst, dann kann der Besuch mit dir in dieses Stück ja nur ein voller Erfolg werden." Ich verstand zwar nicht was jetzt los war, aber Julia und auch Andrea begannen leise zu lachen. "Kann es sein, dass hier gerade ein Witz auf meine Kosten gemacht wurde?" Ich zog eine Augenbraue hoch und sah von einem zum anderen. Selbst Seijiro hatte ein amüsiertes Lächeln im Gesicht stehen, doch als ich Massanorie ansah, lächelte er mich nur lieb an und schüttelte den Kopf. "Nein. Der ging auf meine Kosten und auf die meines Vaters. Keine Sorge. Ich erklär ihn dir ein anderes Mal." Damit steckte er die Karten wieder in den Umschlag und legte diesen auf den Tisch vor uns. Etwas irritiert sah ich mich um und seufzte dann nur leise. "Oh man..." "Was ist?" Massanories Hand legte sich auf meinen Oberschenkel und ich warf ihm einen missbilligen Blick zu, schob seine Hand jedoch nicht weg. "Ich mag es nicht, etwas nicht zu verstehen." gab ich etwas trotzig von mir. Er schmunzelte und drückte meinen Oberschenkel leicht, bevor er seine Hand von alleine wieder weg zog. May Godai Draußen begann es wieder leicht zu schneien. Ich nippte an meinem Kakao und kuschelte mich in das weiche Kissen. Mein Blick wanderte zu Yosuke und Minako, welche mir gegenüber saßen. Minako strich Yosuke über den Arm, doch dieser schien mit seinen Gedanken ebenso abzuschweifen wie ich. Als mein Handy einmal kurz vibrierte sah ich auf, hatte aber nicht die Muse aufzustehen und es zu holen. Erst als mir der Gedanken kam, dass es Mamoru sein könnte sprang ich auf. "May alles gut?" kam es sofort von Yosuke. "Ja alles gut. Mein Handy nur..." murmelte ich schnell. Yosuke schien nicht gerade in der Stimmung weiter über Mamoru zu reden, also behielt ich meine stille Hoffnung für mich. Ich war so barsch in meiner letzten Nachricht gewesen, dass ich es nun bereute und kaum fassen konnte wie dumm ich doch sein konnte. Natürlich war ich immer noch enttäuscht, aber ich hatte ihn lieb und ich wollte eigentlich schon mit ihm reden - aber ich traute mich nicht. Langsam zog ich mein Handy aus meiner Manteltasche und öffnete es. Eine mir unbekannte Nummer zeigte mir eine Nachricht an. Enttäuscht seufzte ich auf und ging wieder ins Wohnzimmer. "Und?" Minako lächelte mich an. "Keine Ahnung, unbekannte Nummer." gab ich nur enttäuscht zurück und sah dabei zu Yosuke, welcher meinem Blick auswich und wieder nach draußen sah. Ich setzte mich wieder hin und widmete mich nun etwas desinteressiert der Nachricht auf meinem Handy. Doch schon beim ersten Satz hellte sich mein Gesicht auf und ich spürte wie mir die Tränen in die Augen schossen. »Ich dachte, wenn ich dir von Massanories Handy schreibe, liest du es wenigstens. Es tut mir leid und auch wenn du vielleicht nie wieder mit mir redest, so wollte ich dir Frohe Weihnachten wünschen und ich hab dich sehr lieb imoutochan.« "May was ist denn los?" Yosuke sah mich entsetzt an, während ich auf das Handy starrte und einfach zu weinen begann. Als wir Kinder waren, da hatte er mich immer so genannt, hatte mich immer seine kleine Schwester genannt und nun tat er es wieder und ich konnte nicht anders als weinend hier zu sitzen. Ich wollte alles eintauschen, einfach alles, wenn wir nur einfach wieder Kinder sein konnten. Wenn wir einfach nur glücklich sein konnten. Egal wie sehr ich mir Eltern gewünscht hatte, wie sehr ich mich gefreut hatte, dass ich ein zuhause hatte, geliebt wurde, so war es nie perfekt. Es war nie so wie ich es mir tief in mir wünschte! Ohne die beiden Menschen die mich beschützt hatten, die mich liebten war alles egal, war es egal ob ich mich anstrengte, ob ich geliebt wurde. Ohne sie hatte das alles keinen Wert. Zwei Arme zogen mich in eine tiefe Umarmung und ich weinte mir bei Yosuke die Augen aus. "May bitte sag mir doch was los ist." Yosukes Stimme klang besorgt als er mich fester an sich zog und ich spürte Minakos Hände die mir durch die Haare strichen. Doch ich schüttelte nur den Kopf und weinte leise vor mich hin. Yosuke Murakami Überfordert und besorgt hielt ich sie fest in meinen Armen und versuchte sie zu trösten. Den ganzen Abend schon war die Stimmung von uns deprimierend gewesen. Selbst Minako konnte mich nicht aufheitern und ich schämte mich schon etwas, dass sie an Weihnachten mit so einem Trauerklos wie mir ihre Zeit verbrachte. Doch sie sagte nichts, sondern gab mir halt und versuchte uns beide zu trösten. Kein einziges Mal hatte sie versucht das Thema auf Mamoru zu bringen, seitdem wir das Kaffee verlassen hatten. Auf die Party hatten wie alle keine Lust mehr gehabt und so waren wir zu mir gefahren, tranken Tee und Kakao und genossen einfach nur das winterliche Spektakel welches draußen stattfand. May wirkte tief in sich gekehrt und ich wusste, dass sie wegen Mamoru traurig war. Für May waren wir beide ihre stärksten Bezugspersonen und nun hatte man das Gefühl, dass alles kaputt gegangen war. Warum sie plötzlich aufgesprungen war, als sie ihr Handy gehört hatte war klar, auch wenn ich dumm fragte. Doch plötzlich fing sie bitterlich an zu weinen, als sie auf ihr Handy starrte und sie ließ mich keinen Blick darauf werfen, sondern presste es fest an ihre Brust. "May, sag mir doch was passiert ist? Wer hat dir geschrieben?" Verzweifelt schob ich sie von mir fort und sah sie an. Schniefend schüttelte sie den Kopf und wirkte plötzlich wieder wie das kleine fünfjährige Mädchen welches weinend vor mir stand. "Wenn du so weinst, dann muss ich auch gleich heulen und ich weiß gar nicht warum..." gab ich schluckend zum Protokoll und wischte mir durch die Augen. Aber May weinte leise weiter und festigte ihren Griff um ihr Handy als ich danach griff. "Ich hol mal ein paar Taschentücher." Ich nickte Minako zu und redete weiter beruhigend auf May ein. Doch egal was ich sagte, sie wollte nicht aufhören zu weinen. Ich hörte wie Minako das Zimmer wieder betrat und sich neben May setzte. Sie hielt ihr ein paar Papiertaschentücher hin, und mir mein Handy. Fragend sah ich sie an. "Was soll ich damit?" Gott konnte ich dumm klingen. "Du hast eine Nachricht." kam es nur lächelnd von ihr, bevor sie sich May zuwandte. "May? Hat Mamoru dir geschrieben?" Schniefend sah May sie an und nickte dann nur. Liebevoll sah Minako mich an und dann wieder May, bevor sie ihren Arm um sie legte und sie an sich zog. "Ich glaube ja langsam, dass ihr euch alle Drei mal richtig beieinander ausweinen solltet." kam es nur sanft von ihr, bevor sie mich wieder ansah. "Du solltest die Nachricht lesen." Ich schluckte und sah auf mein Handy in meiner Hand. Der kleine Briefumschlag auf dem Display blinkte und blinkte. Nachdenklich sah ich zu May und Minako, welche mich aufmunternd ansah. »Es tut mir leid. Egal was ich sage, es wird es nie wieder gut machen. Niisan, du bist mein bester Freund und May und du ihr seit meine Familie, auch wenn ich kein Recht mehr habe das zu sagen. Ich hab euch wirklich lieb, auch wenn ich das wohl nie zeige. Ich wollte dir auch nur Frohe Weihnachten wünschen.« "Blödmann." rief ich nur, bevor ich die Tränen wegblinzelte und tief Luft holte. "Der ist doch doof. Ist ja klar, dass er plötzlich die weinerliche Schiene fährt, das konnte er schon immer gut." Es sollte böse klingen, doch irgendwie klang es nur weinerlich und kindlich trotzig. Minako lachte nur leise, bevor sie nach meiner Hand griff und sie drückte. "Familie ist echt was doofes, nicht wahr?" sie lächelte mich an und ich nickte. "Ja, echt total doof." Kam es nur lächelnd von mir zurück, bevor ich mir die ersten Tränenspuren von den Wangen strich. Kapitel 33: Step Thirty-two... Passion -------------------------------------- Durch die Leidenschaften lebt der Mensch, durch die Vernunft existiert er bloß. Nicolas Chamfort Massanorie Lenjier Es war nun knapp vor halb eins, als wir uns von meinen Eltern verabschiedet hatten. Ich musste meiner Mutter versprechen, dass ich Mamoru morgen, oder besser heute Abend, zum gemeinsamen Essen im Restaurant mitbringen würde. Dies hatte ich ohne großen Protest getan, da ich eigentlich nur das Ziel hatte in meine Wohnung zu kommen. Mamoru hatte dieser Zusage nur nickend zugestimmt, sich höflich für den netten Abend bedankt und sogar die Umarmung meiner Mutter und Julia über sich ergehen lassen. Nun saßen wir im Taxi und schwiegen. Mamoru sah mich kein einziges Mal an und starrte aus der Seitenscheibe, wobei ich ihn immer wieder dabei ertappte, wie er mich aus den Augenwinkeln musterte - aber nur, weil ich es auch tat. Seit diesem Moment auf der Straße musste ich fast unentwegt daran denken was fast passiert wäre. Noch nie hatte ich mich so gehen lassen, das sah mir nicht ähnlich. Ihm musste es genauso gehen, denn bis auf einige kleine Momente vermied Mamoru sehr genau mit mir allein in einem Raum zu sein. Als das Taxi hielt, zuckte Mamoru kurz zusammen und ich bemerkte wie er tief ein- und ausamtete, so als müsse er sich innerlich beruhigen oder sogar ermutigen. Vielleicht musste ich doch mehr Feingefühl an den Tag legen und das 'über ihn herfallen' verschieben. Der Portier nickte uns freundlich zu. "Frohe Weihnachten Herr Lenjier." "Danke, Ihnen auch." nuschelte ich nur und versuchte, Mamoru nicht die ganze Zeit auf den Hintern zu starren. Ich drückte den Etagenknopf und lauschte der Melodie im Fahrstuhl. Mamoru hatte sich an die Kabinenwand gelehnt und wir standen uns gegenüber, er sah mich nun direkt an und es baute sich eine unglaubliche Spannung auf. "Siehst du was, was dir gefällt?" Ich setzte ein bissiges Lächeln auf, weil ich hoffte ihn damit etwas aus dem Konzept zu bringen. Doch Mamoru sah mich nur an, streckte seinen Oberkörper und legte seinen Kopf etwas schief. Irrte ich mich oder provozierte er mich? Mein Mund wurde trocken und ich konnte spüren wie mir ein Schauer über den Rücken lief. Diese Situation verlangte mir einiges ab, doch dann schaffte Mamoru es, all meine Selbstbeherrschung mit einem Satz zu Fall zu bringen! "Ich dachte, du bist ein Mann der sich nimmt was er will!" Ich atmete schwer aus und überwand die Distanz zu ihm in einem Sekundenbruchteil, bevor ich ihn hart gegen die Fahrstuhlwand presste und ihm mit einem Kuss die Luft aus den Lungen zog. Meine Hände wanderten durch seine Haare und zogen ihn fester an meine Lippen, gierig drang ich mit meiner Zunge in seinen Mund und hörte wie er leise keuchte. Ich spürte seine Hand in meinem Nacken, die mich ebenfalls näher zog. In meinem Kopf war kein Platz mehr für Fragen oder anderes, aber ich wollte wenigstens versuchen diese Situation zu kontrollieren, wollte ihm bewusst machen, dass es vielleicht nicht die beste Wahl war, dass ich die Kontrolle verlor. Also löste ich mich schnell von ihm, keuchte nach Luft ringend und hörte wie sich die Fahrstuhltüren öffneten. Mit einem Ruck zog ich ihn hinter mir her, schloss meine Wohnungstür auf, betrat die Wohnung mit ihm, schloss die Tür, nur um ihn dann dagegen zu drücken. Ich schloss die Augen und versuchte wieder etwas klar zu kommen. Mamoru schien das egal zu sein, ich spürte wie er an meinem Mantel nestelte. Schnell hielt ich seine Hände fest und legte meine Stirn gegen seine. "Sag es!" wisperte ich nur. "Was?" kam es nur leise von ihm. "Du musst sagen, dass du romantischen Sex haben willst, dass ich dich verwöhnen soll, dass du willst, dass ich zärtlich bin. Denn wenn nicht, dann werde ich sicher..." Ich sah ihm direkt in die Augen, doch er schien zum ersten Mal nicht verunsichert. "Was dann?" wisperte er nur und klang dabei absichtlich provozierend. Er suchte meine Lippen mit den seinen und küsste mich leicht. "Sag es!" wiederholte ich nur leise und hoffte wirklich, dass er endlich einsehen würde, dass unser zweites Mal nicht unbedingt geprägt sein sollte durch hemmungslosen Sex, bei dem ich sicherlich keine Grenzen kannte. Mamoru musterte mein Gesicht, öffnete den Reißverschluss seiner Jacke und ließ sie hinter sich auf den Boden fallen. Das war seine Antwort und ich fragte nicht mehr. Ich packte ihn, zog ihn an mich und küsste ihn leidenschaftlich. Meine Zunge drängte sich in seinen Mund und umspielte die seine stürmisch. Mamorus Finger glitten durch meine Haare, während ich mich meines Mantels entledigte und ihn achtlos zur Seite schmiss. Ungeduldig fuhren meine Hände über Mamorus Rücken, um an seinem Hintern stehen zu bleiben und ihn leicht zu massieren. Mamoru keuchte leise auf und drängte sich noch mehr an mich. Mit einer schnellen Bewegung umfasste ich seinen Hintern und hob ihn hoch. Überrascht fiepte er auf und schlang seine Arme um mich. Wieder eroberte ich seinen Mund, den er so achtlos von meinem entfernt hatte und biss ihn leicht in die Unterlippe. Ich konnte hören wie Mamorus Schuhe zu Boden fielen und er seine Beine um meine Hüften schlang, ich hielt ihn fest und drückte ihn wieder grob gegen die Tür. Das Rauschen meines eigenen Blutes in meinen Ohren raubte mir fast den Verstand und ich konnte mich kaum noch zusammen reißen. Wenn ich nicht aufpasste, würde ich wirklich die Kontrolle verlieren und einfach nur über ihn herfallen. Ich hatte Angst ihm weh zu tun oder etwas zu machen was er absolut nicht wollte. Während ich ihn mit einer Hand festhielt, griff ich mit der anderen in seine Haare und zog ihn grob von meinen Lippen. „Ich will, dass du dir ein Wort merkst!“ raunte ich nur heiser und außer Atem. „Was?“ völlig perplex sah er mich an, seine blauen Augen waren dunkler als sonst und fixierten mich. „Ein Safewort. Wenn ich etwas mache was du nicht willst, etwas was dir wirklich zuwider ist, dann sagt du ‚Rot‘. Dann hör ich auf und zwar sofort. Ich werde nicht fragen, nicht sauer sein. Aber ich will nicht, dass das hier außer Kontrolle gerät oder ich dir wehtue. Verstanden?“ Eindringlich sah ich ihn an. Noch nie hatte ich ein Safeword beim Sex verwendet, aber bis jetzt hatte ich auch noch nie so ein Verlangen zu jemand gehabt wie zu Mamoru. Alles an ihm machte mich wahnsinnig und die Tatsache, dass er gerade genauso empfand wie ich, verstärkte es nur noch. „Rot?“ Mamoru sah mich immer noch fragend an. „Ja. Ich erklär dir das später.“ Säuselte ich nur und begann damit meine Zähne in seinem Hals zu versenken. Meine Zunge zeichnete seine Halsbeuge nach und ich konnte spüren wie Mamoru darunter zu zittern begann. „Sag es! Wie ist das Wort!“ ich konnte spüren wie meine Vernunft langsam Good Bye sagte und ich nur noch Triebgesteuert Mamoru den Verstand raus vögeln wollte. „Rot!“ Keuchte er nur leise, während seine Finger sich in meine Haare krallten und mich dazu drängten mich weiter mit seinem Hals zu beschäftigen. „Braver Junge.“ Entfuhr es mir nur. „Dann lass uns aufhören mit diesem Kinderscheiß.“ Mit diesem Satz schickte ich meine Vernunft in Urlaub und ließ mich von Hormonen und Endorphinen leiten. Ich begann damit an seinem Hemd zu nesteln, ließ es aber nach dem zweiten missglückten Versuch einen Knopf zu öffnen sein. Meine Hand griff an den Stoff und ich riss das Hemd auf, mit einem Ruck schob ich Mamoru noch höher und biss ihm in die Brustwarzen. Sofort stöhnte er laut auf und krallte sich an meinen Schultern fest. Er keuchte leise meinen Namen, was mich nur noch mehr antrieb. Meine Zunge zeichnete seinen Brustkorb nach, während ich seine Erregung spüren konnte, die sich an meiner rieb. Instinktiv begann ich damit mein Becken gegen seines zu bewegen und Mamorus stetiges stöhnen und wie er nach mehr verlangte ermutigten mich dazu immer weiter zu machen. Meine Lippen suchten nach seinen und ich stöhnte gierig in den Kuss, als meine Zunge seine umspielte und immer wieder dominierte. Mamorus Hände schoben sich unter mein Jackett und begannen an meiner Krawatte zu zupfen. Mit einem heftigen Stoß drückte ich ihn hart gegen die Tür, was ihm ein seufzen entlockte. Er drückte seinen Unterleib stärker an meinen und presste sich gegen die Tür, anscheinend wusste er was ich vorhatte. Schnell streifte ich Jackett und Weste ab, löste meine Krawatte und entledigte mich meines Hemdes. Alles flog achtlos zur Seite, bevor meine Lippen wieder seine Brustwarzen verwöhnten. Seine Brust zitterte unter meinen leichten bissen, während seine Finger durch mein Haar fuhren und hinab glitten in meinen Nacken. Ich presste ihn erneut hart gegen die Tür und ließ seinen Hintern los, nur damit er sich von mir löste und wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Meine Finger glitten zu seinem Gürtel und öffneten ihn schnell ohne auch nur hinzusehen. Mamorus Stimme überschlug sich fast als ich an dem dünnen Stoff seiner Shorts vorbei griff und seine Erektion weiter verwöhnte. Ich ließ mich auf die Knie sinken und befreite ihn mit einem Ruck von seiner Hose und den Shorts, bevor meine Zunge seinen Schwanz verwöhnte und seine Finger sich hart in meinen Haaren verkrampften. Er keuchte meinen Namen und flehte mich an nicht aufzuhören - aber das hier reichte mir nicht. Schnell richtete ich mich wieder auf, Mamoru zog mich an sich. Seine Lippen waren gerötet und leicht geschwollen, doch wieder küssten wir uns hemmungslos. Ich konnte spüren wie Mamoru meine Hose öffnete und seine Hand in sie schob. Ich keuchte auf, als seine Finger über meine Spitze strichen und stöhnte genüsslich als sie über meine ganze Länge fuhren. Seine Lippen lösten sich von meinen und ich spürte wie er anfing meinen Oberkörper mit seinen Lippen zu erkunden. Als seine Zunge über meine Brustwarze strich, zuckte ich zusammen und schloss die Augen. - das rief ich mir ins Gedächtnis, bevor ich ihm in die Haare griff und ihn etwas von meiner Brust wegzog. Sein Blick suchte meinen, "Auf die Knie" war alles was ich sagte. Mamoru zögerte, aber dann ließ er sich gehorsam auf die Knie sinken und seine Finger begannen damit meinen Bauch zu streicheln. Ich konnte spüren, dass er unsicher war, seine Bewegungen waren vorsichtiger und langsamer als vorher. Er war sich nicht sicher, ob er das wollte. "Mamoru?" ich hatte es wohl doch übertrieben, doch er sah zu mir hoch und allein das er vor mir kniete war einfach nur Wahnsinn. "Ich hab ein Safewort. Alles gut!" kommentierte er nun meine Unsicherheit nur und biss sich verlegen auf die Unterlippe. Gott, er sah dabei einfach nur verführerisch aus. Seine Hände begannen damit über meine Oberschenkel zu streicheln, sein Blick wirkte konzentriert und neugierig, als seine Hände nach hinten zu meinem Hintern wanderten und ihn leicht umfassten. Das hier war einfach nur großartig, mein Blick lag auf Mamoru und ich beobachtete mit zunehmender Erregung wie er seiner Neugier auslebte. Seine Fingerkuppen zeichneten meine Leiste nach, die sich knapp über den Hosenbund abzeichnete. Meine eigenen Finger gruben sich in Mamorus schwarzes Haar und ich musste mich zusammenreißen ihn nicht dahin zu dirigieren, wo ich sein hübsches Gesicht haben wollte. Doch dann stöhnte ich leise auf, Mamoru strich mit seiner Nase langsam über meinen Schritt, bevor er dazu überging meine Hose weiter zu öffnen. Das Zittern seiner Finger konnte ich deutlich auf meiner Haut spüren, aber er wusste er konnte abbrechen, also sagte ich nichts, sondern beobachtete ihn weiter. Das ganze Verlangen, die ganze Leidenschaft vom Beginn, war nicht verschwunden, aber das hier war anders, das hier war einfach unbeschreiblich erotisch. Mamoru Chiba Schwer atmend ließ ich meine Hände über den Stoff seiner Hose gleiten, zum ersten Mal bemerkte ich wie muskulös Massanorie wirklich war. Zaghaft strich ich über seine Leiste und konnte dann nicht anders, als meine Nase leicht über seinen Schritt zu ziehen. Massanories stöhnen und wie seine Finger sich in meine Haare krallten waren mir Bestätigung genug. Sein stöhnen ließ einen Schauer über meinen Rücken wandern, der sich seinen Weg bis zu meiner eigenen Erregung suchte. Fast schmerzhaft keuchte ich auf, als ich mich selbst berührte und lehnte meine Stirn gegen Massanories Bauch. Kleine Schweißperlen, rannen über seinen Bauch und ich konnte den Geruch von Erregung wahrnehmen. Meine Zunge wanderte automatisch bis zu seinem Bauchnabel und verharrte dort. Auf meiner Haut konnte ich kleine Stoppeln spüren, die von seinem Bauchnabel runter führten. Ich schluckte und ließ meine Hände seine Hose komplett öffnen, ich war angespannt, nervös und erregt zu gleich und ich wusste nicht welchem Gefühl ich mehr Beachtung schenken sollte. Seine Finger verharrten in meinem Haar und dirigierten mich leicht in Richtung seines Schrittes. Aber er löste sie sofort wieder und seufzte leise auf. Mir wurde bewusst, wie sehr er sich gerade zusammen riss, wie viel Überwindung es ihn kosten musste, soviel Rücksicht zu nehmen. Ich schmunzelte darüber etwas, schloss meine Augen und während meine Hände den Stoff seiner Hose herunterzogen, wanderten meine Lippen tiefer, bis ich den Stoff seiner Pants spürte. Meine Lippen zitterten, als ich die Augen einen Spalt öffnete und sah, wie sich Massanories Erektion nun langsam immer mehr unter dem Stoff abzeichnete. Die Spitze seiner Eichel schaute am oberen Rand seiner Pants heraus und ein milchiger Tropfen rann daran hinunter und wurde vom schwarzen Stoff aufgezogen. Schwer atmend, nahm ich all meinen Mut zusammen, schloss die Augen und ließ meine Zunge über seine Eichel gleiten. Der bittere und salzige Geschmack breitet sich in meinem Mund aus und ich konnte Massanories Stöhnen hören. Seine Finger krallten sich in meinen Haaren fest. Vorsichtig zog ich an seinen Pants und ohne groß zu überlegen, fuhren meine Finger seinen Schwanz entlang und streichelten ihn. Seine Stimme ermutigte mich dabei, er keuchte und stöhnte leise. Seine Oberschenkelmuskeln spannten sich an, ich konnte sehen wie sie sich unter der Haut leicht abbildeten. Und mir wurde bewusst, dass ich das machte, das er stöhnte und das hier genoss, dass war mein Verdienst. Sein Geschmack noch immer auf meiner Zunge, hielt ich seinen Schwanz in meiner Hand und ließ meine Zunge leicht darüber gleiten, in meinem Kopf war kein Platz für Zweifel oder Fragen oder sonst irgendetwas. Ich konnte meinen Herzschlag hören und das rauschen meines Blutes, was mit jeder Minute zunahm und mich um den Verstand brachte. Meine Lippen schlossen sich erneut um seine Eichel und ich senkte meinen Mund immer weiter. Meine Zunge umspielte die empfindliche Vene und ich konnte Massanorie hören wie er überrascht aufkeuchte und das Geräusch als er sich an der Tür abstütze. Ich dachte daran, was Massanorie bei mir tat und was mir daran gefiel und tat es ihm gleich. Immer wieder ließ ich ihn aus meinem Mund gleiten und nahm ihn wieder auf, Massanories Hüfte begann sich zu bewegen und stieß immer wieder langsam zu, wenn ich ihn aufgenommen hatte. Es dauerte einen Moment und ich musste ein kurzes Würgen unterdrücken, als ich ihn fast ganz aufnahm, doch langsam wurde es besser und schließlich entspannte ich mich dabei und ich spürte, wie er so tief in meinem Mund war, dass er an meinem Rachen stieß. Ich keuchte selber auf und stellte fest, wie sehr mich das hier erregte, meine Hände glitten zwischen meine Beine und ich begann damit meine eigene Erektion zu verwöhnen, ich stöhnte und keuchte, während ich seine Hüfte immer wieder nach vorne stieß, schließlich konnte ich es fast nicht mehr aushalten, als sich Massanories Griff plötzlich festigte und er mich von sich weg zog. Keuchend sahen wir uns an, bettelnd öffnete ich den Mund. Ich wollte mehr, ich wollte ihn. Sein Blick war fahrig und seine grünen Augen waren dunkel und musterten mich kurz, bevor er sich ganz von seiner Hose befreite, auf die Knie sackte, mich hart gegen die Tür presste und mich küsste. Er hielt meine Hände fest und wisperte nur dunkel "So nicht," bevor er meine Beine spreizte und sich dazwischen schob. Er nahm zwei seiner Finger und führte sie zu meinem Mund. "Das kannst du doch so gut!" Wisperte er nur dunkel und ich öffnete meinen Mund und leckte über seine Finger, er zog sie zurück und ein Speichelfilm zeichnete sich darauf ab. Seine Lippen drückten sich auf meine und seine Zunge tanzte hart mit meiner. Keuchend bäumte ich mich auf, als ich spürte wie er die zwei Finger gegen meinen Eingang drückte. Ein kurzer Schmerz ließ mich aufkeuchen und ich presste meinen Kiefer hart aufeinander. Doch genauso schnell wie der Schmerz kam, war er auch verschwunden und wechselte seinen Platz mit einem unglaublichen Gefühl. Massanories Finger drängten sich immer tiefer in mich und pressten mich stärker gegen die Tür. Nur verschwommen nahm ich aus den Augenwinkeln wahr, dass er mit seiner freien Hand nach seiner Hose griff und aus der Hosentasche etwas heraus zog. Im nächsten Moment zog er seine Finger zurück, packte meinen Knöchel und zog mich in eine halb liegende, halb sitzende Position. Die Tür in meinem Rücken gab mir Halt und ich versuchte mich instinktiv mit einer Hand abzustützen. Massanorie schob sich wieder zwischen meine Beine und küsste mich verlangend, während er mein linkes Bein über seine Schulter legte und das andere um seine Hüfte. Mit einem einzigen Stoß war er in mich eingedrungen, meine Finger krallten sich in seine Schulter und ich schrie kurz auf. Massanorie musterte mich kurz, aber seine Bewegungen waren schnell und hart und ich konnte nicht anders als mich gegen die Tür zu pressen und mich dem hinzugeben. In meinem Kopf drehte sich alles und ich konnte nicht einmal sagen ob das meine Stimme war, die nach mehr verlangte und laut stöhnte. Mein Körper verbrannte und ich konnte spüren wie sich jeder Muskel in mir immer weiter anspannte. Massanorie trieb mich immer weiter und mein Herz war so laut, dass ich dachte, er müsste es hören. Seine Stimme vermischte sich mit meiner und am Ende wusste ich nicht mehr welche seine war und welche meine. So tief hatte ich ihn beim ersten Mal nicht gespürt und ich dachte er würde mich Zerreisen und trotzdem wollte ich mehr. In mir baute sich immer mehr ein unbändiges Gefühl auf, es überschwemmte mich und ich konnte nicht mehr. Meine Hände umschlangen Massanories Nacken und ich kam mit einem heftigen Aufschrei. Schwer atmend und zitternd klammerte ich mich an ihn, Massanorie keuchte und ich konnte seine Zähne an meinem Hals spüren, bevor er sich aus mir zurück zog. Ich ließ ihn los und lehnte mich gegen die Tür. Er streckte mir die Hand entgegen und zog mich hoch, doch anders als erwartet, küsste er mich leidenschaftlich, packte mich an der Hüfte und drehte mich mit dem Gesicht zur Tür um mich gegen sie zu drängen. Seine Lippen lagen an meinem Ohr und seine Stimme klang rau und ließ mich kurz erschaudern. "Wir sind noch lange nicht fertig." Dann spürte ich wie er wieder in mich eindrang, ich keuchte auf und presste meinen Oberkörper gegen die Tür. Mein Körper zitterte und doch konnte ich ein Keuchen und stöhnen nicht unterdrücken, ich hatte keine Ahnung wie lange es dauerte, aber ich wurde wieder hart und konnte spüren wie er mich immer tiefer in den Sog von Lust und Verlangen mit hineinzog. Eine Hand hatte er auf meinen Rücken gelegt und er drückte mich mit Kraft gegen die Tür, während er mit der anderen Hand meine Hüfte festhielt. Seine Stöße waren langsam, aber so fest, dass ich nicht mehr denken konnte. Massanorie Lenjier Er war ein Gottverdammtes Naturtalent. Ich hatte nicht daran geglaubt, aber Mamorus Blow-Job war der Beste, den ich bekommen hatte. Fast war ich bereit zu sagen, dass sein Mund genau für meinen Schwanz gemacht war. Das ich nicht gekommen war, war nur dem Umstand zu verdanken, dass ich ihn wirklich mehr als andere ran nehmen wollte. Also hatte ich mich losgerissen und mich wieder um das eigentliche gekümmert. Nach meinem zweiten Überfall zögerte ich Mamorus Orgasmus nun schon zum dritten Mal in die Länge. Wir hatten es noch immer nicht ins Schlafzimmer geschafft, sondern waren im Flur angekommen, für einen weiteren Weg hatte ich keine Zeit und keine Lust. Nun lag er unter mir, sein hübscher Arsch in die Höhe gestreckt. Er wimmerte und bettelte um Erlösung, sein Schwanz war so hart das er nur schon bei der kleinsten Berührung aufstöhnte und fast schmerzhaft keuchte. Mir ging es nicht anders, mehr als das hier konnte ich definitiv nicht aushalten, ich biss mir erneut in die Innenseite meiner Wange. Mit meiner Krawatte hatte ich Mamorus Hände auf den Rücken gebunden und ihn auf den Bauch gedreht. Ich beugte mich über ihn und bewegte mich nur langsam in ihn. "Ich bestimme wann du kommst. Merk dir das!" Sein kleiner Arsch war immer noch eng, obwohl ich ihn ohne Vorsicht fickte. Das allein war schon geil und ich legte den Kopf in den Nacken und konzentrierte mich auf dieses unglaubliche Gefühl, wenn ich ihn immer wieder ganz rauszog, nur um dann schnell wieder zu zustoßen. Ich steigerte das Tempo und spürte wie auch ich nicht mehr lange durchhalten würde. Mamorus Stimme überschlug sich und er stöhnte und wimmerte unter mir. Dann schaffte es Mamoru mich erneut zu überraschen,... da war sie die Grenze seines eigenen Körpers und all seiner Bedürfnisse. "Massanorie bitte... bitte mehr...! Fick mich... fick mich härter!" Ich konnte es kaum hören, da mein Stöhnen und seines fast die gesamte Geräuschkulisse einnahmen, aber ab diesem Moment wusste ich, dass ich uns bis zum Limit getrieben hatte, also kam ich seiner Bitte nach Erlösung und Befriedigung seiner Bedürfnisse nach. Harte und schnelle Stöße, zuerst regelmäßig dann immer unregelmäßiger, weil ich mich selber kaum noch zurück halten konnte. Mamoru stöhnte nur abgehackt und verkrampfte sich unter mir, mit einem Aufschrei kam er und ich spürte wie sich sein Arsch zusammen zog und mich dazu brachte ebenfalls zu kommen. Meine Finger krallten sich in seine Hüfte als ich mich noch zweimal vor und zurück schob, nur um dann hart in das Kondom abzuspritzen. Schwarze Punkte breiteten sich vor meinen Augen aus und ich musste mich nach vorne beugen und mit den flachen Händen abstützen. Mamoru hatte seine Stirn gegen das Laminat gedrückt und keuchte nur abgehackt. Meine Hand griff nach der Krawatte und löste sie, bevor ich mich aus ihm zurück zog, das Kondom zuknotete und achtlos bei Seite fallen ließ. Völlig erschöpft ließ ich mich neben ihm nieder, meine Hände griffen nach ihm und zogen ihn in eine feste Umarmung. Er atmete schnell und abgehackt. Sein warmer Atem strich über meine Brust und ich spürte das Zittern von ihm. "Bester. Sex. Aller. Zeiten!" Murmelte ich nur, bevor mir die Augen zu fielen. Kapitel 34: Step Thirty-three... Tears -------------------------------------- Tränen reinigen das Herz. Fjodor Michailowitsch Dostojewskij Mamoru Chiba Ich dämmerte nur noch vor mich hin und versuchte den Sonnenstrahlen, die mich blendeten, entgegen zu wirken, indem ich mich tiefer in das Kissen drückte. Eine leise Melodie drang an mein Ohr und holte mich langsam aus dem Schlaf. Blinzelnd hob ich den Kopf und versuchte mich zu orientieren, ich lag neben Massanorie, welcher noch tief schlief und anscheinend diese Melodie nicht als nervig einstufte. Ich sah zum Wecker und konnte das kleine blinkende Licht wahrnehmen, welches zeigte, das der Wecker angegangen war. Noch schlaftrunken, beugte ich mich über Massanorie, was nur halb gelang und tastete nach dem Aus Schalter dieser Störquelle. Nach einigen vergeblichen Versuchen schaffte ich es endlich den richtigen Knopf zu drücken, zufrieden legte ich meinen Kopf halb auf Massanories Brust und genoss die Wärme die er ausstrahlte. Irgendwann in der Nacht hatten wir es geschafft ins Bett zu kommen, wobei ich nicht genau sagen konnte wie oder wann. Ich rekelte mich unter der Decke und versuchte eine bequeme Position zu finden, ohne Massanorie zu wecken. In meinem Kopf herrschte eine angenehme Stille, keine nervige Stimme die alles schlecht redetet oder mir Zweifel vor die Füße warf. Einfach nur dieses Gefühl - hier zu sein und das alles gut war so wie es gerade war. Ich öffnete meine Augen einen Spalt und fragte mich ob dieser Moment wohl einfach ewig dauern konnte. Der Brustkorb unter mir hob und senkte sich und ich lauschte seinen Atemzügen, seinem Herzschlag und mir wurde bewusst, dass ich noch nie so ausgeglichen war wie jetzt gerade, dieser Moment - dieses Gefühl, wollte ich immer haben. Dieses Gefühl von Geborgenheit das er mir gab, danach sehnte ich mich so lange und ich hatte mich oft dagegen gewehrt, aber Massanorie war wohl doch sturer als ich, sonst hätte er wohl einfach aufgeben nach dem x-ten Nein. Plötzlich spürte ich eine Berührung an meinem Rücken und einige Finger strichen über meine Wirbelsäule und zogen mich noch etwas näher. "Guten Morgen." kam es leise von ihm. "Guten Morgen." wisperte ich nur zurück, ließ meinen Blick jedoch auf den offenen Vorhängen und den einfallenden Sonnenstrahlen ruhen. "Denkst du?" Ich schmunzelte und seufzte leise. "Nein - nicht richtig... nur..." "Nur?" ich schloss die Augen wieder. "Ich dachte gerade nur, was ich für ein Glück habe, dass du so stur bist." Sein Brustkorb hob sich und ich konnte das leise Lachen hören. So lagen wir noch eine Weile und genossen es einfach nur hier zu sein. "Wie geht's dir denn?" Etwas überrascht über diese Frage hob ich den Kopf und sah ihn an. "Ich dachte, du hast vielleicht Muskelkater!" kam es lächelnd von ihm. Seine Stimme hatte noch nie so sanft geklungen, das war schön. Ich musste ein Lachen unterdrücken und legte meinen Kopf wieder auf seiner Brust ab. "Wieso lachst du?" er streichelte mir über die Seite und ließ seine Hand auf meinem Bauch liegen. "Weil ich gerade etwas kitschig bin." "Aha. Teilst du deine kitschige Seite mit mir?" Ich überlegte und entschloss mich es einfach zu sagen. "Mir fiel nur auf, dass du gerade eine sehr schöne Stimme hast." "Ui, das ist wirklich sehr kitschig." kam es übertrieben erbost von ihm. Ich lachte nur leise und strich ihm über die Brust. Unter meinen Fingerkuppen konnte ich kleine Stoppeln spüren. "Du rasiert dich." kam es leise von mir. "Hmm. Wundert dich das?" "Nein." kam es wahrheitsgemäß von mir, "aber musst du dich rasieren, weil du sonst aussiehst wie ein Bär oder machst du es einfach nur so?" Nur war er wirklich etwas erbost und kniff mich strafend in die Seite. Ich zuckte zusammen und verzog kurz das Gesicht, bevor ich mich aufrichtete und ihm die Zunge heraus streckte. "Du bist frech Mamoru." "Rasierst du dich überall?" Gestern Abend hatte ich darauf nicht sonderlich geachtet, aber es wunderte mich nun auch nicht besonders, wenn es so sein sollte. "Schau doch selber!" kam es nur leise von Massanorie, während seine Finger von meinem Bauch zurück zu meinem Rücken wanderten und kleine Kreise bis hinunter zu meinem Hintern zogen. Eine Gänsehaut lief mir über den Rücken und ich genoss seine Finger auf meiner Haut. Meine Finger fuhren langsam seinen Brustkorb hinab und ich konnte die kleinen Stoppeln spüren, die von seinem Bauchnabel wegführten. Meine Lippen legten sich sanft auf seinen Brustkorb. Ein sanftes Schnurren kam von ihm, was mich leicht zum Lachen brachte, aber schon im nächsten Moment berührten meine Finger seinen Oberschenkel und streiften seinen Penis. Massanorie zuckte kurz und grinste dann nur. "Was wird das?" "Nichts!" kam es unschuldig von mir, bevor ich meine Hand zurück zog und die Arme auf seinem Brustkorb verschränkte. "Also du rasierst dich überall. Wenigstens ist hier gleiches Recht für alle. Wobei..." "Ja..." abwartend fuhren Massanories Finger meinen Po entlang und massierten ihn. Ich musste aufpassen nicht ebenfalls zu schnurren, also räusperte ich mich nur und versuchte nichts Dummes zu machen "... ich würde gerne auch wissen, wie es ist wenn du nicht rasiert bist." "Wirklich?" Ich nickte und sah ihn an. "Na gut. Schließlich hatte ich dieses Recht ja auch. Aber es wird ein paar Tage dauern und ich werde deswegen bestimmt schlecht gelaunt sein." Wenn mich dies abschrecken sollte, so ging es nach hinten los, so zuckte ich nur mit den Schultern und meinte "Also wie immer." "Heute bist du wirklich frech." "Ich weiß..." Ich wollte mich strecken, doch die Frage mit dem Muskelkater beantwortet sich nun von alleine. "Autsch..." zischte ich nur, erst jetzt bemerkte ich, dass mir wirklich alles weh tat, selbst Körperstellen an denen ich nicht mal wusste, dass ich dort Muskeln hatte. Ich ließ mich wieder ins Kissen fallen und hörte Massanories leises lachen. "Also ein Ja für die Muskelkater-Frage." Er drehte sich zu mir auf die Seite, strich mir einige Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte sanft. Meine Augen hafteten an seinen und als ich seine Lippen auf meinen spürte, da wusste ich, dass ich das hier ewig machen wollte. Meine Arme legten sich um seinen Nacken, als er mich auf den Rücken drehte und sich über mich schob. Die Wärme seines Körpers ließ mich kurz zusammen zucken und ich schmiegte mich nur allzu gerne an ihn. MassanorieLenjier Ich löste mich etwas von ihm und strich mit meinem Daumen über seine Wange, er lächelte und kraulte mich sanft im Nacken. So lagen wir noch eine ganze Weile, sagten nichts und sahen uns einfach nur an. Mir kam wieder der Satz meiner Schwester in den Sinn, der mit der rosaroten Brille und den Schmetterlingen im Bauch. Vielleicht hatte ich das jetzt gerade, dieses Gefühl mich in ihn zu verlieben - oder war ich es schon? Ich wusste es nicht so genau, ich war schon so lange nicht mehr verliebt gewesen und dachte eigentlich auch, dass der Zug bei mir mit Anfang 30 abgefahren war. Anscheinend jedoch hatte ich mich geirrt. Kam in letzter Zeit ja auch öfter vor, gerade im Bezug auf Mamoru. "Du?" "Ich?" Mamoru lachte etwas. "Kann ich dich was fragen?" Ich schmunzelte und nickte leicht. "Wieso... ich meine... warum benutzt... wir könnten das nächste Mal ja auch ohne..." er druckste herum und schien sich etwas zu genieren, aber ich wusste was er meinte. Aber irgendwie würde die Antwort die Stimmung gerade wirklich kaputt machen. "Willst du mich gerade fragen, warum ich ein Kondom benutze?" Er wurde rot und ich seufzte nur leise, weil ihm die Antwort nicht gefallen würde. Um bei meiner Antwort etwas mehr Distanz zu haben, wollte ich mich neben ihn legen, doch Mamoru schien das nicht zu interessieren, seine Hände zogen mich etwas enger an ihn. Ich überlegte, wie ich die Antwort am besten verpackte, aber es war wohl egal, am Ende war sie einfach scheiße. "Du bist doch Medizinstudent. Was denkst du denn?" kam es nur monoton von mir. In seinem Gesicht spiegelte sich Unsicherheit. Ich griff in meinen Nacken und löste Mamorus Hände um mich nun doch auf zu setzen. Ich platzierte mich neben ihn und lehnte mich an das Kopfteil. "Hörzu. Ich, ich bin nicht gerade das was man als Beziehungsfähig bezeichnet, aber das weißt du selber. Und ich gebe zu, dass ich in der Vergangenheit nicht immer so großen Wert auf Kondome gelegt habe. Es kam schon mal vor, dass ich da eine Egal-Einstellung hatte. Ich geh zwar einmal im Jahr zum Test, aber..." Mamoru setzte sich auch auf. "Aber?" Es war seltsam, es war mir immer egal gewesen ob ich mit Männern schlief und dabei verhütete. Es ging um meinen Spaß und mir war es egal. Ja klar, bis jetzt hatte ich immer Glück gehabt, aber dass sich das ändern konnte wusste ich sehr wohl. Aber nun saß Mamoru neben mir und ich schämte mich so sehr, dass ich so verantwortungslos in der Vergangenheit gewesen war und konnte die Antwort, die ich Mamoru schuldig war, kaum aussprechen. "Ich kann einen HIV-Test erst drei Monate nach einem Risikokontakt machen lassen. Und... und es sind noch keine drei Monate um... seit ich..." ich strich mir durch das Gesicht und wusste nicht wie ich es sagen sollte. "... seit du mit Steven geschlafen hast?" Mamoru beendete meinen Satz mit leiser Stimme und sah mich an. Mehr als ein nicken brachte ich gerade nicht heraus. Es entstand eine merkwürdige Stille, die ich nicht einordnen konnte, doch dann sah ich wie Mamoru sich zurück ins Kissen legte. "Dann ist es dir bei mir also nicht egal?" Nun war ich es, der Mamoru unsicher ansah und kurz überlegen musste. "Ich meine, dir ist es nicht egal, ob du mich eventuell mit etwas ansteckst." Er lächelte mich an und ich brauchte noch einen Moment um zu verstehen worauf er hinaus wollte. Doch dann schüttelte ich den Kopf. "Nein. Das ist mir nicht egal. Ich würde dich niemals so einem Risiko aussetzen." ich beugte mich zu ihm und obwohl ich dachte, dass er wütend werden würde oder verletzt war, so lächelte er mich an, legte seine Arme um mich und zog mich erneut in einen Kuss. Nach einer kleinen Ewigkeit, löste ich mich von ihm und sah in diese blauen Augen unter mir. "Du bist nicht wütend." Es war mehr eine Feststellung und Mamoru lachte leise. "Nein. Auf dich war ich schon wütend..." er rümpfte kurz die Nase und sah mich provozierend an. "...aber ihn hasse ich. Ich kann Steven ebenso wenig leiden wie Seiya und wenn ich Steven noch einmal sehe, dann kastrier ich ihn." Plötzlich mischte sich die Snooze-Funktion meines Weckers ein. Ich hatte einen dieser Wecker, wo man sich mit dem Radio, einem nervigen und aggressiv machend Piepen wecken lassen konnte. Aber und das war das Highlight, man konnte ihn auch mit einem eigenen Song bestücken und den abspielen lassen. Letztere Funktion hatte ich genutzt um mein Gute Laune Lied Nummero Uno drauf zu spielen "Come and get your Love" von RedBone. Und nun lächelte ich nur als der Song anfing, beugte mich erneut zu Mamoru und küsste ihn zärtlich. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten wir uns beide aus dem Bett geschält und auch wenn ich sicherlich geübt war, so konnte ich nicht leugnen, dass ich auch etwas Muskelkater hatte. Mamoru nahm das natürlich genugtuend zur Kenntnis und konnte sich das gehässige Grinsen kaum verkneifen, als wir im Flur unserer Sachen zusammen sammelten. "Alter Mann bewegt sich." kam es nur leise lachend, als ich mich ächzend bückte um mein Hemd und meine Weste aufzuheben. "Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen." war alles was ich darauf als Antwort gab. Mamoru grinste darauf hin nur und sammelte seine Sachen schnell auf. Ein leichter Rotschimmer bildete sich auf seinem Gesicht und ich schmunzelte nur. Er war richtig süß, wenn er verlegen wurde. "Ach da fällt mir ein..." ich stand auf und ging auf ihn zu. "Woher hast du eigentlich soviel Talent?" Er besah sich gerade sein Hemd, als ich ihn von hinten umfasste und an mich zog. Die Trainingshose die Mamoru von mir trug, rutschte dabei gefährlich tief und Mamoru ließ fast seine Sachen fallen, als er sie wieder etwas höher zog. "Bitte?" Fragend lehnte er sich gegen mich. "Du hast sehr viel Talent und Engagement gezeigt, bei deinem ersten Blow-Job." wisperte ich nur und bewegte mein Becken mit Absicht etwas stärker an seinem Hintern. Er seufzte leicht, fing sich aber sofort wieder. Sein Gesicht wurde nun richtig rot und er begann zu stottern. Das war ja mal niedlich. "A-also... naja... i-ch, ich... es... du ha-hast gesagt..." Ich lachte leise, drehte seinen Kopf zu mir und unterbrach sein Gebrabbel mit einem kurzen Kuss. "Ich hab nicht gesagt, dass du mir einen blasen sollst. Das war deine Interpretation. Aber wenn es dich beruhigt, du hast wirklich Talent und ich kann auch ungelogen sagen, dass es wirklich großartig war." Ich gab ihm einen Klaps auf den Hintern und hob die letzten Sachen auf. Mein Blick schweifte über den Holzboden und ich seufzte. Eigentlich hasste ich putzen und ich tat es auch nie selber. Aber ich konnte der Putzfrau wohl schlecht die Flecken erklären, also - Selbst ist der Mann! Seufzend strich ich mir durch die Haare. "Du schuldest mir ein Hemd!" Ich drehte mich um und sah zu Mamoru, der mir sein rotes Hemd in die Hände drückte und an mir vorbei ging. Ein grinsen stahl sich auf mein Gesicht, ich nahm das Hemd und roch daran, bevor ich ihm folgte. "Aber du musst zugeben, es war sehr erotisch als ich es dir vom Leib gerissen habe." Mamoru sagte nichts, aber ich konnte das leichte Lächeln erkennen, als er die Sachen aufs Bett legte. "Du kannst etwas von mir zum anziehen haben." Ich hängte Sakko und Weste auf einen Bügel und sah im Kleiderschrank nach was ich ihm geben konnte. Meine Mutter hatte sich vor knapp einer Woche den Spaß gemacht und mir drei Pullover geschenkt, sie meinte, jetzt wo ich wieder alltagstauglich rumlaufen würde, wäre das angemessen. Ich griff nach einem Kamelfarbenen Pullover mit V-Ausschnitt und einem weißen Hemd. "Hier. Das ist zwar zu groß für dich, aber es hält warm." Er nahm beides entgegen und besah sich den Pullover. "Der ist schick. Hat deine Mutter den gekauft?" Überrascht und leicht gekränkt sah ich ihn an. "Was soll das denn heißen?" Mamoru ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. "Das heißt, dass du dir doch den einen Pullover nur wegen unserem Deal gekauft hast und ich glaube einfach, wenn es nach dir ginge, wäre es auch bei dem einen Pullover geblieben. Aber nun hast du fast..." er warf einen kurzen Blick in den Schrank "...fünf Pullover. Das ist auffällig und ich glaube, deine Mutter hat darauf gewartet dir sowas kaufen zu können." da ich darauf keine Antwort hatte, die seine Aussage entkräftete konnte, fuhr ich eben die patzige Schiene. "Ach ja. Wo wir gerade von unserem Deal sprechen. Sind das hässliche grüne Sakko und diese eklige violette Hose eigentlich in der Tonne gelandet, wie abgemacht?" Mamoru sah mich an und schluckte. "Ich geh duschen." kam es dann nur hastig, bevor er aus dem Schlafzimmer verschwand. Mamoru Chiba Das heiße Wasser löste einige Verspannungen und tat unglaublich gut. Ich hätte den ganzen Tag unter dem Wasserstrahl stehen bleiben können, aber es wäre wohl keine so gute Idee gewesen, nachher verschrumpelt im Restaurant aufzutauchen. Wie Massanorie es bereits prophezeit hatte, waren Hemd und Pullover zu groß, aber als ich mich im Badezimmerspiegel ansah, musste ich zugeben, dass es eigentlich gar nicht schlecht aussah. Außerdem hatte ich eine kleine Macke entwickelt, wenn es darum ging Sachen von Massanorie zu tragen. Irgendwie tat ich das gerne und ich mochte den Geruch der Sachen, wenn er sie vorher getragen hatte, sogar noch lieber. Diese Nacht mit ihm war einfach nur großartig gewesen, noch nie hatte ich mich so gefühlt. Allein bei dem Gedanken was er mit mir gemacht hatte wurde mir ganz heiß und ich bekam das dämliche Grinsen kaum aus dem Gesicht. Gleichzeitig schlichen sich aber auch die ersten Sorgen ein. Es war eine richtige Beziehung, mit allem was dazugehörte - so schlau um das zu erkennen war selbst ich. Und es war nicht so, als wenn ich dies nicht wollte. Ich wollte es mehr als ich jemals etwas wollte. Bei Massanorie fühlte ich mich wohl und manchmal ertappte ich mich sogar dabei, dass ich meine kleine eisige Hülle ablegte und einfach nur Ich war. Aber was war, wenn ich nur noch Ich war, was wenn er mich so nicht mochte? Was wenn er nicht mochte was ich früher war? Wenn er Fragen stellte zum Heim oder was später gewesen war? Was wenn ich es ihm sagte und er mich nicht mehr wollte? Oh man wie ich das doch hasste. Eben noch war alles super und jetzt stand ich kurz vor einem Heulkrampf. Ich stütze mich auf meinem Oberschenkeln ab und atmete einige Male tief ein und aus. Nur nicht verrückt machen. Vielleicht interessierte ihn ja gar nicht was früher war. Bis jetzt hatte er noch kein einziges Mal nach dem Heim gefragt oder nach meiner Kindheit. Nur nach meinen Pflegefamilien und das hatte ich kurz und knapp beantwortet ohne ihn anzulügen. Gut, ja, sein Vater wusste, dass es mal etwas schief gelaufen war, aber er hatte versprochen es nicht zu erzählen. Also warum in Panik geraten? Ja da war Sie. Applaus. Meine destruktive Stimme war wieder da und anscheinend war sie in Hochform. Ich atmete noch einige Male ein und aus, bevor ich mich wieder im Spiegel ansah und langsam bis 10 zählte. Erst dann verließ ich das Bad. "Mamoru pass auf, ich..." Massanories Stimme kam aus der Küche, aber er hatte den Satz noch nicht beendet, da rutschte ich schon aus und landete auf dem Hintern. "Verdammt." fluchte ich nur und hörte schon wie Massanorie zu mir kam. "Alles gut?" Ich nickte nur und rieb mir das Steißbein. "Ja, der Muskelkater hat es abgefangen!" gab ich nur kleinlaut wieder. "Ich wollte dir gerade sagen, dass du aufpassen sollst. Ich hab den Flur gewischt." Bei dieser Aussage sah ich auf und schaute in diese unglaublich grünen Augen. Ich schluckte etwas und schaffte es erst wieder klar zu denken, als er mir auf die Nase tippte. "Siehst du was, was dir gefällt!" ich zuckte zusammen, lachte leise über diesen mir nur zu bekannten Satz und griff nach seiner Hand die er mir hinhielt um mir hoch zu helfen. "Kann sein." Massanorie trug, wie ich zuvor, nur eine Trainingshose, mein Blick glitt über seinen nackten Oberkörper. "Wie kommt man eigentlich zu solchen Bauchmuskeln?" Meine Finger zeichneten die Muskeln nach, die er unter meiner Berührung anspannte. "Was machst du?" kam es nur leise von ihm, während er mich gegen die Wand drängte. "Nichts." kam es unschuldig von mir. "Ach das ist also nichts." es baute sich wieder dieses Knistern auf, welches uns gestern fast verschlungen hatte, wie im Fahrstuhl und schon im nächsten Moment waren seine Lippen auf meinen. Seine Zunge tippte gegen meine Zähne damit ich meinen Mund öffnete und dies tat ich nur zu gerne. Der Geschmack von Kaffee breitete sich in meinem Mund aus und ich wusste was ich gerade wollte. An nichts denken, an nichts zweifeln, nur ihn. Ich löste mich keuchend aus dem Kuss, griff in den Bund seiner Hose und zog ihn ins Badezimmer. Ohne einen Widerspruch, folgte er meiner Aufforderung. Seine Finger streiften die Hose einfach ab, während ich mich wieder aus meinen Sachen schälte. Das warme Wasser stachelte uns nur noch mehr an. Meine Lippen suchten gierig seine, bevor er anfing an meinem Hals zu saugen und seine Zähne an meinem Schulterblatt Abdrücke hinterließen. Das Kribbeln was er mir bescherte, jagte direkt wieder in meinen Unterleib und ich konnte Massanories Finger spüren, wie er anfing meine Erektion langsam zu massieren. Seine freie Hand griff hinter mich und schon im nächsten Moment konnte ich spüren, wie er in mich eindrang. Stöhnend hielt ich mich an ihm fest, während seine Lippen meine eroberten. Seine Zunge umspielte meine immer wieder und ich konnte spüren wie sich langsam immer mehr Spannung aufbaute. Seine Finger lösten sich aus mir und streichelten mich zärtlich. Die kalten Fliesen im Rücken sah ich Massanorie an, der mich beobachtete und dann damit begann meine Brust zu küssen. Er sog meine Brustwarzen mit seinen Lippen ein und saugte leicht daran, was mich fast wahnsinnig machte. Meine Finger krallten sich in seine Haare und ich stöhnte, während seine Zähne begannen an meinen Brustwarzen zu knabbern. Wieder ließ er von mir ab, streichelte mich Gesicht und lächelte. Dann drängte er sich nah an mich, ich sah an uns hinunter und sah, dass auch ihn das hier nicht kalt ließ. Schmunzelnd fuhr ich seine Bauchmuskeln nach und wanderte mit meiner Hand tiefer, bis ich an seinem Schwanz angekommen war. Meine Finger fuhren die pulsierende Vene nach, was Massanorie zum stöhnen brachte. Unsere Hände berührten sich leicht, während wir uns gegenseitig streichelten. Massanorie drängte sich noch etwas näher an mich, so dass unsere Schwänze sich berührten. Ich keuchte auf und musste zugeben, dass dieses Gefühl toll war. Seine Finger schlossen sich um beide zusammen und er begann damit seine Hand hoch und runter zu bewegen. Ich konnte den Blick nicht abwenden, sondern sah erregt dabei zu wie sich unsere Schwänze gegenseitig berührten und stimulierten. In mir baute sich eine unglaubliche Spannung auf, meine Hand griff nach seiner zwischen uns und ich begann damit mit meinen Fingern unserer Eicheln zu massieren. Massanories stöhnte auf und wie suchten unsere Münder. Er biss mir in die Unterlippe und saugte daran, während ich mich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Mein Atem ging immer stockender und ich konnte es kaum noch aufhalten, alles in mir verkrampfte sich. Mit einem lauten seufzen kam ich schließlich, Massanories Stimme vermischte sich mit meiner. Keuchend standen wir unter der Dusche. "Das war gut." Kam es schließlich grinsend von Massanorie. Ich lachte leise und nickte nur. Während wir duschten, bekam ich noch zwei weitere Knutschflecke von ihm verpasst, was mich aber nicht weiter störte, da man sie nicht sehen konnte. Frisch geduscht und wieder angezogen verließ ich das Badezimmer und sah mich im Flur um, bevor ich leise zu lachen begann. "Was ist so lustig?" Massanorie hatte sich ein Handtuch um die Hüpften gewickelt und trat hinter mich. "Ich dachte gerade nur, dass ich das gerne gesehen hätte wie du, Massanorie Lenjier, Reicher Ego-Klotz mit einem Wischmop den Flur putzt." "Jaja spotte nur. Aber wegen dir musste ich ja erst putzen." Nun wurde ich rot und versuchte ihn in die Seite zu zwicken, aber er wich mir aus und küsste mich auf die Stirn. "Komm, ich hab Kaffee gemacht. Außerdem muss ich bald los." "Wohin willst du denn?" ich ließ mich auf einem Hocker neben der Küchentheke nieder und nahm die Tasse dankend entgegen. "Ich hab meiner Mutter versprochen zum Kaffee zu kommen. Wir haben jetzt kurz vor zwei, wenn ich mich gleich beeile, bin ich pünktlich um halb drei dort. Außerdem muss ich mal wieder eine große Runde mit Sparky gehen, er kam die letzten Tage schon zu kurz. " Er nippte an seinem Kaffee und mein Blick glitt über seinen nackten Oberkörper. "Ich dachte mir, du willst bestimmt nicht mit. Sondern das du lieber etwas Ruhe haben möchtest." "Hmm." machte ich nur und nickte. "Klingt wirklich besser." Er lächelte und ich sah wie er seine Muskeln anspannte. Ich räusperte mich leise und trank still schweigend meinen Kaffee. "Es ist sehr sexy, dass du mich so anschmachtest." Er grinste und ging. "Ich gehe mich anziehen." Kopfschüttelnd sah ich ihm nach und ich konnte gar nicht anders als ihn noch einmal intensiv zu mustern. Er hatte mir wirklich den Kopf verdreht, dieser Blödmann. Aber es ging mir wieder besser, Massanorie schaffte es, dass ich mir keine Gedanken machte. Das ich daran glaubte, dass alles gut werden würde - selbst für mich! Mai Godai Nachdenklich schloss ich die Wohnungstür auf und schmiss meine Jacke einfach in eine Ecke. Meine Mitbewohnerin war sowieso nicht da, sondern verreist. Da konnte ich die Wohnung auch ruhig verwüsten. Außerdem hatte ich keine Lust, auf gar nichts. Diese Sache gestern Abend, dieses 'in Erinnerungen schwelgen' hatte mich mitgenommen. Die Nacht hatte ich Albträume gehabt und meine Eltern hatten heute Morgen sofort gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Ich hatte nur gemeint, dass ich vielleicht eine Erkältung ausbrütete und sie glaubten mir. Meine Mutter gab mir Ratschläge und meinte nur, als ich ging, dass ich mich hinlegen sollte. Wenn das doch nur wirklich alle Probleme lösen würde. Seufzend ließ ich mich im Wohnzimmer nieder, kuschelte mich in eine Decke und hoffte, dass alles wieder gut werden würde. Ich hatte Mamoru noch immer nicht auf die Nachricht geantwortet. Nicht weil ich nicht wollte, aber ich wusste nicht wie ich anfangen sollte. Und zu ihm zu fahren traute ich mich nicht. Was war denn wenn er nicht reden wollte, wenn er böse auf mich war? Leise schniefend vergrub ich mich in die Decke und döste ein. Die Türklingel riss mich aus einem traumlosen Schlaf. Etwas irritiert torkelte ich zur Tür, die Decke noch immer um mich geschlungen. "Ja..." wie vom Blitz getroffen schaute ich die Person an, die vor mir stand. "Massanorie?" "Hallo." war alles was von ihm kam. Er trug einen langen schwarzen Wintermantel, hatte einen Schal um den Hals und zog sich seine Handschuhe aus. Neben ihm sah ich eine Bewegung und konnte den Hund ausmachen, den Mamoru bei seinem letzten Besuch mit dabei hatte. Mein Blick glitt an wieder nach oben und an Massanorie vorbei. Vielleicht war er ja auch da?! Doch außer ihm und seinem Hund war niemand zu sehen und plötzlich überkam mich ein Gefühl der Sorge. "Geht es Mamoru gut?" "Wieso fragst du? Ich dachte, das wäre dir egal?" Geschockt von dieser Antwort sah ich ihn an. Seine Stimme klang emotionslos und ich fragte mich warum er hier war. "Das ist mir nicht egal. Sag bitte, dass alles gut ist." Mir stiegen die Tränen in die Augen, wie konnte er mich nur so quälen?! "Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. So wie man sich eben fühlt, wenn die einzige Familie, die man kennt, einen nicht mehr sehen will und einem die Freundschaft und Liebe kündigt!" Das hatte gesessen. Ich ging einen Schritt zurück und richtete meinen Blick auf den Boden. "Darf ich reinkommen, oder wollen wir das zwischen Tür und Angel besprechen? Mir soll beides recht sein." "Nein. Komm ruhig rein." nuschelte ich nur, trat zur Seite und ließ beide rein. Ohne mich weiter zu beachten suchte er sich den Weg ins Wohnzimmer, seinen Mantel legte er über die Sofalehne und setze sich. "Einen Kaffe! " Ich wollte mich gerade auch setzen, hielt jedoch in meiner Bewegung inne und sah ihn verständnislos an. Er verzog keine Miene, als er weitersprach. "Das Getränk, welches du mir aus Höflichkeitsgründen anbietest - einen Kaffee... Sparky mach Platz, wir gehen gleich noch lange spazieren, versprochen. " er hob den Blick und musterte mich, bevor er sich wieder seinem Hund widmete und ihm durchs Fell strich. Eigentlich wollte ich ihm erwidern, dass er sich seinen Kaffee sonst wohin schieben durfte und dass ich nicht seine Bedienstete war, aber mit diesem Satz an der Tür hatte er mir etwas den Wind aus den Segeln genommen. Zudem war er bestimmt nicht nur so hier, sondern wegen Mamoru, also stand ich auf und tapste in die Küche. Massanorie schien nicht gerade gut auf mich zu sprechen zu sein und er machte auch nicht den Eindruck, dass er Lust hatte mit mir zu reden - obwohl er zu mir gekommen war. Vielleicht hatte Mamoru ihn geschickt, weil er sich nicht traute?! Ohne es weiter zu kommentieren, brachte ich ihm eine Tasse Kaffee, stellte sie jedoch heftiger auf dem Tisch ab als nötig - nur um trotzdem meinen Unmut über sein Verhalten kundzutun. Doch er zog nur eine Augenbraue hoch und lächelte abfällig. So kannte ich Massanorie gar nicht. Wenn er mit Mamoru zusammen war, dann war er anders. Er war nicht gerade der Party-King, aber er schien mir immer sehr umgänglich zu sein. Aber das hier war wohl die Seite an ihm, von der Mamoru zu Beginn immer gesprochen hatte. "Sagst du mir nun, wie es ihm geht? Hat er dich geschickt?" Er nahm einen Schluck Kaffee und musterte mich erneut. "Er weiß nicht, dass ich hier bin. Und was das andere angeht, ihm geht's schlecht. Und ich werde mir das nicht länger ansehen." Er griff in seine Manteltasche und holte ein Päckchen Zigaretten heraus. Ohne mich auch nur um Erlaubnis zu fragen steckte er sich eine an. "Du und Yosuke, ihr rühmt euch doch immer so sehr dafür, dass ihr eine Familie seid. Aber wenn es dann drauf ankommt, dann ist Mamoru auch nur Ballast den ihr wegschmeißen könnt, oder?" Nun sprang ich wütend auf. "NEIN! Das ist nicht wahr. Ich hab Mamoru lieb, er ist wie ein Bruder für mich. Du hast doch keine Ahnung von uns dreien, also maß dir nicht an sowas zu sagen. Du weißt doch nicht wie das ist, wenn man ganz allein in so einem schrecklichem Heim lebt, wenn jeder Tag einfach nur... einfach nur schrecklich ist. Alles ging schief, Yosuke ist immer so stur, weil er sich Vorwürfe macht wegen Mamoru und ich bin immer nur die Kleine gewesen, auf die man aufpassen musste und ich konnte Mamoru nie helfen, NIE! Und dann verheimlicht er uns sowas. Er braucht uns gar nicht. Er denkt, dass wir ihm nicht helfen können, deswegen hat er es nicht erzählt, weil er uns für nutzlos hält. Weil wir ihn immer im Stich gelassen haben, weil er uns nicht als seine Familie ansieht. Weil eine Familie einen nie so im Stich lassen würde!" Mir liefen die Tränen über die Wangen und ich ließ mich schluchzend in den Sessel fallen, zog die Beine an und umklammerte sie. Es war einfach so über mich gekommen, denn genau deswegen war ich wütend. Ich war nicht wütend auf Mamoru, sondern auf mich. Weil ich nicht stark genug war. Weil ich ihm nie helfen konnte. Weil er mir deswegen nicht vertraute. Weil ich so egoistisch war und ihn allein gelassen hatte. Weil ich ihm die Familie weg genommen hatte die er lieb gewonnen hatte. Es dauerte eine Weile bis ich mich wieder beruhigt hatte, schniefend und schluchzend sah ich auf. "Ich komm gleich wieder..." kam es nur leise und gebrochen von mir, bevor ich mir Taschentücher holte. Massanorie hatte nichts gesagt, er saß einfach da und wartete wohl darauf, dass ich aufhörte zu heulen. Ich schnäuzte mir die Nase und wusch mir das Gesicht mit kaltem Wasser, um wenigstens etwas vernünftig auszusehen. Als ich das Wohnzimmer wieder betrat, zog sich Massanorie gerade wieder den Mantel an. "Was?" ich sah ihn an. War er jetzt nur gekommen um mich nieder zu machen? Fassungslos starrte ich ihn an. Er bemerkte meinen Gesichtsausdruck und rümpfte kurz die Nase. "Falls du Trost suchst, von mir bekommst du ihn nicht. Nette Worte und liebevolle Umarmungen hebe ich mir lieber für Mamoru auf, denn obwohl ich nichts von ihm weiß und er mir wohl auch nur mit Widerwillen jemals etwas erzählen wird, glaube ich, dass er diese Dinge nötiger hat als du oder Yosuke." Er ging an mir vorbei und rief nach seinem Hund, der wohl auf den Namen Sparky hörte. "Zudem solltet ihr euch mal fragen, ob er euch diese Dinge nur nicht erzählt hat um euch zu beschützen. Wäre ja eventuell denkbar." Mit diesen Worten ging er an mir vorbei und öffnete die Wohnungstür. Schnell hastete ich ihm hinter her. "Ist das alles? Bist du nur gekommen um mich nieder zu machen?" Er drehte sich zu mir um. "Nein. Morgen um drei bei mir, meine Adresse liegt auf dem Wohnzimmertisch. Es ist eine Einladung zum Kaffee. Mamoru weiß nichts davon. Auch wenn meine Sympathie für euch sich gerade in Grenzen hält, so vermisst er euch. Und ich will ihn wenigstens etwas glücklich sehen, selbst wenn ich dafür euch einladen muss." Er verließ meine Wohnung und ging, doch dann drehte er sich noch einmal um. "Ach ja. Yosuke war nicht zuhause. Ich gehe davon aus, dass du ihn mitbringst. Falls nicht, kann ich euch morgen auch gerne einsammeln." Das klang nicht wie ein nettes Angebot, sondern wie eine Drohung. Damit verschwand er und ließ mich einfach im Flur stehen. Kapitel 35: Step Thirty-four... Fear III ---------------------------------------- Wie leicht, ach, gerät man doch zwischen die eine Angst, daß etwas passieren könnte, und die andere Angst, daß es nicht passieren könnte. Kurt Marti Mamoru Chiba Massanorie hatte mich an meiner Wohnung abgesetzt, wo ich meine schwarze Leinenhose gegen eine Jeans tauschte. Danach war ich in die Stadt gefahren, um mir ein neues Hemd zu kaufen. Mein letztes hatte ja unseren leidenschaftlichen Ansturm von gestern nicht überlebt, was ich immer noch prickelnd fand. Also musste was Neues her, Massanorie hatte auch erwähnt das das Restaurant heute Abend schon sehr gehoben war. Was bedeutete, dass ich da mit meinen einfachen Klamotten wahrscheinlich erst gar nicht rein kam. Massanorie hatte das zwar belächelt und den Kopf geschüttelt, aber überzeugt hatte er mich damit nicht. Meine einzige schwarze Hose war für heute Abend auch nicht mehr zu gebrauchen. Zwar hatte mir Massanorie eine Kreditkarte in die Jackentasche geschmuggelt und mir im Nachhinein nur eine SMS geschrieben, aber trotz meiner Abneigung sie zu benutzen, hatte das anschließende Telefonat damit geendet, dass ich ihm versprechen musste sie zu benutzen. Er würde es merken wenn nicht und dann würde ich mir im Nachhinein eine Standpauke anhören müssen, hatte er nur gemeint. Trotzdem lief ich für meine Verhältnisse blendend gelaunt durch die Stadt. Hier in der Innenstadt sah man eigentlich kaum, dass es geschneit hatte, die hohen Gebäude und die vielen Menschen ließen es kaum zu, dass sich Schnee hier nieder lassen konnte. Mein Weg führte mich in einige Geschäfte, aber ich fand nicht wirklich etwas was mir gefiel. Nun stand Einkaufen aber auch nicht unbedingt auf der TOP 10 Liste meiner liebsten Beschäftigungen. Nach einer Weile des Herumlaufens und zwei Kaffee To Go später, stand ich wieder vor dem Einkaufzentrum, wo ich auch schon Heiligabend gestanden hatte. "Hmm." ich überlegte und ging dann doch langsam in die Richtung wo der Laden von Kisaragi-kun war. Im Einkaufscenter war es ungewöhnlich voll, wobei das wahrscheinlich am Umtausch von Weihnachtsgeschenken lag. Etwas unschlüssig stand ich vor dem Laden, hier war es einfach nur rappel voll. Kisaragi-kun war genauso alt wie ich und doch hatte er schon viel mehr erreicht, das wurmte mich etwas. Ich betrat den Laden und sah mich etwas unsicher um, als ich auch schon von einigen Kartons umgerannt wurde. Die Kartons wackelten verdächtigt und reflexartig griff ich danach und hielt sie fest. "Sorry und danke!" hörte ich hinter den Kartons nur. Ich nahm drei Kartons vom Stapel und sah in Kisaragi-kuns Gesicht, welcher mich kurz ansah und dann begeistert grinste. "Chiba-kun. Hey cool dich zu sehen. Sorry fürs umrennen. Aber du siehst, hier ist die Hölle los!" Ich nickte. "Schon gut. Wo willst du denn hin damit?" Ich hielt die Kartons hoch und schmunzelte. "Ins Lager, würdest du...?" "Klar." ich folgte ihm nach hinten und verstaute die Kartons mit ihm zusammen. Seufzend ließ er sich auf einen Stuhl fallen. "Oh man. So ein scheiß. Hier ist die Hölle los und alles geht schief. Und das gerade heute." Er sah mich an, rieb sich den Nacken und schmunzelte. "Ich find's cool, dass du echt nochmal vorbei kommst. Und ich würde zu gerne nen Kaffee mit dir trinken, aber ich bin allein im Laden und komme kaum hinterher mit der Arbeit." Er stand wieder auf und betrat mit mir zusammen den Verkaufsraum, wo er auch sofort von einigen Kunden in Beschlag genommen wurde. Ich sah mich um und fragte mich, warum der andere junge Mann vom letzten Mal nicht hier war, wenn doch soviel zu tun war. Vielleicht sollte ich doch nicht neidisch sein, auf Kisaragi-kuns Erfolg, denn das hier sah mir nach einer Menge Stress und nerven aus. Nach einer kurzen Überlegung, beschloss ich mich hier im Laden umzusehen, vielleicht würde ich ja hier fündig werden. Interessanter Weise war die bordeauxfarbende Lederhose immer noch da.Ich sah mir einige Jeans-Hosen an, die ich selber sogar kaufen würde. Gerade, als ich beschloss mich doch lieber auf die Suche nach einem Hemd zu machen, schlangen sich zwei Arme von hinten um meinen Hals. "So, ich hab fünf Minuten. Und ich brauche jetzt wirklich ne nette kleine Story..." erschrocken drehte ich mich um und sah in Kisaragi-kuns grinsendes Gesicht. Ich befreite mich von seiner Umarmung und räusperte mich. "Was meinst du?" "Ach bitte. Dieses Grinsen, glänzende Augen... ich bin doch nicht von gestern..." er senkte seine Stimme etwas. "Ich erkenne ein zufriedenes Sexgesicht. Also ich will Infos. Dafür..." er hielt mir eine Tasse mit Kaffee hin. "Ich glaube, das geht dich nichts an." Ok das war wirklich sehr dreist von ihm, auch wenn er mit seiner Beobachtungsgabe voll ins Schwarze getroffen hatte. "Och, komm schon." Er seufzte. "Nein." kam es nur monoton von mir. "Na gut. Spielverderber. Den Kaffee kannste trotzdem haben." er klang wirklich enttäuscht und ich musste darüber schmunzeln. Ein bisschen ähnelte er May. "Warum bist du denn allein im Laden. Beim letzten Mal hattest du doch einen Verkäufer. Oder?" Sein Gesichtsausdruck sah nun etwas verärgert aus. "Ja bis gestern Abend hatte ich auch noch einen Verkäufer, aber dann hab ich ihn mit der Hand in meiner Kasse erwischt." Er drehte sich um und ließ seinen Blick kurz durch den Laden gleiten, sprach aber weiter. "Und nun steh ich da ohne Hilfe. Dabei ist es heute rappelvoll, ich hab ne Lieferung bekommen und müsste die noch zählen und so und die Inventur steht an. Ich komm kaum zum Regale füllen, geschweige denn Ordnung darin herzustellen." Ich sah auf meine Armbanduhr, es war kurz vor vier und um acht wollte ich mich mit Massanorie vor dem Restaurant treffen. "Ich hab mal in einem Lagerhaus und in einigen Firmen als Lagerist gearbeitet, also Waren annehmen und so. Und bis sieben hab ich Zeit..." Ich hatte es kaum ausgesprochen, da sah mich Kisaragi-kun auch schon mit glänzenden Augen an. "Ernsthaft? Scheiße, ich wäre dir soooooo dankbar. Echt jetzt... dafür schulde ich dir was." Ich überlegte kurz und wurde rot. "Naja, da gibt es schon was. Wir gehen heute Abend essen und... naja ich..." "Sag nichts. Ich bin der beste Modeberater aller Zeiten." Es war jetzt kurz nach sechs, als ich den Laden mit einer Liste betrat. Obwohl es vorhin so voll war, waren jetzt gerade einmal zwei Leute im Laden. Kisaragi-kun kniete vor einem Regal und räumte gerade einige Pullover ein. "Hey." ich schmunzelte. "Hi Chiba-kun. Na alles klar. Ist ein scheiß Job dahinten oder? Ich mach das immer total ungern und es dauert endlos lange." Etwas irritiert sah ich ihn an. "Naja geht. Du musst hier noch unterschreiben." Ich hielt ihm das Lieferformular hin und deutete auf eine gestrichelte Linie. Völlig überrascht stand er auf. "Wie jetzt? Biste schon fertig?" "Ja?! Wieso auch nicht. Also selbst wenn man keine Ahnung hat, schafft man das gut in drei Stunden. Du hat ja hier keine Zehntausend Lieferungen." "Du verarschst mich. Wieso hat dann Ryu immer den ganzen Tag gebraucht?" "Hast du ihn mal kontrolliert?" Etwas verständnislos sah ich ihn an und schüttelte den Kopf. "Ich will mich ja nicht einmischen, aber ich würde sagen der hat dich übers Ohr gehauen." Wütend raufte er sich die Haare. "Nie wieder. Nie wieder stell ich jemanden ein, nur weil mich ein Kumpel darum bittet. Echt jetzt." Er nahm mir die Liste aus der Hand und unterschrieb sie. "Danke nochmal, du hast mir so den Arsch gerettet. Dank dir hatte ich genug Zeit um hier im Laden herum zu rennen." Ich nickte nur. Eigentlich war ich ja schon hilfsbereit, aber jemanden meine Hilfe anzubieten den ich eigentlich nicht kannte, war selbst für mich sehr selbstlos. Er atmete einmal tief ein und aus und sah mich dann an. "Schicker Pulli übrigens..." "Danke..." "...wenn er nicht wieder drei Nummer zu groß wäre." Überrascht sah ich an mir herunter. "Er... er gehört meinem Freund." "Oh man. Also... du hast mir geholfen und ich helfe nun dir. Ihr geht essen. Wohin und mit wem?" Etwas verunsichert besah ich mich im Spiegel. Eigentlich mochte ich was ich an hatte. "Sorry. Ich wollte nicht so harsch klingen und dich verunsichern." "Ach schon gut." kam es nur leise von mir. Er holte uns beiden einen Kaffee und lotste mich zum Sofa. "Also hör zu. Es ist total süß, dass du seine Klammotten trägst. Und an sich ist der Pulli hübsch und auch die Kombi mit dem weißen Hemd finde ich klasse. Aber, wenn du einen weiten und zu großen Pulli anziehst, dann solltest du wenigsten ne Skinny Jeans tragen und nicht eine, die nicht betont sitzt. Sonst sieht es nur schludrig aus. Merke dir diese Regeln: Oben weit gleich unten eng, unten weit gleich oben eng, oben und unten eng nur wenn man es sich erlauben kann... und oben und unten weit gleich Geht.Gar.Nicht." Ich hörte ihm zu und sah an mir herunter. Eigentlich war es mir immer egal, wie ich aussah, aber es stimmte vielleicht, dass ich in letzter Zeit noch weniger drauf geachtet hatte was ich anzog. "Oh schau nicht so, bitte." Ich zuckte überrascht zusammen, als ich er mich umarmte. "Nicht so schauen Chiba-kun. Du hast so ne tolle Figur und versteckst die immer, ich finde das einfach schade. Und ich bin manchmal einfach etwas zu ehrlich. Das meint mein Freund auch immer. Sorry." Er drückte mich noch einmal und stand dann auf. Für mich war diese Umarmungssache sehr gewöhnungsbedürftig, aber irgendwie war er nett. Er war jedenfalls sehr empathisch veranlagt, das war mal ganz nett, hieß aber auch, dass ich hier wahrscheinlich nur sehr begrenzt mit meiner "Mit geht alles am Arsch vorbei Masche " weiter kam. "Ich hab ne Röhren Jeans zu Hause im Schrank." kam es nur kleinlaut von mir. Ich wollte wenigstens zeigen, dass ich auch wusste wie man sich stylisch anzog. "Das ist gut, aber dir würde ich zu Skinny Jeans raten. Du hast tolle lange Beine und bist sehr schlank. Da kannst du ruhig alles betonen was du hast und in ner Skinny hast du bestimmt nen süßen Arsch." Mit der Aussage warf er mir eine dunkelblaue Jenas zu und grinste. Ich wurde rot und sah ihn sprachlos an. "Nun komm schon. Hob, hob. Erstmal zeig ich dir was ich meine und dann suchen wir dir ein schickes Outfit für Abend zusammen." Zögerlich stand ich auf und sah ihn an. "Ich glaube wegen heute Abend ist das nicht so eine gute Idee." Ohne meinen Einwand wirklich zu beachten schob er mich in eine Umkleidekabine. "Wohin geht ihr denn?" Ich kramt ein meiner Hosentasche nach dem Zettel mit der Adresse. "Wir gehen ins Tofuya Ukai, das ist in 4-4-13 Shiba-Koen, Minato-ku. Also Massanorie... mein... mein Freund..." es fühlte sich komisch an das laut auszusprechen. "... er hat gesagt, das ist so ein Nobelrestaurant und ich glaube..." "Tofuya Ukai? Biste sicher?" "Ja, wieso?" ich schloss die Hosenknöpfe, da sie keinen Reißverschluss hatte und kam aus der Kabine, die Hose saß echt eng, aber sie war nicht unbequem. Verwunderlich fand ich nur, dass mir Kisaragi-kun genau meine Größe gegeben hatte. "Warte sofort." Er umrundete mich, nickte dann aber zufrieden. "Schau in den Spiegel." Ich ging rüber und war mir sicher keine Veränderung zu sehen, aber ich irrte mich. Die Hose saß gut und zusammen mit dem Pulli sah es wirklich viel besser aus. Ich drehte mich einmal kurz und war sehr erstaunt. "Na, noch Zweifel an mir." Er grinste, stemmte die Hände in die Hüfte und sah sehr zufrieden aus. "Hey ihr beiden. Kommt ihr alleine klar?" Sein Blick glitt zu den beiden Mädchen die gerade ihre eigene kleine Modenschau veranstalteten. "Klar doch, alles gut." Kisaragi-kun nickte nur. "Gut, dann an die Arbeit. Zu aller erst, dein Freund hat dich verarscht. Das Tofuya Ukai ist kein Nobelrestaurant, sondern ein gemütliches kleines japanisches Restaurant auf Familienbasis. Es hat diese hübschen abgetrennten Räume mit Blick auf einen Japanischen Garten. Ich und Toya, das ist mein Freund, gehen da super oft hin. Da hat man seine Ruhe vor dem geglotzte anderer. Ach ja und ich bin Shogo. Also lassen wir doch die Förmlichkeiten." Mit diesen Worten knackte er mit den Fingern und musterte mich. "Und ich habe eine Gabe, ich kann zu 95% die Größen meiner Kunden perfekt schätzen." zwinkernd ging er an mir vorbei und pfiff einmal kurz. "Und wie ich es sagte, hübscher Arsch." Ich drehte mich um und wurde rot. "Hey. Also erst einmal, vielleicht irrst du dich mit dem Restaurant und zum anderen, findet mich mein Freund in dem was ich trage immer gut aussehend - glaub ich. Ich will ja auch nicht für ihn gut aussehen. Ich will mich wohl fühlen. Wir kennen uns ja nicht mal richtig - also du und ich..." Doch Shogo winkte nur ab und lachte. "Mamoru, da hinten steht mein Laptop, geh hin und such das Restaurant. Dann wirrste sehen, dass ich recht habe und zum anderen, du sollst ja auch nicht für ihn gut aussehen. Sondern für dich. Die Gabe ist es, dass du so gut aussiehst, das kein anderer Mann sich traut deinen Typen auch nur anzusehen und dass dein Typ merkt, dass er nie was besseres als dich bekommen wird. Außerdem soll Kleidung uns darin stärken wir selber zu sein, wenn du etwas trägst,in dem du dich wohl fühlst, wirkt sich das auf dein Selbstbewusstsein aus und dadurch wirkst du anders. Kleider machen zwar Leute, aber wenn du Spaß darin findest dich sexy oder schick anzuziehen, dann wirst du schnell merken, dass sich das auf dich auswirkt." Seine Worte hallten in meinem Kopf nach, als ich zu seinem Laptop ging und das Restaurant suchte - er hatte recht, Massanorie hatte mich reingelegt. "Die Kreditkarte. Er wollte nur, dass ich mir was kaufe... dieser... dieser Blödmann!" zischte ich nur wütend. Ich biss mir auf die Unterlippe und atmete tief ein und aus. Ich wischte mir die ersten Tränen aus den Augenwinkeln. Als er mir heute Morgen die Sache mit dem Test erzählt hatte, da hatte es mich schon glücklich gemacht, dass er sich so um mich sorgte, aber gleichzeitig schwebte diese Steven-Sache wieder über mir. Klar, Steven war nicht hier, sondern in New York und Massanorie war nun fest mit mir zusammen, aber trotzdem wurde mir bewusst das ich immer noch das Gefühl hatte mit ihm und all den anderen Männern in seinem Leben zu konkurrieren. Wie albern, ich kannte die ja nicht einmal. "Hey." Ich seufzte einmal kurz und sah Shogo an, er stand neben mir. "Hey. Hattest recht mit dem Restaurant." "Hörzu. Es tut mir leid. Ich hab es übertrieben, manchmal bin ich zu forsch und direkt. Das können viele nicht leiden und ich wollte dich nicht kränken. Es ist deine Sache, du hast recht, du musst dich wohlfühlen und das ist die Hauptsache." Seine Hand legte sich auf meine Schulter. Doch ich schüttelte nur den Kopf. "Nein, du hast wahrscheinlich wirklich recht. Aber ich... ich frag mich, warum ich mir die Mühe überhaupt machen sollte..." Ich hatte niemanden den ich fragen konnte, diese Sache mit Steven hatte ich einfach abgetan und weggeschlossen. Mit Massanorie wollte ich nicht darüber reden und mit May und Yosuke konnte ich es nicht, weil ich mich innerlich deswegen immer noch gedemütigt fühlte und diese Sache mit den anderen, die er alle hatte, machte es nicht besser. Zögerlich sah ich Shogo an. "Wenn du willst, ich kann gut zuhören - ok?" Er setzte sich neben mich. "Wir kennen uns ja kaum. Wieso solltest du dir also meine Probleme anhören?" Er schwieg kurz und seufzte dann. "Weißt du Mamoru, es ist wirklich super schwierig in dieser Stadt Männer kennen zu lernen mit denen man nur befreundet sein will. Die meisten, und gerade die aus dem Phönix, sind alle nur darauf scharf einen flach zu legen. So richtige Freundschaften bauen sich nur schwer auf und wenn dann sind das oft Typen die nur lästern oder ihre Freunde eifersüchtig machen wollen - einfach nur ätzend. Ähm aber du bist da anders... ich finde es nett mich einfach mal unterhalten zu können, ohne das man immer daran denkt, das der andere einen abcheckt. Ich finde dich nett und naja, ich dachte mir, wir könnten uns wirklich anfreunden." Er strich sich verlegen durch die Haare und schmunzelte. "Wenn du mich kennen würdest, würdest du nicht mehr mit mir befreundet sein wollen. Glaub mir, dass lohnt sich nicht." nuschelte ich nur und zupfte an Massanories Pulli herum. "Ach das lass mal meine Sorge sein." Er lächelte mich an und zwickte mich in die Seite. Einen Moment lang schwiegen wir beide, bevor ich mich dazu durchrang. "Er hat mich vor ein paar Wochen betrogen. Naja nicht so richtig weißt du, wir waren nicht wirklich zusammen... es war so ein Schwebezustand. Dieser Typ, er meinte zu mir, dass ich nicht in Massanories Liga spiele. Und Massanorie... er... versteh das nicht falsch, er ist total lieb und ich mag ihn wirklich... er ist eigentlich eher der One-Night-Stand Typ mit einem kleinen schwarzen Buch mit Nummern für jeden Fall und Anlass... und ich, ich bin nicht gerade das was man einen Vorzeige-Freund nennt. Wenn er erkennt, was für ein Loser ich bin, dann wird er mich bestimmt wieder abschießen... Du hast selber gesagt, er sieht so aus als könne er jeden haben." Ich lächelte etwas und strich mir die Tränen aus den Augenwinkeln. "Oh man. Was für ein Idiot." Ich sah Shogo an und schmunzelte. "Wer jetzt?" "Na dein Typ und der andere. Alle Typen auf dem Planeten." er machte eine Pause und sah mich an. "Außer wir beide natürlich." Er griff nach dem Laptop und schloss ihn. "Weißt du Mamoru, dieser Typ mit dem dich dein Kerl betrogen hat und genau das ist es ja, sonst würde es dich ja nicht so beschäftigen, das ist ein ganz kleiner Pisser. Wenn ich mich nämlich an nen Typen ranmachen muss, der eigentlich jemanden anderen will oder mit jemand anderen zusammen ist, dann zeugt das nur von einem Komplex. Das ist so nach dem Motto, wenn ein Kind sein Spielzeug weglegt und ein anderes nimmt es dann. Plötzlich will man es zurück, man spielt nicht damit, aber es darf auch kein anderer damit spielen. Dein Kerl ist das Spielzeug und dieser Typ ist das verzogene Gör. Außerdem... der hat bestimmt nen kleinen Penis und ist hässlich... total hässlich... und du" erstand auf und lächelte mich an. "...du bist total hübsch Mamoru. Du siehst gut aus, bist super nett - ich meine, du hast deine Zeit für mich geopfert, obwohl du mich nicht kennst und mir geholfen, wenn das nicht für einen super Charakter spricht, dann weiß ich nicht. Du scheinst das zu sein, was man sich als Partner wünscht. Und ja ich hab gesagt, dass er jeden haben könnte, weil er gut aussieht. Aber das würde ich über dich auch sagen, also das hab ich auch." Verwundert sah ich ihn an. "Meinem Freund hab ich gesagt, dass ich jemanden kenne gelernt habe und das der sehr attraktiv ist und so. Kannst ihn fragen, wenn du willst." Er zwinkerte und umarmte mich kurz. Lächelnd sah ich ihn an und mir ging es wirklich etwas besser. "Also Mamoru, wollen wir die was Schickes raussuchen oder lieber nicht?" Massanorie Lenjier Ich stand vor dem Restaurant und wartete, per SMS hatte Mamoru mir mitgeteilt, dass er sehr wohl wüsste, dass ich ihn verarscht hatte und das ich mich nun auf was gefasst machen durfte. Normalerweise würde ich das nicht ernst nehmen, aber irgendwie beschlicht mich das Gefühl, dass ich es wirklich übertrieben hatte. Ein kalter Wind fegte einige Schneeflocken vor sich her und ließ diese Winternacht etwas bedrohlich wirken. Ein Auto fuhr auf den Parkplatz des Restaurants und ich konnte das Lachen zweier Männer hören, wobei ich sehr überrascht war, denn das eine Lachen gehörte definitiv zu Mamoru. Ich konnte hören, dass sie sich unterhielten bevor das Auto wieder fuhr. Im Schein des beleuchteten Weges sah ich Mamoru auf mich zukommen, er trug den grünen Parka und sah mich etwas böse an. Er blieb vor mir stehen, kramte in seiner Tasche und drückte mir die Kreditkarte vor die Brust, so als ob er sie mir in den Brustkorb rammen wollte. "Mach das nie wieder!" zischte er nur, bevor er an mir vorbei ging. Ich griff nach seiner Hand und zog ihn zurück. "Mein kleiner Streuner, komm schon, nicht sauer sein." Doch Mamoru zuckte leicht zusammen und sah mich an. "Nenn mich nie wieder so. Außerdem hab ich allen Grund sauer zu sein. Du lügst mich an, nur um mir deine Kreditkarte unter zu jubeln." Ich lächelte etwas und nickte. "Ja das stimmt. Aber ich wollte nur, dass du dir einen schönen Tag machst." Mamoru zögerte und wartet anscheinend auf mehr. "Die letzten Tage waren anstrengend für dich. Die Sache mit Bunny, mit der Prügelei, dann Yosuke und May, ich dachte mir, vielleicht findest du etwas Nettes in der Stadt. Ein Buch, oder ein Buch..." ich schmunzelte. "...ich wollte nur, dass du dich etwas ablenkst." Mamoru seufzte. "Warum sagst du das dann nicht. Ich meine, ich würde die Kreditkarte dann trotzdem nicht benutzen, aber dann hätte ich nicht das Gefühl gehabt, dass ich dir nicht genüge." Verständnislos sah ich ihn an. "Ich dachte, du hast das gemacht, weil... na weil du nicht mit mir zufrieden bist... vom aussehen... dass du mich nicht für vorzeigbar hältst." er sah auf den Boden und spielte an der Kordel seiner Kapuze herum. "Das ist doch Unsinn..." fuhr ich ihn leicht böse an. "Wie kommst du denn bitte immer auf sowas?" Seufzend drückte ich die Zigarette aus. "Weil... weil ich immer das Gefühl habe mit all den Männern vor mir konkurrieren zu müssen." seine Stimme war dünn und gepresst und es musste ihn einiges an Überwindung gekostet haben, mir das gerade zu sagen. Nun stand ich da, sah meinen Freund an und musste feststellen, dass ich wohl nicht ganz unschuldig an diesem Dilemma war. "Es tut mir leid. Aber..." ich hob seinen Kopf etwas an, damit er mich ansah. "...du musst mit niemanden konkurrieren. Sicherlich gab es einige Männer vor dir, aber von denen kann dir doch keiner der Wasser reichen. Ich versteh von diesen Beziehungssachen echt super wenig und ich bin nicht sehr gut darin, obwohl ich finde, für meine Softie Seite, die ich dir immer zeige, verdiene ich ein Lob." Mamoru schmunzelte. "Du bist toll und..." nun druckste ich herum "...und ich... ich meine, mir fällt es auch nicht leicht. Denkst du die Blicke von anderen, die du erntest, lassen mich kalt. Ich denke im Phönix immer, dass wenn jemand kommt der fast genauso gut aussieht wie ich, was natürlich schwierig ist... naja aber dafür einen besseren Charakter hat, dass du den mir auch vorziehen würdest." Nun standen wir beide da, verlegen und schauten auf den Boden. Oh man, dass war mal demütigend, aber wenn es der Sache half. "Ich bin immer sehr eifersüchtig. Als Beispiel wäre da zu nennen, dass ich gerne wüsste wer dich hier abgesetzt hat. Ihr habt gelacht und es war ein Kerl." Meine Stimme hatte automatisch einen bissigen Unterton angenommen. Mamoru musterte mich kurz und lachte dann leise. "Kisaragi Shogo... wir sind Freunde... glaub ich zumindest. Du kennst ihn auch." Ich zog eine Augenbraue hoch und schüttelte den Kopf. Ich würde wissen wenn ich Mamoru den Umgang mit Männern einfach erlauben würde. Schon bei Yosuke duldete ich es nur weil der hetero war, naja das hoffte ich zu mindestens. "Aus dem Phönix. Wir haben ihn auf der Toilette kennen gelernt, er hat uns Prozentzahlen runter gerattert." Mamoru lächelte mich an, doch ich hatte nur Phönix gehört. "Ich will nicht, dass und dich mit anderen schwulen Männern triffst!" ich ließ seine Hand los und sah ihn böse an. "Er ist ein Freund und nur damit du es weißt, ich arbeite ab nächster Woche bei ihm im Laden. Und das mache ich, egal ob es dir passt oder nicht." "Wieso? Diese Männer sind alle gleich..." "Also wie du?" nun das hatte gesessen. Ich atmete hörbar aus und suchte nach meinen Zigaretten. Doch Mamoru hielt meine Hand fest und zerrte an meinem Mantel, solange bis ich ihn ansah. "Ich brauche jemanden zum reden. Ich muss so viele Dinge für mich klären Massanorie. Du hast mir das eingebrockt, weil du unbedingt eine Beziehung mit mir wolltest und ich will sie auch. Aber in mir ist noch soviel Gefühlschaos, so viele Dinge die ich selber nicht weiß. Ich brauche jemanden mit dem ich reden kann, der sich mit diesen Outing Dingen, mit den anderen Dingen, ja vielleicht sogar wenn es um Sex geht auskennt. Selbst wenn Yosuke oder May wieder mit mir reden würden, ich kann mit keinem von Ihnen über unsere Beziehung sprechen oder über Ängste die ich habe und falls du es nicht gemerkt hast, mit dir kann ich da erst recht nicht drüber reden und ich will es auch nicht." Ich sah Mamoru lange an und dachte darüber nach, es gefiel mir nicht und ich wollte es nicht - aber für Mamoru schien es wichtig zu sein. Außerdem wusste ich ja, dass es ihm ebenso wie mir, wenn auch aus anderen Gründen, schwer fiel neue Leuten kennen zu lernen. Also sollte ich mich wohl freuen, dass er neue Freunde fand. "Hmm." war alles was ich antwortete, doch Mamoru verstand es wohl richtig, denn er lächelte und gab mir einen kurzen Kuss. "Aber nur damit du es weißt, du hast mir den Abend versaut und ich bin den ganzen Abend nun schlecht gelaunt." "Also wie immer!" kam es nur spottend von ihm, bevor er mich ins Restaurant zog. Meine Mutter und mein Vater warteten schon, obwohl meine Schwester sich mit Julia auch etwas verspäten würde, also war es wohl ok. Und ich wollte meiner Mutter auch die Zweisamkeit mit dem alten gönnen, das war der einzige Grund warum ich in der Eiseskälte auf Mamoru gewartet hatte. Wir gingen zur Garderobe, ich gab meinen Mantel zuerst ab, drehte mich zu Mamoru und musste kurz schlucken. Er sah toll aus. Er trug eine schwarze enge Jeans, die wirklich sehr gut saß, ich lugte verstohlen an ihm vorbei und versuchte einen Blick auf seinen Hintern zu erhaschen, was er mitbekam und mich etwas verwundert ansah. Ich lächelte nur und tat so als wenn alles gut wäre, der Pullover stand ihm aber ebenso gut. Ein Strickpullover in schwarz-weiß mit Schalkragen und Knöpfen am Halsausschnitt. Wirklich nicht schlecht. Er saß gut und ich musste zugeben, dass war echt sexy, außerdem betonte das Outfit seine blauen Augen. Weil ich ein Gentleman war, ließ ich Mamoru natürlich den Vortritt, deswegen und weil ich unbedingt seinen Hintern in der Hose sehen wollte - und es lohnte sich. Nicht das er nicht allgemein einen süßen Arsch hatte, aber das war einfach nur ein sehr göttlicher Anblick. Noch bevor wir unseren kleinen privaten Raum betraten, sah ich mich um und kniff Mamoru in den Hintern. Dieser sprang fast einen Schritt nach vorne, fiepte einmal kurz und sah mich völlig fassungslos an. "Entschuldige." ich hob schnell die Hände und grinste. "Aber bei so einer Aussicht musste es sein. Ich mag was du an hast. Sehr schick und die Hose ist sexy." Er musterte mich und schmunzelte nur. Kapitel 36: Step Thirty-five... Love ------------------------------------ “Das große Glück der Liebe besteht darin, Ruhe in einem anderen Herzen zu finden.” Julie Jeanne de Lespinasse Andrea Lenjier "Du könntest es ihm aber ruhig anbieten." kam es nun leicht resignierend von mir, diese Diskussion würde ja doch zu nichts führen. "Andrea. Wieso ist dir das so wichtig?" Seijiro lehnte sich etwas zurück und sah mich an. "Weil ich nicht verstehe, was so schwierig daran ist, dass du Mamoru endlich anbietest das er dich beim Vornamen nennen darf. Er ist Massanories Partner..." "Und wir wissen nicht wie lange das so bleibt. Wenn die beiden es schaffen ein Jahr voll zu bekommen, dann reden wir weiter." Seijiro war in dieser Hinsicht wirklich stur, er wollte es nicht, also ließ er sich auch auf keine weitere Diskussion ein. "Na gut." Seufzend griff ich nach seiner Hand und schüttelte den Kopf. "Aber stur bist du trotzdem." Er streichelte meine Hand sachte, als sich plötzlich die Schiebetür öffnete. Mamoru lächelte uns an und verbeugte sich zur Begrüßung. "Guten Abend und danke für die Einladung." Ich verdrehte nur die Augen und wollte gerade aufstehen, als Seijiro mich zurückzog. "Du solltest dir abgewöhnen ihn immer gleich umarmen zu wollen." "Seijiro... na gut." Ich wusste ja, dass er nicht ganz unrecht hatte, Mamoru mochte es nicht so sehr, ließ es aber zu. Also blieb es bei einem Nicken unsererseits. Ich mochte dieses Restaurant und zwar nicht nur wegen dem guten Essen, sondern auch weil mir Seijiro hier einen Antrag gemacht hatte. Es war für seine Verhältnisse sehr romantisch gewesen und ich freute mich immer wenn wir hier hin gingen. Ich schwelgte in Erinnerungen und bekam gar nicht mit, dass auch Massanorie den Raum betrat und sich beiden uns gegenüber setzten. "Mum?" Ich zuckte kurz zusammen und sah Massanorie in die Augen, welcher mir direkt gegenüber saß. Mamoru schaute mich ebenfalls etwas besorgt an, doch Massanorie setzte sofort ein grinsen auf. "Sie schwelgt schon wieder in Erinnerungen. Du musst wissen, hier hat mein Vater ihr einen Antrag gemacht - in diesem Restaurant." Mamoru lächelte mich an. "Dann muss es ja was besonderes sein hier immer wieder hinzukommen." Verlegen nickte ich und sah Seijiro an. Auch er lächelte leicht und drückte meine Hand nun etwas fester. "Ist das eklig, wie die Teenager..." "Sei still Massanorie." gab ich nur ruhig zur Antwort. "Wenn du mal in unser Alter kommst, dann wirst du auch so kitschige Momente haben." Ich sah wie er zu Mamoru blickte und lächelte. Die beiden schienen heute ja besonders gut gelaunt zu sein, denn wenn ich mich nicht irrte, dann turtelten sie auch etwas. Massanorie und Mamoru tuschelten etwas und lachten leise, bevor sie sich wieder uns zuwandten, mein Mann beäugte das etwas kritisch, aber ich tätschelte seine Hand nur und lächelte. In meinen Augen war es sehr schön Massanorie so zu sehen, so kannte ich ihn gar nicht und es war einfach beruhigend, dass er doch noch jemanden gefunden hatte - jemanden den wir mochten und der seine Launen ertragen konnte. Ich glaubte, dass Seijiro es eigentlich auch als positiv empfand, dass Mamoru mit Massanorie zusammen war, aber er sträubte sich noch immer etwas gegen die Vorstellung, dass unser Sohn sein Glück nur in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung finden würde. Vielleicht fiel es ihm auch nur so schwer, weil Massanorie sein einziger Sohn war... "Warst du hier schon einmal essen?" Seijiro sah kurz nach draußen in den beleuchteten Garten und dann zu Mamoru. Dieser schüttelte nur den Kopf. "Nein. Aber ein Freund hat mir heute erzählt, dass es hier sehr schön sein soll. Er meinte zwar, dass es neben dem Tokyo Tower liegt, aber das es wirklich genau danebenliegt das ist schon toll. Und man kann ihn überhaupt nicht sehen, wenn man hier sitzt." Mamoru schien wirklich begeistert und Seijiro lächelte ihn kurz an. "Das Design des Hauses ist sorgfältig konzipiert, alle Zimmer haben einen Blick auf den Garten im Innenhof, aber der Tokyo Tower bleibt völlig aus dem Sichtfeld der Gäste. So vermittelt es dem Gast, dass er gar nicht direkt in der Innenstadt ist, das entspannt mehr. Es gibt insgesamt 55 Zimmer, genug, um mehr als 500 Personen zu bewirten. Vorne am Eingang gibt es vier Räume die extra für Rollstuhlfahrer eingerichtete wurden. Heutzutage ist Barrierefreiheit ein immer größeres Thema. Weißt du in welchem Stil die Räume eingerichtet sind?" Er musterte Mamoru, wobei sich Massanorie gleich wieder reinreiten musste. "Dad. Lass ihn zufrieden. Was soll die Ausfragerei. Wir wollen hier essen und Mamoru will keine Immobilie kaufen. Mein Vater denkt, nur weil er in das Restaurant mit investiert hat, dürfte er jeden immer wieder darauf hinweisen wie Traditionsbewusst hier alles ist." Ich schüttelte den Kopf und wollte Massanorie gerade etwas sagen, als Mamoru sich einschaltete und anscheinend tat er einfach so als würde er Massanorie gar nicht hören. "Zashiki Stil, das ist die Bezeichnung für einen Raum der mit Tatami-Matten ausgelegt ist. Man kann ihn auch washitsu nennen. Entstanden sind diese Räume in der Heian-Zeit, also 794-1185. Es diente zuerst in Adelspalästen dazu dass die Adeligen höher saßen als Gäste oder Menschen niederen Standes, später dann wurden ganze Räume mit Strohmatten ausgelegt und diese Räume wurden für Empfangsräume oder Gästezimmer verwendet. Zudem wurden dann die für einen Raum im Zashiki Stil typischen einfachen Einrichtungsgegenstände verwendet; flache Tische mit passenden Zaisu-Stühlen. Später kamen dann in einigen Wohnungen und öffentlichen Gebäuden sogenannte Beinbrunnen dazu, um die Sitzqualität zu erhöhen." Stille. Massanorie sah Mamoru nur mit offenem Mund an und ich konnte mir ein beeindrucktes "Oh." nicht verkneifen. Mein Mann dagegen schien mehr als nur erfreut, denn er lächelte Mamoru an und nickte. " Du musst in japanischer Geschichte sehr gut gewesen sein." Mamoru lächelte leicht und strich sich verlegen durch die Haare. "Ja schon. Ich mochte japanische Geschichte und die anderen Kulturfächer sehr gerne. Außerdem kann ich mir Jahreszahlen gut merken und ich finde es spannend zu hören, wie sich eine Kultur wie die Japanische mit westlichen Einflüssen mischt und sich dadurch nochmal neu entwickelt." Die beiden hatten anscheinend ein spannendes Gesprächsthema gefunden, denn sie unterhielten sich über Geschichte, Traditionen und Veränderungen in der Moderne. So viel hatte ich Seijiro noch nie reden gehört und auch wenn er es nicht zugeben wollte, so glaubte ich ja schon, dass er Mamoru auch ins Herz geschlossen hatte. Massanorie und ich unterhielten uns eher über Dinge die uns interessierten - wir lästerten über Menschen! SeijiroLenjier Ich war immer wieder positiv angetan von dem Jungen. Dass er sich so gut mit japanischer Geschichte auskannte, hatte mich gewundert, aber auch gefreut. Masssanorie und auch Julia hatte nie den Anspruch gehabt soviel über dieses Land zu lernen. Mamoru dagegen schien, was geschichtliche Aspekte anging, sehr viel Wert auf seine Herkunft zu legen. Das Spirituelle nun nicht unbedingt - aber das konnte ja noch werden. "Ich denke, dass der Westliche Einfluss langsam Traditionen und Werte auslöscht. Wir, als Japaner, müssen darauf achten, dass wir uns diesem Einfluss nicht zu sehr hingeben." Ich nippte an meinem Tee, der uns eben gebracht wurde und sah zu Mamoru der mich ansah und dann kurz still blieb. "Ich sehe das anders." er nahm einen Schluck seines Tees. "Die moderne japanische Kultur enthält viele Elemente der eigenen Tradition, wodurch Japan im Kreis der Industrienationen seinen individuellen Charakter, meiner Meinung nach, bewahrt hat. Natürlich gab es Phasen in denen wir als Land zu Recht Angst hatten mit westlichen und amerikanischen Einflüssen überschwemmt zu werden, beispielsweise nach dem zweiten Weltkrieg. Aber heute, finde ich, kann man fast das Gegenteil feststellen. Traditionen werden wieder viel deutlicher spürbar. Alleine in diesem Jahr gab es zwei Neueröffnungen von Kabuki Theatern und auch die öffentlichen Bäder,die vor zehn Jahren langsam immer mehr abnahmen, erfreuen sich wieder einer großen Beliebtheit. Ich würde ja behaupten, dass wir gerade eine neue Blütezeit japanischen Kultur erleben. Anstatt das westliche Einflüsse uns überschwemmen, kann man sehen, dass immer mehr unserer Traditionen in den Westen fließen. Besonderheiten japanischer Kultur und Lebensart haben längst den Westen erobert, von Sushi und Bonsai über Kampfsport, Zen-Meditation, Futons und Shôji bis hin zu Manga, Anime oder dem Tamagotchi. Das was bei uns out ist, fängt in westlichen und amerikanischen Städten gerade an hip zu werden." "Hmm, eine interessante These - wirklich. Aber die soziologische Entwicklung..." "Seijiro?" Ich sah Andrea an, welche mich antippte und matt lächelte. "Ich finde es wundervoll, dass du endlich jemanden hast mit dem du dich austauschen kannst. Aber wäre es möglich, dass wir uns alle unterhalten und zwar über Themen die nicht schrecklich langweilig sind." "Amen." Massanorie sah zuerst mich und dann Mamoru an. "Du bist ein kleiner Klugscheißer." Mamoru lachte nur leise und sah meinen Sohn freudig an. "Manchmal vielleicht." In diesem Moment schob sich die Tür auf und meine Tochter und Enkeltochter betrachten den Raum. Letztere sah uns etwas schuldbewusst an. "Hallo alle zusammen." Julia lächelte und gab Katrin einen kleinen schubs. "Na, hast du nicht etwas zu sagen?!" Meine Enkeltochter druckste etwas herum und seufzte leise. "Es tut mir leid, dass wir so spät sind. Das war meine Schuld, weil ich noch unbedingt meine Puppe baden wollte." "Und deswegen seid ihr zu spät?" ich sah zu Julia und musterte sie kurz. "Naja. Das Problem war nicht das baden der Puppe, sondern das überschwemmen des Badezimmers." Ich schmunzelte nur und verkniff mir ein lachen, da ich diese Geschichte irgendwo schon einmal gehört hatte. Andrea musste es ebenso gehen, da sie ihre Stirn an meine Schulter legte und leise lachte. "Warum lacht ihr beiden denn?" Katrin kam zu uns und zupfte an meinem Hemdkragen. "Wir haben gerade nur ein Déjà-vu." kam es von Andrea, die Katrin in die Arme schloss und ihr einen Kuss auf die Wange drückte. Danach gab auch ich ihr einen Kuss und lächelte sie an. "Mama. Das ist nicht das gleiche." Julia schien nicht begeistert darüber, dass ihre Eltern sich noch immer an die Untaten ihrer Kinder erinnerten. "Deine Mutter..."begann ich leise "... hat als kleines Mädchen einmal auch ihre Puppen baden wollen. Dabei hat sie dann vergessen das Wasser abzustellen und wir haben es nicht mitbekommen. Am Ende war das ganze Badezimmer überschwemmt und es ist in die untere Wohnung durch die Decke getropft. Da haben wir noch in Deutschland in einer Wohnung gelebt." Katrin gluckste leise und hielt sich die Hände vor den Mund. "Das ist witzig." Ich nickte und sah Julia an, welche rot wurde und sich räusperte. "Jaja sehr witzig. Aber jetzt sind wir alle Erwachsen und wir wollen doch meiner Tochter nicht noch mehr Flausen in den Kopf setzen." Katrin befreite sich aus meiner Umarmung und lief zu Massanorie, der einen kleinen Kuss bekam, bevor sie sich Mamoru in die Arme warf. Sie setzte sich auf seinen Schoss und begann mit ihm zu flüstern. Meine Frau hatte wohl recht, die beiden hatten ein sehr enges Verhältnis, was wohl darauf beruhte, dass sich Mamoru oft in Katrin wiedererkannte. So kam es mir jedenfalls seit gestern Abend vor. Ich war sehr dankbar das Mamoru Katrin beruhigt hatte und ihr Trost zugesprochen hatte. Danach ging es ihr wirklich besser und sie hatte heute Morgen mit mir und Andrea darüber gesprochen, wo ihr Papa jetzt sei und dass sie oft noch traurig wäre und Angst hatte, dass sie ihre Mutter traurig machen könnte, wenn sie weinte. Sie schien wirklich auf Mamoru zu hören und über ihren Kummer sprechen zu wollen. Mamoru Chiba Die Unterhaltung mit Seijiro war wirklich interessant gewesen und ich fand es etwas schade, dass wir sie unterbrechen mussten, weil sich Andrea und Massanorie wohl etwas langweilten. Katrin kuschelte sich an mich. "Mamoru?" "Hmm." "Du musst mir etwas sagen..." sie flüsterte und sah zu ihrer Mutter, die sich neben Andrea gesetzt hatte und sich etwas Tee eingoss. "Mit der Mama hab ich schon geredet. Und es ist ok, weil na ja ich bin zwar noch traurig, aber es ist besser." Ich seufzte und vergrub mein Gesicht in ihrem kleinen Haarschopf. "Was ist denn los?" wisperte ich nur. "Sie legte ihren Kopf in den Nacken und sah mich direkt an. "Erst musst du mir einen Kuss geben, hier hin!" sie deutete auf ihre Stirn und ich kam den kleinen Befehl nur zu gerne nach. Sie quietschte und grinste mich an. "Ich hab die Mama gefragt und auch Oma und Opa und es gibt ja keinen Weihnachtsmann und so..." ich schwieg und wurde etwas traurig, dass sie diesen Glauben jetzt schon verloren hatte. Aber es war wohl natürlich, dass sie sich solche Fragen stellte und schließlich verstand, dass es nicht echt war woran sie glaubte. "Das Christkind gibt es schon hat Mama gesagt. Sie sagt aber, dass es eigentlich keine Geschenke bringt - aber das hab ich noch nicht verstanden. Aber Mama sagt, dass mir das der Onkel Jochen erklären kann. Weißt du Maru-chan, der arbeitet nämlich für den lieben Gott." Ich sah sie fragend an, aber anscheinend hatte Massanorie uns belauscht, denn er lachte nur leise und sah mich an. "Jochen ist Pfarrer und er Mann von Melanie, der jüngeren Schwester meiner Mutter." Er strich Katrin durch die Haare und schmunzelte. "Deine Mama hat recht, die Sache mit dem Christkind solltest du wirklich mit dem Jochen besprechen." Katrin nickte nur und kuschelte sich wieder an mich. Mein Blick glitt zu Massanorie. "Du hast eine große Familie, oder?" Massanorie überlegte und sah mich schulterzuckend an. "Na geht so. Die Seite meiner Mutter ist etwas größer. Insgesamt hat sie noch drei Geschwister. Meine Tante Melanie eben und dann noch meine beiden Onkel Hermann und Stefan. Die sind alle verheiratet, wobei wir die Frau von Stefan nicht besonders mögen - Cordula..." "Sie ist eine Schreckschraube." Julia sah uns an und rollte mit den Augen. "Die denkt sie wäre was besseres, ein bisschen so wie du Bruderherz." sie grinste und widmete sich sofort wieder dem Gespräch mit ihrer Mutter, die sie jedoch nur mahnend ansah. Massanorie rümpfte die Nase. "Randkommentare von der Außenlinie. Hilfreich, wie immer. Na jedenfalls haben die zusammen vier Kinder. Jochen und Mel haben zwei Jungs, Stefan und Cordula einen Jungen und ein Mädchen. Hermann hat leider keine Kinder, er und seine Frau Emma können keine bekommen. Eigentlich schade, die beiden wären bestimmt gute Eltern gewesen." Er seufzte etwas und musterte mich und anscheinend war sein Mund schneller als alles andere. "Was ist mit deinen Eltern, hatten die Geschwister...?" er hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, da merkte er auch schon was er gerade gefragt hatte. Ich zuckte merklich bei der Frage zusammen. "Nein." kam es nur leise von mir, bevor ich mich wieder Katrin widmete. Ich hörte sehr wohl Massanories Entschuldigung, aber sie interessierte mich gerade nicht. "Was wolltest du mich eigentlich Fragen Nezumi-chan?" Katrin sah auf zu mir und überlegte. Aus den Augenwinkeln konnte ich Andrea sehen, die Massanorie ansah und nur den Kopf schüttelte. "Ach ja..." Katrin klatschte in die Hände und grinste. Sie sah zu ihrem Opa und zu dem Rest um sich dann ganz leise an mich zu wenden. "Du darfst nicht lügen!" "Nein werde ich nicht!" gab ich leise zurück und schmunzelte. "Ich weiß ja jetzt, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, beim Osterhasen bin ich mir noch nicht sicher. Weil, wir haben im Kindergarten ein Häschen, aber das kann keine Eier legen... Aber das finde ich noch raus. Aber du musst mir jetzt sagen... gibt es denn die Sailor Moon wirklich? Oder hast du das nur so gesagt? Denn Mama und Oma sagen ja, dass sie es nicht wissen, und Opa sagt nein und Sano-oji-chan sagt auch nein." Ich begann leise zu lachen und räusperte mich, als sie mich vorwurfsvoll von unten ansah. Ich beugte mich ganz nah zu ihr und sah mich um, so als wäre es das größte Geheimnis aller Zeiten. "Also die Sailor Moon, die gibt es wirklich, richtig echt. Und der Grund warum viele nicht an sie glauben ist, dass nur ganz wenige Menschen sie je gesehen haben. Weil sie doch eigentlich die Prinzessin vom Mond ist und wenn jeder wüsste, dass es sie gibt..." "Dann würden das auch die Bösen wissen." unterbrach sie mich mit großen Augen. Ich nickte nur und tippte ihr auf die Nase. "Genau. Du bist also eine Eingeweihte. Aber es ist ein Geheimnis." ich zwinkerte ihr zu und grinste. Sie nickte nur eifrig und schien sehr stolz zu sein, dass sie so ein Geheimnis wusste. Sie war wirklich süß, ich mochte Katrins Art wie sie die Welt sah. Sie stand auf und lief zu ihrem Platz neben Massanorie, welcher sie nur abschätzend ansah, aber sie sagte nichts, sondern grinste nur. Der weitere Abend war sehr nett und das Essen war einfach spitze. Es gab dünne Streifen von frittierten Tofu, mit einer speziellen süß-pikante Miso-Sauce, Sashimi mit gekühltem Sake, Häppchenvon Wagyu-Rind mit Ingwer, Blöcke von glatten Tofu in einer dicken weißen Suppe aus Sojamilch und mit frisch gemachter Sojamilch Haut, Tempura, Reis, Misosuppe, eingelegtes Gemüse und als Dessert eine grüne Pflaume mit Sirup. MassanorieLenjier Mamoru und mein Vater waren irgendwann wieder zu langweiligen Themen übergegangen, wie traditionelle Zubereitung von Essen, Geschichte und den ganzen Kram. Meine Mutter hatte nur gelächelt und meinte zu Julia und mir, dass es schön sei, dass mein Vater sich bei einem Familienessen mal nicht langweilen würde. In diesem Punkt hatte sie wohl recht, mein Vater redete normalerweise nie viel wenn wir essen waren, da wir uns immer nur über die Verwandtschaft oder andere Themen unterhielten die ihn nicht sonderlich interessierten. Also nahmen wir es hin, dass die beiden sich absonderten. Katrin schien jedoch mehr Interesse an dem Gespräch von ihrem Opa und Mamoru zu haben als wir, denn sie hörte den beiden aufmerksam zu und stellte viele Fragen die beide immer geduldig beantworteten. Ich musste zugeben, es freute mich, dass die beiden sich anscheinend sympathisch waren, auch wenn sich in mir ein leises Stimmchen namens Eifersucht meldete. Aber ich schluckte es runter. "So... ihr entschuldigt mich bitte mal kurz, aber meine Lunge möchte auch endlich was zu essen bekommen." Meine Mutter sah mich an und seufzte. "Ich finde ja, du solltest dir das Rauchen abgewöhnen." "Und ich finde, es wird endlich Zeit für Weltfrieden. Aber Mum, wir bekommen eben nie das was wir uns wünschen." ich lächelte sie an und stand auf. "Dann nimm deinen Vater mit." Etwas irritiert sah ich sie an und dann meinen Vater, der anscheinend ebenso verwundert war wie ich. "Andrea, wie kommst du darauf..." Meine Mutter sah uns an und verschränkte die Arme auf dem Tisch. "Oh bitte Seijiro. Beleidige nicht meine Intelligenz, ich weiß sehr genau, dass du ab und an eine rauchen gehst, wenn ich es nicht mitbekomme und gestern Abend wolltest du dir von Massanorie eine Zigarette schnorren, ich habe es gehört." Damit nippte sie an ihrem Tee und sah mich an. "Aber er bekommt nur eine. Hörst du." Sie hob mahnend den Zeigefinger und ich nickte nur. Sie hatte recht, seit er aus dem Krankenhaus war, hatte er wirklich versucht aufzuhören, aber es war eben eines dieser Laster was man nur schwer ablegen konnte. Also standen wir beide in eisiger Kälte draußen - zusammen - ich und mein Vater. NA. Toll! "Hier!" ich hielt ihm eine Zigarette hin und das Feuerzeug. Er nahm beides nickend entgegen und so standen wir beide still schweigend nebeneinander und rauchten. "Du und Mamoru, ihr scheint euch ja prima zu verstehen." Es klang bissiger als ich es geplant hatte. Ich musterte ihn und wartete auf eine ebenso bissige Antwort, doch es kam nichts dergleichen. Er schwieg sich aus. Das machte mich wahnsinnig. "Oh entschuldige. Den ganzen Abend am quatschen, aber ich bin ich es nicht wert, dass du mal versuchst Small-Talk zu führen. Aber mit meinem Freund kannst du reden." "Er interessiert sich halt für Themen die ich ansprechend finde." kam es ruhig und sachlich von ihm. Ich schnaubte auf diese Aussage nur verächtlich. "Ich dachte nicht, dass es dich stören könnte, dass ich mit Mamoru gut zu Recht komme." Ich atmete tief ein und aus. "Nein tut es auch nicht, ich finde es gut. Wenn Mamoru sich gut fühlt dann ist es ok." Damit hatte sich das Gespräch für mich erledigt. Ich wollte nicht streiten oder noch etwas sagen was ich bereuen könnte, also ließ ich es lieber sein. "Du solltest dir versuchen das Rauchen abzugewöhnen." Ich sah in den Nachthimmel und zum Tokyo Tower hoch. "Dann macht sich Mama noch weniger sorgen." "Ja ich weiß." kam es nur leise von ihm. Aus den Augenwinkeln sah ich ihn an und mir wurde zum ersten Mal bewusst, wie alt er geworden war. Der Herzinfarkt hatte einige weiße Strähnen in sein Haar gelegt und auch sonst wirkte er oft müde. "Mamoru meinte letztens mal zu mir, dass wir uns mal aussprechen sollte, nur... nur damit ich am Ende nichts bereue." nuschelte ich und versuchte so desinteressiert wie möglich zu klingen. Mein Vater sah mich an und plötzlich zeichnete sich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen ab. "Das würde mich freuen." kam es nur ebenso leise von ihm. Gut, das musste an Sentimentalität reichen für dieses Jahr. Ich klopfte mir innerlich selber auf die Schulter. "Mamoru scheint einen großen Einfluss auf dich zu haben." Ich räusperte mich und zuckte mit den Achseln. "Naja geht so. Er ist eben manchmal etwas nervig und dann kann ich schlecht nein sagen..." ich stockte, drückte die Zigarette aus und schnippte sie in den Zigaretteneimer. "... außerdem, was soll ich ihm denn bitte antworten, wenn er mir mit der Moralschiene kommt und diesen kleinen Streunerblick aufsetzt." "Es ist etwas abwertend, dass du ihn einen Streuner nennst, findest du nicht?" Ich lachte leise und streckte mich. "Ach wo. Mamoru meint das auch, er wird immer fuchsig wenn ich ihn so nenne. Aber ich meine es eher liebevoll. Weißt du, er ist eben wie ein kleiner Streuner." Ich zog die kalte Nachtluft tief in meine Lunge und beschloss, mir auch das Rauchen abzugewöhnen, das würde Mamoru bestimmt gefallen. "Er vertraut niemanden und ich brauchte viel Zeit bis er mir überhaupt erlaubte sich ihm zu nähern. Und nun vertraut er mir, aber ich darf nie zu viel Druck ausüben, zu viele Fragen stellen und so, sonst läuft er mir sicherlich wieder weg. Er braucht seinen Freiraum und das er einfach mal weg von mir kann, wenn es ihm zu viel wird. Wie ein kleiner Streuner. Aber..." "Aber?" Mein Vater zog ein letztes Mal an seiner Zigarette bevor er sie auch ausdrückte. "... ich hab mich wirklich in ihn verliebt!" Da war sie, die Erkenntnis, die ich seit Tagen mit mir herum trug und nicht einsortieren konnte. Und nun war es raus und ich fühlte mich gut dabei. Ja es stimmte, ich hatte mich in den doofen kleinen Streuner verliebt. Dieser Idiot der mich eine dumme Schwuchtel genannt hatte, der mir mehr als einmal am Anfang ein Nein vor den Kopf geknallt hatte, der oft so launisch war wie ich selber, der mich aufregte; der mich zum Lachen brachte, mit dem ich ein besserer Mensch wurde - in diesen Mann hatte ich mich verliebt. Ich sah zu meinem Vater, der nur lächelnd an mir vorbei ging und mir auf die Schulter klopfte. Als ich ihm nach sah, blieb mir das Herz stehen. Mamoru stand nicht weit hinter mir in der Tür des Restaurants. Sein Blick, die Röte und das scheue Lächeln in seinem Gesicht zeigten mir, dass er den letzten Satz gehört hatte. "Hey." kam es nur leise von mir, als Mamoru zu mir kam und mein Vater wieder im Restaurant verschwand "Hey." kam es zögerlich von ihm. "Du hast das nicht gehört, oder?" Zaghaft sah ich ihn an und strich mir verlegen durch die Haare. "Was meinst du? Das mit dem Streuner..." er wurde leiser "... oder das du in mich verliebt bist?" "Beides?" flüsterte ich nur und griff nach seiner Hand. Seine blauen Augen sahen mich an und ich verlor mich fast darin. "Ja hab ich..." er biss sich auf die Unterlippe und wir verschränkten unsere Finger ineinander. "Und?" Meine Stirn legte sich gegen seine, sein warmer Atem strich über meine Lippen. "Ich mag es trotzdem nicht wenn du mich einen Streuner nennst..." seine Nasenspitze berührte meine und ich konnte seinen warmen Körper an meinem spüren. "Zur Kenntnis genommen." wisperte ich nur. "... und ich... ich glaube, ich hab mich auch in dich verliebt!" Ich lächelte sanft bevor ich ihn ganz an mich zog und ihn zärtlich küsste. Kapitel 37: Step Thirty-six... Truth ------------------------------------ Die Menschen glauben viel leichter eine Lüge, die sie schon hundertmal gehört haben, als eine Wahrheit, die ihnen völlig neu ist. Alfred Polgar Mamoru Chiba Ein perfekter Abend, mit Menschen die einen Wertschätzen. Ein Mann, der sich in mich verliebt und in den ich mich auch verliebt habe. Eine Familie, die mich mag und scheinbar akzeptiert. Neue Freunde und ein neuer Job. Alles wurde plötzlich so wie ich es immer haben wollte. Warum war ich dann nicht glücklich? Massanorie und ich saßen noch fast die ganze Nacht auf der Couch in seiner Wohnung, kuschelten und redeten über dies und das. Er erzählte mir von seiner Kindheit in Deutschland, von seiner Jugend in New York und von seiner Familie. Ich aber blieb stumm wie ein Fisch und fragte ihn viel - um das Gespräch am Laufen zu halten - um es nicht auf mich zu lenken. Denn dann würde diese perfekte Kulisse zusammenbrechen. Und was bleiben würde? Die Wahrheit - und die war nicht einmal annähernd so schön wie die Lüge, die ich aufgebaut hatte - die mir eingeimpft wurde. Es war ein schleichender Prozess, aber irgendwann war meine zurechtgelegte Wirklichkeit die einzige die Sinn ergab, die einzige die ich kannte. Und nun hatte ich mich so tief in diesen Lügen verstrickt, dass mein eigenes Leben eine Lüge war. Ich war eine Lüge! Nachdem wir schlafen gegangen waren lag ich wach. Meine Augen starrten in die Dunkelheit und ich begriff, dass ich dieses Spiel nur noch einen kurzen Augenblick aufrecht erhalten konnte. Auf lange Sicht hin war es unmöglich, irgendwann würde er fragen, würde er sich selbst auf die Suche nach der Wahrheit machen. Aber ich wusste selber nicht mehr was Wahrheit oder Lüge war und ich hatte es einfach akzeptiert, weil ich nicht mehr die Kraft besaß um mich damit auseinander zusetzen. Vielleicht war es doch besser allein zu bleiben? Er meinte, ich könnte ihm vertrauen, dass er mich nicht enttäuschen würde - aber ich wusste nicht ob das stimmte - ob es mehr waren als nur Worte. Massanories leise und regelmäßige Atemzüge waren das einzige Geräusch im Schlafzimmer. Mein Blick wanderte wieder zum Wecker, der mit seinen roten Buchstaben die 4 Uhr morgens anzeigte. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, stand ich auf und schlich mich aus dem Schlafzimmer. Es brachte ja nichts an die dunkle Decke zu starren und zu grübeln. Als hätte ich es geahnt, hatte ich vor dem Restaurantbesuch eine kleine Tasche mit meinen Joggingklamotten und Wechselsachen bei meinem Freund abgeladen. Ich schnappte mir die Tasche, schlüpfte in eine Trainingshose, ein Shirt, einen dicken Pullover und nahm die Laufschuhe aus der Tasche. Meine Augen hatten sich langsam an die Dunkelheit in der Wohnung gewöhnt, doch noch bevor ich die Haustür erreicht hatte, konnte ich auch schon die Krallen auf dem Parkett hören. Sparky winselte leise und leckte mir über die Hand. Wir hatten ihn abgeholt und mitgenommen und er schien schon etwas beleidigt, weil wir ihn etwas hinten angestellt hatten. "Tut mir leid. Es ist meine Schuld, dass dein Herrchen gerade keine Zeit für dich hat." flüsterte ich nur und strich ihm durch das Fell. "Aber du kannst gerne mit kommen." Anscheinend war das das Stichwort, denn Sparky verschwand ins Wohnzimmer und ich dachte schon, er wäre einfach abgezogen, aber als ich die Haustür öffnete und das Flurlicht in die Wohnung strahlte, stand er plötzlich neben mir und hatte seine Leine in der Schnauze. Ich musste leise Lachen und war immer wieder überrascht wie schlau dieser Hund war. Unter meinen Füßen knirschte der Schnee und der wolkenlose Himmel mit dem Halbmond beleuchtete die Straßen der Stadt. Sonst war immer etwas los und nun lag alles einfach still vor mir. Meine Lungen füllten sich mit der kalten Luft und am Anfang war es ein unangenehmes Gefühl, ein Stechen und Ziehen. Aber mit jedem Meter wurde es besser. Sparky lief neben mir her und schien sich zu freuen, endlich mal wieder gefordert zu werden. Kleine Atemwolken bildeten sich beim ausatmen, während an mir die dunklen Bäume des Parks vorbeizogen. Das Knirschen des Schnees, vermischte sich mit dem Geräusch des Kieses unter meinen Schuhen. Am liebsten würde ich immer weiter laufen, dann würde es besser werden. Einfach fortlaufen, vor allem. Ich hatte mir dieses Leben nicht ausgesucht, hatte es nicht gewollt und trotzdem musste ich es leben. Aber ich wusste auch, dass ich dabei gescheitert war, seit diesem Unfall und vielleicht auch schon davor, war ich an diesem Leben gescheitert und ich fand es nicht gerecht, dass Bunny ein Leben hatte das vollkommen war, das so einfach war und ich mit einem Leben gestraft wurde, das mir jeden Tag aufs Neue eine Last auf die Schultern legte, die ich nicht tragen konnte und wollte. MassanorieLenjier Meine Hände tasteten nach links und griffen ins Leere. Mit einem verschlafenen Gesichtsausdruck hob ich den Kopf und sah auf die Bettseite, die eigentlich belegt sein sollte. Aber da war nichts. Ich drehte mich um und wartete einige Minuten, weil ich dachte, er wäre nur kurz aufgestanden, aber nachdem die Weckeranzeige von 6:30 Uhr auf 6:46 Uhr gewandert war, wusste ich, dass ich wohl nicht mehr in den Genuss meines Freundes kam. "Mamoru!" ich ging in die Küche und sah mich um, kein Freund und kein Hund. "Oh Gott er ist joggen..." entfuhr es mir nur kopfschüttelnd. Mein Blick wanderte zum Fenster und ich konnte sehen, dass es draußen einfach nur kalt war. Bei aller Liebe zu meinem Körper, aber da würde mich niemand rausbekommen, wenn es ums Joggen ging oder andere sportliche Aktivitäten. Das Glucksen der Kaffeemaschine und der immer stärker werdende Geruch von frischem Kaffee ließ mich langsam wach werden und hoben meine Laune wieder etwas. Das Mamoru einfach nicht liegen bleiben konnte, war wirklich ein Phänomen für sich. Dabei wäre doch gerade heute Morgen, nach einem Abend mit einer kleinen Liebeserklärung, der perfekte Moment gewesen um das noch einmal zu vertiefen. Andererseits war ich gestern schon etwas unzufrieden gewesen. Wir hatten noch lange im Wohnzimmer gesessen und uns unterhalten - naja eigentlich hatte ich geredet und Mamoru hatte versucht das Thema nicht auf sich kommen zu lasen. Nicht, dass es nicht offensichtlich war, dass er mich nur ausfragte, damit ich ihn nicht fragen konnte. Für mich war unverständlich, warum er so ein Geheimnis aus seinem Leben machte. Dass er im Heim war und bei Pflegefamilien wusste ich ja schließlich schon. In mir machte sich das unangenehme Gefühl breit, dass dies jedoch nur die Spitze des Eisberges war. All die Jahre der Geschäftemacherei, der Finanzen, der Firmenübernahmen hatten mich sehr feinfüllig gemacht, wenn es darum ging Menschen zu erkennen die mir etwas vorenthielten, sei es aus persönlichen oder geschäftlichen Gründen. Ohne so einen Instinkt kam man schließlich nicht so weit wie ich. Meine Hoffnung lag etwas darin, dass May und Yosuke seine Zunge etwas lockern würden. Vielleicht war es einfacher ein Gespräch in diese Richtung zu lenken, wenn die beiden dabei waren. zerknirscht, weil ich mir zum ersten Mal schäbig bei so etwas vorkam, verließ ich meinen Fensterstehplatz und holte mir einen Tasse heißen Kaffee. Es war nun kurz nach 7 Uhr, ich hatte es mir auf der Couch gemütlich gemacht und verfolgte gerade den Bericht der BBC über das Wirtschaftwachstum in den USA "...Ökonomen sagen für das erste Quartal ein Wachstum von 4,0 Prozent voraus, nachdem die Wirtschaftsleistung zum Jahresende um 2,1 Prozent deutlich gefallen war. Einer der Gründe für den Anstieg im Vergleich zur vorigen Schätzung seien deutlich gestiegene Anlageinvestitionen, etwa in Firmengebäuden und Maschinen..." ich hörte das Türschloss und schaltete den Fernseher auf stumm. Das Tapsen auf dem Boden war Sparky, der sofort den Weg in die Küche wählte. Ich konnte hören wir er fast in den Trinknapf rein kletterte, um dann anscheinend völlig k.o. ins Wohnzimmer zu kommen und sich auf seine Decke fallen zu lassen. "Du hast meinen Hund kaputt gemacht!" kam es nur monoton von mir, während ich aufstand und einen Blick in den Flur warf. Mamoru lächelte mich an, als er mich sah und hob eine Tüte hoch. "Du hast mir doch gestern von dieser deutsche Bäckerei in Kichijoji erzählt und ich dachte, wenn ich schon joggen bin, dann mach ich dir eine Freude." Er huschte an mir vorbei und verschwand in der Küche. Ich wurde hellhörig. "Die Bäckerei liegt zu Fuß bestimmt eine Stunde von mir weg, biste da mit der Bahn hin gefahren?" Natürlich hätte ich auch fragen können, wann er aufgestanden war, aber darauf würde ich sicherlich keine Antwort bekommen. Aber mein völlig erledigter Hund zeigte mir, dass es länger als eine Stunde gewesen sein musste. "Naja beim Joggen braucht man keine Stunde und Sparky tat es mal gut etwas länger nach draußen zu kommen, aber eigentlich waren wir nur kurz weg." er wollte wieder an mir vorbei, als ich ihn festhielt und ihn musterte, bevor ich lächelnd einen Kuss von ihm bekam. "Morgen ist doch Sonntag und ich muss erst ab Montag bei Shogo arbeiten, dann könnten wir doch einen langen Spaziergang machen, ich kenne eine tolle Strecke durch einen Wald etwas außerhalb..." er befreite sich aus meiner Umarmung und setzte ein Lächeln auf. "...ich muss erst einmal duschen und dann können wir frühstücken." damit verschwand er im Bad. Er hatte mich gar nicht zu Wort kommen lassen, aber seine Sachen waren eiskalt und er schien zu frieren - das also zu der ich war kurz draußen Sache. "... unterhalb von 400 bis 600 m kommen noch 1 bis 5 cm Neuschnee zusammen, stellenweise auch mehr. Im südlichen Vorland fallen 5 bis 10 cm, in höheren Lagen auch über 10 cm.Der Wind spielt heute keine große Rolle mehr. Allenfalls an den Küsten kann es zu einzelnen Windböen bis 60 km/h aus Südwest kommen. Und nun zum Sport... " "Das klingt nach einem langen Winter." Ich schaute auf und sah Mamoru an, welcher sich gerade die Haare trocken rubbelte und zum Fernseher sah. "Hmm." machte ich nur und senkte den Ton. "Ja. Aber besser Schnee als Regen." "Ja da hast du recht." er sah mich an und lächelte. "Wollen wir frühstücken?" "Du magst doch gar kein westliches Frühstück - dachte ich." Etwas skeptisch schaute ich ihm nach und hörte seine Stimme aus der Küche zusammen mit Geschirrgeklapper. "Aber du magst es lieber als Reis, Fisch und Miso Suppe morgens. Also wollte ich dir eine Freude machen." Ohne das zu kommentieren war ich ihm gefolgt und füllte meinen Kaffeebecher wieder auf und schenkte ihm eine Tasse ein. "Wir können im Wohnzimmer frühstücken oder im Bett. Wenn du willst. Als wieder Gutmachung weil ich heute Morgen einfach joggen gegangen bin." Er war zu gut gelaunt - genau das war es was mich skeptisch machte. Vorsichtig reichte ich ihm eine Tasse. Immer noch lächelnd sah er mich an, nahm die Tasse entgegen und nippte am Kaffee. Mamoru schien zwanghaft ein Gespräch vermeiden zu wollen, was irgendwie tiefer ging als Frühstück und Lieblingsessen. Das Problem daran war, dass mich diese aufgesetzte Freundlichkeit Wahnsinnig machte und wütend. "Wohnzimmer..." murmelte ich also nur und versuchte dabei nicht allzu angefressen zu klingen. Für einen kurzen Moment konnte ich sehen, dass Mamoru wusste, dass ich wusste, das er hier etwas abzog was mir nicht gefiel, doch so schnell wie diese Unsicherheit aufflackerte, so schnell war sie auch wieder fort. "Klar. Dann kannst du weiter Wirtschaftnachrichten hören um die Weltherrschaft zu planen." kam es frech von ihm, er lachte leise auf und küsste mich auf den Mund. Minako Aino "Yosuke! Jetzt sei doch nicht so." Ich klopfte an die Tür, doch anstatt einer Antwort, hörte ich nur, wie das Radio an Lautstärke zunahm. Seufzend und kopfschüttelnd ging ich zurück ins Wohnzimmer und setzte mich an den Tisch. "Wie kann ein einzelner Mann nur so stur sein." May zuckte nur mit den Schultern. Sie war schon die ganze Zeit in Gedanken und zupfte an ihrem weißen Strickpullover herum. Die Nervosität stand ihr ins Gesicht geschrieben. Als sie gestern Abend anrief und Yosuke erzählte, dass Massanorie bei ihr gewesen war und er sie eingeladen hatte, war er nicht erfreut. Eher wirkte er ab diesem Telefonat abwesend und nachdenklich, erst vor einer Stunde hatte er mir dann gesagt er würde nicht hingehen. Es hätte keinen Sinn und am Ende würde es nur wieder Streit geben. Um seine Meinung zu ändern, hatte ich sogar angeboten mit zu kommen. Schließlich hatte ich Mamoru auch schon seit Tagen nicht mehr gesehen und vielleicht half es der verkrampften Stimmung etwas. Aber mein Freund war stur, hatte diesen Vorschlag verneint und mir mit ernster Stimme vermittelt, dass das hier nichts war was man einfach mit einem Stück Kuchen und einer Tasse Kaffee wieder richten könnte. Ich war mir jedoch nicht sicher, ob seine Aussage nur auf die Sache im Park bezogen war oder auch auf die Kindheitserlebnisse die er ansatzweise mit mir geteilt hatte. Das was ich an diesem Abend gehört hatte, hatte mich tief getroffen. Natürlich war mir bewusst, dass Mamoru keine leichte Kindheit gehabt hatte, aber dass sie so schlimm war. Dass er selbst im Heim schikaniert wurde und keine Familie fand, das hatte mich schon getroffen. Das erklärte in meinen Augen schon seine oft eisige und ablehnende Haltung auch uns Mädchen gegenüber, vielleicht sogar warum er, obwohl er Bunny bestimmt liebte, sie oft nicht an sich heran gelassen hatte. May sah auch unsicher aus und warf ab und an einen Blick auf die Uhr an ihrem Handgelenk. "Wir haben jetzt 14 Uhr, wenn wir pünktlich sein wollen, dann sollte er sich endlich entscheiden." entfuhr es mir nur. May nickte nur und seufzte leise. "Vielleicht hat Yosuke ja recht. Was ist denn wenn Mamoru uns eigentlich nicht sehen will..." Nun reichte es mir aber endgültig. "Ihr drei, ihr seid wirklich schlimm." Kopfschüttelnd stand ich auf und nahm Yosukes Handy. Er hatte die Nachricht von Mamoru, die Weihnachten kam, noch nicht gelöscht und ich war mir sicher, dass die Handynummer die von Massanorie war. Also wählte ich die Nummer und horchte auf das Freizeichen. "Was machst du?" May stand auf und kam auf mich zu. "Das einzig richtige. Weil Yosuke, du und auch Mamoru manchmal einfach nicht wisst was gut für euch ist." "Lenjier." Kam es plötzlich dumpf aus dem Handy. Ich zuckte kurz zusammen. Am Telefon klang Mamorus Freund schon etwas unheimlich. "Hallo Massanorie, hier ist Minako. Ich rufe an, weil May und Yosuke wohl doch lieber deinen Abholservice beanspruchen möchten." kam es mit fester Stimme von mir. Einen kurzen Moment herrschte Stille am Telefon, doch dann konnte ich seine Stimme hören, die jedoch nicht an mich gerichtet war. "Mamoru, ich muss kurz ins Büro!" "Wieso?" Mamorus Stimme war leise im Hintergrund zu hören. "Weil die mich wütend machen, wenn ich nicht hinfahre." "Aha. Na dann." "Ich bring Kuchen mit und bin so in einer Stunde wieder da. Kannst ja Kaffee kochen..." "Schoko-Kuchen... falls es keine Umstände macht." Ich konnte auf die Aussage hin ein leichtes Schnaufen hören und ein Geräusch, dass klang als wäre eine Tür ins Schloss gefallen. "Darf man erfahren, warum du mich anrufst?" Ich lachte leise und sah zu May, die mich etwas entsetzt ansah. "Weil die beiden Stur sind, genau wie Mamoru und manchmal muss man Menschen eben doch zu ihrem Glück zwingen." Wieder eine kurze Pause. "Ich bräuchte eine Adresse." "Ja klar, warte..." Als Yosuke aus dem Bad kam, stand ich im Flur und zog mir gerade meine Jacke an. Massanorie war so freundlich gewesen und hatte mich mit eingeladen. Ich glaube ja, es war eher aus Höflichkeit geschehen mit dem Gedanken ich würde ablehnen, den Gefallen hatte ich ihm aber nicht gemacht. "Gehst du schon?" Ich musterte meinen Freund, der mit einer Jeans, sowie einem blauen Kapuzenpullover vor mir stand und sich die Brille putzte. "Ja... gleich mit dir und May." kam es nur von mir. Wie aufs Stichwort schellte es an der Tür. Irrte ich mich oder konnte ein Schellen wirklich etwas beängstigend klingen. Denn May huschte sofort an Yosuke vorbei und schlüpfte in ihre Schuhe. Nachdem Telefonat hatte sie nur gemeint, dass sie sicherlich nicht mit Massanorie diskutieren würde, und insgeheim war sie glaub ich schon sehr froh, dass er ihr die Entscheidung abnahm zu Mamoru zu fahren. "Wer ist das denn nun?" Yosuke klang genervt und musterte uns Frauen aufmerksam. Ich lächelte nur und wisperte ein "Du bist eben stur." bevor er die Tür öffnete und Massanorie sah. May zog ihren Schal fester und schon stand sie im Hausflur und seufzte. "Also ich bin soweit und ich sitze vorne." Kam es nun doch etwas gut gelaunt von ihr. Massanorie überhörte das, musterte Yosuke und dann mich. "Hier. Unten vor der Tür." Dann hielt er mir einen Schlüssel hin. "Du sitzt vorne. Ich kann weder sie, noch ihn gerade leiden." Ich hauchte Yosuke einen Kuss auf die Wange und ging an ihm vorbei zu May. Dann fiel die Wohnungstür ins Schloss. Es dauerte keinen Wimpernschlag und man konnte die Stimmen der beiden hören, wobei Yosuke mehr zu sagen hatte als Massanorie. "Sollen wir nicht lieber warten." Kam es nur von May, die sich bei mir unterhakte. Ich jedoch schüttelte den Kopf. Kapitel 38: Step Thirty-seven... Truth II ----------------------------------------- Wir haben nur die Wahl zwischen unerträglichen Wahrheiten und heilsamen Mogeleien. Emile M. Cioran (1911-95), rumän.-frz.Schriftstelle Mamoru Chiba Irgendwann nach knapp zwei Stunden joggen war ich wirklich an dieser Bäckerei vorbeigekommen und beschloss dort etwas zum Frühstück zu kaufen - zum einem um ihn friedlich zu stimmen, da ich nicht wusste wann er bemerkt hatte das ich verschwunden war und zum anderen weil ich ihm wirklich eine Freude machen wollte. Massanories Laune war nicht ganz so gut gewesen, wie ich vermutet hatte. Was jedoch an meiner übertriebenen Freundlichkeit lag. Aber ich war innerlich in Panik und wusste nicht, wie ich verhindern sollte, dass er mich ausfragte oder ein Gespräch anfing. Es war so albern und dumm, aber ich konnte nicht anders, als wenigstens noch etwas die Kontrolle zu behalten. Wir frühstückten im Wohnzimmer und obwohl ich am Anfang dachte, er würde das Gespräch vom Vorabend wieder aufnehmen wollen, tat er es nicht. Er schwieg sich aus und verfolgte die Nachrichten und den Börsenkanal. Zeitweise bekam ich eine Erläuterung was Aktien und andere Dinge anging, aber er versuchte kein anderes Gespräch anzufangen. Dumm von mir, dass ich so in Panik geraten war und noch dümmer das ich uns deswegen vielleicht den Tag ruiniert hatte. Irgendwann hielt ich das Schweigen zwischen uns nicht mehr aus, ich stellte meine Tasse auf dem Wohnzimmertisch ab und verschränkte die Beine auf dem Sofa. "Wie lange hast du denn noch Urlaub?" Massanorie runzelte kurz die Stirn, sah mich jedoch von der Seite an und wandte sich dann wieder dem Fernseher zu. "Also doch reden?" "Ähm..." war alles was ich heraus brachte. Er klang etwas verstimmt und schien nicht gerade Interesse an einer Unterhaltung zu haben. "Weißt du Mamoru, du musst mir sagen was du willst. Denn sobald ich mit dir rede, muss ich ja immer auf der Hut sein über was wir uns unterhalten. Anscheinend geht jedes Thema, solange es dich nicht mit einschließt. Und bitte entschuldige, aber das finde ich etwas unbefriedigend - denn wie hast du gestern Morgen so schön im Bett gesagt; gleiches Recht für alle!" Damit war wohl alles gesagt und er hatte Recht. Schweigend lehnte ich mich zurück und sah zum Fernseher, mit mir eine Beziehung zu führen war wohl selbst für Massanorie eine arge Herausforderung. Die Uhr zeigte nun fast zwölf Uhr an und ich wusste, dass ich nicht den ganzen Samstag nur mit Schweigen herum bekommen wollte. "Was willst du denn wissen?" kam es leise von mir und beschloss, in dem Moment wo er mich fragte, ihn einfach anzulügen. Es dauerte einen Moment bis ich sah wie er zur Fernbedienung griff und der Bildschirm schwarz wurde. "Ich geh duschen." Kam es dann nur von ihm, bevor er aufstand und das Sofa umrundete. Hinter mir blieb er stehen und ich konnte seine Finger in meinem Nacken spüren, wie er mich sanft berührte. Seine Lippen legten sich an meine Ohrmuschel und mir lief ein angenehmer Schauer über den Rücken. "Es ist doch egal, was ich wissen will. Du hast dir doch sicherlich schon für jede Frage eine Lüge zu Recht gelegt. Und obwohl ich sollte, kann ich nicht einmal wütend deswegen sein... weil dein ganze Leben daraus besteht andere anzulügen - also warum solltest du es für mich ändern?" Dann hauchte er mir einen Kuss auf die Schläfe und verschwand aus dem Wohnzimmer. Das Zufallen der Badezimmertür ließ mich meine Beine anziehen und ich vergrub meine Gesicht an meinen Knien um leise zu weinen. Egal was ich tat, er wusste, dass es Fassade war, er sah durch die Mauer die ich errichtet hatte als wäre sie nicht da, als wäre meine Seele ein Buch was nur er ohne Einschränkungen lesen konnte - und das machte mir unsagbare Angst! MassanorieLenjier Nachdem ich duschen war, hatten Mamoru und ich nicht mehr miteinander gesprochen und mich bestärkte dies nur in meiner Entscheidung, dass ich Yosuke und May dazu benutzte um an die Wahrheit zu kommen. Er saß neben mir und schien in Gedanken versunken zu sein, meine Finger fuhren durch seinen Nacken. Ich war schließlich nicht böse, sondern hatte vorhin nur eine Feststellung getroffen. Er bekam eine leichte Gänsehaut die ihn leicht zusammen zucken ließ, anscheinend hatte ich ihn aus den Gedanken gerissen. Aus den Augenwinkeln suchte er meinen Blick und ich lächelte nur leicht und zog ihn näher an mich. "Bekomm ich einen Kuss?" Etwas erstaunt sah er mich nun an und musterte mein Gesicht. "Bist du nicht sauer?" "Wieso sollte ich?" "Wegen vorhin?!" kam es nur leise aus seinem Mund. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich habe eine Feststellung getroffen, mehr nicht." Mein Blick glitt zur Uhr und ich hoffte, dass die beiden pünktlich kommen würden. Besuch in meiner Wohnung, auch mal was Neues. "Also, bekomm ich einen Kuss?" fragte ich erneut und beugte mich zu ihm. Immer noch verunsichert sah er mich an, kam meiner Frage dann jedoch nach. Das Klingeln meines Handys unterbrach diesen Kuss. Seufzend löste ich mich von Mamoru und versuchte herauszubekommen wo mein Handy gerade war. "Küche." "Bitte..." "Dein Handy. Es liegt in der Küche." Mamoru lächelte matt und nickte in besagte Richtung. "Danke!" Mamoru hatte Recht, es lag auf der Küchenanrichte und klingelte munter vor sich hin. Ein Blick auf das Display zeigte mir, dass ich die Nummer nicht kannte. "Lenjier." Ich war genervt, diesen Tag hatte ich mir einerseits anders vorgestellt und andererseits hasste ich es, wenn man mich auf dem Handy anrief und ich die Nummer nicht kannte. "Hallo Massanorie, hier ist Minako. Ich rufe an, weil May und Yosuke wohl doch lieber deinen Abholservice beanspruchen möchten." kam es mit fester Stimme vom anderen Ende der Leitung. Ich musste das kurz sacken lassen und mir einen Reim aus dem gesagten machen, zudem kam Mamoru gerade in die Küche, was dieses Telefonat nur noch schwieriger machte. Da ich im Gegensatz zu Mamoru sehr gut lügen konnte und man es mir nie nachweisen konnte - was mich zu einem geeigneten Gegner für einen Lügendetektor machte - hatte ich auch schon eine Ausrede parat. "Mamoru, ich muss kurz ins Büro!" Zerknirscht sah ich ihn an und seufzte leise auf. "Wieso?" er zog eine Augenbraue hoch und sah mich über die Schulter hinweg an, da er gerade am Kühlschrank stand und sich eine Dose Eistee heraus holte. "Weil die mich wütend machen, wenn ich nicht hinfahre." kam es nur schroff von mir, was meine Lüge nur noch untermauerte. Mamoru nickte und schien fast etwas erleichtert, dass ich für einige Zeit weg war. "Aha. Na dann." Ich hielt das Handy noch immer in der Hand, mit der wartenden Minako am anderen Ende und wollte gerade die Küche verlassen, als ich mich noch einmal umdrehte. "Ich bring Kuchen mit und bin so in einer Stunde wieder da. Kannst ja Kaffee kochen..." Nun hellte sich Mamorus Gesicht etwas auf. "Schoko-Kuchen... falls es keine Umstände macht." Anscheinend war Schokolade eine Lösung für alles, schoss es mir durch den Kopf und ich nahm mir vor, ihm demnächst mal meinen eigenen kleinen geheimen Vorrat zu zeigen. Ich schnaufte nur und schmunzelte, bevor ich die Küche verlies, in meine Schuhe schlüpfte und die Wohnungstür hinter mir schloss. "Darf man erfahren, warum du mich anrufst?" Sie lachte leise. "Weil die beiden Stur sind, genau wie Mamoru und manchmal muss man Menschen eben doch zu ihrem Glück zwingen." "Ich bräuchte eine Adresse." kam es nur monoton von mir. "Ja klar, warte ich schick sie dir sofort nachdem ich auflege." Damit legte sie auf und schon einige Sekunden später hatte ich eine Adresse. Mamoru Chiba Wenn ich nichts konnte, aber so tun als wäre alles in Ordnung das bekam ich hin. Eben schnell im stillen Kämmerlein die Augen ausheulen und dann stumpf lächeln. Wenn man damit Geld verdienen könnte, wäre ich reich. Ich schaute auf die Uhr und hoffte Massanorie würde sich noch etwas Zeit im Büro lassen, es war angenehm mal wieder allein zu sein. Nicht das ich nicht gerne mit ihm zusammen war, aber gerade war es anstrengend und ich wusste nicht so recht was ich dagegen tun konnte. Ohne auf das Stimmchen zu achten setzte ich neuen Kaffee auf. Ich sah zu wie der Kaffee durch den Filter tropfte und ich wusste, dass ich mich entscheiden musste. Entweder ich sagte ihm die Wahrheit oder ich würde das Risiko eingehen, dass unsere Beziehung an meinem Schweigen und an meinen Lügen zerbrechen würde. Die Entscheidung war einfach, weil ich immer die gleiche Entscheidung traf was das anging. Seufzend ging ich zum Fenster und starrte hinaus. Ein kalter Himmel über einer kalten Welt, wie ironisch das doch war. Meine rechte Hand glitt zu meinen Hals und ich ließ die Kette, die Massanorie mir geschenkt hatte, durch meine Finger gleiten. "Mamoru?" ich zuckte zusammen und hörte Sparky gleichzeitig bellen. Ich hatte die Tür gar nicht gehört. "Lächeln und winken." wisperte ich mir selber zu, "Du bist ja wieder da und - wie viele Leute mussten denn in der Firma dran glauben?" Noch einmal wanderte mein Blick hinaus, bevor ich mich von meinem Stehplatz löste und den Flur betrat. Wie versteinert stand ich da und starrte Massanorie an. Dieser kam nur auf mich zu, drückte mir einen Kuss auf die Schläfe und verschwand dann in der Küche. Minako ging ebenfalls an mir vorbei, lächelte mich an und ich konnte nur noch ein "Frohes Weihnachten" von ihr hören, bevor sie auch in die Küche ging. Vor mir standen May und Yosuke und ich bekam keinen Ton heraus. So standen wir uns schweigend gegenüber und ich musste mich zusammen reißen um nicht in Tränen auszubrechen, weil mir gerade bewusst wurde, dass ich nicht nur Massanorie anlog, sondern sie auch. Dass ich es verdient hatte, dass sie mich hassten, dass sie kein Wort mehr mit mir redetet, weil es etwas in mir gab, das sie ebenso verurteilte wie ich mich selber. Aber sie waren hier, war das nicht gut? Oder verhöhnte mich das Schicksal nun einfach wieder, weil es gerade nichts Besseres zu tun hatte? Wie immer war es May die das Schweigen brach. Sie hielt ihre Jacke in den Händen und bevor ich etwas sagen konnte, lag diese auf dem Boden. Sie hatte ihre Arme um meinen Hals geschlungen, stand auf Zehenspitzen und weinte sich die Augen aus. "Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid. Es war dumm von uns, böse zu sein. Ich hab dich so unendlich lieb..." Sie schluchzte und drängte sich an mich. Wie versteinert stand ich da und es war fast eine mechanische Bewegung, dass ich meine Arme um sie legte. Mein Blick glitt zu Yosuke, der mich ansah und unschlüssig wirkte. "Dummkopf..." kam es dann nur von ihm und ich konnte nicht anders als zu lächeln und im gleichen Moment liefen mir die Tränen über die Wange. Er kam auf mich zu, legte seine Hand in meinen Nacken und seine Stirn an meine. Weinend stand ich da und konnte nicht sagen wo all diese Tränen herkamen. Schluchzend sah ich ihn an und es tat mir alles so leid, so unendlich leid. "Tut mir leid..." kam es nur stockend von mir, doch Yosuke schüttelte nur den Kopf und ich konnte sehen, dass er auch beinahe heulte. "Mir auch." kam es nur von ihm. May löste sich von mir uns wischte sich das Gesicht an ihrem Pulloverärmel ab. "So. Jetzt hören wir auf zu heulen und essen Kuchen." kam es nur leicht schluchzend von ihr. Sie nahm meine Hand und drückte sie fest. Yosuke lachte leise und wischte sich ebenfalls die Tränen weg, die dann doch noch ihren Weg gefunden hatten. Ich jedoch stand da, starrte beide an und konnte kaum aufhören leise zu weinen. Weil ich mich freute. Weil ich mich schämte. Weil ich mich selber hasste. Weil ich immer noch log. Yosuke zog mich in Umarmung und versuchte mich zu trösten. "Tut uns leid. Mir tut es leid. ich war nur wütend und hab dann die Kurve nicht mehr zurück bekommen. Aber dein Baka-Freund der ist eben noch sturer als ich." Ein leichtes nicken, bevor ich mich von ihm weg schob, meinen eigenen Ärmel benutzte um meine Tränen wegzuwischen und ihn leicht anlächelte. "Er ist echt ein Baka." wisperte ich nur. Massanorie war noch immer mit Minako in der Küche, als wir zu dritt ins Wohnzimmer gingen und uns hinsetzten. Zuerst sagten wir nichts, doch dann sprudelte May heraus. Wie Weihnachten war, was sie noch vor den Winterferien für die Uni gemacht hatte, dass sie die Prüfung bestanden hatte und, und, und... Ich hörte ihr nur zu und warf Yosuke einige Male einen Blick zu. Dieser zuckte nur mit den Schultern und grinste leicht. Wenn May einmal in so einem Erzählmodus war, dann bekam man sie da kaum raus. Massanorie und Minako kamen mit einem Tablett zu uns und ich sah Massanorie dankbar an. Dieser lächelte mich nur leicht an, suchte sich einen Platz neben mir und ich konnte seine Lippen in meinem Nacken spüren. Ich lachte leise und lehnte mich an ihn, während ich May zuhörte. Nach einer gefühlten Ewigkeit sah sie uns an. "Und was hast du gemacht?" Yosuke klatschte leicht in die Hände. "Bravo. Du hast ein Ende gefunden." kam es gespielt gehässig von ihm. Minako knuffte ihn dafür in die Seite und May streckte ihm nur die Zunge heraus. Ich überlegte. "Ich hab Weihnachten bei Massanorie und seinen Eltern verbracht. Es war - ok." Mein Blick wanderte zu Massanorie, ich wusste nicht ob er ein ok, vielleicht als abwertend empfand. Aber er sah mich nur matt lächelnd an, was ich jedoch auf die ungewohnt vielen Menschen in seiner Wohnung schob. Dass er sich das antat für mich, fand ich sehr lieb und es freut mich einfach nur. Dass er so selbstlos sein konnte, hätte ich nicht gedacht. Ich erzählte vom Weihnachten im Hause Lenjier, vom Restaurantbesuch, meinem neuen Job und wir kamen schnell von Hölzchen auf Stöckchen. Es war schön, dass die beiden da waren und ich freute mich wirklich, dass ich meine Freunde wieder hatte. Selbst Massanorie mischte sich ab und an ins Gespräch ein, aber es war keine große Kunst zu erkennen, dass Yosuke und er wohl nie wirklich Freunde werden würden. Aber sie duldeten sich und das war wohl mehr als ich verlangen konnte. Es war kurz vor 18 Uhr als sich Minako verabschiedete. Sie hatte ihren Eltern versprochen pünktlich zu Hause zu sein, da sie wohl besuch bekamen. Zu meiner Überraschung bot Massanorie ihr sogar an, sie nach Hause zu bringen, was eine kurze Stille hervor rief, was er aber einfach überging. Sie lehnte jedoch ab und war nach einer Verabschiedung schnell weg, da sie wohl doch etwas spät dran war. "Ich hab schon ne tolle Freundin." schwärmte Yosuke nur, als sie weg war und streckte sich auf der Couch. "Schlauer als du ist sie allemal." Kam es nur monoton von Massanorie. Yosuke sah ihn kurz an, dann mich, sagte aber nichts darauf. "Massanorie." kam es daraufhin scharf von mir. Unschuldig sah er mich an. Ich nippte an meinem Kaffe und sah zu May, welche sich neugierig umsah. "Du hast eine tolle Wohnung Massanorie." "Ich weiß." kam es trocken, wie er eben war, von ihm. Aber ich konnte das leichte lächeln erkennen, was sich auf seine Lippen stahl. War ja klar, dass er es mochte wenn er beweihräuchert wurde. Für seine Verhältnisse war Massanorie freundlich und fast redselig, aber mir wurde sehr schnell bewusst, warum das so war. Unser Gespräch verlief nämlich nachdem wir auf das Thema Wohnung, Einrichtung, Kosten für Lebenserhaltung, elterliche Übernahme der ersten Wohnung kamen in eine Richtung die ich nicht wollte. Aber May und Yosuke schienen es nicht zu merken. "Also finanzieren deine Eltern deine Wohnung?" Massanorie sah zu May. "Zimmer." kam es schnell von May, die ihre Tasse leerte und grinste. "Ist ja eine WG. Aber ja. Sie bezahlen es. Manchmal finde ich es schon doof, noch so abhängig zu sein, aber dann freue ich mich auch, dass ich mir darüber keine Sorgen machen muss." Massanorie nickte nur und ich schwieg und starrte in meine Tasse, mir gefiel die Richtung des Gespräches nicht und worauf es hinaus laufen könnte. "Wohnt ihr beide noch in euren ersten Wohnungen?" Was war denn bitte los mit ihm, er redete ja ohne Unterbrechung. Selbst Yosuke warf mir einen fragenden Blick zu. "Also bei mir ja, ich wohne jetzt seit... fünf Jahren in der WG und ich glaube bis zum Ende des Studiums bleibt das erst einmal so." Sie sah zu Yosuke der nickte. "Jepp. Das war ein Glücksgriff. Aber ich bekomm im Monat nur einen kleinen Obolus dazu. Nicht viel, aber manchmal macht ja auch der kleinste Yen schon ne Menge aus." Massanorie nickte und dann tat er das, was ich befürchtet hatte. "Was ist mit dir Mamoru?" Ich schwieg, nippte an meinem Kaffe und machte allein dadurch klar, dass ich die Frage nicht antworten wollte. Aber May schien das überhaupt nicht zu bemerken. "Seine erste war eine Ein-Raum-Wohnung. Sie hatte nur ein Waschbecken und eine winzige Kochnische. Und die Dusche für die ganze Etage war im Flur. Die war bestimmt nur 6 jō (ca. 9m²) groß oder Mamoru?" Ich sah May an und hoffte wirklich, dass die den Mund hielt. Doch sie lächelte nur und machte es sich in dem Sessel bequem. "Das klingt jedenfalls nach einem eigenen Reich. Wie alt warst du denn und wie hast du die denn finanziert?" Meine Laune sank. War das der Grund? Hatte er die beiden nur geholt, um mich ausfragen zu können? Ich wollte nicht glauben, dass er so egoistisch war und mich so hinterging. "Das geht dich nichts an." kommentierte ich die Frage nur und rückte etwas von ihm weg. "Ach stell dich nicht so an." Kam es nun von Yosuke, der mich kurz in die Seite stieß und grinste. "Ich finde es bemerkenswert," er wandte sich zu Massanorie. "Mamoru hat nämlich mit 15 schon seine eigene Wohnung gehabt. Ich fand es schon ziemlich cool, dass du da allein gewohnt hast." Er grinste und es schwankte wirklich Bewunderung und etwas Neid mit in seiner Stimme. Machte es jedoch nicht besser. "Das ist wirklich..." "Was ist eigentlich mit dem Urlaub von Minako und dir? Ist daraus jetzt nichts geworden?" Unterbrach ich Massanorie und wechselte das Thema. Yosuke sah mich kurz an, stieg dann jedoch auf die Frage ein. "Naja wir haben es verschoben auf die zweite Februar Woche. Weil es Bunny wohl nicht gut ging und das ganze Heck meck drum herum eben. Aber ist eigentlich ganz ok, so." er zuckte mit den Schultern, aber ich konnte das Lächeln auf seinem Gesicht sehen. "Du bist wirklich in sie verknallt oder?" "Ja total." kam es wie aus der Pistole geschossen von ihm. "Aber was hat denn Bunny mit eurem Urlaub zu tun?" Nun hatte ich selbst ein Fass aufgemacht, was ich besser hätte zugelassen. "Minako meinte, sie müsse sich schon um sie kümmern. Sie wäre schließlich ihre beste Freundin und sie hätte ihr gegenüber eine Verantwortung." er seufzte. "Ich finde ja diese ganze Sailor Moon-Reinkarnations-Sache immer noch schräg. Aber wobei wir gerade bei dem Thema sind..." Ich ohrfeigte mich innerlich selber und seufzte. "Was willst du denn wissen?" Ich hatte mich schon gewundert, warum noch keine Frage in diese Richtung kam und war bis jetzt auch dankbar gewesen, aber nun musste ich mich dem wohl auch noch stellen. "Alles!" kam es von May, die Freude daran fand Sparky zu kraulen, der seinen Kopf in ihrem Schoss geparkt hatte. "Ich denke Minako wird das schon erläutert haben..." "Ja aber nur eben so die Sachen die sie und die anderen betreffen. Sie meinte, wir sollten dich selber fragen, sie hat uns nur die Basics erzählt." May sah mich fragend an. Na toll, wenn Minako einfach alles erzählt hätte, dann wäre ich nun fein raus, aber so musste ich wahrscheinlich selber in der untersten Schublade meines kaputten Selbst wühlen - klasse! Meine Laune sank weiter dem Nullpunkt entgegen. Das was dann folgte waren Fragen und kurze Erläuterungen meinerseits, wobei alles, was mit TuxedoMask zu tun hatte, der allgemeinen Erheiterung zu Gute kam. Danke! Geknickt saß ich da und spürte Massanories Finger wieder in meinem Nacken, doch ich schob seine Hand nur grob weg. Er hatte schließlich auch gelacht. Ich war für jeden nur eine Lachnummer! "Also - ich finde es phantastisch." Yosuke hörte auf zu lachen und grinste mich an. "Bunny rettet als Sailor Moon und wiedergeborene Prinzessin die Welt und du wirfst mit Rosen um dich. Einfach nur cool... also bist du die holde Jungfrau in Nöten...?" YosukeMurakami Wir saßen auf der Couch und ich hatte definitiv die falsche Frage gestellt. Mamorus Blick haftete an mir und ich schluckte schwer. „Oh entschuldige der Herr, dass ich keine Hilfe für diese Welt war.“ Platzte es plötzlich aus ihm heraus. „So hab ich das nicht gemeint, du hast schließlich Bunny oder Sailor Moon auch immer geholfen. Ich hab dich nur aufziehen wollen, weil mir deine Rolle in diesem Team einfach nicht schlüssig ist..." ich hatte es noch nicht ausgesprochen, da wusste ich auch schon, dass ich einfach den Mund halten sollte. Mamoru sprang auf und sah mich wütend an. „Ich weiß auch, dass ich nutzlos bin. Aber danke, dass du es mir noch einmal vorhältst.“ Seine Stimme wurde lauter und er presste die Lippen aufeinander, so dass nur noch zwei schmale Striche überblieben. Massanorie griff nach seiner Hand und versuchte ihn zu beruhigen. „Yosuke wollte nur wissen, was deine Kräfte sind.“ Kam es völlig ruhig und mit einem Lächeln von ihm, so als würde Mamoru nicht gerade in Rage geraten. Er ignorierte es einfach und wollte ihn wieder zurück aufs Sofa ziehen, doch Mamoru zog seine Hand grob zurück. „KEINE!“ schrie er und sah uns an. „Nicht die geringste. Ich hab nichts dafür getan, dass diese Scheiß Welt beschützt wird.“ „Das glaube ich nicht…“ May versuchte ebenso ruhig und lächelnd Mamorus Stimmung wieder zu kippen. Aber er wollte nicht beruhigt werden, das wurde uns spätestens jetzt klar. „Oh nein? Ich werd dir mal was erzählen, euch allen. Es ist ganz einfach. Zuerst lass ich mich Töten von einem Kerl der mir mal in einem vorherigen Leben geschworen hat mich zu beschützen, dann werde ich mit Hilfe dunkler Energie zum Leben erweckt, einer Gehirnwäsche unterzogen und Bunny will mich mit einem Schwert töten. So das war es dann mit der Hilfe beim Kampf gegen Metalia. Dann kommt diese Scheiße mit der Familie des schwarzen Mondes, da werde ich auch wieder gekidnappt und einer Gehirnwäsche unterzogen und anschließend knutsche ich noch mit meiner zukünftigen Tochter rum – kein Problem, sowas verarbeite ich super! Dann diese Scheiße mit dem Messias der Stille wo ich nur Statist bin, genauso wie bei dieser Death Moon Circus Sache – oh nein wartet, da wurde ich fast wieder getötet und wurde von meiner Freundin gerettet. Und zum krönenden Abschluss kommt Galaxia und ich bin WIEDER tot – wieder mal!“ Schwer atmend sah er auf den Boden, seine Hände zu Fäusten geballt. Wir schwiegen nur und ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich nahm meine Brille ab und putzte sie langsam mit einem Zipfel meines Pullovers sauber. „Ich bin immer nur das Opfer – immer schon.“ Kam es nach einer Weile leise von ihm. Mein Blick wanderte zu ihm. Er lachte leise und strich sich durch die Haare. „Es ist vollkommen egal ob ich da bin oder nicht, es würde ja doch keinem auffallen.“ Erschrocken sah ich ihn mit großen Augen an. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Ich fasste es nicht, wie konnte er das denn denken. Das eine hatte mit dem anderen nichts zu tun. Auch May war sichtlich schockiert, sie sprang auf und weinte fast. „So was darfst du nie wieder sagen Mamoru. Nie wieder.“ „Wieso nicht!?“ Mamorus Blick war eisig und er musterte uns. Anscheinend hatte ich durch diese kleine Frage eine Lawine losgetreten von Dingen die Mamoru schon ewig mit sich herum trug und nun einfach ihren Weg nach draußen suchten. „Euch war ich doch sowieso immer egal.“ Diese Anschuldigung tat weh und ich stand nun eben so schnell bei Mamoru wie May zuvor. „Was meinst du damit?“ „Was war denn daran nicht verständlich?“ kam es nur patzig von ihm, er ging einen Schritt von May und mir weg. Massanorie beobachtete diese Situation nur, stand aber dann langsam auf und legte Mamoru eine Hand auf die Schulter. „Mamoru. Beruhige dich.“ Mamorus Blick suchte den seinen. „Weißt du was, machen wir doch einfach reinen Tisch. Du willst doch auch immer wieder wissen was mit mir los ist. Was für ein Mensch ich bin. Das ist doch der einzige Grund warum du sie eingeladen hast. Denkst du, ich bin so dumm? Denkst du, ich hab nicht gemerkt, dass du durch sie mehr über mich erfahren wolltest?! Denkst du, ich weiß nicht, dass du mich immer mit Absicht zur Weißglut bringst. Jetzt doch auch, dir passt das doch hier super in den Kram. Die perfekte Gelegenheit, dass ich dir mal zeigen kann was für ein Fehler es ist mit mir zusammen zu sein. Dann kannst du deinen Fehler auch korrigieren, genau wie die Eltern von diesen beiden Verrätern.“ Er redete sich nun völlig in Rage und brachte mit einigen Schritten einen Abstand zwischen sich und uns drei. „Ihr tut immer so als ob ihr mich lieben würdet. Aber denkt ihr nicht ich wüsste nicht, dass ihr euch gewünscht habt, dass sie mich zurück bringen. Denkt ihr etwa, ich hätte nicht eure freudigen Gesichter gesehen als eure Eltern mich zurück gebracht haben?“ May und ich zuckten merklich zusammen und sahen uns vorwurfsvoll an. „Wir waren Kinder.“ Kam es ruhig von mir, denn ich wusste sehr genau, dass er recht hatte und das nagte an mir ebenso wie an May. „Halt den Mund. Ich habe es doch gehört, ich hab gehört wie du zu den anderen Kindern gesagt hast, dass du froh bist, dass sie mich zurück gebracht haben, weil du sie haben wolltest als Eltern. Dass du gesagt hast, dass ich eine Last bin – dass du dich nicht mehr für mich aufopfern wolltest!“ mit jedem Wort wurde seine Stimme lauter und ich wich seinem Blick aus. Ich hatte nicht gewusst, dass er das gehört hatte, er hatte nie etwas gesagt, niemals. „Yosuke?“ May fasste mich am Arm und sah mich fragend an. Doch noch bevor ich etwas sagen konnte, ging er verbal auf May los. „Tu doch nicht so. Du warst doch auch nicht besser. Die Hiromie hat mir doch eiskalt erzählt, dass du ihr gesagt hast, dass du gerne zu dem Paar wolltest das mich mitgenommen hat und sie hat gesagt, dass sie mich mit Absicht dorthin geschickt hat, weil sie wusste, dass die mich nicht haben wollten. Und du hast ihr versprochen nicht mehr im Heim aufzutauchen, weil sie sonst die Adoption nicht unterstützen würde und du hast ja gesagt.“ Er schrie sie an und konnte nur schwerlich die Tränen zurück halten. „Ihr habt mich verraten. Immer und immer wieder. Ihr seid nicht besser als jeder andere.“ May begann zu weinen und schüttelte den Kopf. „Das ist nicht wahr. Das hab ich nie gesagt, niemals hätte ich…“ doch er glaubte ihr nicht und mir wurde plötzlich bewusst, dass Mamoru diese Dinge von ihr hatte. Diese Frau hatte ihn über Jahre soweit gebracht, dass er ihr alles glaubte was sie ihm erzählte. Sie hatte ihm immer und immer wieder eingeredet, dass ihn keiner haben wollte, dass er nichts wert sei – solange bis er es glaubte und sie hatte ihn mit Lügen vollgestopft, damit er uns ebenso misstraute wie jedem anderen. Mamorus Blick wanderte zu Massanorie der noch immer still da stand und Mamoru beobachtete. Er schien auf einen passenden Moment zu warten um sich einzumischen oder auf ihn zuzugehen. „Sie haben mich einfach bei dieser Frau gelassen.“ Seine Stimme klang nun resigniert, so als würde gerade etwas in ihm zerbrechen. „Mamoru… nicht…“ Ich wollte nicht, dass er weiter redete. Nicht wegen May oder mir, sondern weil ich wusste, dass er Massanorie sicherlich nichts vom Heim oder von Fr. Hiromie erzählt hatte und ich fand es nicht gut, dass er es nun in so einem Moment tat, wo alles aus dem Ruder lief. Mamoru aber schien mich auszublenden. „Sie hat gesagt ich hätte es verdient, ich hätte verdient, dass sie mich jeden Tag verprügelt, mich in diesen Schrank einsperrt und dass diese Pflegefamilie das auch getan hat. Ich hätte es verdient, weil mich keiner haben wollte, selbst meine Eltern nicht, deswegen seien sie gestorben. Sie hätte den Unfall gebaut, damit sie mich nicht großziehen müssten...“ May schlug sich die Hände vor den Mund und sah völlig geschockt aus und ich konnte kaum glauben was ich da hörte. Ich hatte nicht gewusst, dass die Hiromie das getan hatte, er hatte doch nie etwas gesagt. Ja, ab und an hatte sie ihm eine Ohrfeige gegeben, aber die hatten wir alle bekommen. Aber wann sollte das denn passiert sein - wir waren doch immer zusammen... Und plötzlich wurde mir bewusst, dass das nicht stimmte. Nicht immer! Wenn wir in Pflegefamilien waren oder mit der Schule weg fuhren, dann war Mamoru oft allein im Heim geblieben. Und wenn wir zurück kamen, dann hatte er immer blaue Flecken und weinte viel mehr als vorher. Aber ich dachte immer, dass die anderen Kinder ihn wieder geärgert hatten. Plötzlich wurde mir auch klar, warum Mamoru so oft bei mir im Bett schlafen wollte, dass er immer öfter Angst in der Dunkelheit hatte. Wenn sie ihn wirklich immer wieder in diesen Schrank gesperrt hatte, wenn sie ihn wirklich misshandelt hatte, dann wunderte mich nichts mehr. Und sie hatte ihm eingeredet, dass seine Eltern gestorben waren, weil sie ihn nicht wollten. Ich konnte kaum fassen, dass er das sagte und er schien keinen Zweifel zu haben, dass es genauso war. Das sie recht hatte. „Sie hat gesagt, dass ich es verdient hätte, weil ich nicht normal wäre und seltsam und dumm. Sie hat gesagt…“ Mamorus Hände begannen zu zittern. Massanorie ging einen Schritt auf ihn zu, sagte aber nichts. Fast panisch ging Mamoru noch einen Schritt zurück, bis er die Wand im Rücken hatte. „… sie hat gesagt, dass ich den anderen Kindern Unglück bringe, deswegen hat sie mich einfach auf die Straße gesetzt als ich 13 wurde.“ Ich konnte Mamorus Worte kaum verarbeiten, ich hatte bis jetzt gedacht, dass er mit 15 aus dem Heim ausgezogen sei, dass er eine eigene Wohnung fand, aber dass er mit 13 aus dem Heim geworfen wurde, das hatte ich nicht gewusst… und mir fiel plötzlich ein, dass dies die Zeit war als wir keinen Kontakt hatten. Über ein Jahr hatten wir keinen Kontakt zu Mamoru gehabt. Frau Hiromie meinte nur, dass er keinen Kontakt mehr mit uns wollte, dass er viel lernen würde... wir hatten ihr geglaubt und plötzlich wurde mir bewusst wie dumm wir gewesen waren. „… ich war erst 13 und sie hat mich einfach rausgeworfen.“ Mamoru wiederholte diese Worte und sah Massanorie an. In dessen Gesicht konnte man kein Gefühl ablesen, er stand nur da und sah Mamoru an, da war nichts in seiner Mimik was einem verriet was er gerade dachte. Doch dann sah ich das leichte zucken in seinen Fingern. So als wolle er die Fäuste ballen oder Mamoru in den Arm nehmen, genau wusste ich es nicht. Plötzlich sah ich, dass Mamoru sich an die Schläfe fasste und die Augen schmerzhaft zusammen kniff. Das letzte Mal als ich das gesehen hatte, waren wir noch im Heim gewesen, immer wenn Mamoru Kopfschmerzen bekam reagierte er so. „Mamoru…“ meine Stimme wurde lauter und ich wollte nach vorne schnellen, doch Massanorie war näher dran und hatte Mamoru schon aufgefangen. Ihm waren die Beine weggeknickt und er kniete nun neben Massanorie, welcher ihn festhielt. Mamorus Atem ging schnell und er presste die Handfläche gegen seinen Kopf. „Mach, dass es aufhört.“ Wimmerte er nur leise und klammerte sich mit der freien Hand an Massanorie. „Mach, dass es aufhört.“ Er wiederholte es immer und immer wieder, während er unglaubliche Schmerzen haben musste. Kapitel 39: Step Thirty-eight… Defenseless ------------------------------------------ Sieh, wie hilflos die Seele da liegt, die noch nicht wurzelt in dem Felsengrund der Wahrheit! Augustinus Aurelius Massanorie Lenjier Es war eine Katastrophe, auf ganzer Linie! Ich wollte nur mehr über ihn wissen und hatte dafür seine Freunde missbraucht und ihn mal wieder belogen, ihn in die Ecke gedrängt und nun hatte ich vielleicht alles kaputt gemacht. Seufzend stand ich im Türrahmen meines Schlafzimmers und sah Mamoru an, welcher unruhig schlief. Noch nie hatte mir eine meiner Handlungen so leid getan wie diese. Als er weinend in meinen Armen gelegen hatte und Schmerzen hatte, da wusste ich nicht was ich tun sollte. All diese Informationen wollten einfach nicht sacken. Nie hätte ich gedacht, dass er misshandelt worden sei, ich dachte, er hätte einfach nur eine schwere Kindheit. Aber das – das war einfach etwas, was für mich kaum vorstellbar war. May und Yosuke hatten versucht Mamoru zu beruhigen, aber erst drei Schmerztabletten und die Erschöpfung seinerseits halfen uns ihn ins Bett zu bekommen. Die beiden waren ebenso geschockt wie ich und so waren sie vor einigen Minuten gegangen. May hatte geweint und auch Yosuke schien völlig überfordert mit der Situation. Seufzend strich ich mir durch die Haare und fragte mich wie es nun weiter gehen sollte. Was sollte ich jetzt machen? Wie sollte ich mich verhalten? Ich löschte das Licht in der Wohnung und betrat mein Schlafzimmer. Vorsichtig setzte ich mich auf die Bettkante und sah Mamoru an. Das hier war kein erholsamer Schlaf, er wälzte sich von einer Seite auf die andere und murmelte etwas vor sich hin. Meine Finger glitten durch sein schwarzes Haar. „Alles ist gut… ich pass schon auf…“ Mamoru entkrampfte sich leicht und atmete nun etwas ruhiger. Diese Nacht würde ich bestimmt kein Auge zubekommen. Völlig erledig legte ich mich auf die andere Seite, drehte mich auf die Seite und sah Mamoru an. Meine Augen gewöhnten sich nur langsam an die Dunkelheit, aber ich wartete geduldig, bis ich seine Gesichtszüge wahrnehmen konnte. Seine Atmung wirkte hektisch – ich rutschte an ihn heran und legte meine Stirn an seine. Leise flüsterte ich ihm Worte zu, damit er vielleicht etwas innerliche Ruhe fand. Doch eigentlich sollten sie mehr für mich sein. Ich musste mir selbst einreden, dass es wieder gut werden würde. Wie lange ich so wachgelegen hatte wusste ich nicht, aber irgendwann hatte mich die Müdigkeit doch eingeholt und ich fiel in einen traumlosen, nicht erholsamen Schlaf. Es war Sparky der mich weckte, er winselte und leckte mir über die Hand und das Gesicht. „Lass das!“ zischte ich nur und schob seine Schnauze von meinem Gesicht weg. Doch er kam wieder an und ich hörte wie er aufgeregt hin und her lief. „Was ist denn los?“ murmelte ich nur und fühlte mich schrecklich geschlaucht. Mein Kopf drehte sich zur Seite und ich brauchte einige Sekunden um die Leere neben mir verarbeiten zu können. Ich richtete mich langsam auf und rief nach ihm. „Mamoru?“ doch ich bekam keine Antwort. Mein Blick glitt durch den Raum und blieb an der Sporttasche hängen, welche noch immer vor meinem Schrank lag. Das war doch gut, oder? Mit einem Blick auf die Uhr, die mir 09:22 Uhr anzeigte, stand ich auf und obwohl ich mir einredete, dass alles gut war, beschlich mich ein ungutes Gefühl. „Mamoru?“ Ich sah in jeden Raum, aber er war weg! Seine Schuhe waren weg, sowie seine Jacke. Sparky winselte und kratzte leicht an meiner Haustür. „Ist alles gut. Komm her.“ Ich ging in die Knie und streichelte Sparky durch das Fell. „Ich muss dich demnächst mal wieder bürsten um das Winterfell runter zu bekomme, oder?“ ich lächelte leicht und sah zur Haustür. „Er wollte bestimmt nur allein sein…“ wisperte ich, während Sparky sich an mich drängte und erneut winselte. Sparky schien sich ebensolche Sorgen zu machen wie ich. Auf dem Wohnzimmertisch lag mein Handy und ich hoffte, dass er mir eine Nachricht geschickte hatte oder ein Anruf auf meiner Mailbox war, aber nichts. Ich suchte seine Nummer heraus und wählte sie. Das Geräusch am anderen Ende ließ mich kurz aufatmen – sein Handy war nicht ausgeschaltet, das war gut, doch es klingelte einfach vor sich hin und nach einer gefühlten Ewigkeit schaltete sich die Mailbox ein. Ich legte auf, da ich aus Prinzip schon nicht auf diese Dinger sprach – außerdem war er sicherlich nur sauer auf mich. Mein Blick glitt zu Sparky der neben mir saß und mich ansah. „Er ist nur sauer, du wirst sehen, wir fahren bei ihm vorbei und dann schreit er mich kurz an und im Endeffekt werde ich ihm einen guten Therapeuten empfehlen und alles wird wieder gut!“ Doch ich konnte sehen, dass Sparky mir das nicht einmal ansatzweise glaube, er legte sich auf den Boden und sah traurig zu mir hoch. In meinem Magen machte sich ein flaues Gefühl breit, als ich im Fahrstuhl stand und erneut versuchte Mamoru zu erreichen. Doch er ging auch nicht ans Festnetz, obwohl ich meine Nummer unterdrückte. Hatte ich es vielleicht wirklich zu weit getrieben? War das dieser Moment, vor den meine Mutter mich seit Jahren warnte? Das ich eine Grenze überschritt und am Ende die Konsequenzen tragen musste? Aber was sollte hier schon die Konsequenz sein? Nachdenklich verließ ich den Fahrstuhl und wollte gerade das Gebäude verlassen, als mich der Portier ansprach. „Guten Morgen Herr Lenjier.“ Auf Smalltalk hatte ich gerade wirklich keine Lust. „Morgen.“ Kam es nur leise von mir. „Herr Lenjier, bitte warten Sie kurz. Ich habe eine Nachricht für sie.“ „Ich habe gerade keine Zeit für sowas!“ fauchte ich nur. „Ich hole sie mir nachher ab.“ „Entschuldigen Sie Herr Lenjier. Ich lege die Nachricht des jungen Mannes in ihr Fach und informiere meinen Kollegen, dass…“ „Was für ein junger Mann?“ ruckartig drehte ich mich um und kam wieder zurück. Auf die Idee, dass Mamoru mir eine Nachricht hinterlassen hatte war ich nicht gekommen. Irritiert sah mich Herr Yuge an. „Oh – der junge Mann, der zurzeit öfter bei Ihnen ist. Er hat heute Morgen um kurz vor fünf das Gebäude verlassen, kam dann aber noch einmal zurück und gab mir das hier und bat um einen Zettel und einen Stift.“ Er griff in das Fach mit meinen Namen und nahm einen Zettel und einen Gegenstand heraus. Ungläubig starrte ich auf den silbernen Schlüssel und plötzlich wurde mir bewusst, dass es mein Haustürschlüssel war. Das hier war mein Schlüssel, den ich ihm gegeben hatte. Ohne ein Wort zu sagen griff ich nach dem Zettel und faltete ihn auseinander. Ich kann nicht mehr – es tut mir leid. Das war alles. Nur dieser kurze Satz und der Schlüssel. Wenn ich bis zu diesem Moment noch dachte alles würde gut werden, so stieg nun eine leichte Panik in mir auf. was sollte das denn heißen – wieso schrieb er mir so etwas und gab mir diesen bescheuerten Schlüssel zurück? Ohne noch etwas zu sagen, verließ ich das Haus und steuerte auf mein Auto zu. Gestern hatte ich keine Lust mehr gehabt in die Tiefgarage zu fahren was mir nun zu gute kam. Diese war nämlich durch Glatteis gesperrt worden und wurde gerade vom Hausmeister vom Eis befreit. Meine Gedanken sprangen hin und her und so langsam bildeten sich Bilder in meinem Kopf die nicht positiv waren und so kam ich bei Mamoru an und wurde immer ungeduldiger, als der Fahrstuhl langsam nach oben fuhr. Mein Finger drückte immer wieder auf den Klingelknopf doch es öffnete einfach keiner. Hektisch kramte ich an meinem Schlüsselbund herum und fand schließlich den Haustürschlüssel seiner Wohnung. „Mamoru!“ Ich betrat die Wohnung und machte mir nicht einmal die Mühe die Schuhe auszuziehen. In mir stieg eine enorme Sorge auf und ich wollte einfach nur wissen, dass es ihm gut ging. „Mamoru!“ ich wurde lauter, doch es kam nichts zurück. Ich schaute in jedem Raum nach, doch seine Wohnung war leer, und es machte nicht den Eindruck als wenn er hier gewesen war. Wieder griff ich nach meinem Handy und drückte die Wiederwahltaste. Und wieder klingelte sein Handy, aber er ging einfach nicht ran. Doch dann konnte ich ein leises Geräusch wahrnehmen, welchem ich ins Schlafzimmer folgte. Langsam ließ ich mich aufs Bett sinken und griff nach seinem Handy, was hier einsam lag und welches ich übersehen hatte. Meine unbeantworteten Anrufe blinkten auf. „Er war doch hier...“ flüsterte ich nur und sah mich um. „Aber wo bist du bloß Mamoru?“ Immer mehr machte sich dieses Gefühl der Beklemmung in mir breit. „Sparky. Wir bleiben hier und warten bis er kommt. Sicherlich ist er spazieren und muss den Kopf frei bekommen. Er wird bald wieder kommen…. Ganz sicher…“ Damit setzte ich mich auf die Couch und sah aus dem Fenster. Ein eisiger Wind fegte durch die Stadt und ich machte mir, mit jeder Minute die verging, mehr Sorgen. Langsam wurde es dunkel draußen und ich stand am Fenster und sah hinaus. Ich hatte mich dazu entschieden das Licht nicht anzuschalten. Wenn Mamoru zurückkam und sah, dass jemand hier war, würde er vielleicht nicht hoch kommen und das wollte ich nicht. Aber umso später es wurde, umso mehr Sorgen machte ich mir. Es war nun schon kurz vor Mitternacht, doch von Mamoru fehlte einfach jede Spur. Heute war Sonntag und morgen würde er sicher wieder da sein, schließlich hatte er doch diese neue Stelle bei Shogo, oder wie der Typ hieß, bekommen. Mamoru war immer sehr zuverlässig wenn es um die Arbeit ging, also musste ich morgen früh nur dort vorbei gehen und dann würde ich ihm sagen, dass es unverantwortlich von ihm war einfach zu verschwinden. Es war kurz vor halb neun, als ich das Einkaufscenter betrat und nach dem Laden suchte wo Mamoru einen Job bekommen hatte. Einige Läden hatten schon auf, andere öffneten gerade und es dauerte nicht lang bis ich den Laden fand. Mamoru hatte mir ja gesagt wie er hieß und auch wo er war und anscheinend hatte er sich wirklich gefreut diesen Job zu bekommen, was mich noch mehr in der Annahme bestärkte, dass ich ihn hier antreffen würde. Ein junger Mann Mitte zwanzig schloss gerade die Glastüren des Ladens auf. Er trug eine Jeans und einen Pullover und wenn ich nicht gerade in festen Händen wäre, dann stände er sicherlich auf meiner Liste der zu flachlegenden Männern. „Guten Morgen.“ Kam es so monoton von mir wie möglich, aber in mir machte sich eine immer größer werdende Sorge breit. Heute Morgen hatte ich es kaum ausgehalten, war nur kurz unter die Dusche gesprungen und ich hatte es nicht einmal geschafft mich zu rasieren. „Hey. Komm rein und sieh dich um. Wenn du Hilfe brauchst…“ „Du bist doch Shogo, oder?“ Der Mann vor mir sah mich an und musterte mich kurz. „Kommt drauf an, wer das wissen will.“ Er zog eine Augenbraue hoch und ging in den Laden. „Ich suche Mamoru… er sollte doch heute bei dir anfangen.“ Ich hatte keinen Elan zickig oder eisig zu reagieren, ich wollte nur endlich wissen wo Mamoru war und sehen, dass es ihm gut ging. „Ach so. Du bist Massanorie nicht wahr? Sorry hab dich nicht erkannt! Was ist los? Habt ihr euch gestritten?“ Er schüttelte nur den Kopf und drehte sich zu mir um. „Und nein er ist noch nicht da. Aber er kommt bestimmt gleich, um halb neun sollte er hier sein.“ „Er kommt nie zu spät…“ wisperte ich nur und sah mich um. Anscheinend war Shogo ein aufmerksamer Mann, den er schien zu merken, dass etwas nicht stimmte. „Was ist los? Was ist mit Mamoru?“ Ich sah ihn an und strich mir durch die Haare. „Ich weiß es nicht. Er ist weg und ich weiß nicht wo er ist.“ Es war nicht meine Art anderen meinen Gefühle oder Problemen zu erzählen, aber ich fühlte mich hilflos und wusste nicht weiter. Shogo erzählte mir, dass er Mamoru das letzte mal vor dem Restaurant gesehen hatte und das er heute anfange sollte bei ich zu arbeiten. Ich selber fasste mich kurz, meinte nur, dass wir uns schrecklich gestritten hätten und ich nicht wüsste wo er sei. Aber Shogo versprach mir sich zu melden, sobald er auftauchen würde. Also ließ ich ihm meine Handynummer da und machte mich auf den Weg zu May und Yosuke. Ich konnte nicht einfach herum sitzen und abwarten, aber er war weder bei seiner besten Freundin, noch bei seinem besten Freund. Auch hatte er sich seit gestern nicht gemeldet aber beide schienen sich sofort auch Sorgen um ihn zu machen. Ich fragte sie aus, nach Orten wo er sein könnte, wo er hinging, aber sie konnten mir nichts sagen und mir wurde bewusst, dass Mamoru niemanden jemals etwas erzählte. Das keiner irgendetwas über ihn wusste. Seijiro Lenjier Das Holz knisterte leise und wärmte das Zimmer mit dieser Art von Wärme die nur ein Kaminfeuer hervorbringen konnte. Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück, genoss meinen Tee und mein neu erworbenes Buch; Moby-Dick eine Original Ausgabe von 1851. Original Ausgaben hatten diesen besonderen Reiz, dieser Geruch von Geschichte und keiner konnte sagen, wer diese Ausgabe schon in den Händen hatte. Andrea war unterwegs und ich genoss die Ruhe im Haus. Vor dem Fenster wirbelten einige Flocken hin und her und man konnte den kalten Wind fast schon sehen. Heute war der 29.12. und zu Silvester hatte sich meine Frau vorgenommen traditionell zu feiern. Einerseits wusste sie, dass ich mich sehr darüber freuen würde, aber sie wollte es wohl auch wegen Mamoru, da er mir in diesem Punkt, so drückte es Andrea aus, sehr ähnlich war. Ich musste zugeben, ich mochte den Jungen. Er war klug und konnte sich auch ganz gut gegen Massanorie durchsetzen, dass war amüsant und wenn mein Sohn sich schon in einen Mann verlieben musste, dann war Mamoru sicherlich die beste Wahl – soviel hatte ich ja auch schon verstanden. Das klingeln an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. Seufzend legte ich das Buch beiseite und fragte mich, wer denn jetzt schon wieder störte. Da bekam man einen Herzinfarkt und trotzdem ließen die Leute einen nicht zufrieden. Wobei der Vorstand und andere Mitarbeiter immer nur anriefen, wenn sie wussten, dass Andrea nicht da war. Sie hatte allen klar gemacht, dass ich Ruhe brauchte und schottet mich von der Firma ab, was ich einerseits verstand, aber andererseits war es nicht gerade hilfreich! Ich öffnete die Haustür und zuckte erschrocken zusammen. Vor mir stand mein Sohn oder besser ein schlechtes Abbild von ihm. Er hatte einen Dreitagebart, seine Haare lagen etwas wirr um seinen Kopf und sein Blick wirkte so als hätte er geweint. „Massanorie…“ So kannte ich meinen Sohn nicht und in mir machte sich ein tiefes Gefühl der väterlichen Sorge breit. „Ich muss reden...“ Nickend trat ich zur Seite und ließ ihn eintreten. „Deine Mutter ist jedoch unterwegs, also wenn du…“ „Ich will mit dir reden. Mum ist mir zu emotional.“ Kam es nur schnell von ihm. „In Ordnung.“ Ich schloss die Tür und fragte mich, was passiert war. Aber Massanorie nahm mir die Frage ab. „Mamoru ist weg.“ Verblüfft sah ich ihn an. „Was meinst du mit weg? Habt ihr Schluss gemacht?“ Er schüttelte den Kopf und wir gingen zusammen ins Wohnzimmer. Ich wartete auf eine Antwort und versuchte nichts zu sagen, was Massanori verstimmen könnte. Das er zu mir kam um zu reden, war ungewöhnlich und beunruhigte mich etwas. Schweigend schmiss ich ein Stück Holz in den Kamin und sah zu wie die ersten Flammenzungen auf ihn überschlugen. Als ich mich wieder erhob und zu Massanorie sah, war ich wirklich besorgt. Er saß auf der Couch und ihm liefen Tränen über die Wangen. Das letzte Mal hatte ich ihn weinen gesehen, als er sieben war und ich ihn angeschrien hatte, weil er meine Unterlagen mutwillig zerstört hatte. Andrea hatte versucht mir zu erklären, dass er das nur getan hatte um meine Aufmerksamkeit zu bekommen – das hatte er damals geschafft. Aber nun weinte er, weil er anscheinend ein Problem mit Mamoru hatte. Ich war kein guter Vater, das war etwas was ich mir in den letzten Monaten immer mehr eingestehen musste und es tat nicht gerade gut das zu erkennen. Aber vielleicht konnte ich ja wenigstens jetzt einen väterlichen Rat geben. Versuchen wollte ich es auf jeden Fall. „Massanorie. Was ist denn passiert?“ Ich setzte mich neben ihn und reichte ihm ein Taschentuch. „Ich will – ich will nicht streiten. Aber ich schaff das nicht. Wenn… oh Gott, wenn er sich was angetan hat, dann – ich werd mir das nie verzeihen.“ Irritiert sah ich ihn an und verstand kein Wort. „Massanorie. Wo ist Mamoru?“ Mein Sohn schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Er ist seit drei Tagen weg…“ Er wischte sich die Tränen weg, atmete tief durch und sah zum Kamin. „Am 26. habe ich seine Freunde eingeladen, weil sie Streit hatten. Ich wollte ihm eine Freude machen, weil sie für ihn doch wichtig sind – aber eigentlich hab ich es gemacht, weil ich gehofft habe, dass ich dadurch mehr über ihn erfahre. Als die beiden dann da waren, hab ich angefangen Fragen zu stellen und Mamoru merkte langsam, dass ich das mit Absicht tat.“ Er seufzte und sah mich an. „Ich hab Mist gebaut. Mama hat immer gesagt, dass das mal passiert, dass ich eine Grenze übertrete und dann Menschen schade und nun hab ich vielleicht Mamoru geschadet und das hab ich nie gewollt – du hast Recht – ich weiß nicht wo meine Grenze ist.“ Einen Moment lang schwieg ich und schließlich legte ich meine Hand auf seine, drückte sie sachte. „Erzähl mir, was dann passiert ist!“ Er sah auf meine Hand und lächelte sanft. „Ich hab ihn in die Ecke gedrängt, also verbal - und dann ist es eskaliert. Mamoru ist aufgesprungen und hat mir einfach hysterisch… er hat… die Heimleiterin, ich schwöre, wenn ich diese Frau finde, bringe ich sie um…“ er holte tief Luft und wischte sich wieder durch die Augen. „Sie hat ihn… physisch und psychisch misshandelt. Ich meine, ich wusste das nicht. Ich hätte ihn doch nie gedrängt, wenn ich das gewusst hätte. Dann hat er schreckliche Kopfschmerzen bekommen und… und dann war er morgens weg. Ich dachte er kommt schon wieder, aber er ist seit fast drei Tagen verschwunden und hat mir nur diese Nachricht hinterlassen.“ Meine Hand drückte seine und ich musste zugeben, dass mich das gesagte wirklich schockierte. Natürlich hatte mir Mamoru das mit seiner Pflegefamilie gesagt, aber dass das nur die Spitze des Eisberges war machte mich fassungslos. Er kramte in seiner Hosentasche und hielt mir einen Zettel hin. Ich nahm, las ihn und sah meinen Sohn fassungslos an. „Warst du bei der Polizei?“ Er schüttelte den Kopf. „Wieso nicht? Massanorie, wenn er dir so einen Brief hinterlässt, dann hättest du gleich zur Polizei gehen müssen.“ Er sprang auf und strich sich durch die Haare. „Das kann ich nicht. Er will doch Arzt werden, wenn ich zur Polizei gehe und dann suchen sie ihn und finden ihn und er hat sich vielleicht – er hat sich vielleicht was angetan, dann – dann kann er sein Studium vergessen. Ich weiß doch nicht, was das für Auswirkungen hat. Ich hab wirklich alles getan. Ich hab seine Freunde gefragt und hab ihn in der ganzen Stadt gesucht, ich war sogar bei seiner Ex, aber die ist nutzlos, die weiß nichts über ihn. Und das schlimmste ist, dass wenn ich nicht wäre, dann würde ihn vielleicht nicht einmal jemand suchen. Yosuke und May sind es nämlich gewohnt, dass er sich mehrere Tage und Wochen nicht meldet und sonst hat er doch niemanden engeren.“ Panisch sah er mich an. „Ich weiß nicht mehr was ich machen soll… ich kann nicht schlafen und bin mit den Nerven am Ende.“ Ich stand auf und zum ersten Mal seit ich mich erinnern konnte, zog ich ihn in eine Umarmung, welche er sofort erwiderte. „Papa, ich hab keine Ahnung was ich machen soll. Es ist mein Schuld!“ wisperte er nur und schniefte leise. Papa?! Ich konnte mich nicht erinnern, wann er mich das letzte Mal so genannt hatte, da musste er noch ein Kind gewesen sein. Ihm musste es wirklich schlecht gehen. „Es ist nicht deine Schuld, das wäre sicherlich sowieso irgendwann passiert. Es ist alles etwas unglücklich. Aber Mamoru ist ein schlauer Junge, er wird schon nichts Dummes machen. Und deine Entscheidung nicht zur Polizei zu gehen… ich kennen einen Polizisten – ich werde ihn anrufen und fragen, ob er eventuell etwas machen kann, ohne dass es eine Akte gibt. Dann melde ich mich bei dir.“ Ich schob ihn von mir weg und sah ihn an. „Du musst dich zusammen reißen, wenn Mamoru wieder auftaucht, dann braucht er jemanden der ihm hilft, der für ihn da ist. Du musst nun für euch beide stark sein, ok?“ Ich sah ihn streng an und lächelte, als er nickte. „Und rasier dich mal wieder, du siehst schrecklich aus!“ Er lachte leise. „Mamoru geht es bestimmt gut.“ Wieder nickte er und atmete tief ein und aus. Drei Tage war Mamoru jetzt schon weg, so sagte Massanorie es, und auch wenn ich meinem Sohn sagte, dass es ihm bestimmt gut gehen würde, so machte ich mir gerade große Sorgen. Massanorie blieb noch etwas und ging erst als seine Mutter wiederkam. Er verschwand ohne ihr Hallo zu sagen, er wollte sie nicht anlügen und er hatte Angst, dass sie zu emotional reagieren könnte. Er brauchte gerade, so drückte er es aus, etwas Rationalität und niemanden der ihn noch verrückter machte. Ich sah das ebenso und so schwieg ich, als Andrea mich fragte warum Massanorie so plötzlich weg war. Ich nahm mir vor noch heute mit dem befreundeten Polizisten zu telefonieren. Massanorie Lenjier Meine Nerven lagen blank und mit jeder Minute die verging wurde ich panischer. Drei Tage... ich konnte kaum glauben, dass er schon drei Tage verschwunden war. Der erste Tag war so schnell vergangen, der zweite hatte sich gezogen und mich immer verrückter gemacht. Shogo rief mich morgens und abends an und erkundigte sich nach Mamoru, ebenso wie May und Yosuke. Die beiden suchten seit gestern ganz Tokio ab, während ich zwischen meiner Wohnung und seiner hin und her pendelte, weil ich hoffte ihn anzutreffen. Ansonsten war ich gestern selbst bei Bunny gewesen, aber die konnte mir nicht helfen. Sie wusste nichts, keinen Ort wo er hingehen würde oder wo er gerne war. Ich fragte mich ernsthaft, ob die jemals ernsthaftes Interesse für ihn gehabt hatte – aber ich war ja auch nicht besser. Ich wusste ebenso wenig über ihn und meine radikale Neugier hatte ihn ja erst weg getrieben. Seufzend lief ich durch den Park und sah mich um, es war kalt und erneut begann es zu schneien, nachdem es gestern Regen mit Hagel gab. Ich hoffte, dass es Mamoru gut ging, dass er irgendwo war, wo es warm war. Frierend betrat ich mein Apartmentgebäude und sah mich um, hier war es warm aber außer mir und Herrn Yuge war niemand hier. Er sah mich besorgt an und nickte dann nur höflich. „Ist vielleicht eine Nachricht für mich abgegeben worden?“ Wie bereits gestern und heute Morgen schüttelte er den Kopf. „Es tut mir leid Herr Lenjier, leider nicht.“ „Danke.“ Kam es nur resigniert von mir. Ich fuhr nach oben und ließ mich müde auf der Couch nieder. Sparky kam zu mir, sprang neben mir auf die Couch und kuschelte mit mir. Ich ließ meine Finger durch das Fell gleiten und betete leise, dass Mamoru wiederkam, das es ihm gut ging und ich schwor, dass ich nie wieder so egoistisch sein würde. Mir fielen die Augen zu und ich merkte langsam wie mir die letzten Tage zu schaffen machten. „Nur fünf Minuten, dann fahr ich zu seiner Wohnung…“ nuschelte ich und sank tiefer in die Couch. Das Klingeln des Festnetzes ließ mich hochfahren. Etwas planlos sah ich mich um und versuchte einen ersten Eindruck zu bekommen wo das Geräusch her kam. Als ich das blinkende Telefon auf dem Tisch sah griff ich danach, die Nummer zeigte mir, dass es ein interner Anruf vom Portier war. „Ja?“ „Herr Lenjier? Ich melde mich, weil ich dachte es würde sie interessieren, dass der junge Mann, den sie suchen, vor dem Gebäude steht. Er scheint etwa unschlüssig zu sein und läuft nun schon einige Male auf und ab….“ Ich ließ das Telefon fallen und war plötzlich völlig wach, als ich zum Fahrstuhl hechtete… Kapitel 40: Step Thirty-nine... Fault ------------------------------------- Wir sind nicht schuldlos. Deshalb werfen wir den ersten Stein Anke Maggauer-Kirsche Massanorie Lenjier Noch wie war mir eine Fahrstuhlfahrt so lange vorgekommen. Ich konnte kaum glauben, dass Mamoru hier war. Innerlich schwankte ich zwischen Erleichterung und unglaublicher Wut - was ich davon Mamoru präsentieren würde, wusste ich noch nicht. Das warme Licht der Eingangshalle war das genaue Gegenteil vom Wetter was draußen herrschte. Herr Yuge wies mit einem Kopfnicken zu den elektronischen Glastüren. „Danke.“ Kam es nur leise und matt lächelnd von mir, bevor ich langsam zur Tür ging, welche sich selbstständig öffnete. Sofort wehte mir ein eisiger Wind ins Gesicht, doch die Kälte merkte ich kaum. Ich sah Mamoru, der links neben einem Pflanzenkübel stand. Die ganze Wut, die ich vorher hatte, fiel einfach von mir ab und ich merkte nur, wie mir die Tränen über die Wangen liefen. Erleichtert lächelte ich nur und wusste nicht was ich jetzt machen sollte, doch dann bemerkte Mamoru mich. Ich rechnete damit, dass er weg laufen würde, aber er sah mich nur an. Schnell ging ich auf ihn zu und zog ihn ohne etwas zu sagen in eine enge Umarmung. Er war wieder da und es ging ihm gut. Alles andere war egal. „Es tut mir leid…“ wispere ich nur und zog ihn noch enger an mich. Mamoru aber erwiderte meine Umarmung nicht. „Ich hab meinen Schlüssel verloren.“ Kam es nur sehr leise von ihm. „Was?“ Ich schob ihn etwas von mir weg, wischte mir durch die Augen und versuchte nichts Dummes zu sagen. Erst jetzt merkte ich, wie kalt Mamoru war. Seine Jacke, sein Schal – einfach alles an ihm war klamm und eiskalt, seine Hände und seine Lippen zitterten. Er war leichenblass und wirkte mitgenommen und abwesend. „Mamoru? Du zitterst ja…“ „Ich hab meinen Schlüssel verloren, kannst du mir den von dir geben.“ „Komm mit hoch, du bist eiskalt und frierst…“ „Ich will nicht zu dir. Ich möchte meinen Schlüssel.“ Kam es erneut von ihm. Schweigend sah ich ihn an und nickte schließlich. „Na gut, ich hab ihn oben, ich hol ihn und fahr dich dann.“ „Ich geh allein… ich brauch deine Hilfe nicht.“ Seine Stimme zitterte genauso wie sein Körper. „Ok. Ich hol ihn eben, aber du musst warten… ok?“ Mamoru nickte nur. Dass ich den Schlüssel an meinem Schlüsselbund hatte, welchen ich in der Hand hielt, sagte ich ihm nicht. Denn ich hatte Angst, dass er einfach abhauen würde, wenn ich ihm den Schlüssel gab. Oben angekommen, betrat ich meine Wohnung, lehnte ich mich gegen meine Tür und ließ meiner Erleichterung kurz freien Lauf. Sparky winselte und leckte mir über die Hand, während ich weinend an die Decke starrte. „Gut Sparky, hol die Leine. Hol die Leine Sparky.“ Mein Hund bellte kurz und verschwand dann. „Ok, reiß dich zusammen Massanorie. Tief ein und aus atmen!“ Ich löste mich von der Wand und strich mir übers Gesicht und durch die Haare. Ich durfte jetzt nicht die Nerven verlieren, mein Vater hatte Recht – einer von uns musste die Nerven behalten und das war ich! Ich hatte ganze Firmen übernommen, hatte Vorstände kommen und gehen sehen und hatte gestandene Geschäftsmänner in den Wahnsinn getrieben – ich würde es ja wohl schaffen jetzt nicht einzuknicken. Schließlich war ich selbst Schuld an dieser Situation, also musste ich alles tun um es wieder gut zu machen. Seufzend und nach Fassung ringend suchte ich mein Handy und wählte die Nummer meines Vaters. „Massanorie?“ Anscheinend hatte er meine Nummer sofort erkannt. „Ja ich bin‘s. Er ist wieder da, also könntest du diese Sache mit deinem Bekannten sein lassen?“ Ich klang lange nicht so selbstsicher wie ich es wollte. „Wie geht es ihm?“ „Ich weiß nicht. Er wirkt durchgefroren und irgendwie abwesend.“ „Ist er jetzt bei dir?“ „Nein, er will nicht rauf kommen, sondern in seine Wohnung. Er hat seinen Schlüssel verloren. Ich wird versuchen ihn zu fahren und dann bei ihm zu bleiben…“ „Das ist eine gute Idee. Und melde dich bitte morgen früh -“ es entstand eine Pause die ich nicht einsortieren konnte. „- ich mach mir Sorgen um dich. Also melde dich bitte morgen früh bei mir, auch wenn du Hilfe brauchst.“ Still stand ich in meinem Flur und ließ die Worte sacken. So etwas hatte er noch nie zu mir gesagt und ich musste zugeben, dass ich gerade zu nahe am Wasser gebaut hatte um nicht Tränen in den Augen zu haben. „Ja klar…" kam es nur leise von mir und ich schniefte etwas, weil mir diese väterliche Fürsorge doch gerade etwas viel war. „...danke.“ Dann legte ich auf und wieder atmete ich tief ein und aus. Für einen kurzen Moment stand ich noch da und freute mich insgeheim über diese sehr gefühlvolle Unterhaltung. Aber dafür hatte ich wohl später mehr Zeit, ich dachte wieder an Mamoru und ohrfeigte mich gerade selber, dass ich ihn zitternd und frierend draußen stehen gelassen hatte. Wie dumm konnte man denn sein, ich hätte ihn wenigstens ins Foyer schicken sollen – Massanorie du Trottel! Schnell packte ich einige Sachen von mir und Sparky zusammen und machte mich auf zu Mamoru, welcher immer noch vor dem Haus stand und wartete. „Ich fahr dich…“ „Ich will nur den Schlüssel.“ kam es monoton von ihm, er streckte seine Hand aus und wartete darauf, dass ich ihm die Schlüssel gab. Der Wind wurde immer eisiger, wenn das überhaupt noch ging. Das fahle kalte Licht der Laternen leuchtete die Straßen nur notdürftig aus. Aber das Mamoru schlecht aussah wusste ich auch so. „Ich fahr dich nach Hause und dann geb ich dir den Schlüssel!“ „Nein.“ „Eine andere Option hast du nicht.“ Kam es etwas schroff von mir. „Du warst drei Tage fort, ich hab mir Sorgen gemacht, hab die ganze Stadt abgeklappert. Wenn du denkst ich lass dich jetzt einfach wieder aus den Augen, dann irrst du dich. Du kannst mir doch nicht einfach so eine Nachricht hinterlassen…“ Ich wollte ihm keine Vorwürfe machen, aber es musste raus und ich konnte gerade nicht klar denken. „Bitte – steig ein!“ ich drückte auf den Zündschlüssel um die Zentralverriegelung zu öffnen. Mein schwarzer Wagen blinkte auf und ich deutete auf das Auto hinter Mamoru. „Bitte.“ Er wollte etwas sagen, aber dann stieg er ohne etwas zu erwidern doch ein. Erleichtert sah ich zu Sparky, den ich mit einem Hundesicherheitsgurt auf der Rückbank anschnallte. Die Straßen waren nicht stark befahren, was am ungemütlichen Wetter lag und keiner wollte bei einem solchen Wetter draußen sein – keiner außer Mamoru! Im Auto herrschte Stille, wir redeten nicht, aber ich konnte sehen, dass Mamoru fror egal wie hoch ich die Heizung im Auto auch stellte. Auf der Straße lag teilweise eine dünne Schicht Eis, was das fahren nur bei Schrittgeschwindigkeit erlaubte und so kamen wir nur Mühsam voran. Die ständig auf Rot wechselnden Ampeln machten die ganze Fahrt noch zäher. „Es wäre niemanden aufgefallen…“ ich zuckte zusammen und sah kurz zu Mamoru. Seine Stimme war leise und er starrte auf seine Finger, die immer noch zitterten. „…es wäre keinem aufgefallen, wenn ich gesprungen wäre!“ Die Räder drehten durch und ich musste mich zusammen reißen um die Kontrolle zu behalten, als ich erschrocken das Bremspedal durchdrückte. Hinter mir wurde lautstark gehupt und es glich einem Wunder, dass mir mein Hintermann nicht aufgefahren war. Die Autos hinter mir überholten mich, hupten und ich drückte vollkommen verstört die Taste der Warnblinkanlage. Wir saßen schweigend im Wagen und ich musste diesen Satz meines Freundes verdauen. „Ich hätte es gemerkt.“ Kam es nach einer mir unendlich vorkommenden Zeit des Schweigens wispernd von mir. „Lügner!“ kam es nur ebenso leise von ihm und ich sah wie er leise anfing zu weinen. Ich starrte ihn an und wusste nicht was ich sagen sollte. Eine Weile lang stand ich einfach auf der Straße mit eingeschalteter Warnblinkanlage und versuchte das gehörte zu verarbeiten. Der Zettel den er mir hinterlassen hatte, war also doch genau das gewesen, was ich befürchtet hatte. In meinem Hals bildete sich ein Kloß den ich nur schwer hinunterschlucken konnte. Nach einer Weile startete ich den Wagen wieder und fuhr weiter in Richtung Mamorus Wohnung. Während der Fahrt schoss mir seine Aussage immer wieder durch den Kopf und mit jeder Minute wurde mir mehr bewusst, dass er vielleicht nicht unrecht hatte. Yosuke und May waren es gewöhnt, dass sich Mamoru Wochen lang nicht meldete, Bunny war gerade mit ihrer eigenen kleinen Liebesgeschichte beschäftigt und ich – ich war sonst immer im Büro und hatte sonst ja auch nicht immer Zeit um mich bei ihm zu melden. Wie lange hätte es wohl gedauert, bis einem aufgefallen wäre, dass er weg war, wenn ich nicht Urlaub hätte und dieser Eklat vorrangegangen wäre?! Dieser Gedanke schockierte mich und machte mir bewusst, dass Mamoru vielleicht genau aus diesem Grund Menschen auf Abstand hielt – weil er immer im Kopf hatte, dass ihn keiner suchen würde. Doch dann siegte meine Sturheit. "Ich hätte es gemerkt, ich hätte gemerkt wenn der Mann - wenn der Mann in den ich verliebt bin sich nicht mehr meldet, wenn er einfach aus meinem Bett verschwindet und mich abends nicht erwartet um mir zu sagen wie Doof ich manchmal bin!" Trotz meiner Aussage sprach er ab diesem Moment kein Wort mehr mit mir. Er sagte nichts, als ich mit nach oben zu seiner Wohnung fuhr, er sagte nichts als ich ihm seinen Wohnungsschlüssel aus den zitternden Händen nahm um aufzuschließen und er sagte nichts als ich ihm ein Bad entließ. Nun lag er in seinem Bett, hatte sich zusammen gerollt und schlief. Das Essen hatte er stehen gelassen, aber ich war froh, dass er etwas Tee getrunken hatte. Mamoru war völlig in sich gekehrt und ich hatte das Gefühl, dass er gerade einen eigenen Kampf in sich selbst austrug und ganz allein der Ausgang dieses inneren Zwiespalts entschied über unsere Zukunft. Also ertrug ich sein Schweigen und war dankbar, dass er noch hier war – bei mir. Ich war so dumm, ich hatte es geahnt, es war ein schleichender Prozess aber die Anzeichen waren da und sein Verhalten mir gegenüber hätten mir ein Signal sein müssen, um zu verstehen, dass in Mamorus Gedanken etwas so schrecklich Destruktives hauste, dass er sich selbst davor fürchtete. Aber nun wollte ich es wieder gut machen, also blieb ich, auch wenn ich vielleicht nicht willkommen war. Es war spät und ich wälzte mich auf der Couch hin und her, ich fand einfach keinen Schlaf und schaute alle paar Minuten nach Mamoru. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und schloss die Wohnungstür von innen ab und versteckte den Schlüssel unter meinem Kopfkissen. Die Angst, dass er weder weglaufen könnte, war so groß, dass ich ihn in seiner eigenen Wohnung einsperrte, weil ich mir anders nicht zu helfen wusste. Die nächsten Tage, sowie Silvester, gingen einfach an mir vorüber, waren anstrengend und forderten all meine Kraft. Mamoru redete nicht ein einziges Wort, ich musste May, Yosuke und Shogo immer wieder erklären, dass Mamoru Ruhe brauchte und ein Besuch nicht sinnig war. Er wollte nicht essen und trank nur wenig, er wurde immer blasser und stand nur selten aus dem Bett auf. Meine Sorge wuchs immer mehr und langsam gingen mir die Argumente aus. Mein Vater jedoch war mir eine Hilfe, er rief mich mehrmals täglich an und wir trafen uns immer, wenn ich mit Sparky spazieren ging. Ich musste mich bei jemandem ausweinen, sonst würde ich auch daran zerbrechen. Aber er hörte mir zu, gab mir Ratschläge und fast musste ich kurz lachen, als mir bewusst wurde, dass Mamorus Zusammenbruch mir und ihm geholfen hatte uns wieder anzunähern. Silvester war an uns vorüber gezogen und ich hatte das Feuerwerk nur teilnahmslos beobachtet. Das neue Jahr hatte schrecklich angefangen und das hieß doch, dass es nur besser werden konnte, oder? Ich klopfte leise an Mamorus Schlafzimmertür und schob sie auf. „Hey. Ich hab dir ne Suppe und etwas Reis gemacht. Ich dachte, du willst heute vielleicht etwas essen.“ Aber ich hatte keine Hoffnung mehr, dass Mamoru es sich anders überlegte. Ich wusste nicht ob er in den drei Tagen, wo er verschwunden war, etwas gegessen hatte, aber wenn nicht, dann war es heute schon der achte Tag an dem er nichts zu sich nahm. Das Tablett stellte ich auf den kleinen Nachttisch und setzte mich auf seine Bettkante. „Mamoru… ich war heute bei meinem Vater, er und Mum bestellen dir Grüße, May, Yosuke und Shogo lassen auch grüßen. Sie wollen dich unbedingt besuchen. Aber ich wimmel sie immer wieder ab.“ Seufzend sah ich auf den schwarzen Haarschopf. Er drehte mir wie immer den Rücken zu, aber ich wusste, dass er wach war, es war die Art wie er atmete und sich zusammen rollte die mir das zeigten. Eine Weile saß ich nur schweigend da, bevor ich mich auf den Boden setzte und mich ans Bett anlehnte. "Es tut mir leid... dass ich dir das angetan habe, es tut mir leid. Ich war so neugierig und ungeduldig - und nur deswegen geht es dir jetzt schlecht! Ich wollte dir nicht weh tun oder dich so weit treiben, ich wollte nur verstehen, warum du manchmal so unnahbar bist. Warum du mir nicht vertrauen kannst. Warum - warum du manchmal einfach nicht du selbst bist, sondern anderen etwas vorspielst. Warum du dieses falsche Lächeln mit dir herum trägst und es selbst mir schenkst und denkst, ich würde es nicht merken." Ich drehte mich um und legte meinen Kopf auf die Matratze. "Ich wollte nur wissen, ob der Mann, in den ich mich verliebt habe, derselbe ist, der hinter dieser Maske steckt. Manchmal da hab ich ihn gesehen, da hast du ihn mir gezeigt. Und ich - ich hab diesen Mamoru wirklich gern. Diesen sturen, frechen, nachdenklichen und doch sarkastischen Mann, der mich in meine Schranken weißt, der mich zum Lachen bringt, der morgens neben mir aufwacht und so schrecklich romantisch sein kann." Ich lächelte leicht und schloss kurz die Augen in welchen sich Tränen sammelten. "Ich weiß, ich müsste für uns beide stark sein, aber du verlangst gerade sehr viel von mir. Die letzten Tage, die Tage in denen du einfach verschwunden warst - noch nie hatte ich eine solche Angst. Das letzte Mal war als mein Vater im Krankenhaus lag und da warst du da und hast mir geholfen. Ich will dir helfen, will dich auffangen, aber egal was ich tue, du schiebst mich immer weiter von dir weg und zwingst mich zuzusehen, wie du dich selbst zerstörst. Du hungerst dich zu Tode - denkst du, ich merke das nicht? Aber was soll ich tun? Soll ich einfach zu sehen und hoffen, dass du deine Meinung änderst?" Seufzend und mir die Tränen weg wischend stand ich auf. "Zwing mich nicht eine Wahl zu treffen. Denn wenn ich mich entscheiden muss, ob ich dir zu sehe wie du verhungerst oder dich in ein Krankenhaus einliefern lasse, dann würde ich, selbst auf die Gefahr hin, dass du mich hasst, immer dafür entscheiden, dass du Leben solltest. Ich sehe nicht zu - aber ich bitte zwing mich nicht dazu. In den letzten acht Tagen ist mir etwas bewusst geworden, so absurd es klingt, aber ich will mein Leben nicht ohne dich leben. Ich liebe dich und ich werde alles tun was in meiner Macht liegt, damit du das glaubst, damit es dir besser geht. Ja es ist egoistisch, aber wenn du nicht für dich leben willst, dann tu es für May und Yosuke, für meine Eltern, die dich lieben, für Katrin, meine Schwester, für die Menschen die dich gern haben, denen dein Leben wichtig ist! Für mich - für uns!" Mamoru Chiba Ich hatte gute Gründe zu Lügen - oder? Es ging doch um mich. Was andere von mir gehalten hätten. Weil mir niemand geglaubt hätte. In mir herrschte eine tiefe Leere und ich schaffte es einfach nicht ihr zu entkommen. An dem Abend war alles über mir zusammen gebrochen und ich konnte nicht mehr. Also war ich gegangen, ich hatte meine Schuhe angezogen, meine Jacke genommen und hatte Sparkys gewinsel einfach ignoriert. Für mich war nur wichtig, dass ich nicht mehr wollte. Diese Lügen, mich im Spiegel ansehen - ich hielt es nicht mehr aus. Aber am Ende war ich wie immer zu feige und war zurück gegangen, aber Massanorie war einfach geblieben und ich wusste nicht, ob ich das gut fand oder nicht. Und wenn ich schon nicht mutig genug war, dem selbst ein Ende zu bereiten, dann wollte ich doch wenigstens versuchen es auf diese Weise zu tun. Mein Magen schmerzte und ich fand kaum noch Schlaf, alles in mir krümmte sich vor Schmerzen und wenn ich die Augen schloss, dann waren da diese Bilder, die ich nicht sehen wollte. Die mich nachts aufweckten und mich in den Wahnsinn trieben. Diese verdrängte und versteckte Angst, die nun aus allen Ecken kroch und mich festhielt. Für Massanorie hatte ich kein Wort über, er sollte gehen, aber ich traute mich nicht es ihm zu sagen, weil ich dann wirklich allein war und Angst hatte das die Stimme in meinem Kopf die Oberhand gewinnen würde. Diese Stimme, die immer destruktiver wurde, die mir sagte, dass ich nichts wert war, dass mich keiner vermissen würde, dass diese Welt mich nicht brauchte, dass niemand jemanden wie mich lieben konnte. Ich war verwirrt und konnte nicht mehr denken oder fühlen, da war nur diese Leere die mich verschlang. All dieser Widerspruch in mir machte es mir schwer zu erkennen was nun wirklich war und was nicht. Was Wahrheit oder Lüge war. Aber dann saß er hier neben mir und redete von Dingen, die ich nur schwer einsortieren konnte. Acht Tage? Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren, ich wusste nicht wie spät es war oder wie lange ich schon hier lag. Alles in mir fühlte sich taub an, so als wäre ich nicht mehr hier. Die Stimme in meinem Kopf redete immer und immer weiter, doch ich hatte mich an sie gewöhnt, sie war halt da. Ich stand in einer Menschenmenge und niemand hörte mich, so als gäbe es mich nicht. Aber Massanories Stimme hörte ich immer und nun lag ich hier; mit offenen Augen starrte ich in die Dunkelheit und ich merkte, wie mir bei seiner Ansprache die Tränen kamen und langsam auf das Kissen tropften. Die Tür schloss sich hinter ihm und ich spürte wie sich alles in mir verkrampfte, wie mir seine Worte nah gingen, auch wenn ich es nicht zulassen wollte. ich presste mein Gesicht ins Kissen und wollte das die Stimme aufhörte, ich wollte ihm glauben. Wollte ihm wirklich glauben, aber die Stimme hörte nicht auf und mit jedem Wort hörte sich die Stimme an, wie die von Fr. Hiromi und ich konnte sie nicht abstellen. Schluchzend vergrub ich mich im Kissen und auch wenn es in mir einen winzigen Teil gab, der ihr nicht glaubte, so verschwand dieser immer mehr. Ich konnte nicht mehr, verstand das denn niemand?! Ich ertrug diese Stimme nicht mehr, die sich in mir eingenistet hatte und auch wenn ich sie Jahrelang unterdrücken konnte, so war sie wie ein Wispern in meinem Kopf das nicht aufhören wollte. "Mamoru?!" ich zuckte zusammen, als ich eine Hand spürte, die mir über den Kopf strich. "Hast du Schmerzen?" er klang besorgt. "Sie soll aufhören..." schluchzte ich nur leise. "Wer?" "Fr. Hiromi, sie soll aufhören in meinem Kopf zu sein..." Massanorie sagte nichts mehr und das zeigte mir, dass die Stimme recht hatte, ich war verrückt, sie war nicht in meinem Kopf, dass war nur ich selber oder etwas was ich war, oder bin - ich verlor den Verstand und das würde er merken und gehen und dann wäre es egal, ob ich da war oder nicht... "Dann hör auf meine Stimme." Ruckartig hörte ich auf zu weinen, drehte den Kopf und sah in das Licht der Nachtischlampe, welches mich blendete. Ich kniff die Augen zusammen und öffnete die Augen erneut um Massanorie anzusehen. Er kniete vor dem Bett und hielt meine Hand fest. "Mamoru? Sieh mich an. Die einzige Stimme in deinem Kopf sollte meine sein, die dir immer wieder sagt, dass ich dich liebe!" Kapitel 41: Step Forty… Hope ---------------------------- Eines Tages wird alles gut sein, das ist unsere Hoffnung. Heute ist alles in Ordnung, das ist unsere Illusion. Voltaire Massanorie Lenjier Schweigend sahen wir uns an, ich kniete vor seinem Bett, strich ihm mit meinem Daumen über den Handrücken und dachte nach. Er hatte aufgehört zu weinen und betrachtete mich ebenso intensiv, wie ich ihn. Ich hatte ihn erreicht, irgendein Wort von mir hatte ihn erreicht und das stimmte mich glücklich, denn das gab mir Hoffnung. Ein kleines Lächeln huschte mir über die Lippen. „Was?“ Mamoru hatte es sofort bemerkt und ich merkte, dass es ihn verunsicherte. „Ich dachte gerade nur, dass diese Situation, wenn sie nicht so einen traurigen Beigeschmack hätte, sehr romantisch wäre.“ Mamoru musterte mich aufmerksam, ich hob meine andere Hand und ließ meinen Zeigefinger über seinen Nasenrücken gleiten. Und fast meinte ich, dass seine Mundwinkel etwas zuckten, so als würde er auch lächeln müssen. Noch eine Weile saß ich so bei ihm, bevor ich versuchen wollte ihn zu überreden etwas zu essen. „Mamoru? Willst du vielleicht etwas Brühe?“ Einen Moment lang sah er mich an und er zögerte. Wieder bildeten sich diese kleinen Krähenfüße um seine Augen und ich verstand langsam, dass das kein Zeichen dafür war, dass er dachte, sondern dass diese kleine Stimme in seinem Kopf ihm sagte wie schlecht alles war. Mein Finger strich erneut über seinen Nasenrücken und sofort verschwanden die Krähenfüße und er sah mich fragend an. „Meine Stimme, Mamoru. Nur meine.“ Er schwieg, aber dann setzte er sich langsam auf. „Ich habe aber keinen Hunger…“ kam es leise von ihm und ich glaubte ihm das sogar. „Nach acht Tagen ohne etwas zu essen, würde ich auch nicht mehr merken wann ich Hunger habe und wann nicht.“ Gab ich lächelnd und leise zur Antwort. „Aber wir wollen es doch wenigstens probieren, oder?“ Mamoru fixierte mich wieder mit seinem Blick, bevor ich ein leichtes Nicken erkennen konnte. „Gut. Ich werde dir nochmal etwas Warm machen, nur ein bisschen.“ Damit verschwand ich mit der Schüssel kalter Brühe, auf welcher sich schon erstarrte Fettaugen bildeten. Kein sehr appetitlicher Anblick. Sparky hielt seinen Mittagsschlaf und sah nur kurz auf, als ich an ihm vorbei in die Küche ging. Die Mikrowelle ließ mir genau 1 Minute 35 Sekunden um mich wieder zu sammeln. Er redete mit mir, zaghaft, aber er redete und er wollte versuchen etwas zu essen. Ich lächelte, lehnte mich ans Küchenfenster und sah hinaus. Der blaue Himmel machte deutlich, dass es zwar kalt, aber dafür schön war. Viele Menschen liefen umher, dass konnte ich trotz der Höhe gut erkennen. Wenn es Mamoru besser gehen würde, wäre etwas frische Luft, verbunden mit einem kleinen Spaziergang genau das richtige. Aber das würde wohl noch etwas dauern, wobei ich ihn vielleicht zu einem Bad überreden konnte um das Schlafzimmer zu lüften. Denn beides, Bad und Lüftung waren dringend notwendig. Das bing der Mikrowelle ließ mich kurz zusammen zucken und ich hoffte, dass Mamoru noch immer bereitwillig etwas essen würde, oder besser trinken? Brühe war nun in meinen Augen keine richtige Mahlzeit, aber es war besser als nichts. Ich nahm einen Löffel aus der Schublade und probierte sie. Die Temperatur war perfekt und ich hoffte Mamoru würde einige Löffel zu sich nehmen. Mit der Schüssel bewaffnet betrat ich wieder das Schlafzimmer. Mamoru saß noch so da, wie als ich gegangen war, er sah mich sofort an, als ich das Zimmer betrat. Sparky wollte mir folgen. „Nein. Bleib.“ Ich sah zu Mamoru. „Oder ist es ok, wenn er auch mit rein kommt…“ Fragend sah ich Mamoru an, der zuerst mich und dann Sparky ansah. Wieder nickte er nur, ich sah zu Sparky. „Ist ok.“ Vorsichtig lief er zu Mamoru, legte seine Schnauze auf die Matratze und winselte leise. Mamorus Finger fuhren etwas zittrig durch sein Fell. „Hier, ich hab sie nochmal aufgewärmt.“ Vorsichtig setzte ich mich aufs Bett. Nur die Nachttischlampe und das einfallende Licht aus dem Wohnzimmer brachten etwas Helligkeit in den Raum. „Sollen wir mal schauen ob du etwas runter bekommst?“ Ich tunkte den Löffel in die Brühe und sah Mamoru fragend an. Wieder nur ein nicken. Aber er hatte ja schon mit mir geredet, also war es ok. Ein Fingerschnipsen und eine Liebeserklärung reichten halt nicht aus, um ihn wieder auf die Beine zu bringen. „Willst du alleine…“ Ich hielt ihm den Löffel hin, welchen er in die Finger nahm und langsam zum Mund führte. Der erste und zweite Löffel klappten gut, aber schon nach dem dritten legte er den Löffel weg und kniff die Augen zusammen. „Alles ok?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich hab Magenschmerzen.“ Schnell stellte ich die Schüssel weg, griff nach seiner Hand und drückte sie etwas. „Schon ok. Dein Magen muss sich erst einmal wieder an etwas Warmes gewöhnen. Und drei Löffel sind besser als nichts.“ Nach einigen Minuten war es wieder in Ordnung, Mamoru legte sich wieder hin und beobachtete, wie ich langsam zum Fenster ging. Ich nestelte an den Vorhängen und dachte kurz nach, zuerst wollte ich ihn mit einer Fadenscheinigen Ausrede zum Baden überreden, aber genau wegen solchen Aktionen hatten wir ja erst diese Situation. Langsam ging ich wieder zum Bett, setzte mich auf die Bettkante und seufzte. „Mamoru – wie wäre ein Bad? Oder eine schöne warme Dusche?“ „Ich will nicht…“ kam es leise von ihm, er schloss die Augen und rollte sich wieder zusammen. „Aber dann könnte ich das Bett neu beziehen und lüften.“ Kam es leise von mir. „Hier drinnen ist nämlich eine sehr unangenehme abgestanden Luft.“ Er öffnete seine Augen wieder und musterte mich ohne etwas zu sagen. „Außerdem…“ Wie sollte ich das nun ausdrücken. „… außerdem könntest du eine Dusche gebrauchen…“ Mamoru Chiba „Ist mir egal.“ Kam es nur von mir, bevor ich die Augen wieder schloss. Es vergingen einige Minuten, doch dann merkte ich wie er aufstand und ging. Ein feiner Lichtstrahl zog sich über den Boden und zeigte mir, dass er die Tür einen Spalt offen gelassen hatte. Mein Magen schmerzte und bei jeder Bewegung zuckte ich schmerzhaft zusammen. Schon das sitzen hatte mich angestrengt. Meine Gedanken schwirrten immer noch umher und die Stimme war auch noch da. Leise begann ich zu weinen, ich wusste gerade nicht warum, aber vielleicht war das auch egal. Ich schloss die Augen und versuchte zu schlafen. Meine innere Uhr war nutzlos und ich wusste nicht, ob ich wirklich geschlafen hatte oder einfach nur auf einen Fleck in der Dunkelheit gestarrt hatte. Der feine Lichtstrahl auf dem Boden war noch immer da, also war es wohl noch Tag. Wieder versuchte ich die Augen zu schließen, aber eine innere Unruhe machte mir deutlich, dass ich ins Bad musste. Es war ein komisches Gefühl und mir wurde bewusst, dass ich die letzten Tage nur schemenhaft wahrgenommen hatte, aber heute war es anders. Die Worte von Massanorie waren noch da und ich versuchte seiner Stimme mehr Aufmerksamkeit zu schenken als der, die sich anhörte wie Frau Hiromi. Es war schwer und es gelang mir nicht gut. Langsam richtete ich mich auf, aber mir tat alles weh und ich brauchte Zeit um meine Beine aus dem Bett zu hieven und mich aufzusetzen. Beim aufstehen spielte mein Kreislauf verrückt und ich musste die Augen schließen, mich wieder hinsetzen und tief durchatmen. Erschrocken zuckte ich zusammen, als etwas Feuchtes meine Hand streifte. „Sparky…“ wisperte ich nur und spürte schon das weiche Fell an meiner Hand und seine Schnauze. Ich hatte nicht bemerkt, dass er reingekommen war, aber dann fiel mir ein, dass der Lichtstrahl noch immer so schmal war wie zuvor – also musste er schon die ganze Zeit hier gewesen sein. Meine Finger glitten durch das Fell und seine Anwesenheit beruhigte mich etwas. Nach einigen Minuten versuchte ich erneut aufzustehen – mein Kreislauf ließ es zu, aber meine Beine schmerzten bei jedem Schritt. Vorsichtig öffnete ich die Schiebetür und kniff die Augen zusammen, dass Tageslicht blendete mich und ich brauchte einige Sekunden um mich daran zu gewöhnen. „Hey…“ Massanorie stand im Wohnzimmer und sah mich an. „Hey…“ kam es nur leise von mir, bevor ich an ihm vorbei ging in Richtung Badezimmer. Jeder Schritt war eine Qual. Als ich die Badezimmertür schloss, lehnte ich mich dagegen und starrte in das Licht der Lampe bis schwarze Punkte vor meinen Augen mich zwangen den Blick abzuwenden. Mein Blick glitt durch den kleinen Vorraum zum Bad und sprachlos starrte ich in den Wandspiegel. Ich erkannte mich selbst nicht mehr und ein kleiner Teil in mir konnte plötzlich verstehen, warum ich ein Bad nehmen sollte. Ich war blass, meine Augen waren von dunklen Rändern umhüllt, meine Haare waren fettig und ein Bartschatten zeichnete sich schwach auf meinem Gesicht ab. Der schwarze Kapuzenpullover und die helle Jogginghose hatten auch schon bessere Tage gesehen. Die ersten Tränen bannten sich wieder einen Weg über meine Wangen und ich begann einfach nur zu weinen. Wie konnte er mir sagen, dass er mich liebte, wenn ich gerade so aussah. Man konnte doch sowas gar nicht lieben! Massanories Stimme war wieder da und auch wenn ich es nie für möglich erachtet hatte, aber es tat gut sein Stimme in meinem Kopf zu hören. Ich schniefte und versuchte mich zu beruhigen als es auch schon klopfte. „Mamoru? Alles in Ordnung?“ Mit meinem Pulloverärmel wischte ich mir die Tränen weg und stellte fest, dass ich nicht nur mies aussah, sondern auch müffelte. Ich ekelte mich gerade etwas vor mir selber. Massanorie öffnete die Tür und kam herein. „Hey. Na… kann ich dir helfen?“ Ich nickte nur. „Ich will doch duschen.“ Entgegnete ich nur zaghaft und sah auf meine Hände. „Schön. Danach fühlst dich bestimmt etwas besser… also, wenn nicht ist das auch ok. Also… ich hol dir einfach mal was Neues zum anziehen, bevor ich weiter Mist rede.“ Damit verschwand er. Irritiert sah ich ihm nach, bevor ich damit begann mich auszuziehen, oder besser es versuchte. Ich schaffte es nicht den Pullover über den Kopf zu ziehen, immer wenn ich die Arme hob, zog es schmerzhaft und ich schaffte es nicht sie so hoch zu bekommen, geschweige denn sie aus dem Ärmel zu ziehen. die Stimme fing wieder an. „Soll ich dir helfen?“ Ich zuckte merklich zusammen und sah auf. Massanorie legte einige Sachen auf dem Waschbecken ab und lächelte mich an. Wie konnte er mich ansehen und trotzdem noch lächeln? Mit einem nachdenklichen Blick sah ich an mir hinunter und nickte. „Ich bekomm ihn nicht aus…“ „Das kommt vom vielen liegen.“ Wieder lächelte er mich an. „Ich pass auch auf dich nicht anzufassen.“ „Was?“ Verblüfft sah er mich an. „Erinnerst du dich nicht, vor zwei Tagen hast du mir gesagt, ich soll dich nicht mehr anfassen.“ Er zögerte. „Aber ich durfte vorhin ja deine Hand halten, aber wenn du es nicht willst…“ „Ich kann mich nicht erinnern…“ kam es nur zögerlich von mir, bevor ich merkte wie er mir dabei half den Pullover auszuziehen. Mit seiner Hilfe klappte es sehr gut und während ich es schaffte mich allein aus meiner Hose zu schälen, ließ er Wasser in die Wanne ein und stellte die Dusche an. „Ich dachte, eine Dusche vorher und dann ein Bad. Das ist bestimmt angenehm.“ Mit einem Blick in den Spiegel sah ich, dass ich unter der Kleidung auch nicht besser aussah als wie auf dem Kopf und im Gesicht. Meine Finger glitten über meine Rippenbogen, die sich schon unter meiner Haut abzeichneten. Ich war noch dünner als sonst und wieder stiegen mir die Tränen in die Augen. Eine plötzliche Berührung ließ mich zusammen fahren. Massanorie zog sofort die Hände weg und hob sie entschuldigend, doch ich begann nur weiter zu weinen. Dann spürte ich wieder seine Hände, die sich um meine Schulter legten und mir über den Rücken strichen und schon im nächsten Moment hatte er mich in eine Umarmung gezogen. „Shhh. Alles ok. Das wird schon wieder. Ich bin ja da Mamoru.“ Weinend und stockend begann ich meine Zweifel herauszupressen. „Wie kannst du das sagen? Sieh mich an, ich bin hässlich und weine nur noch und ich bin verrückt…“ Seine Umarmung wurde noch fester und mir stieg dieser Geruch nach Sandelholz gemischt mit dem leichten Geruch von Zigarette in die Nase. Sein Geruch! „Ich finde dich immer noch hübsch und verrückt bist du nicht. Es ist meine Schuld und die von so vielen anderen Leuten, dass es dir schlecht geht. Zusammen bekommen wir das hin. Und heute Abend versuchen wir nochmal so drei Löffel Brühe und dann steigern wir uns Tag für Tag bis du wieder Appetit hast, ok?“ Seine Finger glitten über meinen Rücken und nach einiger Zeit, in denen ich seine Worte versuchte zu erfassen, beruhigte ich mich. „Na komm. Ich helf dir beim waschen und dann gehst du baden. Und ich mach das Schlafzimmer wieder etwas freundlicher.“ Massanorie Lenjier Mamoru saß in der Wanne und mir fiel allein deswegen ein erneuter Stein vom Herzen. Ich konnte spüren, wie mich eine Müdigkeit überfiel. Die letzten Tage zeigten langsam Wirkung und wahrscheinlich würde ich heute wie ein Stein schlafen. Aber bis dahin musste ich fit und wach bleiben. Ich betrat das muffige und dunkle Schlafzimmer und riss sofort Vorhänge und Fenster auf. Die kalte Luft verteilte sich sofort und ich nahm einen tiefen Atemzug. Es würde wieder bergauf gehen, da war ich mir sicher – ich wollte es glauben und dafür war ich bereit alles zu tun. Über mich selbst den Kopf schüttelnd, sah ich hinaus auf die Winterliche Stadt. Ich hatte einem Mann meine Liebe gestanden, zum ersten Mal. Und obwohl in mir immer noch Schuldgefühle und Sorge herumschwirrten, so war da auch dieses Gefühl von Schmetterlingen und Glück – auch wenn es nur sehr leise war. Seufzend griff ich in meine Hosentasche, holte das kleine silberne Zigarettenetui heraus und zündete mir am offenen Fenster eine Zigarette an. „Also an die Arbeit…“ wisperte ich mir selber zu, ging wieder zurück ins Wohnzimmer und schaltete die Playlist meines Rechners an. Musik war doch etwas tolles, es spiegelte Gefühle wieder und schaffte es, dass man sich besser fühlte – mir ging es jedenfalls immer so. Die Lieder von Sinatra übersprang ich in der Liste, da diese mir nun wirklich zu sentimental waren, ich brauchte etwas nettes, etwas das mich auf andere Gedanken brachte. Meine Wahl blieb bei Lied 96 meiner Playlist hängen... Michael Jackson mit The don’t care about us. Das Bett war schnell abgezogen und ich schmiss alles in eine Ecke des Raumes, die kalte Winterluft hatte den ganzen Raum eingenommen und obwohl mir nun wirklich kalt war, schloss ich das Fenster nicht. Mehr Luft umso besser – obwohl das wohl auch albern war. Ich schob die Schranktür auf und suchte mit meinem Blick nach frischem Bettzeug, fand aber auf Anhieb nicht wo Mamoru diese aufbewahrte. Als ich in die Knie ging und weiter unten suchte, fiel mein Blick auf eine Kiste. Sie war weiß und war ca. 50x90 cm groß. Ohne mir etwas dabei zu denken öffnete ich den Deckel und stockte kurz. Mit großen schwarzen Augen sah mich ein Stoffbär fast anklagend an. Er hatte eine kleine blaue Schleife um den Hals, eines seiner Augen hing etwas schief und auch einzelne kleine Nähte an den Armen und Beinen waren aufgegangen. Vorsichtig hob ich ihn heraus und sah ihn genauer an. „Du musst Teddy sein.“ Lächelnd sah ich den Bären an und seufzte innerlich, als mein Blick dann auf ein noch unausgepacktes Paket Bettwäsche fiel. Eine Quittung war darauf befestigt, die aber schon vier Jahre alt war, also nichts was man noch umtauschen konnte. Vorsichtig setzte ich Teddy neben den Karton, in welchem sich noch Fotoalben und weitere Kleinigkeiten befanden. Nichts davon schaute ich mir an, ich hatte durch den Vorfall mit May und Yosuke gelernt. Ich mischte mich nicht mehr ein, ich schnüffelte nicht mehr herum „Mist!“ Schnell griff ich nach dem neuen Bettzeug, danach nach Teddy und legte ihn zurück. „Sorry. Aber ich werde mal schauen, ob er dich demnächst mal hervorholt!“ Ich besah mir das Bild auf der Verpackung und musste schmunzeln. Bis jetzt hatte Mamoru immer weißes Bettzeug aufgezogen gehabt, aber das hier war mal etwas ganz anderes. Flanell Wendebettwäsche Fuyu blue mit Reißverschluss stand mit weißen Lettern auf blauen Grund. Auf dem Bild war eine Blaue Bettwäsche abgebildet, mit weißen Schneeflocken und einem einzelnen Zweig wo Schnee drauf lag und zwei Kohlmeisen darauf hockten. Eigentlich war die Bettwäsche schön. Ich selber besaß fast ausschließlich weiße oder cremefarbende Bettwäsche ohne Motive, aber das hier war wirklich nett. Ich beschloss das Risiko einzugehen und sie einfach zu beziehen, denn etwas anderes fand ich gerade nicht. Und Mamoru würde mir in seinem jetzigen Zustand sicherlich sofort mitteilen, wenn ich etwas falsch gemacht hatte. Einige Schneeflocken fielen durch das geöffnete Fenster und ich konnte sehen wie sie sich sofort auflösten. Im Hintergrund konnte ich hören wie der Rechner ein neues Lied abspielte und nun hatte er doch ein sehr sentimentales ausgesucht. Ich mochte diesen Song, niemals würde ich das zugeben, aber ich mochte ihn. Ich schnippte den Zigarettenstummel aus dem Fenster, schloss die Augen und spürte den kalten Wind im Rücken. Last year same time in December, I had your love and I remember, your gentle kiss and your gentle touch, but now I seem to miss you much. Last year, same time in December, the nights had not been so cold. You were holding me and I was (I was) holding you, you made me feel the way I did and I miss you. Ohoho oh oho ohoh yeah, and I miss you. It's December and I'll be missing you. Christmas time, come and make my dreams come true. I remember all the happy times with you, make my wish, and hope this year my gift is you. It's December and I'll be missing you, Christmas time, come and make my dreams come true. I remember all the happy times with you, make my wish, and this year I will be with you, I'll be with you. Ohoho oh oho ohoh yeah, and I miss you. Now I'm sitting here, waiting my dear, watching the snow falling down like last year. And last year rolls down from my eye, I got to make a wish for you baby: I wish that I could be your shining star, flying high in the sky so I can see where you are, spending light in the night, bright as could be, this time for you, shine for you, help you, bring you back to me. Ohoho oh oho ohoh yeah, bring you back to me. Ich konnte den Text mitsingen und bemerkte gar nicht, dass ich das auch leise tat. Meine Gedanken verloren sich in den guten Momenten mit Mamoru. In jenen, in denen er – in denen wir glücklich gewesen waren. Wo er mir zeigte wer er war. Die letzte Strophe des Liedes begann, ich öffnete die Augen und sah Mamoru an, welcher in der offenen Schlafzimmertür stand und mich ansah und dieses Mal war da wirklich ein winziges Lächeln. So klein, aber es war ehrlich und deswegen war es so kostbar. Ich konnte spüren, wie ich leicht errötete und räusperte mich. „Ähm… ich hoffe es ist ok, ich hab kein anderes Bettzeug gefunden.“ Schnell schloss ich das Fenster, da Mamoru seine Haare nicht geföhnt hatte und ich nicht wollte das er sich etwas weg holte. Mit einem unsicheren Blick besah er das frisch bezogene Bett. „Du findest es albern.“ Etwas irritiert sah ich ihn an. „Warum sollte ich?“ „Weil es nicht seriös ist.“ Kam es leise von ihm. „Es ist Bettzeug. Das muss nicht seriös sein.“ Kam es belustigt von mir. „Hast du es gekauft?“ Er nickte und setzte sich auf die Bettkante. „Warum hast du es denn gekauft?“ Neugierig sah ich ihn an und schlug die Bettdecke nach hinten. Ein Schulterzucken. „Ich glaube es hat mir gefallen…“ wisperte er nur und sah fast schuldbewusst auf die Decke. „Dann ist es doch gut. Du musst es doch mögen, nicht andere. Ich hol mal einen Fön.“ Damit verschwand ich und kam kurz darauf mit einem Fön zurück. „Darf ich?“ Er nickte nur und schloss die Augen als ich ihm die Haare föhnte. „Ich will, dass die Leute sehen, dass ich ernst zu nehmen bin.“ Kam es in dem Moment, wo ich den Fön ausstellte. Nachdenklich sah ich ihn an und mein Blick schweifte aus dem Schlafzimmer ins Wohnzimmer und mir kam eine Vermutung. „Mamoru? Hast du deine Wohnung auch nach diesem Schema eingerichtet? Dass die Leute nur das sehen, was sie sehen wollen?“ Ich setzte mich neben ihn. Er zog die Beine etwas an und ich konnte ein leichtes Nicken erkennen, als er die Arme um seine Knie legte und sein Kinn darauf. „Deswegen findet man auch nichts Persönliches von dir. Keine Fotos, oder andere Dinge.“ Er nickte nicht, wiedersprach jedoch auch nicht. „Soll ich dir was sagen. Ich mag das Bettzeug, ich trau mich nie Bettwäsche mit Motiven zu kaufen, weil ich immer denke, es muss alles zusammen passen. Schwarz und weiß und andere Farben gibt es im Schlafzimmer nicht. Aber eigentlich wirkt es dadurch kalt und ungemütlich. Außerdem wirkt diese Bettwäsche super flauschig und sie strahlt Freude aus, das ist doch toll. Weißt du was – wenn es dir besser geht, dann gehen wir auch mal los und kaufen für mich neue Bettwäsche.“ Ich zwinkerte ihm zu. Etwas ungläubig sah er mich an. Eine Weile sahen wir uns schweigend an. „Willst du vielleicht im Wohnzimmer auf die Couch mit dem Bettzeug? Dann kannst du etwas fernsehen. Oder lieber hier bleiben und schlafen?“ „Ich weiß nicht…“ Kam es leise von ihm, „…vielleicht schlafen?“ „Ok!“ lächelnd sah ich ihn an und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. „Dann schlaf etwas.“ Am Abend hatte er wirklich noch einmal ein paar Löffel Suppe gegessen. Es waren sogar fünf, das hatte mich sehr glücklich gemacht. Nun war es kurz vor zehn. Mamoru hatte sich wieder hingelegt und ich arbeitete an einer Präsentation für die nächste Woche. Mein Urlaub würde nur noch drei Tage dauern und ich musste dann definitiv wieder arbeiten. Aber was ich dann mit Mamoru machen sollte, wusste ich noch nicht. Seufzend streckte ich mich kurz, bevor ich mich wieder an die Ausarbeitung machte. Ich nahm das Diktiergerät und sprach schon mal einige Vorgaben für den Jahresabschlussbericht darauf. „04. Januar. Memo für den Jahresbericht des Vorjahres. Einzubeziehen sind die Monats-, Quartals- und Jahresabschlüsse, die Profit-Center-Rechnung, die Produktions- und Vertriebs-Controlling, sowie die Investitions- und Liquiditätsrechnung…“ ich ließ die Aufnahme-Taste los und besah meine Unterlagen durch. Dann drückte ich erneut auf Aufnahme „Als Anlagen zum Bericht sind beizufügen die Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember, die Bilanz und der Anlagespiegel des Vorjahres…“ „Darf ich mich zu dir setzen?“ Erschrocken zuckte ich zusammen und sah auf. Mamoru stand in seine Decke eingehüllt im Wohnzimmer. Die Frage überraschte mich sehr und ich brauchte einen Moment um sie zu verarbeiten. Ein leichtes Lächeln spiegelte sich auf meinen Lippen. „Das ist deine Wohnung. Du kannst dich hinsetzen, wohin du willst.“ Langsam stand ich auf und räumte das Sofa von meinen Unterlagen frei. „Entschuldige das Chaos, ich hab mich etwas breit gemacht.“ Doch Mamoru schüttelte nur den Kopf. „Ich störe dich beim arbeiten…“ „Ach quatsch. Ich mach nur gerade einige Sachen für die Jahresabschlussrechnung und den Bericht und so. Nichts was nicht warten kann.“ Eine Lüge, aber ich wollte nicht, dass er ein schlechtes Gewissen bekam. „Klingt aber wichtig.“ Er ließ sich auf das Sofa nieder, legte sich hin und sah mir über die Schulter, während ich meinen letzten Gedankengang sortierte und ihn zu Ende diktierte. „Zudem müssen die Jahressonderzahlungen aufgelistet werden, sowie die Gewinnausschüttungen um etwaige Bonuszahlungen zu veranlassen.“ Mein Blick glitt über den Stapel Papiere, bevor ich mich Mamoru zuwandte. „Kannst du nicht schlafen?“ „Ich – ich will nur gerade nicht allein sein.“ Noch immer zeichneten sich dunkle Ringe unter seinen Augen ab. Seine blauen Augen wirkten blass und sahen mich müde und erschöpft an. „Kann ich hier etwas schlafen, während du arbeitest?“ „Klar. Aber ich muss noch einige Sachen auf das Diktiergerät…“ „Es beruhigt mich deine Stimme zu hören.“ Lächelnd sah ich ihn an, strich ihm leicht über den Nasenrücken und wandte mich wieder meiner Arbeit zu. So vergingen drei Stunden in denen ich Mamorus Anwesenheit nicht bemerkte, er lag still auf der Couch und ich wusste nicht einmal ob er schlief oder mich beobachtete. So tief war ich in meine Arbeit versunken. Im Hintergrund lief leise Musik, welche mein Laptop aus meiner Playlist aussuchte. „Das ist unser Lied.“ Kam es plötzlich leise vom Sofa. Etwas verwundert drehte ich mich um und hörte auf den Song. Es war das Mashup, welches wir im Club gehört hatten als wir uns das erste Mal geküsst hatten – naja so richtig romantisch war das nicht, besonders weil ich damals nur gespielt hatte – aber Mamoru schien diesen Song als unseren Gebrandmarkt zu haben. Das war süß! „Ich wusste nicht, dass das unser Song ist. Ich dachte immer das sollte etwas romantisches sein, etwas wo man zu tanzen kann.“ Lächelnd lehnte ich mich aufs Sofa und strich ihm sanft durch die Haare. Er schloss seine Augen und atmete tief ein und aus. „Alles gut?“ „Kopfweh.“ Nuschelte er nur und lehnte sich etwas in meine Berührung. Aber ich verwarf die Idee wieder und schüttelte über mich selber den Kopf. „Willst du hier schlafen? Oder lieber wieder in dein Bett. Wegen Hell und Laut?“ Ich sah ihn an und stellte belustigt fest, dass er eingeschlafen war, ich strich ihm noch eine Weile durch die Haare, küsste ihn sanft auf die Stirn und flüsterte ein „Ich liebe dich!“ Bevor ich mich wieder an die Arbeit machte. Kapitel 42: Step Forty-one… Friendship -------------------------------------- Ein Freund ist jemand der die Melodie deines Herzens versteht und sie dir vorsingt wenn du sie vergessen hast. unbekannt Minako Aino Ich musste zugeben, das gefiel mir und ich konnte mir fast vorstellen sowas später auch zu machen. Ich schloss die Augen und strich mein Kleid glatt, bevor ich einige Pullover wieder zusammenfaltete und sie vernünftig verstaute. „Entschuldige?“ „Ja?“ Ich drehte mich um und sah einige Mädchen, die die Schuluniform der T.A. Girls Academy trugen. Sie musterten mich und drucksten herum. „Was kann ich denn für euch tun?“ „Also wir wollten fragen wo du dieses tolles Kleid her hast und die Frisur? Wie macht man sowas?“ Lächelnd und sehr geschmeichelt sah ich sie an. „Also das Kleid bekommt ihr hier. Ihr wart bestimmt noch nie hier, aber hier bekommt ihr alles was ihr braucht um wie ein richtiges Rockabilly Girl auszusehen. Gerade haben wir ganz neue Sachen rein bekommen, darunter auch das Kleid.“ Meine 11 cm Peep-Toe-High-Heels mit Plateau, Fesselriemchen und einer süßen Schleife klackerten leicht auf dem Boden des Ladens, als ich das Kleid was ich trug vom Kleiderhaken zog und es ihnen zeigte. „Also das ist es. Mit diesem Kleid von H&R London könnt ihr den kommenden Sommer und jede Party richtig rocken. Es hat eine Länge von ca. 99 cm, umspielt die Knie, hat einen Tüllabschluss und die weißen Punkte auf der schwarzen Oberfläche lassen das Kleid richtig schön verspielt aussehen.“ Die Mädels befühlten das Kleid und waren hin und weg. „Also wer von euch möchte es anprobieren? Dann mach ich euch noch die passende Frisur und ihr werdet sehen wie toll ihr ausseht.“ Sofort stimmten die drei zu, sie nahmen das Kleid und konnten sich gar nicht entscheiden wer es zuerst anprobieren sollte. Dass wir davon noch sechs auf der Stange hängen hatten, war ja egal. „Du bist ein richtiges Verkaufstalent.“ Ich drehte mich um und nahm die Tasse Kaffee entgegen, die mir Shogo hinhielt. „Und du bist super lieb und ein toller Chef.“ Grinsend sahen wir uns an. „Mamoru hat Glück Freunde wie dich und May zu haben.“ Kopfschüttelnd sah ich ihn an. „Nein. Weißt du, eigentlich, ich weiß gar nicht ob wir richtig befreundet sind. Er und meine beste Freundin, naja du weißt ja, sie waren mal zusammen. Ich glaube, er duldet mich nur… wegen Yosuke. Außerdem kann er Glück haben, dass du sein Freund bist. Welcher Mann würde schon zwei völlig fremde Mädels in seinem Laden arbeiten lassen, nur damit der Kumpel einen Job behalten kann, den er nicht einmal angefangen hat?“ Shogo lachte leise. „Ich mag Mamoru von Anfang an. Er ist super nett und auch wenn er sehr verschlossen und sein Selbstwertgefühl wohl nicht das Beste ist, so mag ich ihn und wenn ich ihm helfen kann, dann mach ich das. Obwohl ich schon skeptisch war, als du und May hier aufgetaucht seid und mir gesagt habt, dass ihr für Mamoru hier arbeiten wollt bis es ihm besser geht.“ Lächelnd sah ich zu den Mädchen. „Aber die neue Kollektion verkauft sich fast von selber, da müssen wir gar nicht viel machen. Und danke, dass ich das Kleid tragen darf. Ich dachte mir gestern Abend, dass es besser ist, wenn die Kunden sehen was wir verkaufen – quasi am lebenden Objekt.“ „Das war ne super Idee Minako. Die neue Kollektion diesen Frühling ist wirklich sehr Rockabilly-lastig und das musst du wirklich gut bewerben, sonst wird es ein Ladenhüter, aber mit der Frisur – sag mal, woher hattest du dafür eigentlich die Idee?“ „Internet! Da hab ich gesucht und gesucht und schließlich bin ich auf eine englisch sprachige Seite gestoßen mit Frisuren und hab mich für die…“ ich räusperte mich und warf den Kopf kokett nach hinten. „…für die Victory Rolls mit Pferdeschwanz entschieden. Dabei standen dann noch Makeup Tipps und fertig war ich, um den Mädels mal zu zeigen was sie alles mit sich anstellen können.“ Eines der Mädels kam wieder aus der Kabine, ich stellte den Kaffee ab und widmete mich meinen Kundinnen. Vor sechs Tagen hatte ich May für verrückt erklärt, als sie meinte, dass wir hier ja abwechselnd arbeiten könnten. Sie morgens und ich nach der Schule, aber dann war es eigentlich toll. Ich lernte viele Menschen kennen und hatte ein gewisses Talent Leute zu beraten was ihnen stand und was nicht. Shogo war anfangs auch sehr skeptisch, aber er hatte sich um Mamorus Willen darauf eingelassen. Massanorie rief May, Yosuke und Shogo täglich an oder kam vorbei um uns Bericht zu erstatten. Und gestern meinte er nur, es würde bestimmt bald bergauf gehen. Yosuke und May hatte das alles tief getroffen und auch wenn ich nicht genau wusste was passiert war, so hatten auch wir Mädchen uns Sorgen gemacht, als Bunny uns anrief und meinte das Mamoru verschwunden sei. Sie hatte am Telefon geweint und hatte sich Vorwürfe gemacht, zudem musste Massanorie wohl ausfallend zu ihr gewesen sein und ihr an den Kopf geworfen haben, dass sie egoistisch sei und sich nie für ihn interessiert hätte, sonst wüsste sie ja wohl einen Ort wo er hingehen würde. Das hatte sie getroffen und andererseits konnten wir uns wohl alle nicht von diesem Vorwurf lossprechen. Yosuke Murakami Die letzten Tage waren anstrengend und anders als May, war ich nicht bereit einfach weiter zumachen. Sie hatte, nachdem sie sich ausgeweint hatte, gemeint, dass es Mamoru nichts nützte wenn wir heulten oder uns Vorwürfe machten, dass wir nichts bemerkt hätten. Das sie recht hatte stand außer Frage, aber ich wusste plötzlich nicht wie ich Mamoru jemals wieder unter die Augen treten sollte. Wie sollte ich meinem besten Freund gegenüber treten, nach all diesen Sachen? Minako versuchte mir Mut zu machen und das obwohl ich ihr nur die Dinge gesagt hatte, die ich für Nötig hielt; das er verschwunden war, dass es ihm sehr schlecht ging aufgrund von Geschehnissen in der Kindheit und dass sich Massanorie um ihn kümmerte. Anders als ich es erwartete hatte, hatte sie das einfach hingenommen. Sie meinte, sie müsste nicht alles wissen, ihr würde es reichen zu wissen, dass es ihm schlecht ging, das es uns schlecht ging und mehr nicht. May hatte Minako sofort mit eingespannt als es um das Arbeiten in dem Laden ging, wo Mamoru einen Job bekommen hatte. Sie meinte, es wäre wichtig, dass Mamoru eine Perspektive hatte wenn es ihm besser ging und wenn sie sonst nichts tun konnte, dann wenigstens, dass er diesen Job behalten konnte. Also arbeitete sie morgens in dem Laden und wurde nachmittags von Minako abgelöst. Somit sah ich meine Freundin nur noch abends, aber ich war wohl gerade auch keine gute Gesellschaft, ich ließ mein Studium schleifen und die Hausarbeit die ich übermorgen abgeben musste war nicht einmal gedanklich angefangen. Leicht deprimiert betrat ich das Full Volume, sah mich um und stockte. Meine Freundin sah – sie sah grandios aus. Um sie herum standen einige Mädchen mit und ohne Schuluniform. Sie stylte ihnen gerade die Haare und brachte ihnen irgendwelche Mädels Klamotten. Das Kleid was sie anhatte sah toll aus und ihre blonden Haare dazu – sprachlos sah ich sie an. Wahnsinn! Dass ich so ein Mädel abbekommen hatte, war Wahnsinn! „Deine Freundin ist die perfekte Verkäuferin.“ Ich sah nach links, wo Shogo stand mit einem Stapel Blusen in der Hand. „In den drei Stunden die sie jetzt hier ist, hat sie schon zwei Kleider, drei Blusen und vier Röcke verkauft. Versteh mich nicht falsch, May ist auch gut im Beraten, aber in Minako schlummert ein tiefes Kunden-Management-Talent.“ Er schüttelte den Kopf lachte und ging zum Verkaufstresen. „Falls ich mal expandiere, dann würde ich ihr glatt die Leitung der neuen Filiale andrehen wollen.“ Er grinste mich an und wartete auf eine Reaktion. „Ich glaube nicht, dass sie das will. Ihr Traum ist es berühmt zu werden.“ gab ich nur leise von mir, auch wenn es mich schon stolz machte das Minako anscheinend ein solches Talent war. „Ach quatsch, das ist sie doch schon. Heute Morgen kamen einige Mädels und fragten wo denn die andere Verkäuferin sei. Als ich meinte sie würde nur nachmittags arbeiten, meinten sie sofort sie würden dann wieder kommen.“ Sein Blick glitt wieder zu Minako die gerade zur Kasse deutete, woraufhin gleich zwei Mädels auf uns zukamen. „Hi. Also das Haarband und die Bluse, bitte. Und Minako hat gesagt, dass du der Chef bist und wir dich fragen müssen. Also wir würden es toll finden, wenn Minako abends mal so einen 50er Jahre Makeup-Frisuren Kurs anbieten könnte. Damit es auch alles Klamottenmäßig zusammen passt.“ Ich lachte leise und sah Shogo schulterzuckend an, welcher nun etwas irritiert drein sah. „Äh also… wenn Minako das macht.“ Er rechnete die Sachen ab und sah zu Minako. Die beiden Mädels quietschten auf und teilten diese Antwort sofort Minako mit, welche einen nachdenklichen Gesichtsausdruck aufsetzte. Aber das anschließenden begeisterte Gerede der Mädchengruppe zeigte wohl, dass sie zugestimmt hatte. Kaum zu glauben, dass sie eigentlich ebenso alt war wie die Mädels um sie herum. Aber mit dem Outfit und den hohen Schuhen wirkte sie älter und irgendwie auch reifer. „Am Ende willst du Mamoru gar nicht mehr einstellen, bei so einem Talent.“ Rutschte es mir bissig heraus. Die Mädchen kamen sofort mit Shogo aus, ich hatte da meine Schwierigkeiten und ich fragte mich langsam, ob das an meiner Einstellung lag. Denn selbst Massanorie schien mit Shogo klarzukommen – also lag die Vermutung nahe, dass es an mir lag. Ob sich Mamoru wohl auch immer so gefühlt hatte, wenn ich ihm meine Freunde vorgestellt hatte? „Also erstens, das mit Mamoru ist etwas was gar nicht zur Diskussion steht. Es ist seine Stelle die die Mädchen ausfüllen. Und zweitens, kann ich es mir erlauben zwei Menschen einzustellen, besonders da Minako sowieso nur nachmittags kann und Frauen lassen sich lieber von Frauen beraten. Also unterstell mir nicht, dass es mir nur um Profit geht.“ Er rümpfte die Nase und sah mich abschätzend an. „Entschuldige, ich bin nur etwas mies drauf.“ Ich versuchte zu lächeln, doch Shogo schüttelte nur den Kopf und verschwand dann wieder zu seinen anderen Kunden. Ich blieb alleine vor dem Tresen stehen und nach einiger Zeit setzte ich mich einfach auf die kleine Couch im Verkaufsraum. Seufzend sah ich Minako zu und fragte mich, was ich tun konnte um Mamoru zu helfen! Andrea Lenjier Als Massanorie gestern Abend zu uns kam und meinte, er müsse mit mir reden, war ich einerseits erleichtert, aber anderseits fand ich ja auch dass es Zeit wurde. Nichts, nichts hatten sie mir gesagt. Als wenn ich nicht bemerkt hatte das was nicht stimmte. So dumm war ich ja wohl nicht. ~am Vorabend~ Mit einem Roman saß ich auf der Couch und wartete darauf, dass mein Mann wieder nach Hause kam. Zur Zeit ging er jeden Abend mit Massanorie und Sparky spazieren und wenn mich das nicht schon stutzig genug gemacht hatte, so wäre es spätestens die Aussage meines Mannes auf die Frage nach Mamoru und Massanorie gewesen mit den Worten „Du bist immer zu emotional. Wird schon alles wieder!“ Also ließ ich mich seit über einer Woche damit abspeisen und langsam kam ich mir verkaspert vor. Ich wusste das Massanorie ab morgen wieder in die Firma musste und Seijiro musste ebenfalls mit, da er einige Organisatorischen Dinge erledigen musste was Vorstand und Übergabe der Jahresbilanz anging. Ich konnte die Eingangstür hören und wie sich meine Männer im Flur unterhielten. Schließlich kam Massanorie zu mir und er sah schlecht aus. Er war blass und wirkte müde, aber das durfte ich ja auch nicht ansprechen. Leicht angesäuert widmete ich mich meinem Roman. „Mum?“ „Was?“ kam es nur kurz von mir. „Ich – ich muss mit dir über etwas reden.“ „Ach auf einmal? Dein Vater und du scheint ja der Meinung zu sein ich wäre zu emotional für das was du mir sagen willst.“ „Andrea. Bitte.“ Seijiro setzte sich neben mich und Massanorie nahm im Sessel Platz. Seufzend legte ich das Buch weg. Ja gut gerade war ich zu emotional und eingeschnappt. „Ok. Ich habe es verstanden. Entschuldigung.“ Seufzend zog ich die Wolldecke auf meinen Beinen zu Recht. „Aber ich mache mir Sorgen. Seit Weihnachten seid ihr beide so komisch? Und Mamoru hab ich auch seitdem nicht mehr gesehen. Ich weiß nicht was los ist und ihr sagt mir nichts. Du siehst schlecht aus Massanorie und – auch wenn es mich freut – seid ihr beiden plötzlich ein bisschen wie Pat und Patterchen.“ „Tut mir leid. Ich dachte nur – ich – ich wollte nur nicht, dass es zu viel wird. Das du schlecht denkst von Mamoru, das... ach ich weiß doch auch nicht!“ Massanorie sah auf die Uhr und wirkte nervös. „Warum sollte ich schlecht von Mamoru denken? Was ist denn los?“ Mein Blick wanderte zwischen meinem Mann und meinem Sohn hin und her. Dann plötzlich begann Massanorie mir zu erzählen was vorgefallen war, von seiner Aktion mit Mamorus Freunden, wie Mamoru daraufhin völlig die Fassung verloren hatte, die drei Tage in denen er verschwunden war und wie es ihm jetzt ging. Am Ende saß ich nur ruhig da und ließ die Worte von Massanorie sacken. Anscheinend erwarteten die Herren der Schöpfung, dass ich nun völlig aufgelöst aufspringen und mich aufregen würde, aber das tat ich nicht. Innerlich ging es mir schlecht, aber äußerlich wirkte ich völlig ruhig. „Wenn du morgen arbeiten gehst, wer bleibt dann bei ihm?“ „Was?“ Seijiro sah mich irritiert an. „Ich fragte wer morgen bei ihm bleibt? Er kann schlecht alleine bleiben in diesem Zustand. Es muss jemand da sein, das ist wichtig für ihn. Dass er merkt, dass er nicht alleine ist.“ Schweigen! „Ich weiß es noch nicht.“ Kam es schlussendlich von Massanorie der mich ebenso verunsichert ansah wie sein Vater. „Dann rede heute Abend mit ihm und frag ihn, ob ich da bleiben soll. Ich werde auch nichts machen, ich bleib einfach bei ihm bis du von der Arbeit kommst…“ ~jetzt~ Massanorie hatte mich noch am gleichen Abend angerufen und meinte, dass es ok wäre und er mir dankbar sei. Ich hatte das zur Kenntnis genommen, verstand das aber als selbstverständlich. In mir war ein tiefes Schuldgefühl entstanden und ich schwieg mich mit Seijiro seit gestern Abend auch aus. Er dachte ich wäre wütend, aber das war ich nicht – nicht auf ihn. Aber das würde er nicht verstehen. Wir hätten es ihm sagen müssen, hätten Mamoru seitdem wir es wussten sagen müssen. Es war ein Fehler gewesen, dass wir dachten es wäre nicht gut für ihn und das er denken könnte, wir wären nur seiner Eltern willen nett zu ihm. Außerdem ging es hier noch um viel mehr. Ich hatte Mamoru schrecklich lieb, er war für mich ein Teil meiner Familie und allein der Gedanke dass man ihn so verletzt hatte, dass man ihn so behandelt hatte machte mich wütend auf so viele Menschen und auf dieses System was so etwas zu gelassen hatte. Und ich war auch auf mich wütend. Ich hatte mich die ganze Nacht gefragt was wohl gewesen wäre, wenn ich nicht wieder nach Deutschland gegangen wäre? Was wäre gewesen wenn ich in Japan geblieben wäre, zusammen mit Seijiro und Massanorie und Andrea. Vielleicht hätte ich mich mit Mamorus Mutter angefreundet, vielleicht wäre es dann nie zu diesem Unfall gekommen und selbst wenn, dann wären wir da gewesen, dann hätte er eine Familie gehabt. Ich atmete tief ein und aus, steckte meine Nähnadel in das Ohr des Plüschhasen und wischte mir die aufsteigenden Tränen aus den Augen. Wie dumm sich Fragen zu stellen die nie beantwortet werden konnten. Aber trotzdem… der Gedanke das man meinen Kindern so etwas angetan hätte, machte mich so unendlich traurig, wütend und ließ eine tiefe Verzweiflung in mir aufkommen – und Mamoru war für mich immer mehr wie ein eigenes Kind geworden, seitdem ich kannte. Ein Geräusch ließ mich Aufsehen. Mamoru trat aus dem Schlafzimmer und zuckte kurz zusammen als er mich bemerkte. Er griff nach den kleinen Kopfhörern in seinen Ohren und zog sie heraus und drückte eine Taste auf dem Walkman in seiner Hand. Anscheinend hatte er vergessen, dass ich heute hier war. Ein Lächeln zeichnete sich auf meinem Gesicht ab. „Hallo. Gut geschlafen?“ Ich nahm die Nadel wieder in die Hand und nähte weiter an Katrins Hasen. Sie hatte ihn im Kindergarten mitgehabt und am Ende fehlte ihm ein Ohr. Ihre Mutter hatte daraufhin mit ihr geschimpft und sie durfte erst dann wieder Spielzeug mit in den Kindergarten nehmen, wenn sie lernte es gut zu behandeln. Schmunzeln sah ich mir das Ohr an und ärgerte mich etwas, weil man die Naht erkennen konnte. Aber bei aller Mühe, ich hatte einfach nicht die passende Garnfarbe gehabt und so hatte der weiße Hase nun eine Naht mit einem Cremefarbenden Faden. Katrin würde das nicht auffallen, aber ich wusste es. Seufzend legte ich den Hasen beiseite und nahm mir einige Socken zum Stopfen vor. Mamoru indessen stand noch immer in der Schlafzimmertür und zögerte. „Nicht so gut.“ Kam es dann leise von ihm, bevor er an mir vorbei ging und ich die Badezimmertür hörte. Es dauerte eine Weile bis er wieder kam und ich konnte sofort sehen, dass er geweint hatte, sagte aber nichts. „Was machst du da?“ Etwas verwundert sah ich ihn an und dann auf den Socken in meiner Hand. "Oh ich stopfe Socken. Ich kann es nicht haben, wenn Seijiro die einfach wegwirft obwohl nur ein Loch drin ist. Das ist doch dumm.“ „Hmm. Und der Hase?“ Zögerlich stand Mamoru im Raum und schien zu überlegen ob er wieder ins Bett ging oder hier blieb. „Katrin hatte ihn mit im Kindergarten und dann fehlte ihm das Ohr. Und – ich verrate dir jetzt ein Geheimnis – die einzigen Menschen, die Stofftiere wieder ganz nähen können sind Großmütter und Mütter.“ Ich lachte darüber leise und sah Mamoru an. Er schien plötzlich sehr nachdenklich. „Was hörst du denn da?“ Anscheinend hatte ich Mamoru aus seinen Gedanken gerissen. Er sah auf den Walkman in seiner Hand und plötzlich zeichnete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ab. Ein schwaches Lächeln aber seine Augen zeigten, dass er sich freute. „Von Massanorie.“ Er sah mich an und wurde plötzlich wieder sehr schweigsam und sah mich verunsichert an. Einen Moment lang sah ich ihn an, widmete mich dann jedoch wieder dem Socken in meiner Hand. So vergingen einige Minuten, indem Mamoru einfach im Raum stand und mich ansah, das spürte ich deutlich. „Warum?“ „Bitte?“ Ich sah verwundert auf. „Warum können nur Großmütter und Mütter Stofftiere wieder zusammen nähen?“ „Ach das meinst du.“ Lächelnd legte ich den Socken beiseite. „Weißt du Mamoru. Es ist so, Stofftiere und ganz besonders Teddybären, sind etwas ganz besonderes. Wenn man sie verschenkt, dann hofft man, dass sie dem Kind Trost spenden, dass sie auf die Kinder aufpassen, ihnen Wärme und Geborgenheit vermitteln, wenn man es als Mutter oder Großmutter vielleicht selber nicht kann. Sie trösten und machen alles mit und sie werden das Kind dem sie gehören immer treu sein. Und wenn sie dann kaputt gehen, weil Kinder sie vielleicht schlecht behandeln oder sie alt werden, dann flicken wir sie wieder zusammen. Sie sind so etwas wie unsere Stellvertreter, falls wir nicht da sein können. Als Kuschelhilfe, Tröster, Schmuseersatz, als alles was sie sein müssen – so wie es Mütter eben auch sind.“ Mamoru schwieg. „Du findest das sicherlich albern und vielleicht ist es das auch. Aber mir hat es immer ein gutes Gefühl gegeben, wenn Andrea und Massanorie bei meinen Eltern oder Seijiros waren oder sonst wo - ohne uns – dass sie ihre Kuscheltiere mit hatten. Dann waren sie nicht einsam und weil ich dankbar dafür war, habe ich mich immer darum gekümmert sie zu flicken, Augen anzunähen oder sie wiederzufinden, wenn sie mal verloren gingen.“ Lächelnd hielt ich den Hasen in den Händen und sah zu Mamoru der aber im Schlafzimmer verschwand ohne etwas zu erwidern. Traurig sah ich ihm nach. Vielleicht hatten die beiden recht, was diese Sache mit der Sentimentalität anging. Sowas konnte Mamoru anscheinend wirklich nicht… Ich stockte in meinen eigenen Gedanken und sah zu Mamoru und mir huschte ein Lächeln über die Lippen. In den Händen hielt er einen Teddybären der sehr lädiert aussah. Man konnte sehen wo das Innenleben herausquillt und eines seiner kleinen Augen hing wortwörtlich nur noch einem seidenen Faden. „Er ist schon etwas alt… und ich… ich hab es mal versucht, aber ich schaff das nicht.“ kam es nur leise von ihm, bevor er langsam zu mir kam und sich mit etwas Abstand zu mir auf die Couch setzte. „Wie heißt er denn?“ Er zögerte und ich konnte sehen, dass er sich etwas albern vorkam. „Weißt du Mamoru, wenn ich weiß wie mein Patient heißt, dann ist es einfacher. Schließlich will ich ja auch nicht das er Angst hat.“ „Teddy…“ kam es dann zaghaft. „Es freut mich sehr.“ Ich hielt meine Hand auf. „Darf ich?“ Mamoru zögerte. „Keine Sorge, ich passe auf.“ Es dauerte noch einen Moment bevor er mir den Bären gab, vorsichtig besah ich mir die Nähte und ich bemerkte, dass Mamoru jede meiner Bewegungen beobachtete. Und plötzlich wurde mir bewusst, woher ich das hier kannte. Es war ein Déjà-vu. Als Massanorie fünf war, da hatte er eine Stoffente und als eine Naht aufgegangen war, da hatte er auch Angst gehabt, dass ich ihr beim nähen wehtun könnte. Und er hatte mich ebenso angeschaut wie Mamoru jetzt. Skeptisch und sofort bereit mir das geliebte Stofftier wegzunehmen, wenn ich ihm wehtun würde. Also tat ich das gleiche wie damals. Ich strich dem Bären vorsichtig über den Kopf und lächelte ihn an und begann mit ihm zu reden. „Du siehst etwas lädiert aus. Aber keine Sorge das bekomme ich wieder hin. Zuerst einmal nähe ich dir das Auge wieder an. Aber dafür muss ich es erst einmal abschneiden.“ Mamoru zuckte merklich bei diesem Satz zusammen und ich sah wie er nach dem Bären greifen wollte. Meine Hand legte sich auf seine. „Keine Sorge. Ich muss doch den Faden erneuern. Und er wird es gar nicht merken.“ Mamoru zögerte und mir wurde bewusst wie viel ihm dieser Teddybär bedeuten musste. „Du vertraust mir doch, oder Mamoru?“ Fragend sah ich ihn an und es dauerte lange bis er schließlich nickte und seine Hand zurück zog. Er lehnte sich gegen die Armlehne, zog seine Beine an und beobachtete mich weiter, während ich damit begann Teddy wieder ganz zu nähen. Und wie bei Massanorie damals, begann ich leise dieses Kinderlied zu singen. Damals hatte ich Massanorie gesagt, ich würde es singen um Platsch, seine Ente, zu beruhigen damit sie keine Angst hätte, aber ich hatte es gesungen damit mein Kind keine Angst hatte und genau deswegen sang ich es wieder. Und ich konnte sehen wie Mamoru sich entspannte und wie Massanorie vor 24 Jahren, so fielen auch Mamoru langsam die Augen zu. „Still, still und hör in die Nacht, dein Engel weint Tränen. Wie du, fühlt er ein Sehnen und er spürt, deinen Schmerz. Still, still im Dunkel der Nacht, hört jemand dein Klagen. Ein Engel muss nicht fragen, denn er sieht dir ins Herz. Still, still hör in dich hinein. Still, still du bist nicht ganz allein. Dein Engel weiss, wie weh es tut, und doch sagt er: Alles wird gut!“ Kapitel 43: Step Forty-two… Love II ----------------------------------- Es gibt nichts Schöneres als geliebt zu werden, geliebt um seiner selbst willen oder vielmehr trotz seiner selbst. Victor Hugo Mamoru Chiba Es war ein Traumloser Schlaf und als ich die Augen aufschlug, warf die untergehende Sonne ihre orangen Strahlen in meine Wohnung. In meinem Kopf herrschte noch eine angenehme Stille und selbst wenn sie wieder da war, dann hatte Massanorie mir eine Kassette besprochen. Er hatte aufgenommen wie er aus einem Roman vorliest und gab sie mir, damit ich seine Stimme bei mir hatte. Ein Teil von mir fand das so albern, so verrückt, aber der Teil in mir, der zurzeit überwog, der war unendlich dankbar. Langsam richtete ich mich auf und sofort fiel mein Blick auf den Stoffbären welcher mich vom Tisch aus ansah. Er sah aus wie neu – seine Arme und Beine waren wieder festgenäht und sein Auge war auch wieder dran. Die blaue Schleife um seinen Hals war ordentlich gebunden und seine Knopfaugen sahen mich an, als wenn sie sich freuten. Meine Hände griffen nach dem einzigen was mir geblieben war, dieser Bär hatte mir in etlichen Stunden Wärme gespendet und mir das Gefühl gegeben nicht allein zu sein. Ich fand das was Andrea mir erzählt hatte nicht albern, denn es war so. Wenn ich alleine war, dann war er da und wenn ich mich wieder nachts in den Schlaf weinte, dann spendete er mir Trost. Und wenn ich mich anstrengte, dann konnte ich, wenn ich ihn fest an mich presste und meine Nase in sein Fell vergrub, diesen Geruch von Flieder wahrnehmen und ich wusste tief in mir, dass das ihr Geruch war – dieser Geruch meiner Mutter war alles was mir geblieben war – ein Rettungsanker wenn ich völlig verloren war und ich redete mir ein, dass sie mich wirklich geliebt haben musste. Und diesen Rettungsanker brauchte ich nun wieder. Ich drückte diesen letzten Rest einer Kindheit, die ich nicht kannte, an mich und presste mein Gesicht in das Fell meines Bären. Und ich konnte nicht anders als einfach nur leise zu weinen. Ich war ganz allein und ich traute weder meinem Herzen noch den Worten von Menschen die mich vielleicht wirklich liebten. Und plötzlich fühlte ich mich wie damals – ich war ein Kind das man einfach allein gelassen hatte und niemand war da um mir zu sagen was ich jetzt tun sollte, der mich tröstete oder mich beschützte. Ich wollte doch nur verstehen, warum da niemand gewesen war – warum ich nicht gut genug war – nicht gut genug bin! In mir war ein so tiefes Loch das selbst Massanories Liebesschwüre es nicht füllen konnten und ich wusste nicht wie ich es je füllen könnte. Eine Hand strich mir durch die Haare, erschrocken zuckte ich zusammen und sah sie an, darauf bedacht mir die Tränen wegzuwischen. Vor anderen zu weinen, das hatte ich mir abgewöhnt, weil niemand meine Tränen sehen wollte, weil immer alle nur verärgert deswegen waren. Nur Massanorie durfte sie sehen – wenn ich es wollte. Doch dann sah ich Andrea an und ich konnte sehen wie sie ebenfalls weinte. Völlig verständnislos sah ich sie an. Wieso weinte sie? „Wie-wieso weinst du?“ kam es nur schluchzend von mir. Sie schüttelte nur den Kopf und ein trauriges Lächeln huschte über ihre Lippen. „Weil ich nichts tun kann. Weil mir das Herz zerspringt dich so zu sehen. Welche Mutter würde da nicht weinen…“ „Aber ich bin… ich bin keines deiner Kinder…“ Sie weinte weiter und sah mich mit einem Blick an, den ich noch nie zuvor bei jemand gesehen hatte der mich ansah. Ihre Hände strichen durch meine Haare und ich ließ es zu, weil ich diese Situation so seltsam fand. Und als sie mein Gesicht in ihre Hände nahm, da war da ein Gefühl, welches ich so nicht kannte, aber es fühlte sich so warm an, dass ich Angst hatte es könnte aufhören wenn sie mich losließ. „Du dummer Junge. Du bist doch ein Teil meiner Familie und ich liebe dich, als wenn du mein eigen Fleisch und Blut wärst. Wie könnte man dich nicht lieben, du hast ein so wunderbares Wesen, eine solche Gutmütigkeit und einen unbändigen Stolz. In dir ist so viel Potenzial, soviel Liebenswürdigkeit und all das haben dir so viele Menschen versucht wegzunehmen. Und das ist nicht fair, es ist nicht fair, dass dich niemand beschützt hat, dass niemand da war um dir zu sagen, dass alles wieder gut wird. Das niemand dich in den Arm genommen hat um dir zu sagen, dass es ok ist wenn du einfach nur weinst…“ Sprachlos sah ich sie an und dann brach jeder Schutz den ich aufgebaut hatte seitdem ich ein Kind war, jede Mauer die ich errichtet hatte um mich zu schützen. Laut schluchzend sah ich sie an und weinte all die Tränen die sich seit Jahren angesammelt hatten. Ich spürte wie sich ihre Arme um mich legten und dann zog sie mich in eine tiefe Umarmung. Der Geruch von Zimt stieg mir in die Nase und die Wärme die sie ausstrahlte machte es mir unmöglich mich aus dieser Umarmung zu lösen. Ihre Finger fuhren durch meine Haare und zogen mich in eine noch engere Umarmung und ihre leise Stimme drang zu mir. „Es ist ok Mamoru. Ich bin ja da und ich verspreche dir, dass alles wieder gut wird. Ich liebe dich Mamoru und es wird alles wieder gut, ich passe auf dich auf.“ Immer und immer wieder wiederholte sie diese Worte und am Ende wollte ich sie wirklich glauben. Andrea Lenjier Das kalte Wasser zog sich in den Waschlappen den ich auswrang und ins Wohnzimmer brachte. Mamoru lag auf der Couch und rieb sich die Augen. Er hatte solange geweint, bis er keine Tränen mehr hatte. Aber ich glaubte das es gut war das er sich ausgeweint hatte, da waren so viele Tränen gewesen die er in sich hinein gefressen hatte und es war gut, dass er sie nun hinausgelassen hatte. Mit einem Lächeln setzte ich mich neben ihn und griff nach seiner Hand die sich durch die Augen fuhr. „Nicht reiben. Hier…“ ich legte den Waschlappen auf seine Augen. „Das hilft gegen das anschwellen der Augen. Dann brennt und juckt es auch gleich nicht mehr.“ Meine Finger fuhren durch seine Haare. „Tut mir leid.“ Nuschelte er nur und schniefte wieder etwas. „Du musst dich nicht entschuldigen. Alles was ich gesagt habe meinte ich auch und es ist alles ok, so wie ist.“ Mein Blick fiel auf die Uhr und ich seufzte leise. „Du musst nicht hier bleiben… also… wenn du…“ „Mamoru?“ „Ja?“ „Alles gut. Ich habe nur geseufzt, weil ich weiß das Seijiro immer noch in der Firma ist und ich mir Sorgen mache. Das hat nichts mit dir zu tun.“ Lächelnd sah ich auf ihn hinunter und zupfte den Waschlappen wieder zu recht, weil Mamoru ihn sich von den Augen gezogen hatte um mich anzusehen. „Ich bin mal eben in der Küche und mache uns etwas zu essen.“ „So richtig Hunger…“ „…hast du.“ Beendete ich seinen Satz und drückte seine Hand. „Du hast Massanorie doch versprochen was zu essen. Und ich möchte das auch.“ Langsam stand ich auf und wollte mich gerade umdrehen und gehen, als ich Mamoru betrachtete und ich nicht anders konnte. Noch einmal zupfte ich an dem Waschlappen, beugte mich hinunter und küsste ihn sanft auf die Stirn. „Alles wird wieder gut.“ Flüsterte ich nur bevor ich in die Küche ging. Ich setzte eine Suppe auf und etwas Reis. Für mich machte ich etwas Milchreis, ein Unding wie Seijiro es nannte. Doch meine Gedanken drehten sich nur um Mamoru und ihn mir stieg diese tiefe Traurigkeit auf und ich fragte mich, was ich tun konnte. Ob es reichte, dass ich da war. Mein Blick richtete sich auf die Stadt und die all die Lichter die sich langsam entzündeten und die Stadt selbst im Dunkeln hell erleuchtete. Ob Mamoru uns hassen würde, wenn wir es ihm sagten? Ob er dann vielleicht wirklich denken würde, dass dies der Grund für unsere Sympathie wäre? So viele Fragen und keine Antworten. Aber es brachte nichts! All die Fragen, all meine Zweifel, all meine Reue – sie halfen Mamoru nicht. Also weg damit! Ich atmete tief ein und aus bevor ich mich zusammenriss und das tat was ich konnte und in diesem Moment war das kochen. „Was machst du?“ Erschrocken fuhr ich zusammen, so sehr war ich in Gedanken versunken. „Mamoru!“ ich lachte leise und atmete tief aus. „Hast du mich erschreckt.“ „Tut mir leid.“ Er zupfte an seinem Shirt herum. „Ich gehe besser wieder.“ „Mamoru?“ Er sah mich an. „Die Antwort auf deine Frage ist kochen. Eine Misosuppe und Reis für dich und Milchreis für mich.“ Er musterte mich. „Was ist denn Milchreis?“ Ich lachte leise und lächelte ihn an. „Das ist etwas sehr leckeres – für mich. Seijiro sagt, es wäre schrecklich Reis so zu behandeln. Er findet es eklig und sehr unjapanisch!“ Ich hob einen Zeigefinger hoch und ahmte meinen Mann nach, wie er mir eine Predigt über Essgewohnheiten in Japan hielt. Mamoru lächelte etwas und setzte sich auf einen Stuhl. Fast wollte ich meinen, dass er meine Nähe suchte, aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. „Willst du gleich mal probieren? Wenn du nämlich auf Süßes stehst, dann könnte es dir eventuell doch schmecken.“ Skeptisch sah er mich an. „Was ist da denn drin?“ „Wenn du willst kannst du mir zusehen wie ich es mache.“ Einen Moment schwieg Mamoru, aber dann nickte er nur, stand auf und schaute mir zu. „Also zuerst nehmen wir eine Vanilleschote, halbieren sie und streifen das Vanillemark ab und geben es in die Milch. Das ganze bringen wir dann mit dem Zucker zum Kochen.“ Mamoru nickte und sah mir zu. „Was ist denn eigentlich dein Lieblingsessen?“ Mein Blick haftete auf der Milch, damit sie nicht überkochte. „Ich mag alles gern.“ Kam es automatisch von ihm. „Hmm. Und wenn du dich entscheiden musst.“ Jetzt schwieg er. „Entschuldige, du musst es mir nicht sagen. Aber ich dachte nur es wäre doch nett wenn ich es wüsste, dann könnte ich das mal für dich kochen. Für die anderen koche ich ja auch oft was sie besonders gern mögen.“ Aus den Augenwinkeln sah ich Mamoru kurz an, doch er schien zu überlegen. „Die Milch kocht.“ Kam es schließlich nur leise von ihm. Anscheinend war Mamoru es gewöhnt sich anzupassen, bloß keine Wünsche oder Vorlieben haben. Ich zog den Topf von der heißen Platte und nahm den Reis in die Hand. „Jetzt geben wir den Reis in die Milch und etwas Gries, weil das kein Milchreis ist, sondern normaler Reis. Da brauchen wir etwas zur Unterstützung, damit das ganze etwas klebrig wird. Und dann lassen wir das ganz langsam köcheln.“ Ich schälte zwei Äpfel, hackte sie klein und briet sie in Butter, Puderzucker und Zitrone an, dann streute ich noch Zimt darüber und ließ alles köcheln, bis die Äpfel weich waren und die Soße eine Sirup-Konsistenz bekam. Der Milchreis war fertig und hatte nun eine gute Temperatur zum essen bekommen. Ich teilte das Ganze in zwei Schalen, mischte einen Teil der Äpfel unter und gab den Rest über den Milchreis. Mamoru hatte mir die ganze Zeit schweigend zugesehen und zugehört. Aber er schien in Gedanken zu sein. Etwas skeptisch betrachtete Mamoru das Schälchen vor ihm. Wir saßen an dem kleinen Küchentisch und ich war mir eigentlich sicher, dass Mamoru wie Seijiro nicht besonders auf den Geschmack stand. Aber die Misosuppe war fertig und auch ein bisschen Reis als Beilage dazu, wenn er es nicht mochte. Ich nahm einen Löffel und war wirklich zufrieden mit meiner Kochkunst. Ich wollte mich ja nicht selber loben, aber mein Milchreis war einsame Spitze. Schmunzelnd sah ich Mamoru zu wie er den Milchreis probierte. Massanorie Lenjier „Mum wird sich schon Sorgen machen.“ Mein Blick schweifte zu meinen Vater, der am Steuer saß und gerade vor einer roten Ampel hielt. „Ja wahrscheinlich. Aber sie weiß, dass es wichtig war heute mitzukommen und die nächsten Tage eben auch. Der Jahresabschluss macht sich nicht von alleine und zu zweit geht es eben noch schneller.“ Ich nickte nur und bewegte meinen Kopf langsam hin und her. Mein Nacken brachte mich um und wusste, so langsam konnte ich bei aller Liebe nicht mehr auf der Couch schlafen. Ob Mamoru heute etwas gegessen hatte – obwohl meine Mutter bei ihm war? Hoffentlich hatte sie ihn nicht zu sehr bedrängt. „Du brauchst Schlaf.“ Ich seufzte und nickte. „Ja ich weiß.“ War alles was ich dazu sagte. Wir saßen schweigend nebeneinander. Ja wir verstanden uns viel besser seit der Sache mit Mamoru und ich fand es gut in ihm eine Unterstützung zu haben, auch wenn ich es manchmal noch komisch fand. Wir sprachen uns mit jedem Tag etwas mehr aus und wir akzeptierten, dass wir beide nicht so gut über Gefühle und Fehler sprechen konnten – jedenfalls nicht miteinander. Mein Vater meinte nur, dass ich diese schlechte Eigenschaft von ihm hätte. Stimmte wohl, wobei wir uns ganz gut schlugen fand ich. „Vielleicht kann deine Mutter heute bei Mamoru bleiben und du fährst nach Hause…“ „Ich glaube das ist keine gute Idee. Mama wird ihn sicherlich bemuttern und Mamoru mag sowas doch nicht und es könnte ihn wieder zurück werfen, wenn ich nicht da bin.“ „Ja… sie macht sich eben immer Sorgen, gerade um ihn.“ Wir bogen in die Straße von Mamorus Apartment ein. „Du weißt, dass sie ihn mag und dass sie sich nur Sorgen macht?“ Ich nickte und lächelte. „Kommst du mit hoch? Mamoru schläft sowieso und Mum freut sich bestimmt, wenn du sie Gentleman-Light oben abholst.“ „Als Wiedergutmachung weil es statt 18 Uhr, 23:46 Uhr geworden ist?“ „Jepp.“ „Gute Idee.“ Wir lachten beide etwas und ich musste mich zusammenreißen um eine Gähnen zu unterdrücken. Ich rechnete damit, dass meine Mutter alleine im Wohnzimmer saß und Mamoru wie immer schlief. Aber als ich die Wohnung betrat hörte ich ihre Stimme und zuerst dachte ich sie würde eventuell telefonieren, aber als ich dann das Wohnzimmer betrat stockte ich. Mamoru saß auf der Couch und hörte meiner Mutter zu, während diese in eine Näharbeit vertieft war – keiner von beiden bemerkte uns. „… Massanorie zum Beispiel hat sehr spät Fahrrad fahren gelernt, erst mit zehn, weil die anderen Kinder ihn gehänselt haben. Und dann hat sein Großvater, also mein Vater, ihm es im Sommer beigebracht und es lief alles toll, bis er merkte, dass er nicht wusste wie man bremst und dann ist er mitten in ein Feld mit Brenneseln gefahren. Oh Mamoru, du hättest ihn sehen müssen, gekratzt hat er sich. Er hat sogar einige Narben davon behalten und zwar…“ „Mum!?“ Mamoru sah zuerst mich an und lächelte matt, aber als er meinen Vater sah, schreckte er hoch und wirkte angespannt. Mein Vater lächelte Mamoru an, doch dieser wich seinem Blick aus, zupfte an seinem Pullover und stand unschlüssig vor dem Sofa. Meine Mutter jedoch lächelte nur. „Na ihr beiden. Da habt ihr euch aber Zeit gelassen.“ Sie legte eine Hose von Katrin weg, die sie gerade geflickt hatte. Ich nickte nur und suchte Mamorus Blick. Das ihn die Gegenwart meines Vaters so nervös machte überraschte mich etwas, schließlich hatten die beiden sich eigentlich gut verstanden, aber nun schien Mamoru eine gewissen Ängstlichkeit ihm gegenüber an den Tag zu legen. „Wo ist denn Sparky?“ mein Blick schweifte zu meiner Mutter, die ihre Nähutensilien zusammen packte und aufstand. „Oh im Auto und schläft. Dad meinte, er könne die Nacht ruhig zu euch und dann komm ich morgen früh etwas eher und geh mit ihm eine Runde oder so…“ gab ich beiläufig als Antwort. „Ach so. Na dann.“ Plötzlich zuckte ich zusammen. Meine Mutter ging zu Mamoru, nahm seine Hand und deutet auf das Sofa und Mamoru setzte sich ohne Widerworte einfach hin. Dass er ihre Berührung zuließ wunderte mich und auch mein Vater hob nur eine Augenbraue und besah sich diesen Moment. „Hast du etwas Suppe und Reis gegessen?“ Ich ignorierte das gerade eben und nahm mir vor mich später damit zu beschäftigen. Meine Aktentasche legte ich auf Mamorus Schreibtisch ab, ging zum Sofa und kniete mich vor ihn. Mamoru antwortet mir nicht, sondern wirkte leicht überfordert. „Wir sollten gehen und die beiden allein lassen.“ Meine Mutter lächelte mich an und dann meinen Vater, welcher nur nickte. „Nein.“ Kam es in diesem Moment leise von Mamoru. „Oh Mamoru, du solltest doch was essen. Du hast es mir versprochen.“ Wisperte ich nur und strich mir durch das Gesicht. „Aber…“ Begann er, doch ich schüttelte nur den Kopf. „…nicht aber. Du weißt doch, das du was essen musst. Das ist wichtig. Ich hab mich darauf verlassen, dass du dich an unser Versprechen hältst.“ „Massanorie…“ Doch ich ließ ihn nicht zu Wort kommen, stand auf und merkte nun endgültig, dass ich übermüdet war. Der Stress der letzten Tage, die Sorge, die Schlaflosigkeit, einfach alles kam nun hoch. „Du hast es mir versprochen und hältst dich nicht dran. Ich muss mich auf der Arbeit konzentrieren und das kann ich nicht, wenn ich mir jetzt auch wieder Gedanken machen muss, dass du dich zu Tode hungerst…“ „Massanorie. Lass ihn ausreden.“ Meine Mutter fiel mir ins Wort und sah mich böse an. Doch Mamoru war schon im Schlafzimmer verschwunden und knallte die Schiebetür hinter sich zu. „Wenn du ihn hättest ausreden lassen, dann hätte er dir gesagt, dass er keine Suppe und keinen Reis gegessen hat, aber dafür zwei Schalen voll mit Milchreis und Äpfeln. Das hat ihm nämlich sehr gut geschmeckt und er hatte richtig Hunger.“ Voller Scham sah ich sie an und wusste nicht was ich sagen sollte. Sie kam auf mich zu und strich mir über die Wange. „Du bist müde und gereizt, Massanorie. Vielleicht müssen wir uns doch eine andere Lösung einfallen lassen mit euch beiden.“ Sie seufzte und ging an mir vorbei. „Seijiro, geh doch bitte mit Massanorie in die Küche und kocht euch einen Tee. Ich komm gleich nach.“ Damit öffnete sie langsam die Schiebetür und verschwand im Schlafzimmer. Andrea Lenjier Massanorie war ebenso am Ende wie Mamoru, die letzten Tage hatten ihn so geschlaucht, dass er nun ohne einen Grund laut geworden war. Ich schloss die Schiebetür hinter mir leise und wartete einen Moment bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Als ich endlich Umrisse und Konturen erkennen konnte, ging ich zum Bett, setzte mich und schaltete die kleine Nachttischlampe an. Das warme Licht erhellte den Raum etwas. Mamoru hatte sich ins Bett gelegt und ich konnte hören wie er leise weinte. Massanories Art hatte Mamoru aus der Bahn geworfen. „Er hasst mich…“ schluchzte er nur leise, als ich die Decke etwas zurück zog und ihm durch die Haare strich. Sein Gesicht war zu mir gewandt. „Das ist nicht wahr und das weißt du. Er macht sich Sorgen…“ „Ich bin schuld. Weil ich…“ „Ach Mamoru, du bist nicht schuld. Massanorie muss nur einmal wieder richtig ausschlafen und etwas Kraft tanken.“ „Aber…“ er setzte sich auf und zog die Beine an. „Wenn ich nicht so ein Versager wäre, wenn ich…“ Meine Finger strichen durch seine Haare und ich zog ihn in eine Umarmung, die er zuerst nur widerwillig zuließ. Aber dann lehnte er sich an mich. „Hör mir mal zu. Dir geht es nicht gut und das ist nicht deine Schuld. Sondern von anderen Menschen. Und Massanorie liebt dich und er will alles tun damit es dir besser geht, dabei vergisst er aber auch, auf sich selbst zu achten. Ihr beide seid zwei extreme und da ist es vielleicht auch nicht immer gut, wenn man auf einander hockt. Auch wenn er es gut meint.“ Mamoru nickte leicht und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Ich tu ihm also nicht gut.“ Kam es schluchzend von ihm. Leise lachend drückte ich Mamoru etwas und küsste ihn sanft auf die Schläfe. „Du bist mir wirklich einer… ach Mamoru. Es ist alles gerade sehr viel.“ Ich überlegte wie ich Mamoru klar machen sollte was ich meinte. „Massanorie hat sich doch in den letzten Tagen Sorgen um dich gemacht oder?“ Das nicken nahm ich als ja. „Und er hat für dich gekocht? Und sich um dich gekümmert? Und so?“ „Ja…“ kam es wispernd von ihm. „Und warum macht er das wohl?“ Ein Schulter zucken. „Weil er dich liebt. Und wenn es dem, den wir lieben schlecht geht, dann tun wir alles damit es ihm besser geht. So wie du, als Seijiro im Krankenhaus lag und du für uns alle da warst. Das hast du doch nicht nur gemacht, weil du dachtest das du es musst, oder?“ Nun schwieg Mamoru, und es dauerte einen Moment bis ich ein ganz leises Nein wahrnehmen konnte. „Ich… ich… mag euch alle und wollte…“ Er zog die Beine noch etwas enger an. Mit einem schmunzeln hörte ich ihm zu. „Ja ich weiß. Und genauso geht es uns auch. Wir wollen alle, dass es dir gut geht.“ „Aber ich bin es gar nicht wert, dass man sich so um mich kümmert. Und Seijiro wird sicherlich böse auf mich sein, weil ich Massanorie von der Arbeit ab halte – das weiß ich doch auch und ich will das nicht, aber… aber ich… ich will doch nur, dass es wieder so wird wie am Anfang. Aber jetzt hab ich Angst, dass ich vielleicht Massanorie nur mag, weil er da ist und weil ich nicht nein sagen kann und was ist denn, wenn das so ist? Ich hab doch nur ihn und er verdient doch was besseres, als mich, weil ich verrückt bin und Stimmen höre und…“ er begann bitterlich zu weinen. „Shhh. Ist ja gut.“ Ich dachte darüber nach, während ich Mamoru im Arm hielt und fragte mich was wohl wäre, wenn Mamoru wirklich nur mit Massanorie zusammen war um nicht allein zu sein. „Unagi.“ „Was?“ Verwirrt sah ich auf ihn hinunter. „Du hast gefragt – was mein – Lieblingsessen ist.“ Kam es nur leise und stockend von ihm. Ich musste ein Lachen unterdrücken und seufzte. „Aal? Wirklich? Na dann, werde ich mal schauen ob ich sowas hinbekomme.“ Flüsterte ich nur und strich ihm erneut durch die Haare. „Aber ich hab ja sogar schon mal ne Pfeffer-Essig-Suppe nach Szechuan Art gekocht – dann wird ja Aal ein Klacks sein.“ „Die Suppe ist eklig…“ kam leicht angeekelt von Mamoru. Ich lachte nun lauter. „Oh ja und wie.“ Noch eine Weile saß ich so mit ihm da und hielt ihn im Arm. „Mamoru?“ „Ja?“ seine Stimme klang schläfrig. „Ich finde du solltest mit Massanorie und auch Seijiro reden und Ihnen sagen was du denkst, wovor du Angst hast.“ Er schüttelte heftig den Kopf. „Du frisst immer alles in dich rein, all deine Sorgen und Ängste... dabei kann man diese Dinge nur klären, wenn man sie anspricht. Nur dann kann man Ängste bewältigen und Ihnen die Kraft rauben, dass sie das eigene Leben bestimmen.“ Er wollte etwas sagen, aber dann schwieg er. Es dauerte einen Moment, aber dann hielt ich Mamorus Hand und wir standen im Türrahmen zur Küche – die mit vier Leuten nun wirklich voll war. Mamoru wischte sich die Tränen aus den Augen und Massanorie sah ihn traurig an. „Es tut mir leid. Ich hätte dir zuhören sollen.“ Sprudelte es sofort aus ihm heraus als er Mamoru sah. „Massanorie setz dich.“ Ich nickte meinem Sohn zu und sah zu Seijiro. „Soll ich, oder willst du?“ Mamoru drückte meine Hand und war nicht sonderlich von meiner Idee angetan, hatte aber in seinem jetzigen Zustand nichts dagegen zu setzen. „Dann ich.“ Lächelnd sah ich meinen Mann an. „Mamoru hat Angst, dass du ihm die Schuld gibst, weil es Massanorie schlecht geht und das du denkst, dass er ihn von der Arbeit abhält. Und ihn deswegen nun nicht magst.“ Etwas irritiert sah mich Seijiro an und wandte seinen Blick dann zu Mamoru, der meine Hand losgelassen hatte und seine Arme um sich geschlungen hatte. Ihm liefen immer noch vereinzelte Tränen über die Wangen, aber er sagte nichts. „Das ist doch Unsinn!“ entfuhr es meinem Mann und seine Stimme hatte einen ernsten Ton angenommen. Er nahm einen Schluck aus seiner Tasse und schüttelte den Kopf. „Also wirklich… so was albernes. Das hier ist eine Ausnahmesituation, da hat niemand an irgendetwas Schuld.“ Ich drehte mich um und sah Mamoru an, welcher den Blick gehoben hatte und Seijiro musterte und anscheinend nicht verstand warum er so reagierte. „Und Massanorie?“ Ich strich Mamoru einige Tränen von der Wange und lächelte ihn aufmunternd an. „Er wird böse sein.“ Wisperte er nur und ich sah wie Massanorie ihn besorgt ansah. „Ich werde nicht böse sein, versprochen. Das von vorhin tut mir leid, es war dumm und ich… ich muss einfach mal wieder schlafen und so. Aber das ist nicht deine Schuld – ich fresse ja immer alles in mich rein.“ „Ja tust du. Da seid ihr beiden euch sehr ähnlich!“ Ich lachte leise und sah Mamoru wieder an. Dieser zögerte und suchte meinen Blick. Ich umarmte ihn und drückte ihn fest. „Keine Sorge. Ich hab dir doch gesagt, dass ich da bin, alles wird wieder gut. Das glaubst du mir doch, oder?“ Er nickte nur leicht und atmete tief ein und aus und versuchte nicht mehr zu weinen. Als ich ihn los ließ, ging ich zu Seijiro, nahm ihm seine Tasse aus der Hand und nippte daran. „Hmm. Lecker.“ Ich lächelte und lehnte mich gegen seine Brust. „Ich hab Angst, dass ich dich nicht liebe. Weil ich nicht weiß…“ Mamoru stockte und schluckte schwer. Wieder standen ihm die Tränen in den Augen. Doch anscheinend hatte Massanorie die gleiche Angst wie er. „Das du nur bei mir bist, weil ich dich bedrängt habe und du nicht nein sagen kannst.“ Er lachte traurig und lächelte Mamoru dann an, bevor er auf ihn zuging. „Ich hab diese Angst schon seit Tagen, aber ich weiß, dass selbst wenn es so ist und ich wünsche mir von Herzen, dass es nicht so ist, das ich trotzdem bei dir sein will. Weil ich es nicht ertrage, wenn es dem Mann den ich liebe schlecht geht – selbst wenn er mich nicht lieben kann.“ Mamoru begann zu weinen und Massanorie nahm ihn den Arm. Ich atmete tief durch und musste selbst aufpassen nicht wieder zu weinen. „Seijiro?“ „Hmm.“ Seine Arme schlossen sich um mich und ich konnte seinen Herzschlag in meinem Rücken spüren „Ich möchte dir etwas vorschlagen…“ Kapitel 44: Step Forty-three… Alive ----------------------------------- Man weiß erst, dass man ist, wenn man sich in anderen wiederfindet. Johann Wolfgang von Goethe Mamoru Chiba Ich stehe auf den Scherben meiner Welt, Sehe weder Licht noch Schatten. Nur meine Seele die langsam leis zerfällt, Bin nicht tot doch auch des Lebens fern. Nur der Wahnsinn nähert sich mir stetig. Dunkelheit umfängt mich sanft, Zerrt mehr und mehr an meinem Herzen Einsamkeit ist mir ein guter Freund geworden. Die Scherben zeigen meiner Seele leid, Verschlungen von dem Blute meines kalten Körpers. Habe nie gelebt, war nur ein Schatten Wollt den Stern an meinem Firmament erreichen. Doch er erlosch, bevor ich ihn berühren konnt. Erst der Tod lässt mich mein Leben sehen. Mit klagendem Geschrei hab ich die Welt zerschlagen Nun liegt sie da, zu meinen Füssen, Schreit und klagt mich an Kein Stern mehr da der mir noch leuchtet Nur der Tod der mich begleitet Auf meinen Weg, der unklar vor mir liegt. Ich schreie in die leere meines Herzens Doch ich werd des Schreiens müd So sink ich weinend nieder Wo ist mein Platz in dieser Welt, Die mich nicht sieht, doch meinen Kummer Wahnsinn nennt. Ich saß auf dem Boden und lehnte mich mit dem Ellenbogen aufs Bett, während ich mir die Zeilen von gestern durchlas und dann Massanories Kommentar dazu. Ich finde das sehr lyrisch, aber es macht mir auch Angst, dass du immer noch so denkst und meinst, dass du allein bist. Das dich der Gedanke an den Tod anscheinend so gefangen nimmt, dass ich wirklich Angst habe dich zu verlieren. Ich wünschte, ich könnte mehr tun, als das hier, mehr tun als mir abends deine Gedanken durchzulesen und dann meine aufzuschreiben. Aber ich glaube, auch wenn es mir nicht passt, dass es zurzeit gut so ist. Ich liebe dich. Nachdenklich las ich mir seine Worte ein paar Mal durch, bevor ich bemerkte, dass die CD in meinem Discman gestoppt hatte. Seufzend legte ich meinen Kopf seitlich auf die Matratze und beobachtete Sparky, der mich kurz ansah um sich dann zu mir zu rollen um gekrault zu werden. Vor knapp zwei Wochen war Massanorie zu mir gekommen und hatte mir dieses Blanko Buch aus Leder aufs Bett gelegt. Shogo hatte es ihm gegeben und er hatte es von seinem Freund Toya bekommen. Toya benutzte es wohl in seiner Paartherapie, wenn Paare nicht mehr mit einander redeten. Er gab Ihnen so ein Buch und man schrieb rein was man dem anderen Sagen wollte und der Partner kommentierte es dann. So unterhielt man sich ohne Worte. Massanorie meinte, er hätte das Gefühl, dass ich mit Ihm nicht über meine Kindheit und all die Dinge reden wollte die mir passiert waren, also gab er mir das Buch und meinte nur, ich könnte reinschreiben was ich wollte und wenn ich ihn daran Anteil nehmen lassen wollte, dann sollte ich es einfach auf sein Bett legen und er würde auch immer nur die Seite lesen in die ich das Lesebändchen gelegt hatte. Die ersten Tage hatte ich es nicht angefasst, aber dann begann ich einfach zu schreiben und ich hatte das Gefühl, dass es mir besser ging, jeder Gedanke in meinem Kopf fand seinen Weg in dieses Buch und seit zwei Tagen ließ ich Massanorie darin lesen. Er kommentierte was mir durch den Kopf ging und es fiel mir plötzlich leichter einen Zugang zu ihm zu finden. Es kam mir vor wie Monate, dabei waren nur Wochen vergangen seit diesem Abend bei Massanorie, an dem ich einfach aufgegeben hatte und weggelaufen war. Bis heute hatte ich ihm nicht gesagt wo ich gewesen war und ich brauchte einige Zeit um mich selber wieder erinnern zu können. Es war wie ein Schleier der sich nur langsam öffnete und es machte mir Angst dahinter zu sehen. Es ging mir etwas besser, auch wenn ich noch immer nicht wusste wie es weiter gehen sollte. Die Stimme in meinem Kopf war noch immer da und machte es mir manchmal schwer mich auf das zu konzentrieren was um mich herum geschah. Und es gab Momente, da wollte ich lieber ihr zuhören als Andrea oder Seijiro, weil ich die Stimme in meinem Kopf kannte, alles was sie sagte kannte ich, das war mir vertraut, aber dieses Gefühl von Geborgenheit fühlte sich immer noch seltsam fremd an und ich hatte Angst, dass es wieder nur etwas war was vorüber ging. Was war, wenn das hier auch nur eine Lüge war, so wie schon so oft? Was war, wenn Massanories Liebe zu mir nicht mehr war als das Schuldgefühl weil ich weggelaufen war? Was war, wenn Andrea und Seijiro mich nur mochten, weil ihr Sohn dachte er würde mich lieben? Ich atmete tief ein und aus, bevor ich mir die Tränen aus den Augen wischte. Mein Blick glitt durch das Zimmer, was nicht meines war, aber ich hatte mich schneller als erwartete daran gewöhnt hier zu sein. Vor drei Wochen hatten Andrea und Seijiro mir erklärt, dass Massanorie sich erholen müsste und das es mir besser gehen würde, wenn ich bei Menschen war die sich um mich kümmern konnten. Ich hatte weder die Kraft, noch das Selbstbewusstsein um ihnen zu widersprechen, ich wollte nicht mehr streiten, also war ich mit zu Ihnen gegangen. Ich hatte ein eigenes Zimmer und die ersten Tage hatten mich alle zufriedengelassen, nur wenn Andrea mir etwas zu essen brachte bekam ich jemanden zu sehen, aber ich wollte auch einfach nur alleine sein und niemanden zur Last fallen. Aber dann hatte Andrea damit begonnen mich jeden Morgen um punkt acht Uhr zu wecken, sie kam rein weckte mich und kam solange ins Zimmer bis ich aufstand, duschte und mich mit an den Tisch setzte. Sie meinte, ich bräuchte einen geregelten Ablauf meines Tages um wieder fit zu werden, anfangs wollte ich einfach nur zufriedengelassen werden, aber nun war es irgendwie angenehm mit Menschen zusammen zu sein, die mich eventuell wirklich mochten, auch wenn ich komisch und seltsam war. Auch May und Yosuke hatten sich gemeldet, aber ich hatte Massanorie gesagt, dass ich sie nicht sehen wollte. Es fiel mir schwer sie zu sehen. So viele Dinge hatte ich gesagt und ich wusste noch immer nicht was in meinem Kopf Lüge oder Wahrheit war, wenn ich an das Heim und andere Dinge dachte. Ein leises Klopfen ließ mich Aufsehen und riss mich aus meinen Gedanken. „Ja?“ Es war erst 12 Uhr und mein tägliche Dosis frische Luft mit Seijiro stand erst um 13 Uhr auf dem Plan. Die Tür öffnete sich langsam und Andrea sah mich lächelnd an. „Störe ich?“ Ich schüttelte den Kopf und klappte das Buch zu. „Nein.“ Kam es nur leise von mir, bevor ich wieder zu Sparky sah. „Ich hab hier Besuch für dich.“ Nun sah ich irritiert und ängstlich auf. Hatte ich Yosuke und May nicht gesagt, dass ich sie nicht sehen wollte? Was sollte ich Ihnen denn sagen? Wie sollte ich mich verhalten? Doch ich machte mir umsonst Sorgen, denn plötzlich stand Shogo in der Tür und grinste mich an. „Hey. Na du? Ich dachte, ich schau mal wies dir geht.“ „Shogo?“ Verwundert sah ich ihn an und wusste nicht so recht was ich sagen sollte, dass er mich besuchen kam, darauf wäre ich nie gekommen. „Ich lass euch mal allein und mach euch einen Tee fertig. Ok?“ Andrea lächelte mich an und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, doch ich nickte nur und sah Shogo weiterhin an. „Vielen Dank Frau Lenjier. Das ist wirklich nett.“ Shogo grinste und wartete bis sich die Tür wieder geschlossen hatte. „Na wie geht’s dir?“ Er setzte sich auf den Boden und ließ seine Finger durch Sparkys Fell wandern. „Was machst du hier?“ „Hmm? Na ich besuche einen Freund. Was sollte ich sonst wohl hier machen.“ Etwas skeptisch sah ich ihn an, griff nach dem Buch auf dem Bett, stand auf und legte es wieder in meine Nachttischschublade. Doch Shogo schien meine etwas abweisende Art nicht zu stören. „Ich soll dich von Yosuke, May und Minako grüßen und dich fest drücken. Aber ich denke letzteres sparen wir uns auf. Denn gerade siehste nicht so aus, als wenn du dich freust besuch zu bekommen.“ Er musterte mich und schmunzelte. „Entschuldige.“ Nuschelte ich nur und setzte mich aufs Bett. „Ich hab May und Yosuke gesagt, dass ich sie nicht sehen will…“ Mein Blick war auf die Bettdecke gerichtet, als mich plötzlich etwas Hartes an der Schulter traf. „Au!“ entfuhr es mir nur. Shogo hatte sich neben mich gesetzt und mir auf die Schulter geboxt. „Fast hätte ich es vergessen. Aber das war dafür, weil ich mir Sorgen gemacht habe. Alter du kannst doch nicht einfach abhauen. Echt man. Baka!“ Perplex sah ich ihn an. „Jetzt schau nicht wie ein Fisch. Ist doch wohl klar, dass ich mir Sorgen mache. Ich meine, da taucht dein Typ bei mir auf und ist völlig aufgelöst und du tauchst nicht auf. Du kannst froh sein solche Freunde zu haben wie May und Minako, die arbeiten jetzt schon die ganze Zeit für dich. Also wenns dir besser geht, solltest du echt ne Party für die schmeißen. Und wenn wir schon dabei sind, du hast sooo viel verpasst.“ Er holte Luft und ließ mich nicht einmal nachfragen was er damit meinte, dass May und Minako für mich arbeiteten. Stattdessen erzählte er mir den neustens Klatsch und Tratsch aus dem Phoenix und seinem Laden. Andrea kam nur einmal kurz herein und stellte uns Tee hin, bevor Shogo weiter erzählte. Ohne ihn zu unterbrechen hörte ich ihm zu und fand es beruhigend dass er so normal mit mir umging, aber ich fragte mich auch was Shogo für ein Mensch sein musste, dass er jemanden wie mich, den er nur zwei Mal getroffen hatte als Freund bezeichnete. „Ey… Hörst du mir zu?“ Er puffte mir in die Seite und grinste. „Oder denkste gerade an Massanorie?“ Ich schüttelte nur den Kopf und seufzte leise. „Nein, tut mir leid. Ich bin gerade nur kein guter Gesprächspartner.“ „Hmm… also ich finde du bemitleidest dich nur selber.“ Geschockt sah ihn an und wurde wütend. „Du kennst mich doch gar nicht, du weißt Garnichts. Ich hab dich nicht gebeten hier aufzutauchen. Hau doch ab, wenn dir meine Laune nicht passt.“ Shogo stand auf und streckte sich, anscheinend beeindruckte ihn mein Wutausbruch überhaupt nicht. „Du aalst dich in deinem eigenen Selbstmitleid und willst, dass alle dir zustimmen. Dabei hast du es so gut…“ Nun sprang ich auf und sah ihn wütend an. „Wie kannst du...“ „…ach ich hab doch recht. Es traut sich dir nur keiner zu sagen. Aber wir sind Freunde und ich sags dir nun mal ins Gesicht. Du solltest froh sein!“ Entsetzt sah ich ihn an. „Massanorie hat mir zwar nicht erzählt warum du so drauf bist, aber May hat es etwas angedeutet und meinte nur, dass es mit deiner Vergangenheit zu tun hat und damit, dass du dich nicht mehr daran erinnern kannst was vor dem Unfall mit deinen Eltern war. Aber ich sag dir mal was Mamoru. Das interessiert mich überhaupt nicht, denn ich kenn nur den Mamoru von jetzt und den finde ich schon toll. Und mit dem bin ich befreundet und das ist gut so. Was vor zehn oder zwanzig Jahren war, ist mir egal, da kannte ich dich nicht. Und ich frage mich warum es dir nicht auch egal ist…“ „Weil ich wissen will wer ich bin!“ schrie ich ihm entgegen. „Baka! Du trauerst sechs Jahren Kindheit hinterher und hast dabei 19 Jahre verschwendet. Ja dann war deine Kindheit schrecklich, dann war deine Jugend schrecklich, aber jetzt, jetzt ist es doch gut. Du hast nen super Kerl, anscheinend biste für seine Eltern wie ein eigenen Kind und du hast tolle Freunde. Das ist mehr als andere haben. Und wenn du nicht weißt wer du bist, dann sei doch wer du sein willst. Keiner kennt dich richtig, also erfinde dich selbst neu.“ Plötzlich wusste ich nicht mehr was ich sagen sollte und starrte Shogo nur an. Andrea Lenjier Unschlüssig stand ich an der Treppe und sah nach oben. Ich hatte mitbekommen, dass es oben etwas lauter wurde und fragte mich ob die beiden sich streiten würden. Als einer von Mamorus Freunden vor der Tür gestanden hatte, hatte ich mich schon gefreut, aber nun war ich mir unsicher ob es so gut war ihn herein gebeten zu haben. Dann jedoch wurde es wieder still. „Andrea?“ Ich drehte mich um und sah Seijiro an, welcher mich musterte und anscheinend gerade auf den Weg in die Küche war. „Alles gut. Ich dachte nur…“ ich seufzte und winkte ab. „Ach ich weiß auch nicht, ich hab mir nur Sorgen gemacht, dass sie streiten?“ „Wer ist sie?“ „Oh. Ein Freund von Mamoru ist vorbeigekommen. Massanorie hat ihm wohl die Adresse gegeben und ich ab ihn rein gelassen.“ Etwas besorgt sah ich nach oben. „Besuch tut ihm gut. Er igelt sich ein, so kommt er nicht auf die Beine aber Freunde lenken ihn ab und das ist gut.“ „Dein Wort in Gottes Ohren.“ Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, wie mein Mann die Augen leicht verdrehte und schmunzelte. Wir standen in der Küche und unterhielten uns etwas, als plötzlich Mamoru auftauchte zusammen mit seinem Besuch. „Hey.“ Kam es nur leise von unserem neuen Familienmitglied und er warf seinem Besuch einen unsicheren Blick zu, welcher nur grinste und ihn anstupste. „Das ist unnötig und ich will nicht…“ zischte Mamoru nur leise. „Stell dich nicht so an.“ Der junge Mann, der sich mir als Kiseragi Shogo vorgestellt hatte, schubste Mamoru in die Küche und trat hinter ihn. „Guten Tag Lenjier-sama, Kiseragi Shogo mein Name. Ich bin ein Freund von Mamoru und wir würden gerne etwas fragen.“ Er verbeugte sich vor meinen Mann, was dieser mit einer kleinen Verbeugung zur Kenntnis nahm, aber er musterte ihn ausgiebig und ließ seinen Blick schließlich auf Mamoru ruhen. „Und was wolltet ihr fragen?“ er nahm einen Schluck Tee und sah Mamoru neugierig an. Das hier war für uns neu. Massanorie und Julia hatten nie wirklich einen Hehl daraus gemacht, wenn sie etwas wollten, Mamoru war es jedoch immer sehr unangenehm, wenn er etwas fragte und so mussten wir lernen etwas geduldiger zu sein, wenn Mamoru vor uns stand. Mamoru öffnete den Mund, schloss ihn dann aber wieder und sah zu Shogo. „Echt jetzt?“ Shogo seufzte und grinste uns an. „Mamoru hat mir gesagt, dass er mit Ihnen um 13 Uhr verabredete wäre, weil sie zusammen zum Tempel wollten. Aber nun wollte ich fragen, ob er das nicht sausen lassen kann, weil wir gerne zusammen in die Stadt wollen.“ Etwas verdutzt sah ich Mamoru an, welcher nur da stand und aussah als wolle er sich eigentlich im Bett verkriechen. „Warum wollt ihr denn in die Stadt?“ Ich lächelte Shogo an und setzte mir einen Kaffee auf. „Shoppen. May hat doch Geburtstag gehabt und heute Abend feiert sie und ich weiß, wenn ich Mamoru mitbringe, dann ist das das beste Geschenk. Und um besonders gut auszusehen, müssen wir Jungs etwas shoppen. Sowas macht immer gute Laune!“ Dieser Shogo schien eine Frohnatur zu sein und ich fand es gut, wenn Mamoru Freunde hatte die ein sonniges Gemüt hatten, dass konnte er gut gebrauchen. Aber an Mamorus Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass er dieser Idee weniger abgewinnen konnte als sein Freund. „Wenn Mamoru Lust darauf hat, dann natürlich.“ Ich sah zu Seijiro welcher Mamoru immer noch musterte. Mamoru zuckte nur mit den Schultern. „Im Bett liegen bleiben darf ich ja sowieso nicht.“ Irrte ich mich oder war er Bockig und schmollte. Erheitert sah ich meinen Mann an, der auch nur über diesen Ausspruch lächelte. „Dann viel Spaß. Aber ihr kommt nachher nochmal rein, bevor ihr zu May geht, oder?“ „Klar doch. Vielleicht brauchen wir ja ne Fachkundige Meinung von ihnen.“ Nun lachte ich laut auf. Ich mochte diesen jungen Mann. „Na dann fühle ich mich sehr geehrt.“ Lachend schüttelte ich den Kopf und sah zu wie Shogo Mamoru an der Hand packte und hinter sich herzog. „Seijiro?“ „Hmm?“ Ich deutete mit einem Nicken hinter den beiden jungen Männern her. Und mein Mann verstand sofort was ich meinte. „Mamoru?“ „Ja?“ Er schloss gerade seine Jacke, als er wieder in die Küche kam und Seijiro ansah. Man konnte fast schon in seinem Blick erkennen, wie er hoffte, dass Seijiro es sich anders überlegt hatte. Doch mein Mann griff in seine Gesäßtasche, holte sein Portemonnaie heraus und hielt Mamoru einige Scheine hin. „Hier. Sonst wird das mit dem… shoppen nichts.“ Seijiro tat sich etwas schwer Worte wie Shoppen mit einem Jungen in Verbindung zu bringen, für ihn waren das eher Begriffe die man mit Mädchen und Frauen in Verbindung brachte. Aber er hielt sich gut. Mamoru sah auf die Scheine und schüttelte den Kopf. „Nein danke. Ich…“ „Vielen Dank. Ich pass auch auf, dass er nicht alles auf einmal verschleudert.“ Shogo war hinter Mamoru hereingekommen, nahm das Geld meines Mannes und drückte es Mamoru in die Hand. Dann zog er ihn erneut aus der Küche und ich konnte noch die belehrenden Worte von ihm hören. „Also echt Mamoru. Wenn dir deine Eltern oder andere Familienmitglieder Geld geben – freiwillig – dann fragt man nicht und man sagt auch nicht Nein. Gerade du musst etliche Jahre Taschengeld aufholen…“ Dann hörte man die Tür ins Schloss fallen und Seijiro sah mich leicht mürrisch an. „Komischer Junge, dieser Kiseragie.“ „Findest du? Ich mag ihn.“ Gab ich nur lächelnd als Antwort und küsste Seijiro auf die Wange. „Aber wir müssen es Mamoru langsam sagen, das weißt du.“ Seijiro legte seinen Arm um meine Taille und zog mich an sich. „Ich weiß. Aber am Ende könnte es ihm dann schlechter gehen als vorher, wenn er erfährt dass wir sie kannten.“ Ich nickte und lehnte meine Stirn an seine Brust. „Aber wir sind es ihm schuldig. Das müssen wir tun, damit er vielleicht endlich seinen Frieden mit seinen Eltern machen kann.“ Kapitel 45: Step Forty-four… Insight ------------------------------------ Sich irren und fehlen kann auch der Gewissenhafteste, ein Wicht wird er erst, wenn er den Irrtum einsieht, ohne den Mut zu haben, ihn zu berichtigen. Ich halte diesen Mut für eine der allerersten Pflichten des Mannes. Peter Rosegger Shogo Kiseragi Mein Blick und meine Hände durchsuchten die Stapel mit den Hemden und Shirts und wurden schließlich fündig. Schnell zog ich zwei Shirts heraus und stellte erfreut fest, dass es genau meine Größe war. Grinsend schmiss ich sie mir über die Schulter und suchte nun eine passende Jeans dazu. Der Second-Hand Laden Chichi war echt klasse und gehörte zu meinen Favoriten, wenn ich shoppen ging. Warum sollte ich für gute Kleidung so viel bezahlen, wenn ich teilweise richtig gute Teile gebraucht finden konnte? Außerdem kannte ich die Besitzerin, was zu einem schönen 5% Rabatt führte, also alles TOP! Der Laden war echt himmlisch, die hohen Regale waren gefüllt mit den verschiedensten Sachen von den 50er bis 90er, Hip-Hop und Darkwave oder neuen Sachen, die einfach hier gelandet waren. Alles war nach Farben sortiert, was dem ganzen Laden einen tollen Charme verpasste. Der Betonboden war abgeschliffen und poliert worden, so dass es aussah wie Marmor und nur wenige wussten, dass es nicht so war. Als ich Mamoru die Story erzählte, dass der Boden aus Marmor war, hatte er zum ersten Mal gelächelt, eine Augenbraue hochgezogen und gemeint, dass er gar nicht wusste, dass es Marmorboden mit Betonoptik gab. Dann hatte er mich stehen gelassen und ich war echt verblüfft und beeindruckt. Mamoru hatte ein gutes Auge und wenn er das nur etwas mehr auf sich selbst richten würde als auf andere, dann wäre er ein echter Blickfang und könnte alles und jeden um den Finger wickeln – da war ich mir sicher. Er war auf den Weg hier hin still gewesen und auf meine Nachfrage hin, meinte er nur, dass er über meine Worte nachdenken würde, die ich ihm im Zimmer an den Kopf geworfen hatte. Eigentlich tat es mir leid, dass ich so hart zu ihm gewesen war, aber es war die Wahrheit und die Sicht die ich von außen hatte. Vielleicht tat es ihm mal gut mit jemand zu reden der emotional nicht involviert war. Toya hatte mich auch schon gefragt, warum ich mich so um jemanden sorgte, den ich nicht einmal kannte. Aber eine Antwort konnte ich ihm nicht geben, ich war kein barmherziger Samariter, andere Menschen waren mir zwar wichtig, aber ich war keiner dieser Menschen die das Verlangen hatten sich für andere aufzuopfern. Mamoru jedoch hatte mich seit dem ersten Moment gefesselt. Mir war er im Phönix schon aufgefallen, noch bevor ich mich in das Gespräch auf dem Klo eingemischt hatte. Von ihm ging eine unglaubliche Ausstrahlung aus und man konnte ihm nur hinterher sehen. Sein Aussehen, seine unglaublichen blauen Augen, sein seltenes Lächeln, alles an ihm hatte etwas Anziehendes und er war gleichzeitig geheimnisvoll. Und dann stellte sich in meinem Laden noch heraus, dass sein Charakter ebenso toll war. Er war bereit anderen zu helfen, auch wenn er einen nicht kannte und das war etwas was nicht gespielt war. So etwas konnte man nicht spielen, glaubte ich. Und ich wollte wirklich mit ihm befreundet sein, wollte sehen wer er wirklich war. Wollte dabei sein, wenn er auf andere Menschen traf und schauen ob sie ihn ebenso faszinierend fanden wie ich. Zudem hatte ich durch ihn Minako und May, Yosuke und Massanorie kennen gelernt und ich bezeichnete alle vier schon als Freunde. Massanorie meinte vor einigen Tagen zu mir, dass Mamoru dachte er würde anderen das leben nur erschweren und Probleme machen, dabei hatte ich durch ihn neue Menschen kennen gelernt, die ich so vielleicht nie getroffen hätte. Auch wenn er es nicht sah, aber er schaffte es Menschen zu begeistern und zusammen zu bringen. Lächelnd streckte ich mich und zog eine Camelfarbene Hose aus einem Haufen. „Ui cool, so eine suche ich ja schon ewig.“ Mit einem Blick auf meine Armbanduhr drehte ich mich um und ging zu den Umkleidekabinen. „Also muss ich dich da echt erst herausziehen oder kommst du freiwillig?“ Seufzend zupfte ich an dem Vorhand der Umkleidekabine. Ich hatte Mamoru einen schwarzen Pullover mit einer markanten Druckknopfleiste zum anprobieren gegeben. „Du musst die unteren beiden Knöpfe schließen, die oberen drei bleiben offen, damit der modische V-Ausschnitt auch zur Geltung kommt. Verstanden?!“ „Ich finde es unnötig, ich hab Sachen zum anziehen.“ Kam es nur leise aus der Kabine. „Jaja das hab ich auch, aber man sollte jede Gelegenheit nutzen um einzukaufen, du wirst mir noch dankbar sein dafür. Der Pullover ist ein Allrounder und super um ihn vielseitig zu kombinieren und er passt zu Jeans als auch zu Chino-Hosen. Der andere Pullover den du gekauft hast passt nur zu Jeans Hosen. Also, ich hab Recht. Und wenn es um Mode geht musst du dich etwas anstrengen um mich tot zu reden. Und ich wiederhole mich gerne noch einmal, aber du brauchst unbedingt mal ein paar figurbetonte Klamotten.“ Ohne noch etwas zu erwidern, setzte ich ein grinsen auf und zog den Vorhang beiseite. „Shogo!“ kam es nur erbost von Mamoru, er sah mich trotzig an. Aber ich ignorierte das einfach und stieß einen leisen Pfiff aus. „Wow. Der Pulli steht dir doch mal klasse. Ich glaube ja, den nehmen wir.“ Damit drängte ich mich zu ihm in die Kabine, zog den Vorhang zu, drückte ihm die Shirts, sowie die Hose in die Hand und zog mich um. „Was machst du da?“ „Mich ausziehen?“ kam es nur spöttisch von mir. „Die anderen Kabinen sind voll und ich hab keine Lust zu warten. Außerdem sind die Kabinen groß genug für zwei Leute. Und ich hab nichts was du nicht selber hast.“ „Baka.“ Kam es nur wispernd von ihm, doch ich grinste nur und puffte ihn in die Seite. Ich öffnete meine Hose und schmiss sie auf den Boden bevor ich nach der Hose griff, sie anzog und mich im Spiegel betrachtete der in der Kabine hing. „Und was meinste?“ Mamoru musterte mich und zuckte mit den Schultern. „Das musst doch du entscheiden…“ „…Mamoru, ich will aber deine Meinung hören.“ Einen kurzen Moment kam nichts, doch dann seufzte er leise. „Ich find sie nicht so toll.“ „Echt?“ Ich drehte mich vor dem Spiegel, zog dann schließlich den Vorhang beiseite und ging einige Schritte in der Hose auf und ab bevor ich mich vor einen anderen Spiegel stellte und mich erneut ausgiebig musterte und er hatte Recht. Irgendetwas störte mich auch, es lag am Schnitt. Er war irgendwie nicht so wie ich ihn gerne gehabt hätte. „Oh man, du hast recht.“ Kam es schließlich von mir, bevor ich erneut die Kabine betrat und Mamoru ansah, welcher auf dem Hocker in der Kabine saß und mich leicht anlächelte. „Also weiter…“ Noch eine Weile suchte ich mir Hosen und Shirts heraus, bevor ich gefunden hatte was ich suchte. Mamoru schien ich langsam anzustecken mit meinem Shopping-Wahn, wie es Toya nannte, auch er probierte gerade noch eine Jeans an als ich wieder in die Kabine kam. Er seufzte zwar, beschwerte sich aber nicht mehr über mein mangelndes Gefühl für Privatsphäre, sondern schloss die Knopfleiste der Jeans und schaute kurz in den Spiegel. Schon zu Beginn hatte ich gemerkt, dass Mamoru es vermied in den Spiegel zu sehen und wenn, dann merkte man sofort, dass sein Blick immer nur auf seinen Oberkörper oder seine Beine gerichtet war, aber er vermied es sich selber ins Gesicht zu sehen. schoss es mir durch den Kopf. Mamoru trug nur die Jeans und hangelte gerade nach einem Pullover den er sich herausgesucht hatte. Sein Blick war nachdenklich und er wirkte traurig. Ohne darüber nachzudenken legte ich meine Arme von hinten um seine Brust und platzierte mein Kinn auf seiner Schulter. Wir waren gleich groß, das machte es einfach. Mamoru zuckte merklich zusammen und griff nach meinen Händen um sich von mir zu befreien, doch ich hielt seine Hände fest und verschränkte meine Finger mit seinen. „Du siehst so aus, als könntest du eine Umarmung gebrauchen.“ Wisperte ich nur und schmiegte mich von hinten an ihn. Mamoru verkrampfte sich, doch dann merkte ich wie er sich lockerte und er sich gegen mich lehnte. „Shogo?“ „Hmm?“ „Kann ich dich was fragen?“ seine Stimme klang leise und ich spürte wie er meine Hand fester drückte. „Klar doch – alles Mamoru. Wir sind Freunde und egal was du wissen willst, du kannst mich fragen.“ Dann wurde es leise und ich wartete einfach ab. „Woher hast du gewusst… woher wusstest du, das du auf Männer stehst?“ Ich öffnete meine Augen und sah in den Spiegel vor mir und ich traf Mamorus Blick der auf mich gerichtet war. „Naja… ich hatte zuerst ne Freundin also alles ganz normal und wir haben uns auch geküsst, dann kam das erste Petting und dann der erste Sex und es war nie… nie wirklich gut. Es war ok, aber es hat mir nichts gegeben und dann hab ich meinen ersten Freund kennengelernt…“ „Toya?“ „Nein…“, ich lachte leise. „…Toya kam danach. Es ist eigentlich traurig… Fuyu war mein erster Freund und der bester Freund von Toya. Ich hab Fuyu mit Toya betrogen und am Ende habe ich zwar Toya bekommen, aber dafür eine Freundschaft zerstört. Daran erinnern mich einige von Toyas Freunden noch heute, wenn wir uns sehen.“ Wehmütig hielt ich Mamorus Blick stand. „Aber so ist das eben und gemerkt hab ich es einfach an den Schmetterlingen im Bauch wenn ich Fuyu sah, an den Worten die mir fehlten wenn wir uns unterhielten, daran dass ich beim wichsen an ihn und nicht an meine Freundin dachte…“ Mamoru wurde rot und wich meinen Blick aus. Ich grinste darüber und verkniff mir ein lachen. „Was ist mit dir?“ Mamorus Schultern zuckten merklich zusammen und ich konnte das leichte zittern spüren, was er versuchte zu unterdrücken. „Ich weiß es nicht… das ist ja das Problem.“ Kam es nun leise von ihm. Und er begann mir, ohne dass ich fragen musste zu erzählen, wie das mit ihm und Massanorie gekommen war, dass Massanorie am Anfang nur gespielt hatte und am Ende hatte Mamoru nachgegeben. Nachdenklich hörte ich ihm zu. „Also hattest du vorher noch nie Sex mit einer Frau?“ Er schüttelte den Kopf und schniefte etwas. „Ich hab keine Ahnung, ob ich mit Massanorie zusammen bin, weil ich ihn liebe, oder verliebt bin oder nur weil ich ihm nachgegeben habe. Und das frisst mich auf. Ich wünschte, ich wüsste endlich ob ich schwul bin oder nicht, oder ob ich einfach nur nicht alleine sein will. Vielleicht sollte ich auch einfach mit einer Frau schlafen um zu sehen wie das ist. Ich hab ja schließlich noch einen gut wegen Steven, oder nicht?“ Er klang zynisch und versuchte das ganze ins Lächerliche zu ziehen. „Vielleicht solltest du auch einfach mit einem anderen Mann schlafen und schauen ob dir das gefällt.“ Kommentierte ich das Ganze nüchtern und ließ meine Finger über sein Schlüsselbein wandern. Sofort bildetet sich eine Gänsehaut an Mamorus Arm und die Härchen an seinem Nacken stellten sich auf. Er sah mich im Spiegel etwas verstört an. „Shogo…“ Ich grinste und ließ ihn los. „Alles gut. Ich wollte dich nur etwas aus der Reserve locken. Außerdem bin ich Toya treu. Kein Sex mit anderen, nur küssen ist erlaubt.“ „Du küsst andere Männer und Toya ist das egal.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Naja egal nicht, aber ich mache das nur selten und ich finde, so wie er, das küssen kein Fremdgehen ist. Aber das muss jeder für sich entscheiden.“ Mit einem Lächeln hielt ich Mamoru den Pullover hin, den er eigentlich anprobieren wollte. „Aber vielleicht solltest du mit Massanorie reden und ihm sagen, dass du mehr Vergleichswerte brauchst. Klingt doof, aber durchs küssen kann man auch schon herausfinden ob man lieber Frauen oder Männer küsst. Und geküsst hast du doch schon Mädchen und Jungs oder?“ „Ähm… ja hab ich.“ Mamoru zog sich den Pullover über und betrachtete sein Spiegelbild, wobei er mich aus den Augenwinkeln musterte und sein Blick schon das ein oder andere Mal an meinen Lippen hängen blieb. „Du bist ja süß. Also wenn du mich küssen willst, dann ist das für mich ok. Aber du musst schon was sagen…“ kam es grinsend und süffisant von mir. Sofort wurde Mamoru rot und stotterte herum. „Also… nein… so war das nicht… ich wollte nicht… es war nur… also…“ Er war wirklich niedlich, und wenn ich auf den Typ Mann stehen würde, dann hätte ich vielleicht sogar Toya betrogen, aber gut, dass mein Typ Mann älter sein musste und dominanter. Zwar nicht so wie Massanorie aber so ähnlich, der war mir zu Muskulös. Kopfschüttelnd sah ich Mamoru an, bevor ich sein Handgelenk packte ihn zu mir zog und ihn einfach küsste. Mamoru Chiba Völlig schockiert stand ich in der Umkleidekabine und wusste nicht was ich machen sollte. Shogos Lippen fühlten sich anders an als die von Massanorie und obwohl ich ihn hätte wegstoßen müssen, tat ich es nicht, sondern erwiderte den Kuss. Ich musste für mich selbst herausfinden was ich wollte und gerade hatte ich das Gefühl das zu tun. Und obwohl dieser Kuss ganz anders war als der von Massanorie, so war es nicht unangenehm, sondern es fühlte sich gut an. Shogo löste sich von mir und lehnte seine Stirn an meine. „Ich hoffe, du bist mir nun nicht böse, aber ich dachte mir Learning by Doing ist hier das Beste. Also? War es schrecklich, oder eklig einen anderen Mann zu küssen? Und nur zur Info, mein Freund sagt ich küsse gut.“ Wahrscheinlich hätte ich sauer sein sollen, aber ich sah Shogo nur an und zum ersten Mal seit Wochen konnte ich wieder lachen. Es war nur kurz und noch etwas verhalten, aber ich fühlte mich besser. „Es war gut und Toya hat recht.“ Gab ich schließlich als Antwort und Shogo begann ebenfalls zu lachen. Es war anders als mit Massanorie. Mit Shogo war es nur ein Kuss, nicht mehr, wie ein Spiel oder so, mit Massanorie war es immer – es lag immer ein Prickeln in der Luft. Und mir wurde bewusst, dass ich es vermisste Massanorie zu küssen, dass ich IHN vermisste. Am Ende hatten wir beide etwas gefunden, Shogo zwei Pullover, sowie ein T-Shirt und ich eine neue Jeans und den schwarzen Pullover den Shogo mir ausgesucht hatte. Shogo meinte nur, dass wir uns nach so einem Shopping Tag belohnen müssten mit Kaffee und Kuchen, den wir in einem kleinen Kaffee im Einkaufszentrum kauften. „Ich hab dich das noch gar nicht gefragt, aber ist Massanorie auch eingeladen? Also zu Mays Party?“ Wir setzten uns an einen Tisch am Fenster und ich nahm einen Schluck meines personalisierten Milchkaffees und sah Shogo an, welcher sich streckte. „Jepp. Also Massanorie, ich, Toya, Minako, Yosuke und einige Leute aus ihrem Semester.“ Er nahm einen großen Schluck seines Kaffees. „Und du natürlich. Aber sie meinte, du wolltest sie nicht sehen, aber sie wollte versuchen alles ganz normal weiter zumachen, was immer sie auch damit meinte. Aber soviel ich weiß hat sie dir doch ne Nachricht aufs Handy geschickt…“ „…ja das… ich habe es verloren… oder so…“ „Mhm… verloren? Sollte ich nachfragen?“ Ich schüttelte den Kopf und seufzte. „Besser nicht.“ „Na gut. Aber ich weiß wenn ich dich mitbringe, dann freut sie sich und dir tut das gut. Glaubs mir.“ Leise seufzend sah ich aus dem Fenster und schaute den vielen Menschen mit ihren Einkaufstüten hinterher. Ob die wohl auch alle Problem hatten so wie ich? Wenn ja fragte ich mich wie die das auf die Reihe bekamen. War ich einfach nur Lebensunfähig oder nicht Problemlösungsorientiert? Eine Weile saßen wir uns schweigend gegenüber, tranken Kaffee und aßen unseren Kuchen, aber die Stille war mit Shogo nicht unangenehm so wie mit Bunny oder den anderen Mädchen. Es war ein bisschen wie mit May, Yosuke, ja sogar wie mit Massanorie... da war Stille auch nie bedrückend oder peinlich gewesen – sondern einfach nur Stille! „Was ist eigentlich ein Safeword?“ Ich nahm noch einen Schluck Kaffee, sah abwesend aus dem Fenster und hatte eigentlich nur einen Gedankengang laut ausgesprochen der mir plötzlich im Kopf herum gespukt war. Shogo sah mich an und verschluckte sich an seinem Kaffee. „Was?“ er hustete. „Na ein Safeword. Massanorie hat es letztens eingeführt und ich hab ihn vergessen im nachhinzu fragen woher er auf die Idee kommt. Und du hast gesagt, ich könnte alles fragen.“ „Ja schon, aber das wir uns in einem Café über BDSM unterhalten ist selbst für mich neu!“ kam es nur lachend von ihm. „Was ist BDSM?“ Plötzlich herrschte Stille zwischen uns. Shogo sah mich fragend an und schien etwas verdutzt. „Ernsthaft? Also du hast wirklich keine Ahnung von so was oder?“ Mir stieg die Röte ins Gesicht und ich schämte mich etwas für meine Unwissenheit, denn anscheinend musste man so etwas wissen. „Dein Freund führt BDSM Sachen ein und du machst einfach mit ohne das zu hinterfragen?“ „Er hat das gemacht, weil er mir nicht weh tun wollte, er meinte, wenn er etwas macht was ich nicht will dann kann ich es damit beenden.“ Nun prustete Shogo los. „Jetzt mal Butter bei den Fischen. Was für ne Art von Beziehung führt ihr beide überhaupt?“ „Was meinst du?“ Etwas irritiert sah ich Shogo an. „Wir führen eine Beziehung, also so wie du und Toya auch.“ „Naja Toya und ich haben kein Safeword. Also habt ihr beide wohl etwas anderen Sex… oder Massanorie ist ein Idiot.“ „Kann ich beides als Option behalten?“ kam es nur schmunzelnd von mir, was dazu führte, dass Shogo wieder zu lachen begann. „Also ok, pass auf. Ein Safeword wird eigentlich nur beim BDSM oder SM benutzt. Sagt dir SM was?“ Ich sah ihn an und vermutete, dass er mit SM nicht Sailor Moon meinte, also schüttelte ich den Kopf. „Also die Grundlagen; BDSM kommt aus dem Englischen und steht für Bondage & Discipline, Dominance & Submission und SadoMasochism. Es geht dabei um erotische Machtspiele, geprägt durch eine klare Rollenverteilung zwischen aktivem und passivem Part. Für diese Rollen findet man oftmals die Bezeichnung Top und Bottom. Wenn es um Dominance & Submission geht, spricht man dann von Dom und Sub. Dass diese Begriffe dem Englischen entliehen sind, liegt daran, dass die amerikanische SM-Szene eine etwas längere Tradition hat und diese Begriffe von dort über das Internet in unsere Kultur gelangt sind. Es geht bei BDSM also um Macht, Kontrolle und darum, einen anderen Menschen eine Zeit lang zu beherrschen. Und je nach den Vorlieben der Spielenden kann sich diese Machtausübung in Fesselungen bis zur Unbeweglichkeit, entsprechendem rollenkonformem Verhalten dem Spielpartner gegenüber, dem Zufügen und Erdulden von Schmerzen und der Wahl besonderer, erotischer und restriktiver Kleidung zum Ausdruck kommen.“ Shogo ratterte das runter als hätte er das Auswendig gelernt und ich zuckte leicht zusammen und hoffte, dass niemand hörte was er erzählte. Er musste meinen geschockten Ausdruck bemerkt haben, denn er seufzte nur und trank seinen Kaffee aus. „Ich weiß das, weil doch Toya Paarberater ist und manchmal kommen dann auch Paare wegen ihrer sexuellen Vorlieben oder weil ihr Sexleben langweilig ist zu ihm und bei ihm stehen über Sexualtherapeutische Beratung einige Bücher. Außerdem hab ich zwei Bekannte die in der Szene aktiv sind. Da schnappt man einiges auf. Und jetzt schau nicht so entsetzt, im Prinzip verhält es sich beim SM nicht anders als beim Kitzeln; Einer wird ausgekitzelt, was ja nicht nur angenehm ist, man kann sich vielleicht nicht wirklich dagegen wehren, der Kitzelnde erfreut sich am Ergebnis, am Winden des Opfers, an den quietschenden Geräuschen. Auskitzeln lässt man sich nur von engen, guten Freunden. Das Opfer hat seinen Spaß, der Täter auch, irgendwo ist alles auch erregend, und wenn der Kitzelnde merkt, dass es zu viel wird, hört er auf. Besser kann man eine Züchtigung auch nicht beschreiben.'' Nachdenklich sah ich ihn an und überlegte, ob Massanorie Tendenzen dazu hatte aber am Ende musste ich mir eingestehen, dass ich wohl eher in diese Richtung tendierte. Also reichte es nicht aus, dass ich schon merkwürdig war, nein nun musste ich auch noch feststellen, dass ich sexuell gesehen auch seltsam war. Klasse. Das zog mich nun wieder runter und ich ließ meinen Blick aus dem Fenster gleiten. „Hey.“ Ich zuckte zusammen und sah Shogo an. „Schau nicht so. Das ist doch nicht schlimm, wenn er darauf steht, wenn er das unbewusst macht, dann kannste ihn ja drauf ansprechen und ihr redet darüber.“ Ich schüttelte den Kopf. „Es reicht doch schon das ich so seltsam bin, nun bin ich auch noch seltsam was den Sex angeht.“ Mir kamen die Tränen und im nächsten Moment spürte ich auch schon seinen Arm um meine Schulter, er setzte sich neben mich und tröstet mich. „Ach quatsch. Jetzt heul nicht. Das ist doch kein Weltuntergang. Wenn du jetzt weißt worauf du stehst, ist das doch super. Außerdem stehst du generell auf sowas, oder eher geringer?“ „Nur etwas…“ nuschelte ich. „Na dann is doch alles ok. Also wäre es anders auch. Weißt du, beim Sex darf niemand über andere urteilen, dann stehst du eben auf das etwas härtere, aber das passt doch. Massanorie scheint ja auch so gepolt zu sein. Sonst hätte er doch kein Safeword eingeführt um dich zu schützen. Und wenn ihr darüber redet was ihr wollt, was ich annehme ihr noch NIE getan habt…“ er zwickte mich in die Seite. „Oder?“ ich schüttelte den Kopf. „Nein soweit kamen wir noch nicht.“ „Ach ne. Also gleich immer übereinander herfallen wie die Karnickel?“ ich wurde rot, lachte aber leise über diesen Vergleich. „Kann man eventuell so sagen.“ Wir begannen beide leise zu lachen. Shogo hatte es geschafft, dass es mir besser ging und dafür war ich wirklich dankbar. Massanorie Lenjier Mein Tag war gelinde gesagt schrecklich gewesen, nur Terror in der Firma. Hier noch eine Konferenz, da noch ein Meeting, dann etliche Akten sortieren und Präsentationen erstellen. Es war kurz vor 19 Uhr als ich endlich meinen Mantel an der Garderobe meines Elternhauses auf hing und in die Küche ging. „Im Kühlschrank steht Essen für dich.“ Kam es von meiner Mutter, die sich gerade einen Tee aufschüttete und mich liebevoll ansah. Ich nickte nur und setzte mich erst einmal an den Küchentisch und versuchte zu entspannen. „Frau Lenjier…?“ Ich horchte auf, die Stimme kannte ich doch. „Was machst du denn hier?“ entfuhr es mir nur argwöhnisch als Shogo die Küche betrat. „Hey Massanorie. Na alles gut bei dir?“ Er grinste mich an und strich sich durch die braunen Haare. Er sah aus als wolle er zu einer Party, er trug eine schwarze Jeans, ein T-Shirt mit dem Aufdruck Born to be Wild , ein schwarzes Halstuch und ein schwarzes Sakko. „Wo willst du denn hin?“ „Zu Mays Party. Zu der du auch eingeladen bist. Zu der dein Freund auch mit kommt!“ Shogo schüttelte nur den Kopf und grinste wie immer vor sich hin. Das was er nahm, würde ich auch gerne bekommen, dann wäre das Leben wohl leichter. „Shogo kam heute vorbei um Mamoru zu besuchen und er hat ihn sehr aufgeheitert, er geht mit zu Mays Party. Und danach wollen sie noch etwas um die Häuser ziehen. Sagt man das heute noch?“ sie wandte sich an Shogo der nickte und wieder grinste. „Klar. Das kann man immer sagen. Aber was ich fragen wollte, kann ich mir wohl einen Tee aufsetzen?“ Meine Mutter lachte nur auf und nickte. „Fühl dich wie zu Hause Shogo.“ Sie wandte sich an mich, kam zu mir und küsste mich auf die Stirn. „So, ich bin oben. Ich hab Kopfschmerzen und dein Vater ist mit Julchen und Katrin essen und Sparky liegt bei mir oben. Oh und Gassi war ich schon mit ihm.“ „Ok. Danke und leg dich etwas hin und ruh dich aus.“ Kommentierte ich ihre Worte nur und küsste sie auf die Wange, bevor sie aus der Küche verschwand. Jedoch nicht ohne noch ein Wort an Shogo zu richten. „Und ihr beiden habt Spaß und nehmt Massanorie bloß mit, sonst arbeitet er die ganze Nacht wieder.“ „Klar doch. Wir werden Spaß haben und morgen früh sind beide wieder da.“ Ich lehnte mich zurück und merkte, dass Shogo mich beobachtete. „Was ist?“ Ich hatte nicht die Nerven jetzt ein Gespräch über Mode anzufangen oder über etwas zu reden was mich langweilte. Außerdem wollte ich auch nicht mit zu May, ich war durch und mein Freund war sicherlich auch nicht in der Stimmung mich zu sehen. „Also, wann machste dich fertig? Mamoru und ich sehen schon spitze aus und du musst definitiv noch etwas Tun um uns einzuholen.“ Etwas skeptisch sah ich ihn an, dass Mamoru freiwillig mit ihm mitging glaubte ich ja nicht wirklich. „Aha Mamoru geht also mit und mit was hast du ihn erpresst?“ „Erpresst? Mit nichts. Aber ich glaube, er vermisst dich und deine Nähe, jedenfalls hat er mir das vorhin gesagt. Dafür kannste dich bei mir bedanken.“ Kam es süffisant von ihm. „Und wieso soll ich dir dafür danken?“ „Weil er mich geküsst hat…“ kam es plötzlich leise von der Seite. Mamoru stand in der Tür. Er sah umwerfend gut aus, aber in meinem Kopf hallte gerade die Aussage wieder, dass Shogo Mamoru geküsst hatte. Wütend stand ich auf und der Stuhl fiel hinter mir zu Boden. „Wieso küsst du bitte MEINEN Freund!“ kam es nur eisig von mir. „Weil ich es wollte.“ Mamoru schob sich zwischen uns und sah mich stur an. „Du… du hast… du hast kein recht wütend zu sein. Ich wollte etwas wissen und Shogo hat mir so geholfen und außerdem hab ich wegen Steven noch etwas gut.“ Platzte es aus Mamoru heraus. Seine Stimme schwankte noch etwas und er schien sich selbst unsicher zu sein ob er etwas sagen sollte, aber ich fand es beruhigend, dass in diesem traurigen Etwas der letzten Wochen noch immer mein kleiner Sturkopf steckte, der auf sein Recht beharrte. „Ich will nicht, dass du andere Männer küsst – auch wenn es Shogo ist.“ Kam es nur kleinlaut von mir, da ich gegen Mamorus Argument keine Widerworte hatte. Die Geschichte mit Steven war wie ein Damoklesschwert das über uns beide schwebte und nur darauf wartete alles kaputt zu machen. Mir wurde wirklich bewusst, dass wir darüber noch reden mussten, am besten morgen, am besten bevor er erfuhr das Steven wieder in Japan war, wegen einiger Gespräche was den Wechsel der Geschäftsführung anging. Seufzend hob ich den Stuhl auf und setzte mich, als ich plötzlich etwas sehr seltenes hörte. Ich drehte mich um und sah zu den beiden und Mamoru lachte. Nur leicht, aber dass er lachte hatte ich schon lange nicht mehr gesehen, und ich sollte mich freuen, dabei wurde ich nur wütend. Es ärgerte mich, dass Shogo das vollbracht hatte und nicht ich. Das Mamoru wegen ihm gute Laune hatte und nicht wegen mir. Ich hatte ihm doch meine Liebe gestanden, sollte ich dann nicht wenigstens das Recht besitzen ihn wieder aufzubauen? „Massanorie?“ Ich spürte seine Finger an meiner Schulter. Wir hatten uns zwei Tage nicht gesehen und anstatt mich zu freuen, war ich nun sauer und ich wusste nicht einmal auf wen. „Ich hatte einen stressigen Tag.“ Meine Stimme klang gereizt und ich merkte wie Mamoru die Finger zurück zog und sich neben mich setzte. „Also wenn du nicht willst, dann kannst du auch hier bleiben. May versteht das und Shogo ist ja mit mir da. Also kein Grund dir Sorgen zu machen.“ „Du könntest ja auch hier bleiben und wir verbringen mal wieder einen Abend zu zweit.“ „Oh…“ War alles was von Mamoru kam. „Ich…“ er zögerte. „Vergiss es. Geh einfach mit Shogo, anscheinend ziehst du ihn ja mir vor. Du küsst ihn ja sogar schon, also warum solltest du dich mit mir abgeben?“ Damit stand ich auf und verschwand und innerlich hasste ich mich gerade, weil ich wusste, dass er nachgeben und ich ihm dadurch den Abend ruinieren würde. Weil ich wusste, dass es albern war, ich sollte mich freuen, dass es ihm besser ging, sollte dankbar sein, aber ich war bockig weil ich nicht zu meinem Recht kam. Weil ich mich verhielt wie ein Arschloch. Ich war gerade dabei die Treppe hinaufzugehen, als ich auch schon hörte wie Mamoru und Shogo lauter wurden und ein Teil von mir war froh darüber. Seufzend lag ich auf dem Bett und starrte an die Decke – ich schämte mich gerade und ließ Mamorus und meine Beziehung vor meinen geistigen Augen Revue passieren. Wieso lachte er nicht bei mir, ich hatte doch in den letzten Wochen alles gegeben und nun brachte ein anderer Mann ihn zum Lachen, dazu dass er das Haus verließ – freiwillig. Und ich? Ich hatte es nur geschafft, dass er in dieses doofe Buch schrieb. „Ich hab geklopft.“ Ich zuckte zusammen und setzte mich auf. Mamoru stand in der Tür und sah mich nervös an. „Entschuldige ich war in Gedanken.“ Nuschelte ich nur. „Wo ist Shogo?“ Mamoru zuckte mit den Schultern. „Er läuft eine Runde um den Block, damit ich wieder zu Vernunft kommen kann, sagt er. Dann schaut er ob ich meine Meinung geändert habe.“ „Welche Meinung?“ Gerade war ich Dumm wie Brot, denn ich verstand nicht worauf er hinaus wollte. „Na du hast doch gesagt, dass ich hier bleiben soll. Und es stimmt. Ich sollte wohl mehr Zeit mit dir verbringen, damit wir schauen wo wir stehen und nicht auf Partys gehen…“ Und nun wurde mir bewusst, dass ich wirklich ein Arsch war. Immer wenn ich meinen Willen nicht bekam, fing ich einen Streit an, und am Ende ordnete sich Mamoru mir unter auch wenn er es vielleicht nicht wollte. Ich nutzte es aus, das Mamoru es nicht ertrug mit mir zu streiten, Gott wie arm war das denn bitte? „Was willst du denn?“ ich griff nach seiner Hand, zog ihn zu mir und lehnte meinen Kopf an seinen Bauch. Ich konnte seine Finger spüren die mit meinen Haaren spielten. So nah waren wir uns schon seit Wochen nicht mehr gewesen und ich seufzte etwas auf. „Ich will, dass du nicht böse bist.“ Bei diesen Worten zuckte ich zusammen und schüttelte den Kopf. „Mamoru?“ „Hmm?“ „Wenn du etwas willst und ich nicht, dann solltest du, auch wenn ich dann mal sauer bin oder sonst was, es einfach tun. Andersherum hab ich das schließlich auch schon oft gemacht!“ „Aber… ich will lieber meine Zeit mit dir verbringen als zu wissen, dass du Böse bist. Deswegen wollte ich doch auch auf die Party. Ich dachte, dann könnten wir zusammen sein und vielleicht macht es sogar Spaß. Ich wollte dir etwas Gutes tun, weil du so viel für mich getan hast – für dich möchte ich mich besser fühlen.“ Völlig fassungslos sah ich auf und schaute direkt in Mamorus Augen, er lächelte verlegen und setzte sich neben mir aufs Bett. „Ich weiß nicht wann es mir besser geht, oder ob das je der Fall sein wird. Ich weiß auch nicht wieso ich nicht mit meinem Leben klarkomme, wieso ich immer denke das alle gegen mich sind. Aber… ich weiß das ich dich vermisst habe. Und das ich es gut finde bei deinen Eltern zu sein, auch wenn ich jeden Tag Angst habe, dass du böse wirst, weil ich sie in Beschlag nehme, weil sie nicht meine, sondern deine Eltern sind. Ich hab Angst das Julia und Katrin böse werden, weil sie denken ich nehme sie ihnen weg. Ich bin verunsichert, weil ich deinen Eltern auf der Tasche liege und sie nichts sagen, sondern so tun als wäre es selbstverständlich, als wäre ich für sie wirklich ein Teil der Familie. Ich finde es seltsam, dass Shogo mit mir befreundet sein will, obwohl ich finde, dass ich keine gute Wahl als Freund bin. Ich… ich habe Angst, dass du irgendwann jemanden findest der besser ist als ich, dass ich keinen Wert mehr für dich habe…“ In diesem Moment strich ich mir die Tränen aus den Augenwinkeln, griff unter sein Kinn, zog ihn an mich und küsst ihn sanft. Es dauerte einen Moment bevor er den Kuss erwiderte. Es war anders als sonst, viel zärtlicher und irgendwie intensiver. Langsam löste ich mich von ihm. „Ich.Liebe.Dich. Meine Schwester und Katrin sind ganz vernarrt in dich. May und Yosuke lieben dich und Minako und Shogo wollen mit dir Befreundet sein, weil du jemand bist auf den man sich verlassen kann, mit dem man gerne befreundet ist. Und meine Eltern, die sind froh wenn sie endlich einen im Haus haben um den sie sich kümmern können und sie lieben dich, weil du Teil dieser Familie bist. Egal wie das mit uns enden wird. Hier hast du immer einen Platz und – hier auch.“ Ich nahm seine Hand und legte sie auf mein Herz. Still sahen wir uns an und konnten die Tränen vor dem anderen kaum verbergen. „Also Mamoru, geh runter und sag Shogo, dass ich nur fünf Minuten brauche um mindestens so gut auszusehen wie er, um dich zu überbieten brauch ich jedoch schon sehr viel länger.“ Ich lächelte ihn an und mir wurde bewusst, dass egal war wer ihn zum Lachen brachte, am Ende wollte er für mich gesund werden und für mich lachen. Kapitel 46: Step Forty-five… Awareness -------------------------------------- Der Mensch ist unglücklich, weil er nicht weiß, daß er glücklich ist. Nur deshalb. Das ist alles, alles! Wer das erkennt, der wird gleich glücklich sein, sofort, im selben Augenblick. Fjodor M. Dostojewski Massanorie Lenjier ~3:42 Uhr im Hause Lenjier~ Es fiel mir schwer mein Grinsen zu unterdrücken und doch ertappte ich mich immer wieder dabei, wie ich zu Mamoru sah und er meinen Blick mit einem kurzen Schmunzeln erwiderte. Dass er in dieser Situation so ruhig blieb und fast schon stolz wirkte amüsierte mich sichtlich, auch wenn der Blick meiner Mutter, welchen sie mir zuwarf, Bände sprach und ich sofort wieder einen ernsten Gesichtsausdruck aufsetzte. „Bist du des Wahnsinns? Was hast du dir dabei gedacht? Ich habe dich für einen verantwortungsvollen Mann gehalten und nicht für jemanden der sich in einem Club prügelt. Ich fasse es nicht…“ Mein Vater war in Rage und ich musste zugeben, dass mich Mamorus Gelassenheit in dieser Situation wirklich tief beeindruckte. Gerade war von dem eingeschüchterten Jungen, der er in den letzten Wochen gewesen war nichts mehr zu sehen. Anscheinend hatte ihm dieser 'kleine' Zwischenfall geholfen Frustration abzubauen. Und das alles nur, weil mein kleiner Prinz seinen Ritter verteidigen wollte… ~ca. 7 Stunden zuvor vor dem Fruits Parlor Crown~ Mamoru Chiba Man konnte die gedämpfte Musik bis auf die Straße hören und ich erkannte sofort, dass es Lieder waren, die May selber gemischt hatte. Nervös stand ich vor dem Fruits Parlor Crown und fragte mich, warum May unbedingt hier feiern musste. Wenn sie hier feierte, hatte sie sicherlich auch Motoki eingeladen und selbst wenn nicht, dann war er sicherlich da und bediente und ihn wollte ich gerade wirklich nicht sehen. Wir waren keine besten Freunde oder so, aber die unzähligen Gratiskaffees und Gespräche über Bunny hatten uns schon zu Freunden gemacht, auch wenn dieses Wort für mich eventuell eine andere Bedeutung hatte als wie für ihn. Prüfend besah ich mich im Schaufenster und zupfte an meiner Jacke herum und an meinen Haaren. Motoki kannte einige Leute aus meinem Studiengang und auch wenn es gerade nicht so aussah, dass ich je wieder anfangen würde zu studieren, wollte ich trotzdem nicht das Gespött der ganzen Uni werden. Sofort bildeten sich Tränen in meinen Augenwinkeln wofür ich mich selbst hasste und ich fuhr mir schnell durch Augen damit weder Massanorie noch Shogo diese bemerkten. Aber es war wohl schon zu spät, denn sofort legte sich eine Hand auf meine Schulter. Massanorie sah mich lächelnd an, küsste mich sanft und zupfte an einer meiner Haarsträhnen herum, die mir ins Gesicht fielen. „Hey!“ Shogo warf Massanorie einen gespielt bösen Blick zu. „Wehe du machst seine Frisur kaputt. Er sieht nämlich großartig aus.“ „Er sieht immer großartig aus, nur damit du das mal weißt.“ Konterte mein Freund nur und sah mich schmunzelnd an. „Aber es stimmt, es steht dir, wenn du die Haare so zurück gekämmt trägst.“ Erneut bekam ich einen schnellen Kuss, bevor Massanorie mich kurz in die Seite zwickte und die Treppe zum Fruits Parlor Crown hoch ging. Er hatte mir gesagt, dass er auf der Party die Finger von mir lassen würde, in jeglicher Hinsicht, weil er mich nicht in eine… wie nannte er es… kompromittierende Situation bringen wollte. Mit diesem Ausdruck hatte er mich schon etwas zum Lachen gebracht, er passte irgendwie zu ihm, aber ich fand es gut, dass er sich darüber Gedanken machte. In mir selbst sah es immer noch chaotisch aus, die Stimme in meinem Kopf redete viel und immer noch waren die destruktiven Gedanken in meinem Kopf am überwiegen. Aber Shogo und auch Massanorie schafften es gerade, dass es mir wirklich etwas besser ging. Schon allein, dass ich hier mit Ihnen stand war ein großer Schritt. Trotzdem – traurig sah ich Massanorie hinterher, dass er nur wegen mir unsere Beziehung verheimlichen musste, weil ich nicht stark genug dafür war, ließ mich erkennen, dass ich gerade nicht der Beste Partner war. Nur weil ich nicht öffentlich dazu stehen konnte und die Angst, dass andere schlecht von mir dachten so groß war, dass ich es lieber leugnete. „Mach dir keinen Kopf. Es ist schwer sich öffentlich zu outen, für jeden. Massanorie ist älter und hat das auch schon hinter sich. Er versteht, dass es gerade einfach nicht passt.“ Shogo nahm meine Hand und drückte sie. „Woher…“ „Mein Freund der Paartherapeut und lebenslange Erfahrung was Gesichtsausdrücke angeht.“ Er grinste und zog mich leicht hinter sich her, bevor ich stoppte und ihn festhielt. „Ich will, dass er glücklich ist.“ Kam es leise von mir und wieder war da dieser Gedanke, dass das mit mir nicht passieren würde. „Das ist er!“ Verwundert sah ich Shogo an und zu Massanorie der auf der Treppe stand, seine Zigarette zu Ende rauchte und mich lächelnd ansah. „Er liebt dich, du kleiner Baka. Das alleine reicht ihm um glücklich zu sein. Selbst wenn du erkennen würdest, dass du ihn nicht lieben kannst, würde er alleine wenn er in deiner Nähe bleiben darf glücklich sein. Manchmal ist Liebe total seltsam und auch doof und manchmal reicht es eben, wenn man in der Nähe des anderen sein darf.“ Ohne ein Wort zu sagen ließ ich mich nun die Treppe hochziehen. „So. Du musst warten. Du bist ja mein Geschenk für May. Ne rote Schleife darf ich dir nicht umbinden, oder?“ Shogo grinste und ich schüttelte den Kopf. „Nein. Darfst du nicht.“ Shogo betrat das Fruits Parlor Crown und ließ uns beide alleine draußen stehen. „Was hast du eigentlich als Geschenk?“ Durch die Scheibe der Eingangstür konnte ich einige bekannte Gesichter ausmachen und das alleine reichte aus um mir den Magen umzudrehen. Es war das erste Mal, seit Wochen, dass ich wieder unter Menschen kam, wenigstens in dieser Art. „Ein Yaoi-Artbook ab 18, plus eine DVD. Ich denke, damit kann ich punkten, auch wenn Shogo Geschenk um einiges besser ist.“ „Das freut sie sicherlich…“ Ein Schauer lief mir über die Haut als ich Massanories Finger spürte, wie sie kurz über meinen Handrücken strichen um mich zu beruhigen. Es war ein Reflex, aber ich griff sofort nach seiner Hand, verschränkte meine Finger mit seinen und drückte sie fest. Die Wärme seiner Hand und dass ich seinen Puls spüren konnte, der völlig ruhig war, beruhigte mich und ich konnte das leichte zittern besser unterdrücken das in mir aufgekommen war. „Alles gut. Wir gehen, sobald du es willst.“ Wisperte er nur, bevor er meine Hand einmal fest drückte und dann seine Finger von meinen löste. Was blieb war ein kurzer Moment, wo ich seine Wärme noch nachspüren konnte. May Godai „Also May, pack es aus…“ Ich lächelte Minako an und riss das Papier von der kleinen Schachtel. Darin lag die neuste CD meiner Lieblings Band. „Oh wie cool. Danke.“ Ich fiel Minako um den Hals und drückte sie fest. Als sie mit Yosuke hier angekommen war, hatten beide alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Minako trug eine Lederhose und ein weißes Top mit gelben und orangefarbenen Schmetterlingen darauf. Yosuke hatte ebenfalls eine schwarze Hose an und ein weißes Hemd mit einer dunklen Weste. „Hey das ist auch von mir. Schließlich hab ich es eingepackt.“ Yosuke zog eine Augenbraue hoch und setzte dann ein Grinsen auf. Wir lachten leise auf bevor ich auch Yosuke in eine Umarmung zog und ihm einen Kuss auf die Wange drückte. Insgesamt waren knapp zwanzig Leute hier und die Stimmung war super. Alle lachten, tranken und unterhielten sich. Aber Minako, Yosuke und ich standen etwas abseits und obwohl auch wir lachten und nach außen hin Spaß hatten, konnten wir einander ansehen, dass ein dunkler Schatten über uns lag. Wir hatten beschlossen weiter zu machen, stark zu sein. Ja selbst Minako hatte das gesagt, weil sie Mamoru ebenso ins Herz geschlossen hatte. Aber es war schwer, auch wenn Massanorie uns erzählte, dass es langsam besser wurde, so wollte Mamoru trotzdem niemanden sehen von uns. „May!“ ich drehte mich um und sah zu Motoki der lächelnd auf mich zu kam und mich umarmte. „Alles liebe zum Geburtstag. Sorry, ich habe dich die ganze Zeit gesucht, aber du warst immer von Leuten umzingelt.“ „Hey Motoki. Danke, dass ich das Crown mieten konnte.“ Motoki wurde verlegen und strich sich durch die Haare. „Ach kein Problem. Ich danke dir, dass ich eine Begleitung mit einladen durfte.“ Damit warf er einen Blick über die Schulter und sah zu dem braunhaarigen Mädchen was auf uns zu kam. Sie trug eine verwaschenen Blue-Jeans, ein schwarzes Longshirt was im Brustbereich mit einem Band verknotet war und einen grünen langärmligen Bolero. Mit einem leichten Rotschimmer sahen sich beide an. Minako lehnte sich an Yosuke und lächelte dem Mädchen freundlich zu. „Hey Makoto.“ Makoto sah zuerst Minako freudig an, bevor sie mir das Geschenk überreichte. „Danke, dass ich kommen durfte May. Und alles Gute zum Geburtstag.“ „Danke Makoto, lieb von dir.“ Kam es nur lächelnd von mir, als ich das Geschenk annahm. Es herrschte eine kurze peinliche Stille, die Minako aber sofort beendete. „Also Mädels, ich finde, die Jungs holen erst einmal Getränke für das Geburtstagskind und ihre Begleitungen. Und dann stoßen wir alle an auf May.“ Yosuke und Motoki lachten kurz auf, nickten dann nur zustimmend und verschwanden kurz um uns allen etwas zu trinken zu organisieren. „Wie geht es denn Mamoru?“ Makoto sah Minako und mich an und wirkte ehrlich interessiert. „Geht so.“ kam es nur kurz von mir, bevor ich mich daran machte, das Päckchen auszupacken. „Was genau…“ „Es geht ihm einfach nicht gut. Mamoru hat viel um die Ohren und die Sache mit Bunny und private Dinge haben ihm etwas zu schaffen gemacht. Manchmal muss man sich eben eine Auszeit nehmen. Wir kennen das ja auch zu genüge. Nach der Sache mit Galaxia wundert es mich, dass wir nicht alle eine Auszeit brauchten.“ Minako hatte Makotos Frage im Keim erstickt, lehnte sich seufzend an einen Tisch und streckte sich. Einen Moment schwieg Makoto, nickte dann aber nur. „In letzter Zeit bist du sehr oft nicht bei unseren Treffen.“ Minako strich sich die blonden Haare nach hinten und lächelte. „Ja in letzter Zeit bin ich oft mit May, Yosuke und Shogo unterwegs. Es tut gut, wenn wir unseren Freundeskreis erweitern.“ „Ja, da magst du recht haben…“ „Makoto!“ die angesprochenen drehte sich zu der Stimme um die sie rief. Motoki winkte ihr zu. „Ich komm gleich wieder.“ Sie lächelte und weg war sie. „Minako?“ „Hmm?“ „Du musst nicht wegen uns oder Mamoru weniger Zeit mit den Mädchen verbringen. Schließlich hast du doch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen.“ Kam es von mir. Doch Minako lachte nur leise und sah wehmütig zu Makoto herüber. „Weißt du May. Bevor ich Bunny traf, war ich oft alleine, weil ich nie Zeit für etwas anderes hatte und weil immer alle dachten ich würde mich für etwas Besseres halten. Aber dann kam sie und plötzlich wurde ich Teil von etwas. Aber erst dank Mamoru, weil er mir Yosuke vorgestellt hat, habe ich das Gefühl komplett zu sein. Bunny hat mir den Weg geebnet um mich zu öffnen und die Welt so zu sehen wie sie ist – voller Liebe und strahlend hell, weil ich sie beschützen darf. Mamoru hat mir durch Yosuke dann einen Sinn gegeben. Für Yosuke will ich ebenfalls stark sein. Für dich, für all die Menschen die ich lieben lerne und weil ich immer mehr Menschen in mein Leben lasse, werde ich stärker werden und daran wachsen. Das habe ich erkannt und ich will stärker werden, damit ich all diese Menschen beschützen kann. Ich bin die Anführerin der Inner-Senshis und ich muss stark sein für uns alle, meine Stärke muss die anderen inspirieren.“ Beeindruckt von ihren Worten starrte ich sie an und musste schließlich leise lachen. „Minako, danke, dass du so denkst.“ Wir sahen uns lächelnd an, bevor mich eine bekannte Stimme ansprach. „Na du Burzelkind. Was geht?“ „Shogo!“ Freudig legte ich das halb geöffnete Paket von Makoto beiseite und sprang ihm um den Hals. Auch Minako lachte und begrüßte Shogo stürmisch. „Ich sehe, du hast schon nen ganzen Berg Geschenke bekommen.“ Er deutet auf den Tisch hinter mir und grinste frech. „Klar doch und wo ist deins?“ kam es spielerisch erbost von mir. Doch Shogo setzte plötzlich ein geheimnisvolles schmunzeln auf und deutete zur Tür. Mein Blick folgte dem seinen und ich sah Massanorie, der das Crown betrat und sich skeptisch umsah. Er hatte natürlich seinen öffentlich-Grimmigen Gesichtsausdruck drauf, was aber meine Studienfreundinnen am anderen Ende des Raumes nicht davon abhielt ihn zu begutachten. Ich kannte die Mädels doch, war klar, dass sie ihn scharf fanden. Ich lachte kurz auf und sah zu Shogo. „Du schenkst mir Massanorie – echt? Ich glaube das könnte Mamoru nicht so gut gefallen.“ Doch Shogo lächelte. „Schau nochmal hin.“ Plötzlich sah ich Minakos Blick, sie sah zur Tür und schien völlig überrascht zu sein. Mein Blick wandte sich ebenfalls zu Tür und ich konnte nicht fassen was ich sah. Da stand Mamoru, er sah sich um und auch wenn er unsicher wirkte und er nah bei Massanorie blieb, war er da. Er war hier. Ich achtete weder auf Minako noch auf Shogo. Ich lief einfach nur zu Mamoru und fiel ihm um den Hals. Mir liefen die Tränen über die Wangen und ich war nur dankbar und glücklich. „Mamoru…“ Doch dann spürte ich eine Hand, die mich sanft aber bestimmt von ihm wegzog. Massanorie sah mich ernst an und schüttelte nur leicht den Kopf. Sofort suchte ich Mamorus Blick, doch dieser ging einen Schritt zurück und brachte etwas Abstand zwischen uns. Mir wurde bewusst, dass ich zu stürmisch war. Mamoru schien so viel Nähe gerade nicht zu ertragen. Sein Blick huschte durch den Raum und ihm schien die ganze Situation unbehaglich zu sein. „Entschuldige.“ Ich zupfte an meinem schwarz-rot karierten Kleid herum. „Das war unhöflich von mir. Aber ich freue mich so dich zu sehen.“ Ich lächelte Mamoru an und wischte mir die Tränen aus den Augen. „Schon gut… Glückwunsch zum Geburtstag.“ Kam es nur leise von ihm, während sein Blick im Raum herum glitt. „Danke.“ Auch Yosuke hatte Mamoru bemerkt und stand nun neben mir. „Hey na du.“ Mamoru erwiderte den Gruß mit einem kurzen Lächeln und suchte Massanories Blick. Dieser lächelte nur und nickte Mamoru zu. „So, nachdem wir nun alle gesehen haben, dass ich die besten Geschenke mache, sollten wir hier nicht doof im Eingang stehen, sondern uns etwas amüsieren. Ach und May, Toya wünscht dir alles Gute, aber er kann leider doch nicht kommen. Er muss morgen früh raus und will nicht der Versuchung erliegen sich hier sooo super zu amüsieren, dass er sich die Kante gibt.“ Shogo zwinkerte mir zu und ich konnte nicht anders als zu lachen, ihn fest zu umarmen und ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. „Danke Shogo. Das werde ich dir nie vergessen.“ Flüsterte ich nur. Massanorie Lenjier Mamoru und ich hatten uns an einen kleinen Tisch gesetzt wo wir etwas abseits waren und somit nicht unbedingt im Zentrum des Lärmpegels. Das alles stresste ihn sehr, dass bemerkte ich an seiner angespannten Körperhaltung. „Alles gut?“ Meine erste Reaktion war seine Hand zu nehmen, aber ich hielt mich zurück und lächelte ihn nur matt an. „Geht… Danke. Wegen May.“ Kam es fast unverständlich von ihm. Ich nickte nur. Als May Mamoru um den Hals gefallen war, verstand ich das nur zu gut. An ihrer Stelle hätte ich das auch getan, aber Mamoru hatte das überfordert, weswegen ich sie auch weggezogen hatte. Anscheinend verstand sie aber, dass dies nicht böse gemeint war. Gut gelaunt kam sie zu uns und stellte uns jedem eine Flasche auf den Tisch. „Ich dachte, ihr möchtet was trinken.“ Ich besah mir die Flasche Cola und seufzte. Mamoru schien das zu bemerken und mir wurde bewusst, dass er ein guter Beobachter war. „Ich... Massanorie würde glaub ich gerne ein Bier trinken. Aber die beiden Cola Flaschen nehm ich gerne.“ Er versuchte May anzulächeln was ihm aber nicht zu gut gelang, was diese jedoch einfach ignorierte. „Klar doch. Sorry Massanorie. Ich dachte, du fährst eventuell noch.“ Ich winkte ab und schon war sie verschwunden. „Danke. Ich wollte jedoch nicht vor dir trinken, ich wusste nicht ob das ok für dich ist.“ Mamoru jedoch nahm einen kleinen Schluck aus der Flasche und zuckte mit den Achseln. „Mir egal.“ „Hmm. Alles gut.“ Einen Augenblick sagte Mamoru nichts. „Das ist viel gerade. So viele Leute die ich auch vom sehen her kenne. Dann noch Motoki der mich bestimmt auch gleich bemerkt und dann noch Makoto. Das ist einfach viel. Aber das klappt schon.“ Er setzte ein Lächeln auf und ich wurde wütend. „Mach das nicht.“ Er zuckte zusammen bei der Härte meiner Stimme und musterte mich. „Mach das nie wieder. Setz nicht dieses falsche Lächeln auf. Wenn du nicht lächeln willst, dann tu es nicht. Aber fall nicht wieder in diese alten Muster zurück, nur weil wir unter Leute sind. Sag, wenn es dir schlecht geht und spiel es nicht runter.“ Nun herrschte Stille zwischen uns und ich wusste ich hätte ihn nicht so anfahren dürfen, aber wir hatten genau wegen diesen Sachen überhaupt erst diese Situation und ich wollte nicht, dass Mamoru wieder diese Maske aufsetzte. „Hier. Eine Flasche kaltes Bier.“ May stellte sie auf dem Tisch ab und setzte sich neben mich. „Und wie findet ihr die Party? Wir haben auch was zu essen da. Einige meiner Freundinnen haben Salate mitgebracht und Sushi gibt es. Es lohnt sich also mal beim Buffet vorbei zu gehen." Ihr Blick glitt zwischen uns hin und her. „Soll ich gehen?“ „Nein alles gut, Es ist nur alles etwas anstrengend.“ Kam es seufzend von mir, bevor ich einen großen Schluck Bier nahm. Das tat gut. Ich hatte ja eigentlich keine Lust auf diese Feier gehabt, aber jetzt gerade war es entspannend. Mamoru schwieg sich aus, lehnte sich zurück und spielte mit dem Colaflaschen-Etikett herum, indem er kleine Stücke begann abzuknippeln. Mamoru war den ganzen Abend schweigsam und redete nur, wenn ihn jemand etwas fragte. Für ihn war es anstrengend hier zu sein. Motoki, so hieß der blonde junge Mann, der ihn irgendwann auch bemerkt hatte, fragte ihn eine Weile lang aus wo er denn gewesen sei, sie hätten sich schon lange nicht gesehen, wie es ihm gehen würde mit der Trennung von Bunny und, und, und… Mamoru meinte daraufhin nur er hätte viel zu tun gehabt und wollte nach der Trennung nur etwas Ruhe haben. Motoki nickte daraufhin nur und erzählte Mamoru dann nur, dass er wohl zurzeit öfters mit Makoto ausgehen würde. Diese kannte ich aus Erzählungen auch schon und es war nicht schwer das großgewachsene Mädchen in der Masse ausfindig zu machen. Sie nickte Mamoru nur zu, hielt sich aber im Hintergrund, was jedoch wohl auch der Tatsache geschuldet war, dass Minako irgendwas zu ihr gesagt hatte. An sich war es ein netter Abend, Shogo gesellte sich oft zu uns und schaffte es Mamoru das ein oder andere Mal auch dazu zu bewegen aufzustehen um sich zu Grüppchen zu stellen. Er besaß dafür echt ein Talent. May und Yosuke, sowie Minako saßen ebenfalls oft bei uns und versuchten Mamoru in Unterhaltungen mit einzubeziehen. Dieser nahm das zur Kenntnis, aber es fiel ihm schwer sich darauf einzulassen. Ich für meinen Teil bemerkte nur, dass ich müde war und die letzten Wochen innerlich auch Narben hinterlassen hatten. Ich liebte ihn, aber es war schwer ihn nicht zu umarmen oder bei ihm zu schlafen. Es war schwer wenn ich in seinem Blick erkennen konnte, dass er sich nicht sicher war was uns anging. Dass ich auf dieser Party mehr als nur einmal aus seinem Mund gehört hatte, dass wir 'Freunde' waren, machte es dann nur noch schlimmer. Seufzend trank ich meine vierte Flasche Bier aus und warf einen Blick auf meine Armbanduhr. „Kurz vor elf…“ murmelte ich nur. Mamoru und Shogo unterhielten sich gerade und Shogo nickte nur, bevor er zu mir kam. „Mamoru fragte, ob es ok wäre wenn wir gehen würden. Willste noch bleiben? Sonst…“ „Ne schon gut. Ich glaub, ich muss ins Bett. Ist also eine prima Idee jetzt aufzubrechen.“ Kam es nur monoton von mir. „Bleib du ruhig noch. Und Shogo – Danke.“ Ich klopfte ihm auf die Schulter, lächelte meinen 'Freund' an und verabschiedete mich von May und den anderen kurz. „Mamoru?“ May stand hinter uns, als Mamoru sich gerade seine Jacke überzog. „Ja?“ „Wenn du magst, können wir ja in den nächsten Tagen mal einen Tee trinken. Mit Yosuke oder auch nur wir zwei. Wie du magst.“ Einen Augenblick lang überlegte Mamoru, aber Mays bittender Gesichtsausdruck schien ihn nicht kalt zu lassen. Er nickte nur und schaffte es sie kurz zu umarmen, bevor wir gingen. Kapitel 47: Step Forty-six… Awareness II ---------------------------------------- Das Paradies pflegt sich erst dann als Paradies zu erkennen zu geben, wenn wir daraus vertrieben wurden. Hermann Hesse Andrea Lenjier ~23:22 Uhr im Hause Lenjier~ „Ich finde es gut, dass Mamoru heute Abend ausgegangen ist. Das wird ihn auf andere Gedanken bringen und vielleicht amüsiert er sich ja sogar super.“ Ich saß im Bett, lehnte mich an das Kopfende und genoss meinen warmen Kamillentee, den mir Seijiro gerade gebracht hatte. „Hmm. Ja das wäre möglich.“ Besorgt sah ich meinen Mann an, seitdem er von dem Essen mit unserer Tochter und Enkelin zurück war wirkte er abwesend. „Alles in Ordnung?“ Seijiro sah zu mir und lächelte matt. „Ja alles in Ordnung.“ Dann schwieg er wieder, zog sich seinen Pyjama an und legte sich zu mir ins Bett. „Seijiro? Du weißt, wir sind schon Jahrzehnte verheiratete, ich weiß wenn dich etwas beschäftigt.“ Besorgt stellte ich die Teetasse beiseite und strich ihm durch die etwas gräulichen Haare. Seufzend sah er mich an. „Ich glaube, es ist eine ungute Idee Mamoru in der jetzigen Situation von seinen Eltern zu erzählen.“ Etwas verwundert sah ich meinen Mann an. „Aber wieso? Wir hatten uns doch darauf geeinigt, dass es wichtig ist, dass er es weiß. Er muss es wissen…“ „Andrea. Ich denke immer noch, dass du damit recht hast. Aber der Zeitpunkt ist sehr ungünstig. Mamoru ist immer noch nicht stabil, du siehst es doch selber, er hat gute und schlechte Tage. Nur weil heute ein guter Tag ist bedeutete das nicht, dass es so bleibt. Wir sollten damit warten bis er emotional gefestigter ist.“ Schweigend stand ich auf und ging einige Schritte durchs Schlafzimmer, dabei konnte ich besser nachdenken als wenn ich lag. „Andrea, ich bitte dich, sei vernünftig. Was könnten wir ihm auch schon erzählen. Wir kannten sie nicht so gut, dass wir ihm wirklich helfen können. Vergiss nicht, dass wir damals sehr schnell zurück nach Deutschland gegangen sind – auf deine Bitte hin.“ „Du wirst mir das nie verzeihen oder?“ enttäuscht sah ihn an, dass er das immer noch so betonte. Ja wir waren damals schnell nach Deutschland zurück gegangen, aber ich brauchte meine Eltern, ich brauchte meine Familie. „So meinte ich das nicht…“ traurig sah er mich an. „Ich weiß es Seijiro, ich weiß, dass wir damals wegen mir gegangen sind und ja, vielleicht war es egoistisch. Aber ich war jung, war zum zweiten Mal schwanger, in einem Land dessen Sprache ich noch nicht konnte, mit Schwiegereltern die mich hassten und einem Mann dem damals seine Arbeit wichtiger war als ich…“ Nun herrschte Stille in unserem Schlafzimmer. Seijiro sah mich an und schüttelte den Kopf. Es war lange her, dass wir uns gestritten hatten und noch länger war es her, dass es ein Streit war um dieses Thema. Wütend und enttäuscht sah ich ihn an. Ich sah wie er mich musterte und schließlich seine Hand nach mir ausstreckte, ohne etwas zusagen kam ich der Aufforderung nach, legte meine Hand in seine und ließ mich aufs Bett ziehen, direkt in seine Arme. „Es tut mir leid Andrea. Ich will nicht streiten. Ich wollte es damals nicht und heute auch nicht. Wir waren beide jung und hatten von Ehe und Familie verschiedene Auffassungen, aber ich denke, wir haben das alles gut hinbekommen oder nicht?“ Ich nickte nur. „Was ich meinte war, dass wir seine Eltern nur flüchtig kannten, ich seinen Vater von den Meetings und zwei Geschäftsessen und ja ich habe mich mit ihm unterhalten, aber er war sehr professionell und hat nur selten von seiner Frau oder seinem Sohn gesprochen…“ „Ich habe Noriko auch nur dreimal getroffen, das erste Mal im Fahrstuhl, da hat Massanorie Mamoru für ein Mädchen gehalten, das weiß ich noch, dann das zweite Mal als du uns vorgestellt hast und dann als wir zusammen mit unseren Jungen auf dem Spielplatz waren. Da hat Massanorie ihm seine alte rote Cappy geschenkt.“ Kurz dachte ich nach. „Zwei Tage später bin ich nach Deutschland zurück geflogen und nur drei Tage später bist du mir gefolgt… Ich weiß dass es nicht viel ist, aber ich weiß trotz dieser kurzen Begegnungen, dass sie ihn geliebt hat. Bedingungslos. Reicht das denn nicht schon aus um ihm zu zeigen, dass sie wundervolle Menschen waren. Wenn eine Mutter wie Noriko ihr Kind so ansieht wie sie Mamoru damals angesehen hat, dann liebt man sein Kind über alle Maßen. Und das sollte er wissen.“ Ich richtete mich auf. „Er muss wissen, dass wir sie kannten, sonst lügen wir ihn nur an und dann wird die Enttäuschung die er wegen uns verspürt nur immer größer werden….“ Mamoru Chiba Schwer atmend stand ich vor der Tür und hörte nur zu. In meinem Kopf drehte sich alles und ich hatte das Gefühl nun endgültig den Boden unter den Füßen zu verlieren. Als wir wiedergekommen waren, war mir aufgefallen, dass im Schlafzimmer der beiden noch Licht brannte. Also wollte ich höflicherweise nur Bescheid geben, dass wir wieder da waren, auch wenn Massanorie das für unnötig hielt, so gebot das einfach die Höflichkeit, aber dann hatte meine Hand innegehalten als ich klopfen wollte. Die Tür stand einen Spalt auf und ich hörte wie sie sich über meine Eltern unterhielten, wie sie sagten sie hätten sie gekannt, dass Massanorie und ich uns als Kinder schon begegnet waren, dass Andrea und meine Mutter mit uns zusammen auf einem Spielplatz war. In mir stürzte alles zusammen, das ganze Vertrauen was ich aufgebaut hatte verschwand innerhalb eines Sekundenbruchteils. Sie hatten mich belogen, sie hatten mich nur aufgenommen aus Schuldgefühlen heraus. Nicht um meiner Selbstwillen! „Mamoru?!“ Massanorie stand neben mir und musste das Ganze auch mitgehört haben und er hatte es sicherlich auch von Anfang an gewusst. Er log mich ebenfalls an, ebenso wie Andrea und Seijiro. Seine Hand legte sich auf meine Schulter, doch ich zuckte nur zusammen und schlug sie dann fort, bevor ich ihn wütend ansah und die Tür aufriss. „LÜGNER!“ entfuhr es mir nur. Andrea und Seijiro zuckten zusammen und starrten sich nur an. „LÜGNER! ALLES WAR NICHTS ALS LÜGE!“ schrie ich sie an, unfähig diesen Verrat zu verstehen. Ich hatte es gewusst, die Stimme in mir hatte mir gesagt, dass das hier auch nicht halten würde, dass auch diese Familie nur eine Lüge war die nicht ewig bestehen konnte. Und sie hatte recht, sie hatte immer recht. Nie hätte ich daran zweifeln sollen. „Mamoru?! Wie lange stehst du da schon?“ Andrea sprang auf und kam auf mich zu, doch ich wich ihrer Berührung aus und schlug ihre Hände weg. „Ihr habt mich angelogen. Ihr wusstet es von Anfang an, deswegen durfte ich bleiben, deswegen wart ihr nett zu mir.“ Kam es nur aufgebracht von mir. „Mamoru beruhige dich.“ Seijiro war nun ebenfalls aufgestanden. „Du hast mir gar nichts zu sagen.“ Kam es nur eisig von mir. „Mamoru.“ „Sei still. Du hast es auch gewusst. Hast du deswegen mit mir geflirtet? Hast du deswegen überhaupt erst eine Beziehung mit mir angefangen?“ Mit stiegen die Tränen in die Augen als ich Massanorie ansah und nicht mehr wusste ob er mich nun wirklich liebte. „Das hab ich nicht… ich kann mich daran nicht einmal mehr erinnern…“ „LÜGNER! Immer lügen mich alle an, ich bin es leid.“ „Mamoru, bitte hör uns zu. Wir wissen das erst seit kurzem. Wir wollten es dir sagen, aber wir hatten Angst, dass du denkst wir würden nur aus einem Schuldgefühl heraus…“ Andrea sah mich an, doch es war mir egal welche Ausrede sie mir auftischte. „NEIN! Ich will das nicht mehr hören, nicht noch mehr Lügen.“ Damit drehte ich mich um und wollte gehen. Massanories Hand griff nach meinem Unterarm, doch ich riss mich mit aller Kraft los und stieß ihn beiseite. Ich wollte nur noch weg von hier, weg von diesem falschen und schönen Traum einer Familie die mich liebte. Aber am Ende war dieser Traum nur das Ergebnis von Schuldgefühlen, nicht mehr. Es ging nie um mich. Ich hörte wie mir Massanorie folgte, aber ich schnappte mir meine Jacke und rannte nur, ich wollte weg von ihm, weg von all dem. Irgendwann blieb ich stehen, ich lehnte mich an eine Häuserwand, meine Lunge brannte und ich merkte wie mir schwarz vor Augen wurde. Ich versuchte langsam und tief zu atmen, aber ich brauchte einige Minuten um meine Lunge wieder mit Sauerstoff zu füllen. Mein Blick glitt hinter mich, doch er war nicht da. Ich musste ihn abgehängt haben. Das Klingeln meines Handys zeigte mir, dass er trotzdem nicht aufgab. Doch ich drückte ihn nur weg. Der Gedanke seine Stimme zu hören, die mich einlullte, die mir weitere Lügen erzählte machte mich wahnsinnig. Wieso ich? Wieso war mein Leben so? Hatte ich nicht schon alles gegeben? Hatte ich nicht schon jedes Opfer gebracht, was ein Mensch in einem Leben geben konnte? Ein erneutes Klingeln ließ mich zusammen zucken, ich sah auf das Display und sah den kleinen blinkenden Briefumschlag und den Namen darunter… Shogo. Ich überlegte kurz, öffnete sie dann aber doch. Shogo. Er wusste das alles nicht, er war keine Lüge. Doch da hatte ich die Nachricht schon geöffnet und überflogen. Von: Shogo An: Mamoru Urzeit: 23:48 Uhr Huhu Sweete. Na alles klar bei dir? Ich hoffe du bist gut zu Hause angekommen. War toll mit dir heute Abend. Ich mach mich noch auf den Weg ins Phoenix. Melde mich morgen. Cu xxx Vielleicht stimmte es ja und auch meine Freundschaften waren Lügen, aber in mir gab es immer noch dieses bisschen Hoffnung, dieser letzte Funken der mir sagte, dass Shogo keine Lüge war. Und nach Hause in meine Wohnung konnte ich nicht, Massanorie würde dort zu allererst auf mich warten und zu Andrea und Seijiro wollte ich nie wieder. Und wenn schon die ganze Welt gegen mich war, dann war es auch egal was ich machte. Am Ende war es jedem egal. Ohne groß darüber nachzudenken machte ich mich ebenfalls auf ins Phoenix. Ich hatte noch etwas Geld von heute Morgen in der Tasche, es würde reichen in den Club zu kommen, es würde reichen um mich zu betrinken, um einfach mein ganzes Leben im Alkohol zu ertränken. Shogo Kiseragi ~00:15 Uhr im Phoenix (Thekenbereich)~ Mays Party war gut, aber mir fehlte es etwas zu tanzen und auch ein paar nette Komplimente für mein Outfit zu bekommen. Zudem war ich etwas sauer auf Toya – einfach fünf Minuten vorher abzusagen, nur weil er was zu tun hat. Echt ätzend. Aber dafür gab es dann ja noch das Phoenix, tanzen und etwas flirten würden diesem Abend den passenden Abschluss verpassen. „Ich bekomm nen Bier.“ Schrie ich dem Barkeeper zu und sah zur Tanzfläche. Ich hielt mich viel lieber hier im Tanzbereich auf, als oben in der Lounge. Hier tobte das Leben und das passte einfach besser zu mir. Auch wenn es schon cool wäre, wenn Mamoru hier wäre. Ich glaubte ja, dass man mit ihm viel Spaß haben konnte. Ich nahm mein Bier in Empfang und als ich dem Barkeeper das Geld geben wollte, winkte dieser nur ab und deutete zu einem blonden Mann, der sein Glas hob und mich anlächelte. „Nett…“ entfuhr es nur leise und ich nickte dankend zurück. Flirten war immer noch die Beste Art um so einen Abend ohne Geldausgeben rum zu bekommen. Außerdem war der Mann nicht unansehnlich, auch wenn er Ausländer zu sein schien. Als ich wieder zu ihm sehen wollte, war er verschwunden, aber das war nichts Ungewöhnliches. Wahrscheinlich auch nur einer der einen One-Night-Stand suchte. Gut, dass ich für sowas nicht zu haben war. Ich tanzte und trank auf Kosten anderer ein paar Bier, als plötzlich mein Handy vibrierte. Ich fischte es aus meiner Hosentasche und öffnete die eingegangenen SMS. Von. Mamoru An: Shogo Uhrzeit: 01:08 Uhr Wo bist du im Phoenix? Etwas irritiert las ich die Nachricht mehrmals, bevor ich antwortete. Von: Shogo An: Mamoru Uhrzeit: 01:09 Uhr Wieso? Also an der Theke unten? Aber wieso fragste? Wo biste? Dann kam nicht mehr zurück und ich war wirklich verwundert, doch dann legten sich zwei Arme von hinten um mich. „Shogo…“ ich drehte mich um und sah Mamoru an, er wirkte aufgelöst und ich wusste irgendwas musste passiert sein. Sofort griff ich nach seiner Hand und zog ihn hinter mir her in eine ruhige Ecke des Clubs. „Was ist passiert?“ Und dann begann mir Mamoru zu erzählen was vorgefallen war. Ich zog die Luft scharf ein und musste das auch erst einmal verdauen. „Krasse Scheiße. Was soll das denn?“ Ich lehnte mich an die Wand und nahm einen kräftigen Schluck Bier, bevor ich Mamoru die Flasche hinhielt. „Ich weiß, du solltest in deinem Zust…“ Doch Mamoru hatte die Flasche schon genommen und leerte sie mit einem Zug. „Wow. Also mit dir trinken macht sicherlich Spaß!“ entfuhr es mir nur. „Sorry war unpassend… Hörzu, vielleicht solltest du doch erst einmal…“ „Nein. Ich werde mit keinen von denen Reden. Weder mit Andrea oder Seijiro oder Massanorie. Alle Lügen mich immer nur an.“ Er atmete einige Male tief ein und ich sah, dass er mit den Tränen kämpfte. Ich zog Mamoru in eine feste Umarmung. „Ok, lass es erst mal sacken.“ War alles was ich noch sagte. Nach einer Weile ließ ich ihn los und er schien sich wieder etwas zu beruhigen. „Alles gut?“ Irgendwie hatte ich erwartet, dass er einen Nervenzusammenbruch haben würde, aber er schien viel gefasster als erwartet. Mamoru nickte nur. „Ich – ich bin nur… ich weiß e nicht.“ Nickend sah ich ihn an. „Hörzu, du wartest hier und ich telefoniere mal eben mit Toya, du kannst heute bei mir schlafen und ich frag ihn ob er uns abholt, ok?“ Mamoru nickte nur und ich nahm mein Handy um kurz raus zu gehen und zu telefonieren. Das Toya davon alles andere als begeistert sein würde, konnte ich mir jetzt schon denken. Mamoru Chiba Mein Nervenzusammenbruch stand noch aus, in mir war nur noch Chaos und ich wusste nicht einmal ob ich Shogo vertrauen konnte. Aber ich wollte es versuchen, er war mein einziger Anker und ich konnte auch nicht zu Yosuke oder May. Auch wenn Shogo meinte ich sollte mich nicht vom Fleck bewegen, so setzte ich mich an einen freien Thekenplatz. Im Phoenix war es voll und heiß. Ich zog den Wollpullover aus und war dankbar dafür, dass ich noch ein Shirt darunter trug. „Was kann ich dir bringen?“ Ich sah auf und direkt dem Barkeeper in die Augen der mich anlächelte – war ja auch sein Job nett zu sein. „Ein Bier…“ kam es nur von mir, doch gerade als er sich umdrehen wollte, hielt ich ihm am Arm fest. „Vergiss das Bier. Ich bekomm ein Glas Whiskey.“ Ich sah wie er mich musterte und plötzlich wurde mir bewusst, dass das alle immer taten. Alle musterten mich, wenn ich nicht in ihr Muster passte. „Was ist?“ zischte ich nur, doch er hob nur abwehrend die Hände. „Alles klar, nicht aufregen.“ Damit verschwand er und stellte mir kurze Zeit später ein Glas auf die Theke. Ich kramte in meiner Hosentasche nach meinem restlichen Geld. „Alles gut. Lass stecken. Der mit den roten Strähnchen lädt dich ein.“ Ich sah auf und zu dem Mann der mich anscheinend eingeladen hatte. Er war so groß wie ich, hatte markante Gesichtszüge und rote Strähnchen in seinem fast weißen Haaren. Er lächelte mich an und kam zu mir rüber. „Hey. Ich hab dich hier noch nie gesehen?“ Er musste lauter sprechen, weil die Musik fast jedes Gespräch verschluckte. „Danke für den Drink.“ Kam es nur von mir. Ich wollte nicht reden, nur vergessen. „Also eher der Schweigsame Typ. Das mag ich…“ Ich spürte seine Hand auf meinem Unterarm, doch schon im nächsten Moment stand Shogo neben uns und zog die Hand meiner neuen Bekanntschaft zur Seite. „Na da lass ich dich mal fünf Minuten aus den Augen. Und für dich – er ist vergeben und sein Typ reist dir das Herz raus, wenn er das sehen sollte.“ „Wird er ja nicht…“ entfuhr es mir nur patzig, während ich das Glas leerte und spürte wie sich der Alkohol in mir ausbreitete. Die beiden wechselten noch einige Worte, bevor mich Shogo unsanft in den Arm kniff. „Ey.“ Entfuhr es mir nur. „Nicht 'Ey'! Was ist denn los mit dir?“ „Wieso? Ist doch egal. Du hast selbst gesagt ich sollte mal mit anderen Männern rummachen… vielleicht hast du ja recht. Massanorie ist ein Lügner, er liebt mich doch gar nicht, dass sind Schuldgefühle…“ „Jetzt reiß dich zusammen. Du kannst im Phoenix nicht einfach Typen aufreißen. So funktioniert das nicht, da musst du nur mal an den falschen geraten. Außerdem biste immer noch in einer Beziehung…“ „Das kann ich ja ändern, wenn das dein Problem ist.“ Wut und Resignation für mein Leben war alles was mir geblieben war. Also schnappte ich mir mein Handy und ließ in einer Nachricht all meine Verzweiflung aus. Von: Mamoru An: Massanorie Uhrzeit: 01:21 Uhr Es ist aus. Du bist das Letzte, immer nur Lügen mir gegenüber und damit du es weißt, ich kann fürs Ficken jemand anderen finden, die stehen bestimmt Schlange bei mir. Arschloch! Ich hielt Shogo die Nachricht hin und drückte, noch bevor er etwas sagen konnte, auf senden. „Biste Wahnsinnig?“ Shogo ranzte mich an und schüttelte den Kopf. „Echt jetzt…“ „Du verstehst das nicht!“ entfuhr es mir nur. „Doch das tu ich gerade, du bist gerade nur auf dich fixiert und darauf dich in Selbstmitleid zu suhlen. Wie auch heute Morgen. Immer nur du, haste mal überlegt was wäre wenn dir Massanorie die Wahrheit gesagt hat und er es nicht wusste? Haste dir mal überlegt, dass es doch cool ist wenn die beiden deine Eltern kannten? Oder ist dir nur einmal in den Kopf gekommen, dass du ne Familie bei Problemen nicht einfach auswechseln kannst. Da gehören Streitigkeiten dazu. Vielleicht liegt es ja auch an dir, du bist so stur und willst auch nicht einsehen, dass andere vielleicht recht haben und du nicht. Echt Mamoru, es gibt Menschen denen geht es schlimmer als dir. Echt jetzt! Hast du jemals um Massanorie gekämpft? Oder haste ihn das immer machen lassen?“ Shogo schüttelte nur den Kopf „Weißte was? Ich hau ab, mach was du willst. Vögel dich durch den ganzen Club und du kannst dich ja melden, wenn du von deinem Ego-Trip runter bist. Du benimmst dich manchmal schon wie ne kleine verwöhnte Prinzessin, weißte das? Hier, die kannste bestimmt gebrauchen!“ Damit drückte er mir etwas in die Hand, drehte sich um, verschwand in der Menge und ließ mich allein zurück. Ich sah hinunter und sah auf drei kleine eingeschweißte Kondome, die er mir in die Hand gedrückt hatte. Die Musik war laut und bis jetzt hatte ich meinen Platz an der Theke nicht verlassen. Mein Handy hatte ich ausgemacht und es vor lauter Wut in einen Mülleimer geworfen den ich neben dem Herrenklo gefunden hatte. Es war kurz vor halb drei und ich hatte noch immer das halbvolle Glas Whiskey vor mir stehen das ich zu Beginn ausgegeben bekomme hatte. In mir wechselte sich Wut mit Resignation und Selbstmitleid ab, dazu noch eine Prise Suizid-Gedanken und eine Messerspitze Depression und perfekt war mein Inneres schwarzes Loch, das mich nun wirklich aufsaugte. Ich wollte nicht mehr! Mein Blick glitt umher zu den Pärchen und Singles die hier überall standen und ich dachte daran, dass wenn Massanorie hier auftauchen würde, ich – ich mich freuen würde. Noch vor einigen Stunden war alles ok und ich wollte heute sogar versuchen wieder bei ihm zu schlafen, aber nun war wieder alles kaputt und wenn Shogo recht hatte, dann war ich der Auslöser dafür. In einer Familie zu leben, dass klang immer so himmlisch und einfach, aber es war so viel Arbeit und Regeln, ich konnte mit so etwas nicht umgehen. Ich musste mich immer nur an meine Regeln halten. Da war niemand der nachts auf mich wartete, da war niemand den es interessierte ob ich nach Hause kam. In der Zeit in der ich hier saß, hatten mich einige Männer angesprochen, aber ich hatte jeden vergraulen können – weil ich hier wirklich nur sitzen wollte. „Hier…“ Ich sah auf das Glas mit der bräunlichen Flüssig und zwei Eiswürfeln das vor mir stand. Der Barkeeper lächelte mich matt an. „Geht auf Kosten des Hauses. Ist Umeshuu. Ich hab schon lange niemanden mehr gesehen, der hier im Phoenix an der Theke sitzt und in sein Glas starrt.“ „Danke.“ kam es nur leise von mir. „Hat dein Freund, der vorhin dabei war Schluss gemacht?“ ich schüttelte den Kopf. „Nein. Er ist oder war ein Freund, kann sein, dass wir es nicht mehr sind. Aber ich hab in einem dummen Moment mit meinem Freund Schluss gemacht – war vielleicht besser für ihn.“ Entfuhr es mir nur, bevor ich den letzten Schluck Whiskey leerte, ihm das leere Glas hinschob und über den Rand des neuen Glases fuhr. „Ist es ok, wenn ich hier sitze und nichts bestelle, sonst…“ „Nein alles gut. Ist nur ungewohnt.“ Er zwinkerte mir zu und arbeitete weiter. „Na wen haben wir denn hier?“ Ich wollte gerade das Glas zum Mund führen, als ich aus den Augenwinkeln jemanden wahrnahm der mich ansprach. Und als ich merkte wer es war, fiel ich aus allen Wolken. Kapitel 48: Step Forty-seven… Awareness III ------------------------------------------- Wer auf den rechten Weg will, muß durchaus durch sich selbst hindurch. Wilhelm Busch Mamoru Chiba ~01:49 Phoenix~ Völlig fasungslos sah ich den Mann an, dem diese penetrante Stimme gehörte. „Steven!“ kam es nur erschrocken von mir. „Oh sag bloß wir haben uns das Du angeboten ohne dass ich es weiß? Aber wenn man den gleichen Mann fickt, dann darf man das schon, oder besser man lässt sich vom gleichen Mann ficken. Wir wollen ja korrekt bleiben? Wo ist er überhaupt, dein 'fester Freund'?“ Ich fixierte Steven und mir blieb jedes Wort im Halse stecken, im Gegensatz zu mir machte er einen Top Eindruck. Seine Haare waren gestylt und er trug eine enge schwarze Stoffhose und ein weißes Hemd wo er die Ärmel auf Ellenbogenlänge hochgekrempelt hatte. Ich dagegen trug eine Jeans und ein schlichtes schwarzes T-Shirt. In seinen Augen war ich keine Konkurrenz und er hatte recht, ich sah das genauso. Er bestellte einen Drink und stellte sich hinter mich, damit ich mich zu ihm umdrehen musste. Hinter ihm war die Tanzfläche, die ich am heutigen Abend das erste Mal wahrnahm. „Also? Wo ist er?“ Er klang amüsiert und ich war mir sicher, dass er wusste, dass er nicht hier war. „Wieso fragst du, wenn du die Antwort schon kennst.“ Er lachte auf und strich sich durch die blonden Haare. „Ja, hast ja Recht. Ich hab vorhin mit ihm geschrieben, er meinte nur er hätte keine Lust zum ausgehen.“ Er nahm einen Schluck aus seinem Glas und musterte mich abschätzend. „Aber sag mal, hast du überhaupt gewusst, dass ich wieder in der Stadt bin?“ „Ja hab ich.“ Log ich. Ich wollte ihm nicht das Gefühl geben, dass Massanorie mir Dinge verheimlichte, auch wenn er es nun offensichtlich getan hatte. „Du bist ein schlechter Lügner.“ Kam es nur süffisant von meinem Gegenüber. Mir war das zu doof, ich hatte nicht die Lust mich mit ihm zu streiten, sollte er doch zu Massanorie gehen, war mir egal! Ich drehte mich wieder um und widmete mich meinen dunklen kleinen Gedanken und der destruktiven Stimme in meinem Kopf. „Ah ich verstehe, du hast endlich eingesehen, dass Massanorie nicht in deiner Liga spielt. Besser so! Damit ersparst du dir eine Menge Kummer.“ Ich hasste seinen amerikanischen Akzent, ich hasste seine Art wie er mit mir sprach als wäre ich ein Kind. „Ich hab gewusst, dass Massanorie irgendwann langweilig wird mit dir. Du kannst ihm sowieso nichts bieten. Was will er auch schon mit so einem kleinen… wie nannte er dich mal 'liebevoll'... Streuner? Finde ich ja sehr aussagekräftig.“ „Du hast doch keine Ahnung.“ Spie ich ihm nur entgegen, als ich mich umdrehte. „Ui, sag bloß du denkst wirklich, dass er etwas für dich empfindet?“ Plötzlich verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck. „Ich sag dir mal was, du kleiner Streuner. Massanorie spielt immer nur, dem sind andere egal, er will nur seinen Spaß, etwas ficken und dann ist gut. Der hat garkeinen Bock sich auf so einen kleinen sentimentalen Burschen wie dich einzulassen. Außerdem schau dich an, du bist gar nicht sein Typ. Er steht eher auf Blond und muskulös, nicht auf …“ Sein Blick glitt an mir runter und rauf, bevor er mich abwertend ansah. „…sowas!“ „Du kennst ihn überhaupt nicht!“ entfuhr es mir nur. Es machte mich wütend, dass er so tat als würde er ihn kennen, als wäre Massanorie ein oberflächlicher Kerl dem es nur um Sex ging. Ich wusste es besser und er hatte kein Recht so über ihn zu reden. „Ach nein? Massanorie und ich hatten schon Sex, da warst du nicht einmal ein Gedanke in seinem Leben. Er und ich sind uns ähnlich, wir wissen beide was wir wollen, wie wir es bekommen und wir bekommen immer was wir wollen. Dein Massanorie ist nichts weiter als eine kleine Schlampe, der alles bumst was die Beine breit macht…“ Ich stand auf und ging einen Schritt auf ihn zu. „Nimm das zurück.“ Zischte ich nur. In diesem Moment hielt mich jemand am Arm fest, ich drehte mich ruckartig herum und sah Shogo an. „Komm wir gehen. Ich hab keine Ahnung was hier gerade abgeht, aber ich bin deine Stimme der Vernunft und ich sage wir gehen!“ Verdutzt sah ich ihn an und vergas Steven für einen Moment. „Shogo? Ich dachte du wolltest gehen, oder besser…“ Shogo strich sich durch die Haare und seufzte. „Ja ich war auch schon fast zu Hause und dann hab ich mir gedacht 'Shogo du bist doch Scheiße, da hockt dein bester Kumpel total depri im Phoenix und du haust ab'. Ich meine, wenn du was Dummes machst, dann werd ich mir das nie verzeihen.“ Er grinste und boxte mich auf die Schulter. „Und ich glaube genau davor bewahre ich dich gerade…“ „Na wen haben wir denn da. Dir hab ich vorhin doch ein Bier ausgegeben. Schade, dass es nicht geklappt hat mit der Anmache.“ Ich drehte mich zu Steven um, welcher Shogo anlächelte. „Ach ja. Ich erinnere mich. Sorry. Ich steh nicht so auf blond!“ kam es nur trocken von ihm. „Naja kein Problem. Ich treff mich später bestimmt noch mal mit Massanorie.“ „Lass deine Finger von ihm, er ist mit mir zusammen.“ Entfuhr es mir nun wütend. „Wirklich? Du denkst das immer noch? Hast du es denn immer noch nicht verstanden? Geht das in dein kleines Hirn nicht rein. Du. Bist. Nicht. Sein. Typ. Er ist kein Beziehungstyp. Er liebt nur sich und sein Geld. Für ihn ist das wichtiger als jede Zwischenmenschliche Beziehung und sobald ihm ein Typ anbietet ihn flachzulegen, wird er es tun. Er ist eben ein Arsch, aber ich steh auf solche Menschen.“ „Halt den Mund! Du weißt gar nichts von ihm. Wage es nicht so zu tun, als würdest du Massanorie kennen. Du weißt Garnichts über ihn. Er ist liebevoll und einfühlsam. Und er opfert sich für andere auf und er ist sehr wohl in der Lage eine Beziehung zu führen – besser als ich. Aber egal was passiert oder man sagt, er hält immer zu einem. Für ihn sind andere Menschen nicht nur Dollar oder Yen Scheine, ihm sind andere wichtig. Er hat Ideale und Werte, die du nie erreichen wirst. Also wage es nicht ihn so darzustellen, als wäre er wie du. Und mir ist sein Geld egal, selbst wenn er arm wäre und nichts besäße, würde ich ihn lieben.“ Niemals würde ich zulassen, dass er so über ihn redete, er hatte keine Ahnung von ihm. Er war hier der Egoist, der nur aufs Geld aus war. „Mamoru, komm lass ihn. Mach nichts Dummes.“ Shogo griff nach meiner Hand und wollte mich wegziehen, um uns herum war es still geworden und viele lauschten unserer hitzigen Diskussion oder besser Streit. Etwas Dummes machen? Ja, er hatte Recht ich wollte etwas Dummes machen, ich wollte ihm die Nase brechen und ihn verprügeln, weil er so über Massanorie redete. Aber ich war nicht Dumm, wenn ich eines gelernt hatte auf der Straße dann dass man nie zuerst zuschlug und dass man, wenn man zuschlug, immer traf. Das war der Grund warum ich bei Prügeleien immer gut weg kam. Steven fixierte mich. „Na, du solltest auf ihn hören. Geh mal lieber. Ich kümmere mich nachher um Massanorie. Was solltest du auch schon mit ihm anfangen. Außerdem hab ich bei Seijiro und Andrea viel eher ein Stein im Brett wenn die erfahren, dass ich ihren lieben Jungen auf den Weg der Vernunft gebracht habe und er sich nicht mehr mit einer Flasche wie dir abgibt…“ Nun reichte es mir, ja ich war wütend auf Andrea und Seijiro und enttäuscht, ebenso wie auf Massanorie. Aber niemand durfte so über sie reden. Scheiß auf Depression und Selbstmitleid. In den fast zwei Jahren auf der Straße hatte ich solche Probleme auch nicht, da hatte ich meine Frustration anders heraus gelassen. „Schlampe!“ Steven starrte mich an. „Was? Wie hast du mich genannt?“ „Bist du taub? Ich hab gesagt Schlampe. Du vögelst doch mit jedem der nicht bei drei auf den Bäumen ist. Massanorie holt sich bei dir nur die Krätze oder sonst was weg. Und wag es nie wieder so über ihn zu reden. Du hast keine Ahnung. Du bist nichts weiter als ein Geschwür das er nicht los wird. Und was seine Eltern angeht, das ist meine Familie und die ist nicht so dumm, dass sie sich einlullen lässt, von einem Idioten wie dir der nur mit seinem Schwanz denkt.“ „Mamoru!“ ich hörte Shogos Protest, doch Steven kam auf mich zu und stieß mich nach hinten an die Theke. „Wie redest du mit mir?“ Ich sah ihn nur an und lächelte. „Du bist der Idiot, immer der der anfängt hat Schuld und du hast angefangen mich zu provozieren, das können alle bezeugen…“ Steven musterte mich und ich bezweifelte, dass er mitbekam wie ich ausholte und ihm die Nase brach. Massanorie Lenjier ~02:59 Uhr Polizeirevier Shibuja~ Als mich Shogo angerufen hatte und mir mitteilte, dass Mamoru im Phoenix war, war ich unendlich erleichtert. Meine Eltern machten sich Vorwürfe und hatten mir versucht zu erklären warum sie seine Eltern kannten. Ich war stinksauer auf sie. Aber das hatte Zeit gehabt. Nachdem ich Shogos Anruf bekommen hatte war ich sofort zum Phoenix gefahren, egal ob ich vorher was getrunken hatte. Als ich den Club betreten hatte, hatte ich den Streit zwischen ihm und Steven sofort mitbekommen, war auch nicht schwer, sowas verbreitete sich immer wie ein Lauffeuer. Ich bekam nur ansatzweise mit, dass Steven mich und meine meist unzulänglichen Charaktereigenschaften beschrieb, aber auch, dass Mamoru das entkräftete und mich in Schutz nahm. In diesem Moment schmeichelte mir das, besonders wenn ich an die SMS dachte, die ich zuvor von ihm bekommen hatte. Als Steven dann jedoch meine Eltern mit hineinzog, riss auch mir der Geduldsfaden, aber gerade als ich die beiden Streithähne erreicht hatte, sah ich wie Steven Mamoru gegen die Theke stieß und dann sah ich dieses leichte Lächeln auf Mamorus Lippen, als hätte er genau darauf gewartet. Ich war nicht mal ansatzweise so schnell, wie ich sein wollte. Steven fiel mit Wucht nach hinten, hielt sich die blutende Nase fest und schrie kurz auf. Eigentlich sollte es damit gut gewesen sein, aber Steven schien mehr wegstecken zu können als ich dachte, die Prügelei dauerte dank dem Türsteher und mir nicht allzu lange, aber Steven hatte definitiv verloren. Mamoru hatte ihm mit nur einem Schlag die Nase gebrochen, eine Rippe geprellt und ein Veilchen verpasst. Den einzigen Treffer den Steven landen konnte, verschaffte Mamoru eine kleine Platzwunde an der Augenbraue. Irgendjemand hatte natürlich die Polizei gerufen, was dazu führte, dass ich nun neben Mamoru im Polizeirevier saß und wir auf meinen Vater warteten. Auch wenn Mamoru Volljährig war, so musste er wegen der Körperverletzung jemanden haben der die Kaution bezahlte. Steven hatte nämlich sofort Anzeige erstattet. Was Mamoru bis jetzt sehr cool wegsteckte. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er niemanden angerufen und da ich kein Bargeld mithatte und weder einen Ausweis vorlegen konnte, musste ich eben meinen Vater anrufen. Seine Begeisterung am Telefon hielt sich gelinde gesagt sehr in Grenzen. Mein Blick fiel auf Mamorus Handgelenk, an welcher er eine Handschelle trug welche wiederum an der Bank befestig war. Mich hätte das Wahnsinnig gemacht, aber er schien damit kein Problem zu haben. Sein Blick war immer noch auf Steven fixiert, der nur einige Meter weiter einer Polizistin den Vorgang beschrieb. Wenn Blicke töten könnten wäre Steven unter Qualen zu Boden gesackt und dahin vegetiert. Seine Nase war fixiert und sein Auge schwoll mit jeder Minute mehr an. Ich musste mir ein Lachen bei diesem Anblick schon verkneifen, insbesondere weil ich etwas stolz war das mein Freund meine Ehre verteidigt hatte. Shogo hatte ebenso wie einige andere aus dem Club schon eine Aussage gemacht zu den Geschehnissen. Als Shogo angeboten hatte zu bleiben hatte ich abgelehnt, ich hielt es für besser, dass mein Vater ihn nicht hier sah. Sonst würde er diese Sache nur darauf zurück führen, dass seine Freunde einen schlechten Einfluss auf ihn hätten. „Sag mal…“ ich wollte gerade eine Unterhaltung anfangen, als ein älterer Polizist auf uns zukam. „Chiba Mamoru?“ Mamoru rümpfte kurz die Nase und sah dann auf. „Warum überrascht es mich nicht, dich hier wieder zu sehen?“ Mamoru musterte den Polizisten und zuckte schließlich mit den Schultern. „Keine Ahnung Herr Jorigawa. Karma denke ich mal.“ Etwas verwundert sah ich Mamoru an, wieso kannte er diesen Polizisten und anscheinend beruhte das ja auch auf Gegenseitigkeit. „Das letzte Mal hast du hier mit 16 gesessen, ich dachte wir hätten uns damals darauf geeinigt, dass ich dich hier nicht mehr sehen will.“ „Damals ist a) lange her und b) hab ich nichts gemacht. Er da hinten hat angefangen und dann ist er sehr unglücklich gefallen. Sowas passiert!“ Mamorus Antwort war vollkommen trocken und ernst. „Gefallen? Worauf? Auf deine Faust zufälligerweise?“ „Ja, manchmal passieren schon komische Dinge.“ Mamoru setzte ein unschuldiges Lächeln auf und der Polizist mit dem Namen Jorigawa seufzte nur, schüttelte den Kopf und verschwand wieder hinter einen der Schreibtische. „Du bist hier bekannt?“ etwas schockiert sah ich ihn an. Seufzend drehte Mamoru seinen Kopf zu mir und musterte mich. „Ernsthaft?“ Seine Stimme war ernst, hatte aber einen sarkastischen Unterton. „Was denkst du wohl, wie man mit 13 auf der Straße Geld verdient, sicherlich nicht mit dem Waschen von kleinen plüschigen Katzenbabys oder dem über die Straße helfen alter Damen.“ Er schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück. „Wenn du also der Meinung bist, dass Steven recht hat und ich nicht in dein perfektes Leben passe, dann solltest du…“ „Baka.“ Entfuhr es mir nur bevor ich seinen Kopf zu mir zog und ihn küsste. Ich küsste meinen Freund auf einem Polizeirevier, wo er mit Handschellen gefesselt war, weil er meine Ehre in einem Schwulen Club verteidigt hatte – das war irgendwie sexy! Mein Vater kam kurz darauf, bezahlte schweigend die Kaution und hörte sich zusammen mit meiner Mutter, mir und Mamoru an was jetzt passieren würde. Mamoru schien das schon zu kennen, er ignorierte es nämlich gekonnt in dem er auf mein Handy starrte, seines hatte er mal wieder 'verloren' und eine Nachricht tippte. Als mein Vater das bemerkte rastete er auf dem Revier fast aus, packte Mamoru im Nacken und hielt ihm vor dem gesamten Revier eine Standpauke über Verantwortung und Erwachsen werden und dass man der Polizei Respekt gegenüber brachte. Mamoru schien diese Standpauke viel mehr auszumachen als die des Polizisten, ohne ein Widerwort hörte er sich das Gesagte an, nickte fleißig und lief neben meinem Vater her als dieser Mamoru mitteilte, dass er sich bloß nicht einbilden müsste, dass das hier keine Konsequenzen haben würde und er sollte sich schon einmal darauf gefasst machen, dass Sozialstunden das kleinste Übel wären von den Dingen die ihn noch erwarteten. ~3:42 Uhr im Hause Lenjier~ „Bist du des Wahnsinns? Was hast du dir dabei gedacht? Ich habe dich für einen verantwortungsvollen Mann gehalten und nicht für jemanden der sich in einem Club prügelt. Ich fasse es nicht. Da ruft mich Massanorie an und meint ich müsste dich auf dem Revier in Shibuja abholen und die Kaution stellen, weil du Steven Colemann verprügelt hast. Und dann komm ich dahin und anstatt, dass du Reue zeigst bist du auch noch so respektlos und ignorierst den Ernst der Situation und zeigst keinen Respekt vor der Polizei.“ Mein Vater machte eine kurze Atempause, meine Mutter stand neben ihm und sah Mamoru an. Was in ihr vorging konnte ich mir gerade nicht denken. So einen Ausdruck kannte ich bei ihr nicht. Leise seufzend ließ ich mich auf der Couch im Arbeitszimmer meines Vaters nieder und sah wieder zu Mamoru, der noch immer unbeeindruckt in dem Sessel vor dem Schreibtisch meines Vaters saß und mir kurz zulächelte. „Findest du das witzig?“ Mein Vater hatte mein Lächeln gesehen und schien nicht gerade in der Stimmung, das verliebte Geturtel seines Sohnes hinzunehmen, nicht in so einer Situation. „Nein, aber vielleicht könntest du Mamoru mal zu Wort kommen lassen. Ich hab es ja im Club nur ansatzweise mitbekommen, aber ich denke er hatte einen guten Grund ihm die Nase zu brechen.“ „Ach einen guten Grund? Es gibt also einen guten Grund für sowas?“ Mein Vater war nur noch wütend. „Bitte Mamoru, lass uns an diesem Grund teilhaben, damit ich verstehe welcher Grund es rechtfertig einem anderen Menschen die Nase zu brechen.“ Er lehnte sich zurück und sah kopfschüttelnd zu meiner Mutter hoch. Sie klopfte ihm nur sanft auf die Schulter. „Er hat Massanorie eine Schlampe genannt – ich fand das ausreichend als Grund.“ War alles was von Mamoru kam, todernst und völlig davon überzeugt, dass er im Recht war. Jetzt herrschte Stille im Büro meines Vaters. Mamoru und mein Vater sahen sich einfach nur an und ich fragte mich, ob das eines dieser Machtspiele war die man als Teenager mal ausprobiert haben musste – hatte ich nie, war mir zu doof. Aber Mamoru schien nicht ganz so schlecht darin zu sein. Meine Mutter war die Erste, die die Stille durchbrach. „Wieso hat er das denn bitte?“ Ihre Stimme klang ruhig aber bestimmt. Mamoru sah noch immer meinen Vater an, zuckte dann aber mit den Schultern und warf aus den Augenwinkeln heraus einen Blick zu mir. Ich wusste sehr wohl warum, weil Steven ihn gereizt hatte damit, weil er darauf beharrte, dass dieses Malheur mit ihm etwas zu bedeuten hatte und er Mamoru demütigen wollte in dem er mich so darstellte wie er mich kannte. Aber Mamoru schwieg, er schien meinen Fehltritt nicht erläutern zu wollen und eben das musste er, wenn er die Situation erklären wollte. „Weil ich mit Steven geschlafen habe, als ich schon mit Mamoru zusammen war. Deswegen hat er mich so genannt. Er wollte Mamoru beweisen, dass ich ein schlechter Mensch bin damit dieser einsieht, dass er nicht gut genug für mich ist, aber ich eben auch nur jemand bin der nicht für eine ernste Beziehung geeignet ist. Also hat er mich die ganze Zeit schlecht gemacht vor Mamoru und er hat ihn auch beleidigt. Steven hofft nämlich, dass er mich immer noch zurück bekommt, obwohl er mich nie hatte. Und als er dann zu weit ging, hat Mamoru die Ehre seines Freundes verteidigt. So wie Prinzen ihre Prinzessinnen nun mal eben verteidigen.“ Ich lächelte Mamoru geschmeichelt an und freute mich gerade einen Keks. Mamoru lachte leise bei meiner letzten Bemerkung und schmunzelte etwas. „Großartig, dass ihr beide das als romantische Phrase seht. Das ist es aber nicht.“ Mein Vater schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. „Das hier ist bitterer Ernst, mit einer Vorstrafe wegen Körperverletzung kannst du dein Studium nicht mehr fortsetzen…“ „Will ich sowieso nicht.“ Kam es nur trocken von meinem Freund. „Außerdem gibt es nur dann eine Vorstrafe, wenn bei der Untersuchung rauskommt, dass ich diese Mutwillig ausgeführt habe. Aber es gibt im Club genug Zeugen die aussagen werden, dass er mich provoziert hat und er hat mich zuerst angegangen. Also hab ich mich nur verteidigt. Das gibt im schlimmsten Fall eine Geldstrafe und Sozialstunden. Deswegen schlägt man ja nie zuerst zu!“ Mein Vater kochte vor Wut. „Na großartig, du hast also schon Erfahrungen in diesem Bereich." „Ja hab ich!“ Mamoru verlor anscheinend auch jegliche Geduld. „Was denkt ihr eigentlich alle? Dass ich in einem kleinen Blumengarten, mit Kuschelenten und Häschen, groß geworden bin? Ich hab zwei Jahre auf der Straße gelebt, ich hab geklaut und ich hab mich nicht nur einmal geprügelt und noch schlimmeres. Als wenn man mich dann noch nie verhaftet hätte. Ich hab auch schon einen Polizeiwagen kurz geschlossen. Das ist die Realität. Ich bin eines dieser Kinder die durchs System rutschen und am Ende fragen sich alle 'Wie kann das nur sein'. Ja scheiße weiß ich nicht. Ist so. Kann ich jetzt endlich gehen oder wollen wir auch thematisieren warum ihr mich anlügt wegen meiner Eltern.“ Mamoru stand auf und sah von meiner Mutter zu meinen Vater, doch beide sagten nichts mehr. Meine Mutter schien diese kleine Anekdote aus Mamorus Leben zu bewegen, sie sah meinen Vater an und drückte seine Schulter sachte. „Lass es gut sein Seijiro. Es ist spät und ändern können wir nichts mehr.“ Mein Vater musterte Mamoru, schien aber eigentlich noch lange nicht fertig zu sein, doch dann winkte er ab. „Ja ist gut.“ „Danke schön! Dann kann ich ja endlich gehen…“ „Mamoru?“ Meine Mutter ging zu Mamoru und lächelte ihn müde an. „Du bleibst doch? Es ist spät und…“ Mamoru zögerte, er musterte sie und warf dann einen Blick auf die Standuhr die leise vor sich hin tickte. Er wollte nicht mehr unter diesem Dach sein, das wusste ich. Er war noch immer wütend auf meine Eltern und auf mich… obwohl ich glaubte, dass wir das schon bereinigt hatten. „Bleibst du hier?“ verdutzt sah ich auf und sah Mamoru an, welcher mich ansah. „Ähm, ich denke schon. Ich sollte nicht mehr Auto fahren und mein Glück strapazieren.“ „Hmm. Ich geh schlafen.“ Mehr kam nicht, als er das Büro meines Vaters verließ und ich kurze Zeit später die Zimmertür ins Schloss fallen hörte. Meine Eltern sahen sich an und seufzten leise. „Was ist denn plötzlich in ihn gefahren?“ Mein Vater rieb sich die Schläfen und ließ sich in den Bürostuhl sinken. „Ich weiß es nicht…“ meine Mutter setzte sich auf den Platz wo vorher Mamoru saß und stütze ihren Kopf auf ihrer Hand ab. „Naja. Ihr habt ihn angelogen und dadurch sein Vertrauen in euch kaputt gemacht. Außerdem ist glaub ich, das was er gerade zeigt, naja ich würde sagen es entspricht eher seiner Natur als immer nett und höflich zu sein. Das ist er eben auch, manchmal ist er eben ein sturer Kerl der bockig und trotzig ist. Aber ich muss zugeben ich mag diese Seite.“ Ich grinste und stand auf. „Ihr solltet euch überlegen, wie ihr versucht sein Vertrauen zurück zu bekommen. Und ich glaube auch, dass es wichtig ist ihm Verständnis entgegen zu bringen, wenn es darum geht wie er auf der Straße gelebt hat. Er hat recht, es ist albern zu denken, dass er niemals etwas Dummes gemacht hat. Ich weiß nur, dass Steven nicht nur über mich hergezogen ist, sondern auch gemeint hat ihr würdet Mamoru als Flasche ansehen und ihr wärt froh, wenn er ihn euch vom Halse schafft. Also hat er, auch wenn er gerade wütend auf euch ist, auch euch verteidigt. Das solltet ihr euch mal durch den Kopf gehen lassen. Ihr habt selber gesagt, mit Mamoru ist es etwas schwieriger als mit mir oder Julchen. Oh und… ich würde die Story wie wir zusammen gespielt haben auch gerne mal hören.“ Ich küsste meine Mutter auf den Kopf und klopfte meinem Vater auf die Schulter, bevor ich in mein Zimmer ging. Kapitel 49: Step Forty-eight… Forgiven -------------------------------------- Es schadet nichts, wenn einem Unrecht geschieht. Man muß es nur vergessen können. Konfuzius Massanorie Lenjier Unschlüssig stand ich vor der verschlossenen Tür und klopfte erneut. Mamoru schien mein Klopfen zu ignorieren, aber ich wollte wenigstens sagen, dass ich beeindruckt war, dass er sich für mich geprügelt hatte und ja, ich wollte mich entschuldigen. Auch wenn ich nichts falsch gemacht hatte, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es angebracht war auch wenn ich nicht wusste, dass meine Eltern seine kannten. Auch auf das zweite Klopfen kam keine Reaktion. Also drückte ich die Türklinke einfach hinunter und warf einen Blick ins Zimmer. Mamoru saß auf dem Bett und hatte mein Handy in der Hand. „Ach da ist es abgeblieben.“ Murmelte ich nur und schüttelte den Kopf. Mamoru aber bemerkte nicht wie ich eintrat und die Tür hinter mir schloss. Erst auf den zweiten Blick nahm ich wahr, dass er Ohrstöpsel trug und ein CD-Player vor ihm lag. Mit einer Handbewegung landete das Handy auf dem Kopfkissen, bevor er aufstand und mich endlich bemerkte. Er zog einen der Ohrstöpsel heraus und musterte mich. „Ich hab geklopft…“ kam es nur lächelnd von mir. Doch sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Er zuckte nur kurz mit den Schultern und setzte den Stöpsel wieder ins Ohr. Das war mal eine klare Aussage. Anscheinend legte er keinen Wert auf eine Unterhaltung mit mir. Seufzend lehnte ich mich gegen die geschlossene Tür und beobachtete Mamoru, welcher einfach so tat als wäre ich Luft. Für einen kurzen Moment dachte ich er würde doch ein Gespräch mit mir führen wollen, aber er schaltete den CD-Player nur aus um sich das T-Shirt auszuziehen und besah sich die kleine Platzwunde über der Augenbraue. Mein Blick glitt über seinen Oberkörper. Noch immer war Mamoru etwas zu dünn, aber es war besser als wie zu beginn. Deswegen beschwerte ich mich mal nicht. Ich konnte sehen wie sich seine Armmuskeln etwas anspannten als er über die kleine Wunde strich. War es unmoralisch, dass ich gerade spitz war? Wahrscheinlich schon, wenn man rückblickend auf die letzten Wochen sah. Aber ich war eben nur ein Mann, was sollte ich schon tun. Schweigend beobachtete ich ihn, bevor ich langsam auf ihn zuging, mich hinter ihn stellte und obwohl ich wusste, dass es eine schlechte Idee war, ließ ich meine Fingerkuppen über seine Wirbelsäule gleiten. Mamoru zuckte zusammen und suchte meinen Blick im Spiegel. Wir sahen uns nur an und schienen beide nicht zu wissen was der andere gerade wollte oder dachte. Schweigend und seinem Blick standhaltend ließ ich meine Finger sanft über seinen Rücken gleiten. Ich konnte aus den Augenwinkeln die leichte Gänsehaut wahrnehmen die sich in seinem Nacken bildete. Ich zögerte und hoffte, dass er mich nicht umbringen würde wenn ich einfach mal mein Glück versuchte. Noch immer fixierte sein Blick mich und ich hielt ihm stand, während meine Lippen sich langsam auf sein Schulterblatt legten. Der Geschmack seiner Haut elektrisierte mich und er tat nichts! „Darf ich?“ flüsterte ich und meine Hände wanderten langsam nach vorne. Eigentlich sollte ich mit ihm reden und Sachen aussprechen die zwischen uns standen. Aber gerade wollte ich ihn nur spüren, ihn lieben. Eine plötzliche Handbewegung ließ mich zusammen zucken. Doch anstatt, dass er mir eine knallte, legte sich sein Arm von hinten um meinen Nacken und er zog mich zu sich und noch bevor ich etwas sagen konnte, lagen seine Lippen schon auf den meinen. Seine Lippen schmeckten wahnsinnig gut, noch immer konnte ich den leichten Geschmack von Alkohol wahrnehmen, wobei ich mir nicht sicher war ob dieser nicht auch von mir stammte. Seine Zunge strich über meine Zähne, tippte gegen sie und bat um Einlass. Nur zu gerne kam ich dieser wortlosen Bitte nach und öffnete meinen Mund für ihn. Mein Verstand schaltete sich aus. Mit einer kraftvollen Handbewegung zog ich ihn an mich und umfasste mit meinen Händen seinen Hintern. Darauf hatte ich viel zu lange verzichten müssen, seine Bereitwilligkeit für diese Zärtlichkeiten brachte mich wirklich um den Verstand. Meine Hände wandern nach oben und glitten über seinen Oberkörper, sofort spannte er seine Muskeln unter meiner Berührung an. Ich grinste etwas, als ich mich von seinen Lippen löste und ihn musterte. Mamoru setzte ein leichtes Grinsen auf und fuhr mir durch die Haare. Langsam beugte ich mich nach unten und leckte über seinen Oberkörper und saugte an seinen Brustwarzen. Es entlockte ihm ein Ächzen und er wölbte sich mir entgegen. Schmunzelnd machte ich weiter. Meine Hand glitt über seinen Bauch, öffnete die Knöpfe seiner Hose und suchte sich einen Weg in seine Pants. Meine Finger umfassten schließlich seinen Penis. Ohne sie zu bewegen hielt ich ihn fest, während ich meine Zunge um seinen Nippel kreisen ließ. Seine Lenden ruckten gegen meine Hand. Als ich ihn ansah, schaute er erhitzt zurück. Er grinste nicht mehr. Seine Unterlippe hatte er zwischen die Zähne gesaugt und er atmete hastig. Seine Stimme hatte wieder diesen erotischen rauen Ton angenommen, mit dem er mir den Verstand raubte. Sein Blick war fordernd und einen Moment lang war ich geneigt, ihn zu ärgern und mir noch mehr Zeit mit seiner Brustwarze zu lassen. Doch dann sank ich zwischen seine Beine und ließ meine Zunge an seinem Schwanz auf und ab gleiten. Mamorus Finger glitten sofort in meine Haare und er begann seine Hüfte nach vorne zu bewegen. Ich konnte nicht mehr, ich wollte ihn – jetzt! Frustriert schnaubend stand ich auf, schnappte mir Mamorus Handgelenk und schubste ihn aufs Bett. Er fing sich auf der Matratze auf und sah mich schwer atmend an. Ohne dass ich etwas sagte streifte er sich Jeans und Pants von den Beinen. So lange – es war so lange her, dass ich ihn nackt gesehen hatte und noch länger, dass er sich für mich auszog. Lauernd musterte ich ihn, als er meinen Blick mit seinem einfing und seine Hände begannen sich selbst zu streicheln. Das.War.Wahnsinn! Wie versteinert sah ich ihm zu, wie seine Finger über seinen Bauch zu seinen Oberschenkeln glitten und schließlich damit begannen seine Erektion zu streicheln. Wenn ich das hier träumte, dann wollte ich wirklich nicht aufwachen! Da ich alles Blut an anderer Stelle brauchte, streifte ich mir schnell mein Hemd ab und die Hose, bevor ich mich zwischen seinen Beinen niederließ. Wieder legten sich meine Lippen um seinen Schwanz. „Oh Gott… ja bitte…“ keuchte er verlangend. Davon angespornt, saugte ich ihn tiefer in mich. Dabei glitten meine Hände über seine Schenkel und spreizten sie etwas. Aber ich wollte ihn etwas quälen, wollte dass er nicht mehr ohne mich konnte, also ließ ich ihn wieder aus meinen Mund gleiten und leckte über die Unterseite seines Schafts. Mamorus Körper bebte; bereitwillig ließ er zu, dass ich eines seiner Beine hoch drücke, er stöhnte leise auf und mir wurde bewusst wie empfindlich er war. schoss es mir durch den Kopf und ich empfand eine gewisse Genugtuung deswegen. Mir gefiel, wie empfindsam er auf meine Zunge reagierte, also ließ ich sie tiefer gleiten und kitzelte mit ihr seinen zuckenden Anus und erhielt ein sexy Stöhnen als Belohnung. Wie ein Blitz fuhr mir dieses Stöhnen in den Unterleib, inzwischen war ich selbst sehr hart, ohne dass ich mich dort unten berührt hatte. „Heute bin ich mal egoistisch!“ wisperte ich nur, bevor ich mich aufrichtete und ihn an den Kniekehlen etwas tiefer zu mir zog. Mamoru nickte nur. „Dreh dich um!“ kam es mit rauer Stimme von mir. Er begriff sofort, was ich vorhatte und kam meinem Wunsch mit einem begeisterten Raunen nach, sodass ich hinter ihm knien konnte. Ich befeuchtete einen meiner Finger und ließ ihn langsam in ihn gleiten und entlockte ihm damit ein tiefes Stöhnen. Mein Finger in ihm reizte zielgerichtet seine Prostata, während meine andere Hand sanft seine Hoden massiert. „Massanorie!“ Seine Stimme klang flehend, er drückte sein Gesicht ins Kissen um ein tiefes Stöhnen zu unterdrücken. Auch ich versuchte meine Stimme im Zaum zu halten. Schließlich waren wir immer noch im Haus meiner Eltern. Am liebsten wäre ich sofort hart in ihn gestoßen, aber dann wurde mir wieder bewusst, dass ich ein Kondom brauchte. Jetzt gerade hasste ich mich für mein rumgehure und das ich deswegen auf das Gefühl verzichten musste Mamoru ohne Kondom zu ficken. Schnell zog ich meine Hände zurück und beugte mich zu einer der Schublade hinunter und kramte nach einem Kondom. „Verdammt.“ Zischte ich nur und stellte fest, dass ich hier keine hatte. Ich bezweifelte auch, dass sich in meiner Kommode welche befanden. Resignierend fuhr ich mir durch die Haare. Ein leises Lachen drang zu mir. Mein Blick glitt zu Mamoru, er lag nun auf der Matratze und sah mich an. In seinen Augen lag ein gewisser Schalk und er war einfach nur frech. „Steven hat nicht ganz unrecht – ein bisschen eine Schlampe biste schon.“ Völlig entsetzt sah ich ihn an, aber dann wurde mir bewusst, dass er nicht ganz unrecht hatte. Außerdem hatte ich den Spott in seiner Stimme schon raus gehört. „Hmm…“ kam es nur von mir und ich ließ mich auf der Matratze nieder und seufzte. „Scheiße.“ Mamorus Hände legten sich auf meine Oberschenkel und er setzte sich neben mich und küsste meinen Hals. „Entschuldige. Das war dumm von mir.“ Er klang wirklich reumütig und küsste mich auf die Wange. „Nein. Ist ja richtig. Steven hat ja die Wahrheit gesagt… auch wenn sie nicht schön ist.“ „Wie lange hast du denn im Club schon gestanden und zugehört?“ Ich lachte leise. „Lange.“ Mamoru Chiba Ich hatte uns die Stimmung versaut, was in Anbetracht der Tatsache, dass er sowieso kein Kondom fand nicht so schlimm war. Nach einer Weile der Stille hatte er sich ins Bett gelegt, die Decke hochgezogen und sich eine Zigarette angezündet. Nun lag er hier, starrte etwas betrübt vor sich hin und ich hatte mir einen Platz auf ihm gesucht. Meine Arme lagen verschränkt auf seinem Brustkorb und ich sah auf den Wecker neben uns auf dem Nachttisch. Die Sonne würde bestimmt bald aufgehen, aber Müdigkeit war gerade keine Option. „Du hast Steven wegen mir die Nase gebrochen.“ Ich zuckte mit den Schultern und gähnte leicht. „Ja kann sein.“ „Auch wenn meine Eltern anderer Meinung sind, aber ich finde das romantisch!“ Leise lachend über seine Definition von romantisch drehte ich meinen Kopf zu ihm. „Ach. Das ist also Romantik für dich? Na dann, kann ich ja sein Auto noch anzünden um dir zu zeigen wie gern ich dich habe.“ „Wäre das dann ein Liebesbeweis?“ nun wurde ich doch etwas verlegen. „Ähm… also.“ Mir wurde bewusst, dass er es gehört hatte und das war mir schon peinlich. Auch wenn ich eigentlich ein totaler Idiot war, aber Gefühle zeigen war nicht unbedingt mein Ding. Auch wenn es hier um Massanorie ging. Und dass ich wirklich in ihn verliebt war, war keine Frage mehr oder etwas was mich verunsicherte. Das war mir im Club und auch im Polizeirevier bewusst geworden. Und das er mich lieben konnte, einen Menschen der schon so viele Fehler gemacht hatte, der sein eigenes Unglück immer in den Mittelpunkt stellte und alles andere war als ein Prinz, das machte mich glücklich und ich fand es gleichzeitig so unglaublich. „Schon gut. Du musst es nicht sagen. Du bist bei mir, dass reicht schon.“ Kam es nur lächelnd von ihm, während er mit der einen Hand seine Zigarette fest hielt und mit der anderen über meinen Rücken strich. Schweigend sah ich ihn an. „Denkst du auch, dass ich nie wirklich um dich gekämpft habe... und ich mich eigentlich freuen sollte, dass sie meine Eltern kannten. Weil ich dann wenigstens irgendetwas über meine Vergangenheit erfahren könnte.“ Seufzend sah ich ihn an. „Plötzlich so sentimental? Vorhin warst du noch so bockig und stur.“ Ich konnte es sehen, die Besorgnis in seinem Blick. „Shogo meinte das. Und auch das er das Gefühl hat, dass ich gar nicht glücklich sein will. Da wollte ich nur nachfragen wie du das siehst.“ Leichte Kopfschmerzen machten sich breit und ich rieb mir kurz über die Schläfen. „Alles gut?“ Ich nickte und zog die Decke etwas höher. „Ja. War nur ein langer und "Aufregender" Tag.“ Kam es spöttisch von mir. Einen Momentlang schwieg er, doch dann zupfte er an einer meiner Haarsträhnen herum. Ich hob meinen Blick und sah zu wie er einen letzten Zug seiner Zigarette nahm und sie dann, mangels eines Aschenbechers, in der leeren Schachtel ausdrückte. Er beobachtete den Stummel einen Augenblick, bevor er wohl sicher war, dass er das Haus nicht abfackeln würde und wandte sich mir zu. „Ja ich geb ihm etwas recht.“ Kam es ernst von ihm. „Aber ich habe nicht das Recht das zu beurteilen. Das kann ich auch nicht. Und es ist mir egal. Es steht zwei zu eins für mich und nur das ist wichtig.“ Fragend richtete ich mich auf. „Zwei zu eins?“ Lachend zog er mich nah an sein Gesicht. „Ja. Du hast mir erzählt, dass Bunny und du euch im Krankenhaus als du sechs warst das erste Mal begegnet seist. Aber ich habe dich schon zwei Mal getroffen bevor wir uns wiedertrafen als Erwachsene. Also…“ er zog mein Gesicht nah an seins und zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass er es schaffte mein Herz zum Rasen zu bringen. „… hab ich gewonnen. Du und ich, wir kennen uns schon länger nach Aussage meiner Mutter und das ist Schicksal. Ich hab ein viel größeres Anrecht auf dich als Bunny.“ Seine Stimme war nur noch ein wispern bevor er mich küsste und ich wirklich beeindruckt war von seiner Art Dinge immer für ihn positiv auszulegen. Nur zu gerne erwiderte ich den Kuss und selbst der Geschmack seiner Zigarette war etwas was ich vermisst hatte. Plötzlich zuckte ich zurück und fluchte leise. „Shit.“ „Hmm?“ Etwas entsetzt sah mich Massanorie an. „Oh. Entschuldige. Mir fiel nur ein, dass ich in meiner Hosentasche noch ein paar Kondome habe…“ „Wieso?“ kam es nur skeptisch von ihm. Da wurde mir bewusst, dass ich vor einigen Stunden ja per SMS Schluss gemacht hatte. Seufzend strich ich mir durch die Haare und setzte mich auf. Etwas Schuldbewusst sah ich ihn an. „Naja, ich hab dir doch diese SMS geschickt. Und Shogo war sauer und ist abgehauen, aber er hat mir einige Kondome in die Hand gedrückt, damit ich, naja… mich durch den Club ficken lassen kann… um es einmal so zu sagen…“ Einen Moment sah er mich nur an, dann zuckte er mit den Schultern, griff nach meiner Hand, zog mich an seine Seite und löschte das Licht. „Keine Ahnung wovon du redest. Ich hab keine SMS bekommen. Und gerade ist mir kuscheln und schlafen lieber, als dass du wieder aufstehst und nach den Dingern suchst.“ Er küsste mich erneut auf die Lippen und legte seinen Arm um mich. „Es ist schon spät oder früh, wie du willst. Und ich glaube wir brauchen beide eine Runde Schlaf.“ Kam es nuschelnd von ihm und nur wenige Augenblicke später hörte ich seine regelmäßigen Atemzüge. Einen Moment lang blieb ich liegen und atmetet seinen Duft tief ein. Die letzten Wochen waren so schwer gewesen und nun hatte ich das Gefühl, eine Last wäre einfach weg. So als wäre diese Prügelei und die Erkenntnis dass er mich wirklich liebte, dass ich in ihn verliebt war, ausreichend um eine ganze Lebensphase einfach abzuschließen. War das so einfach? Konnte man eine ganze Lebensphase einfach abschließen und akzeptieren, nur weil man jemanden fand der einen aufrichtig liebte? Sicher war ich mir nicht, aber dieses Gefühl innerer Ruhe war angenehm und langsam merkte ich wie auch mir die Augen zufielen. Mein Schlaf der letzten Wochen war immer unruhig und voller Alpträume gewesen, aber nun war es anders. Die Müdigkeit war anders und ich wollte daran glauben, dass diese Nacht traumlos werden würde und vielleicht sogar erholsam Kapitel 50: Step Forty-nine… Love III ------------------------------------- Die liebende Mutter bringt ihrem Kind das Laufen bei. Sie ist gerade so weit von ihm entfernt, daß sie es nicht mehr halten kann. Sie streckt ihre Arme aus; ihr Gesicht wirkt ermutigend. Das Kind strebt ständig nach einer Zuflucht in Mamas Armen, ohne auch nur zu ahnen, daß es im gleichen Augenblick den Beweis erbringt, daß es auch ohne sie auskommt. Søren Aabye Kierkegaard Andrea Lenjier Mein Blick wanderte auf das Kochbuch vor mir und wieder zurück auf meinen Einkauf. Anscheinend hatte ich alles eingekauft was ich brauchte, um ein leckeres Essen zu kochen. Seijiro saß am Küchentisch und beobachtete mich schon eine ganze Weile, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Ich hatte ihm die ganze Nacht zugehört und hatte auch verstanden, dass Mamorus Verhalten falsch gewesen war – auch wenn Steven schlecht über meinen Sohn geredet hatte und so wie es aussah auch über uns. Aber jemanden dafür die Nase zu brechen und noch mehr, war einfach falsch. Aber trotzdem – Mamoru war wütend auf uns und ich verstand es nur zu gut. An seiner Stelle wäre ich auch wütend und verletzt gewesen. Die ganzen Wochen wirkten plötzlich wie eine Phrase und Mamoru glaubte, dass wir unsere Zuneigung für ihn nur gespielt hatten. Traurig sah ich kurz aus dem Fenster, bevor ich mich wieder dem Rezept zu wandte. „Du belohnst ihn damit auch noch.“ Kam es plötzlich leise von hinten. Ich schüttelte den Kopf. „Ich will nur nicht, dass er gleich weg läuft…“ „Indem du sein Lieblingsessen kochst? Das ist etwas übertrieben…“ „Sei doch einfach still Seijiro.“ Kam es nur gereizt von mir. „Du bist gerade sehr kindisch.“ Seijiro ließ sich schon lange nicht mehr von mir aus der Ruhe bringen, er hatte gelernt mit meinen Launen umzugehen. „Dann geh doch aus der Küche, dann musst du meine kindische Laune nicht mehr ertragen.“ Kam es nur trotzig von mir. Seufzend fasste ich mir an die Stirn und lehnte mich etwas gegen die Arbeitszeile. Mir war schwindelig und ich hatte das Gefühl eine Erkältung zu bekommen. Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich plötzlich Seijiros Hand auf meiner Schulter spürte. „Alles in Ordnung?“ Er klang besorgt und musterte mich eindringlich. Ich nickte nur und lehnte mich kurz an ihn. „Alles gut. Ich werde wohl krank.“ Kam es leise von mir. Einen Augenblick lang blieben wir so stehen. „Es geht schon wieder. Ich werde mal weiterkochen. Schließlich ist es schon halb zwölf und der Reis braucht ja auch eine Weile.“ „Andrea…“ Kopfschüttelnd sah ich ihn an. „Nein. Ich will, dass er sieht, dass er uns wichtig ist. Ich hab ihn gern – nein das ist nicht wahr. Ich liebe ihn wie ein eigenes Kind. Und das er denkt das wäre nur gespielt das bricht mir das Herz.“ Schweigend sahen mich Seijiros dunkle Augen an, bevor er seine Stirn an meine legte. „Du bist ebenso stur wie Mamoru.“ Leise lachend ließ ich mich in eine Umarmung ziehen und fühlte mich sofort besser. „Ich liebe dich Seijiro. Bitte versteh mich doch.“ Kam es nur wispernd von mir, bevor ich den tiefen Seufzer meines Mannes hörte. „Hast du überhaupt schon mal Aal zubereitet?“ „Nein.“ Damit küsste er mich sanft auf die Stirn, nahm sich ein Messer und holte den Aal, den ich heute Morgen frisch gekauft hatte aus der Tüte. Bunny Tsukino Draußen war es bitterkalt und ich war froh als ich endlich das Crown betreten konnte und mir eine angenehme Wärme entgegenkam. Der Geruch von Kaffee und Gebäck stieg mir sofort in die Nase und ließ meinen Magen etwas knurren. Das Cafe war gut besucht und die meisten Tische waren schon besetzt. Nur an unserem Stammtisch saß noch keiner, was aber daran lag das Makoto an der Theke saß und sich mit Motoki unterhielt. Die beiden waren in letzter Zeit sehr oft zusammen und Makoto hatte uns allen erzählt, dass er sie als Begleitung auf Mays Geburtstags-Party mitgenommen hatte. Das war auch der Grund warum wir uns heute alle hier trafen, wir wollten unbedingt hören wie es war. Mich jedoch interessierte auch ob Mamoru wohl dagewesen war, wie es ihm ging. Als sein – Freund – vor meiner Tür gestanden hatte und meinte, dass Mamoru weg sei hatte ich mir Sorgen gemacht und Vorwürfe weil ich nicht helfen konnte. Motoki und Makoto waren so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie mich gar nicht bemerkten. Es dauerte einige Minuten bevor Makoto mich sah und strahlend auf mich zukam. „Bunny! Ich hab dich nicht gesehen. Entschuldige.“ Ich winkte nur ab und freute mich, dass sie so strahlte. „Alles gut Makoto.“ Mein Blick schweifte zu Motoki der mit einem Tablett zu uns kam. Er stellte vor Makoto ein Tasse mit Tee ab und vor mir eine heiße Schokolade. „Ist das hier ein reines Mädchengespräch? Oder darf ich mich dazu setzen?“ Makoto sah ihn verliebt an. „Also ich glaube, zuerst ist es ein Mädchengespräch…“ Motoki lachte und wurde etwas verlegen als er merkte, dass ich bemerkte wie er Makoto ansah. „Na dann. Ich hab ja auch noch Gäste.“ Er winkte und verschwand dann, schnell. „Wie war die Party?“ platzte es aus mir heraus. Ich versuchte nicht zu neugierig zu klingen, aber Makoto schien zu wissen warum ich fragte. „Er war da.“ Kam es leise von ihr, während sie an ihrem Tee nippte. Dann sagten wir nichts mehr. Ich, weil ich nicht wusste was ich fragen sollte und was nicht. Und Makoto, weil sie vielleicht darauf wartete, dass ich fragte. Als dann endlich die anderen Mädchen kamen war ich erleichtert. „Hey.“ Begrüßte ich sie und umarmte sie. „Hey.“ Ray lächelte und wollte sofort alles von Makoto wissen und auch Amy war neugierig. Minako umarmte und drückte mich. In letzter Zeit hatte sie sich verändert und auch wenn es mir schwer fiel, so war sie wirklich die erwachsenste von uns. Sie schrieb plötzlich viel bessere Noten und wirkte auch viel reifer – als ich. „Na wie geht es unserer Prinzessin?“ verdutzt drehte ich mich um und sah in Harukas Gesicht. „Hallo.“ Michiru tauchte neben ihr auf und setzte ein bezauberndes Lächeln auf. Auch Setsuna war dabei und sah mich mit einem traurigen blick an und ich wusste warum sie das tat. Sie kannte die Zukunft und sah sie vor uns. Doch die Frage die ich stellen wollte, brachte ich nicht heraus. Ich war Ray dankbar, dass sie nur von Makoto und Motoki sprechen wollte, also schlossen wir uns dem Gespräch an und zogen Makoto etwas auf, lachten und genossen unser Beisammensein. Shogo Kiseragi „Kalt. Kalt. Kalt.“ Nuschelte ich in meinen Schal während ich von einem Bein aufs andere hüpfte. Heute Morgen hatte ich gemerkt, dass ich meinen Loop-Schal irgendwo liegen gelassen hatte und eigentlich wollte ich nur schnell einmal ins Crown und heute Abend ins Phoenix um zu schauen ob ich ihn wiederfand. Um die Strecke in der Bahn zu verkürzen und erträglicher zu machen hatte ich Mamoru angerufen, oder besser bei Massanorie. Mamoru hatte ja gerade mal wieder kein Handy. Bei dem konnte man als Handyverkäufer auch reich werden. Aber dann hatte er nur gemeint, dass er mir suchen helfen würde und dass frische Luft gut wäre. Etwas verwundert war ich schon, aber beschweren wollte ich mich nicht. Zudem wollte ich ihm ja noch erzählen was nach seiner Aktion im Phoenix los gewesen war. „Shogo!“ Ich drehte mich herum und sah Mamoru, welcher auf mich zukam. Er trug einen schwarzen Kurzmantel, der etwas zu groß war, aber das stand ihm einfach. Dazu einen roten Schal und die dunkelblaue Skinny Jeans mit Boots. Seufzend sah ich ihn an und boxte ihn gespielt auf die Schulter als er vor mir stehen blieb. „Echt ey. Wie kannste nach ner Depression schon wieder so gut aussehen? Andere sehen erst mal Wochenlang scheiße aus, aber du nicht. Schämste dich wenigstens etwas?!“ Ich zog eine Schmolllippe und verschränkte die Arme vor der Brust. „Immer Shogo.“ Kam es nur ernst von ihm, aber ich konnte das Schmunzeln in seinen Mundwinkeln sehen. „Na dann wenigstens etwas. Und -“ ich holte theatralisch mit den Armen aus und traf fast einige Passanten um mich herum die das nur murrend kommentierten. „… du bist berühmt. Jeder im Phoenix hat gestern, oder besser heute Morgen, noch von dir gesprochen. Wie du diesem Lackaffen die Fresse poliert hast war einfach nur – GEIL!“ Ich fiel ihm um den Hals und drückte ihn. „Das war Hammer. Auch wenn ich hoffe, dass du keinen zu großen Ärger bei der Polizei hattest. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass alle für dich ausgesagt haben. Weil alle mitbekommen haben, dass er dich provoziert hat und nicht aufhörte. Also ich sags dir, wenn du das nächste Mal dort bist, wirst du bestimmt umringt von tollen Männern.“ Mamoru wurde etwas verlegen und grinste. „Soll ich dir was verraten.“ Ich sah ihn neugierig an und nickte. „Es tat gut ihn zu verprügeln. Seitdem geht’s mir besser.“ „Das merkt und sieht man.“ Wir liefen nebeneinander her. „Also, warum wolltest du unbedingt mitkommen?“ Mamoru schwieg kurz und seufzte. „Ich bin so ein Arsch… Als ich vor zwei Stunden aufgestanden bin, da hab ich mir vorgenommen aus dem Haus von Andrea und Seijiro zu verschwinden. Ich war und bin… wütend, oder besser enttäuscht. Ich weiß nicht. Ich wollte einfach nur weg. Aber dann hab ich ein Gespräch in der Küche mitbekommen. Andrea scheint das ganze wirklich mitzunehmen und sie ist blass und wirkt kränklich. Seijiro macht sich anscheinend sorgen um sie und als Massanorie sie gesehen hat war er auch besorgt.“ Mamoru sah in den Himmel und blieb stehen. „Sie hat extra für mich Aal gekocht. Obwohl Massanorie ihn nicht mag und auch Seijiro ist wohl nicht so der Aal Liebhaber.“ „Und woher weißt du das?“ Er sah mich an und seufzte erneut. „Weil ich doch geblieben bin – zum essen. Ich, ich hab es nicht geschafft einfach zu verschwinden. Sie wirkte ehrlich besorgt und betrübt und obwohl ich es nicht will, mach ich mir auch Sorgen um sie. Und ich glaube eigentlich nicht, dass ihre Gefühle oder die von Seijiro gespielt sind…“ Ich begann zu lachen, sah zu dem Kaffeestand einige Meter weiter und winkte Mamoru zu, dass er mitkommen sollte. „Tja so ist das eben.“ Ich sah zu dem Kaffeetypen und gab ihm das Geld und reichte Mamoru einen Kaffeebecher. „Das ist normal. Man kann seinen Eltern eben nie böse sein, vielleicht für eine kurze Zeit, aber am Ende macht man sich doch Sorgen wenn etwas mit ihnen ist.“ Mamoru sah mich schweigend an. Mamoru Chiba Nachdenklich ging ich neben Shogo her. Er hatte nicht ganz unrecht mit dem was er sagte, auch wenn es mich störte, dass es so war. Es stimmte, es ging mir besser und ich hatte das Gefühl, dass eine große Last von mir genommen war. Außerdem fühlte ich mich, auch wenn es doof klang, innerlich aufgeräumt. Auch wenn ich noch immer spürte, dass ab und an ein dunkler Gedanke auftauchte, aber plötzlich war das nicht mehr schlimm. Ich hatte heute Morgen in den Spiegel gesehen und zum ersten Mal, seit Jahren, hatte ich das Gefühl gehabt – mich zu sehen. „Hey.“ Ich zuckte zusammen und sah Shogo an, der grinste und mich am Mantelärmel festhielt. „Nicht weiter laufen. Wir sind doch schon da du Träumer. Denkste schon wieder nach?“ Ich nickte und lächelte. „Ja, das kann ich nur schwer abstellen. Ich könnte dich dann noch auf einen Kaffee einladen, denn das…“ ich hielt den Becher hoch und nippte einmal kurz dran, bevor ich den Becher voll in die Mülltonne neben der Treppe schmiss „… kann man überhaupt nicht trinken.“ Grinsend sah ich ihn an und sah wie er schmollte. „So schlecht war er nicht.“ Aber dann schmiss auch er seinen Becher weg und ich ahnte, dass er auch noch halbvoll gewesen sein musste. So klang jedenfalls der Aufprall im Mülleimer. Leise Lachend ging ich hinter ihm die Treppe hinauf und freute mich fast etwas Motoki zu sehen. Gestern Abend war ich schon sehr abweisend gewesen und irgendwie tat mir das etwas leid. Die Tür öffnete sich und ich konnte Bunnys Stimme und die der Mädchen hören. Das war nun suboptimal. Shogo bemerkte meinen leicht genervten Gesichtsausdruck. „Hey? Alles klar?“ „Ja… schon. Dahinten sitzt meine Ex und ihre Freundinnen…“ „…MINA!“ Shogo winkte hektisch und freute sich einen Keks. Fassungslos starrte ich ihn an und rieb mir den Nasenrücken. So ein Blödmann! Mein Blick wanderte zu den Mädchen. Minako winkte herzlich zurück – der Rest schaute mich nur an und musterte mich, wobei Bunny einen leicht besorgten Ausdruck im Gesicht hatte. „So, was hast du gesagt?“ Shogo sah mich an und grinste. „Nichts von Bedeutung. Nur, dass die andere Blonde neben Minako meine Ex ist. Aber schrei ruhig durch den ganzen Laden damit sie mich auch ja sieht. Ist ja nicht so als wenn sie es absurd und eklig findet, dass ihr Ex nun schwul ist!“ Damit ging ich, ohne nochmal zu den Mädchen zu sehen, zur Theke und setzte mich. Shogo kam sofort hinter mir her und legte seinen Kopf auf meine Schulter. „Sorry. Jetzt sei nicht böse, Bütte…“ er klimperte mit den Wimpern und drückte mir einen leichten Kuss auf die Wange. „Doofmann…“ kam es nur von mir, als Motoki hinter der Theke auftauchte. „Hey.“ Er schaute mich und Shogo etwas skeptisch an, lächelte dann aber und stellte eine Tasse Kaffee vor mir ab. „Ich nehme doch an, du nimmst das gleiche wie immer.“ Nickend und schmunzelnd deutete ich zu Shogo. „Er bekommt das gleiche.“ Dann herrschte ein beklemmendes Schweigen, während Shogo und ich an unserem Kaffee nippten, die Mädchen immer leiser wurden im Hintergrund und Motoki Gedankenverloren die Theke abwischte. Shogo war es schließlich der das erste Wort an Motoki richtete. „Du sag mal, hast du gestern zufällig einen Loop-Schal hier gefunden?“ Motoki sah Shogo kurz irritiert an. „Shogo. Wir haben uns gestern Abend kennen gelernt. Du warst auch auf Mays Party zusammen mit deiner Freundin… Makoto – wenn ich mich recht erinner.“ Nun schien auch bei Motoki der Groschen zu fallen. „Ja klar. Entschuldige. Ich sehe am Tag so viele Leute und manchmal brauch ich dann eine Starthilfe um ein Gesicht wiederzuerkennen.“ „Kein Problem.“ Shogo lächelte. „Also? Hast du einen Schal gefunden?“ Motoki überlegte und sah sich um. „Also ich hab keinen gefunden, aber vielleicht liegt im Lager einer. Kann sein, dass jemand anderes ihn gefunden hat. Wenn du noch einen Moment hast, dann schau ich gleich mal.“ Shogo nickte. „Klar kein Thema. Und Mamoru hatte recht, der Kaffee ist um Längen besser als das was ich uns ausgegeben habe.“ Dabei puffte er mir in die Seite. „Sag ich doch.“ Kam es nur etwas arrogant von mir. „Motoki!“ Es war Rays Stimme die Motoki rief und aus den Augenwinkeln konnte ich sehen wie sie Motoki rüber winkte. Ich wusste sofort was die wollte. Ausquetschen und ausfragen, dass wollte sie. Genervt verdrehte ich die Augen, was Motoki sofort bemerkte. „Muss ich irgendwas wissen?“ Schulterzuckend trank ich meinen Kaffee. „Frag doch die Mädchen, die wissen wahrscheinlich sogar mehr als ich.“ Minako Aino „Ray!“ kopfschüttelnd sah ich sie an. „Lass das. Wenn du was von Mamoru wissen willst, dann frag ihn selber. Aber mach das nicht über Dritte.“ „Warum regst du dich denn schon wieder auf? Zurzeit tust du immer so, als wärst du die moralische Instanz der Gruppe.“ Ray sah mich bissig an und lächelte als Motoki zu uns kam und sich setzte. Makoto wurde sofort etwas rot und ich fand es schön, dass die beiden wohl so langsam auf eine Beziehung zu steuerten. Makoto hatte erzählt, dass Motoki sie nach der Party nach Hause gebracht hatte und zum krönenden Abschluss gab es einen Kuss – aber nur auf die Wange. Trotzdem war Makoto total verliebt und hoffte, dass Motoki das auch war. „Sag mal Motoki – was hat Mamoru so erzählt und wer ist der Typ neben ihm?“ Nun sahen auch Amy und die anderen interessiert zur Theke. „Das ist Shogo.“ Entfuhr es mir nur ernst. „Er ist ein guter Freund von Mamoru, Massanorie, May, Yosuke und mir.“ Wobei mein Freund ihn nicht mochte, aber das würde ich sicher nicht erwähnen. Irgendwie hatte Yosuke ein Problem mit den neuen männlichen Freunden in Mamorus Leben. Ich führte das auf Eifersucht zurück, was er jedoch sofort heftig dementierte und meinte ich würde spinnen. Naja, wenn er meinte – ich blieb jedoch bei meiner Meinung. „Das ist der mit dem Laden wo du immer arbeitest nach der Schule.“ Bunny nippte an ihrer heißen Schokolade und lächelte. Anscheinend hatte sie ebenso wenig Interesse an dem neuesten Klatsch und Tratsch um Mamoru wie ich. Nickend sah ich sie an. „Ja, er meint ich wäre eine großartige Verkäuferin, weil ich junge Mädchen sehr gut anspreche. Er hat mir angeboten in den Ferien ganztags bei ihm zu arbeiten. Mal sehen ob ich das mache. Aber es macht super Spaß, was ich vorher nie gedacht hätte.“ „Kann ich mal vorbei kommen und mir den Laden ansehen? Oder ist das nichts für mich?“ Bunny sah mich fragend an. „Doch klar. Erst vor vier Tagen sind tolle Kleider reingekommen für den Frühling. Da ist eins bei, da hab ich sofort an dich gedacht.“ „Und ich dachte Mamoru hätte wieder einen anderen.“ Sofort war es still am Tisch und alle starrten Ray an, selbst Bunny schien völlig entsetzt. „Ray!“ Ihre Stimme klang ernst und sie sah die Schwarzhaarige nur böse an. „Wie einen anderen?“ Haruka sah uns alle an, überraschender Weise wirkte Michiru völlig entspannt. Sie schob sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und nahm einen Schluck Tee. „Beruhige dich Haruka. Das ist etwas was ich dir später erzähle.“ Sie legte ihre Hand auf die von Haruka und lächelte ihre Freundin nur entspannt an. Motoki schien jedoch ebenso überrascht und suchte in Bunnys Gesicht nach einer Erklärung. Diese senkte den Kopf und ich wusste, dass es ihr noch immer schwer fiel mit allem umzugehen. Wobei sie sich in den letzten Wochen wirklich Sorgen um Mamoru gemacht hatte und mir anvertraut hatte, dass Massanorie vielleicht recht hatte und sie nichts über ihn wusste. „Sie will wissen, ob ich nun von Bett zu Bett springe und Massanorie gegen Shogo getauscht habe.“ Alle Köpfe drehten sich gleichzeitig und sahen zu Mamoru, der hinter Motoki stand. Shogo stellte sich neben ihn und sein Blick fixierte Ray. Bei den beiden würde wohl keine Sympathie aufkommen. „Ich hab mir die Freiheit genommen und selber kurz im Lager geschaut. Jemand muss den Schal gefunden haben, er lag auf dem Sofa. Ich hoffe das war ok.“ „Ähm klar. Du weißt doch wo alles ist.“ Motoki sah Mamoru an und dann wieder uns. Massanorie Lenjier „… und nun Furuja-san mit dem Wetter. Danke Kaito-san. Wie auch schon zu Beginn der Woche erwarten wir weiterhin mäßigen bis starken Schneefall. Innerhalb Tokyos möchte die Polizei darauf hinweisen, dass die Fahrgeschwindigkeit und Achtsamkeit sich den Wetterverhältnissen anpassen sollte. Besonders in den nächsten Stunden kann es vereinzelt zu Glatteis kommen und zu starkem Schneefall. Das Wetteramt bittet deswegen um besondere Vorsicht. Die Sonne werden wir auch heute nicht zu Gesicht bekommen, da ein dickes Wolkenband über der Stadt hängt. Erst am Sonntag wird dieses Tiefdruckgebiet über Tokyo hinweg ziehen und uns sonnige Wintertage bescheren. Zu Beginn der Woche steigen die Temperaturen auf 0° bis 2° Grad…“ Winter – wie ich ihn hasste. Schneeschippen, langsam fahren, alles ist eklig kalt und matschig. Nächstes Jahr würde ich diese Jahreszeit auf den Kanaren oder Hawaii verbringen – vielleicht sogar mit meinem Freund. Ein Lächeln zeichnete sich sofort auf meinem Gesicht ab. Eigentlich wollte ich ihm nicht hinterher fahren, aber nachdem ich schon zu Hause einen Wetterbericht gehört hatte wollte ich nicht, dass Mamoru nachher vom Wetter überrascht wurde. Außerdem hatte ich unbedingt etwas zu essen gebraucht. Das Mittagessen mit Aal, Reis und Gemüse hatte mich nicht begeistert. Auch wenn ich mich gefreut hatte, dass Mamoru drei Portionen verschlungen hatte und das obwohl er noch immer im Klinsch mit meinen Eltern lag. Etwas belustigt schaute ich auf die Tüte, welche den Beifahrersitz schmückte. Darin waren drei Portionen gebratene Nudeln mit Fleisch. Mein Vater hatte mir, als ich das Haus verließ, Geld in die Hand gedrückt und gemeint ich müsste etwas zum Essen mitbringen. Auch seine Begeisterung für Aal hielt sich in Grenzen. Als Mamoru aufgebrochen war, hatte er mir nur schnell gesagt, dass er sich mit Shogo treffen würde um dessen Schal zu suchen. Zuerst wollte ich sehen ob er noch im Crown war. Aus irgendwelchen Gründen war es heute extrem voll in der Stadt. Ich musste wirklich drei Straßen weiter parken und zu Fuß zu diesem Schuppen laufen. Das alleine vermieste mir die Stimmung kräftig, wenn Mamoru nun nicht hier war würde das dem Tag die passende Endnote bescheren. Doch kaum betrat ich das Crown konnte ich Mamoru und Shogo schon sehen. Nicht sehr schwer wenn man an einem Tisch stand mit lauter Mädchen und es etwas lauter zuging. Ich musste nicht zuhören um zu wissen worum es ging. „Das geht dich nichts an. Niemanden von euch. Bunny hat Schluss gemacht und mit wem ich nun zusammen bin hat keinen von euch zu interessieren.“ Keiner der Truppe hatte mich gesehen und erst als die kleine mit der Brille, ich nahm an das würde Amy sein, sich zu Wort melden wollte, machte ich auf mich aufmerksam in dem ich Mamoru von hinten kurz in die Seite zwickte. Erschrocken drehte er sich herum und sah mich fragend an. „Was willst du denn auch noch hier?“ Wow. Das hatte gesessen. Ich hatte ja keine Parade erwartet oder das er mir stürmisch in die Arme fällt und die Zunge in den Hals steckt – aber etwas mehr als das hatte ich nun doch gehofft. „Ich finde dich auch kacke – Schatz.“ Entfuhr es mir nur, wobei ich das Schatz schon bereute als es den Mund verließ. Mamoru sah mich schweigend an, drehte sich zum Tisch zurück und deutete zu Motoki, den ich am Vorabend ja schon kennen lernen durfte. „Furuhata Motoki, darf ich vorstellen Lenjier Massanorie – mein Freund oder Lebensabschnittsgefährte – wie wir es auch immer benennen wollen.“ Ja auch das hatte ich mir romantischer vorgestellt. „Wir kennen uns schon…“ kam es nur angefressen von mir. „Ja das weiß ich – es ging jedoch um den Zusatz Freund – falls du es nicht mitbekommen hast.“ Nun wurde er bockig, gut konnte ich auch. „Entschuldige, dass klang so dahin gerotzt, da dachte ich mir, damit könnte ich ja nicht gemeint sein.“ Wir sahen uns beide an und ich kannte diesen süßen sturen Blick, der mir nicht das letzte Wort überlassen wollte. „Blöder Gaijin.“ Kam es schließlich zischend von ihm, bevor er sich wieder umdrehte. „Wir können uns demnächst mal unterhalten, aber nur wenn du diese Zicken nicht bei dir hast.“ Er nickte Bunny zu, drehte sich um und ging an mir vorbei. Shogo seufzte nur und zuckte ratlos mit den Schultern. „Er ist manchmal echt ne kleine Prinzessin.“ Über diesen Vergleich musste ich schmunzeln und nickte nur. Ich musterte die Mädchen und entgegen aller Prinzipien, dass ich diese nicht leiden konnte, nickte ich doch einer zu, um mich richtig zu verabschieden. "Minako!" Sie wirkte keineswegs überrascht, setzte ein Lächeln auf und nickte mir mit einem "Massanorie!" zu, ich drehte mich um und folgte Mamoru, der schon draußen stand und mich murrend ansah. „Also ich bin dann mal weg, eure Stimmung ist noch kälter als die Temperaturen hier.“ Damit grinste Shogo, umarmte Mamoru kurz und nickte mir zu. Wir sahen Shogo nach bevor mein Blick nach oben wanderte, wo wir von einigen Augenpaaren beobachtet wurden, die alle zu Bunnys Clique gehörten. „Also – wo parkst du?“ Ich zog eine Augenbraue hoch, griff in meine Manteltasche und zündete mir ruhig und genüsslich eine Zigarette an. „Warum? Willst du etwa bei dem Gaijin mitfahren?“ Mamoru presste die Lippen aufeinander und schnaufte. „Na gut. Wenn du denkst du Blödmann, ich bräuchte dich oder dein Auto…“ Ich schüttelte den Kopf, kicherte leise, packte sein Handgelenk, zog ihn an mich und küsste ihn kurz aber hart. Mamoru hustete leicht, als ich ihn los ließ, da er einen Teil des Zigarettenrauches eingeatmet hatte und starrte mich an. „Du bist süß, wenn du so drauf bist. Ich mag es den kleinen Streuner in seine Schranken zu weisen. Also sei ein lieber Kater und halt den Mund.“ Kam es nur ernst und trocken von mir, bevor ich an ihm vorbei Richtung meines Autos ging. „Du solltest dich freuen. Ich habe dich schließlich gerade als meinen Freund vorgestellt, das ist doch Prima oder nicht?“ Mamoru sank tiefer in den Sitz und starrte auf die Straße. „Ja total. Besonders wenn es so viel Charme hat wie deine Aktion. Da kann ich mir auch einen Finger abschneiden, dass hat ebenso viel Romantik.“ Was ich daraufhin aus den Augenwinkeln sah machte mich fassungslos, er äffte mich nach. Nur kurz und fast hätte ich es nicht gesehen, aber er äffte mich nach. „Das merk ich mir für heute Abend…“ raunte ich nur und überlegte mir schon einmal wie ich Mamoru heute Abend Manieren beibringen konnte. Andrea Lenjier Etwas skeptisch blieb ich stehen und sah zu Mamoru. Massanorie und er waren vor knapp einer halben Stunde wiedergekommen und seitdem stand Mamoru einfach angelehnt an die Flurwand und starrte Löcher in die Luft. Massanorie meinte nur ich sollte ihn in Ruhe lassen, er wäre gerade einfach nur ein Rotzbengel und bräuchte seine Fünf Minuten. Das so ein Satz gerade von ihm kam, hatte mich stutzig gemacht und leicht amüsiert. Seufzend ging ich zurück ins Wohnzimmer, setzte mich auf die Couch und zog die Wolldecke über meine Beine. Seijiro meinte ich würde eine Erkältung ausbrüten und wahrscheinlich hatte er recht. Mir ging es nicht gut und obwohl ich über meine Aalkochkünste selber sehr erstaunt war, hatte ich nicht wirklich viel gegessen. Ich legte mich hin und schloss kurz die Augen. Die Ruhe im Haus machte es leicht einen Mittagsschlaf zu halten, auch wenn ich sonst überhaupt nicht für sowas zu begeistern war. Seijiro hatte sich mit Massanorie in den Wintergarten gesetzt und auch wenn beide so taten als würden sie über die Firma reden, so war mir sehr wohl bewusst, dass Massanorie etwas zu essen mitgebracht hatte. Meine Männer wollten mich nur nicht kränken, also aßen sie heimlich – süß und dumm zur gleichen Zeit. Nach meinem Zeitgefühl waren es nur Minuten, aber anscheinend hatte ich knapp eine halbe Stunde gedöst. Ein klappern ließ mich die Augen aufschlagen. Auf dem Tisch vor mir stand eine Schale und der Geruch machte mir deutlich, dass es sich um Milchreis handelte. Langsam setzte ich mich auf und sah Mamoru an, welcher im Sessel mir gegenüber saß und mich musterte bevor er in seiner eigenen Schale herum stocherte. „Danke. Das ist lieb von dir.“ Kam es lächelnd von mir. Mamoru aber zuckte nur mit den Schultern und so saßen wir schweigend zusammen und aßen Milchreis. Ich hatte gerade den letzten Rest aus der Schale genommen als Mamoru das Schwiegen brach. „Erzähl es mir!“ Er zog die Beine an und starrte mich an, seine Stimme war ernst und er musterte mich eindringlich. Sofort war mir klar was er meinte und mein Blick wanderte zu Seijiro und Massanorie, die gerade hereinkamen. Timing war in dieser Familie ganz groß. Ich seufzte und sah zu Mamoru. „Ich weiß nicht, ob der Moment…“ ich wollte es ihm sagen, aber irgendwie hatte ich das Gefühl es war der falsche Moment und das Mamoru aus einem falschen Motiv fragte. „Es ist mein Recht. Ich hab das Recht, dass du es mir erzählst und zwar jetzt. Nicht morgen oder in einem Jahr – Jetzt!“ „Mamoru!“ Seijiro setzte sich neben mich und sah Mamoru scharf an. Doch ich legte meine Hand nur auf seine und drückte sie. „Er hat recht.“ War alles was ich sagte, bevor ich seufzte und überlegte wo ich anfangen sollte… Kapitel 51: Memory II --------------------- Memorys II Es gibt Begegnungen, die halten ein Leben lang. Alfred Rademacher Andrea Lenjier Immer und immer wieder zog ich mich um und suchte nach etwas in meinem Koffer das nicht schrie 'Sieh mich an, ich bin jung und brauche das Geld' so jedenfalls drückte es meine Schwiegermutter aus – nett wie sie war. „Mama?“ Ich drehte mich um und sah Massanorie an, welcher auf meinem Bett lag und die Beine von der Bettkante baumeln ließ. „Jaha!“ „Warum muss ich denn bei Oma bleiben?“ Ich seufzte. „Weil dein Papa und ich zusammen mit dem neuen Anwalt und seiner Frau essen gehen. Und das ist nichts für Kinder.“ Das diese hübsche Frau aus dem Fahrstuhl die Frau des neuen Anwalts war – ich konnte es kaum glauben, als mich Seijiro vor ein paar Tagen vorgestellt hatte. Und nun aßen wir mit Ihnen zu Mittag und ich sah in jedem Outfit aus wie eine Studentin oder schlimmer. Vielleicht hätte ich doch noch einkaufen gehen sollen. „Scheiße.“ Fluchte ich nur laut und ließ mich auf die Bettkante sinken. „Wieso darfst du das sagen und ich nicht!“ Massanorie sah mich trotzig an und schob die Unterlippe nach vorne. „Weil Mamas das dürfen.“ Gab ich nur seufzend von mir. Wieso sah ich in allen Sachen nur so doof aus? „Mama?“ „Ja Massanorie?“ Ich ließ mich nach hinten fallen und streckte mich auf dem Bett aus. „Ich will nicht zu Oma.“ „Ich weiß – ich will auch nicht zu ihr.“ Nuschelte ich. Nachdenklich sah ich an die Decke und spürte wie Massanorie seinen Kopf auf meinen Bauch legte. Seijiro hatte sich gefreut, als er hörte, dass ich wieder schwanger war und hatte mir versprochen, dass alles gut werden würde. Aber was hieß das denn? Hieß das, dass wir wieder nach Hause fuhren? Nach Deutschland? Oder hieß es, das wir hier bleiben mussten? „Ist das Baby schon in deinem Bauch?“ Ich schmunzelte und wuselte meinem Sohn durch die Haare. „Ja ist es. Es wächst jetzt und in neun Monaten wird es dann groß sein und dann bring ich es mit nach Hause.“ Massanorie war ein schlauer Junge und man konnte ihm so leicht nichts vormachen, naja außer, dass das Mädchen im Fahrstuhl eigentlich ein Junge war, das hatte ich ja jetzt auch erfahren. Massanorie hatte ich das nicht gesagt, er war noch immer von dem Mädchen am reden und dass er es nett fand und es mit ihm geteilt hatte und ich fand das einfach zu niedlich – also ließ ich ihn in dem Glauben. Was schadete es schon. „Ist das dann wie mit einem Apfel?“ „Bitte?“ ich richtet mich etwas auf und sah Massanorie an, der neugierig auf meinem Bauch pikste. „Na Mama, so wie der Apfelkern den wir bei Oma Martha in Deutschland gepflanzt haben? Der ist doch auch klein und wächst dann? Dann ist das Baby wie ein Apfelbaum!“ Nun musste ich wirklich laut los lachen. Massanorie rümpfte die Nase. „Mama! Nicht lachen!“ Ich packte ihn und knuddelte ihn so fest wie ich konnte, woraufhin er quietschte und sich an mich schmiegte. „Ja Massanorie wie ein Apfelkern, so ist das Baby auch.“ ~~ Ein zarter Wind wehte durch die Straßen von Tokyo, er begegnete den Menschen, die auf dem Weg zur Arbeit waren, den Kindern die lachend ihren Schulweg entlang liefen und auch jenen die träumend den Himmel von einem Cafe aus betrachteten. Er wehte ihnen durchs Haar und zauberte ein Lachen auf ihr Gesicht, die Vögel, die sich mit seiner Hilfe in die Höhe schwangen, sangen ihre Lieder und huldigten den warmen Sonnenstrahlen. Durch die Wipfel der Bäume wehte er und umschmeichelte die grünen Blätter, die sich leuchtend dem Himmel entgegenstreckten. Der Wind zog weiter, bis er zu einem kleinen Park kam, der See in der Mitte spiegelt die Sonnenstrahlen und ließ winzige Regenbögen entstehen. Und dann streifte er eine junge Frau, die lächelnd in den Himmel sah und dankbar war für einen weiteren Tag, für ein weiteres Leben. Ihr liebevoller Blick legte sich auf ihren Sohn, der nur einige Meter von ihr entfernt stand. „Mamoru komm…“ Noriko sah zu ihrem Sohn, welcher Steinchen aufsammelte und nun versuchte sie alle festzuhalten. Aber die kleinen Kiesel fielen durch die Händchen des Jungen und ließen ihn etwas wütend schnauben. „Mamoru.“ Der Kopf des Jungen hob sich und er lief auf seinen kurzen Beinchen zu seiner Mutter, die geduldig da stand und wartete, dass ihr Sprössling zu ihr kam. „Du kannst nicht alle Steine aufheben die du siehst.“ „Ja.“ Er lächelte sie an und zupfte erneut an der Mütze die er trug. „Wir müssen wohl doch langsam mal eine andere Mütze kaufen, nicht wahr?“ Noriko lachte und strich sich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Ihre schwarzen gelockten Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten, welcher ihr leger über die Schulter hing. Eigentlich sollte sie sich zum Mittagessen mit ihrem Mann, seinem Mandaten und dessen Frau treffen, aber die beiden Männer hatten es nicht geschafft ihre Arbeit pünktlich zu beenden und so hatte Alexander seine Frau angerufen und ihr abgesagt. Aber Noriko war das nur recht, so einen Tag wollte sie lieber mit Mamoru im Park verbringen, denn jede Minute die sie nicht bei ihm war, fühlte sich falsch an. Wie sollte das nur werden, wenn sie ihn wieder verlieren würde? Nie wieder, das hatte sie sich geschworen, würde sie zulassen, dass jemand ihrem Kind etwas tat. Nicht solange ihr Herz noch schlug, nicht solange in ihr ein Funken Leben war. „Mama?“ sie spürte die Hände ihres Sohnes, die sich um ihr Bein legten, besorgt sah er zu ihr hoch. Mit einem Lächeln ging sie in die Knie und küsste ihn sanft auf den kleinen Kopf. „Mein kleiner Stern, wenn du nur erahnen könntest wie sehr ich die liebe.“ Hauchte sie liebevoll und sah ihn dann einfach nur an. Mamoru sah seine Mutter an, aber dann wurde sein Blick von etwas anderem in Besitz genommen. Ein Schmetterling flog durch sein Blickfeld und ließ ihn sofort auf quicken. „Mama da… Metterlich…“ Noriko sah in die Richtung die ihr Sohn zeigte und lachte leise. „Schmetterling. Schmet-ter-ling.“ Sagte sie langsam und deutlich und freute sich über ihren Sohn, dessen Lachen sie ansteckte. „Na komm Mamoru, sonst kommen wir zu spät.“ Ihr Blick wandte sich dem kleinen Kinderspielplatz zu, der nur wenige Meter entfernt war, dort stand eine junge Frau und sah Noriko an. Andrea Lenjier Als mich Seijiro angerufen hatte um das Essen abzusagen, war ich einerseits unglaublich glücklich – die Klamottenwahl hatte sich erledigt – anderseits aber war ich schon etwas geknickt, da wollte ich mal eine gute Vorzeige Ehefrau sein und dann sowas. Aber dann meinte Seijiro nur, dass die Frau seines Anwaltes die Idee hatte, dass wir uns mit den Kindern im Park treffen könnten. Ich war nervös, hatte aber zugestimmt. Den Park zu finden war nicht schwer und ich war mit Massanorie sogar zuerst da, was in Anbetracht der Umstände, dass Massanorie mir vorhielt zu alt für den Spielplatz zu sein nicht gerade leicht war. Aber dann hatte ich sie gesehen und ich hatte gesehen wie sie ihr Kind angesehen hatte und noch nie, noch nie im meinem Leben hatte ich einen solchen Blick gesehen. Ja ich liebte meinen Sohn, mehr als alles andere, auch wenn er mir manchmal den letzten Nerv raubte, aber der Blick dieser Frau, so voller Liebe und Dankbarkeit hatte ich noch nie jemanden sein Kind ansehen gesehen. Und wie konnte sie nur trotz einer Jeans, einem Top und flachen Schuhen elegant aussehen? Aber dann wurde mir bewusst, dass es nicht an ihrer Kleidung lag, es war ihr ganzes Wesen, ihr Lächeln, wie sie ging, das machte sie elegant – egal was sie trug. „Mama!“ Massanorie zog an meiner Hand. „Was denn?“ Das war ein Nerv Moment. „Warum hast du nicht gesagt, dass wir das kleine Mädchen treffen?“ „Weil du nur am zetern warst.“ Er sah mich mürrisch an. „Was ist denn zetern?“ „Motzen, Meckern, Mosern… das was du gerade machst.“ Gab ich nur trocken zurück und strich mir die Haare hinter die Ohren. Mein Outfit bestand ebenfalls aus einer dreiviertel Jeans, ja ich besaß für den Sommer fast nur solche und einem T-Shirt, wo ein EinsteinKopf drauf abgebildet war der einem die Zunge heraus streckte. Na toll, ich sah wieder aus wie eine mittelose Studentin. Seufzend sah ich zu Massanorie der an seinem T-Shirt zog. „Was machst du da?“ „Du hast das nicht gesagt. Jetzt hab ich das doofe Baby T-Shirt an.“ „Ich dachte, du magst das T-Shirt mit dem Krokodil. Sonst kannst du es nicht oft genug…“ „MAMA!“ er motzte mich laut an und stemmte die Hände in die Hüfte. „Das ist doch für Babys.“ Völlig verwirrt sah ich meinen Sohn an und schaute dann zu unserer Spielverabredung, die fast bei uns war. Ein wissendes Grinsen bildete sich auf meinem Gesicht, als ich mich bückte und meinem Sohn auf die Nase tippte. „Ach sag bloß das ist Babykram wegen dem kleinen Mädchen. Aber ich kann dich beruhigen, das kleine Mädchen ist nämlich ein Junge und der ist erst zwei oder drei, der weiß gar nicht was ein Krokodil ist.“ Damit stand ich auf, schüttelte den Kopf und beobachtete meinen Sohn aus den Augenwinkeln. Er sah in dieselbe Richtung wie ich und verschränkte eingeschnappt die Arme vor der Brust. „Hallo.“ Lächelnd sah mich die Frau an, sie hatte sich als Chiba Noriko vorgestellt und mein Mann hatte ihr gesagt, dass mein japanisch schlecht bis nicht vorhanden war – nur hatte er es netter ausgedrückt. Aber sie sprach englisch und damit konnte ich mich recht gut verständigen. „Hallo. Danke für die Einladung.“ Ich verbeugte mich etwas und lächelte. Mir war sie gleich sympathisch gewesen und ich freute mich wirklich, dass sie das hier vorgeschlagen hatte. „Hallo und du musst Lenjier Massanorie sein.“ Sie ging in die Hocke und lächelte meinen Sohn an, während ihr Sohn Massanorie ansah und lachte. Massanorie sah mich fragend an. „Sie hat Hallo gesagt. Sei höflich…“ „Mama was heißt auf Englisch ob das da ein Mädchen oder Junge ist?“ Bei dem das da deutete er auf ihren Sohn und musterte ihn kurz. Ich errötete als mich ihr Blick erfasste und sie mich fragend ansah. „Mein Sohn, er – es ist mir etwas peinlich – er dachte, das ihr Sohn ein Mädchen ist und glaubt mir nun nicht, dass es nicht so ist.“ Für einen kurzen Augenblick sah sie mich an und dann meinen Sohn und dann ihren, bevor sie leise anfing zu lachen. „Das ist süß.“ Ich sah sie kurz an bevor auch ich leise lachte. Massanorie konnte es immer noch nicht glauben, aber ich sagte ihm die passende Frage und als sie ihm antwortete, dass er wirklich ein Junge sei, da schwieg Massanorie erst einmal und schien nachdenklich zu werden. ~~ Die beiden Frauen saßen auf einer Bank im Schatten und unterhielten sich angeregt. Andrea hatte viele Fragen über Tokio, über die Schulen, das Leben hier, alles was ihr helfen konnte zu verstehen warum ihr Mann so gerne hier bleiben wollte. Massanorie indessen musterte noch immer den kleinen Jungen und dachte nach. Er kickte ein Steinchen vor sich her und setzte sich gelangweilt an den Rand des Sandkastens. Das war alles doof, er konnte nicht mit den anderen Kindern spielen, weil er sie nicht verstand und das nervte ihn. Einige Kinder liefen an ihm vorbei und spielten fangen und Massanorie saß schon etwas geknickt da und sah ihnen nach. Er wollte wieder zurück zu Oma Martha und Opa Paul, zurück in seinen Kindergarten und zu seinen Freunden. Er mochte es hier nicht. Mamoru indessen saß nicht weit von Massanorie und befüllte mit der einen Hand einen kleinen Eimer mit Sand und in der anderen hielt er ein Apfelstück. Das Problem bei Kindern ist nur, dass die Hand-Augen-Koordination nicht wirklich gut ausgeprägt ist. Dies merkte Mamoru in dem Moment wo er versuchte den Sandeimer weiterhin zu füllen und den Apfel in den Mund zu schieben. Das Apfelstück landete im Sand und hatte sofort eine Panade aus Sandkörnern um sich herum. Mamorus Blick schien skeptisch, er wischte sich die Hände an der Bermudalatzhose ab und griff nach dem Apfelstück. „Das geht nicht…“ Massanorie hatte sich das Ganze angesehen und war zu der Erkenntnis gekommen, dass man ein Baby eben nicht allein lassen konnte. Er griff nach dem Apfelstück und setzte sich neben Mamoru. „Das darfst du nicht essen. Das ist doch eklig.“ Mamoru sah Massanorie mit seinen großen blauen Augen an und griff nach dem Apfel. „Meina...“ kam es nur erbost von ihm, er verstand nicht warum er ihm den Apfel wegnahm. “Nicht zetern…“ stolz darauf ein so schwieriges Wort gelernt zu haben, stand Massanorie auf, stellte sich hinter Mamoru und hob ihn auf die Beine. „Komm mit…“ dann nahm er die Hand des kleinen Jungen und zog ihn hinter sich her. „Massanorie?!“ Andrea hatte das Ganze verfolgt, ebenso wie Noriko, doch diese blieb ganz ruhig. Sie hatte bei dem kleinen Jungen ein gutes Gefühl und sah zu wie die beiden Jungen in Richtung eines Wasserspenders gingen, der nur einige Meter von Ihnen weg stand. „Alles gut. Machen sie sich keine Sorgen. Ihr Sohn scheint schon sehr verantwortungsbewusst zu sein.“ Noriko lächelte Andrea sanft an ohne jedoch ihren Sohn aus den Augen zu lassen. „Naja, so würde ich ihn nicht beschreiben…“ kam es nur nüchtern von Andrea, welche es für besser hielt nicht zu erzählen, dass ihr Sohn einer der Rabauken im Kindergarten war. „Bleib stehen.“ Massanorie ließ Mamorus Hand los, stellte sich auf die Zehenspitzen und schob den Riegel des Wasserhahnes nach oben. Sofort schoss ein kalter Wasserstrahl nach oben, nur um dann nach unten zu fließen. Ein bunter Regenbogen bildete sich in dem feinen Wassernebel. Mamoru klatschte in die Hände und freute sich über diesen Anblick. Massanorie nahm das zur Kenntnis, konnte aber nicht so recht verstehen, warum man sich darüber freute. Aber dafür war er eben schon zu groß. Er wusch das Apfelstück unter dem Wasser sauber und reichte es anschließend Mamoru, welcher es freudig entgegennahm, es ansah und schließlich abbiss. Er fixierte den Jungen neben sich und kaute genüsslich auf dem Stück Apfel, während er einen Rest in der Hand hielt. „Da.“ Er hielt Massanorie das andere Stück hin und lachte. „Hmm… aber du bist trotzdem ein Baby.“ Kam es zögerlich von Massanorie, als er das Stück nahm und es sich ebenfalls in den Mund schob. „Aber das du teilst ist nett. Die anderen Kinder im Kindergarten teilen nie mit mir. Die ärgern mich nur… weißt du. Weil mein Papa nämlich nicht aus Deutschland kommt.“ Massanorie wusch sich die Hände unter dem Wasserstrahl und schniefte kurz. Er erzählte seiner Mutter nicht, dass viele Kinder ihn ärgerten und einige Kinder gemeine Dinge sagten, weil sie sonst bestimmt traurig werden würde und er wollte nicht, dass seine Mama weinte oder sich schlecht fühlte. Also schwieg er und ärgerte die anderen einfach nur zurück. Mamoru sah den Jungen neben sich an, drehte sich um und lief zu seiner Mutter, welche ihn sanft umarmte, als er seine nassen Händchen auf ihre Knie legte. „Mama, bide Ap… Apfel.“ Er sah sie stolz an, vor zwei Tagen hatte er das Wort bitte gelernt und benutzte es nun fast in jedem Satz. „Das war ja richtig Mamoru. Bitte, heißt es. Aber Apfel war richtig.“ Sie strahlte ihn an, griff in das Netz des Buggys und holte eine kleine Dose hervor. Sie öffnete diese und wollte ihrem Sohn einen Apfel reichen, als dieser mit seinen Händchen nach der Dose griff. „Nein. Nur ein Stück.“ „Nein Mama.“ Fordernd schob er ihre Hand mit dem einen Stück beiseite und griff erneut nach der Dose. „Mamoru!“ ihr Ton wurde strenger und sie musterte Mamoru eindringlich, welcher sich aber dieses Mal nicht beirren ließ. Er wollte die ganze Dose und nicht nur ein Stück. „Mama. Bide.“ Sie schloss die Dose und nahm seine Finger in ihre Hand. „Sieh mich an. Wieso willst du denn die ganze Dose? Du fällst nur hin und dann?“ Dass sie ihn nicht verstehen wollte, frustrierte ihn. Er sah sie an, presste die Lippen aufeinander und dann streckte er ihr die Zunge raus. Völlig überrascht sah Noriko ihren Sohn an. So etwas hatte er noch nie gemacht und sie war sichtlich erstaunt über dieses Verhalten. Er zog seine Hände aus ihren und wollte erneut nach der Dose mit den Apfelstücken greifen, als Noriko diese wieder im Netz verschwinden ließ. Nun reichte es Mamoru. Er stampfte wütend mit dem Fuß auf, holte aus und haute seine Mama auf die Knie. Sofort griff Noriko nach seiner Hand und hielt diese sanft, aber bestimmt fest. „Mamoru Alexander Chiba.“ Sofort zuckte der Junge zusammen und sah seine Mutter an, kleine Tränen sammelten sich in seinen Augen. „Nicht hauen. Wir hauen nicht.“ Sie hob tadelnd den Zeigefinger. Sein Blick wanderte zu Massanorie, der das Wasser abstellte und auf sie zukam. Er deutete mit der freien Hand zu ihm. „Mama bide Apfel…“ Noriko folgte der Handbewegung und plötzlich wurde ihr klar, warum ihr Sohn die Dose wollte und nicht nur ein Stück. Er wollte teilen. Lächelnd seufzte sie, ließ seine Hand los und strich ihm durch die rabenschwarzen Haare. „Teilen. Das Wort heißt Teilen. Mama, ich möchte teilen.“ Sie sagte es ganz langsam und sah ihn liebevoll an. „Du musst langsam wirklich lernen ganze Sätze zu sprechen.“ Sie griff in das Netz und fischte die Dose wieder hervor, welche sie ihm dann gab. Glücklich strahlte Mamoru sie an und verschwand sofort in Richtung Massanorie. „Er ist wirklich süß.“ Andrea hatte das ganze schweigend mit angesehen und fand es erstaunlich, dass diese Frau so viel Geduld hatte. Dabei war sie gerade einmal 23 Jahre alt und trotzdem wirkte sie so viel erfahrener mit ihrem Kind als sie selber. „Ja, aber er redete noch nicht in ganzen Sätzen. Er hört zu und merkt sich viel, aber mit dem Reden hat er es nicht so. Aber er war schon immer eher ein stiller Mensch…“ „Bitte?“ Andrea sah sie verwundert an und Noriko merkte, dass sie gerade etwas zu viel gesagt hatte. Sie lächelte „Entschuldigung, ich meinte mein Mann ist auch so ein stiller Mensch, das hat der Junge bestimmt von ihm. Manchmal bringe ich die englischen Wörter dann doch durch einander, was Satzbau und Zeiten angeht.“ Andrea lachte erleichtert auf. „Das ist gut, ich dachte es geht nur mir so.“ Die beiden Frauen lachten und sahen wieder zu ihren Söhnen. Der restliche Tag ging schnell vorbei, die beiden Jungen spielten ausgelassen miteinander und Massanorie freute sich, dass Mamoru so nett zu ihm war. Als die anderen Kinder ihm seinen Eimer wegnahmen, war es Massanorie der sie anmotzte und hinter ihnen herlief. Was ihm daraufhin eine Standpauke seiner Mutter einbrachte, aber es war egal, er hatte den Eimer wieder, also konnte er auch damit leben. Es wurde langsam spät als die beiden Frauen sich verabschiedeten und Noriko bot Andrea an, dass sie bald mal wieder mit den Kindern etwas unternehmen könnten. Andrea stimmte diesem Vorschlag nur zu gerne zu und machte sich auf den Weg ins Hotel, als Massanorie stehen blieb. „Mama? Hast du noch die Cappy von mir dabei?“ „Du meinst das rote? Aber ich dachte, die ist dir zu klein.“ „Ja Mama.“ Kam es nun leicht genervt von dem fünfjährigen. „Hier.“ Andrea holte sie aus der Tasche und hielt es ihm hin. Sofort schnappte er es sich und rannte Noriko hinter her. „Massanorie!“ Andrea rief ihm hinter her und hatte keine Ahnung was der Junge nun schon wieder vor hatte. Aber als dieser Noriko erreichte, lächelte sie ihn an. Er nickte nur und musterte Mamoru, der, wie auch die Stunden zuvor, wieder an dem Sonnenhütchen zupfte und versuchte die Schleife unter dem Kinn aufzubekommen. Massanorie zögerte kurz, doch dann löste er die Schleife, nahm das Hütchen ab und setzte Mamoru die rote Cappy auf den Kopf. Sein kleines Gesicht verschwand unter der Mütze, doch Mamoru schob die Cappy hoch und sah Massanorie aus großen Augen an. Dieser sah zu Noriko, welche nun wirklich überrascht war. Massanorie hielt ihr die Mütze hin und sammelte jedes bisschen Englisch und japanisch zusammen was er mit seinen fünf Jahren schon aufgeschnappt hatte. „Jetzt sieht er aus wie ein Junge und nicht mehr wie ein Mädchen.“ Damit drückte er ihr das Mützchen in die Hand, er verbeugte sich und lief wieder zurück zu seiner Mutter. Dass er rot war und er sich komisch dabei vor kam, sagte er keinem. Noriko hatte nur ein bisschen verstanden, aber als sie zu Mamoru runter sah, lachte dieser fröhlich und drückte sich die Cappy fest auf den Kopf, so dass seine Augen auch verschwunden waren. „Mein kleiner Prinz scheint einen Ritter gefunden zu haben.“ Kam es nur leise von ihr, bevor sie sich noch einmal umdrehte, verbeugte und ging. Kapitel 52: Step Fifty...Past ----------------------------- Vergangenheit ist, wenn es nicht mehr weh tut. Mark Twain Massanorie Lenjier Unschlüssig stand ich vor der Tür und wusste nicht ob ich klopfen, klingeln oder einfach aufschließen sollte. Meine Mutter hatte von dem ersten Treffen mit Mamorus Mutter im Fahrstuhl erzählt und von dem gemeinsamen Tag auf dem Spielplatz. Dann hatte eine Weile lang niemand etwas gesagt und als Mamoru einfach aufgestanden war und ging, hatte ihn keiner von uns aufgehalten. Nun war es fast 20 Uhr und ich war beruhigt als ich von unten das Licht in seiner Wohnung gesehen hatte. Ich zog die Luft tief in meine Lunge, nahm den Schlüssel und schloss die Tür auf. „Hallo?“ ich steckte meinen Kopf in die Wohnung und sah mich um. „Im Bad.“ Kam es nur monoton als Antwort. Erleichtert, dass ich überhaupt eine Antwort bekommen hatte, betrat ich die Wohnung und sah mich um. Es glänzte überall und mir stieg der Geruch von Putzmitteln in die Nase. Ich konnte leise Musik wahrnehmen und ich sah mich zuerst in der Wohnung um bevor ich ins Bad ging. Im Wohnzimmer hatte sich Mamoru anscheinend besonders ausgetobt. Das erste was mir auffiel war, dass alle Bücher nun nach Farbe der Einbände sortiert waren – da hatte jemand Langweile gehabt. Der Boden glänzte und er hatte die Möbel verrückt, das Sofa stand zwar immer noch da wo es vorher gestanden hatte, aber das Bücherregal, der Schreibtisch und das TV-Board hatten miteinander die Plätze getauscht. Nach meiner Meinung war es vorher besser gewesen, aber sicherlich würde ich das nicht ansprechen – noch nicht. Die Küche blinkte auch vor sich hin und so betrat ich leise seufzend das Badezimmer. „Hey…“ ich zog eine Augenbraue hoch und sah zu Mamoru der auf den Boden kniete und putzte. „Hast du deine Schuhe wenigstens ausgezogen oder trägst du jetzt den ganzen Dreck in meine Wohnung.“ Mir lag eine passende Antwort auf der Zunge, aber stattdessen schluckte ich sie hinunter und setzte mich auf den kleinen Hocker neben der Dusche. „Putzt du schon seitdem du von uns weg bis?“ Ich beobachtete wie Mamoru kurz inne hielt nur um dann die Nase zu rümpfen. „Ja und? Was dagegen? Die Wohnung sah aus wie ein Loch. Hättest ja wenigstens putzen können, während ich einen Nervenzusammenbruch hatte.“ Eine Weile lang putzte Mamoru einfach weiter, während ich ihm zusah. „Wollen wir reden?“ ich hielt es irgendwie für angebracht über das was meine Mutter erzählt hatte zu reden. Für mich war das Notwendig und für meinen Freund auch, fand ich. „Wieso? Über was willst du denn reden?“ Kam es nur in einem eisigen Ton von ihm. Er sah nicht einmal auf, sondern putzte einfach weiter. Seufzend stand ich auf, ging neben ihn in die Hocke und zupfte an einer seiner Haarsträhnen. „Über nichts. Hast du Hunger? Dein Kühlschrank ist ja leider leer und außer dem Aal und ein paar gebratenen Nudeln hab ich noch nichts zu mir genommen.“ Mamoru setzte sich auf und nach einer Weile kam ein schwaches Nicken. „Gut. Wie wäre es mit Sushi?“ „Von mir aus – aber du musst bezahlen. Ich bin pleite.“ Kam es nur leicht gereizt von ihm. Wobei ich wusste, dass er eher auf sich wütend war als auf mich. Geld war eben immer noch ein Thema zwischen uns, vielleicht sogar mehr als zuvor, allein schon durch seine finanzielle Situation zurzeit. „Na dann geh ich mal was bestellen.“ Damit strich ich ihm durch die Haare, verließ das Badezimmer und setzte mich mit dem Telefon auf die Couch. Ich bestellte Sushi und achtete auch darauf, dass welche mit Aal dabei waren, vielleicht würde das seine Stimmung etwas bessern. Aus den Augenwinkeln konnte ich den Schatten im Flur sehen der anfing auf und ab zu tigern. Mamoru schien sich unsicher ob er zu mir kommen sollte oder nicht. Schmunzelnd nahm ich das zur Kenntnis, schaltete den Fernseher ein und zappte solange bis ich einen Film fand der mich ansprach. „Uh! Star Trek: Generations. Naja zwar auf Japanisch, aber ich nehme was ich kriegen kann.“ Murmelte ich nur. Und ließ mich tiefer in die Kissen sinken um einen meiner Lieblingsfilme anzuschauen. Bis jetzt wusste nur meine deutsche Verwandtschaft und meine Mutter um meine Star Trek Leidenschaft. Ich persönlich war ja eigentlich ein Fan der Next Generation Serie, aber auch die alten Klassiker waren sehenswert. Das Mamoru nun endlich im Türrahmen stand und mich ansah hatte ich bemerkt, auch wenn ich mich lieber auf den Film konzentrierte. „Massanorie?“ Seine Stimme hatte diesen leicht bittenden Unterton angenommen. „Hmm.“ Kam es nur von mir da ich versuchte mich mit den japanischen Synchronstimmen anzufreunden, was mir nur sehr schwer gelang. Die amerikanischen waren toll, die Deutschen akzeptabel, die japanischen gingen Gar.Nicht! Mamoru jedoch schien meine Antwort erst einmal nicht als Desinteresse abzutun. „Ist es dir wichtig oder findest du es bedeutsam,… dass wir uns schon so lange kennen?“ Fragend sah ich ihn an und stellte den Fernseher auf stumm. „Nein.“ Kam es nur von mir, aber ich sah, dass diese Antwort wohl nicht die war die Mamoru hören wollte. Ich streckte meine Hand aus und winkte ihn zu mir. Er zögerte, kam dann aber doch zu mir, legte seine Hand in meine und ließ sich von mir auf das Sofa ziehen. Ich küsste seinen Hals und strich ihm über diese kleine empfindliche Stelle an seiner Seite. Sofort zuckte er zusammen und ich sah das Lächeln auf seinen Lippen. „Das kitzelt.“ Nuschelte er nur, während er meinen Mund mit seinem suchte und wir in einem Kuss versanken. Mamoru Chiba Eine Weile saßen wir still nebeneinander, seine Finger hatte er mit meinen verschränkt und ich hatte amüsiert festgestellt, dass Massanorie ein Sci-Fi Nerd war. Diese Star Trek Sachen hatten mich nie sonderlich interessiert, auch wenn der Film den wir gerade schauten nicht so schlecht war wie ich angenommen hatte. Potenzial war vorhanden. Aber innerlich störte es mich, dass Massanorie der Geschichte seiner Mutter keine Bedeutung für ihn hatte. War es dumm, dass ich es bedeutsam fand? Dass es für mich wie ein Zeichen war? Wahrscheinlich war das nur dumm. Ich wusste auch nicht was ich von Andreas Geschichte halten sollte. Bis jetzt hatte ich immer gedacht, dass sie mich nicht haben wollten, aber nun… ich war mir nicht mehr sicher. Plötzlich schaltete Massanorie den Fernseher aus. Überrascht sah ich ihn an. „Was ist los?“ „Hast du eigentlich verstanden was ich dir seit Wochen immer und immer wieder sage?“ Im ersten Moment verstand ich nicht was er wollte, doch dann dämmerte es mir was er meinte. Ohne ein Wort setzte ich mich auf und starrte nach vorne. Seine Finger fuhren über meine Wange, legten sich unter mein Kinn und drehten meinen Kopf zu ihm, damit ich ihn ansah. Ich konnte es ihm nicht sagen. „Ich wünsche mir nichts mehr als deine Liebe und das du bei mir bist. Aber ich weiß nicht ob es dir auch so geht, auch wenn du Steven in diesem Club schon gesagt hast, dass du mich auch liebst. So weiß ich nicht ob du nur verliebt bist, oder mich liebst oder es nur der Moment war der dich dazu bewogen hat das zu sagen.“ In meiner Kehle bildete sich ein Kloß und ich konnte nichts sagen, also umfasste ich nur seine Hände und hielt diese fest. Auf Massanories Lippen bildete sich ein trauriges Lächeln. „Ist es dir deswegen so wichtig? Das unser treffen als Kinder eine Bedeutung hatte, dass es Schicksal war?“ „Ich weiß es nicht.“ Kam es leise von mir, während ich meinen Blick senkte. Doch plötzlich spürte ich seine Stirn an meiner und sein Blick traf meinen und ich konnte den Kampfgeist sehen. Dieser sture Blick der immer bekam was er wollte. „Ich schaffe es Mamoru. Ich werde jeden Teil in dir davon überzeugen, dass ich liebenswert bin und ich werde dem Kind in dir beweisen, dass ich immer da sein werde. Dass ich dich nie alleine lassen werde. Vor keinem anderen Menschen würde ich so viel Schwäche zeigen wie vor dir. Aber bei dir, da kann ich ein besserer Mensch sein, nicht für andere, nicht für diese Welt – nur für dich. Und ich wünsche mir nur, dass du auch immer bei mir bist. Denn ohne dich ist alles so schrecklich normal und öde. Ich werde immer bei dir sein, selbst wenn du fällst werde ich dich halten – immer.“ Völlig fassungslos starrte ich ihn an und konnte die Worte die er gerade gesagt hatte nur schwer verstehen. Ich bekam nur mit wie er aufstand und erst jetzt hörte ich das Klingeln der Haustür. Langsam stand ich auf und betrat das Schlafzimmer. „Baka.“ Nuschelte ich nur und meinte damit eher mich als Massanorie. Plötzlich ergab so vieles einen Sinn und ich hatte durch Andreas Erzählung etwas Wichtiges erkannt und das machte das Ganze einerseits viel einfacher und anderseits so schrecklich kompliziert. Das dieser Trottel von Mann nicht sehen konnte, dass es damals vielleicht wirklich Schicksal war, dass er nicht erkannte, dass er mir damals schon wichtig gewesen sein musste. Ich presste die Lippen aufeinander, kniete mich vor den Schrank und holte die kleine Andenkentruhe heraus. Tief am Ende der Kiste fand ich das was ich suchte. Das was mir so wichtig gewesen war, dass ich es nie wegschmeißen konnte. So oft wollte ich es, aber in mir war immer etwas was das nicht zuließ. Der Stoff war verblasst und rissig, aber die rote Farbe war noch immer sichtbar. „Mamoru?“ Das einfallende Licht aus dem Wohnzimmer erhellte einen Teil des Schlafzimmers. „Hier.“ Kam es nur von mir, bevor ich tief einatmete und die Tränen hinunter schluckte. Langsam stand ich auf und drückte den Stoff in meinen Händen fest zusammen. Massanorie trat in den Lichtkegel der Tür. „Ich wollte dich nicht verunsichern. Aber es war mir wichtig, dass du das weißt. Ich habe aus den letzten Wochen gelernt, wir reden zu wenig und ich will diesen Fehler nicht nochmal machen, nur weil ich mir vielleicht zu fein bin über meine Gefühle zu reden. Gleiches Recht für alle – das hatten wir doch mal gesagt, nicht wahr? Du musst mir nicht sagen, dass du mich liebst oder dass du verliebt bist. Ich will, dass du selbst merkst…“ „Dummkopf…“ kam es nur leise von mir. „Was?“ Ich ging auf ihn zu und schüttelte den Kopf. Sein Blick fiel auf meine Hände und er runzelte die Stirn. „Was hast du da?“ Ich lachte leise und lächelte ihn an. „Ich hab es gewusst als deine Mutter mir davon erzählte und mir wurde klar, dass ein Teil von mir sich immer an dich erinnert hat.“ Und dann hielt ich ihm meinen kleinen Schatz entgegen und ich konnte sehen wie er verstand was ich ihm da zeigte und ein Lachen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. „Du hast sie immer noch?“ Nickend sah ich ihn an. „Ja. Ich konnte sie nie wegwerfen. Immer wenn ich es wollte hat ein Teil von mir innerlich aufgeschrien. Ich wusste nie warum, aber sie war mir wichtig. Sonst hätte ich sie nicht getragen an diesem Tag…“ „Mamoru…“ Kopfschüttelnd sah ich ihn an. „Du bist ein Dummkopf, ein totaler Trottel. Du bist egoistisch und selbstverliebt. Dir sind andere egal und wenn du könntest würdest du die ganze Welt kaufen nur um den Leuten zu zeigen wie dumm sie sind. Dein Entwicklungspotenzial gleicht dem eines Pizzakartons und seitdem ich dich kenne ist mein ganzes Leben ein einziges Chaos. Du regst mich auf, wegen dir hab ich Steven die Nase gebrochen und du bringst mich zum heulen.“ Strahlend sah ich ihn an. „Aber du bist der einzige der mich zum Lachen bringen kann, du tröstet mich und weißt immer wie es mir geht. Du lebst mit meinen schrecklichen Launen, die ich kaum selber ertrage und du bist da, selbst wenn niemand da ist, bist du da. Und das schon damals, du hast mich schon beschützt und mich zum Lachen gebracht als ich nicht einmal wusste was Liebe ist.“ Massanorie griff nach meiner Hand und sah mich an und ich konnte die Tränen in seinen Augen sehen. „Du denkst ich würde dich niemals lieben können. Aber ich glaube, ich wusste von Anfang an wo ich hingehöre.“ Ich sammelte allen Mut in mir, griff nach seiner Hand und versuchte seinem Blick standzuhalten. „Ich… ich liebe dich!“ Ich schlang meine Arme um ihn und während wir uns küssten konnte ich hören wie die rote Cappy auf den Boden fiel. Kapitel 53: Step Fifty-one... Peace ----------------------------------- Frieden kannst du nur haben, wenn du ihn gibst. Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach Bunny Tsukino Der Vollmond stand hoch am Himmel und sein silberner Schein wurde vom Schnee reflektiert. Sein Leuchten erhellte die Welt und während er dahin glitt am nächtlichen Himmel konnte ich seinen Schein auf meinem Gesicht spüren. Mein Blick glitt über die Stadt vor mir und unter meinen Schuhen konnte ich den feinen Schnee knirschen hören, als ich mich bewegte. Die kleine Aussichtsplattform war mir ein Ort geworden wo ich meine Gedanken ordnen konnte. Der feine Pulverschnee wirbelte, von einem Windstoß getragen, auf und es wirkte so als würde ein seidenes Tuch in den Himmel getragen werden. Mein Blick folgte den winzigen Schneeflocken. „Es ist vorbei, nicht wahr?“ Ich lächelte sanft und begann endlich zu verstehen, dass es die Zukunft, die ich mir gewünscht hatte, nicht mehr gab. „Ja.“ Kam es nur leise von Setsuna, die mit den anderen hinter mir stand und mich beobachtete. „Bunny…“ Luna sprang vor mir auf die Brüstung und sah mich traurig an. Doch ich schüttelte nur den Kopf und lächelte sanft. „Es ist gut so.“ mein Blick glitt zum Mond. „In all unseren Kämpfen habe ich mir so oft gewünscht nur ein normales Mädchen zu sein. Dass ich eine normale Zukunft haben werde, einen Beruf, Familie, all das. Und nun ist das zum greifen nah, aber…“ „Aber…“ Rays Stimme klang traurig und ich drehte mich um und sah meine Freundinnen an. „…ich habe Angst davor, dass ich in einem normalen Leben nicht genügen werde. Als Kämpferin, als Prinzessin, als Königin, da schien es so als hätte ich alles unter Kontrolle. Aber als normaler Mensch habe ich oft das Gefühl zu scheitern.“ „Bunny. Bitte sag doch so etwas nicht.“ Ami schüttelte den Kopf. „Vielleicht wirst du das.“ Wir alle sahen ungläubig zu Minako, welche ihren Blick nun hob und mich aus starken Augen ansah. „Das ganze Leben wird ein Kampf sein. Um Anerkennung, einen guten Studienplatz, um eine gute Arbeit. Und vielleicht werden einige von uns scheitern. Aber am Ende müssen wir daran glauben, dass es Menschen um uns herum gibt, die uns helfen werden, die uns unterstützen und dann – dann werden wir auch das schaffen und daran wachsen. So wie wir an jedem Kampf gewachsen sind. Der Wille das wir das schaffen wird uns helfen, er wird uns immer leiten und wenn wir auf uns vertrauen und auf unsere Freundschaft dann werden wir ein Leben außerhalb des Soldier Daseins haben. Die Frage ist – wer willst du sein? Willst du Bunny Tsukino sein, oder Prinzessin Serenity.“ „Sie ist beides.“ Luna sprang neben mich und schien erbost über Minakos Trennung. „Sie selbst muss wählen was sie sein will. Mamoru hat das schon. Er hat gewählt und sich für Mamoru Chiba entschiedene und Prinz Endymion das sein lassen was er immer war in dieser Welt – eine Erinnerung an etwas das es nicht mehr gibt.“ „Und wenn ich beides akzeptieren will – weil ich beides bin?“ „Dann sei es, aber hör auf in der Vergangenheit oder der Zukunft zu leben, sondern lebe nur im hier und jetzt.“ Minako kam auf mich zu und kniete sich vor mir hin. „Ich werde dich immer beschützen. Ich bin die Anführerin deiner Leibgarde und werde mein Leben für dich opfern. Weil du meine Prinzessin bist…“ Sie erhob sich und lächelte. „..und ich werde dich immer unterstützen, dich trösten und mit dir lachen, weil du meine beste Freundin bist.“ Weinend fiel ich ihr in die Arme und drückte sie fest an mich. Die letzten Wochen waren so schrecklich gewesen. Ich hatte mich selber kaum wieder erkannt und nun endlich hatte ich das Gefühl, dass alles wieder gut werden würde. Plötzlich spürte ich die anderen, die mich alle umarmten und lächelten. Ja Minako hatte recht, ich war nicht allein und es würde einen neuen Morgen geben und Seiya und alle die ich so liebte waren bei mir. „Wir könnten doch ein Fest veranstalten. Eine Party – einfach nur so.“ Ray grinste und tippte mir auf die Stirn. „Ich plane die Deko damit alles genau passt.“ Ami holte sofort ihren Computer hervor und tippte wild herum. „Ja und ich koche und backe dafür.“ Makoto war sofort Feuer und Flamme für die Idee und auch Haruka, Michiru und Setsuna nickten. Ich lachte leise und freute mich. „Ja das machen wir. Und wir laden auch Yosuke mit ein und May und Motoki und… Mamoru…“ ich machte eine kurze Pause. „Und Massanorie.“ Minako drückte meine Hand und ich nickte zustimmend. „Ja genau.“ Massanorie Lenjier Nachdenklich stand ich vor dem Schrank und hing ein weiteres Hemd auf. Ich konnte mir das Lächeln nicht verkneifen und obwohl es komisch war, so fühlte es sich toll an. Wie hieß es so schön „Home Sweet Home“. Die Wolken der letzten Tage hatten sich verzogen und fast war es so als würde das Wetter sich zu unseren Gunsten bessern. Der blaue Himmel und die Sonnenstrahlen machten die Wintertage nur noch schöner, auch wenn ich diese zurzeit im Büro oder auf der Couch verbrachte. „Reicht der Platz?“ Ich drehte mich um und musterte Mamoru, er lehnte sich an den Türrahmen und biss sich leicht auf die Unterlippe. Um seine Nase herum zeichnete sich ein leichter Rotschimmer ab, welcher ansteckend war und ich konnte die Wärme spüren die mir auch ins Gesicht stieg. Ohne ein Wort sah ich ihn an und mir wurde bewusst was für ein Glück ich hatte. Da stand er und es war nicht einmal zwei Wochen her dass er diese wundervollen drei Worte zu mir gesagt hatte. Seit diesem Abend war es zwischen uns perfekt. Fast als hätte Mamoru eine Mauer eingerissen – nur für mich. Er hatte mit May und Yosuke geredet und anscheinend hatten sie sich ausgesprochen und Dinge geklärt die zwischen Ihnen standen. Aber ich fragte nicht nach, ich hatte gelernt und würde warten bis er es mir erzählen wollte – und wenn nicht, dann war das auch ok. Als er dann noch bei Shogo gewesen war um sich zu entschuldigen weil er nicht arbeiten gekommen war, hatte er überrascht festgestellt, dass May und Minako das für ihn übernommen hatten. Besonders gerührt war er als die beiden ihm den Lohn geben wollten und es hatte wohl einige Stunden Überredung gekostet, dass er diesen annahm. Die Mädchen meinten nur, dass sie das schließlich für ihn getan hätten und nicht wegen dem Geld. Mamoru hatte fast geweint als er mir das erzählte und er schmollte einige Stunden, weil ich es wusste und es ihm nicht vorher gesagt hatte. Nun stand er da in einer meiner Trainingshosen und einem Achselshirt und lächelte mich verlegen an, als ich das letzte Hemd in seinen Schrank hing. Ich schloss die Schranktür und nickte auf seine Frage. „Wir hatten doch gesagt, ein Fach und drei Kleiderbügel.“ Meinte ich nur Schulterzuckend als ich auf ihn zu ging. Meine Arme legten sich um seinen Hals und ich zog ihn für einen kurzen Kuss zu mir. „Morgen bist du dran… dann schaff ich in meinem Schrank Platz für dich.“ Ein Lächeln bildetet sich auf seinen Lippen – Gott wie ich das liebte. „Es ist komisch, dass du deine Sachen in meinen Schrank hast. Und das in meinem Bad nun zwei Zahnbürsten stehen und der ganze andere Kram…“ „…der ganze andere Kram ist wichtig, damit ich gut aussehe. Und so viel ist es gar nicht. Etwas Haargel, ein Rasierer und Rasiergel und Aftershave, Duschgel – na gut es ist doch schon eine Menge. Aber ich muss ja auch gut aussehen für dich.“ „Immer - auch ohne das alles.“ Er ließ seine Finger durch meine Haare gleiten und zupfte an einer Haarsträhne. „Schön, dass du das Wochenende frei hast.“ „Nur für dich!“ Dann versanken wir wieder in einem Kuss. Es war für uns beide komisch, weder Mamoru noch ich hatten je unsere Wohnung mit jemand anderen geteilt und nun standen in seinem Bad Sachen von mir und bei mir Sachen von ihm. Es war ein großer Schritt und zum ersten Mal war es für uns beide neu und aufregend. Noch vor zwei Tagen hatte ich meiner Schwester gesagt, dass ich wohl endlich doch die doofen Schmetterlinge spüren würde und musste mir dafür einige dumme Sprüche anhören, bis sie mich anlachte und umarmte. Mamoru Chiba Massanorie war duschen gegangen und ich mümmelte mich wieder auf die Couch und ließ meine Finger durch Sparkys Fell fahren. Die letzten zwei Wochen waren gut gewesen, vielleicht die besten Wochen der letzten Jahre. Ich fühlte mich gut, entspannt und innerlich aufgeräumter, auch wenn ich wusste, dass ich wohl noch einen langen Weg vor mir hatte um wirklich vollkommen mit mir im Reinen zu sein. Aber vor zwei Tagen war ich das erste Mal bei einem Therapeuten gewesen – Massanorie hatte ich das nicht erzählt. Nicht weil ich mich schämte, aber ich wollte erst sehen ob mir das wirklich etwas brachte. Auch wenn die erste Sitzung gut gewesen war und ich meine ersten Vorurteile gegenüber Therapeuten revidieren musste. Seijiro hatte auch schon angerufen und sich mit Andrea angemeldet, dass sie heute Nachmittag vorbei kommen würden. Wobei seine Laune etwas zu wünschen übrig ließ, er war immer noch etwas sauer auf mich und zeigte mir das auch und auch wenn ich es gar nicht wollte, so störte es mich sehr, dass er immer diesen leicht enttäuschten Blick auflegte wenn wir uns sahen. Massanorie meinte nur ich würde mir das einbilden und vielleicht war es auch so, aber doof war es trotzdem. Seufzend ließ ich mich tiefer ins Kissen sinken und schaltete den DVD Player wieder ein. Massanorie hatte mich leicht angesteckt was diese Star Trek Serie anging auch wenn ich immer Fragen stellte die ihn nervten. Besonders wenn es um den Realitätsfaktor ging und die technische Umsetzung bestimmter Dinge. Er meinte nur ich sollte aufhören seine Lieblingsserie kaputt zu reden. „Du schaust jetzt aber nicht ohne mich weiter, oder?“ kam es aus Richtung des Badezimmers. Ich zuckte zusammen und drückte sofort den Stopp Knopf auf der Fernbedienung. „Neihein. Natürlich nicht!“ rief ich nur zuckersüß, bevor ich lächelnd Sparky ansah. „Dein Herrchen hat einen sechsten Sinn.“ Also zappte ich einfach im TV-Programm weiter und blieb schließlich bei einer Anime Serie hängen. Aber schon nach ein paar Minuten war ich davon gelangweilt, stand auf, streckte mich und ging in die Küche um Kaffee aufzusetzen. Die Uhr sagte mir, dass Seijiro und Andrea in nicht ganz zwei Stunden hier sein würden. Innerlich war ich etwas nervös, dass letzte Mal als die beiden in meiner Wohnung waren, hatte ich einen leichten Nervenzusammenbruch mit Tendenzen zu Depressiver Selbstzerstörung, das war irgendwie nicht so gut gewesen. Seufzend stellte ich das Radio an und drehte den Knopf solange bis ich meinen Lieblingssender fand. Massanorie verdrehte jeden Morgen den Knopf und das machte mich schon wahnsinnig, aber so musste es wohl sein, wenn man sich arrangierte. „…also und das war der neue Song der Three Lights. Ich hoffe er hat euch gefallen, das klingt mal wieder nach einem Ohrwurm der uns so schnell nicht los lassen wird…“ „Perfekt… der ist echt überall. Blöde Transe.“ Zischte ich nur und machte mich wieder daran den Kaffee zu kochen. „… und nun Kana Uemura mit einem Cover von dem berühmten Song Isn’t She Lovely von Stevie Wonder aus dem Jahr 1978.“ Isn't she lovely Isn't she wonderful Isn't she precious Less than one minute old I never thought through love we'd be Making one as lovely as she But isn't she lovely made from love Isn't she pretty Truly the angel's best Boy, I'm so happy We have been heaven blessed I can't believe what God has done Through us he's given life to one But isn't she lovely made from love Isn't she lovely Life and love are the same Life is Aisha The meaning of her name Londie, it could have not been done Without you who conceived the one That's so very lovely made from love Ich sang den Song leise mit und fand, dass dieser Song bestimmt tausendmal besser war als der neue Hit der Three Lights – auch wenn ich ihn noch nicht gehört hatte. Irgendwie hatte dieser Song einen Gute-Laune-Charakter und ich setzte die neue CD von Kana Uemura auf meine Liste der noch zu kaufenden CDs. Lächelnd sah ich zu wie der Kaffee langsam durch die Maschine lief und musste zugeben, dass es schön war Massanorie nun die ganze Zeit um mich zu haben. Es war ungewohnt – aber, sehr schön. So in Gedanken versunken merkte ich gar nicht wie sich zwei Hände um meine Taille legten und ich zuckte erschrocken zusammen als er seinen Kopf auf meinen ablegte. „Du kannst ja singen.“ Kam es leicht amüsiert von ihm, was ich nur mit einem Augendrehen abtat. „Kochst du Kaffee?“ „Nein – ich brate Fisch! Was für eine doofe Frage. Du siehst doch das ich Kaffee koche, warum fragst du also.“ Massanorie lachte leise und drückte mir schließlich einen Kuss in den Nacken. „Du bist süß – mein kleiner Kater.“ Er sagte Kater immer auf Deutsch und ich fand es toll, weil es nur wenige bis niemand verstand und das hatte etwas so vertrautes, dass ich diesen Spitznamen für mich gerne zuließ. „Ich liebe dich.“ Kam es nur leise von mir und ich spürte wie mir Röte ins Gesicht stieg. „Dito!“ kam es nur schmunzelnd von ihm, aber seine Augen hatten dieses Glänzen und das war wundervoll. Diese grünen Augen zogen mich jeden Tag tiefer in ihren Bann und ich wusste, dass ich schon jetzt nicht mehr ohne ihn leben konnte. Andrea Lenjier „Glaubst du die Auswahl an Kuchen ist ok?“ nachdenklich warf ich einen Blick in die Schachtel und dann zu meinem Mann. Seijiro nickte nur und drückte den Fahrstuhlknopf. Seufzend und Kopfschüttelnd sah ich auf die Anzeigentafel. „Willst du nicht langsam mal aufhören böse auf ihn zu sein. Er hat sich doch entschuldigt bei dir und er strengt sich an. Außerdem finde ich ja, das auch wenn ich Gewalt verurteile und es nicht gut heiße, in Ordnung dass er ihm die Nase gebrochen hat. Steven hat das verdient…“ „Darum geht es nicht. Ich bin ihm nicht böse. Ich finde es nur eine Schande, dass er nichts mit anzufangen weiß. Das einzige was er gerade sinnvolles macht ist Katrin vom Kindergarten abholen, damit Julia ein paar Überstunden machen kann. Ansonsten gammelt er nur herum und spielt auf seiner Konsole. Ich finde das einfach nicht gut, dass er nichts macht und sich anscheinend auch nicht um seine Zukunft kümmern will…“ Die Fahrtstuhltür öffnete sich. „…das ist alles… ich mache mir nur Sorgen.“ „Das solltest du ihm mal sagen. Ich glaube er ist verunsichert, weil du etwas abweisend zu ihm bist. Vergiss nicht er ist nicht wie Julia oder Massanorie. Die beiden hatten immer ihren eigenen Kopf und auch wenn Mamoru so tut als wenn ihm unsere Meinung egal wäre, so ist sie es nicht. Und das weißt du doch auch nicht erst seit gestern.“ Seijiro sah mich aus den Augenwinkeln an und nickte nur leicht bevor ich auf den Klingelknopf der Tür drückte. Ich hörte ein fröhliches Bellen und lächelte. Das ich meinen Sohn mal in der Wohnung seines Freundes besuchen würde, das hätte ich mir auch nicht erträumt, das musste ich ja zugeben. Massanorie öffnete uns die Tür, seine Haare waren nicht gegellt, er trug einen leichten Bartschatten, hatte eine Trainingshose und einen Pullover an und strahlte übers ganze Gesicht. Er war verliebt – nicht das man das sah. „Hey. Da seid ihr ja. Kommt rein.“ Er bat uns rein als wäre es seine Wohnung und ich freute mich jeden Tag darüber, dass ich dieses Lächeln auf seinem Gesicht sehen durfte. Dieses Grinsen das er schon als sechsjähriger hatte und das mich immer angesteckt hatte, womit er Frauenherzen immer herum bekam, wenn er denn wollte. Genau dieses Lächeln hatte ihm die Sympathie meiner Eltern gebracht als er noch ein Kind war und dass Mamoru es ihm wieder gegeben hatte war einfach nur herrlich. „Wo ist Mamoru?“ Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und warf einen Blick in den Flur. „Im Wohnzimmer, er hat gerade Tassen hineingetragen und den Kaffee. Ihr kommt also genau passend.“ Seijiro war schweigsam und ich sah wie er Massanorie auf die Schulter klopfte und lächelte. Das war so ein Männer Ding. „Hallo.“ Ich betrat das Wohnzimmer und lächelte Mamoru an, welcher gerade die Tassen auf dem Tisch verteilte und mich etwas unsicher ansah. Er sah sich um und zupfte schließlich an seinem T-Shirt. „Hey.“ Schmunzelnd stellte ich die Packung mit dem Kuchen ab, ging zu ihm und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Sag bloß du bist aufgeregt. Ist ja nicht so als wenn Massanorie uns zum ersten Mal vorstellt. Also ganz ruhig. Nur ein ungezwungenes Kaffee trinken – mehr nicht.“ „Ich mag es nicht, wenn du das machst.“ Kam es etwas schmollend von ihm. „Was meinst du?“ fragte ich unschuldig. „In meinen Kopf hinein gucken. Massanorie macht das schließlich auch…“ Er rümpfte die Nase und stemmte die Hände in die Hüfte. Musternd sah ich ihn an und konnte mir schließlich das Lachen nicht mehr verkneifen. Seijiro Lenjier An meinem Kaffee nippend sah ich mich in der Wohnung um und musste feststellen, dass Mamoru wohl wirklich seine Zeit mit sinnlosen Dingen verschwendete. Zum einen weil sein Bücherregal nach Farben sortiert war, sowas tat man in meinen Augen nur wenn man zu viel Zeit hatte und die Spielkonsole auf dem Boden vor dem Fernseher bestätigte mich nur noch weiter. Dass er einfach nur herum lungerte und nichts tat nervte mich und es war in meinen Augen nicht in Ordnung. „Wann hast du eigentlich vor dir wieder einen Job zu suchen?“ unterbrach ich einfach das Gespräch zwischen meiner Frau und den beiden Jungs. Mamoru saß auf dem Boden direkt mir gegenüber, während Andrea und Massanorie auf der Couch saßen. Plötzlich herrschte Stille im Raum und Mamoru sah mich fast schockiert an. „Seijiro! Es reicht nun aber wirklich!“ Andreas Stimme hatte diesen warnenden Unterton angenommen, den kannte ich schon und ich wusste, dass das Eis auf dem ich stand sehr, sehr dünn war. Aber trotzdem – „Ich finde ja nur, dass wir darüber reden sollten, was er nun mit seinem Leben anfangen will. Er kann ja schließlich nicht den Rest seines Lebens herum gammeln und nichts tun. Oder seine Bücher nach Farben sortieren oder auf diesem Ding zocken.“ Ich musterte Mamoru und sah aus den Augenwinkeln, dass Massanorie mich böse ansah ebenso wie Andrea. „Mamoru ist alt genug das selbst zu entscheiden und er hat sich etwas Ruhe verdient.“ Kam es nur von meinem Sohn und auch er hatte diesen gewissen Unterton, den nur er, meine Frau und meine Schwiegermutter hinbekamen, in der Stimme. „Du bist nur sauer wegen Steven…“ kam es plötzlich von Mamoru und er sah mich bockig an. Massanorie und Julia hatten diese bockigen Phasen nie gehabt. Ja ich hatte mich mit Massanorie gestritten und so, aber das war eine andere Ebene gewesen, Mamoru schaffte es jedoch mich schnell auf die Palme zu bringen mit dieser Art. So was Stures wie ihn hatte ich noch nie erlebt. „Das hat damit nichts zu tun. Aber wenn wir schon beim Thema sind…“ ich kramte in der Innentasche meines Jacketts und schob Mamoru einen Brief rüber. „… Steven hat die Anzeige zurück genommen und dank meiner Beziehungen bekommst du auch keine Anzeige wegen Körperverletzung und keine Strafe.“ Aber wenn ich nun auf Dankbarkeit hoffte, dann belehrte mich Mamoru eines besseren. Er griff nach dem Brief, las ihn, musterte mich und zuckte mit den Achseln. „Mir doch egal. Ich hab dich nicht um deine Hilfe gebeten.“ Was? Ich glaubte nicht was ich da hörte. „Du undankbarer Bengel. Was bildest du dir eigentlich ein und wie redest du mit mir. Ich versuche dir zu helfen…“ „Na und? Ist mir doch egal. Ich brauch deine Hilfe nicht. Ich hätte das auch allein geschafft. Die paar Sozialstunden und so und wenn du denkst ich entschuldige mich bei Steven, dann kannst du das vergessen. Ich brech dem höchstens noch mal die Nase.“ Mamoru stand auf und sah mich herausfordernd an. Dass er es wagte, was dachte sich dieser Junge denn nur. „Dir ist doch hoffentlich bewusst, dass du deine ganze Zukunft mit so einer Einstellung gefährdest, oder? Wie willst du denn bitte studieren mit einer Anzeige wegen Körperverletzung?“ „Was geht es denn dich an?“ Massanorie Lenjier Ich wollte mich einmischen, aber meine Mutter legte ihre Hand auf meinen Arm und seufzte. „Lass die beiden das mal alleine austragen. Es hat keinen Sinn sich einzumischen.“ Damit nahm sie einen Schluck Kaffee und griff nach ihrem Kuchenteller. „Wie läuft es denn auf der Arbeit?“ „Mum? Willst du denn nichts sagen?“ Sie sah mich verwundert an und musterte dann meinen Vater und Mamoru, die nun beide voreinander standen und sich gegenseitig anmotzten. „Nein. Hat ja sowieso keinen Sinn. Die beiden sind ja stur und nur damit du es weißt, ich kenn sowas schon. Denkst du, du und dein Vater waren anders.“ „Naja schon… so haben wir uns nie verhalten.“ „Stimmt.“ Sie lehnte sich zurück und lächelte mich an. „Ihr habt euch anders gestritten, aber Mamoru und dein Vater haben halt eine andere Ebene und Mamoru schafft es ihn sehr schnell zu reizen.“ Seufzend sah ich mir die beiden Streithähne an, lehnte mich dann aber ebenfalls zurück und genoss meinen Kuchen. „Tut mir leid.“ Meine Mutter lachte nur leise auf und tätschelte meinen Oberschenkel. „Alles gut. Schon längst vergeben und vergessen. Weißt du, dein Vater war bei Steven und hat sich entschuldigt und hat ihn gebeten die Anzeige zurück zu nehmen. Er will nur das Beste für Mamoru. Du und Julia ihr beide ihr seid euren Weg gegangen, diese Welt stand euch offen und auch wenn dein Vater dich vielleicht in eine Richtung gezwungen hat, so wollte er dir nie etwas Böses.“ Nickend sah ich zu meinem Vater. „Ich weiß, auch wenn ich lange gebraucht habe um das zu verstehen, aber dank Mamoru haben wir nun ein gutes Verhältnis. Ich dachte jedoch, dass die beiden auch gut miteinander auskommen – nun bin ich mir da nicht mehr so sicher.“ „Ach quatsch. Die beiden kommen gut miteinander aus.“ Verwundert sah ich sie an. „Dann bist du gerade anscheinend nicht dabei wie die beiden sich streiten.“ Kam es nur spöttisch von mir. Sie lächelte sanft und sah zu den beiden. „Mamoru testet seine Grenzen bei deinem Vater. Für ihn ist es seltsam, dass es Menschen gibt die sich um ihn sorgen, die ihm helfen. Eine Familie ist für Mamoru immer noch neu und ungewohnt. Und auch wenn er es vielleicht nicht zugeben würde, so braucht Mamoru diese Vaterfigur die dein Vater für ihn ausstrahlt und deinen Vater zu reizen und zu sehen wie weit er gehen kann, hat auch etwas mit Erwachsenen werden zu tun. Du hast das bei deinem Vater auch getan, nur auf eine andere Art und Weise. Jeder hat in einer Familie seinen Platz und jeder darf so sein wie er ist und dazu gehört auch, dass man sich mal anschreien muss und sich streitet.“ Ich schwieg und wir beide sahen zu Mamoru und meinem Vater wie sie sich anzickten. „Ich kann mit meinem Leben machen was ich will und wenn ich für immer Videospiele zocke.“ „Nein das kannst du nicht. Du kannst nicht immer nur tun was du willst, du musst auch mal lernen Verantwortung für andere zu übernehmen…“ „… ich weiß wie es ist Verantwortung zu übernehmen und ich habe darauf keine Lust mehr...“ „…ach dann denkst du, du kannst dir das einfach aussuchen? Du kannst nicht einfach die Pause Taste drücken und dann wieder anfangen wenn du willst. So ist das Leben nicht.“ „Haben du und Mamoru eigentlich mal darüber gesprochen wie du damit umgehst?“ „Bitte?“ Ich sah meine Mutter an und wusste nicht was sie meinte. „Ich meine wie Mamorus Verhältnis zu mir und deinem Vater ist, so als Elternersatz…“ Jetzt fiel der Groschen. „Du meinst, ob ich Eifersüchtig bin?“ ich lachte leise und sah Mamoru an. „Ach weißt du, am Anfang dachte ich schon es würde mir etwas ausmachen, aber dann merkte ich schnell, dass ich mit Mamoru nicht in Konkurrenz stehe. Ich freue mich für ihn und so wie ich das sehe, ist seine Beziehung zu dir oder Dad eine andere als ich oder Julia haben.“ „Sehr gut. Ich bin froh dass du das sagst.“ Meine Mutter atmete tief ein und aus, stand dann auf, stellte ihren Teller auf dem Tisch ab und ging zu den beiden Streitenden. „So jetzt ist gut!“ kam es laut und bestimmt von ihr. Beide waren sofort still. „Setzen, sofort. Und dann werdet ihr beide euch gefälligst beruhigen und wieder zu Sinnen kommen. Sowas kindisches.“ Sie deutete meinem Vater an sich wieder sind in den Sessel zu setzen und zeigte auf Mamorus Platz und nickte diesem zu. Von keinem kam ein Widerwort und ich schmunzelte nur über meine Mutter und dass die beiden sofort kuschten. „Du Seijiro solltest dich schämen, du bist hier in Mamorus Wohnung als Gast also benimm dich.“ Mein Vater nickte nur und nahm die Tasse Kaffee in die Hand und schwieg. Dann wandte sie sich meinem Freund zu. „Und was dich angeht. Seijiro und ich sind deine Gäste also sei respektvoll und höflich. Alles andere ist nicht annehmbar.“ Mamoru schmollte, nickte aber dann zaghaft und warf meinem Vater noch einen bösen Blick zu, den meine Mutter sofort bemerkte. „Mamoru Alexander Chiba!“ Sofort saß Mamoru aufrecht und ihm schoss die Röte ins Gesicht. Meine Mutter hob mahnend den Zeigefinger und tippte Mamoru auf die Stirn. „Benimm dich!“ Ich hatte vor einigen Tagen versucht Mamoru mal mit seinem zweiten Vornamen anzusprechen, daraufhin hatte er mir sehr deutlich erklärt, dass ich das nicht durfte. Er würde nicht auf diesen Zweitnamen hören und er wollte auch nicht, dass man ihn verwendete. Meine Mutter schien jedoch ein Nutzungsrecht bekommen zu haben, wobei sie das wahrscheinlich nicht einmal eingefordert hatte. Sie benutzte den vollen Namen von Mamoru nur wenn sie ihn ermahnte. Das hatte sie in den letzten zwei Wochen schon öfters getan und ich fand es sehr süß, dass er so darauf reagierte. Mütterliche Strenge eben! Mamoru Chiba Es war gemein von ihm gewesen in dieser Wunde zu bohren und es war gemein, dass er einfach zu Steven gegangen war und sich entschuldigt hatte. Schmollend aß ich meinen Kuchen. Ich hätte mich nie entschuldigt. Und das Seijiro sich nun diese Blöße gegeben hatte störte mich ungemein. Mensch – sowas doofes. Jetzt dachte dieser Fatzke bestimmt das Seijiro nicht mehr ernst zu nehmen war und weichlich werden würde, wegen mir! Außerdem wusste ich selbst sehr wohl, dass ich nicht für immer Videospiele spielen und Star Trek schauen konnte. Aber mit jedem Brief von der Uni der mich ermahnte mich bald einzuschreiben, sonst könnte ich den Einstieg vergessen, bekam ich mehr Angst davor, dass ich es vielleicht doch nicht schaffte. Dazu kam auch noch, dass ich bei Shogo nicht mehr anfangen konnte. Natürlich hatten May und Minako nur wegen mir dort ausgeholfen, aber blöd war ich nicht. Shogo hatte Minako so in den Himmel gelobt als Verkäuferin und es schien ihr sichtlich Spaß zu machen, dass ich ihr den Job nicht weg nehmen wollte und May freute es auch, dass sie einen kleinen Nebenjob hatte und wenn beide das verdiente Geld ab jetzt auch noch für sich behalten konnten, dann umso besser. Missmutig aß ich den Kuchen und als die beiden sich verabschiedeten war ich einerseits erleichtert, aber ich wusste auch, dass das Thema noch nicht vom Tisch war. Familie zu haben war doch etwas lästig. Gerade wollte ich die Tür schließen, als Seijiro noch einmal zurück kam. „Mamoru?“ Ich sah auf und wich seinen Blick sofort aus. „Hmm.“ Kam es nur murrend von mir. „Ich…“ Plötzlich spürte ich seine Hand auf meinem Kopf und wie er mir durch die Haare wuselte. „Ich mache mir nur Sorgen. Ich bin nicht gut darin so etwas zu zeigen. Aber ich will nur dein Bestes und denke einfach, dass ein Mann wie du, der so viel Potenzial hat es nicht einfach wegwerfen darf – aus welchen Gründen auch immer. Und ich denke nicht, dass du es alleine nicht schaffst, aber etwas Hilfe anzunehmen kann manchmal sehr entlastend sein. Versuch doch einfach mal nicht immer mit dem Kopf durch die Wand zu wollen – wir haben dich lieb… Also… bis dann.“ Er räusperte sich und verschwand zum Fahrstuhl den Andrea ihm offen hielt. Etwas irritiert blieb ich im Hausflur stehen und schaute den beiden nach. „Na alles gut?“ „Ja… kann sein… bin ich eventuell… naja…“ „Bockig und Starrsinnig? Ja, definitiv!“ Ich drehte mich um und boxte Massanorie auf den Oberarm. „Doofmann. Redet man so mit seinem Freund?“ „Also erstens beschimpft man seinen Freund nicht als Doofmann und boxt ihn. Und zweitens…“ er küsste mich auf den Mund und lächelte. „… lieben Sie dich und wollen nur dein bestes. Auch wenn du ein ziemlicher Sturkopf bist. Aber in genau den hab ich mich ja verliebt. Einfach kann ja jeder!“ Damit zwinkerte er mir zu und grinste. Kapitel 54: Step Fifty-two... Fun --------------------------------- Wir müssen die Dinge lustiger nehmen, als sie es verdienen, zumal wir sie lange Zeit ernster genommen haben, als sie es verdienen. Friedrich Wilhelm Nietzsche Bunny Tsukino „Und du meinst es ist ok?“ ich seufzte und zupfte nervös an meinem Rock herum. Mein Blick glitt zu Minako, die mich amüsiert ansah und dann aber den Zeigfinger hob um mich zu tadeln. „Ich finde, du hättest ihn eher einladen müssen. Vor einer Woche haben wir alle anderen eingeladen, dass du Mamoru erst jetzt einlädst ist etwas doof.“ „Ja ich weiß.“ Kam es reuevoll von mir. „Aber ich hab mich nicht getraut und er hat eine neue Handynummer und…“ ich wusste auch, dass das nur Ausreden waren. Aber ich hatte solche Angst ihm unter die Augen zu treten. Ich wusste nicht ob er wütend auf mich war oder wie wir nun miteinander umgehen sollten. „Mach dir keine Sorgen, er wird dir schon nicht den Kopf abreißen. Aber…“ sie lächelte matt und drückte auf den Aufzugknopf. „Aber?“ verunsichert musterte ich meine beste Freundin. Seufzend und kopfschüttelnd schwieg sie einen Moment, bevor sie mir antwortete. „Erwarte nicht, dass er immer noch so ist wie du ihn kanntest. Er ist eigentlich anders und ich weiß, dass dich seine Persönlichkeit vielleicht verunsichert.“ Nickend stand ich mit ihr im Fahrstuhl, aber das Herzklopfen wurde immer stärker und als wir schließlich vor seiner Wohnungstür standen, dachte ich, mir müsste das Herz aus der Brust hüpfen, so stark klopfte es. „Alles wird gut.“ Minakos Hände legten sich auf meine Schulter und sie schubste mich etwas nach vorne, nachdem sie geklingelt hatte. Wie erstarrt stand ich da und als sich die Tür öffnete, blieb mir das Herz stehen. Vor mir stand Mamorus Freund und ich wusste sehr wohl, dass er mich nicht leiden konnte. Er trug eine Trainingshose und ein T-Shirt. Und wenn ich nicht wüsste, dass er sehr gemein sein konnte, hätte ich ihn fast als gutaussehend bezeichnet. „Was willst du denn hier?!“ kam es nur eisig von ihm, sein Blick glitt an mir vorbei. „Minako.“ Er nickte und schmunzelte etwas, bevor er mich wieder ernst ansah. „Mamoru!“ er drehte den Kopf und schien nicht im Geringsten daran interessiert uns herein zu beten. „Komm mal bitte. Deine Ex, die dich umbringen wollte, steht vor der Tür.“ Damit lehnte er sich an den Türrahmen und rümpfte die Nase. „Massanorie!“ Mamorus Stimme drang aus der Wohnung zu uns und plötzlich wurde die Wohnungstür, die bis jetzt nur ein Stück geöffnet war, aufgerissen. Mamoru trug genau da gleiche wie Massanorie und kniff ihn in die Seite. Massanorie zischte nur und ließ die kleine Standpauke über sich ergehen, ohne mit der Wimper zu zucken. „Du kannst sie wenigstens herein bitten und hör auf dieser Sache herum zu reiten. Mensch, du bist so ein Ekel. Deswegen hast du auch keine Freunde. Ohne mich würdest du sozial total isoliert sein…“ „Na das kommt ja vom richtigen.“ Konterte er nur und sah mich aus den Augenwinkeln an. Und ohne eine Vorwarnung zog er Mamoru zu sich und küsste ihn vor uns. Etwas schockiert sah ich die beiden an und drehte schließlich den Kopf beiseite. Ich wollte es akzeptieren, aber es fiel mir einfach schwer. Plötzlich spürte ich Minakos Hand, die meine ergriff und ohne abzuwarten schob sie sich mit mir an den Beiden vorbei. „Sorry Jungs. Aber das dauert mir alles zu lange. Also lasst euch nicht stören und netter Partnerlook.“ Sie grinste und stupste Massanorie in die Seite, welcher dadurch den Kuss unterbrach. „Ey.“ Das Minako so sein konnte wusste ich gar nicht. Ohne ein Wort zu sagen zogen wir unsere Schuhe aus und ich hörte wie die Tür geschlossen wurde. „Wollt ihr einen Tee oder Kaffee?“ Mamoru ging an mir vorbei und lächelte mich an. „Einen Tee, bitte.“ Kam es nur leise von mir und doch musste ich seinem Blick ausweichen und ich spürte wie ich rot wurde. Wir Mädchen saßen auf der Couch, während Massanorie in einem Sessel saß und mich musterte. Er ließ mich keinen Moment aus den Augen und das war ein sehr unangenehmes Gefühl. „Hast du Urlaub?“ Minako schien sich von Massanories Aura nicht abschrecken zu lassen, so wie ich. Ich hatte in seiner Gegenwart ein unbehagliches Gefühl und mir fiel es schwer dies nicht zu zeigen. „Ja. Noch das Wochenende.“ Kam es nur trocken von ihm. „Warum bringst du die da überhaupt mit?“ Dabei deutete er mit einem Kopfnicken zu mir und verengte seine Augen etwas um mich zu fixieren. „Sei nett!“ Mamoru tauchte mit einem Tablett im Wohnzimmer auf und stellte es auf den Tisch ab. „Außerdem hat sie einen Namen. Also sag nicht die da .“ „Ich kann sie aber nicht leiden und es muss mir nicht gefallen, dass sie in unserer Wohnung sitzt.“ Irritiert sah ich Mamoru an. „Eure Wohnung?“ flüsterte ich nur. Konnte das sein? War er wirklich schon mit diesem Mann zusammen gezogen? Ich durfte damals nur selten hier schlafen und dann schlief er immer auf dem Sofa und überließ mir das Bett. Bei Massanorie ging alles viel schneller als bei mir. Minako hatte recht, dass hier schien ein anderer Mamoru zu sein als meiner. „ Unserer ? Das ist ja ganz neu. Du hast ein Regalfach in meinem Schrank bekommen und belegst mein Badezimmer mit deinen Schönheitsprodukten. Aber das ist immer noch meine Wohnung.“ Er goss mir Tee ein und schmunzelte. „Du hast ein Aufenthalts- und Bleiberecht. Mehr aber auch nicht.“ Nun musste ich leise lachen und auch Minako brach in lautes Gelächter aus. „Das ist gut. Wobei ich auch schon zu Yosuke unsere Wohnung sage. Auch wenn ich nur wie Massanorie ein paar Regale und das Bad belegen durfte.“ „Na das ist ja fast wie zusammen wohnen.“ Kam es plötzlich nur kleinlaut von Massanorie und fast wirkte er mir gerade sympathisch. Mamoru Chiba Bunny schwieg eine Weile, während wir uns mit Minako unterhielten. Ich war schon erstaunt, dass Bunny hier war, aber das hatte bestimmt einen Grund, außerdem wollte ich nicht mehr streiten oder in der Vergangenheit leben. Es war trotz meiner Beziehung zu Massanorie immer noch so, dass ich Bunny gern hatte und dass ich mich mit ihr verbunden fühlte. Anders als wie mit Massanorie, aber trotzdem wollte ich ihr nicht das Gefühl vermitteln dass wir keine Freunde mehr waren. Na ja, vielleicht lag es auch nur an dem homöopathischen Mittel, dass mir die Therapeutin verschrieben hatte. Eigentlich wollte ich es nicht nehmen, aber nach dem Streit mit Seijiro hatte ich das Gefühl, das mich das runter zog und ich wollte uns nicht den Abend oder das Wochenende mit meiner Depri-ich-hasse-mich Stimmung kaputt machen. Also hatte ich mich überwunden und zwei von diesen Kügelchen genommen. Jedenfalls war ich gut gelaunt und das obwohl ich mich ja mit Seijiro gefetzt hatte, oder gerade deswegen. Insgeheim mochte ich diese Auseinandersetzungen mit ihm. Auch wenn ich zugegeben musste, dass es mich störte, dass er bei Steven gewesen war. Wahrscheinlich musste ich das wieder gut machen, denn dass sich der Mann, dem ich anscheinend etwas bedeutete und der für mich schon eine Vater-Figur geworden war, zu Kreuze kroch, das wurmte mich. Seufzend lehnte ich mich zurück und spürte Massanories Knie in meinem Nacken. Seine Finger fuhren durch meine Haare und er musterte mich als ich nach oben sah. „Sag mal…?“ „Hmm…“ „Du wirkst komisch… etwas… sehr gut gelaunt.“ Ohne etwas zu antworten, setzte ich mich wieder auf und nippte an meiner Tasse. „Warum seid ihr denn jetzt überhaupt hier?“ Ich versuchte galant das Thema zu wechseln. „Oh gut das du fragst. Bunny?“ Minako grinste und stupste Bunny in die Seite, welche aus ihren Gedanken hoch schreckte und mich verlegen ansah. „Also… naja… wir feiern eine Party. Einfach nur so und jeder von uns lädt Freunde ein und ich wollte fragen, ob du, also ihr… also du und… Massanorie, ob ihr kommen wollt… also ich würde dich… euch gerne einladen…“ Sie begann damit Nervös an ihrem Rock herum zu zuppeln und lächelte mich schließlich verlegen an. „Und wann ist die Party?“ kam es nur fragend von mir. „Morgen Abend.“ Minako seufzte und zuckte mit den Achseln. „Oh und Miss Princess lädt uns zum Schluss ein, weil sie dann hofft, dass wir nicht kommen…“ Massanories schneidender Tonfall nervte mich und doch musterte ich Bunny ob an der Aussage etwas Wahres dran war. Doch ich irrte mich, völlig erbost sah Bunny ihn an. „Das ist nicht wahr. Ich hab mich… ich hab mich nur nicht getraut Mamoru zu fragen. Und seine alte Nummer geht nicht mehr und am Telefon hatte ich Angst, dass er auflegt. Deswegen frag ich so spät.“ Sie hatte Tränen in den Augen und schüttelte den Kopf als sich unser Blicke trafen. „Wirklich Mamoru…“ Ich nickte nur und schmunzelte. Ja das war Bunny und deswegen glaubte ich ihr sofort. Sie lud uns ein, sagte uns dann noch, dass sie im Crown feiern würden und dass Minako auch Yosuke, May und sogar Shogo eingeladen hatte. Allem in allem blieben die Mädchen knapp eine Stunde und es war ok. Noch nicht wie früher, aber es war nett. Ich schloss gerade die Wohnungstür und sah schon Massanories Schatten hinter mir an der Wand. „Also?“ Schulterzuckend drehte ich mich um und sah ihn an. „Also, was?“ Einen Moment sahen wir uns schweigend an. „Nichts. Vergiss es.“ Er klang zerknirscht und ich hatte ein schlechtes Gewissen. „Ich geh baden, willst du vielleicht mit?“ Es war der Versuch, dass er nicht böse war, außerdem hatten wir bis jetzt noch nicht gemeinsam gebadet und irgendwie stellte ich mir das schön vor. Doch er verneinte nur und setzte sich vor den Fernseher. „Dann beschwer dich aber nicht, dass es an mir liegt das wir keinen Sex haben!“ kommentierte ich sein Verhalten nur bissig und schlug die Badezimmertür lauter als gewollt zu. Nun war ich doch wieder wütend und enttäuscht, so was Doofes. Wobei die Therapeutin meinte, dass Stimmungsschwankungen wohl dazu gehörten und es wäre gut, wenn ich das akzeptieren würde. Aber das wollte ich nicht! Ich hatte in den letzten Wochen allen so viel zugemutet, da wollte ich nicht weiterhin alle belasten mit meinem Scheiß. Eigentlich wollte ich etwas sagen, als ich noch einmal ins Wohnzimmer ging um die gebrannte CD zu holen, die neben meinem Laptop lag. Aber Massanorie ignorierte mich gekonnt und das konnte ich auch – wenn nicht sogar besser! Missmutig stieg ich in die Wanne, stellte den CD-Player an und hörte mir das neue Album von Kana Uemura an. Ja es war eine Kopie aus dem Internet, aber das war wirklich gerade mein geringstes Problem. Außerdem hatte Massanorie deswegen schon genug doofe Kommentare springen lassen. Das warme Wasser entspannte perfekt und ich schloss die Augen kurz. Ich wollte nicht streiten oder uns das Wochenende vermiesen, aber genau weil ich das zwanghaft versuchte, hatte ich es vermasselt. „Wieso bin ich so ein Baka?“ nuschelte ich nur und tauchte einmal komplett unter. Als ich wieder hochkam, strich ich mir die nassen Haare nach hinten und fuhr erschrocken zusammen, als ich Massanorie neben der Wanne sitzen sah. Ich lehnte mich auf den Rand und zupfte an einer seiner Haarsträhnen. „Ich – ich war letzte Woche bei einer Therapeutin…“ kam es zaghaft von mir und ich sah das schwache Lächeln auf seinen Lippen. „Gott sei Dank. Dann weiß ich wenigstens wieso du so komisch bist… ich dachte schon du planst wieder was Dummes.“ „Tut mir leid. Ich wollte es dir erst sagen wenn es mir besser geht. Weil ihr doch schon so viel wegen mir ertra…“ In diesem Moment setzte er sich auf und küsste mich sanft. Seine Lippen schmeckten nach dem grünen Tee und ich schmeckte die Zigarette heraus, die er sicherlich vorhin geraucht hatte. Es dauerte einen Moment bis er sich von mir löste und mich kopfschüttelnd ansah. „Ich ertrage alles. Egal was. Denkst du etwa, dass wir alle denken, dass es zu 100% gut ist? Das du nun nicht mehr leidest? Wie dumm müssten wir sein um das zu denken. Ich bin froh, dass du dir Hilfe suchst und wenn du willst dann komme ich mit, oder hole dich ab, bringe dich hin… wie du es willst.“ Ich sah ihn schweigend an und lehnte meine Stirn an seine. „Sie hat mir was Homöopathisches verschrieben.“ Massanorie nickte. „Deswegen diese plötzliche gute Laune, ich hab doch sofort gemerkt, dass da was nicht stimmt.“ Seine Finger strichen über meine Wange hinab zu meinem Hals. „Nimm diesen Scheiß nicht. Wenn es dir schlecht geht ist das so. Und wenn es dir gut geht, dann ist das auch so. Wir schaffen das – zusammen. Nicht allein.“ „Massanorie…“ ich zog ihn wieder an mich und küsste ihn. Massanorie Lenjier „Unser erstes gemeinsames Bad…“ flüsterte ich nur, während ich hinter Mamoru in der Wanne saß und seinen Nacken küsste. Er schnurrte nur und ließ sich das gerne gefallen. Mein kleiner Kater wusste eben doch was ihm gefiel. Das Bunny hier aufgetaucht war hatte ich hingenommen, auch wenn es mir nicht passte. Aber was wollte man machen. Mamoru schien morgen Abend auch wirklich auf diese Party zu wollen, aber was sollte es, wenn er es wollte dann würde ich eben nachgeben. Aber jetzt gerade konzentrierte ich mich eher auf andere – erfreuliche Dinge. Meine Lippen knabberten an seinem Nacken, während meine Hände sanft über seine Schulter und seine Brust strichen. Er lehnte sich an mich, drehte seinen Kopf und sah mich aus halb geöffneten Augen an. Das war Sexy. Seine Lippen öffneten sich und waren die perfekte Einladung für mich. Meine Zunge umkreiste langsam seine, immer wieder versuchte er in meinen Mund zu kommen was ich jedoch nicht zuließ. Meine Zähne bissen sanft in seine Unterlippe und saugten an ihr, was Mamoru leicht aufkeuchen ließ. Mit einem Lächeln sah ich ihn an und strich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn. „Ich mag es, wenn du die Haare nach hinten gekämmt trägst. Bei dir wirkt das sexy…“ „Danke… und ich mag diesen leichten Drei-Tage-Bart und wenn deine Haare mal nicht gegelt sind.“ Kam es leise und mit einem Lächeln zurück. Wir sahen uns nur an und ich rieb meine Nase an seiner. Meine Hände wanderten über seinen Oberkörper und massierten leicht seine Brustwarzen. Mamoru schloss die Augen und lehnte sich fest an mich und seufzte unter meiner Berührung auf. Meine Finger fuhren seine Rippen nach und streiften dabei immer tiefer, bis sie seinen Bauchnabel fanden. Leicht ließ ich meine Hände weiter nach unten gleiten, der Schaum in der Wanne verhinderte einen Blick und so war es fast wie ein Spiel bei dem Mamoru nicht wusste was ich als nächstes tat. Langsam begann ich damit seine Oberschenkel zu streicheln, bis ich schließlich leicht über seine Erektion fuhr. Mamoru keuchte auf und plötzlich hielt er meine Hand fest. „Lass uns ins Bett.“ Nickend hatte ich diesen Vorschlag angenommen und nun lagen wir im Bett, über uns diese warme flauschige Decke und ich glaubte, dass wir uns bis zu diesem Moment noch nie so viel Zeit gelassen hatten. Wir lagen auf der Seite und erkundeten mit unseren Händen den Körper des anderen, während wir uns küssten. Irgendwann begann Mamoru damit mich langsam auf den Rücken zu drehen und sich über mich zu schieben. Verdutzt sah ich ihn an, doch er sah mich nur mit diesen vollkommenen Augen an und lächelte. Seine Lippen liebkosten meinen Brustkorb und hinterließen kleine prickelnde Stellen, so kam es mir jedenfalls vor. Langsam tastete er sich immer tiefer, bis seine Hände meinen Schwanz massierten und seine Zunge sie dabei unterstützte. Ich keuchte laut auf und fuhr mit meinen Händen durch sein rabenschwarzes Haar. „Oh Gott, Mamoru.“ Stöhnte ich nur und spreizte meine Beine etwas, damit Mamoru mehr Platz hatte. Mein Blick wanderte nach unten und ich sah ihm dabei zu wie er meine ganze Erektion in seinen Mund aufnahm. Seine Augen waren geschlossen und er schien das ebenso zu genießen wie ich. Seine Hände lagen auf meinen Oberschenkeln und ich sah wie er damit anfing seinen Unterleib gegen die Matratze zu pressen. Grinsend nahm ich das zur Kenntnis und spürte wie meine Spitze gegen seinen Rachen drückte. Mamoru würgte nicht einmal, er war wirklich ein Naturtalent und bewegte seinen Kopf vor und zurück, dabei ließ er seine Zunge immer wieder über die pulsierende Vene meines Schwanzes gleiten. Nach all den Wochen ohne Sex, war das hier der Wahnsinn und es würde nicht lange dauern bis ich wirklich kam. „Mamoru…“ ich wollte ihm klar machen, dass er zu gut war und ich zu schnell. Aber ich ließ mich einfach zurück ins Kissen fallen und genoss dieses unglaubliche Gefühl der Befriedigung. Mein Körper vibrierte förmlich unter ihm und ich spürte wie ich mich langsam verkrampfte. Gerade als ich dachte, dass ich kommen würde, löste sich Mamoru von mir und setzte sich auf mich. Seine Augen glänzten und hatten diesen erregten Ausdruck. Seine dunkleren, voller Erregung flackernden Augen fixierten mich, als er langsam damit begann seinen Hintern über meinen Schwanz gleiten zu lassen. Fassungslos sah ich ihn an. Wehe das hier war ein schlechter Scherz von ihm. Meine Hände schnellten nach oben und hielten ihn fest. Keuchend sah ich ihn an. „Bitte sag, dass du mich reiten willst…“ presste ich nur hervor. Mamoru keuchte, antwortet nicht, sondern begann wieder mit der langsamen und rhythmischen Bewegung, während er sich selbst befriedigte. Völlig geil sah ich ihm zu und hätte fast das wichtigste vergessen. Ohne etwas zu sagen richtete ich mich abrupt auf, hielt Mamoru fest, der aus einem Reflex heraus seine Arme um meinen Nacken schlang und grinste. Meine freie Hand wanderte zum Nachttisch und öffnete die Schublade in welcher ich vor Wochen Kondome deponiert hatte – nur vorsorglich und weil ich manchmal eben doch nur ein geiler Typ war. „Das dürfen wir noch nicht vergessen.“ Wisperte ich nur, während ich die Packung öffnete und das Kondom über meinen Schwanz zog. „Jetzt darfst du mich reiten.“ Raunte ich ihm nur zu, während ich in seine Brustwarze biss und leicht an ihr saugte. Mamoru stöhnte und wandte sich unter meinen Lippen. Langsam ließ ich mich wieder zurückfallen und streichelte Mamorus Oberschenkel. „Soll ich dir helfen… oder schaffst du es alleine?“ Mamoru sah mich unschlüssig an, griff dann aber hinter sich und massierte mich wieder. Ich war hart und bereit dafür und auch Mamoru wollte es. „Du bist nicht gedehnt…“ murmelte ich nur, aber ich war zu erregt um etwas dagegen zu tun und Mamoru schien es ebenso zu gehen. Er hob seinen Hintern hoch und ließ sich schließlich langsam nieder. Ich konnte den Druck spüren und hob mein Becken automatisch höher um tiefer in ihn zu stoßen. Er wirkte viel enger als sonst und er verkrampfte sich. Mamoru presste die Lippen aufeinander und ich sah wie er sich eine Träne aus den Augenwinkeln wischte. Augenblicklich setzte ich mich auf und hielt ihn fest. „Shhh. Tut mir leid. Wir hätten langsamer sein müssen…“ ich küsste ihn sanft und zärtlich, umfasste mit meinen Händen seinen Hintern und hob ihn ein Stück hoch. Meine Spitze glitt langsam aus ihm heraus. „Ich will es nochmal probieren… ich bin nur aufgeregt und etwas aus der Übung.“ Kam es leise von Mamoru. Ich wollte etwas als Einwand sagen, aber ich wusste, dass er hierbei sicherlich stur sein würde. Also küsste ich ihn erneut und ließ meine Zunge gegen seine Zähne stoßen um mir Einlass zu verschaffen. Mamoru lächelte beim Küssen, dass merkte ich, weil meine Zähne leicht an seine stießen. Meine Finger begannen damit seinen Hintern zu massieren und strichen einige Male über seinen Eingang. Schließlich, ohne mich von seinem Mund zu lösen, griff ich erneut in die Schublade und holte eine kleine Tube Gleitgel heraus. Vorsorge war eben doch alles. Mamorus Finger fuhren durch meine Haare und kraulten mich im Nacken, während ich die Tube hinter seinem Rücken öffnete, mir Gleitgel über die Finger goss und die Tube achtlos beiseite warf. „Nicht erschrecken…“ nuschelte ich in den Kuss, doch Mamoru hatte es nicht mitbekommen. Plötzlich zuckte er zusammen und quietschte leise auf. Mein Finger hatte sich bis zum ersten Gelenk in ihn geschoben. „Was…“ „Gleitgel… ist etwas kühl, aber gleich wird’s warm.“ Kam es nur grinsend von mir, während ich meinen Finger tiefer in ihn schob. Mamoru bäumte sich auf und keuchte. „So gut… Bitte tiefer…“ Er presste sich an mich. „Du kannst mir ja mal zeigen wie tief.“ Ich schlang meinen freien Arm um seine Taille und rutschte mit ihm höher ans Kopfende um mich anzulehnen. Mamoru sah mich neugierig und verunsichert an. Oh wie ich diesen Blick liebte. Langsam ließ ich meinen Finger in seinem Hintern rotieren und begann damit einen zweiten dazu zu nehmen. Dann griff ich nach seiner Hand und führte sie nach hinten und streichelt mit ihr seinen Hintern. Mamoru stöhnte immer noch leise und begann damit sich langsam zu bewegen. Sichtlich angetörnt nahm ich das wahr und schob seine eigene Hand noch tiefer bis zu seinem Anus. „Zeig mir wie tief.“ Raunte ich nur, zog beide Finger wieder zurück, nahm meinen Mittelfinger und den von Mamoru und führte sie langsam in ihn ein. Mamoru keuchte auf und fixierte meinen Blick. „Massanorie.“ „Was? Wenn ich mal nicht da bin, muss ich dir beibringen wie du es dir gut und heftig selbst besorgen kannst. Demnächst kaufen wir mal Spielzeug für dich.“ Kam es nur schwer atmend von mir. Es war ein unbeschreibliches Gefühl Mamorus Finger zu spüren wie er sich mit mir zusammen tiefer in sich selber schob. Es dauerte nicht lang bis er sich verkrampfte und kam. Atemlos sackte er auf mir zusammen und zog seinen Finger zurück. Ich selber war nun noch erregter als vorher, aber ich wollte keinen Druck ausüben, also sagte ich nichts. Aber Mamoru schien auch noch nicht genug zu haben. Er richtete sich auf und sah mich herausfordernd an, bevor er sich wieder mit seinem Hintern nach unten schob, meinen Schwanz nahm und begann sich langsam auf ihm nieder zu lassen. Diesmal spürte ich, wie ich in ihn hineinrutschte und stöhnte laut auf. Meine Finger krallten sich in seine Oberschenkel und Mamoru keuchte ebenfalls bevor er begann sich langsam zu bewegen. Zuerst vorsichtig und langsam, aber dann wurde er schneller und heftiger. „Das ist so gut…“ keuchte er nur und lehnte sich etwas nach hinten, was den Druck nur steigerte. Ich begann damit von unten zu stoßen und entlockte Mamoru damit noch einige laute Stöhner und Seufzer. In mir hatte sich eine Menge Druck angestaut innerhalb der letzten Wochen und so dauerte es keine zehn Minuten bis ich mich aufbäumte, Mamoru packte und ihn noch einmal mit Schwung nach unten presste, worauf ich noch tiefer in ihn stieß. Mamoru schrie vor Erregung auf und auch ich klammerte mich an ihn und kam schließlich stöhnend und keuchend. Kapitel 55: Step Fifty-three... Life II --------------------------------------- Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden. Mark Twain Shogo Kisaragi „…If you wanna live your life Live it all the way and don't you waste it Every feelin' every beat Can be so very sweet you gotta taste it You gotta do it, you gotta do it your way You gotta prove it You gotta mean what you say Life's a party, make it hot Dance don't ever stop, whatever rhythm Every minute, every day…“ Ich summte mein momentanes Lieblingslied mit und wich Mamorus bösem Blick aus. Er war total pissig auf mich und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Lach du nur, dass bekommst du wieder…“ In diesem Moment sah ich auf, grinste und zog den Streifen mit einem Ruck von seinem Bein ab. Mamoru kniff die Augen zusammen und fluchte. „Du bist so ein Arsch…“ „Ich hab dich auch super lieb.“ Kam es nur zuckersüß von mir, bevor ich Mamoru einen Kuss auf die Wange drückte und ihn kurz umarmte. „Du hast nicht nein gesagt als ich dir das vorgeschlagen habe.“ „Ja, weil ich dachte du meinst das nicht ernst. Sowas konnte doch nur ein schlechter Witz sein… deswegen hab ich gelacht. Wer kann denn ahnen, dass du das machst und auch noch auf die Art und Weise.“ Lachend und schulterzuckend setzte ich mich wieder auf den Boden. „Aber du wirst sehen ich hab recht. Schließlich hattet ihr gestern Sex, aber du musst jetzt ein bisschen was bringen damit das steigerungsfähig ist. Außerdem hält Kaltwachsen länger als rasieren und Massanorie steht doch auf nackte glatte Haut. Also gib dir mal Mühe und biete ihm was. Die Konkurrenz gibt nie auf Mamoru, also stell dich nicht so an. Frauen machen das schließlich immer und die schreien nicht so wie du.“ Mit diesen Worten drückte ich einen weiteren Streifen auf sein Bein und grinste ihn versöhnlich an. Gut das mein Freund nicht auf sowas stand, da blieb mir eine Menge erspart. „Weißt du was das schlimmste ist? Es macht dir Spaß und das hasse ich… Scheiße!“ Ich hatte seinen Einwand nicht abgewartet, sondern einfach den Streifen erneut mit einem Ruck abgezogen. „So, das wars, die Beine sind fertig und ich muss zugeben, es wirkt bei dir echt sexy.“ Mamoru strich sich über das Bein und schniefte kurz. Auch wenn ich es ihm nicht sagte, aber es tat sicherlich scheiße weh und es machte mir nicht Spaß – naja ein wenig vielleicht. „So und nun noch den Rest.“ Mamoru starrte mich ungläubig an und schüttelte den Kopf. „Welchen Rest? Du denkst doch nicht ernsthaft, dass du weiter machen darfst mit dieser Folter.“ „Doch klar, aber keine Sorge, ich will nicht da unten dran, das wäre wirklich Folter, aber die Achseln könnten wir noch. Hier steht drauf…“ ich hob die Packung auf und las mir durch was da drauf stand. „Ist mir egal was da steht. Lieber rasier ich mich da als das du da mit einem Wachstreifen dran gehst.“ Mamoru stand auf und behielt mich im Auge, doch so leicht gab ich nicht auf. Mamoru wusste einfach nicht was wirklich sexy war und er hatte schon in den sauren Apfel gebissen, also musste er nun alles essen. Seufzend stand ich auf. „Oh man, du bist ein Spielverderber.“ Er streckte mir die Zunge heraus und seufzte dann. „Dabei hab ich dich heute Morgen nur angerufen um zu fragen ob wir uns treffen wollen, um zusammen zur Party zu gehen und dann tauchst du hier mit einer Tasche auf und verkündest, dass du mich stylen willst. Dabei kann ich das alleine.“ Letzteres kam schmollend und er fühlte sich wohl wirklich etwas gekränkt, weil ich ihm das, in seinen Augen, nicht zutraute. „Tut mir leid.“ Kam es nach einer kleinen Pause von mir. Ich zupfte an meinen Haaren herum und sah auf den Boden. „Aber – sonst bin ich immer allein auf Partys gegangen und ich fand den Gedanken, dass man sich mit dem besten Freund trifft und sich stylt und so toll. Da kann man quatschen und so und am Ende das gemeinsame Ergebnis bewundern. Aber vielleicht machen das nur Mädchen und Frauen so – war ne doofe Idee.“ Plötzlich war es im Badezimmer totenstill und als ich aufsah, war ich verwundert. Mamoru war rot geworden und nestelte an seinen Fingernägeln. „Obwohl ich so ein Doofmann sein kann, sagst du ich, naja das ich dein bester Freund wäre?“ Ich schmunzelte und nickte. „Klar. Ich finde schon, dass man das so sagen kann. Also naja, du musst nicht mein bester Freund sein, aber ich hab das Gefühl, dass es gut passen würde und ich mag dich…“ „Du darfst das nie jemandem erzählen, sonst bring ich dich um.“ Verblüfft sah ich ihn an, warum durfte ich denn bitte niemandem erzählen, dass wir Freunde oder beste Freunde waren? Gerade wollte ich mich aufregen als mir Mamoru den Wachstreifen hinhielt. Sofort verstand ich und wusste, dass das Mamorus Art war zu sagen, dass er das schon genau so sah wie ich. Das war sweet. „Na dann, aber nicht schreien wie ne Prinzessin, hörst du?“ Mamoru Chiba Es hatte so weh getan, auch wenn ich zugeben musste das Ergebnis war besser als wenn ich mich rasierte. Aber so weh!!! Immer noch schniefend stand ich unter der Dusche und ließ das nur lauwarme Wasser über meinen Kopf fließen. Unter meinen Achseln brannte es und allein der Gedanke, dass nochmal zu machen ließ mich zu dem Schluss kommen, dass ich das NIE, NIE wieder tun würde. Ich stellte die Dusche aus und hockte mich auf den kleinen Badsitz um mir die Haare zu waschen. Massanorie war heute Morgen gut gelaunt gewesen und meinte nur, dass er mit mir tollen Sex hätte. Dabei hatte ich das Gefühl mich ziemlich dumm angestellt zu haben. Er meinte sogar, er würde sich auf heute Abend freuen und das wollte schon was heißen und als dann Shogo vor knapp zwei Stunden aufgetaucht war und hin aus der Wohnung geschmissen hatte, mit der Order erst in mindestens zwei Stunden wieder zu kommen, hatte er selbst das ohne murren gemacht. „Alles gut?“ Ich zuckte zusammen und sah zu Shogo, der sich neben mich gehockt hatte und sich nun ebenfalls die Haare wusch. „Ja alles gut. Aber ich hab doch gesagt, dass du warten sollst bis ich fertig bin.“ Zischte ich nur und sah auf die weißen Fliesen auf dem Boden. „Kann sein. Aber du sahst so nachdenklich aus und ich denke man kann doch am besten reden wenn man nackt ist.“ Ich presste die Lippen aufeinander und schließlich konnte ich es nicht mehr unterdrücken und lachte laut los. „Was ist das denn für eine Begründung? Bitte, bitte erklär sie mir.“ Ich sah Shogo an und wischte mir den Schaum vom Shampoo aus der Stirn damit es mir nicht in die Augen lief. Shogo grinste. „Na das ist doch wie wenn man auf einer Bühne steht oder eine Rede halten soll und sich vorstellen muss das alle nackt sind, dann ist man nicht so angespannt und ich dachte, hier müsstest du dir das nicht vorstellen sondern wir sind nackt und das würde dann eine angenehme Atmosphäre zum reden geben.“ Er zuckte dabei wie selbstverständlich mit den Achseln und grinste. „Du bist verrückt.“ Kommentierte ich da nur, stand auf und schubste ihn mit dem Fuß auf die Seite um die Dusche anstellen zu können. Wieder prasselte das Wasser auf mich und spülte den Schaum ab. „Ich hab nur schreckliche Angst vor heute Abend.“ Wisperte ich und wusste nicht einmal ob er es überhaupt gehört hatte. Doch da spürte ich auch schon wie sich seine Arme um mich schlangen und erstaunlicher Weise fühlte es sich anders an, als wenn Massanorie das unter der Dusche tat. Bei Shogo hatte es nichts erregendes, es war ok und ich fühlte mich auch nicht unwohl. „Wovor?“ Ich schluckte. „Das die Mädchen anfangen mich Dinge zu fragen, die ich nicht beantworten kann. Das Motoki nun, wo er weiß dass…“ ich stockte und mir wurde bewusst wie schwer es mir noch immer fiel dieses Wort auszusprechen. „… dass ich schwul bin, nichts mehr mit mir zu tun haben will. Dass ich es nicht schaffe Massanorie als meinen Freund vorzustellen und nicht nur als einen Freund. Das ich wieder in ein altes Muster zurückfalle, weil ich immer noch nicht weiß ob ich so geliebt werden kann wie ich bin.“ Das Badezimmer füllte sich mit Dampf und machte das Atmen schwerer, so kam es mir jedenfalls vor. „Aber ich bin da und ich mag dich auch wenn du ne Prinzessin bist, Bockig und manchmal etwas fies. Und Minako kennt dich nun doch auch wie du bist und sie scheint dich auch zu mögen und May und Yosuke auch und von Massanorie will ich gar nicht anfangen, der ist verrückt nach dir!“ Shogo drehte mich um und legte seine Stirn an meine. „Und wenn deine Ex und ihre Freundinnen oder Motoki kacke sind, dann gehen wir einfach und machen uns nen coolen Abend im Phoenix…“ „Wo ich sicher nie wieder rein darf.“ Unterbrach ich ihn und musste etwas grinsen. „Ach quatsch. Ich glaube da machst du dir zu viele Sorgen – vertrau mir!“ er zwinkerte mich an. „Und nun duschen wir und ich zeig dir was ich dir mitgebracht habe. Außerdem müssen wir, solange dein Kerl noch nicht da ist mal über den 14. Februar sprechen – du weißt schon? Valentinstag.“ Schließlich saß ich im Schneiderspitz auf meinem Bett, hatte ein Handtuch um meine Hüfte gebunden und sah Shogo zu wie er aus seiner Tasche einige Sachen zum anziehen holte. „Aber der 14. Februar ist Valentinstag für die Jungen. Die Mädchen schenken ihren Freunden Schokolade. Also was hat das bitte mit uns zu tun?“ Shogo sah auf und schüttelte den Kopf. „Na was wohl. Da weder du noch ich, noch unsere Freunde Frauen sind ist es doch klar, dass wir beide am Valentinstag unseren Freunden was schenken.“ „Ich will aber nicht die Frau in der Beziehung sein.“ Kam es nur bockig von mir. Wieso musste ich mich automatisch für den 14. Februar abstellen lassen, sollte das doch Massanorie machen. „Genau wegen diesem Prinzessinnen-Verhalten.“ Kam es nur trocken von ihm. „Im Phoenix findet eine riesige Valentinsparty statt, mit tollen DJs und besonderen Cocktails. Und wenn man als Pärchen kommt, dann bekommt man noch ein kleines Präsent. Ich sag dir das wird toll. Ich dachte mir wir könnten da zusammen hin, also mit Massanorie und Toya. Dann kann ich ihn dir endlich mal vorstellen.“ Ich nickte nur und wusste, dass ich da sowieso hingehen würde, schließlich konnte ich Shogo nicht im Regen stehen lassen und außerdem war es vielleicht wirklich nett auf so eine Party zu gehen. Wobei ich immer noch bezweifelte, dass ich das Phoenix je wieder betreten durfte. Seufzend sah ich zu Shogo, der sich in meinem Kleiderschrank umsah und nun eine schwarze Jeans hervor zog. Es war dieselbe die ich damals auch zum Essen mit Massanories Eltern anhatte und ich erinnerte mich, dass Massanorie diese Hose sehr an mir gefallen hatte. „Ach wie romantisch. Weißt du noch Mamoru, das war die erste Hose die ich dir angedreht habe. Das waren noch Zeiten.“ Er seufzte und lächelte mich an. „Du bist ein Spinner.“ Kam es nur schmunzelnd von mir, als er sie mir zuwarf. „Oh und keine Shorts unter der Hose. Sonders die hier.“ Er zog aus einer der kleinen Schubladen eine schwarze Pant hervor und warf sie mir zu. „Ich wusste doch, dass du nicht nur Shorts hast.“ Etwas rot wurde ich nun schon. Es stimme, ich hatte die Pants kurz vor Weihnachten gekauft, aber sie bis jetzt noch nicht getragen. Ich wollte Massanorie überraschen, da er ja nicht so der Boxershorts Fan war. „Ui weißte was?“ plötzlich strahlte mich Shogo an und warf die Arme in die Luft. „Vor dem Valentinstag gehen wir shoppen. Ich kenn da einen Laden, da hab ich was gesehen das wird dir super stehen und es wird Massanorie gefallen…“ Er zwinkerte mir zu und ich bekam ein sehr mulmiges Gefühl. „Und was?“ „Ach weißt du, wenn ich dir das jetzt schon sage wirst du nein sagen, das ist wie mit dem Wachsen. Du weißt es erst zu schätzen wenn ich dich dazu gezwungen habe!“ Damit zwinkerte er mir zu. „So fertig.“ Shogo betrachtete sich im Spiegel und grinste nur. „Ich seh so gut aus, eigentlich sollte das verboten werden.“ Er zwinkerte sich selbst zu, lachte dann und sah zu mir. Ich trug die schwarze enge Jeans von mir, ein graues Shirt im Used Lock Style mit V-Ausschnitt und einer schwarzen Longstrickjacke mit Kapuze und geteilter Kängurutasche. Außer die Jeans hatte mir mal wieder Shogo alles mitgebracht. „Shogo…“ ich wollte mich bedanken und wusste nicht wie ich das wieder gut machen sollte. Bis jetzt hatte er mir noch nie Geld abgenommen, wenn er mir Klammotten ausgesucht hatte. „Weißt du was?“ er kam auf mich zu und befestigte noch ein Lederarmband um mein Handgelenk. „Wenn dich jemand fragt wo du die Klamotten her hast, dann machst du einfach dolle Werbung für meinen Laden und erzählst was für coole Sachen ich verkaufe. Dann sind wir Quitt.“ Er musste geahnt haben was mir auf der Seele lag. „Aber das wird es nicht wieder aufwiegen.“ „Ach quatsch. Klar doch. Du bist das beste Model das ich finden könnte. Minako preist immer die Mädels Klamotten an, indem sie diese trägt und du machst das mit den Heeren Sachen. Das ist die beste Werbung überhaupt. Also hör auf dir deinen hübschen Kopf zu zerbrechen…“ damit tippte er mir auf die Stirn. „So, was fehlt noch? Hmm, ne Kette wäre nett…“ „Da hab ich eine.“ Kam es nur leise von mir. Ich stand auf und holte die kleine Schachtel mit der Kette, die mir Massanorie zu Weihnachten geschenkt hatte. „Heilige Scheiße. Wie geil ist das denn? Und die hat er dir zu Weihnachten geschenkt?“ ich nickte und schloss den Magnetverschluss im Nacken. „Und das erzählst du mir erst jetzt? Du bist ja fies.“ Er boxte mich freundlich in die Seite und machte einen Schmollmund. „Ich verspreche, nächstes Mal ruf ich dich sofort an.“ „Na das will ich ja wohl meinen.“ Massanorie Lenjier Es war kurz vor sieben als ich die Tür aufschloss. Das Shogo mich hinaus befördert hatte war nicht schlimm gewesen, so hatte ich Zeit mit Sparky eine lange Runde zu gehen und mich für heute Abend umzuziehen. Besondere Mühe hatte ich mir nicht gegeben. Eine Jeans, ein schwarzes Hemd und schon war es gut. Rasiert hatte ich mich nicht, der Drei-Tage-Bart gefiel Mamoru und auch wenn ich sonst nie so in die Öffentlichkeit gehen würde, so war es ok, solange es für Mamoru war. Was ich nicht alles für ihn machte. Ich betrat den Flur und ließ Sparky von der Leine, welcher auch gleich in die Küche ging und schon hörte ich wie er im Napf herum suchte. „Ja alles klar. Du hast Hunger.“ Kommentierte ich das nur und grinste. „Hey.“ Ich sah auf und hielt im Schuheausziehen inne. Da stand mein Freund und er sah unglaublich gut aus. Er trug diese enge Jeans die mich schon wahnsinnig machte und auch der Rest war nicht zu verachten. Seine Haare hatte er nach hinten gekämmt und ihm fielen nur einige lose Haare ins Gesicht. Er kam auf mich zu und sah kurz an sich hinunter. „Ist das ok?“ er setzte diesen Augenaufschlag auf, welcher mich wahnsinnig machte. „Klar. Klar doch.“ Kam es nur von mir, bevor ich nach seinem Gürtel griff und ihn nah an mich zog. Meine Hände wanderten zu seinem Hintern und wieder hinauf, während ich ihn küsste. „Hey ihr beiden, wollen wir auf ne Party, oder soll ich alleine gehen und ihr könnt euch euren Trieben widmen?“ Ich hob den Blick und sah Shogo an, der schmunzelte und mir zu winkte. Das schöne war, dass er die Frage ernst meinte. Aber ich schüttelte nur den Kopf und kniff Mamoru in den Hintern. „Ich denke wir heben uns das für später auf.“ Kam es nur leise von mir und ich zwinkerte Mamoru an, welcher lächelte. Nachdem ich Sparky gefüttert hatte, waren wir los gegangen und kamen, wie es sich gehörte, um kurz nach acht beim Crown an. Es war ein bisschen wie ein Déjà-vu als wir nach oben gingen und sich die Tür öffnete. Es waren eine Menge Leute da und einige davon kannte ich allein schon weil es die Mädchen waren, oder die dumme Ex. Dieser Motoki war auch da und begrüßte Mamoru sofort mit einer Umarmung. „Hey. Ich finde es super das du nun wieder öfter kommst.“ Dann sah er mich an und verbeugte sich leicht. „Furuhata Motoki. Es freut mich sehr.“ Ich nickte. „Lenjier Massanorie.“ Kam es nur monoton von mir. Ich brachte schon May, Yosuke, Shogo und sogar Minako Freundlichkeit entgegen. Das musste erst einmal für die nächsten Jahre reichen. Wobei das mit Minako schon anders war, sie war interessant und schien auf meine Art gut klarzukommen. Das verdiente in meinen Augen Respekt. „Wenn man vom Teufel spricht.“ Flüsterte ich nur. „Bitte?“ Mamoru sah mich fragend an. „Ach nichts.“ „Hey Jungs.“ Minako stand vor uns, umarmte Mamoru und Shogo, musterte mich und nickte mir zu. „Massanorie.“ „Minako.“ Es war ja ein kleines Ritual geworden das wir uns so begrüßten und ich fand es fast angenehm, dass sich das so entwickelt hatte. „Also zur Aufklärung." Sie hackte sich bei Shogo und mir ein und gab uns eine kleine Übersicht der Lage und Menschen. „Also hinten links seht ihr die Mädchen und Bunny, die Three Lights sind noch nicht da, die kommen später. Also noch kein Grund um sich aufzuregen. May und Yosuke kommen sofort, die haben mir gerade geschrieben. Ansonsten sehen wir hier einige Mädchen aus Rays Schule und Freunde aus meinem Volleyball Team, dazu noch Umino Guido, der mit der dicken Brille und Osaka Naru. Angeblich jetzt zusammen – wir werden sehen. Das da hinten, der schüchterne Junge ist Urawa Ryo, wenn alles gut geht mal irgendwann Amis Freund. Der andere junge Mann mit dem Rasenmäher Haarschnitt ist Kumada Yūichirō, Verehrer von Ray. Und die quirlige kleine da hinten ist Motokis kleine Schwester Furuhata Unazuki. Und dann hier und da noch Bekannte. Aber die stell ich euch vor, wenn es soweit ist. Hab ich wen vergessen?“ Dabei sah sie zu Mamoru, der sich mit Motoki unterhielt. „Nein ich glaube das waren alle.“ Er grinste und sah mich mitfühlend an. „Gut. Dann auf ins Getümmel. Getränke stehen da hinten und das Essen stammt von Makoto. Also keine Sorge wegen einer Magenvergiftung.“ Mamoru grinste ein wenig und ich konnte erahnen warum er es tat. Minako verschwand wieder und Shogo folgte ihr sofort, um sich ein Getränk zu besorgen. „Wollt ihr beide auch etwas trinken?“ Mamoru schüttelte nur den Kopf und sah zu mir. Mein Blick glitt durch den Raum und ich wusste jetzt schon, dass das ein anstrengender Abend werden würde. „Na du.“ Mamorus Hand legte sich in meine und er drückte leicht zu. „Na. Alles gut. Wo ist denn dein Kumpel hin?“ „Motoki ist zu Makoto gegangen. Willst du hier stehen bleiben oder wollen wir zu Shogo und auf May und Yosuke warten?“ „Ja klingt…“ „Mamoru!“ diese quitschige Stimme machte mich wahnsinnig. Bunny kam auf uns zu und ich wünschte mir echt, dass ich sie in den Erdboden rammen durfte. Gleich hinter ihr kamen auch noch diese anderen Weiber an. Bunny umarmte Mamoru kurz, was dieser zwar erwiderte, aber es war nicht so wie bei Shogo oder Minako. Das stimmte mich etwas schadenfroh. Sie sah mich an und setzte ihr Ich-Liebe-Alle-Menschen-Lächeln auf. Fast hätte ich würgen müssen. Die würde doch in der freien Wirtschaft keine Stunde überleben. Und das war wirklich noch nett geschätzt. „Hallo Massanorie.“ Seltsam, hatte ich der Ziege eigentlich angeboten mich beim Vornamen zu nennen? Konnte mich nicht erinnern. „Nette Party.“ Kam es nur kühl von mir und musterte ihre Gang. Die Schwarzhaarige kannte ich ja schon aus einem vorherigem Treffen und ich fand sie genauso kacke wie die anderen. Und das nicht nur weil sie mal mit Mamoru zusammen war. „Oh ich stell euch vor. Ihr kennt euch ja noch nicht.“ Diese eklige Freundlichkeit, mit der sie um sich warf, war ja mal ätzend. Kein Wunder das Mamoru so ein gestörtes Wesen hatte, bevor ich kam. Wie um Gotteswillen sollte man sich denn mit so einer vernünftig unterhalten, oder Konflikte austragen. Die lebte mit einem rosa Glitzerpony in einem rosa Funkel-Wunder-Land, wo glückliche rosa Elefanten und pinke Pinguine lebten und alle Kumbaya sangen. Die Mädchen stellten sich schön in Reih und Glied auf und Bunny wollte gerade loslegen, als ich meinen überwältigenden Charme heraussprühen ließ. „Die mit den kurzen Haaren ist die Schlaue. Die mit den schwarzen Haaren die Priester-Tusse, das ist das Manns-Weib das mit hiesigem Barkeeper poppt. Alles klar. Mamoru, ich hol mir etwas zu trinken. Willst du auch was?“ Die Frage am Ende war wie immer liebevoll und ehrlich, der Rest hatte sich zwischen arktischem Winter und globaler Eiszeit bewegt. „Eine Cola wäre nett. Und danke für die Darstellung deines liebevollen und herzlichen Charakters. Ich hatte schon fast vergessen wieso ich dich liebe!“ Mamorus Stimme hatte diesen leicht bissigen, aber doch immer noch liebevollen Unterton bekommen. „Danke. Ich geb mir immer Mühe.“ Kam es nur lächelnd von mir, bevor ich ging. Bunny Tsukino Das war – einfach unglaublich. Wie erstarrt standen wir da und sahen Massanorie hinterher. Ich hatte ja gewusst, dass er nun nicht der netteste war, aber ich gab mir wirklich Mühe nett zu sein und ihn besser kennen zu lernen. „Und sonst so?“ Mamoru tippte mich an und lächelte, so als wäre das gerade überhaupt nicht passiert. „Er ist ein Arsch.“ Kam es prompt von Ray, welche Mamoru nur anfunkelte. Dieser zuckte mit den Schultern und winkte nur ab. „Ach das. Wenn ich ehrlich bin war das noch sehr nett. Wenn er anfängt gemein zu werden, lass ich es dich wissen. Und dann ist er ein Arsch. Jetzt gerade ist er einfach nur er selbst.“ Er sah hinter Massanorie her und dann wieder zu Ray. „Ach und noch was. Nenn ihn nochmal Arsch und du wirst merken, dass ich nicht immer Nett sein kann. Also pass lieber auf dein Mundwerk auf, bevor du meinen Freund beleidigst.“ Massanorie kam zurück und Mamoru nahm die Cola dankend entgegen. „Nun. Also um es mal kurz auf den Punkt zu bringen. Massanorie ist mein fester Freund und er ist der Grund warum ich die Zukunft zerstört und euch alle Arbeitslos gemacht habe in der Zukunft. Fragen?“ „Bunny ich geh zu Minako und Motoki.“ „Warte Ray, wir kommen mit.“ Damit verschwanden Amy, Makoto und Ray. Ich blieb zurück und wusste nicht was ich sagen sollte. „Entschuldige. Aber ich bin es wirklich leid, dass immer alle gleich rumgiften. Ihr kennt ihn gar nicht und macht euch einfach ein Bild. Und am Ende ist mir dieses Bild egal, denn ich muss mit ihm zusammen sein. Ich rede schließlich in deiner Anwesenheit auch nicht schlecht von Seiya - eigentlich auch sonst nicht öffentlich.“ Nickend sah ich ihn an. Ich verstand was er meinte und er hatte recht. Es war sehr unreif, dass wir vor Mamoru über Massanorie redeten. Mamoru musste mit ihm zusammen sein, nicht ich oder eins der anderen Mädchen. „Nein alles gut. Es war gut, dass du deinen Standpunkt verdeutlich hast. Sie müssen sich nur dran gewöhnen, dass du so offen bist, das ist alles. Und streiten will ich heute nicht. Wir wollen Spaß haben.“ Ich grinste und sah Mamoru an, in der Hoffnung er würde es genauso so sehen und wirklich, er lächelte mich an und tippte mir gegen die Stirn – wie früher. „Na dann. Ich werde mal meinen doofen Freund nehmen und zu Shogo rüber gehen.“ Er deutete zu einem Fensterplatz, umarmte mich kurz und verschwand dann. „Bis später und danke für die Einladung.“ Mamoru Chiba Eigentlich war es ganz lustig. May und Yosuke tauchten nur einige Minuten nach uns auf und schon saßen wir zusammen mit Minako und Massanorie und unterhielten uns. Irgendwann brachte Massanorie kurz vor, dass ich ein toller Freund sei und seine Ehre verteidigt hätte. Die deswegen aufkommende Flut von Fragen konnte ich nur Mühsam beantworten und ich fand es gar nicht so toll ihnen von dem Abend zu berichten. „Wahnsinn Mamoru. Du hast dem nicht wirklich die Nase gebrochen oder?“ Yosuke lehnte sich über den Tisch und sah mich mit leuchtenden Augen an. „Ich finde das romantisch.“ Kommentierten May und Minako es nur und beide seufzten entzückt auf, bevor sie zu lachen begannen. „Naja schon. Aber er hatte es verdient.“ Rechtfertigte ich mich nur und nahm einen Schluck aus meiner Flasche. Es war ein toller Abend und ich unterhielt mich sogar mit Unazuki und selbst als Seiya auftauchte konnte ich mich zu einem nicken hinreißen lassen. Wenn das mal nicht freundlich war, dann wusste ich auch nicht. Es war schon fast 24 Uhr als ich plötzlich bemerkte, dass Shogo verschwunden war. „Massanorie?“ er kam gerade herein und sah mich an. "Sag mal, weißt du wo Shogo ist.“ Massanorie nickte nur und deutete nach draußen. „Ich denke er hat Stress mit Toya. Er hat zwar nichts gesagt, aber er starrt die ganze Zeit auf sein Handy und ich denke das hat was damit zu tun…“ Plötzlich fiel mir ein wie traurig Shogo in letzter Zeit war, wenn wir von Pärchen-Dingen sprachen. Als er mir heute von dieser ValentinsParty erzählt hatte und meinte, er würde mir dann endlich Toya vorstellen, wirkte er kurz traurig. Aber ich hatte nicht nachgefragt. Shit. Manchmal war ich so blöd. Ich wollte gerade raus, als sich ein Mantel über meine Schultern legte. Massanorie lächelte nur und legte mir auch seinen Schal um, bevor er sich wieder zu den anderen gesellte. Sein Mantel war warm und roch nach ihm, was das tragen noch schöner machte. Als ich nach draußen kam, saß Shogo auf der untersten Stufe vorm Crown. „Hey.“ Er sah auf und rückte etwas zur Seite. „Hey. Wenn du Massanorie suchst, der ist gerade wieder rein.“ „Ich weiß. Ist sein Mantel.“ Ich setzte mich neben ihn und wir schwiegen eine Weile und ich versuchte mir zu überlegen wie ich anfangen konnte. „Tut mir leid, dass ich so dumm bin und nicht gemerkt habe das was nicht stimmt.“ Shogo schwieg und starrte auf sein Handy Display. Es vergingen einige Minuten und ich dachte er wäre mir eventuell doch böse, aber dann begann er zu erzählen. „Wir hatten Streit. Wegen Dummen Sachen. Weißt du, ich wollte unbedingt, dass er dich und Massanorie kennen lernt, dass wir vielleicht auch so Pärchen-Sachen unternehmen. Aber ihm ist seine Arbeit wichtig und er meinte nur, dass ich das doch wüsste. Dann haben wir uns gestritten und keine Ahnung… er ist zu einem Freund gezogen, damit wir etwas Abstand bekommen. Aber er meldet sich einfach nicht. Ich schreibe ihm und entschuldige mich, aber er antwortet nicht. Und heute hab ich eine SMS von einer Bekannten bekommen, die nur meinte, dass Toya bei Fuyu ist.“ Er schwieg und ich konnte sehen, dass er schwer schluckte. „Das ist doch dein Ex und Toyas ehemaliger bester Kumpel, oder?“ Shogo nickte und strich sich durch die Augen. Oh man, was für eine Scheiße. Ich legte meinen Arm um ihn und zog ihn zu mir. „Er wäre ein Idiot, wenn er was mit Fuyu anfängt. Toya liebt dich, auch wenn ich ihn nicht kenne, weiß ich das. Und pass auf, er ist sicherlich wie Massanorie, einmal auskollern und dann kommt er wieder und alles wird gut. Da bin ich mir sicher.“ Wir saßen noch eine Weile so da und Shogo weinte sich etwas bei mir aus, als ich hinter mir Schritte hörte. Ich kannte diese Schrittart und lächelte matt. „Willst du deinen Mantel wieder?“ Doch Massanorie sagte nichts, trat an mir vorbei und ging vor Shogo in die Knie. „Willst du heute Nacht bei uns schlafen? Dann kannst du mit Mamoru noch kakeln oder so anderen Weiberkram auf den ihr beide doch anscheinend steht.“ Er grinste und ignorierte meinen bösen Blick auf diesen blöden Kommentar. Shogo dagegen lachte leise auf, wischte sich durch die Augen und sah mich an. „Wäre das ok? Ich meine, wenn ich das Angebot annehme?“ Ich grinste und war wirklich wieder einmal über Massanorie erstaunt, wenn er wollte konnte er richtig einfühlsam sein. „Ich finde es eine gute Idee.“ Ich wusste, dass Massanorie mit bei uns, seine Wohnung meinte. Sie war größer und das Gästezimmer war ja auch noch da. So hatten wir beide trotzdem Platz für uns. Er war eben doch ein Fuchs. Kapitel 56: Step Fifty-four... Trueness II ------------------------------------------ Die Wahrheit ist eine unzerstörbare Pflanze. Man kann sie ruhig unter einen Felsen vergraben, sie stößt trotzdem durch, wenn es an der Zeit ist. Frank Thiess Shogo Kiseragi „Tut mir leid…“ nuschelte ich nur, während ich das Kissen näher an mich drückte und Mamoru aus den Augenwinkeln ansah. Er trocknete sich gerade die Haare ab, da es auf dem Rückweg zu regnen begonnen hatte, sah dann zu mir und grinste nur. „Alles gut. Schließlich hat er es dir doch angeboten. Also kein schlechtes Gewissen haben.“ Er ließ sich auf das Bett fallen und setzte sich im Schneidersitz zu mir. „Na ja schon. Aber ich störe…“ „Vertrau mir, er hat dich nicht ohne Grund in seine Wohnung eingeladen.“ Unterbrach er mich und seufzte leise. „So kann er nett sein und trotzdem kommt er auf seine Kosten. Schließlich liegt das Schlafzimmer auf der anderen Seite der Wohnung.“ Ich lachte leise und sah dann wieder zu meinem, immer noch schweigendem, Handy. „Ich wünschte er würde sich melden.“ „Shogo!?“ Mamoru sah mich besorgt an. „Männer sind eben alle Schweine.“ Wir zuckten beide zusammen und sahen zur Tür, wo Massanorie stand und uns beide musterte. Er trug nur noch die schwarze Jeans und ich musste zugeben, dass er wirklich gut aussah. Ich schluckte schwer und sah dann etwas peinlich berührt zur Seite. Irgendwie kam ich mir etwas schäbig vor, weil ich gerade den Freund meines besten Freundes sichtlich beeindruckt gemustert hatte. „Es ist unhöflich halb nackt herum zu laufen, wenn wir einen Gast haben.“ Kam es schließlich nur bockig von Mamoru. Als ich ihn ansah, merkte ich, dass er Eifersüchtig war. Ich konnte mir ein Lachen kaum verkneifen und Mamoru sah mich etwas böse an. „Entschuldige, aber das ist zu gut. Ich frage mich was du machst, wenn ihr im Sommer mal an den Strand fahrt? Dann sehen die Leute noch viel mehr von ihm.“ „Dann fahren wir eben nie an den Strand. Ich will nicht, dass andere ihn angaffen.“ Kam es schmollend von ihm, während er rot wurde und Massanorie sein Handtuch zuwarf. Er aber stand einfach nur da, fing das Handtuch auf und schmunzelte. Lachend saß ich auf dem Bett und konnte kaum fassen, dass Mamoru dermaßen Eifersüchtig und besitzergreifend war. Diese Eigenschaften hatte ich eher Massanorie zugeordnet, aber vielleicht taten sich die beiden da nichts. Massanorie kam näher, beugte sich zu Mamoru hinunter und sah ihn herausfordernd an. „Also gefällt dir nicht was du siehst? Schade.“ Doch noch bevor Mamoru antworten konnte, hatte Massanorie ihn schon aufs Bett gedrückt und küsste ihn. Ich musste zugeben, dass war heiß. Doch Mamoru fasste das nicht ganz so auf, er beendete den Kuss schnell, drückte Massanorie von sich weg und motzte. „Wie kannst du das hier machen? Shogo sitzt neben uns, also hör auf!“ „Vielleicht will Shogo zusehen oder mitmachen!“ kam es nur völlig ernst von Massanorie. Mamoru aber wurde puterrot, wandte sich unter Massanorie hervor und verließ das Zimmer. „Du bist so ein Arschloch!“ keifte er nur laut und dann hörte man wie die Badezimmertür laut ins Schloss geknallt wurde. „Das war nicht nett.“ Kam es nur schmunzelnd von mir. Doch Massanorie grinste nur und zuckte mit den Achseln. Es machte ihm eben doch Spaß Mamoru zu ärgern und ihn zu provozieren. „Danke. Das ich heute hier schlafen darf und deine Wohnung ist echt – Wow!“ „Ich weiß.“ Kam es nur schlicht von ihm, bevor er aufstand und sich streckte. „Ich schick dir Mamoru nochmal. Dann könnt ihr noch quatschen und so.“ Er grinste böse und winkte mir kurz zu, bevor er anscheinend hinter Mamoru her ging. Mamoru Chiba Blödmann. Er war so doof. Ich wusch mir das Gesicht und seufzte frustriert auf. „Mamoru?“ Massanorie klopfte an und kam ohne eine Antwort abzuwarten ins Bad. „Normalerweise wartet man bis man Herein sagt. Aber du kannst dich ja wie immer über bestehende Konfessionen hinweg setzen.“ Kam es nur zickig von mir. Ich hörte wie er leise lachte und wie sich seine Hände auf meine Hüfte legten. Seine Lippen begannen damit meinen Nacken mit kleinen Küssen zu belegen und er knabberte etwas an meinem Hals. „Nur, weil ich dir das erlaube, heißt das nicht, dass ich nicht eingeschnappt bin.“ Kam es nur schmunzelnd von mir. „Wütender Sex ist der beste!“ kam es nur überheblich von ihm, bevor er mich los ließ und grinste. „Shogo wartet auf dich. Ihr müsst euer Liebeskummer-Gespräch weiterführen. Und darüber lästern wie doof eure Freunde sind.“ Ich drehte mich um, lehnte mich an das Waschbecken und musterte Massanories Gesicht. Dieser Drei-Tage-Bart Look war schon sexy und sprach mich persönlich sehr an. Meine Fingerkuppen strichen langsam über seinen Brustkorb und zeichneten seine Muskeln nach. Unter seiner Haut konnte ich den Herzschlag spüren, seine Atmung die seinen Brustkorb langsam auf und ab bewegte. „Was ist?“ „Hmm?“ ich sah auf und musste wohl in Gedanken gewesen sein. „Oh. Nichts. Ich dachte gerade nur…“ „Ja?“ Ich schmunzelte und schüttelte den Kopf. „Ach du würdest nur lachen.“ „Versuch es doch erst mal und dann, naja vielleicht überrasche ich dich ja.“ Seine Finger strichen über meine Lippen und ich konnte nicht anders als sie leicht mit meinen Zähnen zu necken. „Ich dachte nur gerade, dass du zu mir gesagt hast das du mich liebst, von ganzem Herzen und dass ich immer einen Platz dort haben werde.“ Massanorie nickte. „Und?“ „Ja… aber eigentlich kann das Herz so etwas nicht. Ich meine, Gefühle speichern oder so. Es ist nur ein Organ. Der Motor des Blutkreislaufes wenn du so willst. Es sorgt mit seiner Pumpleistung dafür, dass alle Organe, Gewebe und jede noch so kleinste Zelle unseres Körpers ständig ausreichend mit Sauerstoff, Nährstoffen, Vitaminen, Mineralien, Botenstoffen und anderen wichtigen Substanzen versorgt werden. Es schlägt stetig und ohne Pause – jeden Tag etwa 100.000-mal und pro Tag pumpt der Herzmuskel dabei bis zu 10.000 Liter Blut durch die Blutgefäße. Und dieses Blut wird durch ein Netzwerk von Blutgefäßen transportiert. Durch die Blutgefäße pumpt das Herz stetig und regelmäßig Blut. Über dieses Versorgungs- und Entsorgungsnetzwerk gelangt das Blut in jeden Bereich des Körpers und wieder zurück: in Organe wie Herz, Lunge, Leber, Magen, Darm, Gehirn, Niere oder Milz, in Haut und Muskeln und andere Gewebe.“ Meine Finger zeichneten einzelne Venen nach, die tief unter Massanories Haut lagen. Mir wurde gerade bewusst, dass mir das fehlte. Diese ganzen Dinge zu lernen und sie anzuwenden, sie zu sehen – mir fehlte das Studium. Plötzlich merkte ich, dass Massanories Herzschlag schneller wurde, ich sah auf und in seinen Augen hatte sich dieses leichte Verlangen geschlichen, dass mich immer erstarren ließ weil es mich immer noch überwältigte, dass ich diese Reaktion in ihm ausgelöste. „Was ist los?“ es war eine dumme Frage. Immer wieder hatte ich mir anhören müssen, dass es keine dummen Fragen geben würde – war eine Lüge, ich war der beste Beweis dafür. 87% meiner Fragen waren meistens Dummer Natur! Doch Massanorie antwortet mir nicht, drückte mich leicht gegen das Waschbecken und presste seine Lippen auf meine. Ich keuchte kurz erschrocken auf, bevor ich den Kuss erwiderte. Meine Arme schlangen sich um seinen Nacken und zogen ihn näher zu mir. Seine Finger glitten unter mein Shirt und überall wo seine Finger mich streiften fühlte es sich an wie kleine Stromschläge, die mich zusammen zucken ließen. Sein Atem vermischte sich mit meinem und ich konnte die wachsende Erektion in seiner Hose spüren die sich an meinen Oberschenkel presste. „Und nun?“ Massanories Stimme war nur noch ein laszives flüstern und seine Augen waren dunkler als sonst. Etwas irritiert suchte ich seinen Mund wieder, doch er wich mir aus und presste mich härter ans Waschbecken. Seine Lippen legten sich auf meinem Hals und begannen daran zu saugen, während seine Zähne sich leicht in mein Fleisch drückten. In meinen Ohren klang mein eigener Herzschlag wieder und das Rauschen meines Blutes klang fast wie die Wellen des Meeres. Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte einen klaren Gedanken zu behalten, während Massanorie mich vom Waschbecken weg schob und mich gegen die Wand drückte. Eine Gänsehaut durchfuhr mich als die kalten Fliesen sich durch meine Kleidung drückten, Massanorie mich hoch schob und ich aus Reflex meine Beine um ihn schlang. „Massanorie…“ eigentlich sollten wir aufhören und daran denken, dass wir nicht allein waren. Leider hatte ich dafür keine Zeit mehr, geschweige denn die Lust. Seine Zunge umspielte meine, neckte sie und er biss mir einige Male zärtlich in die Unterlippe. Sein Unterleib presste sich gegen meinen und begann sich rhythmisch zu bewegen. „Oh bitte. Nicht aufhören…“ keuchte ich nur, schlang meine Arme fester um seinen Hals und zog mich näher an ihn heran. „Bitte…“ bettelnd sah ich ihn an. „Ich hab ein Kondom in meiner Gesäßtasche...“ Kam es nur von ihm. Sofort presste ich meine Lippen auf seine, löste mich wieder und ich wusste was er wollte und was ich wollte. Ich konzentrierte mich auf Massanories Hände die den Bund meiner Hose erreicht hatten, schnell setzte er mich wieder auf die Füße, streifte mir die Hose ab und drückte mich rücklings gegen die Wand. Meine Hände stemmten sich gegen die Fliesen und ich wusste ich würde kommen, sobald er in mich eindrang. Seine Lippen legten sich auf mein Ohr. „So magst du es doch am liebsten, oder? Du magst es wenn ich Dominat bin und du devot.“ Ich nickte nur und wusste eigentlich Garnichts mehr. Meine Erregung drückte sich gegen die kalte Wand und ließ mich aufstöhnen. Das leise rascheln von Papier ließ mich einen Blick über meine Schulter werfen. Massanorie ließ die Kondom Verpackung auf den Boden fallen und ich sah nur ansatzweise wie er es sich überstülpte. Erwartungsvoll lehnte ich meine Stirn gegen die Wand und streckte ihm meinen Hintern entgegen. Ich konnte seine Finger spüren, wie sie über meinen Hintern streichelten, wie sein Daumen sich langsam gegen meinen Eingang drückte und er schließlich zwei Finger gleichzeitig in mich hineinschob. Zuerst presste ich mich gegen die Wand, doch dann war es wie eine Explosion die mich dazu brachte ihm meinen Hintern noch einladender entgegen zu strecken. Es dauerte nur einen Augenblick bis ich seinen Schwanz spürte wie er sich langsam in mich schob. „Aaah, bitte, ja…“ meine Stimme klang rau und ich hatte das Gefühl als würde alles in mir nur nach ihm verlangen. Nach seinen Fingern, seinem Mund, seiner Zunge, seinem Schwanz. Ich wollte nur ihn und zwar jetzt. Mit einem Stoß war er ihn mir und bewegte sich schnell und grob. Doch das stachelte mich nur noch mehr an. Keuchend und bettelnd presste ich meine Stirn härter gegen die Wand, aber gerade als ich kommen wollte, zog er sich aus mir zurück. „Was?“ Vollkommen irritiert drehte ich mich um, Massanorie streifte sich das Kondom ab, schloss seine Hose und küsste mich leicht. „Später bekommst du mehr. Erst musst du dich etwas um Shogo kümmern. Aber wenigstens bist du jetzt so heiß auf mich, dass du später sicherlich noch bettelnd zu mir kommst. Und das mag ich erst recht.“ Massanorie Lenjier Damit hatte er nun nicht gerechnet. Mal wieder ließ ich ihn am ausgestreckten Arm verhungern und er war einfach zu süß, wenn er dann so enttäuscht schaute und diese süße kleine Schmolllippe zog, konnte ich mich immer kringeln. Sparky kam zu mir in die Küche und winselte etwas. „Na Junge, was ist los? Wir waren doch schon draußen.“ Aber er kuschelte sich nur an meine Beine und leckte über meine Hand. „Ah. Schmusen willst du. Das versteh ich. Vielleicht sollte ich mir noch einen Hund anschaffen. Dann hast du jemanden zum spielen.“ Wisperte ich nur und holte mir eine Dose Cola aus dem Kühlschrank. Gerade wollte ich den Kühlschrank wieder schließen, aber dann fiel mein Blick auf das Eisfach. Wer hätte gedacht, dass mich ein anderer Mann zu so einem Softie machen konnte. Über mich selbst lachend holte ich das Schokoladeneis aus dem Kühlschrank und füllte zwei Schälchen damit. „Na komm. Wir bringen es den beiden.“ Sparky bellte leise und wedelte mit dem Schwanz um mir seine Zustimmung mitzuteilen. „Und danach schmeißen wir uns auf die Couch, kuscheln und ich schau mir mal wieder eine DVD an.“ Jetzt bekam ich ein lautes freudiges Bellen zu hören und schon im nächsten Moment lief Sparky los und ich sah wie er ins Wohnzimmer trottete. Lachend ging ich zum Gästezimmer und klopfte und wartete natürlich kein Herein ab. Mamoru drehte bockig den Kopf weg, was Shogo anscheinend belustigte. „Siehste, ich hab recht. Genau deswegen.“ Shogo grinste um puffte Mamoru in die Seite. „Hier. Ich dachte mir das wäre etwas was man bräuchte wenn man… naja wenn man so drauf ist. Ich hab von sowas zwar keine Ahnung. Aber ich denke es hilft.“ Damit stellte ich das Eis auf dem Nachtschränkchen ab. „Danke, voll lieb von dir.“ „Ja so bin ich.“ Kam es nur ernst von mir, bevor ich wieder zu Mamoru sah. Kleiner sturer Kater, genau das war er. „Und wie fühlt man sich so als Prinz in der Beziehung?“ „Hmm?“ Etwas erstaunt sah ich Shogo an und dann wieder Mamoru, der nun rot wurde und Shogo sofort den Mund zu hielt. „Sag das nicht!“ kam es erbost von ihm, doch Shogo befreite sich und lachte laut. „Wieso nicht. Er weiß doch schon, dass du manchmal ne kleine Prinzessin bist, oder?“ Nun musste ich mir ein Lachen wirklich verkneifen. Mamoru war für mich vieles, aber eine Prinzessin? Nein, das sicherlich nicht. Eine Prinzessin, dass waren Mädchen die sich nicht selbst helfen konnten, die nur leben konnten weil andere ihnen halfen. Aber Mamoru war sehr gut alleine lebensfähig, wenn auch auf eine selbstzerstörerische Art und Weise. „Ich bin nicht die Frau in unserer Beziehung!“ Ich zuckte zusammen und sah Mamoru an. In seinem Blick lag Verunsicherung und er presste die Lippen aufeinander, so wie er immer tat wenn er wirklich gekränkt war und nicht nur spielerisch. Sofort beruhigte ihn Shogo und entschuldigte sich kleinlaut. In diesem Moment entschied ich mich nichts dazu zu sagen, nicht weil ich keine Meinung hatte, sondern weil das ein Thema zwischen uns beiden war und nicht für Dritte. „Ich lass euch mal wieder allein.“ Damit verschwand ich, setzte mich vor den Fernseher und kraulte Sparky, der bei mir lag und seinen Kopf auf meinem Brustkorb abgelegt hatte. Es vergingen gute drei Stunden und die Uhr zeigte schon kurz vor vier an, als ich leise Schritte hörte. Mamoru setzte sich zu mir auf die Couch und sah verstohlen zu mir herüber. Sparky hob den Kopf, drehte sich und leckte Mamoru über das Gesicht. Nachdem auch Mamoru ihm einige Streicheleinheiten gewidmet hatte, sprang er von der Couch und baute sich mit seiner Lieblingsdecke ein Nest um zu schlafen. Mamoru rückte näher zu mir und kam meiner stummen Aufforderung, sich an mich zu lehnen, nach, als ich meinen Arm hob. Sein Kopf lag auf meiner Schulter und ich zog eine Decke aus der anderen Couchecke und legte sie über uns. „Was siehst du da?“ „Der Shogun… oder wie immer der auch heißt. In Deutschland heißt der Film "Der letzte Samurai" ist eigentlich ganz gut. Außerdem läuft sonst nichts mehr. Und schlafen konnte ich nicht. Und du? Schläft Shogo?“ „Ja. Ich glaube es geht ihm jetzt besser.“ Eine Weile saßen wir so zusammen da und schauten den Film. Aber mir ging sein Gesichtsausdruck nicht mehr aus dem Kopf. „Du weißt, dass ich das nicht so sehe, oder?“ Meine Finger kraulten ihn im Nacken. Mamoru schien das ebenfalls noch zu beschäftigen, denn er wusste sofort was ich meinte. „Weiß nicht. In letzter Zeit wirkt es schon so als wäre ich… als wäre ich das Mädchen in unserer Beziehung. Ich wohne bei dir oder du bei mir. Aber eigentlich liege ich dir auf der Tasche, nur weil ich alleine nicht zurechtkomme. Du musst mir immer helfen und von uns beiden bist du sicherlich der Stärke, sei es körperlich oder mental. Welche Rolle spiele ich dann in unserer Beziehung? Was steuer ich bei? Vielleicht bin ich nur gut genug um gut auszusehen, ein Accessoire eben.“ Seine Stimme klang traurig und ich merkte, dass er die Tränen hinunter schluckte. „Hey.“ Mein Finger strich unter seinem Augen her und wischte eine Träne weg. „Fuck!“ kam es nur leise und er richtete sich auf. „Siehst du? Ich heule immer. Klar, dass jeder denkt ich wäre das Mäd…“ in diesem Moment packte ich ihn, zog ihn auf meinen Schoss und küsste ihn. Meine Zunge glitt in seinen Mund und es dauerte nur einen Sekundenbruchteil bis er sich an mich schmiegte und seine Zunge in meinen Mund glitt. Ich konnte noch immer das Schokoladeneis schmecken. Meine Zähne zupften leicht an seiner Unterlippe bevor ich mich von ihm löste. „Für mich bist du keine Prinzessin. Für mich bist du mein Freund, und ja es mag sein, dass ich zurzeit derjenige bin der uns versorgt und so. Aber was sagt das schon aus? Das zeigt nur, dass ich gerade den besseren Job habe und du dich auf wichtigere Dinge konzentrieren kannst. Ich würde dich nie vor anderen so hinstellen, als wären wir nicht gleichberechtigt. Du und ich, wir haben beide genau die gleichen Anteile an dieser Beziehung und wenn du etwas nicht willst oder willst dann reden wir darüber. Genau wie andersherum. Ich werde dich immer ernst nehmen und ja, ich necke dich gerne, weil ich es mag wenn du schmollst, aber nicht weil du dann irgendwie mädchenhaft wärst, sondern weil ich diese Art an dir liebe. Und ich finde es gut, dass du manchmal emotionaler bist als ich, weil ich dadurch meine Grenzen kennenlerne und lerne, dass ich manchmal nicht so ein Eisklotz sein sollte. Du bist weder meine Prinzessin oder mein Prinz… und das solltest du langsam wissen.“ Ich lehnte meine Stirn an seine und lächelte ihn liebevoll an. „Und nun sagst du mir bitte, was du für mich bist.“ Mamoru zögerte, schmunzelte dann aber und sah mich ebenso liebevoll an wie ich ihn. „Ich bin dein Streuner.“ „Na geht doch und Streuner, die kommen gut alleine klar, die brauchen eigentlich keinen, denn sie überleben aus eigener Kraft. Aber es ist schön, dass mein kleiner Streuner bei mir bleibt.“ Flüsterte ich nur. „So, jetzt musste ich wegen dir wieder schnulzig werden. Das also dazu wer das Mädchen in unserer Beziehung ist.“ Kam es gespielt angeekelt von mir. Mamoru Chiba Ich versuchte meine Lungen wieder mit Sauerstoff zu füllen und langsam zu atmen. Aber jede Berührung von ihm fühlte sich an als würde ich verbrennen. Seine Finger schoben sich meinen Rücken hoch und wieder hinunter. Doch ich bekam kein Wort heraus. Mein Blick fixierte den seinen und ich musste leicht lächeln, als ich sah, dass er auch nach Luft rang. Er zog mich noch einmal näher an ihn heran und wir versanken in einem endlosen Kuss. „Bester Sex ever!“ kam es nach einer Weile nur von ihm, als ich mich neben ihn rollte und meinen Kopf auf seinen Brustkorb legte. „Das sagst du jedes Mal.“ Kam es nur belustigt von mir. „Wenn es doch stimmt. Außerdem war das meine Belohnung für dich, weil du diese schrecklichen Qualen für mich erduldet hast.“ Ich spürte wie sein Fuß mein Bein hoch und runter fuhr. „Ja was ich nicht alles mache. Selbst vor Kaltwachsen schrecke ich nicht zurück und vertrau mir, das ist wirklich grausam.“ Kam es nur leise lachend von mir. „Du bist der Beste. Aber das wusste ich ja schon immer.“ Ich kicherte und kuschelte mich näher an ihn. Mein Blick glitt zum Fenster und ich konnte hinter der Skyline von Tokyo die aufgehende Sonne sehen, wie sie langsam die Stadt in ein Orangefarbendes Licht tauchte. „Das ist ein toller Anblick.“ Wisperte ich nur. „Ja nicht wahr.“ Wir schwiegen und sahen beide zu wie die Sonne langsam aufging und ich hatte einen Entschluss gefasst. Keine Geheimnisse mehr – weil wir gleichberechtigt waren, weil wir ehrlich sein wollten, weil Paare das wohl waren. Wir schliefen irgendwann ein und standen erst kurz vor Mittag auf, Shogo aß noch mit uns zusammen und ich war wirklich stolz auf mich, dass ich aus ein paar Nudeln, etwas Fisch und Tiefkühlgemüse etwas halbwegs nahrhaftes kochen konnte. Nach dem Essen setzten wir Shogo bei seiner Wohnung ab und obwohl ich nur meinte, dass er ruhig noch bleiben könnte, meinte er, dass er wohl oder übel bei Fuyu vorbei fahren müsste um endlich Dinge zu klären die wohl immer noch offen standen. Er meinte auch, dass ich ihm geholfen hatte, wobei ich ihm eigentlich nur zugehört hatte. Aber vielleicht hatte das gereicht. Nun saßen wir zu zweit im Auto, naja zu dritt. Sparky saß hinten auf der Rückbank und freute sich auf einen Spaziergang. Massanorie wollte eine größere Runde gehen und hatte sogar Wanderschuhe an, weil er in ein Waldgebiet in der Nähe der Stad fahren wollte. Während im Radio die Top 100 runter gespielt wurden, raffte ich allen Mut zusammen. „Ich kenne auch eine gute Stelle zum Spazieren gehen. Da hätten wir auch Ruhe und Sparky müsste nicht an der Leine bleiben.“ Massanorie sah mich etwas skeptisch an. „Ok. Aber er muss bei meiner Runde auch nicht an der Leine bleiben. Außerdem muss ich um 17 Uhr im Büro sein zu einem Meeting.“ Was sollte ich denn nun sagen, dabei kostetet es mich gerade wirklich allen Mut und jede Überwindung und dann sowas. „Ich… ich weiß – aber bitte!“ kam es nur schnell und viel zu laut von mir. Sofort versteifte ich mich und sah starr nach vorne. „Sorry. Das war…“ „Wie muss ich denn fahren?“ Verblüfft sah ich wieder zu Massanorie, der auf die Straße schaute und gerade vor einer Ampel hielt. „Ich erklär es dir und es dauert nicht lange dahin, wenn wir die Schnellstraße nehmen. Wirklich.“ Naja es dauerte fast eine Stunde hinzufahren und Massanories Laune war auf einem absoluten Tiefpunkt gesunken. Aber er sagte nichts. Wir parkten auf einem kleinen Aussichtsplateau und unser Auto war das einzige was gerade auf dem kleinen Parkplatz stand. Der Schnee hier oben war noch völlig unberührt und nur ab und zu sah man einige Tierspuren. Sparky schien sich zu freuen, der sprang sofort aus dem Auto und schnüffelte überall. Ich grinste, aber Massanorie schüttelte nur den Kopf und seufzte. „Lass uns gehen.“ War alles was er sagte. Wir gingen einen kleinen Weg entlang, der zwar verschneit war, aber durch die Bäume lag der Schnee hier nicht allzu hoch. „Schau mal.“ Ich deutete zu einem kleinen Kaninchen das im Schnee umher hoppelte, uns kurz ansah und dann weiter seines Weges sprang. „Hmm. Wieso muss ich an den Arsch der Welt fahren, nur damit mein Hund Auslauf bekommt. Jetzt muss ich ja kürzer Gassi gehen um die Fahrtzeit wieder rein zubekommen.“ Kam es nur gereizt von ihm. „Tut mir leid.“ Flüsterte ich nur und traute mich nicht ihm zu sagen warum ich unbedingt hier her wollte. Es ihm einfach zu zeigen, war einfacher für mich, obwohl ich trotzdem das Gefühl hatte, dass sich mir langsam die Brust zur schnürte. Vor uns teilte sich der Weg, der normale Weg war breiter und man konnte hier Spuren von anderen Menschen sehen. Doch ich wollte unbedingt den anderen nehmen, den wo wir durch hohen Schnee mussten, wo es nicht schön war. „Mamoru!“ Massanorie bog links ab, doch ich blieb stehen und wusste nicht was ich sagen oder tun musste um ihn klar zu machen das ich dort nicht lang wollte. „Mamoru!“ Noch immer blieb ich wie angewurzelt stehen und starrte auf den Boden. „Bitte. Ich weiß du hast um 17 Uhr ein Meeting. Ich weiß du bist gerade sauer auf mich, aber bitte, lass uns diesen Weg nehmen. Ich… bitte. Ich verspreche, ich bitte dich nie wieder um was, aber bitte.“ Ich presste die Lippen aufeinander, griff nach meiner Kapuze und zog sie mir tief ins Gesicht. Er sollte meine Tränen nicht sehen. „Na gut.“ Ich spürte seine Hand auf meinem Kopf und wie er an mir vorbei ging und auf den anderen Weg wechselte. „Tut mir leid.“ Wisperte ich nur und fühlte mich schrecklich, weil ich ihm nicht einfach sagen konnte was ich wollte, weil ich ihm mal wieder Umstände machte. Wir schwiegen und ich zog mir die Kapuze tiefer ins Gesicht, weil ich mit jedem Meter weniger ertrug ihn anzusehen – dass er mich ansah. Das Atmen fiel mir schwerer und ich hatte das Gefühl, dass mir etwas auf den Brustkorb lag und mich am atmen hinderte. Und dann wurde der Weg immer schmaler und die Bäume dichter. Massanorie fragte nicht, sagte nichts. Er ging einfach weiter. „Hier gibt es ja eine Lichtung. Nicht schlecht. Und das mitten in diesem Wald. Wolltest du mir das zeigen?“ Ich stand nur da, starrte auf den Boden und ich spürte diese Panik in mir aufkommen und wie der Druck in meinem Kopf immer größer wurde und sich dieser stechende Schmerz ausbreitete. Meine Hände begannen zu zittern und ich zog die Kapuze nur noch tiefer hinunter, weil ich nicht wollte, dass er mich ansah. Dass er plötzlich nur Mitleid für mich hatte. Kurz hob ich den Kopf, aber Massanorie sah sich um und nicht zu mir. Plötzlich klang über uns etwas wie Donner, doch ich wusste, dass es keiner war. Massanories Blick glitt nach oben und meiner wieder zurück auf den Boden. „Ach sieh an, über uns ist die Serpentin Straße. Man kann über die auch nach Tokyo fahren. Die ist viel schneller.“ Kam es leicht genervt von ihm. „Auf dem Rückweg können… können wir die nehmen.“ Plötzlich wurde seine Stimme ganz leise und ich spürte wie er mich ansah. Es wurde still um uns und man konnte nur das leise knirschen des Schnees hören, wenn er von den Ästen zu Boden fiel. Und plötzlich war da seine Hand, die sich unter meine Kapuze schob und mir über die Wangen strich. „Tut mir leid. Ich bin mal wieder ein Trottel. Tut mir leid.“ In diesem Moment musste es raus, ich musste es aussprechen sonst würde es sich wieder in mir ausbreiten und mich irgendwann wieder in diese Dunkelheit ziehen, weil dort niemand war. Ich presste die Augen zusammen und die Worte suchten sich einfach ihren Weg. Ich erkannte meine eigene Stimme nicht. Ich klang panisch, verzweifelt, erleichtert ich weiß nicht was ich sonst noch hörte. „Als ich verschwunden war, da war ich hier. Ich bin zu Fuß gelaufen und wollte einfach nur noch weg. Einfach alles sein lassen. Ich wollte nicht mehr. Aber als ich dort oben stand, da hatte ich solche Angst und dann bin ich wieder nicht gesprungen. Weil ich, wenn ich hier bin, nur die Schreie höre und ich ertrage das in meinem Kopf nicht. Ich ertrage nicht, dass das alles ist was da ist. Ich weiß noch wie wir in dem Auto saßen, ich kann ihre gesichter nicht erkennen, aber ich kann ihre Stimme hören und dann schreien alle und dann… dann ist da nur noch das Blut, ich weiß nicht….“ Am Ende hatte ich es fast hinaus geschrien und ich spürte wie Massanorie mich fest an sich zog und seine Wärme machte es besser. Ich schmiegte mich an ihn, weil ich hoffte er könnte die Kälte in mir einfach vertreiben. Kapitel 57: Step Fifty-five… Past II ------------------------------------ Die Ehrfurcht vor der Vergangenheit und die Verantwortung gegenüber der Zukunft geben fürs Leben die richtige Haltung. Dietrich Bonhoeffer Seijiro Lenjier Er war zu spät. Wie konnte er zu dieser Besprechung zu spät kommen. Wir mussten diese außerordentliche Sitzung einberufen genau wegen diesem Verhalten. Seitdem die Presse und die Börse mitbekommen hatten, dass ich in wenigen Monaten zurück treten würde und Massanorie Geschäftsführer werden würde brachen uns langsam die Zahlen ein. Keiner traute Massanorie die Geschäftsführung zu, selbst der Vorstand nicht. Es hätte alles so einfach werden können, aber nein! Zu dem heutigen Termin waren sogar die Vorstände aus New York und Deutschland gekommen. Aber mein Sohn kam zu spät. Ich klopfte ungeduldig mit dem Zeigefinger auf den Empfangstresen am Eingang, was die Empfangsdame ignorierte. Sollte ich wütend über Massanorie sein oder über den Vorstand? So genau wusste ich das nicht. Massanories Verhalten der letzten Jahre war einfach zu negativ gewesen und hatte viele Investoren verschreckt oder dazu bewogen nur mit mir zu verhandeln. Keiner von denen ahnte, dass, dank Mamoru, mein Sohn seine Arbeit viel ernster nahm. Selbst seine neue Sekretärin hatte sich entschlossen ihre Kündigung zurück zu nehmen, weil sich Massanorie für sein anstrengendes Verhalten entschuldigt hatte. Mein Blick glitt zu der Uhr an meiner Hand und dann wieder zu der Drehtür. „Genau deswegen hab ich einen Herzinfarkt bekommen.“ Wisperte ich nur und seufzte leise. Dann plötzlich sah ich nach vorne und sah meinen Sprössling herein kommen. Er und Mamoru hielten Händchen, Sparky lief neben ihnen her und bellte. „Na ist ja wunderbar, dass du dich hier auch noch blicken lässt!“ kam es sofort wütend von mir, als ich auf die beiden zuging. „Was denkst du dir? Da oben sitzen einige der wichtigsten Vorstände und du kommst über eine Stunde zu spät. Kannst du mir mal sagen wie du die Firma übernehmen willst, wenn dir alles egal ist?!“ Massanorie trat auf mich zu und verbeugte sich leicht. „Es tut mir leid. Es war gedankenlos und ich kann dir nur sagen, dass ich es vergessen hatte.“ Etwas verwundert über seine Art war ich nun schon. Eigentlich hatte ich mit Widerworten gerechnet, aber er war einsichtig, entschuldigte sich und war sogar mir gegenüber respektvoll. „Natürlich werde ich mich beim Vorstand auch entschuldigen.“ „Massanorie…“ Mamoru mischte sich ein, doch anscheinend hatte ich etwas verpasst, denn mein Sohn unterbrach ihn sofort. „Sei still und misch dich da nicht ein.“ Seine Stimme klang streng, aber er lächelte Mamoru an und nickte nur. Einen Moment herrschte Schweigen zwischen uns, bis mein Blick wieder auf meine Uhr fiel. „Wir müssen los.“ Ich drehte mich rum und wollte gehen, als mir plötzlich schnelle Schritte folgten und mich eine Hand am Ärmel festhielt. „Es war meine Schuld. Er wusste, dass er um 17 Uhr hier sein musste und er wäre auch passend hier gewesen, aber ich…“ „Mamoru!“ „Nein… ich war mit ihm an der Stelle wo meine Eltern und ich verunglückt sind und ich musste ihm die jetzt zeigen, weil mich sonst bestimmt der Mut wieder verlassen hätte und auf dem Rückweg hat er dann nicht die Serpentinstraße genommen, sondern ist den Umweg gefahren, weil er nicht wollte, dass ich mich unwohl fühle. Es tut mir leid. Ich war egoistisch und habe meine Bedürfnisse über die deine und Massanories Firma gestellt. Es tut mir leid.“ Nun war ich wirklich überrascht. Mein Blick glitt zwischen Massanorie und Mamoru hin und her und plötzlich wurde mir klar, dass Massanorie gerade Verantwortung übernommen hatte für etwas für das er keine Schuld trug. Lächelnd sah ich Mamoru an, legte meine Hand auf seinen Kopf und wuselte ihm durch die Haare. „Wenn ihr in den Bergen wart, dann müsst ihr ja auch langsam fahren. Nicht das einem von euch was passiert. Da war es dann schon gut, dass er zu spät kam.“ Ich sah zu meinem Sohn und lächelte. „War es sehr glatt oder ging es?“ Massanorie trat hinter Mamoru und strich ihm über die Schultern. „War ok. Aber da oben sind Schneeketten schon besser. Aber ist eine schöne Spaziergehroute für Sparky. Da gab es ein Schild, wo man zu einer Pension kommt mit heißen Quellen. Eignet sich bestimmt für ein Familienwochenende:“ „Hmmm, ja können wir ja mal sehen.“ Dann sah ich Mamoru an, der zwischen Massanorie und mir hin und her sah. „Willst du oben warten, zusammen mit Sparky? Aber es kann dauern, bestimmt bis Mitternacht oder so.“ „Nein… also ja ich würde gerne warten, wenn das ok ist?“ Ich lächelte und nickte. „Du kannst auch bei mir warten, mein Büro liegt in der gleichen Etage wie der Konferenzsaal wo wir uns treffen. Außerdem steht bei mir ein Kaffeevollautomat, nur um dir das Angebot noch verlockender zu machen.“ Mamoru Chiba Mein Puls raste noch immer und ich atmete tief ein und aus um endlich wieder eine normale Herzfrequenz zu bekommen. Das Ganze hatte mich etwa mitgenommen und ich war einerseits schon sehr fertig, anderseits war ich etwas stolz auf mich, weil ich Seijiro die Wahrheit gesagt hatte. Nun saß ich in Massanories Bürostuhl hatte die Beine angezogen und sah hinaus und beobachtete wie immer mehr Lichter in der Stadt angingen. Irgendwie wirkte das gerade sehr beruhigend auf mich. Auch wenn Seijiro mich mit einem Kaffeevollautomaten gelockt hatte so fühlte ich mich hier gerade sehr wohl. Sparky lag neben dem Bürostuhl und schlief friedlich vor sich hin. Seufzend kuschelte ich mich tiefer in den Stuhl und zog die Decke, die ich mir aus einer kleinen Box aus dem Schrank genommen hatte, höher. „Was mach ich denn nun?“ murmelte ich zu mir selber und fragte mich wie das alles weiter gehen würde. Durch den heutigen Tag hatte ich Massanories etwas von mir gezeigt was ich sonst noch nie getan hatte. Selbst May und Yosuke hatte ich die Stelle nie gezeigt, aber ihm schon. Seufzend schloss ich die Augen und nickte langsam weg. Ein leises Winseln weckte mich schließlich. Ich öffnete die Augen und gähnte leicht bevor ich mich etwas streckte und zu Sparky sah. Er lag nicht mehr neben mir, ich drehte mich leicht um und zuckte erschrocken zusammen. Sparky saß vor einer Frau die in der Bürotür stand und ihn sanft streichelte. „Gomen nasai. Ich wollte Sie nicht wecken. Mein Name ist Suzuku Fumiko. Lenjier-shachō bat mich nach Ihnen zu sehen.“ Sie verbeugte sich und lächelte mich an. „Ähmm…“ war alles was ich raus bekam, einerseits weil ich gerade erst wach geworden war, anderseits weil sie wirklich hübsch war. Sie trug eine weiße Bluse mit silbernen Knöpfen und dazu einen schwarzen Knielangen Rock mit schwarzen Pumps. Sehr elegant und trotzdem schlicht. Sie hatte einen etwas dunkleren Teint, blonde Haare die zu einem lockeren Dutt gebunden waren. Nachdem Dutt zu urteilen hatte sie gelockte Haare. Sie lächelte mich noch immer an und erst jetzt merkte ich, dass ich wie ein Trottel aussehen musste. Ich sprang schon fast aus dem Stuhl und schaffte es natürlich mich in der Decke zu verheddern. Oh man wie peinlich. Aber sie lachte nicht. Als ich mich nach unendlich vorkommenden Minuten endlich befreien konnte verbeugte ich mich leicht. „Das ist sehr nett…“ Oh man, wie doof war das denn bitte? „Also ich meine…“ Seufzend fuhr ich mir durch Haar. „Chiba Mamoru. Danke dass Sie nach mir sehen. Es tut mir leid, dass ich Ihnen Umstände mache.“ „Das machen Sie nicht. Möchten Sie eventuell einen Kaffee? Außerdem bat mich Lenjier-shachō Ihnen die Vorstandsetage zu zeigen.“ Sie lächelte erneut und ich nickte nur. Ich ging langsam hinter ihr her, fuhr mir erneut durch die Haare um sie zu richten, zupfte meinen schwarzen Rollkragenpullover zu recht und sah mich dann kurz im Spiegel an, bevor sich der Fahrstuhl öffnete. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich meine violette Hose und das grüne Jackett noch gar nicht entsorgt hatte. Wie kam ich denn bitte plötzlich auf solche Gedanken? Naja aber machen musste ich es wirklich noch, nicht das Massanorie das irgendwann wieder einfiel und mir das vorhielt. Die Fahrstuhlanzeige zeigte mir, dass wir bis in den 45. Stock fuhren, also bis nach ganz oben. Ich wusste gar nicht, dass Seijiros Büro hier oben war. In meiner Zeit hier war ich nie bis hier oben hin gekommen. Als sich der Fahrstuhl öffnete, musste ich kurz schlucken. Das hier war ja mal super modern, gleichzeitig wirkte es elegant und gar nicht vergleichbar mit Massanories Etage. Anscheinend merkte Frau Suzuku das sofort, sie lächelte mich erneut an. „Soll ich Sie herum führen und Ihnen etwas erzählen?“ „Also das wäre nett, aber ich möchte Sie nicht von der Arbeit abhalten. Sicherlich haben Sie viel zu tun. Wobei. Ich möchte nicht unhöflich wirken, aber Massanorie hat mir erzählt, dass sonntags eigentlich niemand hier arbeitet.“ Nun lachte sie leise auf und nickte. „Da haben Sie recht Chiba-sama. Aber durch die heutige Konferenz sind einige Mitarbeiter heute arbeiten gekommen. Zu meiner Person, ich bin die leitende Chefsekretärin von Seijiro-shachō, weswegen ich mich um die verschiedenste Dinge kümmere die innerhalb der Vorstandsetage und darüber hinaus geplant und organisiert werden müssen. Also wäre es mir eine Freude sie herum zu führen.“ Sie war der Wahnsinn. Ich meine, die war vielleicht so alt wie Massanorie, aber nicht älter als dreißig und sie hatte schon so eine wichtige Position inne und sie wirkte seriös und freundlich. Hammer! Wenn ich nicht mit Massanorie zusammen wäre dann stände sie auf meiner Liste der eventuellen Frauen mit denen ich ausgehen würde gaaaaaanz oben. Mein Blick wanderte umher und ich bestaunte die tolle Einrichtung. Der Empfangsbereich war in einem dunklen Holz gehalten, es musste poliert sein, denn es glänzte einfach nur, so dass man sich fast darin spiegeln konnte. In den Wandpaneelen, Türelementen und den kleinen Schränken, wie auch im Bodenbereich wurden Metallelemente vergoldet und eingearbeitet. Vielleicht war es auch echtes Gold, nicht das mich das noch überraschen würde. Bei Lenjiers musste man mit allen rechnen, hatte ich gelernt. Der Empfangstresen war horizontal und vertikal gebogen und mit goldgeprägtem Leder bespannt. Frau Suzuku ging um den Tresen und verschwand in einer Ecke, ich war einfach mal so dreist und folgte ihr und staunte nicht schlecht. Ohne dass man es von außen sah, stand ich in einer verdeckt integrierten Küche wo ein kleiner Kaffeevollautomat stand, sowie ein kleiner Tisch und zwei Stühle. Massanorie Lenjier So ätzend! Anders konnte man dies hier wirklich nicht beschreiben. Ja es war wichtig, dass wir hier saßen, aber so anstrengend und das schlimmste war, es war meine Schuld, dass es so anstrengend war. Hätte ich in den letzten Jahren nicht den Lebensstil gepflegt wie ich ihn gehabt hatte, dann würde das Vertrauen dieser Männer in mich wohl größer sein. Aber nun musste ich damit leben, dass sie mich für verantwortungslos hielten und nicht geeignet den Vorstand zu übernehmen. Nie hätte ich gedacht, dass mich das so kränken würde. Mein Blick schweifte durch den großen Sitzungssaal in der Chefetage. Anders als der Saal hier drunter war nur eine Seite mit Fenstern versehen, während die andere Wand aus einer Glasfront bestand welche sich mit durchsichtigem und mattem Glas abwechselte. Ich starrte auf die Glaswand und zuckte kurz zusammen als ich etwas Haariges vorbei huschen sah. Kopfschüttelnd wandte ich mich wieder dem Vorstand zu, als ich plötzlich einen Schatten wahrnahm und Gott sei Dank auch als einziger. Denn um die Ecke der Glasfront sah ich wie Mamoru einen kurzen Blick in den Saal warf, mich erblickte und grinste. Sparky drückte seine Schnauze ebenfalls an das Glas und bellte. Alles drehte sich sofort um, aber die beiden waren sofort in Deckung gegangen. Ich konnte mir ein leises Lachen nicht verkneifen und bekam dafür einen fragenden Blick von meinem Vater. „Ich würde eine kurze Pause vorschlagen. Es ist immer förderlich wenn man sich kurz die Beine vertreten kann.“ Alle sahen mich an und nickten schließlich. Anscheinend waren wohl nicht alle meine Ideen scheiße. Ich verließ als erster den Saal, ging den Gang hinunter und fand Mamoru mit Sparky zusammen im Empfangsbereiche. Mamoru kraulte Sparky gerade und als er mich sah, setzte er ein entschuldigendes Lächeln auf. „Na ihr.“ Ich ging in die Hocke und streichelte Sparky, dem es anscheinend sehr gefiel von gleich zwei Menschen gekrault zu werden. „Du scheinst dich ja nicht zu langweilen.“ Kam es nur wispernd von mir und ich sah Mamoru aus den Augenwinkeln schmunzeln an. „Entschuldige. Ich konnte nicht widerstehen und als ich mich hier oben etwas umgesehen habe und dann dich sah, musste ich einfach etwas spionieren.“ „Ja ja. So bist du, kannst eben keine Minute ohne meinen umwerfenden Charme auskommen.“ Kommentierte ich das nur, stand wieder auf und gab Mamoru einen flüchtigen Kuss, als dieser neben mir stand. „Weißt du, dass schlimme ist, ist hab dich wirklich vermisst.“ Nuschelte er nur, strich sich durch die Haare und lehnte sich an mich. „Wirklich?“ etwas erstaunt sah ich ihn an. „Dabei bin ich doch manchmal schon sehr anstrengend, da hab ich eher gedacht dir tut eine Pause von mir mal ganz gut.“ „Ach weißt du, eigentlich finde ich es sehr angenehm, dass du so anstrengend bist.“ Er lächelte und zwinkerte mich an. Meine Hände legten sich um seine Hüfte und ich zog ihn etwas an mich, während seine Arme sich um meinen Nacken legten. „Flirtest du gerade mit mir?“ „Vielleicht.“ Lächelnd sahen wir uns an. „Nette Strickjacke, aber das ist nicht deine.“ „Nein stimmt, mir war etwas kalt und ich war so unverschämt und habe mir diese aus dem Büro deine Vaters geholt. Ich hoffe, er schimpft deswegen nicht.“ Schulterzuckend sah ich ihn an und stahl mir einen Kuss von ihm bis mich ein räuspern unterbrach. Mamoru wurde rot, zog seine Arme zurück und stupste mich etwas an, damit ich hinter mich sah. Mein Vater lächelte uns leicht an, während einige Vorstandmitglieder, alles alte Männer jenseits der Attraktivität, irritiert aussahen. „Ich hoffe, du langweilst dich nicht allzu sehr.“ Mein Vater umarmte Mamoru kurz und winkte nur ab als Mamoru ihm das mit der Strickjacke erklären wollte. „Alles gut. Nimm dir was du brauchst. Und war sonst alles in Ordnung?“ „Ja. Suzuku-sama hat sich sehr gut um mich gekümmert und war sehr aufmerksam. Du kannst wirklich froh sein so eine gute Chefsekretärin zu haben.“ Etwas eifersüchtig sah ich zu Frau Suzuku, welche gerade einen kleinen Gedeckwagen hereinschob auf dem einigen Schnittchen und Kaffee standen. „Meine Herren, darf ich Ihnen Chiba Mamoru vorstellen. Er ist der Lebensgefährte meines Sohnes.“ Ich zuckte kurz zusammen und sah zu Mamoru, der sich artig wie er war verbeugte und kurzen aber erfolgreichen Smalltalk mit den Alten Säcken hielt. Anscheinend steigerte mein Freund gerade meine Chancen, dass der Vorstand mich nicht ganz abservierte. Wenn das so einfach ging hätte ich Mamoru wirklich schon eher in der Firma herum führen müssen. Seufzend drehte ich mich um und holte mir einen Kaffee, als mein Vater plötzlich neben mir stand. „Du hast Mamoru meinen Lebensgefährten genannt.“ Kam es nur monoton von mir, da diese Bezeichnung – sie war seltsam - fand ich. Etwas zu früh vielleicht, oder ich wusste auch nicht, es klang aus dem Mund meines Vaters seltsam. „Habe ich denn unrecht? Ich dachte mir, der Vorstand reagiert auf ihn positiver, wenn ich ihn nicht nur als deinen Freund betitele. Lebensgefährte klingt dauerhaft und stabil, nicht so wankelmütig wie Freund.“ „Ah… es ist also Kalkül. Nicht sehr nett Mamoru gegenüber.“ Mein Vater wirkte überrascht. „Wieso? Denkst du diese Männer würden Mamoru mit dem gleichen Respekt gegenüber treten wie sie es jetzt tun, wenn sie dächten er wäre wieder nur irgendeiner unter vielen für dich. Es dient Mamorus Interesse, dass ich das gesagt habe.“ Nun war ich es der verdutzt schaute und nicht wusste was ich sagen sollte. „Oder hattest du vor, dass mit Mamoru in geraumer Zeit zu beenden? Ich würde das nur gerne wissen, alleine schon aus dem Grund weil ich Mamoru gern habe und ich es schade finden würde, wenn du die einzige gute Partie in deinem jetzigen Fundus von Männern abservieren würdest.“ „Jetzt gehst du aber zu weit. Ich bin nur manchmal – ich weiß nur nicht ob Mamoru das auch so sieht. Und nur zu deiner Information. Ich liebe ihn und werde ihn sicherlich nicht in die Wüste schicken.“ Ich nippte an meiner Tasse und sah zu Mamoru, der sich anscheinend gut mit den Vorstandsmitgliedern unterhielt. „Wie könnte ich das auch. Ich weiß ja schon gar nicht mehr wie es ohne ihn war.“ Ich spürte wie mein Vater mir auf die Schultern klopfte und lächelte. „Das wollte ich nur hören. Und nur damit du es weißt, ihr beide seht schon sehr verliebt aus. Darum beneide ich dich, deine Mutter und ich hatten solche Momente nur sehr selten – wobei… das ist wohl eher meine Schuld gewesen.“ Yosuke Murakami Langeweile. Ich saß vor meinen Büchern und malte kleine Kreise auf leere Blätter. Nicht unbedingt die beste Vorgehensweise, wenn ich darüber nachdachte, dass ich noch 30 Seiten zu schreiben hatte. „Alles gut?“ ich sah auf und in das Gesicht von Minako. Sie saß mir gegenüber und lernte selber für die Schule und anstehende Prüfungen. „Hmm.“ Kam es nur brummelig von mir. Irgendwie hatte ich gerade keine Lust auf gar nichts. „Wir können ja eine Pause machen und ich koch uns einen Tee.“ Sie lächelte mich an, band sich ihre blonden Haare nach hinten zu einem Zopf und stand auf. Seufzend sah ich ihr nach. Oh man, wieso war ich nur so deprimiert? Ja gut, ich wusste es sehr wohl. Eigentlich wollt ich mit Minako im Dezember oder Januar in die Berge in die Hütte meiner Verwandten fahren. Dann ein schönes Kaminfeuer und Romantik – ja ich war sexuell frustriert. Nicht das ich nicht gewollt hätte, aber irgendwie ergab sich die Fahrt dann doch nicht, zuerst die Sache mit Mamoru, dann war die Hütte belegt und jetzt die kommenden Prüfungen. Ich wusste auch nicht wie ich das Thema ansprechen sollte. Wie sagte man denn bitte seiner jungfräulichen Freundin, dass man langsam Sex wollte. Ich versuchte schon manchmal einen Vorstoß, beim Küssen und kuscheln mal die Hand höher wandern lassen, aber irgendwie blockte sie immer ab. Ja klar es war ihr erstes Mal, aber so langsam… selbst Mamoru und Massanorie hatten schon Sex. Nicht dass ich das wissen wollte, aber May hatte mir letztens davon erzählt als sie sich mit Shogo ausgetauscht hatte und sie bei Mamoru einen Bissabdruck am Hals gefunden hatten. Ich schüttelte mich kurz um nicht die falschen Bilder in den Kopf zu bekommen. Ich hatte Mamoru gern und liebte ihn wie einen Bruder, aber ich wollte ihn mir nicht mit Massanorie beim Sex vorstellen. Minako kam mit zwei Tassen wieder, stellte eine vor mir ab und setzte sich neben mich. „Du bist in den letzten Tagen komisch. Ist alles ok zwischen uns?“ sie sah mich besorgt an und strich sich eine verirrte Haarsträhne hinter die Ohren. „Ja klar. Tut mir leid, irgendwie, naja… wird schon wieder.“ Stammelte ich und setzte meine Brille ab um mir durch die Augen zu streichen. Nun herrschte Stille zwischen uns, bis Minako leise seufzte. „Ist es, weil wir noch keinen Sex haben?“ Sofort zuckte ich zusammen und sah sie erstaunt an. Aber ich bekam kein Wort heraus. Wie kam sie denn da nun drauf? Konnte sie sogar meine Gedanken lesen? „Ich… also…“ ich ließ meinen Kopf auf die Tischplatte sinken und seufzte auf. „Ich bin so ein Arsch. Dass ich nicht mal warten kann bist du bereit dafür bist. Außerdem wollte ich es ganz romantisch haben…“ „Und ich dachte, du willst nicht mit mir schlafen!“ „Was?“ erschrocken sah ich auf und sah Minako an, die mich erleichtert anlachte und sich einige Tränen wegwischte. „Ich dachte die ganze Zeit, du willst nicht und dabei hab ich mir immer so viel Mühe gegeben, dass ich immer attraktiv aussehe und hübsche Wäsche anhabe. Ich hab sogar mit May gesprochen wie…“ Nun wurde sie rot und schaute auf den Boden. „…wie man welche Dinge macht und so…“ flüsterte sie leise. „Oh Minako. Du bist für mich immer super attraktiv, egal was du anhast und ich hab nur nicht gewollt, dass du denkst, dass ich nur das eine will. Deswegen hab ich mich nicht getraut was zu sagen und ich wollte das unser erstes Mal, dein erstes Mal einfach perfekt wird.“ Meine Hand umschloss ihre und ich lehnte meine Stirn an ihre. Eine Weile sahen wir uns nur an. „Solange es mit dir ist, ist es immer perfekt.“ Wisperte sie nur und küsste mich dann sanft. Ok es lief gut. Wir kuschelten und so langsam tastete ich mich vor, es würde passieren – heute! Irgendwann verschwand ich kurz im Bad, nahm mein Handy und wählte die Nummer meines besten Freundes – ich brauchte kurz einen Ratschlag. „Hey Yosuke – was ist los?“ „Nabend Mamoru…“ flüsterte ich nur. „Ich hab nur wenig Zeit, ich brauche einen Rat, weil ich gerade voll Panik schiebe.“ „Was ist denn los?“ Mamoru klang besorgt. „Es passiert, also jetzt und ich hab Angst, dass sie es hasst mit mir. Das ist doch der wichtigste Moment bei Mädchen…“ „Um was geht es?“ Fassungslos schlug ich mir vor die Stirn. „Sex, es geht um Sex!“ Mamoru Chiba Etwas irritiert saß ich im Bett und hörte Yosukes Ausführungen zu. „Und wie soll ich dir nun helfen? Dir ist bewusst, dass ich keine Erfahrungswerte habe was Mädchen angeht!“ „Ja und? Du kannst mir doch anatomisch helfen. Mensch, du hast Medizin studiert, du weißt doch bestimmt, wo man eine Frau am besten berührt…“ „Stopp! Ich will das nicht weiter hören. Ich meine, du hast doch schon mit dutzenden Frauen geschlafen, wieso machst du denn um Minako jetzt so ein Drama?“ „Mamoru. Kannst du oder willst du mich nicht verstehen…“ Seufzend lehnte ich mich zurück und starrte an die Decke, neben mir konnte ich das leise tippen der Tastatur wahrnehmen. Massanorie hatte sich etwas Arbeit mit ins Bett genommen. Plötzlich spürte ich seine Hand an meiner und schon im nächsten Moment hatte er mir das Handy aus der Hand genommen. „Du kannst sowieso nichts richtig machen. Sie erwartet zu viel von dir und du erwartest auch zu viel von dir und ihr. Am Ende werdet ihr beide enttäuscht sein oder glücklich, weil ihr einfach zusammen wart. Abschminken kannst du dir den himmelhochjauchzenden Höhenflug mit gemeinsamen Orgasmen und Supergefühlen. Das erfordert Übung und auch wenn du das nicht kennst, dass kommt wenn man öfter als ein Mal mit einer schläft – ist ja Neuland für dich. So, mehr brauchst du nicht zu wissen und als Tipp, du machst es nicht besser wenn du stundenlang auf dem Klo hockst und sie warten lässt, dann wird sie nur noch nervöser und vergiss das Gummi nicht, sonst haben wir nachher kleine degenerierte Babys, die mit leuchtenden Herzketten um sich schmeißen. Nacht.“ Damit legte er auf und hielt mir das Handy wieder hin. „Das war gemein und gleichzeitig nett.“ „Ich weiß, ich bin einfach großartig. Aus mir wäre ein guter Telefonseelsorger geworden.“ Kam es nur monoton von ihm, bevor er sich seine Brille zu Recht rückte und sich wieder seinem Bildschirm widmete. Schweigend saß ich neben ihm und musterte ihn aus den Augenwinkeln. Ich versuchte mich abzulenken indem ich mein neues Handy besser kennen lernte, Nummern neu abspeicherte und die drei Spiele ausprobierte die schon vorinstalliert waren. Neutral und völlig desinteressiert versuchte ich dann die Frage zu stellen die mir nun auf den Nägeln brannte. „Hast du mit vielen Frauen geschlafen, bevor du gemerkt hast, dass du nicht darauf stehst?“ Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, dass er aufhörte zu tippen, mich ansah, seine Brille ab nahm und schmunzelte. „Eine. Ich habe mit einer Frau zweimal geschlafen und wusste, dass ich es doof finde.“ „Ach, ok.“ „Eifersüchtig?“ er rückte etwas zu mir und küsste meinen Hals sanft. „Nein! Wieso? Ist ja albern…“ Er lachte leise, kuschelte kurz und begann dann wieder mit seiner Arbeit. Eine Weile sagte ich nichts, sondern spielte weiter mit meinem Handy. Irgendwie ein komisches Gespräch fand ich, aber neugierig war ich nun doch. „Wie ist das so?“ „Hmmm?“ er sah nicht auf, sondern tippte einfach weiter und linste einige Male nur auf eine Tabelle mit Zahlen und Bilanzen. „Ich meine, wie ist es mit einer Frau zu schlafen?“ ich setzte mich aufrecht hin, legte das Handy weg und wartete auf eine Antwort. Zuerst kam Garnichts, aber dann sah ich wie er den Laptop beiseite räumte ebenso wie die losen Blätter und zu mir heran rückte. Er legte sich hin, stützte sich auf seinem Ellenbogen ab und strich mit seiner freien Hand über meinen Arm. „Du hast dir ja für unser Bett ein komisches Thema ausgesucht.“ Kam es erheitert von ihm. „Ach du bist Doof. Du weißt wie ich das meine. Ich… ich würde nur gerne wissen wie das ist.“ Mein Blick wanderte zu ihm und ich bemerkte, dass er nicht ganz glücklich aussah. „Massanorie?“ „Würdest du gerne einmal mit einer Frau schlafen?“ irrte ich mich oder klang er gerade geknickt. Ja stimmt, es war wohl etwas ungeschickt dieses Thema hier anzusprechen, aber eigentlich auch nicht. Besonders weil er nicht recht hatte. „Nein. Ich denke nicht. Ich wollte nur mal hören wie das ist. Theorie und Praxis sind beides Erfahrungswerte mit denen man arbeiten kann. Man muss nur, weil man an der Theorie interessiert ist, nicht gleich auch die Praxis wollen. Ich finde das erübrigt sich in bestimmten Dingen.“ Kam es nur nüchtern von mir. Einen Moment lang kam nichts von ihm, doch dann brach er in lautes Lachen aus, griff nach mir und zog mich in eine Umarmung. „Du bist der Einzige, der auf so eine Antwort kommt.“ Damit küsste er meinen Nacken und schmiegte sich an mich. „Ich kann dir nicht erklären wie es ist mit einer Frau zu schlafen, es ist eben anders. Alleine schon weil sie Brüste hat und so. Aber ich finde es nicht antörnend. Da beschäftige ich mich lieber mit deinem Körper, den finde ich nämlich sehr anziehend und sexy.“ Nun begann ich zu lachen, griff nach seiner Hand und verschränkte meine Finger mit seinen. „Na dann muss mir das wohl reichen. Außerdem finde ich dich auch sexy und sehr attraktiv.“ Ich spürte wie mir die Röte ins Gesicht stieg und war froh, dass er mein Gesicht gerade nicht sehen konnte. „Aha. Das ist ja ganz neu, das hast du ja so noch nie zu mir gesagt.“ Kam es nur leise von ihm. „Wenn du mich damit aufziehst wirst du es auch nie wieder hören, also mach das Licht aus und lass uns schlafen.“ Kam es nur trotzig als Antwort von mir. Massanorie löschte die Nachttischlampe und kuschelte sich wieder von hinten an mich. Schmunzelnd nahm ich wahr, dass er sofort einschlief und sein warmer Atem in meinem Nacken zu spüren war. Er war ein Dummkopf, aber er war mein Dummkopf! Kapitel 58: Step Fifty-six… Family III -------------------------------------- An seinen Vorfahren kann man nichts ändern, aber man kann mitbestimmen, was aus den Nachkommen wird. François de La Rochefoucauld Yosuke Furukami Seufzend hatte ich meinen Kopf auf die Tischplatte gelegt und hoffte auf tröstende Worte meiner beiden besten Freunde. Vergebens! „Du hast es vergeigt – nicht wahr?“ May schlürfte an ihrem Milchshake und stupste mich an. „Dumme Kuh!“ kam es nur bockig von mir. „Hey, mal nicht so ausfallend werden. Ich kann nichts dafür, dass euer erstes Mal nicht so toll war. Außerdem hat dir das doch Massanorie vorausgesagt!“ „Jaja. Genau…“ ich hob den Kopf und sah Mamoru böse an. „Es ist die Schuld deines Mackers. Er hat mich völlig nervös gemacht und deswegen lief echt alles schief.“ Mamoru zuckte nur mit den Schultern und setzte ein scheinheiliges Lächeln auf. „Also ich kann mich da nicht beschweren, mein erstes Mal mit ihm war großartig. Also muss es wohl wirklich an dir liegen.“ „Ihr seid beide doof.“ Kam es nur frustriert von mir, bevor ich meinen Kopf wieder auf den Tisch fallen ließ und mir wünschte im Erdboden zu versinken. „Was mach ich denn jetzt?“ Ich setzte mich auf, lehnte mich nach hinten und schlug die Hände über den Kopf zusammen. „Was ist überhaupt passiert? Du hast bis jetzt nur erzählt das es mies war, dass sie dich bestimmt nie wieder ran lässt, dass du versagt hast…“ „Na was das heißt, weiß sogar ich!“ unterbrach Mamoru May und grinste mich an. May lachte leise, tätschelte mir jedoch dann den Arm. „Ich mochte den stillen Mamoru lieber.“ Wisperte ich nur genervt, auch wenn ich es nicht so meinte. Aber ihn schien das nicht zu stören, er nippte erneut an seinem Kaffee und streckte sich. „Hey wollt ihr noch was?“ Motoki kam zu unserem Tisch und musterte uns kurz. Bevor wir alle kopfschüttelnd zu ihm sahen. „Super. Sagt mal, ich dachte wir könnten mal was zusammen machen. Also ein Doppeldate oder so?“ Dabei sah er mich lächelnd an. Ich wollte gerade erwidern, dass Minako wahrscheinlich nie wieder was mit mir zu tun haben wollte und bestimmt gerader allen Frauen dieser Welt erzählte, was für ein Versager ich war und wie schlecht ich im Bett war, als ich Mamorus Blick sah. Er sah Motoki an und mir wurde bewusst, dass Motoki nur mich gefragt hatte, obwohl ja Mamoru auch in einer Beziehung war. „Wir könnten ja ein Dreier-Date daraus machen. Mamoru und Massanorie würden sich uns bestimmt auch gerne anschließen. Massanorie braucht mal nette Menschen um sich herum, damit er lernt sozial verträglich zu werden.“ Mamoru sah mich leise lachend an und Motoki schien bewusst zu sein, dass er Mamoru übergangen hatte, wobei das wohl eher ein Versehen, als böse Absicht gewesen war. „Sorry Mamoru. Das war unhöflich, klar wir können auch was zu sechst machen. Ich würde Massanorie gerne mal besser kennen lernen, er scheint ja…“ „Speziell ist das richtige Wort für ihn.“ Kam es grinsend von May. „Mal sehen. Vielleicht demnächst.“ Kam es nur kurz von Mamoru, bevor er sich wieder seinem Kaffee widmete. Ich konnte nicht so wirklich einschätzen ob er gekränkt war oder ob es ihm wirklich gleichgültig war. Motoki verschwand relativ schnell wieder und ich konnte mich wieder meinem Weltschmerz widmen. „Also?“ Mamoru unterbrach die Stille die herrschte, stützte seinen Kopf auf seinen Händen ab und sah mich auffordernd an. Ich sah mich um, rückte näher an den Tisch und holte kurz Luft, bevor ich rot anlief. „Fünf Minuten, dann war es vorbei.“ Kam es nur wispernd von mir. Dann herrschte Stille. „Und das ist alles? Deswegen hast du uns hier her bestellt?“ May schüttelte den Kopf und leerte ihr Glas mit einem Zug. „Ich dachte dir ist das Gummi geplatzt oder was weiß ich. Aber doch nicht wegen so einem Kinderkram. Wenn es dich beruhigt, ich glaube, das ist normal.“ „Sehe ich auch so. Du warst nervös und Massanorie hat dir gestern schon erklärt, dass es nur besser werden kann. Ich muss jedoch May recht geben, dass du uns deswegen früh morgens aus dem Bett klingelst ist übertrieben.“ Mamoru Chiba Ich nippte erneut an meinem Kaffee, der mir aber heute so gar nicht schmecken wollte. Auf meinem Handy blinkte eine neue Nachricht die ich überflog und dann erleichtert zu Yosuke sah. Dass er sich das Ganze so zu Herzen nahm tat mir leid und ich wusste wie das war. Schließlich ging es mir oft auch so, nachdem ich mit Massanorie geschlafen hatte – eigentlich fast immer. Ich hielt mich noch immer für untalentiert und wusste nicht so recht ob mein Freund wirklich Spaß am Sex mit mir hatte. Aber das wollte ich weder mit May noch mit Yosuke besprechen. May tätschelte gerade Yosukes Kopf und sah mich schulterzuckend an. Ich schmunzelte nur und seufzte. „Mach dich nicht verrückt, warum fragst du Minako nicht selber ob es so schrecklich war.“ „Dein ernst? Wie soll ich das bitte machen, soll ich sie anrufen und einfach mal sagen ‚Ey Minako, weißt du, ich glaub der Sex war echt grottig und deswegen hab ich Angst das du von mir enttäuscht bist und mich nicht mehr liebst‘ Oder wie stellst du dir das vor?“ Mein Blick glitt hinter Yosuke. Ich legte einen Schein auf den Tisch und lächelte. „Beispielsweise. Aber per Telefon ist das doch doof. Also…“ Damit stand ich auf, umarmte Minako kurz, der ich zuvor eine Nachricht geschrieben hatte und sah May an. „Mamoru!“ Yosuke sah zuerst Minako entsetzt an und dann mich. „ich dachte mir es ist doch albern das mit uns zu klären, also hab ich Minako geschrieben und ihr teilweise das Problem erläutert und nun viel Spaß beim reden. Soll ja helfen.“ Ich war gerade zwei Schritte vom Crown weg als May sich bei mir einhakte. „Du bist echt der beste.“ Kommentierte sie meine Aktion nur und grinste. „Aber wegen dir schwänzt sie nun die Schule, das ist nicht so gut.“ Sie hob tadelnd die Finger und grinste. „Ja, aber damit werde ich leben können.“ Kam es nur schmunzelnd von mir. „Und was machen wir beiden hübschen nun?“ Ich blieb stehen und biss mir auf die Unterlippe. „Also ich… ich hab leider keine Zeit. Ich hab gleich noch einen Termin.“ Kam es zögerlich von mir. „Ui klingt ja geheimnisvoll. Erzähl.“ Seufzend sah ich sie an und zog meinen Schal etwas fester um meinen Hals. May musterte mich und zupfte an meinem grünen Parka. „Du musst es mir nicht sagen. Sorry, ich hab wohl…“ „Ich hab heute wieder einen Termin bei meiner Therapeutin.“ Kam es leise von mir. Nun herrschte für einen Moment ein unbehagliches Schweigen – fand ich. „Das ist gut.“ Kam es schließlich lächelnd von ihr. Etwas überrascht sah ich sie an. „Und wenn du bereit bist würde ich mich freuen wenn du auch mit mir redest und mit Yosuke. Aber solange du dich gut fühlst ist es egal mit wem du redest. Und – Yosuke und ich wollten dir auch noch sagen, dass wir den echten Mamoru sehr gerne haben. Weil wir nun immer wissen woran wir sind und es nicht mehr so komisch ist zwischen uns.“ Damit lächelte sie mich an und strich sich eine Träne aus den Augen. „Ach bist du doof.“ Kommentierte ich ihre Aussage nur und schluckte schwer um nicht auch in Tränen auszubrechen. „Ich weiß.“ Damit drückte Sie mir einen Kuss auf die Wange und hakte sich wieder bei mir ein. „Darf ich dich noch etwas begleiten, oder bist du in Hektik?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein alles gut, ich hab noch Zeit.“ Eine Weile liefen wir nebeneinander her und redeten nicht, aber es war in Ordnung. „Ist sie nett?“ „Was?“ Ich sah zu ihr hinunter. „Ich meine die Therapeutin?“ Kurz überlegte ich. „Ja, schon irgendwie. Ich hatte ein paar Vorurteile, aber eigentlich ist sie nett. Sie drängt mich nicht und ihre Praxis ist nicht so wie ich dachte. Es wirkt gemütlich. Aber komisch ist es schon.“ Lächelnd sah ich sie an. „Mal sehen wie es wird.“ „Ach das klingt doch erst einmal gut. Freut mich.“ „Danke.“ Kam es leise von mir während wir weiter liefen. Massanorie Lenjier Mein Spiegelbild zeigte mir, dass ich wie immer großartig aussah. Der Anzug saß, die Krawatte passte zum Hemd und auch ansonsten war es gerade perfekt. Das heute Morgen spontan ein Meeting einberufen wurde war ein gutes Zeichen – hoffte ich. Eigentlich wollte ich nur ein paar Mails und Briefe beantworten und dann wieder verschwinden, aber das sollte ich eventuell nicht erwähnen. Ein kurzer Blick auf meine Armbanduhr zeigte mir, dass Mamorus Sitzung vorbei war. Soviel ich wusste, wollte er danach noch zu Yosuke – oder war es davor? Heute Morgen hatte ich ihm nur halbherzig zugehört, was mich zwar nicht ärgerte, aber trotzdem… naja ich musste eben doch noch etwas üben, um ein besserer Freund zu werden. „Massanorie?“ ich drehte mich um und sah zu meinem Vater der mich zu sich winkte. „Ja komm schon.“ Kam es nur von mir, bevor ich noch einmal einen prüfenden Blick in den Spiegel warf. Das Meeting lief großartig, so langsam konnten sich anscheinend alle damit anfreunden, dass ich die Leitung übernehmen würde. Selbst mein Großvater war gekommen, naja mit meiner Großmutter, die nun bei meiner Mutter wartete. Nicht gerade der Traum meiner Mutter, aber so war es gerade eben nun mal. Nach zwei Stunden standen wir zu dritt auf dem Flur und überlegten uns die strategisch besten Schritte. „Massanorie. Es ist wichtig, dass der Vorstand deine Qualitäten sieht. Respekt und Ehre sind das wichtigste und diese Dinge haben diese Firma aufgebaut als sie gegründet wurde. Vergiss das niemals.“ Mein Großvater atmete schwer. Es fiel ihm nicht leicht ohne seinen Stock, aber er meinte, dass würde nur Schwäche zeigen und das durfte man niemals in diesem Geschäft. Also ließ er ihn immer wenn er kam zuhause, auch wenn es ihn anstrengte. Mein Vater stand neben ihm und hielt ihm seinen Arm als Stütze hin, aber mein Großvater schlug ihn nur weg. „Was fällt dir ein. Was hab ich dir beigebracht? Schwäche gehört hier nicht hin. Dieses Land kann nicht mit Schwächlingen bestehen. Nur die Familie und der Respekt vor unserer Kultur und unserem Erbe werden uns in die Zukunft bringen. Also hör auf mit diesem verweichlichten Gesten.“ Ein bisschen wurde mir schon mulmig, wenn er so sprach. Nie war mir aufgefallen, dass er mit meinem Vater genauso umging wie mein Vater mit mir. Vielleicht war es gar nicht seine Schuld, dass er als Vater war wie er war. Ob mein Vater meinem Großvater erzählt hatte, dass seit Mamoru bei uns einiges anders lief? Ich bezweifelte es stark. Die Frage war nur, würde ich irgendwann auch so werden? Wenn ja, dann durfte ich mich jetzt schon auf Mamorus Gemecker freuen. „Entschuldige Vater.“ Kam es nur trocken von meinem Vater und ich sah, dass ihm unangenehm war, dass er gerade vor mir so einen drüber bekommen hatte. „Mamoru würde jetzt sagen, dass…“ „Ich bin mit deiner Wahl und deinem Lebensstil nicht einverstanden. Also unterlass diese Sentimentalen Anwandlungen in Zukunft in den Geschäftsräumen. Das Privatleben gehört nur in die eigenen Wände und die Frage nach einem Nachfolger werden wir wohl bei dir nicht mehr klären können. Zuerst dein Vater und die Wahl seiner Frau und nun du.“ Das war das einzige was er hervorbrachte, bevor er sich umdrehte und ging. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, was für eine Enttäuschung wir wohl alle für ihn waren. Ich sah zu meinem Vater, der still und völlig emotionslos hinter ihm hersah. Seitdem ich denken konnte, hatte er nie meine Mutter verteidigt. Er erduldete das Gemeckere und die zynischen Sätze meiner Großeltern und manchmal hatte ich das Gefühl, dass er sich selbst dafür hasste, dass er nichts sagte. Ebenso wie jetzt. Ich konnte es an dem Blick sehen mit dem er ihm hinterher sah. „Er ist eben alt. Was soll es.“ War alles was ich sagte. Ich klopfte meinem Vater auf die Schulter und lächelte. „Hmm. Wir sollten los, sonst wartet er unten und er hasst Verspätung. Außerdem wird deine Mutter schon wütend genug sein, weil wir sie nun überfallen.“ Da konnte er recht haben. Dass wir nun mit vier Vorstandsmitgliedern zu uns fuhren und meine Mutter noch Häppchen und so zubereitete, war sicherlich nicht ihre Vorstellung eines gelungenen Tages. Seijiro Lenjier Schweigend saß ich am Steuer meines Wagens. Dass mein Vater einen solchen Ton vor Massanorie angeschlagen hatte störte mich erheblich. Ich hatte vor meinem Vater nie Widerworte gegeben. Ein Grund warum Andrea und ich uns früher oft gestritten hatten, jetzt kam es nur noch sehr selten vor. Ich wusste, dass meine Eltern sie immer noch nicht mochten, dass sie auf ihr herum hackten, aber ich sagte fast nie etwas dagegen. „Ich finde es nicht gut, dass du vor Massanorie so mit mir gesprochen hast.“ Kam es ernst von mir, als ich an einer Ampel hielt. Mein Vater sah mich nicht einmal an, als er anfing mir Vorwürfe zu machen. „Ich hätte die Erziehung deines Sohnes selber übernehmen müssen. Es war von Anfang zum Scheitern verurteilt, als du diese Frau in die Familie gebracht hast. Sie konnte den Kindern nie die Erziehung bieten wie sie in unserer Familie üblich ist.“ „Du meinst strenge, nicht lachen oder Gefühle zeigen.“ Kam es leise von mir. Mein Vater blickte mich scharf an. „Werte wie sie die westliche Welt nicht kennt und durch Konsum und Verfall immer mehr verlieren. Diesem Übel hast du in deinem Haus die Oberhand gegeben und hast es nicht geschafft dass dein Sohn ein ehrenvolles Leben führt. Was soll einmal aus der Firma werden, wenn dein Sohn keine Nachkommen hat.“ „Vielleicht adoptieren Massanorie und Mamoru…“ „Was für ein Unsinn. Diese Lebensart deines Sohnes ist eine Schande und du und diese Frau ihr unterstützt das auch noch. Diese vulgäre und völlige Absurde Lebenseinstellung.“ Ich schwieg. Was sollte ich meinem Vater auch sagen; dass wir es gut fanden, dass Massanorie Mamoru kennengelernt hatte? Das die beiden sehr gut miteinander harmonierten? Dass wir uns freuten, dass unsere Kinder eben nicht so waren wie meine Eltern? „Respekt und die Familie sind die obersten Werte, wir haben zu oft unser Gesicht verloren, weil Massanorie nichts davon versteht. Das wird sich ändern. Sobald er die Geschäftsführung übernommen hat, werde ich ihn unter meine Anleitung stellen. Ich werde das Schaffen was du versäumt hast.“ Damit war die Unterhaltung beendet. Meine Hände verkrampften sich um das Lenkrad und in mir war der Wunsch meinem Vater zu sagen, dass Massanorie so wie er gerade war gut war. Aber das schaffte ich nicht und ich fühlte mich genauso wie in den Momenten wo sie schlecht über Andrea redeten und ich nichts sagte – Hilflos und über mich selbst enttäuscht! Andreas Blick als ich das Haus betrat sprach Bände. Sie hatte keinen Bock auf die Leute und auf meine Eltern erst recht nicht. Aber sie sagte wie immer nichts, sondern lächelte, verbeugte sich und tat das was meine Eltern immer sehen wollten. Eine gute Ehefrau. Alle waren im Wohnzimmer, unterhielten sich. Nur Andrea stand in der Küche und kochte Tee und Kaffee. Ich klopfte leise an den Türpfosten als ich in die Küche kam und ging auf sie zu. „Bist du sehr wütend?“ Ich wusste sehr wohl, dass sie Nein sagen würde – wie immer. Also legte ich meine Hände um ihre Taille und vergrub mein Gesicht in ihren Haaren. Es kam selten vor, dass ich so etwas tat. Aber gerade hatte ich das Gefühl, dass es angemessen war. „Seijiro?“ „Ja.“ „Ach nichts.“ Sie kochte weiter Tee und seufzte leise als sie ihren Kopf zu mir herum drehte und mir über die Wange strich. „Sie bleiben doch nicht über Nacht? Oder?“ Ich schüttelte den Kopf. „Gut. Ich mag nicht wenn Sie hier sind, dann bist du immer so angespannt und wirkst so unglücklich.“ Sie lächelte matt und küsste mich sanft. „Du aber auch.“ Kam es nur leise von mir. „Ich liebe dich und entschuldige, dass Sie sind wie sie sind.“ Andrea nickte nur und widmete sich wieder den Getränken. „Julia kommt auch gleich noch vorbei, aber ich hab sie angerufen und ihr gesagt, dass sie sich angemessen kleiden soll. Sonst gibt es nur wieder Gemecker.“ Mamoru Chiba „… und dann hat er erzählt, dass er doch wirklich nur bei Fuyu war, weil er sich mit ihm versöhnen wollte. Aber ich sag dir, dass kauf ich dem nicht ab – also nicht richtig. Ich wünsch mir natürlich schon, dass die sich wieder vertragen, aber wie soll das bitte aussehen? Ich meine, sollen wir uns zu dritt treffen und dann so tun als ob alles gut wäre? Mamoru ich hab mit beiden Typen geschlafen und Fuyu mit Toya betrogen, wie bitte soll das gehen? Wie denkt der sich das? Therapeuten! Die denken echt sie könnten die Welt retten!“ Ich hörte mir Shogos aufgeregtes Gerede an und kaute nebenbei auf meinem Apfel herum. Der Schnee auf den Straßen hatte sich in braun-graue Matsche verwandelt und ließ die Stadt dreckig und schon etwas herunter gekommen wirken. „Mamoru sag schon was.“ Anscheinend hatte ich meinen Einsatz verpasst. Ich schluckte den Rest Apfel hinunter und seufzte. „Also meine Therapeutin will nicht die Welt retten. Und ich denke das Toya vielleicht nur gerne seinen besten Kumpel zurück hätte. Vielleicht ist ihm aufgefallen, dass als du erzählst hast was wir beide alles machen, dass ihm das fehlt und ist deswegen zu Fuyu. Ich glaub ja nicht, dass dein Freund so hinterhältig ist wie du jetzt denkst. Ein bisschen Paranoid bist du schon.“ „Das sagt der richtige.“ Kam es nur erbost von Shogo. Ich grinste etwas und bog in die Straße ein wo ich hin wollte. „Wenn du magst können wir heute Abend was zusammen unternehmen. Einen Film sehen oder so. Dann können wir nochmal reden.“ Schlug ich als Besänftigung vor. „Ehrlich?“ „Ja.“ Kam es nur wahrheitsgemäß von mir. Die Sitzung war gut gewesen und ich hatte wirklich Lust zusammen mit Shogo was zu unternehmen. Besonders weil Massanorie gerade so viel um die Ohren mit der Firma hatte und mich das eigentlich nur langweilte. „Du wir reden später, ich will gerade zu meinen El... zu Andrea und Seijiro…“ „Aaah du wolltest gerade Eltern sagen.“ Flötete Shogo durchs Handy und ich wurde verlegen. „Gar nicht. Was du auch immer hörst. Ich melde mich später wegen heute Abend.“ Ich legte auf und zog den Schal enger. Oh man er hatte recht, fast wäre es mir rausgerutscht, einfach so. Das war echt peinlich, auch wenn es sich ganz normal angehört und angefühlt hatte. Schmunzelnd über mich selber bog ich in den Hauseingang ein, kramte meinen Schlüssel aus der Tasche und schloss auf. Andrea und Seijior wollten den Schlüssel nicht zurück haben und ich fand es schön einfach ein- und ausgehen zu können. Das hatte – das hatte ein Gefühl von zu Hause. Mein erster Weg führte in die Küche, wo ich meine Jacke über einen der Stühle schmiss und mich streckte. Massanorie war sicherlich noch mit Seijiro im Büro, das heißt ich konnte mit Andrea etwas allein sein. Ich hatte mir überlegt sie zu fragen ob sie mal mit mir auf den Fischmarkt wollte, morgens ganz früh und danach ein tolles Frühstück auch auf dem Fischmarkt. Andrea lebte schon so lange in Tokio, aber die besten Ecken kannte sie gar nicht, dass hatte sie mir selbst gesagt, also wollte ich ihr Tokio mal so zeigen wie ich es kannte. Etwas aufgeregt war ich schon, denn ich hatte Angst, dass ich aufdringlich war oder dass sie keine Lust hatte – aber auch die Therapeutin meinte, dass es gut wäre wenn ich von mir aus nähe suchen würde. Es war seltsam, als ich im Gespräch mit ihr war, war es ganz anders verlaufen als gedacht. Ich wollte über das Heim reden und all das, aber dann waren wir plötzlich bei Andrea und Seijiro und bei Nähe und Distanz. Die Therapeutin meinte es wäre normal, dass Gespräche oft eine andere Wendung nahmen und dass es gut wäre den Verlauf einer Sitzung nicht zu erzwingen. Seufzend öffnete ich den Kühlschrank, holte mir eine Dose Eistee heraus und schnappte mir, sehr zu meiner Freude, ein Stück Schokoladenkuchen, welches einsam und verlassen ebenfalls im Kühlschrank stand. „Andrea!“ ich rief sie und lief in Richtung Wohnzimmer. Stimmen, dass war schon mal die richtige Richtung. In diesem Haus konnte man sich einfach verlaufen. „Andrea?“ ich stieß die Tür mit dem Fuß auf und biss von dem Kuchen ab, bevor ich das Zimmer betrat. Stille! Mein Blick glitt durch die Runde. Da saßen vier alte Männer, um es in den Worten von Massanorie auszudrücken in Anzügen, Seijiro, Massanorie und sein Großvater sowie Julia, Andrea und ihre verhasste Schwiegermutter. Natürlich waren alle aufgebrezelt und schick und dann kam ich. Zwei unterschiedliche Socken – weil Waschtag war, eine verwaschenen Blue Jeans mit zwei Löchern in den Knien und ein schwarzer Kapuzenpulli mit der Aufschrift ‚Das kannst du schon so machen. Aber dann isses halt Kacke!‘ Also das war doch mal genau das Outfit was man brauchte um in eine wichtige Gesprächsrunde zu platzen. In meinem Mund steckte ein Stück Schokoladenkuchen, ich bemerkte einen Krümel an meinem Mundwinkel und in der einen Hand hatte ich eine Dose Eistee und in der anderen den letzten Rest Kuchen, der natürlich in kleinen Stücken auf den Boden krümelte. Was Sparky super Happy machte, da er sofort zu mir kam und sich an den kleinen Almosen die auf den Boden fielen erfreute. Und plötzlich war in meinem Kopf meine eigene Stimme wieder da, die anscheinend diesen Moment für genau richtig empfand um etwas zu sagen. Kapitel 59: Step Fifty-seven… Trueness III ------------------------------------------ Es ist durchaus nicht dasselbe, die Wahrheit über sich zu wissen oder sie von anderen hören zu müssen. Aldous Huxley Andrea Lenjier Leise lachend schloss ich die Tür zur Küche und sah Mamoru an. Nach einer Minute der Stille und der leichten Verwirrung, bei uns und dem Vorstand, war mein Schwiegervater leicht rot angelaufen und hatte schon dazu angesetzt eine Schimpftriade los zu werden. Also war ich schnell aufgestanden und hatte Mamoru mit in die Küche genommen. „Danke Mamoru. Das war nötig.“ Schmunzelnd sah ich ihn an und küsste ihn auf die Wange, bevor ich ihm einige Krümel aus dem Winkel strich. Mamoru war das Ganze recht unangenehm. „Entschuldige. Ich wusste nicht, dass ihr Besuch habt.“ Er ließ sich auf einen Stuhl nieder und öffnete die Dose in seiner Hand. „Ach, alles gut.“ Ich winkte ab und setzte erneut einen Kaffee auf. Plötzlich wurde die Küchentür aufgemacht und Massanorie kam herein. „Hey.“ „Hey.“ „Du hast mir nicht gesagt, dass du heute zu meiner Mutter willst.“ Mamoru zuckte mit den Schultern. „Hielt ich nicht für notwendig. Ich wusste ja nicht, dass du hier ein Meeting abhältst.“ „Das ist wichtig. Strategisch ist es gerade wichtig, dass der Vorstand mehr und mehr zu mir hält und nicht plötzlich abspringt oder anfängt gegen uns zu arbeiten.“ Mamoru nickte nur und ich besah mir die beiden. „Es wäre toll, wenn du dich oben umziehen würdest und dann dazu kommst. Du hast doch noch was vernünftiges hier?! Oder? Und dann sei bloß nett, dass ist wichtig für mich. Hier geht es schließlich um die Firma und sei… sei einfach nett. Also nicht gerade wie jetzt.“ Nun starrte ich meinen Sohn sprachlos an. Was war das denn jetzt? Anscheinend ging es Mamoru genauso. „Bitte?“ erbost sah er ihn an. „Was hast du gerade gesagt?“ Mamoru stand auf und tippte Massanorie auf die Brust. „Bist du noch ganz dicht? Also erstens ich werde mich nicht umziehen, es tut mir leid, dass ich einfach reingeplatzt bin, aber sowas passiert nun mal. Und was soll das mit dem nett sein. Willst du mir etwa sagen, dass ich so wie ich bin nicht in dein Bild eines perfekten Freundes passe? Entschuldige, aber soll ich dich daran erinnern, dass DU mir gesagt hast, dass ich nicht mehr so tun soll als wenn ich jemand wär der ich nicht bin?! Ich werde für dich nicht nett lächeln und winken und den perfekten schwulen Freund spielen.“ Mamoru wurde lauter und wütender. Etwas irritiert stand ich daneben und wusste nicht so recht was jetzt hier los war. „Ich will nur, dass du mir hilfst und dafür solltest du eben nicht gerade du selbst sein. Das ist ja wohl nicht zu viel verlangt, wenn man überlegt, dass du gerade sonst nichts tust.“ Natürlich wurde die Situation noch besser als mein Schwiegervater herein kam. „Massanorie, sofort zurück ins Wohnzimmer und du…“ er musterte Mamoru mit einem durchdringendem Blick. „… jeder in dieser Familie leistet seinen Beitrag zum Wohl der Familie. Wenn du in den Augen meiner Schwiegertochter und meines Sohnes schon dazu gehörst, auch wenn mir das widerstrebt, solltest du dir ein angemessenes Verhalten aneignen, welches dem Wohl der ganzen Firma…“ Seijiro betrat nun ebenfalls die Küche und sah sich kurz um. Und dann passierte das was sich noch nie jemand getraut hatte. „Also mir ist die Firma mal total egal und nur damit wir uns verstehen, ich lasse mich sicherlich nicht vom hauseigenen Tyrannen belehren.“ Jetzt war es totenstill in der Küche. Mamoru selber biss sich auf die Lippe und senkte den Blick vor Seijiro. „Tut… tut mir leid… ich… dabei wollte ich dich nur fragen, ob du Lust hast morgen früh mit mir auf den Fischmarkt zu kommen? Also so um 7.00 Uhr und dann könnten wir frühstücken, also dort. Wenn du magst.“ Er war verunsichert und wechselte seinen Blick zwischen mir, Massanorie und Seijiro hin und her. „Ich sollte gehen.“ Kam es schließlich nur leise von ihm. Doch mein Schwiegervater hatte noch nicht das letzte Wort gesprochen. „Wie kannst du eine solche Respektlosigkeit mir gegenüber in deinem eigenen Haus zulassen? Dieser Junge ist nichts weiter als ein Schmarotzer in eurem Haus, er wird der Firma den Ruin bringen, welchen Beitrag leistet er schon?“ Mein Schwiegervater war nun voll in Fahrt und bäumte sich vor Seijiro auf. Massanorie sah Mamoru an und wandte dann seinen Blick fragend an seinen Vater. Hilflosigkeit! Das umschrieb die Situation am Besten. Ich hatte mich in den Jahren damit abgefunden, dass Seijiro niemals das Wort gegen seinen Vater oder seine Mutter erhob. So war er eben. Loyal. Aber ich wusste auch, dass es ihn selber ärgerte. Bis jetzt hatten sich die spitzen Bemerkungen, die Sticheleien nur gegen mich gerichtet, aber nun hatte mein Schwiegervater wohl in Mamoru ein neues Objekt gefunden das seinen Kriterien nicht stand hielt. Ich sah zu Seijiro, der wohl dasselbe dachte wie ich. Er sah zuerst seinen Vater an, dann Mamoru und schließlich Massanorie. „Du hast es schon richtig gesagt. Das ist mein Haus. Und ich dulde es nicht länger, dass du so über meine Familie redest. Ich habe immer geschwiegen, immer wenn du und Mutter über Andrea schlecht geredet habt, hab ich nichts gesagt, weil es zum Wohl aller war. Weil ein guter Sohn sich nicht gegen seinen Vater stellt – das war falsch. Ich hätte euch nie erlauben dürfen so über meine Frau zu reden. Andrea ist eine gute Ehefrau, sie hat ihre Wünsche immer hinter die Bedürfnisse der Firma gestellt und trotzdem habt ihr es ihr nie gedankt. Aber jetzt fällst du sogar über meine Kinder her, Massanorie kann dir sowieso nie etwas recht machen und nun denkst du auch noch, dass du über Mamoru urteilen kannst. Dabei weißt du Garnichts über ihn. Also lass ihn zufrieden. Ich respektiere dich Vater, aber nach diesem Meeting verlässt du mein Haus und du bist hier erst wieder willkommen, wenn du lernst meiner Familie den gleichen Respekt gegenüber zu bringen wie ich dir.“ Damit sah Seijiro mich matt lächelnd an, drehte sich um und verschwand. Seine Stimme war monoton und völlig ernst gewesen. Mamoru schob sich an mir vorbei. „Ich sollte gehen, wenn ich hier nur Ärger mache. Ich merke, wenn ich unerwünscht bin.“ Er sah Massanorie kurz an und wollte an ihm vorbei zur Tür. Massanorie griff nach seiner Hand und wollte ihn festhalten, doch er entzog sich ihm „Lass mich. Ich will gehen. Wir sehen uns.“ Er schlüpfte an ihm vorbei und schon im nächsten Augenblick hörte ich die Tür ins Schloss fallen. Minako Aino In meinem Zimmer herrschte eine angenehme Wärme und so fiel es mir leicht in meinem Buch zu versinken. Auf dem Tisch stand eine dampfende Tasse Tee und Artemis kuschelte sich in seine Lieblingsdecke und schnurrte. Ein friedlicher Abend – wie schön und selten das doch war. Meine Gedanken schwirrten kurz zu Yosuke und dem Gespräch von heute Morgen. Ich war froh, dass Mamoru sich bei mir gemeldet hatte und das ich mit Yosuke geredet hatte. Am Ende waren wir beide nur verunsichert gewesen. Meine Erwartung war zu hoch und ich hatte nicht gemerkt wie ihn das unter Druck gesetzt hatte. Am Ende war mir das aber alles egal. Es war schön gewesen und ich wollte ja keinen Preis gewinnen. Es ging nur um ihn und mich. Und das war das was mein Herz höher schlagen ließ – immer wenn ich an ihn dachte. Yosuke war alles was ich je gesucht hatte. Witzig, charmant, chaotisch, ein Rebell, ein Prinz. Was wollte ein Mädchen wie ich mehr? „Du lächelst wieder so.“ Ich zuckte zusammen und sah zu Artemis, der mich schelmisch ansah. „Ach wirklich? Ich hatte nur einen schönen Gedanken.“ Kam es flüsternd von mir, während ich das Lesezeichen in die Seiten legte und meine Finger sich um die Teetasse legten. „Am Anfang dachte ich wirklich dieser Junge sei ein Idiot. Aber… nun denke ich, dass er etwas Besonderes ist.“ Dankbar sah ich meinen treuen Begleiter an. „Danke Artemis. Denn das ist er. Ich kann mir eine Welt ohne ihn nicht mehr vorstellen und ich merke plötzlich wie sich Bunny gefühlt haben muss. Und es ist ein strahlendes Gefühl, für das ich hart arbeiten muss. Aber ich kann es sehen, das was hinter all dieser Mühe liegt. Eine Zukunft mit ihm – eine Familie. Und ist es nicht das was wir uns so lange gewünscht haben? Eine Zukunft?“ Verträumt lehnte ich mich zurück an mein Bett und sah zu dem kleinen Bild auf meinem Nachttisch. Yosuke strahlte mich darauf an und ich spürte wieder diese leichte Gänsehaut. „Minako?“ Das Klopfen meiner Mutter ließ mich zusammen zucken. „Ja?“ Die Zimmertür öffnete sich einen Spalt und sie steckte ihren Kopf herein. „Schatz? Da unten ist Besuch für dich, aber ich bin mir nicht sicher ob das wirklich ein Freund von dir ist. Er ist… etwas alt.“ Irritiert sah ich sie an, stand auf und folgte ihr die Treppe hinunter. Als ich dann aber sah wer vor unserer Tür stand lachte ich auf. Mein Vater schien sehr skeptisch, denn er hatte sich mit verschränkten Armen vor der Brust vor meinem Besuch aufgebaut und schien deutlich zu machen, dass er hier nicht willkommen war. „Ist schon gut Papa.“ Ich legte meine Hand auf seinen Arm und lächelte ihn freundlich an. „Das ist ein Freund von mir.“ Damit wandte ich mich meinem Gast zu. „Massanorie.“ „Minako.“ Unser kleines Begrüßungsritual war einfach herrlich. Ich lachte leise und bat ihn herein. Es war schon sehr komisch, dass er hier war und er wollte anscheinend auch nicht wirklich sagen warum. Es hatte mich etwas Überredung gekostet ihn mit in mein Zimmer zu nehmen. Aber schließlich hatte mein Vater nachgegeben, auch wenn er Massanorie sehr skeptisch angesehen hatte. Massanorie hatte sich indessen zu keinem weiteren Wort bewegen lassen. Stumm wie ein Fisch saß er vor meinem Tisch und schien mit den Gedanken woanders. Still stellte ich das Tablett ab und schenkte ihm etwas Tee ein, bevor ich mich neben ihn setzte. „Was verschafft mir die Ehre deines Besuches?“ Ich nippte an meinem Tee und sah zu Artemis der Massanorie nur abschätzend ansah. Er wusste wer er war und hatte mit Luna beschlossen ihn nicht zu mögen. Massanorie sah kurz auf, nahm seine Tasse und nickte in Richtung meines Katers. „Muss der hier sein?“ „Was fällt dir ein…“ Artemis sah ihn wütend an und schaute dann zu mir, als ich aufstand. „Schon gut. Nicht aufregen. Artemis, warum schaust du nicht mal ob meine Mutter etwas Thunfisch für dich hat.“ Damit öffnete ich die Tür und schubste ihn leicht mit dem Fuß aus meinem Zimmer. Mein weißer Kater nahm das nur widerwillig hin, fügte sich dann aber. „Also?“ ich setzte mich wieder und sah zu Massanorie. Der jedoch schwieg sich aus. Mich störte es nicht. Irgendwie mochte ich Massanorie, ich kam, anders als die anderen, gut mit ihm zurecht. Und seine Art mit anderen Umzugehen ignorierte ich gekonnt und ich glaubte, dass er ebenfalls eine gewisse Sympathie für mich empfand. So kam es mir jedenfalls vor. „Meine Auswahlmöglichkeiten sind begrenzt was das reden mit anderen angeht. Mit May und Yosuke brauche ich nicht reden, die sind Mamorus Freunde und Shogo und Mamoru sind ja zur Zeit auch „Best Friends“, da werden die wohl kaum zuhören, wenn ich mich über Mamoru auskotzen will oder so. Und die Einzige, die halbwegs mit meinem Charme umgehen kann…“ „Bin ich.“ Ergänzte ich seinen Satz und lächelte matt, bevor ich wieder einen Schluck Tee nahm und eine Decke über meine Beine zog. Es wurde still in meinem Zimmer und ich merkte, dass es ihm wohl wirklich schwer fiel überhaupt hier zu sein. Sein Blick schweifte umher und ich zuckte erschrocken zusammen, als er plötzlich aufstand. „Entschuldige. Es war eine dumme Idee.“ Damit strich er sich durch die Haare und ging. Etwas verdutzt war ich jetzt aber schon. Artemis schob sich durch den Türspalt und sah mich kopfschüttelnd an. „Gut, dass er weg ist. Er ist mir unheimlich.“ Seufzend stand ich auf, stieg aus meiner Jogginghose, schlüpfte in eine Jeans und zog einen warmen Pullover an. „Bin noch einmal kurz weg!“ rief ich nur ins Wohnzimmer und schon schnappte die Tür hinter mir zu. Massanorie Lenjier So eine doofe Idee. Wie komm ich denn bitte darauf. Peinlich, ich bin nur noch peinlich. Ich trottete durch die braune Matsche die mal Schnee war und wünschte mir gerade den Weltuntergang, als hinter mir Schritte schnell näher kamen und sich schließlich ein Arm bei mir einhakte. Erschrocken drehte ich mich herum und sah Minako, die mich etwas atemlos ansah. „Du bist ganz schön schnell. Es ist unhöflich einfach abzuhauen.“ Kam es nur lächelnd von ihr, als sie ihre Haare zu einem Zopf band und ihren Schal enger um sich schlang. „Was willst du denn jetzt?“ kam es nur schroff von mir. Doch Minako zuckte nicht einmal. Sie lächelte nur, seufzte und hakte sich wieder bei mir unter. „Mit einem Freund etwas trinken gehen und mir seine Sorgen anhören.“ Kam es nur freundlich von ihr. Etwas verwundert sah ich sie an und wusste nicht was ich sagen sollte. Das kam auch nicht oft vor. „Wir können in die Bar nosta gehen. Die liegt hier gleich um die Ecke. Ist ganz nett dort, da ist heute auch nicht viel los. Also?“ Sie sah mich an und ich nickte nur. Was blieb mir auch anderes übrig? Ich musste reden und außer ihr riss sich keiner darum mein Redepartner zu werden. Die kleine Bar war nicht mein Geschmack. Auf einem großen Bildschirm liefen alte Serien aus den 80ern. Aber sie hatten Whiskey - auch wenn es nicht der Beste war. Ich schüttete schon das zweite Glas auf Ex runter und sah zu Minako, die an ihrer Cola nippte und mich ansah. Sie schien keine Eile zu haben und ich musste zugeben, ich hatte mir noch nie Mut antrinken müssen – bis auf jetzt! „Eigentlich kennen wir uns ja gar nicht.“ Kam es trocken von mir. „Stimmt. Aber das vereinfacht das Ganze. Mit Fremden kann man besser reden.“ Ich lachte leise und nickte. „Ja stimmt.“ Einen Moment saß ich schweigend da, aber es brachte ja nichts. „Mamoru. Er ist – glaub ich – sauer. Und ich weiß nicht wie ich das beheben soll.“ „Warum ist er denn sauer?“ Minako stellte ihr Glas ab und lehnte sich auf den Tisch. Ich begann ihr zu erzählen, dass ich heute in einer Sitzung war. Dass mein Großvater aus unerfindlichen Gründen ein Arsch war, dass mein Vater es nicht schaffte seine Familie zu verteidigen, abgesehen von heute und dass ich nicht besser war als er. „…plötzlich stand Mamoru im Wohnzimmer und mein erster Gedanke war 'Oh mein Gott'. Ich dachte mir wie kann er das nur tun, mich so blamieren. Meine Mutter hat ihn dann aus den Wohnzimmer buksiert und mein Großvater war am kochen und hat Mamoru in der Küche total nieder gemacht. Ich bin dann hinterher und hab nichts getan, rein gar nichts. Dann hat mein Vater ihn endlich in seine Schranken gewiesen. Mamoru ist dann abgehauen und wir sind wieder zum Vorstand und der meinte dann nur zu mir wo denn mein Freund sei. Also nicht mit der Wortwahl, aber sie schienen gar nichts gegen sein Auftreten zu haben. Sie meinten, Sie würden ihn sympathisch finden und er schien einige gute Ideen zu haben. Weil sie sich ja schon mal unterhalten hatten. Ich hab mich so geschämt. Ich meine, wie kann es sein, dass ich genauso bin wie mein Vater? Der hat Jahrelang nichts gesagt und ich wollte nie so werden wie er. Aber nun bin ich genauso. Ich habe es immer gehasst, wie sich meine Mutter verhalten hat, wenn wichtige Leute bei uns waren. So steif und aufgesetzt in ihrem ganzen Verhalten. Und nun habe ich genau das gleiche von Mamoru verlangt. Mamoru ist sicherlich sauer und ich kann es ihm nicht verübeln.“ Seufzend hob ich die Hand und orderte noch ein drittes Glas. „Hast du ihn angerufen?“ Minako hatte mir die ganze Zeit schweigend zugehört. „Nein.“ Kam es nur leise von mir. „So ein Scheiß.“ „Also ich weiß nicht was du tun sollst.“ Überrascht sah ich sie an. „Ich kann dir einen Ratschlag geben. Aber Ratschläge sind auch Schläge! Außerdem kennst du wie kein anderer Mamoru. Und ich glaube er hat dir schon so viel durchgehen lassen, da wird er jetzt nicht kneifen. Und wenn du ihm erklärst, dass es dir leid tut, dann ok. Wenn nicht, würden ein paar Blumen und Schokolade was bewirken. Naja, ich glaube, bei Mamoru ist nur die Schokolade wichtig – Bunny meinte mal er wäre süchtig nach Schokolade.“ Sie leerte ihr Glas und grinste. „Und ich hab mal in einem Magazin gelesen, dass die Schokolade aus Deutschland viel besser ist als die in Japan!“ Sie zwinkerte mir zu. Unglaublich aber sie hatte recht. Lachend lehnte ich mich zurück. „Ich mag deine Art Minako.“ Kam es mir locker über die Lippen. Seufzend starrte ich an die Decke der Bar und musste zugeben, vielleicht wären Freunde eine gute Idee. Draußen war es kalt und nass und bääh. Also eben genau wie der ganze Tag. Nachdenklich stand ich auf dem Gehweg und sah erneut zu Mamorus Wohnung hoch. Es brannte noch Licht bei ihm und wahrscheinlich konnte ich mich auf den Streit des Jahrhunderts vorbereiten. Mit einem kräftigen Zug zog ich an der Zigarette, schnippte den Rest auf die Straße und holte tief Luft. Ich atmete einmal tief ein und aus und ging zum Eingang des Wohnkomplexes. Die Automatik-Tür öffnete sich und ich ging langsam auf den Fahrstuhl zu. Mein Herzschlag war fast in meinem Hals angekommen als ich den Knopf drückte und kurz betete. Hoffentlich hatte Minako recht. Es dauerte nicht mal eine Minute und der Fahrstuhl hielt vor mir. Die Türen schoben sich auseinander und vor mir stand mein Freund. Mamoru hielt einen weißen Wäschekorb in den Händen und sah mich kurz naserümpfend an. Das irritierende daran war jedoch, dass er nichts anhatte. Also hatte er schon, er trug diesen weißen Wollpullover von mir, der ihm bis zu den Oberschenkeln reichte und dann diese camelfarbenen Boots. Das wars. Mamoru Chiba schoss es mir durch den Kopf als Massanorie mich anstarrte als wäre ich aus einem Zoo ausgebrochen. Dieser Idiot. Es war kurz vor ein Uhr nachts und ich hatte wirklich keinen Nerv mehr gehabt mir eine Jeans überzuziehen nur um die Wäsche aus der Waschküche zu holen. Um diese Zeit war sowieso niemand mehr im Haus unterwegs, also ging auch dieser Aufzug an Klamotten. Es war natürlich wieder einmal ein perfektes Timing, dass Massanorie genau in diesem Moment hier aufkreuzte. Immer noch wie ein dummer Trottel stand er da und die Türen des Fahrstuhls begannen sich wieder zu schließen. Gespielt genervt drückte ich den Türknopf. „Willst du da stehen bleiben und gaffen oder mit fahren?“ Mein Freund zuckte zusammen und betrat den Aufzug. Die Türen schlossen sich und wir starrten beide auf die Anzeige. Das ich rot geworden war, weil ich wusste, dass ich halb nackt im Fahrstuhl stand versuchte ich zu kaschieren in dem ich im Wäschekorb herum wühlte. „Du wirkst nicht böse.“ In seiner Stimme schwang ein Hauch Irritation mit. Da ich wusste was er meinte, zuckte ich nur mit den Schultern. „Wieso sollte ich? Ich bin es gewohnt angeschrien zu werden. Nichts was mir neu ist. Außerdem mag ich deinen Opa nicht.“ Schulterzuckend lehnte ich mich nach hinten an die Fahrstuhlwand. Einen Momentlang herrschte Schweigen. „Tut mir leid!“ Er klang zerknirscht und ich sah wie er sich auf die Unterlippe biss. Etwas das ich bei ihm so noch nie gesehen hatte. „Ich bin nicht böse.“ Kam es noch einmal von mir, während ich ihn sachte anstubste. „Ja, aber du solltest.“ Er sah mich aus den Augenwinkeln an. Schulterzuckend starrte ich auf die Anzeige. „Wo ist Sparky?“ „Bei meiner Schwester. Sie hat gesagt sie nimmt ihn mit zu sich. Langsam denke ich echt, ich sollte mir kein Haustier anschaffen. Er ist sowieso immer woanders und ich hab keine Zeit für ihn.“ Er klang traurig. „Morgen früh… naja, also in knapp 6 Stunden treffe ich mich mit Andrea und wir gehen auf den Fischmarkt. Ich glaube das wird gut.“ „Ja bestimmt.“ Sein Blick glitt zu mir und er musterte mich kurz. Ich konnte spüren wie sein Blick an mir hoch und runter glitt. Wir schwiegen, aber es machte mich nervös, dass er mich so ansah. „Also wenn du weiter so gaffst werde ich sauer. Außerdem solltest du nett sein. Schließlich hast du mal wieder Mist gebaut. Und nur damit du es weißt, Shogo sagt das auch.“ Ich wurde lauter und versuchte so meine Verlegenheit zu überspielen, ich war erleichtert als sich die Fahrstuhltüren öffneten. Schnell ging ich an ihm vorbei, schloss meine Tür auf und verschwand in der Wohnung. Meine Schuhe landeten in einer Ecke des Flures, bevor ich mich aufs Sofa setzte und anfing meine Wäsche zusammen zu legen. Das Geräusch der zufallenden Tür und dass Massanorie in der Küche verschwand beruhigte mich etwas. In mir herrschte nach heute Mittag etwas stress, weil sein Großvater so ausgerastet war. Und sicherlich, ich war enttäuscht, dass Massanorie nichts gesagt hatte, aber er schien auch etwas überfordert und streiten wollte ich mich nicht. Shogo hatte auch nur gemeint, dass Massanorie es definitiv schwer hatte in der Firma und dass er sicherlich auch unter Druck stand. So genau hatte ich mir noch nie darüber Gedanken gemacht. Aber es stimmte schon, Massanories Firma war ein Familienunternehmen und Massanorie würde sicherlich keine Nachkommen in die Welt setzen. Es sei denn einer von uns konnte irgendwann dank medizinischer Neuerungenschaften Kinder bekommen – dann würde er das machen. Das machte seine Position bestimmt umso schwieriger, dann noch das ganze andere Zeug was er bis jetzt verbockt hatte. Manchmal war ich sicherlich schon sehr egoistisch, weil ich auf so etwas keine Rücksicht nahm. Seufzend ließ ich den Stoff des Pullovers durch meine Finger gleiten und dachte darüber nach. Das leise klappern von zwei Tassen ließ mich aufsehen. Massanorie kam mit zwei Tassen herein und stellte beide auf dem Tisch ab, bevor er sich neben mich setzte. „Kann ich helfen?“ er deutete auf die frische Wäsche. „Klar, wenn du willst.“ Ich faltete weiter und so saßen wir eine Weile schweigen Nebeneinader und legten Wäsche zusammen. „Ach. Du hast ja meine auch gewaschen.“ Er klang ernsthaft erstaunt, als er eine seiner Pants aus dem Korb nahm. „Ja ne. Natürlich. Sie lag im Korb, also wasche ich sie mit. Schließlich wohnst du ja quasi bei mir.“ Ich sah ihn aus den Augenwinkeln an und lachte. „Naja schon – aber das ist meine Unterwäsche und ich… naja, ich finde nur das ist ganz schön intim wenn du meine Schmutzwäsche… also naja…“ Schmunzelnd sah ich ihn an und begann leise zu lachen. „Du denkst mich könnte deine Schmutzwäsche noch abschrecken? Echt? Ich bin noch hier, selbst nachdem heute alles in einem Super-Gau geendet hat.“ Ich schüttelte den Kopf und nahm das letzte Stück Wäsche aus dem Korb. „Es tut mir wirklich leid… ach und…“ er stand auf, legte die gefaltete Wäsche in den Korb und ging hinaus. Neugierig sah ich ihm nach. Als er wieder herein kam hielt er etwas in den Händen. Den Wäschekorb stellte ich auf den Boden und zog die Beine an, als er mir das kleine goldene Kästchen hinhielt. „Also ich war vorhin bei Minako und sie meinte…“ „Minako?“ Erstaunt sah ich ihn an. „Was hast du denn bei Minako gemacht?“ Er wurde rot und winkte hastig ab. „Ach nichts. War Zufall… wichtig ist es das ich Schokolade für dich habe. Meine Tante schickt immer ein kleines Paket wo dann Sachen drin sind. Und das hier ist etwas sehr lecker schokoladiges. Und ich dachte damit kann ich es etwas wieder weg machen. Naja etwas.“ Ich zog eine Augenbraue hoch. „Du denkst mit Schokolade kannst du es wieder gut machen? Du kannst doch nicht so einen Tag mit Schokolade begradigen!“ kam es nur schmollend von mir, bevor ich das Kästchen nahm und es begutachtete. In der kleinen durchsichtigen Hülle waren kleine goldene Kugeln gestapelt. „Das ist Rochér und sehr lecker.“ Er lächelte, während ich das Kästchen öffnete und eine der kleinen Kugeln auspackte. Ich war ja skeptisch, aber gut, er gab sich Mühe. Also ab in den Mund und – der Wahnsinn. Das beste was ich je an Schokolade gegessen hatte. Massanories Blick war auf mich gerichtet. „Magst du die auch?“ „Ähm… naja geht so. Aber wenn du teilen willst.“ „Nein.“ Kam es nur von mir, während ich mich in das Sofakissen kuschelte und mir die nächste Kugel nahm. „Du magst sie.“ Er lächelte, beugte sich zu mir und vergrub seinen Kopf in meiner Halsbeuge. Seine Zähne knabberten leicht an meinem Hals. „Ich bin trotzdem noch geknickt.“ Damit schob ich ihn zur Seite. Er seufzte, nickte und positionierte sich neben mich. „Aber du darfst trotzdem mit mir kuscheln und von mir aus auch die Fernbedienung beherrschen.“ Massanorie lachte leise, rutschte an mich heran und küsste meine Schläfe, während er durch die Kanäle zappte. Eine Weile saßen wir nur da. „Hier!“ Ich hielt ihm eine der goldenen Kugeln hin und ignorierte sein doofes Grinsen. „Danke.“ Er nahm sie und küsste meine Handinnenfläche. Kapitel 60: Step Fifty-eight... Mother -------------------------------------- Die Mutter ist ein Glück für jeden in seiner Not. Wer eine Mutter hat, der hat eine Beschützerin, und ohne Beschützerin ist, wer sie nicht hat. Mahābhārata Mamoru Chiba In meiner Wohnung herrschte Stille, nur das Ticken der Uhr und die leisen Atemzüge meines Freundes waren zu hören. Massanorie war irgendwann eingeschlafen, hatte seinen Kopf auf meinen Schoss gelegt und schlief nun tief und fest. Die Zeiger der Uhr bewegten sich verdächtigt auf die 5:30 Uhr zu. Mein Problem war, ich war nicht müde. Nicht ein bisschen. Auf dem kleinen Tisch neben dem Sofa lag mein neu erworbenes Buch mit dem Titel „Ich lebe MEIN Leben – In 10 Schritten zu einem selbstständigem Menschen!“ Die Therapeutin hatte mir von solchen Büchern abgeraten, aber was sollte es schon schaden. Irgendwie musste es ja weiter gehen. Das Buch lag auf Massanories Brustkorb, während ich las. „4. Höre auf, dich um das Schicksal anderer Menschen zu kümmern! Es ist einfach, sich mit der Situation anderer zu beschäftigen und darüber zu philosophieren, was diese Person macht, nicht macht, besser machen sollte … STOPP! Wie bringt dich das in DEINEM Leben weiter? Überhaupt nicht! Diese Art des „Sorgens” ist nutzlos und reine Zeitverschwendung. Denke besser darüber nach, was du machen solltest und besser machen könntest. Arbeite an deinem Charakter und deiner Kompetenz und übernimm Verantwortung für dein eigenes Leben...“ „Hey!“ ich zuckte zusammen und sah in Massanories Gesicht, seine Augen waren einen Spalt geöffnet und er atmete tief ein und aus. „Na Dornröschen.“ kam es schmunzelnd von mir, während meine Finger weiter durch seine Haare fuhren. „Kraulst du mich?“ er schloss die Augen wieder und schmunzelte verschlafen. „Hmm. Ich fand das beruhigend.“ Kam es leise von mir. „Ich mag das.“ Massanorie schnurrte gerade und ich lächelte ihn sachte an. Meine Finger schlugen das Buch zu. „Was liest du?“ „Ach nichts.“ Kam es nur schnell von mir. Doch Massanorie griff nach dem Buch und grinste leicht. Er öffnete seine Augen und sah auf den Einband. „Was für ein Scheiß.“ Kam es nur abwertend von ihm, bevor er das Kapitel aufschlug, welches ich gerade am Lesen war. Seine Augen wanderten über das Blatt, bevor er mich ansah, das Buch zuklappte und es auf den Boden warf. „Lies nicht so was. Was soll das denn mit diesem Kapitel?! Sich nicht um andere Kümmern. Das kannst du doch gar nicht. Und das ist gut so. Schmeiß das aus dem Fenster und fertig.“ Seine Hand griff nach meiner. Bockig und stur wie ich war, verdrehte ich die Augen. Massanorie setzte sich langsam auf und belächelte meine Art, bevor er sich streckte. „So ein kleines Schläfchen tut gut.“ Nun lachte ich leise auf. „Kleines Schläfchen? Du hast fast 5 Stunden geschlafen. Es ist schon morgen.“ Damit stand ich ebenfalls auf und streckte mich, bevor ich in die Küche ging. „Was?“ seine entsetzte Stimme klang hinter mir her. „Und du bist die ganze Zeit sitzen geblieben, anstatt mich einfach mal ins Bett zu schicken?“ Er kam hinter mir her und lehnte sich gähnend an den Kühlschrank. Achselzuckend setzte ich Teewasser auf. „Ich kann sowieso nicht schlafen, also war es ok. Außerdem hab ich gelesen und Ferngesehen.“ „Na dann…“ Er zog mich eng an sich und grinste leicht. „Ich kenne da eine Methode die dich sicherlich müde machen wird.“ Ich zog eine Augenbraue hoch und musterte ihn belustigt. „Kann ich mir vorstellen, aber Sex ist etwas das du dir verdienen musst nach dem gestrigen Tag. Also danke, aber nein danke. Außerdem muss ich noch duschen und fahre dann zu deiner Mutter.“ Damit löste ich mich aus seiner Umarmung und sah zu wie das Wasser zu kochen begann. Massanorie nuschelte etwas vor sich hin, bevor er aus der Küche verschwand und ich die Badezimmertür hörte. Nach einigen Minuten hörte ich die Tür wieder. „Willst du auch einen Tee?“ Rief ich. „Nein. Ich geh wieder ins Bett. Nacht. Und hol dir jetzt deine Sachen aus dem Schrank, hab keine Lust wegen dir aufzuwachen.“ Wie süß, er schmollte. Kopfschüttelnd ging ich ins Schlafzimmer und sah ihm kurz zu wie er sich aus seinen Sachen schälte und sich nur mit Shorts unter die Decke verkroch. „Kindskopf.“ Kommentierte ich sein Verhalten nur, bevor ich mir etwas Anständiges zum anziehen aus dem Schrank holte. Aber bevor ich das Zimmer verließ, kniete ich mich über ihn und stahl mir einen kleinen Kuss, was er nur brummend zur Kenntnis nahm. „Liebe dich.“ „Ja, denk ich mir.“ Kam es nur leise, aber noch bevor ich die Schlafzimmertür schloss, drehte er sich um. „Dito.“ Grinsend, das ich meinen Willen bekommen hatte trank ich meinen Tee, ging duschen und verließ um kurz nach sechs die Wohnung. Andrea Lenjier Es war noch dunkel, als ich das Haus verließ und die Tür leise ins Schloss zog. Langsam, weil der Gehweg leicht gefroren war, ging ich in Richtung Straße. „Guten Morgen.“ Ich zuckte zusammen und sah nach links. Mamoru kam auf mich zu, was ich durch die Laternen gut erkennen konnte. „Du kannst einem ja einen richtigen Schrecken einjagen.“ Kam es nur schmunzelnd von mir. „Entschuldige.“ Er zupfte an seiner Mütze und sah mich verlegen an. Einen Moment lang standen wir uns schweigen gegenüber. „Mamoru. Es tut mir leid, was gestern…“ Doch er winkte nur sofort ab. „Ich hab doch schon gesagt, dass es ok war. Ich hab mich im Ton vergriffen und wie ich Massanorie schon sagte, war es nicht das erste Mal, dass ich angeschrien wurde. Also alles gut.“ Dass er sowas sagte machte mich traurig. Aber noch weiter darüber reden brachte wahrscheinlich wirklich nichts. „Also, wollen wir ein Taxi rufen oder das Auto nehmen?“ Mamoru lachte leise und schüttelte den Kopf. „Nein. Ganz klassisch mit der Odeo Linie, bis zur Tsukijishijo Station. Dann sind es nur noch wenige Minuten. Ich dachte mir, so kann ich dir am besten eine Sightseeing-Tour bieten.“ „Es ist wirklich peinlich, dass ich mich, obwohl ich schon solange hier lebe, überhaupt nicht richtig auskenne.“ Etwas peinlich berührt sah ich Mamoru an, während ich meinen Schal fester zog. Mamoru lachte nur. „Dafür hast du ja jetzt mich. Und ich war noch nie mit jemandem auf dem Fischmarkt. Ich finde ja das muss man mal gesehen haben und gerade jetzt wo sich Seijiro besser ernähren muss und Fisch ja super gut ist für Herzpatienten, sollte es nur der Beste sein und den bekommt man eben auf dem Tsukiji Fischmarkt.“ Auf dem Weg zur Bahnstation hakte ich mich bei Mamoru ein, was er etwas verlegen zur Kenntnis nahm. Um es logisch zu begründen meinte ich nur, dass es ja glatt war und alte Menschen musste man stützen. Diese Aussage ließ ihn leise lachen und schon war es auch nicht mehr so komisch für ihn. Ich wusste gar nicht mehr wie lange ich schon nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren war. Die Bahn war voll, die Leute drängelten, Schuluniformen ohne Ende und überall. Aber es war spannend und machte sogar Spaß, gerade weil ich das nicht jeden Tag machen musste. Wir stiegen gerade an der Station aus wo wir hin wollten, als ich damit begann Mamoru etwas zu löchern. „So. Ein guter Fremdenführer sollte mir nun einige Informationen geben." Wieder hakte ich mich bei ihm ein. Mamoru sah mich an und überlegte. „Was willst du denn wissen?“ „Naja jetzt ist der Moment wo du mir was über den Fischmarkt erzählen musst. Seit wann gibt es ihn, was ist so besonders… sowas eben.“ Mamoru überlegte und biss sich dabei auf die Unterlippe. „Also… lass mich überlegen. Der Fischmarkt ist jetzt knapp 65 Jahre alt, wurde also 1935 gebaut. Wobei es bereits in der Edo-Zeit einen gab, allerdings befand er sich in einem anderen Stadtteil, in Nihonbashi. Erst mit nach den Reis-Aufständen im Jahr 1918 und dem Kanto-Erdbeben 1923 wurde der Markt hier wieder neu aufgebaut.“ Er sah mich an und schien abzuwägen ob sein erzähltes auf Interesse stieß oder nicht. „65 Jahre. Das ist wirklich schon sehr beachtlich.“ Neugierig sah ich ihn an. „Ähm, ja was noch. Oh warte… der Tsukiji-Fischmarkt, ist weltweit der größte Markt für Fisch und Meeresfrüchte. Und hier wechseln jeden Tag über zweitausend Tonnen Fisch aus aller Welt von über 400 verschiedenen Arten ihren Besitzer und werden an den hunderten Ständen zum Verkauf angeboten. Was man als Privatperson wissen muss ist, dass der Markt aufgeteilt ist in zwei Teile, einen inneren, in dem die Fischauktionen stattfinden und lizensierte Großhändler ihren Fisch an Restaurantchefs und Ladenbesitzer verkaufen. Aber Touristen brauchen eine Spezielle Genehmigung um bei den Auktionen zuzusehen, man sieht es eben nicht gern wenn Fremde dabei sind. Hat was mit Marktwirtschaft und so zu tun. Hat mich nicht sonderlich interessiert als ich hier war. Naja und der äußere Teil ist ein Gassengewirr von kleinen Läden, die Fisch, Lebensmittel, Küchenutensilien verkaufen und natürlich gibt es viele Sushi-Restaurants.“ „Und was war deine Aufgabe hier?“ Ich sah mich interessiert um, als wir die Halle betraten. Anders als erwartet war hier ein kleiner Markt wo Früchte angeboten wurden. „Das ist der Obstmarkt, man muss hier durch und kommt dann in den Bereich mit Fisch und so. Und ich hab im inneren Teil gearbeitet. Kisten geschleppt und Fisch verladen in die LKWs. Ein paar Mal durfte ich auch beim filetieren dabei sein, das ist schon spannend. Dafür werden bis zu einem Meter lange Messer verwendet. Teilweise können die Tunfische bis zu 300 Kilo wiegen. Meist sind dazu gleich zwei Personen nötig. Die gefrorenen Thunfische werden mit einer elektrischen Säge zerteilt, das ist Wahnsinn. Aber es ist anstrengend und man hat einen sehr unregelmäßigen Tagesablauf, weil ich immer so um zwei Uhr schon hier war.“ Beeindruckt sah ich mich um und dann wieder zu Mamoru zu sehen. „Um zwei Uhr?“ Mamoru nickte. „Jepp. Um 3 Uhr morgens wird der Fisch entladen und zu den einzelnen Ständen gebracht, um 5 Uhr starten dann die Fisch-Auktionen. Die ersten Stände öffnen um 7 Uhr. Zwischen 8 und 10 Uhr ist es dann hier wirklich rappelvoll, aber das ist schon was Besonderes. Um 11 Uhr schließen die ersten Läden, und um 13 Uhr rücken die Putzkolonnen an.“ „Das klingt nach Knochenarbeit.“ Mamoru nickte. Wir schlenderten durch die vielen kleinen Gängen und ich stellte überrascht fest was es hier nicht alles zu kaufen gab. Wobei ich die meisten Meeresbewohner nicht einmal kannte. Hier herrschte eine hektische Atmosphäre, überall liefen Menschen umher, es wurde gerufen und geschrien, Roller und Hubwagen fuhren schnell an uns vorbei und Mamoru zog mich nicht nur einmal leicht zur Seite, damit ich nicht umgefahren wurde. Er bewegte sich, im Gegensatz zu den vielen anderen die hier waren, sehr selbstsicher. Wir kamen nicht gerade schnell voran, wobei das an mir lag, weil ich überall stehen blieb und mich umsah. „Mamoru, schau Muscheln.“ Ich sah mir die schwarz roten Muscheln an die leicht geöffnet da lagen. „Willst du welche mitnehmen?“ Mamoru stand neben mir und schaute mir über die Schulter. Kopfschüttelnd sah ich ihn an und lachte. „Oh nein. Lass mal, meine Kochkünste sind bei Aal schon an ihrer Grenze.“ „Ach quatsch. Du kochst großartig.“ Kam es erbost von ihm. „Danke! Aber lass uns mal nach Pangasius, Lachs oder Kabeljau Ausschau halten.“ Wir sahen uns weiter um, als ich an einem Fischstand hängen blieb der Lachs verkaufte. „Guten Morgen.“ Der Fischverkäufer sah mich lächelnd an. „Guten Morgen.“ Erwiderte ich nur, bevor ich mich kurz umdrehte und Mamoru ein Zeichen gab das ich hier stand. „Ich hätte gerne Lachs und haben Sie auch Aal?“ Ich sah in die verschiedenen Boxen, entdeckte jedoch keinen Aal. „Nein Aal bekommen sie bei mir leider nicht. Aber wenn sie hier weiter gehen und dann links, bei den Riesentintenfischen rechts und dann beim Barracudastand wieder rechts, kommen sie zu einem Stand der verschiedenen Aal verkauft.“ Etwas verwirrt sah ich meinen Gegenüber an. „Am besten Sie sagen ihm das nochmal.“ Dabei deutete ich auf Mamoru, der nur einige Meter hinter mir stand und sich mit einer Frau unterhielt die hier wohl arbeitete. „Ach ist das nicht Chiba? Dann sind sie seine Mutter?“ Der Verkäufer klang überrascht aber freundlich. Ich wollte gerade etwas erwidern, aber der Verkäufer war mitten im Redefluss. „Einer der besten Jungen die hier mal gearbeitet haben. Hat immer Kisten geschleppt bis zum Umfallen. Immer fleißig, wenn auch still und unnahbar. Hat ja nie viel von sich erzählt, aber war immer der erste der morgens da war und der letzte der ging.“ Etwas stolz sah ich wieder zu Mamoru, anscheinend hatten die Leute eine bessere Meinung über ihn als er selber dachte. „Sind sie mit dem Auto hier? Und wollen Sie noch mehr einkaufen?“ „Ähm. Nein, also wir sind mit der Bahn hier und ja ich glaube, ich kaufe noch etwas mehr ein. Wieso?“ Er verstaute zwei weitere Kartons und sah mich fragend an. „Wenn sie wollen, lass ich Ihnen den Fisch später liefern. Machen wir sonst nur für Restaurants, aber wegen Chiba mach ich eine Ausnahme. Sagen sie den anderen Verkäufern nur, dass sie ihren Einkauf zu mir bringen sollen. Katō Nibori.“ Etwas verdutzt sah ich den Mann an. Mamoru Chiba „Alles gut?“ ich tippte Andrea auf die Schulter die sich kurz zu mir drehte und nickte. „Ja sehr gut sogar.“ Sie lächelte mich an und sah sich den Lachs an. „Na Chiba. Hab dich fast nicht erkannt. Ist ja schon ne Weile her.“ Ich sah den Verkäufer an und erkannte ihn auch sofort. Ich hatte mit 16 hier schon gearbeitet, wobei ich da nur im inneren Bereich geholfen hatte, weil ich ja zu jung war. Aber mit knapp 20 hatte ich dann auch viel im äußeren Teil geholfen. Meistens Kisten geschleppt und Hubwagen gefahren. Katō-san hatte diesen leichten Dialekt, an dem man erkannte, dass er eigentlich aus Yokohama kam. „Hallo.“ Kam es nur kurz von mir. „Immer noch schweigsam. Hab deiner Mutter gerade erzählt, dass sie Glück hat. Wegen dir liefere ich die Sachen heute zu ihr. Dann bleiben sie wirklich frisch.“ Ich zuckte sofort merklich zusammen und sah zu Andrea. Diese jedoch lächelte und deutet auf einige sehr schöne Lachsstücke. „Ich habe ihn nicht korrigiert. Aber wenn es dir unangenehm ist, dann darfst du es gerne klarstellen.“ Wisperte sie leise und berührte mich am Arm. Ich wusste nicht so recht was ich sagen sollte. Mir stieg die Röte ins Gesicht und ich schwieg als wir weiter gingen und Andrea noch weiteren Fisch kaufte. Wir waren fast zwei Stunden hier als wir vor einem kleinen Sushi Restaurant stehen blieben. Eine Weile mussten wir anstehen, aber Andrea schien das nicht zu stören. Sie schien wirklich Spaß zu haben. Ich stocherte in meinem Reis herum und seufzte leise. „Bist du mir Böse?“ ich sah sie an und merkte dass sie mich Schuldbewusst ansah. „Nein.“ Kam es nur leise von mir. „Mamoru. Ich hätte es korrigiert, aber ich fand es schön, dass er das meinte. Ich hab es nicht verleugnet weil ich unbedingt wollte das er den Fisch liefert, nur falls du denkst, es ginge mir um meinen…“ „Nein. Das hab ich nicht gedacht. Ich weiß, dass du sowas nie aus Eigennutzen tun würdest.“ Unterbrach ich sie schnell. Nein das hatte ich wirklich nicht gedacht. Es war nur seltsam. „Was dann?“ sie legte ihre Hand auf meine und drückte sie leicht. „Ich… ich weiß nicht. Es ist nur ungewohnt und komisch.“ Kam es leicht lächelnd von mir. „Nach dem Essen, was wirklich sehr gut ist“ Sie zwinkerte mir zu. „könnten wir ja zu Fuß in Richtung Zuhause gehen. Dann machen wir noch einen Stadtbummel, wenn du magst.“ Ich machte mir mal wieder Gedanken über Dinge die überhaupt nicht wichtig waren. Dabei bemühte sich Andrea so sehr und ich wollte ihr doch etwas Gutes tun, um ihr was zurück zu geben, für all die Aufmerksamkeit die sie mir schenkte. Und nun dachte ich wieder nur an mich und grübelte. Ich war echt doof. „Eine gute Idee. Und es gibt einige schöne Straßen hier in der Nähe und auch kleine Läden, die sehr traditionell sind.“ Kam es lächelnd von mir. Andrea hatte viel mehr eingekauft auf dem Fischmarkt wie sie wollte, aber sie meinte nur, dass es einfach zu viel gab was man unbedingt ausprobieren müsste. Sie hatte sogar Aal gekauft und meinte nur, die müsse ja schließlich auch was im Haus haben wenn ich vorbei kam. Sie hatte sich wieder bei mir eingehakt und wir schlenderten durch die Straßen, unterwegs hatten wir noch einen Kaffee getrunken und uns unterhalten. Über nichts wichtiges eher normaler belangloser Smalltalk. Andrea erzählte mir gerade von ihren Geschwistern in Deutschland als ich abrupt vor einem Buchladen stehen blieb und ich in die Auslage starrte. Jetzt ein Buch kaufen können, also ein Buch was mir nicht aufzählte wie schlecht mein Leben war. Massanorie hatte Recht, das war eine doofe Investition gewesen. Aber mein Konto zeigte mir, dass ich das knicken konnte. Die letzten Reserven die ich noch hatte gingen für die Therapeutin drauf und wie viele Termine ich noch machen konnte wusste ich auch nicht so richtig. „Wollen wir reingehen?“ Andrea stupste mich an und zog mich ohne eine Antwort abzuwarten in den Laden. „Ich suche mal eben bei den Kochbüchern.“ Kam es gut gelaunt von ihr. Meine Schritte führten mich eher in die Fachbücher Abteilung, wo mich medizinische Bücher anlachten und ich anfing in einigen zu blättern. Beim Lesen fiel mir auf, dass ich diese Dinge eigentlich immer noch spannend fand. Aber jetzt war es sowieso zu spät. Die Anmeldfrist zur Nachprüfung für die Quereinzusteiger lief in einer Woche aus. Und selbst wenn ich mich noch anmelden würde, die Gebühr dafür hatte ich nicht und den Test der zwei Wochen später stattfand – wie sollte ich dafür noch lernen? Also warum sich Gedanken machen um etwas was sinnlos war. Ich stellte die Bücher wieder zurück und schlenderte weiter durch die Abteilungen. Eigentlich war es für mich unüblich, aber ich blieb in der Romanabteilung hängen und durchstöberte die Regale. Ich war nie der Romanleser gewesen, aber ich sollte vielleicht doch mal was Neues ausprobieren. Und wenn ich etwas im Überfluss hatte, dann war es Zeit. Ziellos griff ich in die Regale und nahm einige Bücher, die mich aber nicht ansprachen heraus. Und dann musste ich fast auflachen vor Ironie. In meiner Hand hielt ich einen Roman mit dem Titel "Endymion" Ich drehte das Buch herum und lass mir den Rückentext durch. „Die Kirche hat den Schlüssel zum ewigen Leben gefunden und infolgedessen die Macht über unzählige Sonnensysteme an sich gerissen. Gnadenlos verfolgt sie jeden durch Raum und Zeit, der ihren Herrschaftsanspruch gefährdet. So auch Raul Endymion und seine Begleiterin Aenea — denn Aenea trägt etwas in sich, das die Macht der Kirche in ihren Grundfesten erschüttern und die Geschichte der Menschheit erneut radikal verändern könnte …“ Mal ein Roman der nicht nur interessant klang, wegen dem Namen des Hauptcharakters, sondern auch von der Story. Ich schlug die ersten Seiten auf und begann zu lesen und fand es wirklich spannend. „Na, was gefunden?“ Ich zuckte zusammen, schlug das Buch zu und stellte es zurück ins Regal. „Nein. Nicht wirklich.“ Kam es nur schnell von mir. „Ok? Mamoru, wenn du etwas findest was du haben möchtest…“ „Alles gut. Ich hab nur nichts gefunden.“ Ich winkte ab und versuchte das Thema von mir weg zu lenken. „Aber du hast anscheinend schon was gefunden.“ Ich deutete auf die Bücher in ihrer Hand. Sie seufzte. „Ja. Zwei Bücher über kochen mit Fisch und ein schönes Diätkochbuch. Ich denke damit kann ich Abwechslung in Seijiros Speiseplan bekommen. Er meckert in letzter Zeit schon etwas, weil er kein Fleisch mehr essen soll. Das passt ihm nicht so richtig.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Sollen wir zur Kasse gehen?“ Nickend sah ich sie an und ging in Richtung Kasse. „Was bedrückt dich Mamoru?“ Sie legte die Bücher auf die Theke und lächelte der Verkäuferin zu. „Bitte?“ Etwas überrascht sah ich sie an und wusste nicht was sie meinte. Doch sie sagte nichts, sondern sah auf die Bücher die eingescannt wurden. Gerade als das letzte Buch eingescannt war, sah ich, dass unter den Kochbüchern der Roman lag den ich in der Hand gehabt hatte. „Ich…“ „Du kannst meckern wie du willst. Kaufen werde ich das Buch trotzdem.“ Damit gab sie der Verkäuferin Geld und drückte mir die Tüte in die Hand. „Hier. Dafür darfst du die Tüte tragen.“ Damit lächelte sie mich an, nahm das Wechselgeld und verließ den Laden. „Dahinten gibt es ein kleines Café. Lass uns dort rein. Langsam wird es etwas kalt.“ Ich verneinte es nicht, sondern lief ihr hinter. Das Café war klein, aber fast leer. Wir bestellten beide einen Kaffee und ich sah sie immer wieder über den Rand der Tasse an. „Willst du mir sagen, was los ist?“ Ich schüttelte den Kopf, weil ich mir doof vorkam. Aber sie bohrte auch nicht mehr und mir kamen die Worte der Therapeutin wieder in den Kopf. Das ich meine Probleme in Worte fassen musste, denn mit Schweigen kam ich nicht weiter. „Massanorie wird jetzt Firmenchef. Das macht dich sicherlich stolz?“ kam es leise und schüchtern von mir. Andrea sah auf, sah in ihre Tasse und seufzte. „Geht so. Also ich bin schon stolz auf ihn, besonders weil er und sein Vater sich nun besser verstehen. Aber nun mit Anfang 30 die Firma zu übernehmen, ich weiß nicht ob das nicht zu viel für ihn wird. Der Druck wird ja dadurch nicht geringer und ich habe Angst, dass eure Beziehung darunter sehr strapaziert wird.“ Sie sah mich an und trank einen Schluck. „Was ist mit dir Mamoru. Was hältst du davon?“ Nun biss ich mir auf die Unterlippe und suchte nach passenden Worten. Eine Weile, mir kam es vor wie Stunden, saß ich nur schweigend da. „Ich hab Angst. Er wird nun ein richtig großes Tier und ich… ich weiß kaum wie es weiter gehen soll. Wie mein Leben wird, wie ich überhaupt über die Runden kommen soll.“ Ich flüsterte, weil ich merkte wie schwer es mir fiel das auszusprechen. „Aber es liebt dich. Und…“ „Ich weiß. Aber wie sieht das denn aus? Mein Freund ist der Chef einer riesigen Firma mit Filialen in der USA und Deutschland und ich arbeite wahrscheinlich mein Leben lang in Aushilfsjobs.“ Frustriert sah ich sie an und schluckte schwer. Sie nickte nur leicht, legte ihre Hand auf meine und drückte sie leicht. „Ein Déjà-vu. Fast habe ich das Gefühl ich würde mit mir selber reden, als ich Seijiro geheiratet habe. Aber ich sage dir, dass deine Angst einerseits unbegründet ist und andererseits weiß ich, dass es an dir nagen wird. Egal was ich sage. Nur du allein kannst gegen diese Ängste etwas tun. Nicht ich oder Seijiro, nicht einmal Massanorie. Wir können dich nur unterstützen, aber die Last kann dir keiner abnehmen.“ Es war tröstlich und gleichzeitig frustrierend. „Ich hab gesehen, wie du vorhin in Medizinbücher geschaut hast. Möchtest du wirklich nicht mehr Medizin studieren?“ Wieder schwieg ich und starrte in meine fast leere Tasse. Andrea drückte meine Hand und bestellte noch einmal zwei Tassen Kaffee. „Ich weiß es nicht.“ Kam es frustriert von mir und ich spürte wie ich meine eigenen Worte hasste. „Ich – es hat schon Spaß gemacht. Aber ich glaube ich wäre kein guter Arzt. Und selbst wenn…“ Nun hatte ich so viel gesagt. Ich stockte, zog meine Hand zurück und begann mit meinen Fingern zu spielen. Sie war geduldig und wartete. Kapitel 61: Step Fifty-nine… Brother & Sister --------------------------------------------- „Ein Bruder und eine Schwester, nichts Treueres kennt die Welt. Kein Goldkettchen hält fester, als eins am andern hält.“ Paul Heyse Andrea Lenjier „So…“ ich schüttelte das Sieb mit dem gewaschenen Spinat etwas und sah zu Mamoru, welcher aus dem Lachsstück vier gleichgroße Stücke heraus schnitt. „Man sieht, dass du das schon mal gemacht hast. Sieht sehr professionell aus.“ Mamoru lachte leise. „Na ja geht so.“ Wir waren vor einer Stunde nach Hause gekommen und ich hatte Seijiro angerufen und gefragt ob er und Massanorie zum Mittag nach Hause kommen würde. Er hatte das bejaht und Mamoru und ich standen nun in der Küche und kochten ein leckeres Essen. Spinat mit Sesamsoße und Teriyaki-Lachs mit Sesam-Zuckerschoten, dazu Reis. Das klang wirklich gut und simpel. Mamoru hatte zwar zögerlich angefangen mir etwas zu erzählen, hatte im Café dann aber geschwiegen. Ich hatte ihn nicht gedrängt, was sowieso nichts bringen würde. Nun standen wir beide Nebeneinader an der Arbeitsplatte. Der Nachrichtensprecher im Radio erzählte vom Wetter und einem Stau auf der Autobahn. Das leise klackern von den Messern auf den Schneideunterlagen war alles was zu hören war. Plötzlich legte Mamoru das Messer beiseite und sah aus den Augenwinkeln zu mir. Ich tat so als würde ich das nicht merken. Er war sich anscheinend unsicher! „Könnte ich dich was fragen?“ Mit einem Schmunzeln nickte ich. „Natürlich, alles was du willst.“ „Aber, es ist eine rein hypothetische Frage.“ Wieder nickte ich, legte das Messer beiseite und holte eine Pfanne aus einem Schrank. „Also, rein hypothetisch… wenn ich oder irgendjemand im März wieder studieren würde, rein hypothetisch. Aber die Anmeldefrist dafür schon in einer Woche zu Ende wäre und dann noch ein Test kommen würde, den man hypothetisch vielleicht gar nicht bestehen kann, weil man ja nichts getan hat in der letzten Zeit und dann… würde man ihn doch bestehen… aber…“ nun presste er die Lippen aufeinander und ich sah wie sich seine Finger in seinen Pullover verkrampften. „… aber es würden ja auch Kosten anfallen. Die man bezahlen müsste, was schwierig wäre, wenn man niemanden fragen könnte. Rein Hypothetisch natürlich nur.“ Kam es vorsichtig von mir. Mamoru starrte auf die Arbeitsplatte und nickte ganz leicht. „Darf man fragen wie hoch die rein hypothetischen Gebühren wären?“ Mamoru schwieg und schien sich sehr unsicher und etwas überfordert. Seufzend nahm ich meine Schürze ab, stellte den vorbereiteten Lachs in den Kühlschrank, nahm Mamorus Hand und zog ihn langsam hinter mir her ins Wohnzimmer. „Setz dich.“ Ich deutete auf die Couch, ging in die Küche, kochte Tee und holte aus dem Schrank, den Massanorie schon geplündert hatte, genau wie Julia, eine Packung Kinderschokolade. Mit all dem bewaffnet betrat ich das Wohnzimmer und setzte mich neben Mamoru. „So. Hier ist Tee. Und Schokolade. Also nun reden wir beide Mal so als ob wir das schon immer getan hätten. Ebenso wie Kinder mit ihren Eltern reden, wenn Ihnen was auf der Seele brennt.“ Mamoru starrte mich an. „Es wird dir gut tun. Ich glaube, du musst mir langsam Vertrauen und es auch zulassen, dass wir beide vielleicht so etwas wie eine Mutter-Sohn-Beziehung aufbauen können. Denn ich würde das sehr gerne und für mich bist du auch ein Teil der Familie und ich sehe dich als mein Kind an.“ Mamoru schwieg, aber er wischte sich schnell durch die Augen und versuchte so vor mir die Tränen zu verstecken. „Es ist gerade alles schwierig.“ Kam es zaghaft von ihm. „Ja ich weiß.“ Ich drückte seine Hand, öffnete die Packung Kinderschokolade und hielt ihm einen Riegel hin. „Iss. Und dann schließt du einmal die Augen, atmest tief ein und aus und beginnst einfach zu reden. Nicht nachdenken oder so. Einfach raus.“ Eigentlich dachte ich er würde das nicht machen, aber er befolgte meine Anweisungen und dann redete er wirklich einfach los, anfangs noch zögerlich, aber dann wurde es immer besser. „Die wollen 30.000 Yen (ca. 225 €) nur für die Nachprüfung und dann für die Neueinschreibung nochmal fast 500.000 Yen (ca. 3.700 €) Immatrikulationsgebühr. Ich meine, dazu kommen dann noch die Kursgebühren und die Unterrichtsmaterialien. Und ich hab gerade noch genug Geld um vier oder fünf Sitzungen bei der Therapeutin zu bezahlen und dabei hab ich nach vier Sitzungen schon das Gefühl, dass es mir was bringt. Aber ich hab keine Ahnung was ich machen soll. Ich würde, glaub ich, schon gern weiter studieren, aber wie? Und was ist wenn ich dann doch merke, dass Medizin nicht das Wahre ist. Klar, vor einem Jahr war das noch genau das was ich wollte… glaub ich… aber ich bin nicht mehr der gleiche Mensch wie vor einem Jahr… und das Medizinstudium dauert noch so lange. Ich meine, mir fehlt ein Semester und ich bin natürlich im ungünstigstem ausgestiegen.“ Mamoru holte Luft und nahm sich noch einen Riegel Schokolade. Er sah mich an und ich sah wie sich Sätze wie 'Es tut mir leid. Ich wollte dich damit nicht belästigen etc.' in seinem Kopf bildeten und er sie mir sagen wollte. Also kam ich dem zuvor. „Erklärst du mir eben wie ein Medizinstudium in Japan aufgebaut ist. Damit ich das auch verstehe?“ Ich hatte begriffen, dass Mamoru am besten wieder ruhig wurde wenn man ihn ganz sachliche Dinge fragte. Darauf konnte er immer reagieren und damit konnte er umgehen. „Das Medizinstudium dauert insgesamt sechs Jahre. Und dann noch zwei Jahre für den Doktortitel und dann weitere zwei Jahre für die Facharztausbildung. Die Ausbildung unterteilt sich in ein vorklinisches- und ein klinisches Studium. Die ersten beiden Studienjahre beinhalten den Unterricht in Philosophie, Wirtschaft und auch Sprachen. Ab dem 3. Studienjahr beginnen die eigentlich medizinrelevanten Kurse wie Anatomie, Biochemie und Physiologie. Im fünften und sechsten Studienjahr beginnt dann die eigentliche klinische Ausbildung. Hier werden in den Lehrveranstaltungen alle klinischen Fächer wie Chirurgie, Innere Medizin, HNO, Urologie etc. abgedeckt. Damit der Praxisbezug in der Ausbildung größer ist, rotieren die Studenten in den verschieden Abteilungen der Kliniken mit. Innerhalb des fünften Studienjahres sollte jeder Student ein Praktikum in allen Abteilungen absolviert haben. Auch im sechsten Jahr gibt es noch mal die so genannten „Rotations“. Nun können die Studenten aber selbst wählen, welche Abteilungen sie noch einmal durchlaufen möchten. Nach dem 6. Studienjahr schließt sich als Abschlussprüfung eine „Advanced OSCE“ Prüfung an.“ „Und in welchem Studienjahr bist du?“ Ich nahm einen Schluck aus meiner Tasse und sah Mamoru an. „Fünf, wenn ich wieder anfange. Also muss ich auch im Klinikrotationsverfahren mitlaufen. Und ich hab noch nicht mal eine Klinik dafür und wenn ich die nicht finde, dann wird mir eine zugewiesen. Aber damit hat man meistens immer schlechte Karten. Das sind die Reste.“ Mamoru seufzte und sah mich an. „Bei Julia und Massanorie war das alles nicht so schrecklich schwierig oder?“ Ich sah ihn überrascht an und begann laut zu lachen. „Denkst du? Das hier ist viel einfacher als die beiden zusammen. Julia wollte schon alles werden. Aber als sie dann mit 16 schwanger wurde, das war kompliziert und schwierig. Aber du bist ganz normal. Es ist ok, wenn man Schwierigkeiten hat, sein Leben zu planen. Ich finde es schwer, wenn man so früh für sein ganzes Leben entscheiden muss. Und es ist gut. Außerdem finde ich es toll, dass du so weit gekommen bist und den Rest bekommen wir auch noch hin. Du hast noch eine Woche um dich anzumelden, also eine Woche Bedenkzeit. Und zwei Wochen zum lernen. Das schaffst du, wenn du es willst. Wichtig ist nur, dass du diese Entscheidung für dich selbst treffen musst. Nicht für mich, Seijiro oder Massanorie. Nur für dich. Du kannst mit jedem von uns reden und mach deine Entscheidung nicht vom Geld abgängig.“ Ich hörte die Tür und wie Seijiro meinen Namen rief. Ich stand auf, beugte mich zu Mamoru, nahm sein Gesicht in meine Hände und legte meine Stirn an seine. „Wir haben Massanories Studium bezahlt und deines werden wir auch bezahlen. Denn so machen Eltern das. Sie ermöglichen ihren Kindern mit allem was ihnen möglich ist ihre Zukunft aufzubauen damit sie einen gute Grundlage haben um ein erfülltes und glückliches Leben zu führen.“ Damit küsste ich ihn auf die Stirn und ging. Massanorie Lenjier Ich hatte nicht nachgefragt, aber die letzte Woche war seltsam gewesen. Mamoru war immer in Gedanken, wollte mir aber nicht erzählen worum es ging. Meine Mutter wusste es anscheinend, sagte aber nichts. Ich stand im Schlafzimmer meiner Wohnung und suchte meinen Kleiderschrank nach einem weißen Hemd ab, welches ich vermisste. „Das muss doch hier sein.“ Murrte ich vor mich hin. „Suchst du das?“ Mamoru trat lächelnd zu mir und hielt mir ein Hemd hin. „Ja genau. Wo hast du das gefunden?“ „Gefunden? Es war in der Wäsche und ich habe es gerade für dich gebügelt.“ Etwas irritiert sah ich ihn an. „Echt, du wäschst jetzt auch schon bei mir die Wäsche und bügelst?“ „Ähm ja. Obwohl ich eine Weile gesucht habe bevor ich deine kleine versteckte Waschmaschine gefunden habe. Irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass du die noch nie benutzt hast.“ Er setzte sich aufs Bett und lugte in meinen Koffer. „Hast du alles?“ Ich nickte nur und legte das Hemd ordentlich hinein, bevor ich mich zu ihm setzte. „Ja. Du bist wirklich nicht böse? Ich weiß es ist ein ungünstiger Moment um nach New York zu fliegen. Aber…“ „Ist schon gut. Das Leben geht weiter und ich weiß, dass du bald wieder kommst.“ Mamoru ließ sich nach hinten fallen und starrte an die Decke. Seufzend packte ich weiter. Als ich Mamoru vor einer Woche gesagt hatte, dass mein Vater und ich nach New York müssten um auch dort einige Dinge zu klären, war er zwar nicht begeistert gewesen, aber er hatte es akzeptiert. Und obwohl ich ihn schon die ganze Woche versuchte zu überreden mit mir zu reden tat er es nicht. Er meinte nur, er müsse sich gerade über etwas klar werden und dass könne er nur alleine. Heute wirkte er besonders ernst, was ich aber auch auf meinen Abflug in vier Stunden schob. „Wann müsst ihr am Flughafen sein?“ Ich legte gerade meine Kulturtasche in den Koffer und schloss ihn. Mein Blick fiel auf die Uhr. „Also der Flug geht um 13:30 Uhr und wir müssen zwei Stunden vorher schon am Flughafen sein. Wir können also noch einen Kaffee trinken und kuscheln oder so.“ Mamoru setzte sich auf, zog eine Augenbraue hoch und seufzte. „Kaffee ja. Kuscheln nein.“ War alles was er sagte, bevor er das Schlafzimmer verließ. Ok, das war auch mal eine Ansage gewesen. Etwas enttäuscht war ich schon, aber gut. Ich nahm den Koffer und stellte ihn im Flur ab, kraulte Sparky und betrat die Küche. „Das war etwas verletzend. Da sehen wir uns fast zwei Wochen nicht und dann sowas.“ Kam es leicht bissig von mir. Mamoru ignorierte das und sah mich nur kurz abschätzend an. Er hatte gelernt mit meiner Art umzugehen und war nur noch selten eingeschnappt deswegen. „Bist du zum Valentinstag wieder hier?“ er ignorierte meinen Kommentar und schob mir eine Tasse Kaffee hin. „Vielleicht. Wieso? Willst du dann kuscheln?!“ ich war angefressen und er sollte das ruhig merken. „Baka.“ Kam es nur leise von ihm, bevor er mir die Tasse aus der Hand nahm und mich umarmte. „Ich will nicht kuscheln, weil dann würden wir sicherlich nicht nur beim kuscheln bleiben, dann kommst du zu spät zum Flughafen und wir können uns noch schwerer voneinander trennen.“ Ich erwiderte seine Umarmung und nickte. „Hast recht!“ kam es leise zerknirscht von mir. „Also? Valentinstag?“ Ich schmunzelte. „Ich versuche es. Aber ich hätte nicht gedacht, dass du ein Valentinstags-Mensch bist.“ Meine Hände legten sich um seine Hüfte und ich zog ihn an mich. Mamoru wurde rot und räusperte sich. „Ach naja geht so. Aber es ist unser erster Valentinstag. Und Shogo meint im Phoenix ist eine große Party und so. Und wenn du nicht da bist wird er mich trotzdem mitschleifen und dass ist etwas Opfer – finde ich.“ „Aha.“ War alles von mir kam. Er war süß, wenn er versuchte seine kitschige und romantische Seite zu verstecken. „Ich werde mein bestes geben um dann hier zu sein. Aber ich verspreche es nicht, ok?“ Mamoru nickte und ich zog ihn zu einem Kuss an mich und es stimmte, meine Finger wanderten automatisch tiefer und nur weil Mamoru sehr energisch sein konnte stand ich mehr als pünktlich im Flughafengebäude und wartete auf meinen Vater. „Du hättest mir keine Kopfnuss geben müssen nur damit ich die Finger von dir lasse!“ Mamoru schmunzelte und sah mich an. „Ach nein? Deine Finger konnten sich aber nicht beherrschen und dein Mund war auch nicht besser. Da war eine Kopfnuss eine gute Erziehungsmethode – fand ich.“ Andrea Lenjier „Hast du auch den schwarzen Anzug? Und das blaue Hemd?“ Ich sah zu Seijiro bei dem ich mich untergehackt hatte. „Ja. Alles dabei. Was würde ich nur ohne dich machen?“ Er lächelte mich an und sah sich dann um. „Ob er pünktlich ist?“ „Natürlich. Er hat Mamoru dabei und du weißt er legt auf Pünktlichkeit schon wert.“ Kam es leise lachend von mir. „Stimmt. Aber sag mal was ist das zwischen dir und Mamoru. Ihr beide seit in der letzten Woche sehr schweigsam gewesen und sobald ihr zusammen wart habt ihr getuschelt und so.“ Ich winkte ab, seufzte dann aber doch leise. „Sei nicht böse Seijiro. Aber Mamoru muss gerade eine wichtige Entscheidung fällen und es würde ihn nur unter Druck setzen wenn du oder auch Massanorie wüssten worum es ging. Er will niemanden enttäuschen und ich hab ihm gesagt er soll das lieber nicht erzählen. Aber das wir ihn unterstützen. Das ist doch richtig oder?“ Mein Mann nickte und lächelte. „Ja das ist richtig.“ Er sah sich um und schon entdeckten wir die beiden. Aber Seijiro beobachtete sie nur. „Wollen wir nicht hin?“ ich stupste ihn etwas an und wartete auf eine Reaktion. „Ich hätte nie geglaubt, dass ich einmal mit seinem Leben einverstanden sein werde und dass er jemanden mit nach Hause bringt den wir so ins Herz schließen würden. Findest du es nicht auch einen unglaublichen Zufall, dass gerade dieser Junge, dessen Eltern einen so bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen haben nun Teil unserer Familie ist?“ Nun beobachtete ich die beiden auch. Es war ein schönes Bild, sie standen nebeneinander und Mamoru schien Massanorie eine Standpauke zu halten. Massanorie nickte nur und sah etwas aus wie ein reumütiger Hund. „Zufall? Ich glaube nicht, dass es Zufall war. Ich meine, auf diesem kinderspielplatz, da waren die beiden schon ein Herz und eine Seele und ich glaube das Schicksal kann man nicht austricksen, auch wenn man es versucht. Am Ende wird es einen immer zu dem führen dem man vertrauen und lieben kann.“ Damit sah ich zu Seijiro hoch, der mich ebenfalls ansah. „Das war ja richtig poetisch!“ Ich wurde rot und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Er beugte sich zu mir und gab mir einen sanften Kuss. Etwas erschrocken sah ich ihn an. „Ich dachte du magst so etwas in der Öffentlichkeit nicht.“ Kam es wispernd von mir. Und dann setzte er dieses Lächeln auf, welches mich schon bei unserem ersten Aufeinandertreffen verzaubert hatte. „Ja. Aber ich lerne ja auch von unserem Sohn, dass es Dinge gibt die man nicht aufschieben sollte.“ Einen Momentlang sahen wir uns beide an und ich glaube, gerade war ich so verliebt wie am ersten Tag. Langsam machten wir uns auf und gingen zu den beiden, die uns nun auch sahen. „Massanorie, Mamoru. Wartet ihr schon lange?“ Beide schüttelten mit dem Kopf. „Nein alles gut Mum. Aber dass ich mal eher hier bin als ihr hätte ich auch nicht für möglich gehalten.“ Massanorie setzte ein gewinnendes Lächeln gegenüber seinem Vater auf, der das aber sofort im Keim erstickte. „Diesen Sieg verdankst du nur Mamoru. Das wissen wir alle, oder?“ Massanorie räusperte sich nur und zuckte mit den Achseln, während Mamoru grinste. „So wir sollten los.“ Seijiro umarmte mich und ich bekam noch einen Kuss von ihm, was mich freute. Massanorie sah uns beide nur etwas irritiert an, als sein Vater sich von mir löste. „Ist ja ganz was Neues.“ „Auch ein alter Hund kann neue Kunststücke lernen.“ Kam es nur von Seijiro, der sich dann mit einer Umarmung von Mamoru verabschiedete und ihm zum Schluss noch einmal durch die Haare wuschelte. „Du passt auf ihn auf, oder?“ Massanorie umarmte mich und sah etwas besorgt zu Mamoru. „Ja werde ich. Und mach dir nicht zu viele Sorgen. Er kommt schon klar.“ Damit küsste ich meinem Sohn auf die Wange. Mamoru machte es kurz und schmerzlos, er gab Massanorie einen Kuss, winkte und drehte sich dann auf dem Absatz um und ging. Ich wartete noch bis meine beiden Männer verschwunden waren, bevor ich zum Ausgang ging. Mamoru stand davor und wartete auf mich, während er sich einige Tränen wegwischte. „Ich mag keine Abschiede.“ Kam es leise von ihm, als ich mich bei ihm einhakte. „Ja. Kann ich verstehen. Ihr beide wart noch nie so lange getrennt oder?“ Mamoru schüttelte den Kopf. „Nicht seit dem wir richtig zusammen sind.“ „Keine Sorge. Zwei Wochen gehen um wie im Flug. Wollen wir was zusammen essen gehen? Oder ich koche was Nettes? Was du willst.“ Mamoru überlegte auf dem Weg zum Auto, blieb dann aber plötzlich stehen und sah auf seine Uhr. „Wir könnten zur Uni fahren, denn bis zwölf Uhr läuft die Anmeldung noch.“ Er wich meinem Blick aus, aber ich lächelte ihn nur an und nickte. „Wenn du das willst, gerne.“ Es war fünf vor Zwölf, als ich vor der Universität hielt und Mamoru ausstieg. Und es war zehn nach Zwölf, als Mamoru wieder in den Wagen einstieg mit einem Haufen Zetteln und einem etwas erleichtert wirkendem Gesichtsausdruck. „Als ich das Sekretariat betrat war es genau eine Minute vor zwölf. Die Frau hat mich nur angesehen und geschmunzelt, als sie mir den Zettel zum eintragen gab.“ Ich lachte leise und nickte. „Und was hast du da für Zettel?“ Mamoru sah auf den kleinen Haufen und seufzte. „Überweisungsformulare, einen Infozettel zur Neueinschreibung und den Termin für die Prüfung in zwei Wochen. Sie haben ihn auf den 15. Februar gelegt. Wie kann man so einen Termin auf den Tag nach Valentinstag legen? Außerdem noch Studienbeschlüsse und Neuregelungen. Ich lese mir das später durch.“ „Das wird schon. Wenn du magst schauen wir das ganze mal zusammen durch. Müssen wir so wieso, denn die Überweisungsträger bekomme ich.“ „Ist das wirklich…“ „Nanana, darüber reden wir doch nicht mehr, oder? Du willst doch nicht meinen mütterlichen Zorn auf dich lenken?“ „Nein sicherlich nicht.“ Kam es nur gespielt ängstlich von ihm, bevor er leise lachte. „Danke…“ ich merkte, dass er hinter dem Danke noch etwas einfügen wollte und konnte mir auch denken was, aber er traute sich nicht und das war ok. Julia Lenjier Ich saß im Wohnzimmer meiner Eltern und wischte mir die Tränen aus den Augen. Gerade lief alles schief. In dem Blumenladen in dem ich eine Arbeit gefunden hatte würden Leute entlassen und ich war die letzte die eingestellt wurde, natürlich würden sie mich kündigen. Und Katrin hatte gerade eine schreckliche Trotzphase und meckerte nur. Heute wurde mir einfach alles zuviel und dabei hatte ich doch heute und morgen frei, ich sollte mich ausruhen oder all die Dinge machen die noch in der Wohnung darauf warteten erledigt zu werden. Wäschewaschen, bügeln, Papiere sortieren, einkaufen, - aber ich wusste gar nicht wann ich das alles schaffen sollte. Sparky saß neben mir und hatte seinen Kopf auf meine Knie gelegt und winselte mir tröstend zu. „Du bist ein guter Hund Sparky.“ Ich ließ meine Finger durch sein Fell fahren und schniefte leise. Plötzlich spitze er die Ohren und begann zu bellen, kurz danach hörte ich die Haustür. Ich stand auf, wischte mir mit dem Pulloverärmel durch die Augen und ging meiner Mutter entgegen. „Hey.“ Presste ich lächelnd hervor. „Hallo Schatz. Was machst du denn hier.“ Meine Mutter freute sich und ich freute mich auch. Mamoru kam hinter ihr ins Haus, schloss die Tür und sah mich kurz musternd an. „Hey.“ „Hey.“ Kam es leise von mir. Ich mochte Mamoru, aber gerade wollte ich meine Mutter für mich haben. „Ich geh in die Küche und koche uns Tee. Willst du einen bestimmten?“ Mamoru sah mich an, ging an mir vorbei und drückte mir ein Taschentuch sanft in die Hand. Ich schüttelte den Kopf und war dankbar, dass Mamoru nichts sagte, er hatte wohl sofort gesehen, dass ich geweint hatte und ließ mir meine Mutter für mich allein. „Was ist los?“ Natürlich hatte Mama auch erkannt, dass etwas nicht stimmte. „Es ist gerade… ich weiß, ich sollte das alles könne. Ich habe eine Tochter und bin Mutter. Ich sollte Verantwortung und Stress abkönnen…“ ich begann zu weinen und wir gingen ins Wohnzimmer wo sie mich in den Arm nahm und ich ihr von all den Dingen erzählte die mir über den Kopf wuchsen. „Ist gut Julia. Alles wird gut. Du bist eine gute Mutter und Katrin hat eine Phase die haben alle Kinder. Das liegt nicht an dir. Und was deine Arbeit angeht, wenn du wirklich die Kündigung bekommst, dann suchen wir halt was Neues. Du hast doch das Glück, dass deine Familie nicht am Hungertuch nagt. Also mach dir keine Sorgen. Und ja…“ meine Mutter hob ihren Zeigefinger um meine Einwände im Keim zu ersticken. „…ich weiß du willst ganz alleine klarkommen und keine Hilfe. Ich weiß du willst allen beweisen, dass du als junge Mutter und Witwe es alleine schaffst. Aber du bist 22 Julia. Du musst nicht alles alleine können.“ Dann lächelte ich kopfschüttelnd und sah Mamoru an, welcher uns gerade Tee brachte und ihn auf dem Tisch abstellte. „Du und Mamoru, ihr seid euch schon ähnlich. Beide könnt ihr nur sehr schwer Hilfe annehmen und denkt immer ihr müsstet alles alleine schaffen um anderen etwas zu bewiesen. Ihr könntet wirklich Geschwister sein so ähnlich wie ihr euch seid.“ Dabei schloss sie mich in eine Umarmung und küsste mich auf den Kopf. „Mama.“ Wisperte ich nur und drückte sie fest. „Ich hab Katrin lieb, ich liebe sie mehr als alles andere, aber manchmal…“ „Willst du sie auf den Mond schießen? Ja das kenn ich. Diese Momente hatte ich mit Massanorie in dem Alter auch.“ Sie schob mich sachte von sich weg, ich wollte Mamoru für den Tee danken, aber dieser war schon wieder weg. „Julia. Ich weiß es war schwer für dich. Zuerst die Schwangerschaft, dann der Tod von Frank, wieder in Japan leben, dass alles ist nicht einfach. Und vielleicht solltest du nicht vergessen, dass du dir auch Freunde suchst – in deinem Alter. Und auch mal abends raus gehst. Spaß haben und so. Das ist wichtig, du musst auch mal los lassen und deswegen bist du keine schlechte Mutter. Ich und auch dein Vater passen gerne mal auf Katrin auf und Massanorie macht das auch. Also sei auch einfach mal eine junge Frau die Spaß hat.“ Ich nippte an dem Tee und schniefte in das Taschentuch was mir Mamoru gegeben hatte. „Aber ich weiß nicht wie ich hier Freunde finden soll. Ich arbeite nur und hab einen Haushalt zu führen…“ „Wenn du magst kannst du heute Abend mit uns weg.“ Meine Mutter und ich sahen auf. Mamoru stand in der Wohnzimmertür, kraulte Sparky und sah auf sein Handy. „Also ich wurde gerade gefragt ob ich heute Abend mit Freunden raus will. Zuerst vortrinken und dann eventuell noch raus. Und wenn du Lust hast kannst du gerne mitkommen. Es sind alle in unserem Alter.“ Mamoru sah mich an und schmunzelte. „Eine schöne Idee.“ Kam es sofort von meiner Mutter. „Aber ich kenne deine Freunde gar nicht.“ Es verunsicherte mich, was war wenn seine Freunde mich nicht mochten, ich ein Klotz am Bein war oder sie sich darüber brüskierten, dass ich mit 22 schon eine fünfjährige Tochter hatte? „Na dann lernst du sie kennen. Und May und Minako werden froh sein, wenn du mitkommst, dann haben wir ein ausgewogenes Frauen-Männer-Verhältnis. Sonst beschweren sie sich immer, dass wir mehr Jungs sind.“ Mamoru grinste und sah mich an. „Ich weiß nicht.“ Kam es zögerlich von mir. Wann war ich denn das letzte Mal aus gewesen? Das war vor der Schwangerschaft. „Ich passe auf Katrin auf und bringe sie morgen früh auch zum Kindergarten und du machst dir mit Mamoru einen schönen Abend. Und ihr beide kommt doch gut miteinander aus, oder?“ Mamoru nickte und sah mich fragend an. „Ja schon… ich war nur ewig nicht mehr abends weg.“ Kam es leise von mir. Minako Aino „Deine Wohnung ist wirklich schön May.“ Ich sah mich um und betrat wieder ihr Schlafzimmer. „Du meinst meine WG.“ Sie grinste. „Ja die ist cool. Wenn meine Mitbewohnerin nächstes Jahr aussieht, kannst du ja hier einziehen.“ Sie sah mich begeistert an. „Das wäre cool.“ Kam es von mir. „Aber jetzt erst einmal zu den wichtigen Dingen; Was ziehen wir an?“ Wir stellten uns beide vor ihren Kleiderschrank und sahen uns fragend an. „Also wir gehen eventuell noch raus. Also muss es Clubtauglich sein, aber auch legér damit es nicht aufgedonnert aussieht.“ May nickte. „Schwierig.“ Nachdenklich starrten wir in den Schrank. „Also ich würde sagen mit Musik geht das besser.“ Ich sah zu dem CD Stapel und kramte nach passender Musik. „Und ich weiß was noch hilft." Sie lief in die Küche und kam mit einer Flasche Wein zurück. „May. Wir treffen uns erst in vier Stunden bei Shogo. Und du willst jetzt schon was trinken?“ May sah mich mit einem Hundeblick an. „Das ist nicht trinken. Das ist konstruktive Ideenherstellung. Und Mädelsspaß.“ Ich begann zu lachen. „Na gut. Aber nur ein Glas.“ Ich zwinkerte ihr zu und setzte mich mit ihr aufs Bett. Wir hörten Musik und tranken etwas. „Minako, ich muss dir etwas sagen.“ Ich sah May an und war gespannt. „Also als Yosuke dich letztes Jahr mitgebracht hat, da hab ich erst gedacht 'Was für ein Kind' Aber ich hab super schnell gemerkt wie cool du bist. Und das nicht nur weil du Sailor Venus bist. Nein du bist einfach so cool. Du und Yosuke ihr beide seit echt ein Traumpaar und ihr ergänzt euch einfach nur. Das ist klasse. Und ich bin total froh, dass wir beide gute Freundinnen geworden sind. Im Studium habe ich immer nur Mädels kennen gelernt die denken sie wären schon voll die Künstlerinnen oder die einfach doof sind. Ich weiß ich bin manchmal super anstrengend, aber ich finde es toll das wir beide befreundet sind.“ Ich sah sie sprachlos an und freute mich total über ihre Worte. „Weißt du was May. Ich bin total glücklich, dass du mir das sagst. Du musst wissen, in der Schule geht es mir wie dir im Studium. Die anderen hielten mich immer für eingebildet und dass ich mit anderen nichts zu tun haben möchte. Dann kamen Bunny und die anderen Mädchen und sie sind wirklich großartige Freundinnen, aber darüber hinaus klappte es nicht richtig mit Freundschaften. Die Welt retten macht es schwierig andere Kontakte zu knüpfen. Das wir beide Freundinnen sind freut mich auch und ich bin dankbar, dass du ein Teil meines Lebens geworden bist.“ Ich sah May an, die sich Luft zu fächelte. „Das ist so süß von dir. Du bist so cool.“ Sie umarmte mich heftig und drückte mich fest. „Ach May, du bist auch süß und cool.“ Lachend drückten wir uns. Plötzlich vibrierte Mays Handy. Wir wischten uns beide durch die Augen und lachten. „Ui eine Nachricht von Mamoru. Er sagt er bringt Julia mit, Massanories kleine Schwester. Und fragt ob wir was dagegen haben?“ Wir sahen uns beide an und grinsten. „Was schreibst du zurück?“ May tippte und zeigte mir die Nachricht. Vier Stunden später standen wir vor Shogos Tür und klingelten. Minako hatte sich für eine schwarze stonendwash Jeans entschieden, eine orangefarbenes Top und einen petrolfarbende Blazer. Ich hatte mich für eine graue Skinnyjeans entschieden, mit schwarzem Top und roter Bluse darüber, dazu dann schwarze Stiefel und fertig war das Outfit. Shogo öffnete mit einem grinsen. „Na was denken wohl die Nachbarn, wenn ich so hübsche Mädels in meine Wohnung lasse.“ „Na das du hetero geworden bist.“ Konterte May keck und umarmte Shogo stürmisch. Mamoru Chiba „Es beginnt wieder zu schneien. Dabei dachte ich der Winter wäre gelaufen.“ Ich blieb stehen und starrte in den Nachthimmel. Das Licht der Laternen beleuchtete die Schneeflocken, die immer größer wurden. Man konnte den Atem von uns sehen und ich wäre nicht böse gewesen, wenn wir heute nicht mehr raus gingen. Julia blieb ebenfalls stehen und schien immer noch verunsichert. Sie hatte Katrin zu Andrea gebracht, was Katrin mit Unmut hingenommen hatte. Anscheinend war sie gerade etwas schwierig und Julia schien Schuldgefühle zu haben. „Du bist eine gute Mutter.“ Kam es nur sanft von mir. Sie sah mich matt lächelnd an. „Kann sein. Aber gerade komme ich mir nicht so vor. Ich gehe feiern und lasse sie allein.“ „Sie ist nicht allein. Sie ist bei Andrea, bei ihrer Oma und das ist gut so.“ Mir wurde bewusst, dass Julia mir vielleicht wirklich sehr ähnlich war. Bis jetzt hatte ich sie nur als gut gelaunte und oft energische junge Frau kennengelernt, aber wie bei mir war vielleicht vieles auch nur Fassade um anderen keine Sorgen zu bereiten. „Na komm. Du wirst sie alle mögen und wenn nicht bekommen sie ärger!“ ich fasste sie an der Hand und zog sie hinter mir her. Ich wusste nicht ob ich der richtige war um sie aufzubauen, aber gerade war kein anderer da und wenn ich wirklich Andrea und Seijiro als Familie ansah, dann musste ich wohl auch damit umgehen Julia als Familie zu sehen. Bis jetzt waren immer alle für mich dagewesen, vielleicht war das der Moment was zurück zu geben. „Wie sind deine Freunde so?“ Julia lief neben mir her, raffte ihren Schal fester und sah mich nervös an. „Hmm. Wie beschreibe ich sie… nervend… unmöglich… peinlich… aufdringlich… aber liebenswert und treu wenn es um Freundschaften geht.“ Ich lächelte und sah Julia an. „Klingt wie Massanorie.“ Wir sahen uns an und begannen beide laut zu lachen. „Ja irgendwie schon.“ Es begann stärker zu schneien. „Also May ist Kunststudentin und etwas aufgedreht, aber sehr lieb. Yosuke studiert Psychologie und ist eben wie der Berufswunsch – schräg. Shogo… Shogo ist einfach Shogo. Man kann ihn schwer beschreiben. Aber er ist mit einer meiner besten Freunde geworden. Und dann noch Minako. Sie ist noch Schülerin und die jüngste von uns. Sie ist Yosukes Freundin und wollte früher immer mal berühmt werden, aber ich glaube das steht nicht mehr so an erster Stelle. Und sie ist wirklich treu was Freunde angeht und immer hilfsbereit.“ „Sie klingen nett, ich hoffe sie mögen mich.“ Sie seufzte leise. „Sie mögen Massanorie, also werden sie dich lieben.“ Kam es nur trocken von mir. Wieder lachten wir beide leise und begannen unseren Schritt zu beschleunigen, der Schneefall wurde nun doch leicht unangenehm. Bis jetzt war ich auch noch nicht bei Shogo gewesen und ich fragte mich ob Toya auch da sein würde. Schließlich wohnten die beiden zusammen. Ich wusste nicht ob sie sich wieder vertragen hatten, hoffte es aber. Wir kamen an und ich stellte fest, dass Shogos Wohnung wirklich schick war. Leicht chaotisch, aber schick. Die anderen waren schon da und Julia hatte sich umsonst Sorgen gemacht, wie nicht anders zu erwarten mochten die anderen sie sofort. May und Minako freuten sich, dass sie weibliche Unterstützung bekommen hatten und wir seufzten nur über die nun viel zu sentimentalen Gespräche. Toya schaute nur einmal kurz vorbei und prompt musste Shogo ihn mir vorstellen. Er war nett und beide schienen sich wieder vertragen zu haben, was Shogo auch betonte. Wenn Massanorie wieder kam würden wir ein Doppeldate an Valentinstag haben, ob ich das wollte – naja Shogo ignorierte es wie immer. Aber so langsam wussten ich, dass er meistens recht hatte, wenn ich etwas nicht wollte und er schon. Ich war ja lernfähig. Wir blieben knapp fünf Stunden bei Shogo, tranken und aßen Pizza. Dann kamen die Mädchen auf die Idee in eine Karaoke Bar zu gehen, was wir Jungs nur widerwillig taten. Aber es war eigentlich lustig. Als die anderen erfuhren, dass Julia die Mutter von Katrin war, fragten sie sie alles was Mädchen fragen können. Und Julia schien es gut zu tun, mal mit anderen reden zu können. Wir hatten alle Spaß und es war ein toller Abend. Trotz Yosukes Gesang! Kapitel 62: Step Sixty... Friendship III ---------------------------------------- „Freundschaft ist eine Tür zwischen zwei Menschen. Sie kann manchmal knarren, sie kann klemmen, aber sie ist nie verschlossen.“ Balthasar Gracián y Morales Mamoru Chiba Der Wasserkocher brodelte leise vor sich hin, während ich mir zwei Scheiben Schinken, ein Ei und etwas frischen Pak Choi in die Instandsuppe schnitt. Wasser drauf, Deckel zu und ab damit ins Wohnzimmer – das einer kleinen Bücherei glich. Mein Schreibtisch war übersät mit Büchern und Notizen aus den ersten beiden Semestern, der Wohnzimmertisch hatte sich auf das dritte und vierte Semester spezialisiert. Mich lachten Notizen über Aminosäuren, Enzyme, Lymphozyten, Anatomie, Biochemie, Genetik und so weiter an. Und ich tat das, was ich die letzten zwei Tage schon getan hatte,... ich ignorierte sie alle, setzte mich auf den Boden, nahm den Controller in die Hand und beendete die Pause. Ich hatte beschlossen, obwohl nur noch vier Tage zwischen mir und der Prüfung lagen, dass der Endgegner besiegt werden musste. Für das Wohl der Mana-Welt und für mein persönliches Wohlempfinden wenigstens einmal der Held zu sein der nachher bejubelt wurde. Es war ja nicht so als hätte ich nichts getan, aber eben weniger als sonst. Ich erkannte mich kaum wieder. Normalerweise saß ich vor Prüfungen nur vor Büchern, las und lernte. Nichts konnte mich ablenken. Nun war mir jede Ablenkung recht, aber es war nicht so als wolle ich die Prüfung nicht bestehen, ich wollte nur nicht den ganzen Tag lernen. Seufzend drückte ich wieder den Pause-Knopf, lüftete den Deckel der Suppe und rührte mit den Stäbchen etwas um. Massanorie hatte mich in den letzten Tagen zwar angerufen, aber am Telefon war alles komisch. Unsere Gespräche waren komisch, das Verabschieden – einfach alles. Aber nun war es ebenso und es wurde auch nicht besser. Valentinstag rückte näher und Massanorie hatte schon anklingen lassen, dass er es wohl nicht schaffen würde und Shogo lag mir schon die ganze Zeit in den Ohren, dass ich vorbei kommen musste um mir was Passendes zum anziehen zu kaufen. Dabei wollte ich gar nicht mit auf die Party, aber eine richtige Wahl hatte ich anscheinend nicht. Andrea meinte auch ich sollte mitgehen und Julia lag mir auch damit in den Ohren. Seufzend begann ich meine Suppe zu essen und meinen restlichen Abend zu planen. Es war kurz nach 20 Uhr also was noch machen?! Ich schielte kurz zu meinen Büchern, aber die liefen ja nicht weg. Ein Bad wäre wohl die richtige Art um einen solch langweiligen Tag vernünftig ausklingen zu lassen. Ich leerte die Nudelsuppe und ließ mir ein heißes Bad ein. Der Spiegel im Badezimmer beschlug schon vom Wasserdampf und in meine Nase stieg der leichte Geruch von Flieder den der Badezusatz verströmte. Es bildete sich eine leichte Schaumkrone auf dem Wasser und ich musste beim rein steigen feststellen, dass es auch etwas zu heiß war, aber es dauerte nur einige Minuten bis ich mich daran gewöhnt hatte. Wie spät war es nun bei Massanorie? Ich rechnete die 14 Stunden zurück und kam auf kurz vor halb sieben. In den letzten Tagen war er um diese Zeit schon immer wach gewesen, also nahm ich das Festnetz was ich neben die Badewanne gestellt hatte und wählte seine Nummer. Es dauerte einige Zeit und fast war ich daran aufzulegen, als ich seine Stimme hörte. „Ja?“ Er klang verschlafen und ich biss mir auf die Lippe. „Entschuldige… ich dachte du wärst schon auf.“ Kam es schuldbewusst von mir. „Alles gut.“ Kam es nur von ihm. „Was gibt es?“ „Nichts. Ich wollte nur deine Stimme hören…“ ich ließ mich tiefer in die Wanne gleiten und schloss die Augen. „Aha.“ Nun entstand eine längere Pause die etwas unangenehm war. „Entschuldige, ich wecke dich wegen so einem scheiß und dann weiß ich nicht mal ein Gesprächsthema. Leg dich nochmal hin…“ „Was machst du gerade?“ Seine Stimme hatte diesen belustigenden Unterton. „Baden.“ Kam es nur leicht schmollend von mir. Da hatte ich Sehnsucht nach ihm und dann sowas. „Aha.“ Nun wurde ich bockig. „'Aha'. Das ist alles was von dir kommt. Ich sag doch es tut mir leid und wir reden später oder morgen oder nächste Woche…“ „Wollen wir es mal mit Telefonsex probieren?“ Völlig überrumpelt riss ich die Augen auf und starrte das Telefon in meiner Hand an. Hatte er das gerade wirklich gefragt? „Mamoru?“ „Ja…“ „Also? Ich vermisse dich und da du mich geweckt hast und deine Stimme mich morgens schon etwas rattig macht und dann sitzt du auch noch provokant in der Badewanne, was ich mir ja gezwungener Maßen vorstellen muss – ich finde dann können wir das Ganze auch ausweiten.“ „Aber… ich… also…“ Was bitte sagte man denn auch wenn einen der Freund plötzlich nach Telefonsex fragte? Ja gut, nach knapp 9 Tagen hatte ich schon Lust auf ihn und da ich noch immer kein Fan von Selbstbefriedigung war, lief ich schon etwas auf dem Trockenen. Aber es war ja nicht so als wäre ich Notgeil. „Also?“ Massanories Stimme hatte diesen leicht rauen Ton angenommen und ich musste zugeben, dass mir das nun doch etwas Gänsehaut verschaffte. „Ich weiß nicht.“ Kam es zaghaft von mir. „Sowas hab ich noch nie gemacht.“ „Würde mich auch überraschen, aber du und ich sind da doch flexibel. Und wenn es dir Mut macht ich hab das auch noch nie gemacht. Aber jetzt deine Stimme zu hören ist eben schon schön und außerdem laufe ich jeden Tag auf Handbetrieb und so langsam reicht meinem Schwanz das nicht mehr… und er freut sich gerade sehr von dir zu hören.“ Ich schwieg und war über mich selbst etwas überrascht, da mich allein das schon etwas antörnte. Was machte ich denn nun? Doch Massanorie hatte beschlossen mir die Wahl abzunehmen – irgendwie gerade eine Mode wenn es um meine Entscheidungsfreiheit ging. „Ich liege gerade auf meinem Bett und träume gerade von deiner schönen warmen Haut und streichele dabei mein bestes Stück. Und das gefällt ihm sehr, er wird immer strammer. Er sieht geil aus, so prall und voll und wenn ich mir vorstelle wie deine hübsche Zunge ihn verwöhnt, dann kann ich mich kaum noch beherrschen.“ Während er das erzählte lehnte ich mich wieder zurück und schloss die Augen und dann war es so als würde mein Verstand sofort vor meinen inneren Auge das Bild von Massanorie aufrufen wie er auf diesem Bett lag und sich befriedigte. Meine freie Hand wanderte wie von selbst ins Wasser und glitt nach unten zu meiner Erektion. „Na was machst du gerade?“ Er hat diesen Unterton, der mir deutlich macht, dass er es wusste und das machte mich nur noch mehr an. „Blödmann…“ wisperte ich nur und versuchte ein Stöhnen zu unterdrücken, was aber nur schwer gelang. „Sag mir was du dir vorstellst.“ Ich atmete schwer und versuchte mich zu beherrschen. „Garnichts.“ Entfuhr es mir. „Na dann helfe ich dir nach. Wenn ich mit dir in der Wanne sitzen würde, dann würde ich ganz langsam anfangen deine Brustwarzen zu massieren. Ich würde sie zwischen meinen Finger nehmen und leicht zudrücken. Meine Lippen würden deinen Nacken küssen und du könntest meinen Schwanz in deinem Rücken spüren wie er langsam hart wird. Meine Hände wandern tiefer und streifen deinen Schwanz der nun hart wird…“ Massanorie Lenjier Das war nicht schlecht. Mein Schwanz war schon steinhart und schmerzte leicht. Wahrscheinlich war Mamoru genauso geil wie ich und es war schon etwas traurig, dass ich mich noch ein paar Tage gedulden musste um ihn wieder bei mir zu haben. „…gefällt dir die Fantasie?“ ich keuchte etwas und strampelte die Decke von meinen Beinen um einen freien Blick auf meine Erregung zu haben. Mamorus Keuchen war deutlich zu hören. „Spätestens jetzt würde ich dich aus der Wanne zerren und dich gegen die kalten Fliesen der Wand drücken. Meine Hände würden deinen Po streicheln und anfangen ihn langsam heftiger zu kneten. Dein Schwanz würde noch härter werden und langsam anfangen zu zucken, sowie meiner gerade in meiner Hand. Wir würden uns aneinander pressen und unsere Schwänze würden sich an unseren Bäuchen reiben und pressen, mal sanft, mal härter.“ Keuchend begann ich mir schneller einen zu wichsen, während Mamorus stöhnen und flehen nach mehr deutlich zu hören war. Aber er ließ mir hierbei die Führung was ich nicht schlimm fand. Am Telefon schien Mamoru viel verklemmter als in real zu sein. Meine Eichel war schon dunkelrot und die Venen zeichneten sich deutlich an der Seite ab. „Bitte sag mir was dann...“ kam es bittend vom anderen Ende und ich leckte mir genüsslich über die Lippen. „Du machst mich ganz schön geil Mamoru. Das weißt du auch. Immer dieses schüchterne zurückhaltende und dann betteltest du nach meinem Schwanz und das ich dich ficke. Ich würde dich umdrehen und dich hart gegen die Fliesen drücken und ihn dir in deinen wundervollen Arsch schieben. Nicht langsam, nein mit einem Ruck, so dass du kurz aufschreist und dich aufbäumst und dann ficke ich dich hart und heftig...“ Ich keuchte auf und konnte spüren, dass ich kommen würde wenn meine Phantasie noch weiter ging, aber schon in diesem Moment kam ich und spritzte heftig ab. Keuchend lag ich auf dem Bett, erinnerte mich aber schnell an meinen Freund der am Telefon bestimmt vor Erregung wimmerte. „Und? Willst du mehr?“ Doch anstatt einer Antwort bekam ich nur das Tuten der Leitung zu hören. Etwas irritiert sah ich das Telefon an und wusste nicht so recht was ich davon halten sollte. Ich drückte die Wiederwahltaste, doch keiner nahm ab. „Ok?“ Musste ich mir Sorgen machen oder war es dann doch zu heftig für ihn. Erschrocken fuhr ich zusammen als das Telefon in meiner Hand zu klingeln begann. „Ja?“ „Hier ist der Weckdienst. Es ist 7 Uhr Herr Lenjier, wir wünschen einen schönen Guten Morgen.“ „Ähm danke.“ Kam es nur von mir, bevor ich auflegte und seufzend aufstand. Ich würde erst einmal duschen gehen und mich dann wieder um Mamoru kümmern. Vielleicht war Telefonsex einfach nicht seins und er hatte es abgebrochen weil es ihm zu peinlich war. Das warme Wasser der Dusche prasselte auf mich nieder und ich musste zugeben, dass Telefonsex nun nicht so toll war, aber besser als Handbetrieb. Aber nichts kam daran Mamorus Haut wirklich unter mir zu spüren. Mit einem Handtuch um die Hüfte verließ ich das Badezimmer und betrat den Wohnbereich meines Hotelzimmers. Ich zog die Vorhänge beiseite und sah auf die Skyline von New York. Das hier hatte ich vermisst, diesen Ausblick, diese Stadt. Hier hing einfach mein Herz dran. Mit einem Handtuch rubbelte ich mir meine Haare trocken, als ich plötzlich mein Handy hörte. Mariah Carey sang Honey, während mein Blick den Raum durchsuchte und ich es schließlich auf der Anrichte an der Tür fand. Allein am Klingelton wusste ich, dass es Mamoru war. Er war der einzige der von mir einen personalisierten bekommen hatte, auch wenn er ihn nicht mochte und mir das oft genug gesagt hatte – auf seine bockige und zickige Art! 'Wieso Honey? Wieso dieses Weiberlied? Willst du mir was damit sagen? Dann mach das direkt und nicht so scheiß subtil!' das waren so die Standards. Aber irgendwie fand ich das Lied passte und es war schon etwas schwul, dass ich es meinem Freund zugeordnete hatte. Aber etwas Gay ging immer! Mit einem grinsen nahm ich das Handy und drückte die Anrufannahme. „Hey Honey…“ kam es nur zuckersüß von mir. „Nenn mich nicht so und mach den doofen Klingelton weg – kannst du auch mal weniger schwul sein. Und… und du schuldest mir ein neues Festnetztelefon!“ am Ende war seine Stimme sehr leise geworden und ich wusste sofort, dass er rot geworden war. „Wieso schulde ich dir ein neues Telefon?“ etwas überrascht war ich nun schon. Am anderen Ende kam nichts mehr, bis dann bei mir der Groschen fiel, Penny weise, aber er fiel. „Du hast es fallen gelassen, weil du auch gekommen bist…“ „Ich mag Telefonsex nicht.“ Kam es sofort bockig von ihm und ich wusste sofort, dass er sich schämte. Er war süß. „Ich kauf dir ein neues, am besten eines mit einer guten Freisprechfunktion.“ Ich schmiss das Haarhandtuch auf die Couch und verschwand im Schlafzimmer. Mein Vater würde in einigen Minuten Klopfen und ich wollte fertig sein um nicht zu spät zu dem Geschäftsfrühstück zu kommen. „War es wirklich so schlecht?“ kam es schließlich fragend von mir. „Du weißt, wenn du was nicht machen willst, dann haben wir ein Safe-Wort.“ Bis jetzt hatte Mamoru es noch nicht verwendet, aber vielleicht war es sinnvoll, es mal wieder in die Erinnerung zu rufen. „Ich brauche kein Safe-Wort, denn sowas braucht man nur wenn man eine BDSM Beziehung führt. Und die haben wir nicht.“ Kam es nüchtern von Mamoru. „Aha.“ Kam es nur etwas überrascht von mir. „Ich leg dich mal kurz beiseite, ich muss mich eben anziehen und in der Zeit überlege ich mir wie du auf so etwas kommst.“ Damit lachte ich leise auf und legte das Handy aufs Bett. Eine dunkle edle Jeans war schnell übergestreift, dann ein weißes Hemd und ein Sakko drüber und fertig. Ich hatte in New York angefangen Dinge anders zu machen wie sonst. Dazu gehörte auch, dass ich mich langsam aber sicher von der Anzugtradition meines Vaters verabschiedete. Was in den ersten Tagen für Ärger gesorgt hatte, war nach einem Gespräch nun langsam in Akzeptanz übergegangen. Mein Vater verstand, dass ich nicht er war, dass ich die Firma nicht leiten würde wie er und dass eine Kopie eben nicht das war was ich für mein Leben wollte. Mamoru hatte nicht unrecht, ich war eine schlechte Kopie, aber nicht ich selbst. Da hatten wir also wieder eine Gemeinsamkeit. Lächelnd nahm ich das Handy. „Von wem…“ „Shogo. Ich hab mal vor einiger Zeit mit ihm geredet und er meinte ein Safe-Wort braucht man nur in einer BDSM Beziehung und ja, er hat mir auch erklärt was das ist und ich hab es auch… naja im Internet nachgelesen. Und wie haben keine solche Beziehung, also brauche ich auch kein Safe-Wort.“ „Hmm. Ich finde das nicht. Also ich denke schon, dass wir Ansätze von einer BDSM Beziehung haben. Aber das ist nur meine Meinung und am Handy wohl schlecht zu erklären.“ Einen Moment lang kam nichts mehr. „Noch da?“ „Ja… wieso denkst du das?“ er klang unsicher. „Naja im Bett haben wir schon eine klare Rollenverteilung, das war gerade beim Sex am Telefon auch so. Du bist der passive und ich der aktive und wenn man uns zuhört dann geht es sehr wohl in die Richtung Top und Bottom. Außerdem ist unser Sex immer etwas härter, als ich das normalerweiser gewohnt bin und du bist schon etwas schmerzorientiert beim Sex. Jedenfalls macht es dich geil wenn ich dich beiße und dich etwas härter ran nehme...“ Ich hörte mit meinen Ausführungen auf und wartete ab, aber es kam nichts. „Vielleicht sollten wir darüber reden, wenn ich wieder da bin und nicht am Handy, während ich mich auf dem Weg zu einem Meeting mache. Besonders dann nicht wenn mein Vater gleich vorbei kommt.“ „Ja hast recht. Reden wir wenn du wieder da bist. Ich vermisse dich.“ „Ich dich auch. Und ich liebe dich!“ „Ja ich dich auch.“ Irrte ich mich oder klang er niedergeschlagen. „Hey… hab ich was Dummes gesagt? Du weißt ich merke das meistens nicht.“ „Nein alles gut. Wir hören uns und bestell Seijiro grüße. Bye.“ „Bye und schlaf…“ doch er hatte schon aufgelegt. Gut, das war suboptimal gelaufen. Anscheinend hatte ich was Falsches gesagt, aber so recht wusste ich nicht was es war. Yosuke Furukami Morgens um halb sieben und an meiner Tür klingelte es Sturm. Minako war heute nicht hier, ihre Tante war zu Besuch, weswegen sie zu Hause sein musste. Eventuell wurde ich heute Nachmittag zum Kaffee eingeladen, das hing aber von der Laune ihres Vaters ab. Der mochte mich, naja sagen wir mal es war Tageszeitenabhängig. Wenn ich Minako abends nach Hause brachte mochte er mich, brachte ich sie morgens weil sie bei mir schlief, hasste er mich. Der Futon landete auf der anderen Seite als ich mich aus der Decke schälte und einen Blick auf die Uhr warf. Sowas doofes. Ich öffnete die Tür und sah eine Brötchentüte vor mir. „Gomen nasai. Ich weiß es ist viel zu früh, aber ich wollte mit meinem besten Freund reden.“ Ich schob die Tüte beiseite und sah Mamoru schmunzelnd an, er verbeugte sich vor mir und schien wirklich ein schlechtes Gewissen zu haben. Seufzend und theatralisch hob ich die Hände in die Luft. „Du kannst so froh sein, dass mein Wecker sowieso bald geklingelt hätte.“ In drei Stunden wohlgemerkt, aber bald war ein Dehnbarer Begriff. „Willst du einen Kaffee?“ „Danke und gerne.“ Nach knapp 20 Minuten war ich geduscht, wach und saß mit Kaffee bewaffnet in meinem Wohnraum. Mamoru hatte den Tisch gedeckt und wir frühstückten – leise. Mamoru schwieg nämlich beharrlich was seinen Besuch anging. Ui das war eigentlich klasse. Im Studium hatten wir gerade Gesprächsführung mit Klienten und wie man ein Gespräch in Sitzungen lenkte. Mamoru war mir gerade das perfekte Versuchskaninchen. Aber wie anfangen? In der Theorie war das immer total simpel. „Du hast dich auch auf westliches Frühstück eingestellt, oder?“ Mamoru sah auf und blickte dann auf seine Brötchenhälfte mit Marmelade. „Oh. Naja stimmt schon. Massanorie mag morgens keinen Reis und Fisch und da hab ich mich angepasst. Julia und Andrea sind da genauso gestrickt. Seijiro hat es wohl auch einfach hingenommen und sich Andrea angepasst. Aber jetzt wo du es sagst, könnte ich mal wieder Miso Suppe machen.“ Er grinste mich an und biss von seinem Brötchen ab. schoss es mir durch den Kopf. „Das ist ja manchmal schon wichtig, dass man etwas Abwechslung in das Frühstück einbringt. Sonst wird es fad und irgendwann ist es dann auch nichts Besonderes mehr. Brötchen sind immer was Besonderes finde ich…“ „Benutzt du mich gerade um deine Studienpraxis zu erproben?“ „WAAAS?“ kam es etwas schrill von mir. „Neee, wie kommst du denn darauf?“ Ich wurde rot und versteckte mich hinter der Kaffeetasse. „Weil ich dich kenne. Und sonst redest du nie so geschwollen und um den heißen Brei!“ Mamoru zog eine Augenbraue hoch und musterte mich. Seufzend lehnte ich mich zurück und resignierte. „Ja is gut. Kann sein, dass ich das gemacht habe. Aber es bot sich an, also nicht schmollen.“ Ich zwinkerte meinem besten Kumpel zu. „Schon gut, war aber ganz gut.“ „Ui ein Lob von dir. Das bekommt man ja auch nicht so oft. Das kreuze ich mir im Kalender an.“ Witzelte ich nur und lachte. „Aber jetzt mal im Ernst. Du bist ja nicht hier um mein Versuchsobjekt zu sein. Was führt dich zu mir.“ „Ich wollte…“ Mamoru wich meinem Blick aus und biss sich auf die Unterlippe. „Ich... ich weiß, dass wir, seit Massanorie da ist, kein so gutes Verhältnis mehr haben. Weil diese ganze Schwul-Sache irgendwie zwischen uns steht. Aber jetzt hab ich ein Problem und ich kann mit keinem sonst reden. Weil May, mit der, das ist ein Problem da brauch ich dich. Weil du mein bester Freund bist und auch noch Psychologe bist oder wirst.“ Nun wurde ich neugierig und gleichzeitig war ich etwas schockiert, weil er wirklich dachte, dass ich ein Problem mit ihm hatte. Hatte ich das etwa ausgestrahlt oder den Eindruck gemacht? „Mamoru das wollte ich nicht!“ ich stütze mich auf dem Tisch ab und beugte mich zu ihm rüber. „Wirklich. Also wenn ich dir das Gefühl vermittelt habe, dann tut es mir voll leid. Ich meine das wollte ich nicht. Du bist mein bester Kumpel und ich hab nichts gegen Massanorie, also nichts was hilft… Aaah sorry. Ja gut ich mag ihn nicht, aber trotzdem bist du doch mein bester Kumpel.“ Ich war eventuell etwas hysterisch und sah ihn eindringlich an. Mamoru war über meinen Gefühlsausbruch etwas erschrocken und sah mich stirnrunzelnd an. Aber dann lächeltet er und nickte. „Das ist gut, ich hatte Angst, dass wir seit Massanorie und meinem 'kleinen' Zusammenbruch ein Problem haben.“ Ich schüttelte den Kopf. „Pass auf, wir frühstücken zu Ende, ich setz noch nen Kaffee auf und dann reden wir. Und du erzählst mir was dein Problem ist und wir führen ein richtiges Kerle Gespräch.“ Eine halbe Stunde später saßen wir an meinem Tisch, eine dritte Tasse Kaffee vor uns und Mamoru begann mir zögerlich zu erzählen, warum er hier war. „Gestern Abend habe ich mit Massanorie telefoniert, er ist ja noch in New York und… es ist super peinlich…“ „Ihr hattet Telefonsex!“ kam es nüchtern von mir. Mamoru wurde purpurrot und sah mich völlig entsetzt an. „Woher?“ „Ach ihr seid erst kurz zusammen, seht euch zwei Wochen nicht – ist naheliegend!“ winkte ich nur ab. „Ja… und danach hat er etwas gesagt, dass mich nachdenklich macht und mich auch erschreckt. Und ich weiß nicht ob ich normal bin. Ich hab morgen wieder eine Sitzung bei meiner Therapeutin, aber mit der will ich darüber nicht reden, das ist mir noch zu privat, aber es ist eben jetzt aktuell.“ Ich nickte und fragte wegen der Therapeutin nicht nach. So was war Privatsache und es ging nur Mamoru etwas an, wann er das jemanden erzählte. Da hatte ich Prinzipien. „Es war… Massanorie meint, dass wir so etwas wie eine BDSM Beziehung haben und das macht mir Angst.“ Mamoru hielt sich an seiner Tasse fest und sah mich über den Rand an. „Ok?“ kam es nur von mir. Nun herrschte einen Moment lang Stille. Mamoru war das ganze peinlich und ich musste mich auch etwas verschämt an der Nase kratzen. „Ich weiß, dass es komisch ist wenn wir beide über sowas reden, weil ich ja nicht mit einem Mädchen…“ Schnell schüttelte ich den Kopf. „Nein, das ist es nicht, nur… naja ich muss wohl auch etwas ehrlich sein. Ich hab ja immer erzählt wie toll mein Sexleben ist und wie vielfältig… kann schon sein, dass ich da etwas übertrieben habe. Wenn ich ehrlich bin dann bin ich…“ ich lachte kurz auf. „…wohl etwas langweilig im Bett. Ich mag die Missionarsstellung und Löffelchen. Und alles andere ist mir zu kompliziert, ich bin eher der Klassik-Sex-Typ. Na was soll man machen. Deswegen bin ich nur etwas irritiert, dass wir plötzlich über BDSM reden.“ Ich lachte leise auf und rückte meine Brille zurecht. Mamoru sah mich zweifelnd an. „Ernsthaft?“ ich nickte nur und nahm einen Schluck aus meiner Tasse. „Ja. Es war mir peinlich einfach zu erzählen, dass ich naja nur Standard im Bett bin. Ich wollte doch vor dir mit gutem Beispiel voran gehen.“ Wir beide sahen uns schweigend an, bevor wir zu lachen begannen. Ich konnte mich nicht erinnern, wann wir je so offen miteinander geredet hatten. „So und nun erzähl wo das Problem liegt.“ Mamoru wurde plötzlich wieder sehr ernst und suchte nach den richtigen Worten. „Wenn ich wirklich… was ist, wenn ich wirklich auf diese Dinge stehe? Was sagt das über mich aus? Das ist doch nicht normal… das man auf Schmerzen beim Sex steht.“ Verzweifelt sah er mich an und ich wusste nicht so recht was er meinte. „Also wenn du darauf stehst dann ist das doch ok. Schmerz kann ja schon sehr erotisch sein. Psychologisch gesehen gibt es beispielsweise eine Studie von 1985 von einem Breslow der herausfand, dass circa siebzig Prozent der Befragten die SM oder BDSM, wobei dieser Begriff erst später geprägt wurde, in dieser praktizierten Form des Sexualverhaltens leichter zu einem Orgasmus kommen als Menschen die das nicht praktizieren. Üblicherweise genießen SM-Anhänger eine Kombination aus physischer und psychischer Stimulation, doch haben manche ziemlich genaue Vorstellungen davon, welche Praktiken sie wünschen. Und das ist besser als mein Sexualleben in dem ich mich nicht ausdrücken kann. Also bist du klasse, wenn du weißt was du magst. Außerdem ist es sehr abwechslungsreich, die physischen Praktiken schließen Fesseln, körperliche Disziplinierung, intensive Stimulation, Sinnesentzug…“ Und dann klickte es bei mir. Mamoru sah auf die Tischplatte und seine Fingerknöchel waren schon weiß, weil er seine Fäuste auf seinem Schoß ballte. „Oh Scheiße. Mamoru… du denkst doch nicht.“ Ich stand auf, setzte mich neben ihn und verstand plötzlich was ihn aus der Bahn warf. „Dein Sexualleben und deine Vorlieben haben nichts, aber auch gar nichts mit dem zu tun was du durchgemacht hast. Misshandlung hin oder her, aber das hat keinen Einfluss auf deine Bedürfnisse. Das sind zwei völlig verschiedene Dinge.“ Ich legte den Arm um ihn und zog ihn an meine Schulter. Er schniefte und schien wirklich damit überfordert. „Oh Gott. Es tut mir leid und ich rattere dir auch noch diesen Seminar Scheiß runter den ich mal hatte. Nur weil ich nicht verstand was du meintest. Sorry, Sorry, Sorry.“ „Ich hab Angst vor mir selber und weiß nicht wie ich jetzt damit umgehen soll. Und Massanorie will ich damit nicht belästigen. Wir haben ja so schon selten Sex, was wohl meinen Launen und meiner geringen Kompetenz den Anfang zu machen geschuldet ist. Wenn ich jetzt noch ankomme und sage es gibt nur noch Klassik Sex, dann frustriert ihn das sicher nur.“ Nun war ich aber schockiert. „Ey. Also sowas will ich nicht hören. Du sollst doch für Massanorie nicht die Beine breit machen, nur weil der Bock hat. Nenene, so nicht mein Freund. Wenn dann musst du auch wollen und er wird merken, wenn er etwas macht was du nicht willst. Dann würde er sicherlich ganz schön enttäuscht sein, meinst du nicht.“ Mamoru überlegte, wischte sich mit seinem Pulloverärmel durchs Gesicht und nickte. „Wahrscheinlich. Dann sagt er wieder, dass ich mit ihm reden soll!“ Er verzog etwas das Gesicht und versuchte zu lächeln. „Na siehste.“ Wir redeten fast den halben Tag über Mamorus Angst und wie er damit klar kommen sollte. Ich konnte ihm nicht wirklich etwas raten, gab ihm aber zu verstehen, dass er solche Ängste a) wirklich mit der Therapeutin, die anders als ich fertig ausgebildet war, darüber reden musste und b) Massanorie auch nicht ausschließen sollte von solchen Gedanken. Vielleicht half ihm aber auch schon, dass ich ihn ernst nahm, denn als er ging wirkte er erst einmal gelöster. Kapitel 63: Step Sixty-one... Love IV ------------------------------------- „Die Geschichte prägt nur einen Moment, die Liebe dagegen ein ganzes Leben.“ Aus dem Film „Wie ein einziger Tag“ Shogo Kiseragi Kalt! Kalt! Kalt! Ich hüpfte von einem Bein aufs andere und sah mich um. Ich war einfach zu früh hier gewesen und nun musste ich dafür in der Kälte ausharren und mir meinen süßen Knackarsch abfrieren. Auf den Straßen lag eine dünne Schneedecke, die aber von den Autos schon in Matsch verwandelt worden war. Mein Blick glitt durch die Menschenmenge, die an mir vorbei schlenderte und ich warf einen Blick auf einen hübschen jungen Mann der an mir vorbei lief, sich kurz umdrehte und mich anlächelte. grinsend drehte ich mich um und sah endlich den Mann auf den ich gewartet hatte. “Mamoru! Hier!” ich wedelte mit den Armen um auf mich aufmerksam zu machen. Mamoru sah mich und kam auf mich zu. „Hey.“ Er lächelte matt. „Alles klar bei dir?“ Er sah blass um die Nase herum aus und ich wollte keinesfalls, dass wir shoppen gingen und er aber ins Bett gehörte. „Also wenn du krank bist oder nen miesen Tag hast dann is das ok…“ „Nein alles gut. War gestern und heute nur anstrengend. Ich… einfach nur gerade etwas viel. Da kommt mir eine Abwechslung mit dir nur recht.“ Er schmunzelte und stupste mich an. „Also wo willst du hin?“ „Na gut. Wenn du meinst, dass es für dich ok ist.“ Ich zog meinen Schal fester und seufzte. „Also zuerst müssen wir was Schickes zum anziehen für uns finden. Eventuell schau ich nochmal in meine neue Lieferung im Laden, aber ich wollte mal etwas tragen was ich nicht aus meinem eigenen Laden habe. Ich vermissen nämlich das Fremdshoppen.“ Damit grinste ich und zählte Mamoru die Läden auf in die ich wollte. „Warum muss ich shoppen? Soweit ich mich entsinne, habe ich genug im Schrank was man tragen kann und wegen Valentinstag…“ „Kommst du mit. Ich werde nicht zulassen, dass mein bester Kumpel allein zu Hause Trübsal bläst. Also echt. Minako sieht das auch so und meint du musst mitkommen. Schließlich hat die Yosuke überredet, dass er auch mit ins Phoenix kommt und du weißt wie Yosuke sowas findet.“ Ich setzte eine ernste Mimik auf und hob mahnend den Zeigefinger. Mamoru seufzte. „Auf mich hört ja sowieso keiner mehr.“ Ich nickte und zog ihn hinter mir her. Drei Stunden später stand ich nun in meinem letzten Laden, denn wenn ich hier nichts fand, dann wusste ich auch nicht mehr, was ich machen sollte. So ein Mist. Genau deswegen war ich gezwungen in meinem eigenen Laden einzukaufen. Nicht das ich dort nicht schon ein schickes Longshirt gefunden hatte. Verzweifelt verschränkte ich die Hände hinter dem Kopf und seufzte theatralisch. „Mamoru ich finde nichts. Wie soll Valentinstag romantisch werden wenn ich nichts zum anziehen finde?“ Mamoru sah von dem Kleiderständer auf und zuckte mit den Achseln. „Toya liebt dich doch auch so.“ „Danke. Das hilft.“ Kam es spöttisch von mir. „Ich kann ja nackt gehen.“ „Dann hättest du wenigstens alle Aufmerksamkeit die du dir wünschst.“ Er schmunzelte und kam zu mir. „Ja das stimmt. Also kommt diese Idee auf meine Alternativ-Liste gaaanz nach oben.“ Ich lehnte mich an Mamoru und sah ihn mit einem Hundeblick an. „Können wir noch in einen letzten Laden von dem ich weiß das er genau das hat was ich suche? Ich würde dir auch einen tollen Kaffee spendieren.“ "Also zu dir und der Kaffee ist gratis.“ Leicht genervt sah er mich an, nickte dann aber nur. „Weil du es bist.“ Kam es leise, als ich ihn hinter mir aus dem Laden zog. Yosuke Ich saß auf der Couch im Laden und sah May zu wie sie eine Kundin beriet. Eigentlich wollte ich gar nicht hier sein, eigentlich durfte ich gar nicht hier sein. Meine Hausarbeit, die noch immer nicht fertig war, mahnte mich in meiner Wohnung zu Eile. Aber Bock hatte ich keinen. Praxis ja, Theorie nein danke. Außerdem wusste ich ja, dass Mamoru hier gleich mit Shogo auftauchen würde und ich wollte wissen wie es ihm ging und ob er mit der Therapeutin gesprochen hatte. Ich hatte mir den ganzen gestrigen Tag und die Nacht den Kopf über Mamorus „Problem“ zerbrochen. Es war logisch, dass er aus seiner Position heraus ein Problem mit seinen Sexuellen Wünschen hatte. Aber wie konnte man ihm da helfen? Was riet man denn in so einer Situation? Ja, ich hatte im Studium gelernt und zwar zu Beginn, dass Ratschläge auch Schläge waren, aber trotzdem... er war mein bester Freund, da konnte ich ja schlecht einfach wegsehen. „Alles gut?“ May sah mich an und setzte sich neben mich. „Klar." log ich und hielt mich stärker an meiner Kaffeetasse fest. „Lügner. Aber ok, wenn du es nicht sagen willst dann akzeptiere ich das. Auch wenn es mir nicht passt.“ Sie seufzte, sah auf ihr Handy und grinste. „Na, ein Kerl?“ fragend sah ich sie an und versuchte auf ihr Display zu linsen. „Nein. Es ist Julia.“ Sie tippte auch etwas und steckte dann ihr Handy zurück in ihre Hosentasche. „Ich mag sie. Sie ist super nett und ich finde es gut, wenn wir mal ein paar mehr Mädels werden. Schließlich hatten wir lange Zeit ein unausgewogenes Verhältnis in der Gruppe.“ Ich verdrehe die Augen und schmunzelte. „Ja ja. Wenn du meinst.“ Ich nahm meine Brille ab und besah mir die Gläser. Wieso waren da eigentlich immer Fingerabdrücke drauf? Ich wühlte in meiner Tasche nach einem Tuch und fand es schließlich. „Sag mal, wann wollten Shogo und Mamoru hier sein?“ „Keine Ahnung. Shogo meinte nur er wolle bei der Konkurrenz shoppen und dann wieder kommen. Ob Mamoru da mit macht weiß ich gar nicht so genau.“ „Na toll. Ich sitze hier doch nur rum, weil ich auf Mamoru warte!“ „Wieso wartest du auf mich?“ Ich drehte meinen Kopf und sah Mamoru an, der mich anlächelte. Shogo winkte mir zu, verschwand aber gleich darauf hinten im Lager. Er schien etwas miesgelaunt. Als hätte Mamoru meine Gedanken gelesen kommentierte er sein Verhalten. „Er ist frustriert. Dutzende Läden aber er hat nichts gefunden. Und nun muss er schauen, ob in der neuen Lieferung was dabei ist, was Toya gefallen könnte.“ Ich nickte nur verständnisvoll. Ich wusste auch noch nicht was ich Valentinstag anziehen sollte. Schick, aber natürlich. Sexy, aber nicht zu sexy. Tja da hatten nicht nur Frauen ihre Problem mit. „Und hast du was gefunden?“ May grinste ihn an. Doch er schüttelte nur den Kopf. „Nein. Aber so wirklich hab ich auch nicht gesucht. Massanorie wird ja sowieso nicht da sein, also warum die Mühe?“ „Für dich!“ kam es plötzlich von hinten, als Shogo wieder mit einem großen Paket bewaffnet aus dem Lager kam. „Ich hab dir doch erklärt, dass Kleidung auch das Selbstvertrauen stärken kann. Und du kannst das schon noch etwas gebrauchen.“ Mamoru verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. „Ach Männer und ihre Probleme.“ Kommentierte May das Ganze nur, zuckte mit den Achseln und grinste uns alle an, bevor sie aufsprang und sich um einige Kunden kümmerte die gerade herein kamen. Mamoru sah ihr nach und setzte sich dann zu mir. „Warum wartest du denn nun auf mich?“ „Hm. Hab mir Sorgen gemacht und wollte wissen ob es dir besser geht? Und ob du heute mit der Therapeutin gesprochen hast. Ich weiß Schweigepflicht und so, aber ich frag dich ja als dein bester Freund.“ Immer noch putzte ich meine Brille und war verzweifelt, weil die bekloppten Flecken nicht weg wollten. Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, dass Mamoru mir zusah. Dann kramte er plötzlich in seiner Umhängetasche und holte ein Brillenetui hervor. „Gib mal her. Dein Brillentuch sieht aus als wäre es tot.“ Damit nahm er mir meine Brille ab, öffnete das Etui und nahm sein eigenes Tuch um meine Brille zu säubern, nur eine Minute später hielt er mir meine Brille in. „Bitte. Wie neu.“ Damit begann er seine eigene Brille zu putzen und schob sie sich schließlich auf die Nase. „Seit wann trägst du denn deine Brille nicht nur zum lesen?" „Seit heute. Ich hatte gestern noch einen Augenarzt-Termin und der meinte es wäre gut, wenn ich die Brille öfter am Tag trage. Dann würden auch die Kopfschmerzen besser werden und die Augen würden nicht mehr tränen. Musste fast auflachen als er das sagte und wollte schon sagen das meine Augen nicht tränen, sondern ich ne Heulsuse bin mit Existenzängsten und so…“ er schmunzelte und sah mich an. „Blödmann. Hör auf so selbstironisch zu sein.“ Kam es nur ernst von mir. „Sorry. Und was die Therapeutin angeht – sie hat das gleiche gesagt wie du.“ Eine Weile beobachteten wir die Kunden die rein und raus gingen. Shogo lief zwischen ihnen auf und ab, genauso wie May. Schließlich war ich es der das Schweigen brach. „Ich weiß du musst dir das schon genug anhören, aber ich finde auch, dass du mitkommen solltest.“ Mamoru sah weiter den Kunden nach. „Und warum?“ „Weil a) ich keine Lust habe allein im Phoenix zu sein umringt von lauter Männerpärchen und das meine ich nicht abwertend, b) weil ich glaube, dass du Spaß haben könntest, auch wenn du dich damit schwer tust, c) es dir gut tun würde mal zu schauen wie du auf andere Männer wirkst, nur falls das mit Massanorie mal in die Brüche geht – was ich euch natürlich nicht wünsche und d) und das ist wohl das wichtigste und überzeugendste Argument, weil May als DJ dort auftreten wird am Valentinstag und wage es jetzt nicht dir was anmerken zu lassen. Ich darf dir das nämlich nicht sagen, weil sie nicht will, dass du nur ihretwegen kommst.“ Mamoru hatte sich bei Punkt D sofort zu mir umgedreht und den Mund geöffnet, aber ich hatte alles im Keim erstickt. „Und jetzt glotz doch nicht so, sonst weiß sie sofort, dass ich es dir erzählt habe.“ Ich kniff Mamoru in die Seite und sah ihn verschwörerisch an. „Wieso weiß ich davon nichts?“ Mamoru zuckte zusammen und sah mich an. „Weil ich es versprochen habe und Minako und Shogo mussten das auch. May will nicht, dass du dich genötigt fühlst nur wegen ihr ins Phoenix zu kommen, obwohl du keinen Bock hast. Du weißt doch wie sie ist!“ Schweigen! „Also will sie nicht, dass ich komme?“ Ich schlug mir die Hand vor die Stirn und konnte es nicht fassen. „Echt jetzt?“ Kopfschüttelnd sah ich ihn an und schaute nach ob May in der Nähe war, aber sie war mit einigen Kunden beschäftigt. „Mamoru? Was ist denn los mit dir? Na klar will die das du dabei bist. Aber nicht weil du musst. Denk doch nicht so kompliziert. Willst du an dem Abend Spaß haben, oder nicht? Willst den Abend mit Freunden verbringen, oder nicht? Und dann entscheidest du dich. Und wenn du sagst du hast an dem Abend keine Lust dann ist das auch ok. Also keinen Stress und atme. Es ist ja fast ein Wunder, dass du noch keinen Herzinfarkt hattest oder dein Kopf explodiert ist.“ „Ach sei doch still. Du weißt gar nicht wie stressig das manchmal ist immer allen gerecht werden zu wollen.“ Kam es patzig von ihm. Seufzend lehnte ich mich zurück und schwieg. Im Laden war wirklich was los, May brachte uns beiden noch einen Kaffee bevor sie weiter arbeitete. Es verging gut eine Stunde in der wir uns anschwiegen, bevor auch Minako noch auftauchte. Ich bekam ein super süßes Lächeln, einen tollen Kuss und freute mich einen Keks, dass das meine Freundin war. „Ist dir aufgefallen, dass Shogos Laden so etwas wie unsere Basis geworden ist? Immer hocken wir hier herum, fast ein bisschen wie die Mädels die immer im Crown herum hängen – Scheiße Mamoru wir sind ne Gang.“ Begeistert über meine Beobachtungsgabe puffte ich ihm in die Seite. „Glaubst du, wenn ich mich heraus putze und Massanorie dann ein Foto schicke wird er es wenigstens etwas bereuen nicht hier zu sein?“ „Klar. Also wenn Minako das machen würde, würde ich durchdrehen und mir denken was für ein Idiot ich bin.“ Schmunzelnd musterte ich ihn. „Hmm… dann komm ich vielleicht mit.“ Kam es monoton von ihm. „Und was deine Gang Sache angeht, so was nennt man Clique. Der Begriff 'Gang' ist ein Anglizismus aus der Hip-Hop-Szene, aber auch ein anderer Begriff für Bande und ist nach dem Strafrecht eine Bezeichnung für mehrere zusammenwirkende Straftäter und damit eine kriminelle Vereinigung.“ „Ok?!“ kam es zögerlich von mir. Manchmal war er wirklich seltsam. Aber Mamoru ließ sich von meinem zögern nicht beirren. „In der Soziologie wird eine informelle Gruppe als Clique bezeichnet, die sich mehr oder weniger spontan gebildet hat und weder über formale Strukturen noch über festgelegte Ziele verfügt. Die Abwesenheit von formellen Strukturen heißt aber nicht, dass in solchen Gruppen keine klare Rollenverteilung existiert beziehungsweise, dass jeder einfach der Gruppe beitreten kann.“ Er warf aus den Augenwinkeln einen Blick auf mich, stand auf und streckte sich. „Du siehst also, wir sind eine Clique und keine Gang!“ Genervt sah ich zu ihm auf. „Jetzt freust du dich, weil du mal wieder recht hast. Schlaumeier!“ kam es gespielt eingeschnappt von mir. Aber ich wusste, dass Mamoru es mochte mit Fakten um sich zu schmeißen, da war er immer sehr selbstsicher und ließ sich auch nicht beirren. „Na gut dann sind wir eben eine Clique!“ ich folgte Mamoru zu den Regalen und sah ihm zu wie er die Hosen hin und her schob die auf Bügel hingen. „Und? Suchst du was Bestimmtes?“ Mamoru wurde rot und schüttelte den Kopf. „Nein. Schaue nur so.“ „Hier, die suchst du doch oder?“ Shogo stand nun neben uns und grinste Mamoru an. Er hielt eine bordeauxfarbende Lederhose in der Hand. Mamoru wurde nun richtig rot und knippelte an seinen Fingernägeln herum. „Ich hab sie zurück gelegt, weil sonst wäre sie sicherlich weg gewesen und du hast die damals schon so interessiert beäugt. Da dachte ich mir, irgendwann kommt der Moment da wirst du sie suchen und dann steh ich hier als glänzender Held und gebe sie dir.“ Mamoru Chiba Shogo war wirklich süß. Da hatte er diese doofe Hose für mich zurückgelegt und mir wurde mal wieder bewusst, dass ich das nie wieder gut machen konnte. Das May mir nicht gesagt hatte das sie einen Auftritt im Phoenix bekommen hatte kränkte mich, auch wenn ich etwas verstand warum sie es mir nicht sagen wollte. Es stimmte schon, wahrscheinlich würde ich jetzt nur wegen ihr hingehen auch wenn sie genau das nicht wollte. Bis vor ein paar Tagen hatte ich geglaubt, dass es wirklich bergauf mit mir ging aber nun war ich wieder an einem Tiefpunkt. Die Therapeutin meinte das wäre normal und Yosuke bestätigte das auch. Rückschläge wären nun mal nicht selten und halfen auch nur weiter zu kommen – meinte er. Naja, wenn er das meinte. Ich fand es aber trotzdem scheiße. Seufzend las ich in meinem Buch weiter und schrieb mir die wichtigsten Textpassagen heraus. Morgen war die Prüfung. 10 Uhr, Raum B23A, Hauptgebäude. Vier Stunden Prüfung über alles was bis jetzt dran kam und ich hatte das Gefühl, dass in meinem Kopf ein Vakuum war das alles verschlang was ich las. Ganz toll! Und dann kam noch hinzu, dass heute Valentinstag war. Keine SMS! Kein Anruf! NICHTS! Ja ich wollte das er sich meldete. Ich hatte mich dazu durchgerungen und ihm eine sehr liebe SMS zu schicken. Ja gut, das war vielleicht weniger romantisch als ich dachte, aber für meine Verhältnisse war das absolut total romantisch. Das Problem war, dass ich die heute Morgen um 9 Uhr geschrieben hatte, nun war es 15 Uhr und ich hatte die ganze Zeit nur gelernt und immer mal wieder auf das Handy geschaut. Aber es kam nichts. Und das machte mich nicht wütend, nein es deprimierte mich. Und ein bisschen brach es mir auch das Herz. Ich war nie ein besonderer Freund von Valentinstag gewesen, aber dass er mir nicht zurück schrieb, das war – das machte man nicht. Ich nahm das Handy in die Hand, schloss mein Anatomie Buch und begann eine zweite SMS zu tippen. Ich schüttelte den Kopf und löschte die angefangene Nachricht wieder. Nein, so verzweifelt und wehleidig wollte ich nicht wirken. „Na komm Mamoru. Du musst noch ein bisschen was tun, sonst wird das morgen nichts.“ Murmelte ich mir selber zu, bevor ich mir ein Buch über Genetik nahm und begann die markierten Kapitel zu lesen. Ich merkte gar nicht, dass die Zeit nur so dahin flog. Es war ein bisschen wie früher. Ich lernte und plötzlich war es dunkel draußen. Mit einem Tee in der Hand stand ich mich vor dem Fenster des Wohnzimmers und sah auf die hellen Lichter der Stadt. Es war nun kurz vor halb acht, es hatte die Nacht wieder geschneit und der Schnee reflektierte die kleinen aufflackernden Lichter, die wie Sterne aussahen. Es wirkte etwas wie ein Sternenhimmel der auf den Boden gefallen war. Leise begann ich über mich selber zu lachen. Dass ich immer so schrecklich kitschig werden konnte. Aber sich dieses Bild der Stadt mit Massanorie anzusehen, ja das wäre sicherlich schön gewesen. Wieso? Wieso fühlte ich mich gerade so allein? Ich war immer allein gewesen, aber plötzlich war es ein unerträglicher Zustand, der mir die Tränen in die Augen trieb. Ich wollte nicht mehr allein sein. Diese Stille in mir, in dieser Wohnung, machte mich wahnsinnig. Das was mir früher Sicherheit gab, was mich bestätigte, das wurde zu einer Last, zu einem Fluch der mich niederdrückte und mich verzweifeln ließ. Das war es. Diese Stille um mich herum ließ mich nur schwer lernen. Ich hatte mich daran gewöhnt, dass Menschen um mich herum waren, dass es Stimmen gab die mich ablenkten. Und mir wurde bewusst, dass ich wohl doch besser bei Andrea gelernt hätte, dann wäre es vielleicht nicht so schleppend gewesen. Aber jetzt war es zu spät. Warum konnte ich solche Erkenntnisse eigentlich nicht zu Beginn haben, sondern erst dann wenn der Drops schon gelutscht war?! Mir glitt fast die Teetasse aus der Hand als es klingelte. Erschrocken zuckte ich zusammen und sah mich etwas irritiert um. „Ja.“ Rief ich nur und fragte mich wer mich heute Abend besuchen sollte. Und plötzlich hoffte ich das Massanorie vor der Tür stand, aber da irrte ich mich. Als ich die Tür öffnete standen da – meine Freunde. Minako, Yosuke, Shogo und Toya. „Was? Was wollte ihr hier?“ Entfuhr es mir nur verwundert, als sie sich an mir vorbei drängten. Und Toya schien der Einzige zu sein dem das Ganze unangenehm war. „Also was machen wir hier schon?“ Shogo drückte mich und steuerte auf das Wohnzimmer zu. „Scheiße. Hier sieht es aus als hättest du eine Bücherei überfallen.“ Hörte ich ihn nur rufen. „Entschuldige. Aber ich konnte ihm nicht ausreden hier aufzutauchen.“ Toya seufzte resigniert und verbeugte sich vor mir. „Ähm Alles gut. Ich dachte nur ihr wolltet ins Phoenix.“ Ich hatte Toya erst einmal getroffen, aber er schien ganz anders als Shogo. Ruhiger und er wirkte erwachsener. Was vielleicht auch daran lag das er schon 30 war. Toya zuckte mit den Schultern. „Er meinte nur, er könne nicht ohne dich ins Phoenix.“ Damit klopfte er mir auf die Schulter und lächelte. „Hey!“ Minako umarmte mich und auch Yosuke tat es ihr gleich. Nun saßen sie alle in meinem Wohnzimmer und ich sah mir die Szenerie an. „Und nun?“ fragte ich etwas leise. „Nun warten wir, dass du dich schick machst und dann gehen wir alle aus.“ Kam es nur gelangweilt von Yosuke, bevor er mich angrinste. „Aber... Ich wollte nicht mit und außerdem solltet ihr als Pärchen was machen, ich wäre nur das 5. Rad am Wagen.“ „Das sehen wir anders.“ Kam es gut gelaunt von Minako. Sie stand auf, nahm meine Hand und drückte mich in den Sessel. „Wir haben was für dich.“ Mit diesen Worten grinsten sie und Yosuke sich zu und sie holte aus einer kleinen Tasche ein hübsch verpacktes Päckchen, welches sie mir auf den Schoss legte. „Für dich. Und alles liebe zum Valentinstag!“ Nun war ich wirklich überrascht. „Aber…“ „Mach schon auf.“ Kam es von Yosuke. Zögerlich öffnete ich das kleine Präsent und ich starrte völlig verblüfft in die kleine Schachtel. Dort lagen einige Stücke dunkle Schokolade drin. „Selbst gemacht!“ kam es von Minako die sich auf die Lehne des Sessels gesetzt hatte und mich ansah. „Aber…“ Gut das war das einzige Wort was ich heraus bekam. Wahnsinn, mit diesem Wortschatz würde ich morgen die Prüfung rocken. Minako sah mich an und begann zu lächeln. „Wir haben alle lange darüber geredet was für uns Valentinstag bedeutet und sind zu dem Entschluss gekommen, dass wir heute gar nicht hier zusammen sitzen würden und nicht so gute Freunde wären ohne dich. Du bist der Mittelpunkt unserer Clique, die treibende Kraft. Ohne dich hätten Yosuke und ich uns nie kennengelernt und ich wäre heute noch innerlich einsam. Ohne dich hätte ich niemals so viele neue Freunde gefunden.“ „Sie hat Recht.“ Yosuke nickte. „Ohne dich hätte ich Minako nie kennengelernt und dann wäre ich noch immer der gleiche Mensch. Ich würde anderen Frauen hinterherjagen um etwas zu suchen was ich nun habe.“ „Und ich hätte meinen besten Freund nicht, der mir zuhört und mir zeigt, dass ich Freunde finden kann, die wirklich ehrlich sind. Das ich Teil von so einer Gruppe bin verdanke ich dir. Und dank dir wird mir immer wieder bewusst, dass ich viel Glück in meinem Leben habe. Und ich bin dankbar, dass ich dich getroffen habe und auch Massanorie. Wir alle wären nicht hier wenn du nicht wärst.“ Shogo fächelte sich etwas Luft zu. „Du bist gerade etwas sentimental. Das ist süß.“ Kam es von Toya nur grinsend, bevor Shogo ihm einen Stoß in die Rippen versetzte. Doch ich saß nur schweigend da und starrte meine Freunde an. Ich sollte wirklich der zentrale Punkt unserer Gruppe sein? Ich? Der ich doch nie etwas richtig machte? Der ich doch nur über mich selber nachdachte und oftmals egoistisch war? In diesem Moment spürte ich Minakos Lippen auf meiner Wange. „Danke.“ Hauchte sie nur. In meinem Hals bildete sich ein Kloß der mich kaum atmen ließ und ich konnte spüren wie mir die ersten Tränen in die Augen stiegen. „Ihr seid ja doof… Ich meine…“ Doch dann war es zu spät. War ja klar, dass ich zu heulen begann. „Shit!“ entfuhr es mir nur. „Ach komm. Du brauchst nicht heulen.“ Kam es nur grinsend von Shogo. „Halt die Klappe.“ Kam es nur schwer atmend von mir. „Ich darf heulen wann ich will, ich bin schließlich in Therapie. Und da darf man immer heulen. Das befreit die Seele, hat die Tusse gesagt!“ Einen kurzen Moment war es still. „Hat er recht!“ ich drehte mich zu Toya um der nur nickte. „Genau.“ Yosuke nickte ebenfalls. „Oh Gott. Ich hab nur Therapeuten in meinem Freundeskreis!“ Entfuhr es mir entsetzt, als mir diese Tatsache bewusst wurde. Nun begannen alle zu lachen und mir wurde klar... Ich war nicht allein. Ich war Teil einer Familie, die zwar keine klassische Familie war. Aber was machte das schon. Noch nie hatte ich mich so geliebt gefühlt, so angenommen und ich konnte spüren wie ein Teil von mir Frieden fand. Wie der kleine Junge in mir aufhörte zu weinen und verstand – es gab Menschen die mich liebten, auch wenn ich oft weinte, wenn ich egoistisch war. Weil ich Ichwar. Kapitel 64: Step Sixty-two… Fun II ---------------------------------- „Wenn du in der Jugend keinen Spaß hast, wirst du ihn im Alter auch nicht haben.“ Aus Irland Minako Aino „Ich finde du siehst toll aus.“ Begeistert sah ich Mamoru an, der nur versuchte durch ein genervtes seufzen von seiner Röte im Gesicht abzulenken. Er war sichtlich gerührt von unseren Worten und hatte schließlich bereitwillig zugestimmt mitzukommen. Wichtiger war aber, dass wir es ehrlich meinten. Und mir wurde bewusst, dass nicht nur Bunny ein leuchtender Stern war der andere anzog und um sich scharte, Mamoru war das auch. Auch wenn er andere Menschen anzog. Es war etwas mehr Chaos, etwas mehr Dramatik, aber das war schön. Ich umrundete Mamoru und auch Shogo nickte nur zustimmend. „Minako hat recht. Mit diesem Outfit bist du der Star heute Abend. Du wirst keinen Drink selber zahlen müssen. Aber mach keine Dummheiten.“ „Ihr seid doof. Echt! Außerdem finde ich es zu freizügig…“ „Lügner. Ich weiß du findest es toll.“ Kam es nur selbstsicher von Shogo. Mamoru trug die Lederhose die ihm perfekt passte und dazu einen schwarzen sehr locker sitzend Pullover. Von vorne sah es total schlicht aus, nicht auffällig. Aber der Pullover war hinten tief geschnitten, so dass er den ganzen Rücken frei ließ und erst am Bund der Hose wieder zusammen lief. Dazu schwarze Schuhe und er trug die Kette die Massanorie ihm wohl zu Weihnachten geschenkt hatte und Shogo machte sich gerade an die Frisur und versuchte mit Engelszungen Mamoru zu Kajal zu überreden. Letzteres stieß auf wirklichen Wiederstand. „Nein.“ „Doch, es wird toll aussehen. Glaub mir. Minako sag was.“ Ich hob nur abwehrend die Hände. „Ich denke das muss er selber wissen.“ Ich selber hätte nie erwartet Mamoru mal so zu sehen. Nicht das er nicht attraktiv war, aber bis jetzt war er immer sehr dezent gekleidet gewesen, wenn er nicht gerade Anzug oder so trug. Aber dieses Outfit war schon sehr gewagt für einen Mann, fand ich. „Nicht gut?“ Shogo musterte meinen Gesichtsausdruck. „Was? Nein. Das ist schon schick. Ich kenn Mamoru nur so nicht und es ist gewagt, dachte ich mir gerade…“ „Für einen Hetero-Mann geht das ja auch nicht. Aber für einen schwulen Mann ist das sehr sexy und ich wette mit dir, dass ihm auch Heteros hinterher sehen würden!“ Shogo zwinkerte. Mamoru sagte nichts, er hatte sich auf den kleinen Hocker neben seinem Waschbecken gesetzt und starrte auf sein Handy. „Alles gut?“ Shogo tippte ihn an. „Nein. Er meldet sich nicht. Gar nicht. Und das seit zwei Tagen… ich überlege ob ich was Falsches gesagt habe oder aufdringlich war… oder…“ „Oder?“ fragend lehnte ich mich ans Waschbecken. Mamoru seufzte leise und stecke das Handy weg. „Er liebt New York. Seitdem ich ihn kenne, erzählt er mir wie toll die Stadt ist, wiewohl er sich dort gefühlt hat. Nun ist er wieder dort – was ist, wenn er sich für New York entscheidet und… nicht für mich.“ Nun schwiegen wir alle und ich wollte wirklich was sagen, biss mir aber auf die Zunge. „Ich sollte mal nach unseren Freunden schauen.“ Kam es nur schnell von mir, bevor ich das Bad verließ. Mamoru Chiba Alle hatten einstimmig beschlossen, dass ich das tragen konnte. Und ich hatte es widerwillig hingenommen. Es war nicht so als würde mir das Outfit gar nicht gefallen. Ich sah das etwas wie Minako, es war eben gewagt. Und wenn Massanorie dagewesen wäre, würde ich es für ihn tragen, aber in der jetzigen Situation?! Selbst zu Kajal hatte ich mich überreden lassen und Shogo schien es total wichtig mich herauszuputzen. Dass ich mich im Spiegel wirklich kaum selbst erkannte, erschreckte mich zwar, aber naja ganz abgeneigt war ich meinem Spiegelbild nicht. Die Leute standen wirklich Schlange als wir beim Phoenix ankamen, anscheinend waren diese Motto-Partys im Phoenix total angesagt. Um einmal Shogo zu zitieren. „Da werden wir ja Stunden brauchen.“ Kam es nur kurz von Minako, die uns etwas frustriert ansah. „Ja, so ein Scheiß. Ich dachte eigentlich, dass würde schneller gehen.“ Shogo sah Toya fragend an, doch dieser zuckte nur mit den Schultern. „Da müssen wir durch, oder wir gehen…“ „Nein!“ kam es dann plötzlich aus Minakos, Shogos und Yosukes Mund gleichzeitig. „Stellen wir uns einfach an und hoffen auf das beste…“ „Hey.“ Ich drehte mich um und schaute nach der Stimme, die anscheinend jemanden begrüßte. Etwas verdutzt sah ich den Mann an, der mich anlächelte und zum Gruß die Hand hob. „Ah. Du bist der Barkeeper.“ Der Mann nickte. „Jepp. Wie geht’s dir? Hab dich seit der Prügelei nicht mehr gesehen.“ Wenn man ihn hier draußen sah, wirkte er viel älter als unter dem Schummerlicht. Er hatte wie ich schwarze Haare, einen Dreitage-Bart und wirkte gut trainiert. „Nein. Ich weiß nicht einmal ob ich überhaupt rein komme oder Verbot habe.“ Gab ich ehrlich zu. Über diese Sorge hatte ich die anderen bis jetzt im Dunkeln gelassen. „Ach mach dir keine Sorge, klar kommst du rein. Warum solltest du ein Hausverbot bekommen. Ich kann dir sagen, dass hat dieser Steven verdient. War sowieso immer ein unangenehmer Bursche.“ Er rümpfte die Nase und grinste dann. „Wollt ihr rein?“ Er sah an mir vorbei zu den anderen, die nickten. „Ja, aber bei der Schlange.“ Kam es etwas resignierend von mir „Kein Thema, kommt mit.“ Er lief zu einem der Türsteher, deutete auf uns und winkte uns zu sich. „Mamoru? Ist doch richtig oder?“ Ich nickte nur und fragte mich woher er meinen Namen kannte. „Schöner Name. Also Mamoru ist ein persönlicher Freund von mir, also lass ihn nicht in der Schlange stehen.“ Der Türsteher, mehr Schrank als Mensch, nickte und wir folgten meiner neuen Bekanntschaft. Drinnen verabschiedete er sich schnell und noch bevor ich meine Jacke öffnen konnte, packte mich Shogo und schüttelte mich. „Aaalter… Du kennst den?“ Erschrocken starrte ich Shogo an und nickte. „Naja kennen ist zu viel. Als ich mich mit Steven geprügelt habe, hat er mir einen Drink ausgegeben und… ach shit… ich hab meinen Deckel von dem Abend noch gar nicht bezahlt…“ Erschrocken drehte ich mich herum, doch Shogo schien irgendwas zu stören. „Mamoru! Konzentration! Du kennst Sasaki Hayato?“ „Wen?“ „MAMORU! Echt jetzt? Oder willst du mich verarschen?“ Nun war ich wirklich raus. Völlig erstaunt sah ich Shogo an und auch Yosuke und May schienen von seinem Ausbruch etwas verunsichert. „Was Shogo meint ist, warum du den Star der Schwulen Szene und gleichzeitig den Chefs des Phoenix kennst und er nicht?“ Toya tätschelte ihm leicht den Kopf und versuchte ihn zu beruhigen. „Er…, also ihm gehört das Phoenix?“ Ich sah in die Richtung in die er verschwunden war. „Und warum ist er so berühmt?“ Shogo schien diese Frage völlig niederzuschmettern. Doch Toya schob ihn einfach zur Garderobe. „Sasaki Hayato ist sehr bekannt in der Szene. Er hat einige erfolgreiche Schwulen Clubs in verschiedenen Städten gegründet und damit die Schwulen Clubs Revolutioniert. Keine Dark Rooms und so, sondern seriös und edel. Außerdem sieht er super aus, modelt für einige Magazine und hat ein Cocktail Buch heraus gebracht. Er ist Single und es gibt kaum einen schwulen Mann in Tokio der nicht gerne mit ihm etwas anfangen würde.“ „Also ich passe.“ Kam es nur trocken und völlig unbeeindruckt von mir. Toya lachte. „Ja das glaub ich dir sofort. Aber bei Shogo wirst du damit nur Unverständnis ernten.“ „Ich sollte trotzdem erst einmal meine Schulden begleichen.“ Wir folgten den anderen zur Garderobe und Shogo schien sich gerade wieder ein bekommen zu haben. „Sorry, bin etwas durchgedreht!“ kam es nur peinlich berührt von ihm. Ich winkte ab und konnte mir ein grinsen nicht verkneifen. „Schon gut. Hätte aber nicht gedacht, dass du so ein Star-Verehrer bist. Hast du auch ein Poster von ihm über deinem Bett hängen?“ Nun sah er mich etwas beleidigt an. „Ja läster du nur, aber er ist sooo cool.“ „Darf ich anmerken, dass es nicht beziehungsförderlich ist, wenn du am Valentinstag von einem anderen Mann schwärmst während ich daneben stehe.“ Toya zog eine Augenbraue hoch und war wohl wirklich beleidigt. Trotz dieses kleinen Disputes war es ein netter Abend. Wir waren nun schon zwei Stunden hier und obwohl May kurz bei uns rum gekommen war und ich völlig überrascht getan hatte, was sie mir nicht glaubte und Yosuke einen bösen Blick zu warf, hatte ich das Gefühl das 5. Rad zu sein. Minako und Yosuke turtelten viel, was ich ihnen gönnte und verließen uns oft um zu tanzen. Und Shogo und Toya waren nicht besser. Aber es war Valentinstag und wir hatten einen wirklich schönen Tisch bekommen. Es war genau derselbe wie an dem ersten mal als ich mit Massanorie hier gewesen war. Vielleicht machte mich das auch so melancholisch. „Ich geh mal eben nach unten… ich muss noch eine Rechnung bezahlen.“ Damit winkte ich Shogo kurz zu, der aber gar nicht bemerkte, dass ich aufstand. War auch schwer beim knutschen mit dem Liebsten. Seufzend schob ich mich durch die Massen. Der ganze Club war mit roten und weißen Bändern geschmückt, überall sah man turtelnde Paare. Und auch wenn ich bemerkte, dass ich relativ viele Blick auf mich lenkte, war es mir egal. Ich wollte meinen Freund und keinen anderen. Vor der Theke war es relativ leer, was wohl an May lag. Sie spielte gerade wieder eine Schnulze was fast alle auf die Tanzfläche zog. Die ganzen Lieder heute Abend kannte ich von ihr noch gar nicht, anscheinend hatte sie nur für heute viele neue Stücke gesammelt. Naja auch als DJ musste man eben immer auf dem neusten Stand sein. Ich schnappte mir einen leeren Barhocker, drehte mich zur Tanzfläche und beobachtet was dort alles passierte. May hatte anscheinend Spaß und auch Minako und Yosuke sahen glücklich verliebt aus. „Na? Schon wieder so ein trauriges Gesicht?“ Ich schmunzelte und drehte mich um. Sasaki Hayato stand vor mir, trocknete ein Glas ab und musterte mich freundlich. „Ja. Irgendwie bekomm ich in deinem Club immer eine leichte Depri-Stimmung.“ Er lachte und nickte. „Der war gut. Also haben dich deine Freunde aufgeklärt.“ Er zwinkerte mir zu. Schulterzuckend sah ich mich wieder um. „Ja. Mein bester Kumpel ist wohl ein riesen Fan von dir und war erschüttert, weil ich nicht wusste wer du bist. Aber es ist auch ungewöhnlich, dass ein Club-Besitzer mit an der Bar arbeitet und Drinks mixt.“ Ich lehnte mich auf die Theke auf und seufzte. „Ach, ich liebe die Arbeit hinter der Theke. Da lernt man die interessantesten Menschen kennen. Außerdem, woher soll ich wissen ob den Leuten mein Club gefällt wenn ich nicht mit ihnen rede.“ Er stellte das Glas ab und grinste. Und ich musste zugeben er hatte ein nettes Lächeln und ich ertappte mich beim rot werden. „Aha also sagen dir viele Leute ins Gesicht, dass dein Club sie runter zieht? Ich dachte eher sie lügen dich an, weil sie so einen Respekt vor dir haben oder dich ins Bett locken wollen.“ Gespielt getroffen fasste er sich ans Herz. „Oh man wie ehrlich bist du denn?“ Dann begann er laut zu lachen. „Aber du hast recht, deswegen fand ich es gut, dass du nicht wusstest wer ich bin. Hab ich schon bei unserem ersten Gespräch gewusst. Außerdem, gerade schätze ich dich nicht so ein als würdest du Leuten sagen was sie hören wollen.“ Nun begann ich zu lachen. Wenn der wüsste. „Ich habe noch eine Rechnung offen. Von dem Abend als ich mich mit Steven geprügelt habe.“ Doch er winkte nur ab. „Ist schon ok. Ich kann mich an keinen offenen Deckel erinnern.“ Damit griff er nach dem Shaker und sah mich fragend an. „Einen Wunsch oder darf ich dir irgendeinen Drink spendieren?“ „Ich habe einen Freund, also glaube ich nicht…“ „Ja ich weiß.“ Wieder lächelte er mich charmant an. „Aber ich will nur nett sein und flirten ist nicht fremdgehen, sondern nur etwas Spaß. Und du siehst aus als könntest du etwas Spaßiges vertragen.“ „Ich bin nicht gut im flirten.“ „Aha. Ich finde du machst das gut. Hier mal ein Blick, ein nettes Lächeln – du flirtest ja schon.“ Nun wurde ich rot und räusperte mich. „Ach erzähl keinen Mist.“ Entfuhr es mir nur. „Du bist ja ein spannender Mensch Mamoru.“ Er strich sich über seinen Bart und ich bemerkte die kleinen Grübchen wenn er lachte. „Woher kennst du eigentlich meinen Namen?“ Nun fiel mir wieder ein, dass mich das wirklich interessierte. „Ich hab ihn mitbekommen als dein Freund ihn rief und dein Kumpel der heute auch dabei ist. Und ich merke mir interessante Menschen immer.“ Wieder, wieder musterte er mich. „Also?“ Er hielt den Shaker hoch. „Hm. Einen Shanghai Iced Tea.“ Kam es augenrollend von mir. „Ui ok. Jetzt haste mich erwischt. Den kenn ich nicht.“ Beschämt lachend sah er mich an. „Ich dachte, du hast ein Cocktail Buch geschrieben? Und dann kennst du den nicht. Das ist traurig. Ich hab in einer Bar gearbeitet die viel minderwertiger ist als dein Laden, aber die kannten den.“ „Aha. Also nicht nur schüchtern, sondern auch ein wenig arrogant. Nette Mischung…“ „Was?“ „Dein Charakter. Du bist ein bisschen wie ein interessanter Cocktail.“ Er flirtet wirklich mit mir. „Hör auf zu flirten!“ Zuerst musterte er mich, aber dann lachte er nur laut. „Es ist wirklich nur Spaß. Nicht dass du nicht mein Typ wärst, aber ich hab gesehen wie dein Freund die Männer ansieht die dir hinter schauen und ich kann mir grob vorstellen was er mit mir machen würde – egal wer ich bin. Und ich möchte alle meine Gliedmaßen behalten und mein Leben auch. Also keine Sorge.“ Damit wandte er sich einem anderen Gast zu der bestellen wollte. Einen Moment saß ich nur da und plötzlich fühlte ich mich mies, weil ich gemein gewesen war. „Hey.“ Ich beugte mich über die Theke und winkte ihm zu. Er bediente erst den Gast und kam dann zu mir. „Hmm?“ „Es tut mir leid. Ich wollte nicht so… so sein. Ich bin es nur nicht gewohnt, dass Männer mit mir flirten.“ Kam es etwas schüchtern von mir. „Dann hatte ich doch recht mit meiner Vermutung. Ein Rookie bist du. Kein Wunder, dass du so zurückhaltend bist. Dein Outfit täuscht über den Rookie Level hinweg, da könnte man meinen du hättest nie was anderes gemacht. Dann muss ich mich entschuldigen. Ich war auch ein Spätzünder, was das Schwul sein angeht. Hab mich erst mit Mitte zwanzig geoutet, habe sogar eine Tochter, die ist jetzt 11 Jahre alt.“ Er lächelte und zog ein Foto aus seiner Hosentasche. Darauf war ein kleines Mädchen in einem Kimono zu erkennen. Sie grinste und man konnte auf dem Foto sehen, dass sie ihre Grübchen wohl vom Vater geerbt hatte. „Ah ok. Sie ist hübsch.“ „Danke. Sie ist meine kleine Prinzessin und ich bin froh, dass meine Ex und ich ein so gutes Verhältnis haben, nichts ist schlimmer als wenn Kinder unter einer Trennung leiden. Sie heißt Hanako.“ Er sah mit einem Blick auf das Bild, den ich auch schon bei Seijiro gesehen hatte. Dieser Blick mit dem Väter ihre Töchter ansehen. „Also fangen wir von vorne an. Wenn du magst, kannst du mir ja sagen wie der Cocktail geht den du haben willst.“ „Ich kann es dir auch zeigen.“ Entfuhr es mir plötzlich. Er war mir sympathisch. Anscheinend wusste er wirklich wie es für mich war und dass er mir sogar das Foto seiner Tochter zeigte machte ihn nicht unsympathischer. Mein Blick glitt zur Tanzfläche und dann nach oben wo man sehen konnte das Shogo und Toya sehr beschäftigt waren. Mich vermisste gerade sowieso keiner, also warum nicht auch etwas Spaß haben. „Du kannst Cocktails mixen?“ nun hatte ich anscheinend wirklich überrascht und deswegen konnte ich mir ein überlegenes Grinsen nicht verkneifen. „Ein bisschen…“ „Na dann zeig mal, was du kannst.“ Er deutet nach links wo man, wenn man einen Teil der Theke nach oben hob, hinter sie kam. Doch ich zögerte und wusste nicht ob das nicht ein Trick war. Shogo und Massanorie hatten mich oft genug gewarnt im Phoenix nicht auf jeden Typen reinzufallen. „Na dann leg los, was brauchst du?“ Er hielt mir den Shaker hin. „Und ich bin Hayato.“ „Mamoru, aber das weißt du ja schon und ich brauche keinen Parisian Shaker, sondern einen Boston Shaker.“ Damit griff ich an ihm vorbei. „Und dann noch Orangenlimonade, weißen Rum, Zitronensaft, Blue Curacao, Sake, Triple Sec, Wodka Ingwer flavoured, Wassermelonenlikör und ein Rotwein Glas.“ Ich begann alles zu mixen und schob ihm den fertigen Cocktail nach einigen Minuten hin. „Und?“ Hayato nahm sich einen Strohhalm und nahm einen Zug. „Nicht schlecht… wirklich nicht schlecht.“ Er nickte mir anerkennend zu. Die nächste Stunde verbrachte ich hinter der Theke und Hayato und ich tauschten Rezepte aus. Er schrieb sich meine Sachen auf und am Ende ließ er sogar einige Kunden Sachen von mir probieren. Die auch gleich weiter bestellten. „Also wenn du mal einen Job suchst. Gerne hier.“ Dabei legte er seinen Arm um meine Taille. „Und wenn dein Freund mal scheiße baut, ich habe eine gute und bequeme Couch oder Bett was dir dann lieber ist.“ Dabei zwinkerte er mir zu. Lachend sah ich an die Decke. „Ja wer weiß… ich wünschte er wäre hier.“ Es war kurz vor 23 Uhr als ich mich mit einem selbstgemixten Cocktail wieder Richtung oberen Bereich machte. May und Yosuke mussten wohl auch irgendwann wieder hier angekommen sein. Sofort sahen mich alle an und Shogo sprang auf. „Alles gut?“ Mit einem nicken antwortete ich und ließ mich auf die Couch fallen. „Ja hatte nur etwas Spaß beim Cocktail mixen mit Hayato.“ „Ich weiß! Man hat es gesehen!“ Irrte ich mich oder lag ein giftiger Unterton in seiner Stimme. Doch Shogo setzte sich wieder und biss sich auf die Lippe. „Ich will nur nicht, dass du was Dummes tust. Ich meine, nur weil Massanorie nicht da ist, musst du nicht bei anderen Kerlen herum hängen.“ Irrte ich mich oder hörte ich da Sorge heraus. Auch Minako und Yosuke hatten einen komischen Gesichtsausdruck. „Tut mir leid.“ Und das meinte ich wirklich. „Aber, ich fühle mich etwas fehl am Platz. Ihr habt es verdient eure Zweisamkeit zu genießen, ihr alle vier und ich bin da nur im Weg. Also hab ich mir eine Beschäftigung gesucht und es hat Spaß gemacht und ich hab eine Menge gelernt. Ich denke mir doch bei sowas nichts.“ kam es seufzend und reuevoll von mir. „Ja war wohl doof das wir…“ „Nein.“ Ich erstickte seine Entschuldigung. „Ok ich will nicht streiten. Ich gehe jetzt und order uns noch fünf Drinks ok? Und dann haben wir Spaß.“ Ich versuchte zu lächeln. Das letzte was ich wollte war, dass meine Freunde wegen mir keinen schönen Valentinstag hatten. Also sprang ich ohne eine Antwort abzuwarten auf und lief zu der kleineren Theke hier oben. Zwar hätte ich auch die Kellnerin heranwinken können, aber mir war gerade zum Heulen zumute. Es kränkte mich, das Shogo dachte ich würde Massanorie betrügen können. Aber streiten wollte ich nicht. „Hallo. Einen Mojito, einen Daiquiri, einen Planter’s Punch, einem Negroni und…“ ich überlegt. Auf meinem Platz stand noch mein halber Shanghai Iced Tea. Aber da fiel mir ein, welchen Drink ich haben wollte. „… und einen Grey Flannel.“ Das war der Drink gewesen den Massanorie getrunken hatte als wir das erste Mal hier gewesen waren und er mich – wir uns geküsst hatten. Ich lehnte mich an die Theke und sah der Barkeeperin zu wie sie damit begann die Cocktails zu mischen. Mit einem Ohr hörte ich der Musik zu die man heute auch von hier oben sehr gut hören konnte und plötzlich zuckte ich zusammen. Spielten sie da gerade wirklich diesen Song? Ich hörte die ersten Noten und wusste, dass May gerade Mariah Carey mit Honey spielte. Massanories neuer Klingelton für mich. Schmunzelnd schloss ich die Augen und bemerkte, dass dieses Lied und der Gedanke an den Geschmack vom Grey Flannel es mir nicht leichter machte den Valentinstag zu überstehen. Plötzlich spürte ich eine Berührung die meine Wirbelsäule hinauf fuhr – aber das schlimmste war, dass ich diese Finger überall erkannt hätte. In meinem Nacken legten sich Lippen und ich konnte spüren wie er sachte zu biss. Die kleine goldene Kette die in meinem Nacken den Pullover auf meinen Schultern hielt drückte sich gegen meine Haut, was die Gänsehaut verstärkte. Eine Hand schob sich von meinem Rücken nach vorne unter den Pullover und legte sich auf meinen Bauch, während die andere Hand mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht strichen. Weiche Lippen legten sich an meine Ohrmuschel. „Ich wünsche dir einen wundervollen Valentinstag, Honey!“ wenn ich es nicht schon gewusst hätte spätestens jetzt wusste ich es. Ruckartig drehte ich mich herum und sah in diese grünen Augen die mich schelmisch anlächelten. „Massanorie?!“ „Hey.“ Kam es nur leise von ihm, bevor er mich an sich zog und seine Lippen sich auf meine legten. Der Geschmack seiner Lieblingszigarettenmarke breitete sich in meinem Mund aus und ich drängte mich nur noch heftiger an ihn. Meine Zunge glitt sofort in seinen Mund und meine Finger glitten durch seine Haare und blieben in seinem Nacken liegen. Keuchend löste ich mich etwas von ihm. „Wieso, warum?“ Doch er lächelte mich nur an und dieser Blick, dieses Lächeln, wenn ich nicht wüsste das ich ihn liebte, jetzt wusste ich es. In meinem Bauch wüteten Schmetterlinge und ich konnte die Freudentränen kaum unterdrücken. Kapitel 65: Step Sixty-three... Happy ------------------------------------- You, you make me happy - You keep me laughing - You make my world a better place You, you are my rainbow - You colour my day so bright - I want to stay forever with My superstar Jessi J - Ice Age - Kollision voraus Massanorie Lenjier New York City – die Stadt die niemals schläft. Die Sonne schien durch die großen Fenster und ich stand auf und schaute hinaus. Sie warf ein zartes Rot auf die Wolkenkratzer und ich schaute aus dem 53. Stock meines Appartements hinaus, direkt auf den Central Park und diese Stadt. Wie schön Beton sein konnte... Wenn ich hier war hatte ich immer eine feste Routine. Morgens aus dem Appartement in Manhattan. Es lag an der Mündung des Hudson River und barg die meisten Sehenswürdigkeiten. Das Empire State Building befand sich ebenso hier, wie die Einkaufsstraße Fifth Avenue und das Rockefeller Center. Gesehen hatte ich sie nur selten, zu viel Effizienz, zu wenig Zeit… Vorbei am Rockefeller Center. Es war 8.00 Uhr morgens. Schnell einen Coffee-to-go in einem der zahlreichen Coffee-Shops und weiter. Ich rief mir ein Taxi und ließ mich ins Büro fahren. Der Glastower der Firma bot wie immer einen großartigen Anblick. Der Fahrstuhl war leer, wie immer, wenn ich einstieg… Mein Büro hier war größer als in Tokyo, moderner, minimalistischer – wie ich… Ich machte nur kurze Pausen, esse mit dem Vorstand, mit Klienten... Ließ mir etwas bringen, ein Sandwich, einen Salat, was gerade in meinen Ablauf passte. Ein ungesunder Rhythmus, der eigentlicher keiner war. Es war geschäftig, alles summte wie in einem Bienenstock. Keine Störungen, keine Ablenkungen. Hohe Kapazität bei einem schnellen Tempo. Hier war alles schneller als in Tokyo, alles ist optimierter. Feste Abläufe, feste Rollen… Meine Angestellten kannten mich, wussten was ich hören wollte. Ich leitete an, hielt Sitzungen. Die Tage zogen wieder schneller vorüber und ich schlief ganz gut. Die Übergabe war schon in einigen Wochen, vielleicht sollte ich den Hauptsitz hier hin verlegen… Hier konnte ich einfach Ich sein, keine Kontrolle, keine Unnützen menschlichen Beziehungen… Abends wieder ins Appartement, die Tür fiel hinter mir ins Schloss, das Licht ging an und dann…. … .. . Ich stieg aus dem Flieger und schon nervte mich Tokyo wieder. Die Menschen nicht wie ich, einfach anders. Weniger Effizient wie ich sie gerne hätte. Mein Appartement, anders als in New York, das Büro anders, die Aussicht, die Taxis – einfach alles! Aber dann sah ich dich, deine Augen, wie sie mich anstrahlten, wie deine Arme sich um meinen Hals schlangen, deinen Geruch von diesem unglaublichen Parfüm das mir in die Nase und bis in den Kopf stieg. Deine Lippen wie sie nach Alkohol schmeckten und ich liebe diese Stadt, weil du hier warst. In New York schwankte immer etwas mit, nicht in Worte zu fassen, aber es war da – es war deine Abwesenheit. Ich brauchte keine Effizienz – wenn du mir nicht den Kopf verdrehst. Ich brauchte keinen leeren Fahrstuhl – wenn du nicht da warst um mich zu verführen. Ich brauchte kein Büro, das ist wie ich – wenn du nicht hinein kamst und mich ansahst, mir ein Lächeln schenktest. Feste Rollen brauchte ich nur, damit du sie aufbrechen konntest. Ordnung, nur wenn du auch Chaos mit hineinbrachtest. „Hey Honey! Hast du mich vermisst?“ Ich strahlte ihn an und ließ meine Finger über seinen Rücken gleiten. „Ist das alles für mich?“ Er sah mich an und antwortete mir indem er seine Lippen wieder auf meine legte. „Ich hab dich vermisst.“ Mamoru löste sich leicht von mir. „Ja, ich dich auch!“ kommentierte ich das nur und wunderte mich etwas über mich selber und schüttelte leicht den Kopf. „Warum schüttelst du den Kopf?“ War ja klar, dass er so eine kleine Kopfbewegung mitbekam und sich gleich wieder Gedanken machte. Aber das war eben mein Freund. „Weil ich gerade daran dachte, was für ein Softie ich geworden bin und das ist nur deine Schuld.“ Meine Finger wanderten erneut über seinen Rücken und legten sich auf seinen Hintern, der wie ich sagen musste in dieser Hose besonders gut aussah. „Wollen wir tanzen…“ Aber anscheinend hatte Mamoru mehr Interesse an anderen Dingen. „Was machst du hier? Wie, warum… du hast mir nicht geantwortet…“ er sah mich eindringlich an. „Also, der Reihe nach. Was ich hier mache, ist dich zum Valentinstag überraschen. Wie, indem ich aus New York komme und niemand es wusste, naja bis auf die Leute die Dich gedrängt haben heute mit zu kommen. Warum ich das mache? Weil ich dich liebe du dumme Nuss und als letztes, ich hab dir nicht geantwortet weil man das Handy im Flieger nicht anmachen darf und wenn ich dir aus Tokyo geantwortet hätte wäre das vielleicht aufgefallen an der Nummer. Also, wollen wir nun tanzen?“ Ich streckte meine Hand aus und sah ihn auffordernd an. Mamoru drehte sich um und sah zu dem Tisch wo die anderen saßen. Minako grinste nur und winkte mir kurz zu. Eigentlich wollte ich nur sie einweihen, aber sie meinte am Telefon, dass es sehr auffällig wäre wenn sie alleine darauf drängen würde, dass er mitkommt. Also hatte sie wohl fast alle anderen mit eingeweiht. „Ich dachte, du wolltest tanzen!“ ich drehte mich um und sah Mamoru an, der an mir vorbei schlich wie ein Kater, der er eben war und mich auffordernd ansah. „Oder willst du nicht zeigen was dir gehört.“ Damit drehte er den Kopf wieder und ging zur Treppe. Er überraschte mich immer wieder. Wenn er wollte konnte er unglaublich sexy sein und sehr bestimmend. Immer wieder sah er kurz über die Schulter als wir in Richtung Tanzfläche gingen und ich folgte ihm brav. Es war ein Spiel und es gefiel mir, er bahnte sich einen Weg durch die Masse, meine Augen hingen an seinem Rücken und versuchten seinen Blick aufzufangen. Ich konnte sie sehen, die Blicke der anderen, sie lagen auf ihm, auf mir. Egal wer heute hier war, wir waren einfach das perfekte Paar. Und auch wenn Mamoru es morgen leugnen würde, heute – nein Jetzt wusste er es auch und er spielte damit. Und es stand ihm sehr gut. Die Musik auf der Tanzfläche war laut und dröhnend und ich musste zugeben das May ihre Arbeit hier im Club wirklich gut machte. Der Bass dröhnte aus der Box, als sie einen Mix auflegte. Langsam begann der Beat den Raum zu füllen, meine Hand schnellte nach vorne und ich zog Mamoru von hinten an mich. Die Lichter blinkten auf und versetzten den Raum in buntes schnell wechselndes Licht. Meine Lippen legten sich auf seinen Nacken. Es war zu laut zum reden, aber das mussten wir nicht. Das hier im Club war unser Vorspiel und später würde ich sicherlich die letzten beiden Wochen nachholen. Es vergingen nicht nur zwei, drei oder vier Songs bis wir von der Tanzfläche gingen. Meine Lunge brannte und verlangte nach einer Zigarette, aber als ich mich gerade in den Raucherbereich aufmachen wollte, hielt mich Mamoru am Handgelenk fest, zog mich ruckartig zu sich und im nächsten Moment standen wir an eine Wand gelehnt und küssten uns. Meine Hände konnten nicht anders als über die nackte Haut an seinem Rücken zu fahren, dieses Oberteil bot einfach zu viele Möglichkeiten für mich. Mamoru keuchte leise auf, als mein Knie sich langsam zwischen seine Beine schob und er öffnete bereitwillig seinen Mund für meine Zunge. Der Geschmack seines Mundes war der Wahnsinn und ich hatte es vermisst ihn zu küssen, ihn zu berühren. Unter meinen Fingerkuppen fühlte sich seine Haut an als wäre sie elektrisch aufgeladen. Mamoru drängte sich immer mehr an die Wand und zog mich näher an sich. „Ich hatte Angst, dass du nicht wieder kommst.“ Wisperte er und sah mich traurig an. „Wieso sollte ich das tun?“ Ich strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lehnte meine Stirn an seine und starrte in seine blauen Augen. „Weil du New York liebst…“ Ich schloss die Augen und ließ diese Worte sacken und dachte an die letzten Wochen. Und ja, ich liebte New York, aber das war vor ihm. „Dich liebe ich mehr.“ Kam es leise von mir. Wir sahen uns an und mussten schließen beide grinsen. „Du bist ja wirklich ein Softie geworden.“ Kam es neckend von ihm. „Erzähl es keinem.“ Ich zwinkerte ihm zu und stahl mir erneut einen Kuss. Minako Aino Strahlend und zufrieden lehnte ich mich an Yosuke. „Ich bin eine gute Göttin der Liebe!“ Ich spürte Yosukes Hand unter meinem Kinn, er zog mein Gesicht an seines und lächelte. „Ja bist du. Und aus irgendeinem Grund darf ich an deiner Seite sein.“ Er küsste mich sanft und hauchte schließlich ein „Ich liebe dich“ an meine Lippen. In mir tanzten tausend Schmetterlinge und ich wusste, er war der einzige der mich je so glücklich machen konnte. Mit ihm war plötzlich alles anders. Dank Yosuke war meine Welt – heller, bunter, lebenswerter. Das Mamoru so deprimiert war, hatte mich sehr traurig gestimmt und man merkte plötzlich wie sehr er in Massanorie wirklich verliebt war. Und trotzdem hatte ich Massanorie seine Überraschung durchziehen lassen und nach Mamorus Gesichtsausdruck zu urteilen war es eine perfekte gewesen. „Wollen wir tanzen?“ Yosuke stand auf und streckte mir seine Hand entgegen. Ich legte meine Hand in seine und ließ mich von ihm hochziehen. Sein starker Arm legte sich um meine Taille und seine Lippen legten sich an mein Ohr. „Das gleiche Outfit hattest du auch an, als wir das erste Mal aus waren. Und ich mochte es damals schon total gerne.“ Verwundert und geschmeichelt küsste ich ihn diesmal kurz. „Du erinnerst dich also?“ Er nickte. Ich strich meinen gelben Faltenrock und das weißes Top mit Schmetterlingen glatt, bevor wir die Tanzfläche ansteuerten. Ein perfekter Valentinstag und das nur weil Mamoru mir Yosuke vorgestellt hatte. Mamoru und Massanorie standen ebenfalls auf der Tanzfläche, ich entzog mich kurz Yosukes Hand, steuerte auf die beiden zu und umarmte Mamoru, der diese plötzliche Geste nach einem kurzen Moment erwiderte. Ich hauchte ihm einen leichten Kuss auf die Lippen und formte mit den Lippen ein „Danke“. Kurz sah er mich verwirrt an, aber dann glitt sein Blick zu Yosuke und wieder zu mir und er verstand. Er setzte ein Grinsen auf, deutete auf Massanorie und formte ebenso ein „Danke“. Dann endlich widmete ich mich meinem Traummann, dies würde der perfekte Abend werden, egal was passieren würde. Denn er war hier und das war einfach alles. Shogo Kiseragi Mamoru sah super glücklich aus als Massanorie hinter ihm aufgetaucht war. In dem Moment kuschelte ich mich an Toya und genoss die Nähe meines Freundes. Und nach einigen Minuten saßen wir plötzlich wieder allein hier oben. „Willst du tanzen?“ Ich sah Toya an und schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Einfach nur hier sitzen.“ Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab, er legte seinen Arm um mich und wir genossen einfach nur unsere Zweisamkeit. „Tut mir leid, wegen Fuyu.“ Kam es schließlich leise von mir. Ich war damals wirklich zu den beiden gefahren und ich war absolut fertig mit der Welt als ich Fuyu gesehen hatte. Ich meine, ich wusste ja immer, dass ich echt doof gewesen war. Schließlich hatte ich meinen Ex mit seinem besten Kumpel betrogen – da konnte man auch einfach nichts mehr retten. Erstaunlicherweise lief es jedoch besser als gedacht. Fuyu hatte Toya sogar versucht wieder zu mir zu schicken und anscheinend hatten sie sich ausgesprochen. Aber seitdem hatten wir das Thema nicht mehr angesprochen. „Es muss dir nichts leidtun. Es war damals meine Entscheidung, dass ich was mit dir anfange. Schließlich wusste ich doch, dass du mit Fuyu zusammen warst. Aber ich bin eben manchmal auch egoistisch…“ „Ja, deswegen verstehst du dich auch mit Massanorie!“ kam es seufzend von mir. „Naja verstehen würde ich nicht sagen. Aber deine neue Clique ist nett und sagen wir es einmal diplomatisch. Ich habe zwar meinen eigenen Freundeskreis, aber ich finde es nicht schlimm auch mit deinen Leuten was zu unternehmen.“ Er lehnte sich zu mir und küsste mich sanft. „Die Frage ist nur, wollen wir bleiben, tanzen oder uns ein gemütliches Plätzchen suchen?“ Ich konnte mir ein grinsen nicht verkneifen. „Auch wenn letzteres super klingt, so würde ich gerne noch bleiben und tanzen und trinken… mit meinen Freunden und dir.“ „Na gut. Ich freu mich, dass du jetzt eine feste Freundesstruktur hast. Ist auch besser für die soziale Entwicklung.“ Ich verdrehte die Augen, musste dann aber doch lachen. „Ja und das nur weil Mamoru und Massanorie sich hier auf dem Klo gestritten haben und weil ich dank dir ne ganze Reihe an Zahlen herunter rattern konnte.“ Ich drückte mich hoch von der Couch und setzte mich auf Toyas Schoss. Meine Arme schlangen sich um seinen Hals und ich rutschte nah an ihn heran. „Also danke, dass mein Therapeuten-Freund, der nicht gerne ausgeht – mir ermöglicht hat meinen besten Freund kennen zu lernen. Und das nur weil du unbedingt deine Beobachtungsstudie aus dem Phoenix erläutern wolltest“ Toya lächelte. „Gern geschehen.“ Meine Lippen legten sich auf seine und ich genoss seinen Geschmack in meinem Mund. Dass ich mal einen besten Freund haben würde, hätte ich mir auch nie zu träumen gewagt. Aber Mamoru war toll und ich hatte ihn super lieb und dass ich plötzlich wirklich eine feste Clique hatte fand ich wirklich klasse. Mamoru Chiba Irgendwann waren wir wieder nach oben gegangen und ich war Minako, Yosuke und Shogo erst einmal um den Hals gefallen. Dass sie das für mich getan hatten war toll und ich konnte gar nicht anders als strahlen und mich freuen. Wir quatschten, tranken und die Zeit verflog nur so. Und wir bekamen sogar eine Runde ausgegeben von Hayato, was ich nett fand und Massanorie nur zu einem grummeln veranlasste. Doch um kurz vor zwei verabschiedeten wir uns alle um den Abend im Privatem ausklingen zu lassen. Die Taxifahrt war angespannt gewesen, aber nur weil wir beide nicht erwarten konnten allein zu sein. Massanorie bestand auf seine Wohnung, was ich aufgrund der Bettgröße nur begrüßte. Doch kaum standen wir vor seiner Tür, legte sich plötzlich ein Tuch auf meine Augen. „Nicht schummeln, ich hab noch eine Überraschung für dich.“ Ich schluckte, weil ich diese Augen verbinden Sache nicht mochte – aus verschiedenen Gründen. Doch Massanorie merkte mein Unbehagen sofort und ich spürte seine Hände auf meinen Wangen und seine Lippen wie sie sich auf meine legten. „Ist das ok?“ Und irgendwie schien mir die Angst die in mir hochkam plötzlich völlig doof. „Solange du bei mir bleibst ja!“ kam es nur nervös von mir. „Was ist es denn für eine Überraschung?“ nun war ich schon neugierig. Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und er führte mich durch die Wohnung. Ich wusste, dass wir ins Schlafzimmer gingen, aber was er nun für eine Überraschung hatte konnte ich mir wirklich nicht denken. Er blieb plötzlich stehen und ich stieß leicht mit ihm zusammen. Er lachte leise und schob mich vor sich. Wenn ich mich richtig orientierte, stand ich genau im Türrahmen vom Schlafzimmer. Seine Stimme hatte einen sanften Ton angenommen, den ich nur selten von ihm kannte. „Ich will, dass du weißt, dass ich dich liebe und dass wenn es nach mir geht, ich dich sicher nicht mehr gehen lasse. Du bist einfach das Beste was mir je passiert ist, das Beste was mir je passieren wird und wenn ich Bunny nicht so ätzend finde würde, dann wäre ich fast versucht ihr zu danken, dass sie dich abserviert hat. Denn sonst wärst du nie bei mir gelandet und ich hätte nie die Chance bekommen dein Herz für mich zu gewinnen. Aber ich weiß auch das ich viele Fehler bis jetzt gemacht habe, aber um dir zu zeigen, dass nur du noch Platz hast in meinem Leben – hab ich mir was überlegt.“ Er löste die Augenbinde und ich blinzelte einige Male bis ich klar sehen konnte. Ich hatte Recht dass ich im Schlafzimmer stand, aber es war ein anderes Schlafzimmer. Mein Blick wanderte umher. Das Bett war etwas größer als vorher, etwas tiefer und alles war genau aufeinander abgestimmt. Der Weiße Teppich vor dem Bett, die Möbel, der große Kleiderschrank und sogar die Deckenbeleuchtung war anders. Ich drehte mich zu Massanorie um, der seine Arme um mich schlang, mich an sich zog und seine Stirn an meine legte. „Das hier ist unser Schlafzimmer und ich will alle Zeugnisse, dass es mal anders war einfach nur für immer verbannen. Außer dir und mir wird hier nie jemand anders schlafen – das ist mein Versprechen an dich und mein Geschenk.“ Mir liefen die Tränen nur so und ich konnte nicht anders als ihm in die Arme zu fallen und ihn zu küssen – das war perfekt. Er war perfekt und er gehörte nur mir! Er lachte leise, als er seine Arme um mich schloss und mich etwas weg schob. „Und ich hab noch eine Überraschung.“ Ich schaute ihn verdutzt an, als er mir einen Umschlag unter die Nase hielt. Ich nahm ihn etwas zögerlich in die Hände und öffnete ihn. Mein Blick schweifte über das Schreiben, welches aus einer New Yorker Klinik stammte. „Negativ..“ murmelte ich nur und lächelte Massanorie an. „Negativ.“ Wiederholte er und schein sehr erleichtert zu sein. „Also?“ ich zupfte an seinem Hemd. Massanorie nahm mir den Brief ab, ließ ihn fallen und zog mich heftig an sich. Das würde eine sehr intensive Nacht werden! Kapitel 66: Step sixty-four... Truth III ---------------------------------------- Die Wahrheit ist eine unzerstörbare Pflanze. Man kann sie ruhig unter einen Felsen vergraben, sie stößt trotzdem durch, wenn es an der Zeit ist. Frank Thiess Mamoru Chiba Es ist so als würde man plötzlich aufwachen und alles was vorher war, wirkt so weit weg, so als wäre man aus einem langen Traum aufgewacht. Und man stellt fest, dass all die Alpträume einfach fort sind, da ist nur noch Glück und diese Wärme die einen überwältigt. Ein Glück das man nicht mit Worten beschreiben kann, das einfach alles umhüllt… So hätte ich mich gerne gefühlt. Stattdessen wachte ich auf und ich hatte einen Kater der feinsten Art. Mir schmerzte alles, mein Kopf, meine Beine, meine Arme und mein Hintern. Wir waren wie die Karnickel übereinander hergefallen und die Uhr hatte irgendwas mit 6 Uhr und so angezeigt bevor ich weg war. Das war genialer Sex gewesen, aber wieso um Himmelswillen war ich bitte jetzt schon wach? Ich quälte mich hoch und sah mich um. Meine Klamotten lagen verstreut auf dem Boden, ich spürte wie ich überall klebte und erinnerte mich daran, dass wir kein Kondom mehr benutzen mussten. Ich grinste etwas und mir fielen die kleinen Sonnenstrahlen auf, die durch die Ritzen des Vorhanges hindurch kamen und meinen Kater nicht besser machten. Massanorie lag neben mir auf dem Rücken und – ich konnte es nicht glauben, er schnarchte. Leise und wirklich noch erträglich, aber anscheinend hatte mich das wach gemacht. Mein Blick fiel nur kurz auf den Wecker als ich wieder ins Kissen zurück fiel. „9:13 Uhr“ murmelte ich nur und dämmerte wieder weg… … .. 9:13 Uhr… … .. „SCHEIßE!“ ich sprang auf und plötzlich war alles weg. Kater, Muskelkater, alles. Panik war nun das Wort das mich durchflutete. Ab jetzt lief alles schief! Ich verhedderte mich in der Zudecke und legte mich vor dem Bett lang, was Massanorie natürlich aufweckte, weil ich ihn mit der Decke hinter mir herzog. Er linste über den Bettrand zu mir runter. „Was soll das?“ er klang verstimmt, müde und verkatert. „Ich kann das nicht erklären… also schon. Scheiße. Ich muss um 10 Uhr in der Uni sein um meine Nachprüfung zu machen, sonst darf ich nicht weiter studieren.“ Das war alles was ich fast hysterisch heraus presste, bevor ich mich aus dem Deckenchaos befreite, mich aufrappelte und den Schrank aufriss. „Ich hab nichts zum anziehen hier…“ ich bekam Schnappatmung. Plötzlich griff eine Hand an mir vorbei, drückte mir eine Trainingshose in die Hand und einen Pullover. „Deine Hose, mein Pulli. Muss dann reichen für jetzt.“ Massanorie zog sich ebenfalls eine Jogginghose über und ein Shirt. Fast wie automatisch zog ich mich an, lief ihm hinterher, ließ mir eine Jacke und Schuhe in die Hand drücken und schließlich saß ich um 9:28 Uhr im Auto. Das Massanorie genauso wenig wie ich Autofahren sollte nach der letzten Nacht war egal. Ich musste zur Uni. 9:35 Uhr! Die Ampeln von GANZ Tokyo haben sich gegen mich verschworen und ich bemerkte, dass ich ungeduscht war. 9:42 Uhr! Ich begann langsam zu hyperventilieren und ich bemerkte, dass ich noch nach Sex roch. Hoffentlich war das nur Einbildung! 9:48 Uhr! Eine leichte Panikattacke mit kurzem Heulkrampf, ich hatte keinen Stift dabei, nichts… 9:55 Uhr! Massanorie hält vor der Uni, ich reiße die Tür auf und bekomme den letzten Satz von ihm nicht mit. Ich trug den grünen Parka und hoffte nur, dass ich es noch schaffen würde. Meine Lunge brannte und ich war so froh, dass der Campus leer war. Nicht mal meine Armbanduhr hatte ich um, also nur laufen und später schauen. Ich sprintete die Treppenstufen nach oben, immer zwei auf einmal. Nur noch um die Kurve und wenn ich Glück hätte wäre die Tür noch auf. Aus den Augenwinkeln sah ich ein gelbes Schild, aber gerade als mein Hirn mir sagte „Vorsicht rutschig!“ rutschte ich schon. Die Kurve hatte ich nicht bekommen und klatschte gegen die Wand. Es rumste und ich lag am Boden, den Mülleimer den ich mitgenommen hatte konnte ich gerade noch so festhalten, damit sein Inhalt sich nicht auf mir entlud. Nun lag ich auf dem Rücken, den Mülleimer mit einem Arm und Fuß haltend, das andere Bein an der Wand angewinkelt. Was war das denn bitte für ein Scheißtag? Es war doch alles perfekt gewesen!? Und nun? Ich lag am Boden meiner Uni, mit einem Mülleimer in der Hand. Trug eine graue Jogginghose, Sneakers, einen schwarzen viel zu großen Pullover, einen grünen Parka und roch nach Sex, Alkohol und an mir klebte Sperma meines Freundes. Es war so weit – zweiter Nervenzusammenbruch. Doch noch bevor ich mich in dieses Loch stürzen konnte, hörte ich Schritte und neben mir blieb jemand stehen. Es war Professor Doktor Tzumito Uyeda. Der einzige Prof der mich nie leiden konnte. Er hatte braune Haare die akkurat frisiert waren, einen gepflegten Bart und braune Augen die mich musterten. Er rümpfte kurz die Nase, bevor er in seinem Becher rührte und das Holzstäbchen in den Mülleimer warf, den ich noch immer festhielt. „Erst wenn ich den Raum betrete beginnt die Prüfung und erst dann hat keiner mehr zutritt.“ Damit drehte er sich um ging sehr langsam zu dem Hörsaal dessen Tür noch offen stand. schrie ich mich innerlich an, rappelte mich auf und hechtete mehr plump als galant an ihm vorbei und in den Hörsaal. Das ich natürlich der Letzte war und mich alles anstarrte ignorierte ich gekonnt. Gerade war mir das wirklich egal, ich hatte andere Sorgen! Mit mir waren hier noch zehn weitere Leute, die anscheinend die Prüfung ablegen wollten, aber es gab nur 6 freie Studienplätze, also würde hier nur durchkommen der gut gelernt hatte und ehrgeizig war. Super – traf beides nicht gerade auf mich zu. Ich suchte mir einen Platz am Fenster. Zweite Reihe ganz links. Hier saß ich etwas abseits und keiner konnte meine Fahne riechen. Echt, das würde doch sowieso nichts werden. Mein Blick schweifte durch die Reihen vor mir und nach rechts. Etwas verunsichert besah ich mir die „Konkurrenz“, die alle sehr gestylt aussahen? Die Männer in Hemd mit Krawatte, die Mädels in Bluse und Rock und dann kam ich. Ich hatte die dumpfe Ahnung das ich was verpasst hatte. Prof. Dr. Tzumito schloss die Tür und sah sich um und er schien nicht die Beste Laune zu haben. Wobei ich ihn nur so ernst kannte. Irgendwie mochte er mich nicht. Ich hatte zwei Kurse bei ihm gehabt und er war der einzige der meine Arbeiten zwar immer mit Bestnoten versehen hatte, aber wenn ich sie wiederbekam bedachte er mich immer mit einem leicht abwertenden Blick. Keine Ahnung was sich ihm getan hatte, aber bei anderen lächelte er wenigstens mal. Er holte einige braune Umschläge aus seiner Tasche, stellte einen Wecker auf das Vorlesungspult und lehnte sich dagegen. „Schön, dass sie es alle geschafft haben.“ , schoss es mir durch den Kopf und ich versank etwas auf meinem Platz und kratzte mich an der Nase. „Sie wissen, dass Sie für die Prüfung vier Stunden Zeit haben. Die Prüfung wird in zwei Teile aufgeteilt. Nach zwei Stunden endet der erste schriftliche Teil, dann bekommen sie zwanzig Minuten Pause und dann kommt der zweite Teil. Wie sich die verschiedenen Prüfungsteile gliedern, werden sie anhand der Fragen und Aufgabenstellungen selber erkennen. Nach dem zweiten Teil, werden sie alle vor dem Hörsaal warten bis ich sie aufrufe und zu mir hole. Ich habe mit dem Universitätsdekan und dem Prüfungsausschuss geredet und wir haben beschlossen, dass ich Ihnen noch mal in einem persönlichen Gespräch einige Fragen stellen werde. Dabei werden auch Professor Dr. Jukino und Prof. Dr. Ichiban anwesend sein…“ Ich sah mich völlig überfordert um aber alle nickten und mir wurde bewusst warum die so aufgedonnert waren. Ich war voll am Arsch. „… die wurde ihnen ja im letzten Schreiben der Universität bekannt gegeben.“ Er sah kurz zu mir und musste meinen Blick sehen und auch meine totale Verzweiflung. „Aber machen Sie sich keine Sorgen, es geht bei dem Gespräch um fachliche Kompetenz und da sie hier sitzen denkt die Universität wohl das sie diese besitzen – ich sehe das bei einigen anders!“ Ok, das war doch eine Spitze gegen mich oder irrte ich mich da? Aber es war egal, er verteilte die Umschläge, wies darauf hin, dass wir sie erst öffnen durften wenn er es sagte und als er mir schließlich den letzten Umschlag hinlegte, rümpfte er erneut die Nase, aber wenn ich mich nicht irrte schmunzelte er etwas. Er schaute auf seine Uhr und um 10:15 Uhr begann die Prüfung. Ich öffnete den Umschlag und versuchte den langsam wieder auftauchenden Kater zu ignorieren. Mir war wirklich schlecht und ich war müde und ich hatte Hunger und noch keinen Kaffee. Das würde voll in die Hose gehen. Ich griff nach rechts und erinnerte mich daran, dass ich nichts dabei hatte. Alles begann zu schreiben, aber ich hatte nicht mal einen Stift. Kopfschüttelnd fuhr ich mir durch die Haare und legte meinen Kopf kurz auf die Tischplatte. „Scheiße!“ wisperte ich nur und fuhr erschrocken zusammen als es neben mir klackerte. Prof. Dr. Tzumito stand neben mir, er sagte nichts und deutet auf den Kugelschreiber den er mir anscheinend hingelegt hatte, ebenso wie das Kaugummi. Anscheinend hatte er den Alkoholgeruch auch wahrgenommen, was sein Naserümpfen erklären würde. Er drehte sich wieder um, öffnete das Fenster neben mir auf Kipp und ging wieder auf seinen Platz nach vorne. Etwas irritiert war ich schon, aber dankbar. Ich schob mir das Kaugummi rein und nahm den Kugelschreiber und versuchte an dem Dunst in meinem Hirn vorbei alles abzurufen was ich brauchte. Nach zwei Stunden und kurz bevor der erste Teil zu Ende war, hatte sich der Hörsaal gelehrt und zwar bis auf mich. Tzumito lehnte an dem Pult und sah zu mir und auf die Uhr. „Noch zwei Minuten.“ Hörte ich ihn sagen. Mir fehlten noch drei Fragen und mir wollte einfach nichts einfallen. Mist! Dabei wusste ich genau, dass ich das Kapitel über Krebszellen gelesen hatte. „Noch eine Minute.“ Ich sah auf und dann auf das Blatt und zum ersten Mal wurde mir bewusst, was Yosuke mit dem Satz „Mut zur Lücke“ meinte. Ich legte den Stift beiseite und seufzte resigniert. Es war egal, mir würde es sowieso nicht mehr einfallen. Ich hörte seine Schritte und als er neben mir stand, klingelte der kleine Wecker auf seinem Pult. Kopfschüttelnd sortierte ich die Zettel, steckte sie in den Umschlag und gab ihn ihm. „Danke Herr Chiba.“ Ich lehnte mich zurück und wollte echt nicht mehr. Noch zwei Stunden würde ich das nicht überleben und danach noch ein Gespräch, das würde am peinlichsten werden. Gerade weil die beiden anderen Professoren jene waren die auch die größten Stücke auf mich hielten. Das hatten sie mir mehr als einmal erzählt, was natürlich gar keinen Druck ausübte. Andrea Lenjier Mein Blick wanderte auf die Uhr über der Tür und als ich das Ringen eines Weckers hörte, klopfte ich zaghaft an. „Ja?“ ich öffnete die Tür und trat ein. „Entschuldigen sie, aber ich suche… schon gefunden.“ Ich nickte dem älteren Herrn zu und sah zu Mamoru, der wirklich genau so verkatert wie Massanorie aussah. „Ihre Studenten meinten es wäre Pause.“ „Da wurden sie richtig informiert. Frau…?“ „Lenjier. Andrea Lenjier und das da oben ist mein Sprössling!“ Ich lächelte und zeigte kurz zu Mamoru. Der ältere Herr lachte leise auf. „Professor Doktor Tzumito. Freut mich. Und ich glaube ihr Sprössling hat etwas Aufheiterung nötig.“ Damit nickte er mir zu, nahm einen Stapel brauner Umschläge und verließ den Hörsaal. „Andrea?“ Mamoru sah mich völlig verdutzt an. „Na du. Massanorie hat mich angerufen und hat mir kurz erklärt, dass wohl alles etwas hektisch heute Morgen war.“ Damit öffnete ich meine Tasche und stellte ihm eine kleine Bento Box auf den Tisch, sowie eine Dose Kaffee. „Hier, ich dachte mir das kannst du gebrauchen.“ Ich setzte mich neben ihn. Mamoru sagte nichts, er öffnete die Box und verschlang mein essen und kippte den Kaffee fast auf Ex runter. „Danke.“ Nuschelte er halb kauend. „Ich sehe furchtbar aus, oder?“ Ich nickte. „Ja so könnte man es beschreiben.“ Schnell erzählte er mir, was heute Morgen passiert war und auch von der mündlichen Befragung später. Ich musste mir ein Lachen wirklich verkneifen, er hatte wirklich einen schlechten Start in den Tag gehabt. „Das wird schon. Ich meine, die wollen doch nur deine Fachkompetenz und nicht dein Aussehen beurteilen. Außerdem sind die selber schuld, wenn die so eine Prüfung auf den Tag nach Valentinstag legen.“ „Na das sehen die sicher anders. Ich hab so einen Kater und Professor Tzumito hat mir ein Kaugummi gegeben, mehr muss wohl nicht erwähnt werden.“ Er lehnte sich nach hinten und räusperte sich kurz als der Professor wieder hereinkam und erneut einige braune Umschläge bei sich trug. „Wie war denn euer Abend sonst so?“ „Hmm? Oh schön.“ Mamoru wurde rot und ich konnte das strahlen in seinen Augen sehen. „Hast du gewusst, dass er kommt?“ ich schüttelte den Kopf. „Nein. Seijiro hat mich auch überrascht. Wir waren Essen und dann im Theater. Also haben sich die beiden wirklich angestrengt uns zu überraschen.“ Ich zwinkerte und lächelte. „Ja. Hat ja auch geklappt.“ Kam es glücklich von ihm. „Also kann ich noch irgendwas für dich tun? Wenn du willst bring ich dir was anderes zum anziehen.“ Mamoru seufzte. „Ich glaube das bringt nichts. Wenn ich das recht sehe, rufen die nach alphabetischer Reihenfolge auf und wenn mein Kater nicht alles in meinem Hirn zu Brei verwandelt hat, müsste ich der erste sein.“ Wisperte er nur in meine Richtung. „Da haben sie recht Herr Chiba. Sie kommen nachher als erster an die Reihe.“ Kam es dann plötzlich von unten. Mamorus Professor sah kurz auf und sah zu uns hoch. „Sie sollten nicht vergessen, dass die Hörsäle schlecht zum flüstern sind, weil es schallt.“ „Ähm, ja. Entschuldigung.“ Stotterte Mamoru nur. „Naja dann gib einfach dein bestes. Wir werden trotzdem stolz auf dich sein.“ Einige der anderen Studenten kamen wieder rein und ich verstand das als Zeichen dafür, dass ich nun gehen musste. Mamoru sah mich dankbar an. „Danke…“ „Nicht dafür. Dafür sind Mütter doch da.“ Ich zwinkerte ihm zu, packte die Bento Box und die leere Dose ein, kramte eine weitere Volle und eine Tafel Schokolade aus meiner Tasche und legte sie ihm hin. „Nervennahrung!“ Er grinste nur. Ich verabschiedete mich kurz von dem Professor und ging wieder in Richtung meines Autos. Massanorie war am Telefon etwas angefressen, weil er nichts von der Prüfung oder das Mamoru wieder studieren wollte wusste. Aber ich meinte nur, dass ich ihm das erklären würde, wenn er ausgeschlafen sei. Das brummeln am Telefon nahm ich als Bestätigung, Seijiro hatte das Ganze nur ansatzweise mitbekommen hatte mich aber auch gefragt was da los war. Also musste ich nun zu Hause einige Fragen beantworten. Aber das würde schon werden. Und ich hoffte wirklich, dass Mamoru das packte. Trotz Kater und Outfit-Desaster! Mamoru Chiba Das Andrea mir wirklich was zum frühstücken brachte, fand ich toll. Dafür musste ich mich wirklich noch mal richtig bedanken und Massanorie konnte ich auch knuddeln. Grinsend saß ich nun auf meinem Platz und freute mich schon darauf wieder nach Hause zu kommen. Vielleicht konnte ich mich dann auch nochmal erkenntlich zeigen? Ein räuspern ließ mich zusammen zucken. Ein brauner Umschlag wurde vor mir abgelegt. Prof. Tzumito lächelte matt. „Tagträumen können sie später.“ Kam es nur belustigt von ihm. „Ja. Entschuldigung.“ Kam es schnell von mir. Aber es wunderte mich, dass er plötzlich nicht mehr so komisch mir gegenüber war. Der zweite Teil befasste sich nur mit den Sachen aus den letzten Semestern und hatte als eine Aufgabe einen Text zu schreiben, der sich mit der Ethischen Frage der Medizin beschäftigte. Das war einfach, das waren die vier Prinzipien ethischen Handelns. Die konnte ich auswendig. Also das würde dann doch ein Kinderspiel werden – hoffte ich. Diesmal war ich zwar wieder als letzter fertig, aber diesmal sogar bevor der Wecker klingelte. Also konnte man sagen, dass ich mich steigerte. Vielleicht hatte Andrea recht und der mündliche Teil würde gut laufen, egal wie ich aussah. Draußen auf dem Flur ließ ich mich auf einem der Stühle nieder und schloss kurz die Augen. Die anderen wanderten den Flur auf und ab und man sah sie noch in Büchern blättern. „Naja was ich jetzt nicht weiß werd ich auch in den nächsten zehn Minuten nicht wissen.“ Ich redete eigentlich nur mit mehr selber. „Dass das von Ihnen kommt, überrascht mich!“ ich sah auf und starrte Professor Tzumito an. Seufzend lachte ich leise. „Ja ich weiß. Aber Prioritäten verschieben sich.“ Gerade war es egal ob ich ehrlich war oder nicht. Der Mann konnte mich sowieso nicht leiden und mit meinem Auftritt heute hatte ich sowieso die Grenze des Zumutbaren überschritten. Doch er erwiderte nichts darauf, aber ich merkte, dass er mich kurz beobachtete. „Hier. Das sollten sie nochmal kauen. Nicht dass wir noch alle betrunken werden.“ Er hielt mir ein Kaugummi hin. Ich nahm es zögerlich und er ging, die Prüfungen unterm Arm geklemmt, ohne noch etwas zu sagen. Es vergingen nur knapp zehn Minuten bevor er zusammen mit den beiden Kollegen wieder kam. Sie grüßten höflich, aber ich konnte den etwas irritierten Blick sehen als ihr Blick auf mir haften blieb. „Wir rufen sie gleich auf, also warten sie bitte in der Nähe.“ Kam es schließlich an uns alle gewandt, bevor sie im Hörsaal verschwanden und die Tür ins Schloss fiel. Ich atmete tief durch und versuchte nicht all zu nervös zu werden. Wenn ich bloß diesen Brief gelesen hätte, war der überhaupt bei mir angekommen? Angestrengt überlegte ich, aber ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern. „Chiba!“ Ich zuckte zusammen. Professor Dr. Jukino stand an der Tür und sah mich ernst an. Anscheinend hatte ich meinen Einsatz verpasst. „Ja!“ kam es nur schnell von mir, bevor ich aufsprang und den Hörsaal betrat. Ich nahm den Platz vor dem Pult ein, welches mich von den drei Professoren vor mir trennte. Alle drei hatten einen Block vor sich liegen, sowie einen Stapel Papiere. Anscheinend hatten sie von jedem der heute anwesenden Studenten Arbeiten mit dabei um genau zu beurteilen wer einen Platz verdiente und wer nicht. Aber anders als Jukino und Ichiban, hatte sich Tzumito zurück gelehnt und beobachtete mich eindringlich, als wäre er sich immer noch nicht sicher was er heute von mir halten sollte. „Ich war sehr erfreut als ich ihren Namen auf der Liste der Prüflinge gesehen habe. Es war für mich sowieso unverständlich warum sie einfach das Studium aufgegeben haben. Jedoch muss ich zugeben, bin ich etwas irritiert, wenn ich sie betrachte. Man könnte meinen sie hatten keine Ahnung über dieses Gespräch.“ Ichiban sah mich an und zog eine Augenbraue hoch. Was sollte ich denn nun sagen. Fragend sah ich Jukino an und dann Tzumito, dieser sah zu seinem Kollegen und zuckte mit den Achseln. „Ich habe im Kollegium meine Bedenken dazu geäußert. einen Prüfungstermin einen Tag nach Valentinstag durchzuführen.“ Die beiden anderen beachteten den Kommentar nicht einmal, sondern sahen mich immer noch erwartungsvoll an. „Also… ich…“ Ich hatte keine Ahnung was ich sagen sollte. Normalerweise passierte mir sowas nicht. Aber es hatte sich so viel geändert und nun war ich in einer Situation, die ich nicht kontrollieren konnte und das war neu für mich. Im Studium hatte ich immer alles unter Kontrolle, meine Noten, wie andere mich wahrnahmen – aber das war weg. Anscheinend wurden sie ungeduldig. „Na gut, befassen wir uns mit anderen Dingen.“ Unterbrach Jukino die Stille. „Wir haben noch einige Fragen, da wir nur eine begrenzte Anzahl von Studienplätzen zur Verfügung haben, müssen wir diesmal auch auf andere Kriterien der Auswahl zurück greifen. Es reicht also nicht nur ihre schriftliche Benotung, sondern es wird auch eine Beurteilung von uns geben die am Ende positiv oder negativ zu ihrem Prüfungsergebnis gezählt wird.“ Er sah mich kurz an. Mit einem nicken gab ich zu verstehen, dass ich es verstand. Zu Beginn waren es kurze Fragen zu inhaltlichen Dingen, die sie auch in der schriftlichen Prüfung hätten abfragen können. Jedoch beruhigte mich das etwas, da ich alles beantworten konnte. Sie machten sich Notizen, wobei Tzumito sich weniger aufschrieb als seine Kollegen, das machte mich etwas nervös. „So nun würde ich gerne wissen, warum sie unbedingt wieder ins Studium einsteigen wollen? Sie hatten ja einen Grund aufzuhören.“ Tzumito sah mich an, lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Nun herrschte Schweigen. Ich starrte ihn an und versuchte eine Antwort zu finden, die so geschickt formuliert war, dass sie glaubhaft war und zufriedenstellend. Aber mir fiel nichts ein. „Also?“ Er tippte mit seinem Kugelschreiber auf den Block, welchen er sich auf den Schoß gelegt hatte. Und dann lief das ganze letzte halbe Jahr vor meinen Augen ab und ich wusste, dass die Antwort die ich geben sollte, nicht die war die ich geben wollte. „Ich hab aufgehört, weil ich erst meine finanzielle Lage verbessern wollte, da ich mir mein Studium alleine finanziere. Und dies leider dazu führte, dass meine Ressourcen oft begrenzt waren. Aber nun befinde ich mich in der glücklichen Lage, dass meine Finanzen sich gebessert haben und ich mich wieder völlig dem Studium widmen kann. Und der Grund warum ich wieder einstiegen will ist, dass ich ein großartiger Arzt werden will, der andere inspiriert und Leben rettet. Zudem ist der Arztberuf sehr facettenreich und erfüllend. Täglich gibt es neue Herausforderungen und die Arbeit bleibt spannend. Zudem bietet der Beruf die Möglichkeit, verschiedene Altersgruppen und Kulturen kennenzulernen. Als Arzt kann man für die Gesellschaft einen wichtigen Dienst leisten und Verantwortung übernehmen.“ Ichiban und Jukino nickten und sahen zufrieden aus, sie machten sich kurze Notizen. Mein Blick wanderte auf den Boden und ich wusste das war der Moment wo ich mich für einen Weg entscheiden musste. „Das wäre wohl meine Antwort auf ihre Frage gewesen, wenn sie mich vor sechs Monaten gefragt hätten. Aber das ist nur genau das was sie hören wollen, das was man sagen sollte. Die Wahrheit ist aber…“ ich sah auf und sah den völlig irritierten Blick der beiden. Aber Tzumito lehnte sich nach vorne und schien interessiert. „… ich hab keine Ahnung! Ja es stimmt, ich musste einfach aufhören weil ich kein Geld mehr hatte, aber eigentlich wollte ich gar nicht mehr anfangen. Und der Grund warum ich jetzt hier sitze ist einfach – etwas anderes als das hier kann ich nicht. Ich bin nicht besonders gut in anderen Dingen und das hier kann ich gut. Also Dinge auswendig lernen und so. Ich bin wahrscheinlich der letzte Mensch auf dieser Welt der Arzt werden sollte. Ich kann nicht gut mit Menschen umgehen und bin schnell genervt von anderen und ich hab Angst vor Spritzen. Und der Grund warum ich heute aussehe wie der letzte Depp vom Dienst ist, dass Professor Tzumito recht hat. Gestern war Valentinstag und ich war feiern und hab es etwas übertrieben, aber ich bin in einer festen Beziehung und da sind die Prioritäten oft nicht so wie andere sie gerne hätten. Also ich hab keine Ahnung warum sie mir diesen Platz überlassen sollten, aber ich will mein bestes geben, weil ich… weil ich nicht so werden will wie dieser Arzt der mir mit sechs Jahren ins Gesicht geschmettert hat das meine Eltern tot sind, dass es ein Wunder ist das ich noch lebe und der in meinen Augen total unsensibel war. Ich will Arzt werden, weil ich es besser machen will als er, weil ich nicht nur Nummern behandle oder Zahlen in einem System, das sich Krankenhaus schimpft, sondern lebendige Menschen, die lieben und leiden, die alles verlieren wenn ich nicht mein Bestes gebe.“ Stille. „Und nur damit wir das hier klären, ich bin in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung.“ Es kam nichts, keiner sagte etwas. Nach einer gefühlten Ewigkeit, stand ich einfach auf. Rückte den Stuhl zurecht und verbeugte mich. „Anscheinend hat sich das hier erledigt. Danke für die Chance und Entschuldigung für die Umstände!“ Keiner hatte etwas gesagt, oder mich aufgehalten als ich den Hörsaal verließ. Draußen empfing mich ein kalter Wind und es war seltsam, aber ich bereute es nicht. Es war die Wahrheit und ich hatte zulange gelogen und Dinge gesagt, die andere hören wollten. Plötzlich war mir klar, dass es egal war was ich machte. Andrea, Seijiro, Massanorie, May, Yosuke und Shogo – sie alle waren da. Und das reichte mir! Kapitel 67: Step sixty-five… Family III --------------------------------------- Familie – Wo das Leben beginnt und die Liebe nie endet. Unknow Autor Massanorie Lenjier Nach diesem holprigen Start in den Tag hatte ich mich wieder ins Bett gelegt. Meiner Mutter hatte ich am Telefon kurz das Nötigste erklärt. Da war man mal zwei Wochen weg und schon wusste man nicht mehr was der eigene Freund machte. Das musste ich nochmal mit ihm besprechen. So ging es ja nicht. Ich öffnete die Augen einen Spalt und sah auf die Uhr. „Halb drei…“ ich tastete neben mich, doch Mamoru war anscheinend noch nicht wieder da. Wieder döste ich langsam weg. Für mich waren gerade fünf Minuten vergangen, als ich ein Gewicht auf dem Bett spürte. Ich schmunzelte als mein Blick zu dem Wecker glitt. „Es ist schon nach 15 Uhr.“ Kam es sofort von Mamoru, welcher sich neben mich legte. Seufzend drehte ich mich herum und sah ihn an. Einige nasse Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht. „Du hast nasse Haare.“ stellte ich schlau fest. „Ja hat gerade angefangen zu regnen als ich kam. Hab etwas abbekommen.“ Kam es leise von ihm. „Na dann…“ ich stützte mich auf dem Unterarm auf, griff nach ihm und zog ihn an mich. „Du schuldest mir eine Erklärung.“ Mamoru nickte und küsste meinen Hals. „Tut mir leid.“ „Hmm.“ Mit einem Ruck drückte ich ihn auf den Rücken und rollte mich auf ihn. „Das reicht nicht. Du hast mir Sachen verheimlicht. Das geht nicht und du hast einen Morgen kaputt gemacht, der sehr romantisch hätte werden können." Mamoru räkelte sich unter mir und setzte einen sehr süßen Blick auf. Eine Mischung aus Hundeblick und Trotz. Seine Finger glitten über meinen Brustkorb, während er sich etwas auf die Unterlippe biss. „Ich hatte einen schrecklichen Morgen, hab in der Uni echt alles falsch gemacht und hatte ein ungeplantes Coming Out vor meinen Professoren.“ Ich wurde hellhörig. Er hob den Kopf und begann damit an meinem Hals zu knabbern. „Deswegen werde ich wohl nie wieder an dieser Uni studieren können. Also…“ seine kalten Finger verursachten eine leichte Gänsehaut, als sie nach oben wanderten, sich in meinen Nacken legten und mich näher an ihn zogen. „…verdiene ich etwas Mitgefühl und keine Standpauke.“ Was sollte Mann denn bitte nun sagen? Grinsend sah ich an, bevor ich mich von seinen Händen befreite. „Dann sollte ich besonders lieb zu dir sein. Aber das ein Kater wie du einen Hundeblick imitieren kann… bewundernswert.“ Damit rutschte ich langsam nach unten, schob Mamorus Pullover hoch und begann damit seinen Bauch zu küssen. Mamorus Reaktion fiel dementsprechend aus. Er zog die Luft scharf ein und ließ seine Finger durch meine Haare gleiten. Sein leises Seufzen reichte mir als Bestätigung und ich wanderte mit meinen Lippen tiefer. Noch immer konnte ich meinen eigenen Geschmack bei ihm wahrnehmen, der sich mit seinem Schweiß vermischte. Der Geruch von Sex war noch immer so präsent, als hätten wir nie aufgehört uns die Nacht zu lieben. Die kleinen feinen Härchen die mir den Weg zu meinem Lieblingsspielzeug zeigten strich ich mit meiner Nase glatt. Meine Hände wanderten zu der Jogginghose und fuhren leicht unter den Bund. Plötzlich verharrte ich in meiner Bewegung und setzte ein Grinsen auf. „Na sieh einer an, du hattest es wirklich eilig, oder?“ Ich griff in den Bund der Hose und zog sie langsam hinunter und das schönste war, darunter war ein Hauch von nichts. Mamorus wurde rot und räusperte sich. „Ich war in Eile.“ „Verstehe.“ Ich schmunzelte, fuhr seine Beine entlang und schmiss die Hose neben das Bett. „Du hast doch um Mitgefühl gebeten?“ Mit der Frage zog ich die Decke über uns und küsste ihn. Mamoru öffnete seinen Mund sehr willig und ließ meine Zunge nur zu gern hinein gleiten. Wieder verkrampften sich seine Finger in meinen Haaren und zogen mich enger an sich. Meine Hände streichelten über seine Haut und Mamoru spreizte seine Beine unter der Decke für mich. Ich löste mich von seinen Lippen. „Also jetzt bekommst du Mitgefühl und später werden wir noch einmal über deine kleinen Geheimnisse reden.“ Damit zog ich die Decke über meinen Kopf und wanderte nach unten. „Massanorie?“ Doch noch bevor er fragen konnte was ich vor hatte, waren meine Lippen mit seinem Schwanz beschäftigt. Mamoru seufzte und stöhnte unter meinen Berührungen. Die Tatsache, dass ich nichts sah machte diesen Moment noch intensiver und um einiges erregender. „Mas – Massanorie…“ Seine Stimme drang gedämpft zu mir. Mit einem Lächeln nahm ich seine Reaktion zur Kenntnis. Mamoru Chiba Meine Finger verkrampften sich in seinem Haar und ich bäumte mich auf, als seine Zunge über meine ganze Länge fuhr. Die Decke verhinderte, dass ich ihn sah und dieser Umstand war unglaublich erregend. Ich spreizte meine Beine noch etwas mehr. In mir breitete sich ein Kribbeln aus und ich wusste das meine Gedanken nur noch zu einem Nebel wurden, welcher nur von Massanorie aufgelöst werden konnte. Plötzlich hörte er auf, ich seufzte etwas und vermutete schon, dass er mich so maßregeln wollte, als ich seine Finger an meinen Oberschenkeln spürte. Er drückte mein Bein etwas nach oben und ich wollte gerade die Decke weg ziehen, weil ich nicht wusste was er vor hatte, als ich keuchend zurück ins Kissen fiel und die Augen aufriss. Seine Zunge befand sich über meinem Eingang und ich spürte wie er sie langsam in mich schob. Ich hob automatisch meinen Hintern an und drückte mich mit dem Rücken mehr in die Matratze. „OH Gott… Scheiße…“ Meine Hände krallten sich in die Matratze und das Kissen. Das er sowas überhaupt mit seinem oft fiesen Mundwerk hinbekam war beachtlich. Seine Finger legten sich wieder um meine Erektion und fuhren sie auf und ab. Ich keuchte und presste die Augen zusammen, ich versuchte das ganze etwas hinauszuzögern, aber es gelang mir nicht. Mein Körper verkrampfte sich und ich spürte wie Massanories Zunge sich um mein Glied legte als ich kam. Keuchend kam ich in seinem Mund und rief seinen Namen dabei. Schwer atmend starrte ich an die Decke, als sich Massanorie wieder nach oben schob und mich küsste. Dass sein Kuss nach mir schmeckte gefiel mir und ich lächelte zufrieden als er sich wieder neben mich positionierte. „Und war das genug Mitgefühl?“ er sah mich spottend an. „Ja. Du blöder Kerl.“ Antwortete ich amüsiert. „Na dann. Erzähl mir was passiert ist.“ Er griff neben das Bett und zog eine Wasserflasche hervor. Diese hatte er gestern Nacht oder besser heute Morgen geholt, nachdem ich mich etwas dumm beim Oralsex angestellt hatte. Ich wurde bei dem Gedanken etwas rot und räusperte mich. „Keine Sorge…“ er setze die Flasche an und nahm einen Schluck. „…das mit dem Schlucken üben wir nochmal. Nicht das du mir stirbst, weil du an meinem Sperma erstickst.“ Er lachte und hielt mir die Flasche hin. Bockig nahm ich sie. „Am besten beuge ich dem vor und blase dir einfach keinen mehr!“ Er begann zu lachen, legte sich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Als wenn du das Schaffen würdest. Dafür stehst du zu sehr drauf.“ Ich schnaubte, weil er recht hatte und nahm einen Schluck. „Du bist ganz schön von dir überzeugt.“ „Ich hab dich gerade mit meiner Zunge befriedigt und ich denke es hat dir gefallen. Also, ja ich weiß das ich gut bin.“ „Ich hasse dich.“ „Ich liebe dich auch.“ Er drehte den Kopf und hob seinen Arm etwas an. Ich wusste sehr wohl, dass es eine Einladung zum kuscheln war, wollte aber nicht. Also setzte ich die Flasche erneut an die Lippen und leerte sie mit einem Zug, bevor ich sie auf meine Bettseite stellte. Dann sah ich zu Massanorie, rümpfte die Nase und legte mich demonstrativ auf meine Seite des Bettes. „Der Kater schmollt.“ Kam es nur belustigt von ihm. Ohne zu reagieren zog ich die Decke höher und drehte ihm den Rücken zu. Der sollte nicht denken, dass ich für ihn Handzahm werden würde. So langsam döste ich etwas ein, als ich das Klingeln von einem Telefon wahrnahm. Ich drehte den Kopf und sah über meine Schulter zu Massanorie. Er drückte gerade auf das Handy und hielt es ans Ohr. „Was gibt es?“ … „Ich bin freundlich, aber die Nacht war lang und der morgen stressig. Also Schwesterherz was kann ich gegen dich tun?“ … Nun war ich neugierig. Ich drehte mich herum und sah Massanorie an, dieser bemerkte das und grinste nur. Mensch, dass er auch immer seinen Willen bekam. Seufzend kam ich seiner erneuten Aufforderung nach und legte meinen Kopf auf seinen Brustkorb ab. Dafür schaltete er den Lautsprecher an. „…also wollte ich fragen ob du und Mamoru auch vorbei kommt. Ich hab Kuchen besorgt und würde es schön finden.“ „Wir Mama.“ Ich musste sofort grinsen als ich Katrins Stimme hörte. Wie lange hatte ich sie jetzt nicht gesehen? Ich wusste es nicht mehr. „Ich möchte auch mit Sano-oji-chan telefonieren?“ „Katrin nicht jetzt. Ich muss Massanorie erst überreden das die beiden kommen.“ „Aber Mama…“ Ich lachte leise und sah zu Massanorie hoch, welcher mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht schob. „Lust?“ „Ja, sogar sehr.“ kam es ehrlich von mir. „Also gut, wir haben das gerade besprochen und wir sehen uns dann in einer Stunde. Aber vergiss nicht auch was mit Zitrone oder Limone zu besorgen.“ Er rollte mit den Augen. „Klar Bruderherz und sag Mamoru wir freuen uns auch.“ In diesem Moment hörte ich Katrin quicken. „Mama, Mama ist Mamoru am Telefon. Bitte, bitte ich will auch mit ihm reden.“ „Wir sehen sie doch gleich.“ „Mama Biiiiiitteeeeee.“„Massanorie wärst du bitte so freundlich?“ „Lautsprecher ist an.“ Kam es nur belustigt von ihm. „Hey Nezumi-chan.“ „Maru-chan!“ Katrins Stimme überschlug sich fast. „Geht es dir gut? Bist du wieder gesund? Kann ich dich jetzt wieder besuchen? Kannst du mir nun endlich das Ende von Sailor Moon erzählen? Und du musst mit mir noch meinen Geburtstag nachfeiern. Mama und Opa und Oma und Sano-chan haben gesagt, dass ich dich erst fragen darf wenn du gesund bist! Bist du wieder gesund?“ Ich sah Massanorie etwas irritiert an, Massanorie flüsterte nur „Sie hatte im Januar Geburtstag, aber es ging dir nicht gut, also haben wir es dir nicht erzählt.“ Ich biss mir auf die Unterlippe und setzte mich nun doch auf. „Klar Nezumi-chan. Das machen wir alles. Es tut mir leid, dass ich keine Zeit für dich hatte…“ „Ist nicht schlimm. Ich habe mir nur Sorgen gemacht. Aber jetzt ist alles wieder gut und dann können wir gaaanz viel spielen und du kannst mir Geschichten erzählen. Und ich passe auf, dass Mama auch Schokoladenkuchen kauft. So aber Mama sagt wir müssen los, also bis gleich Maru-chan. Hab dich lieb!“ Damit legte sie auf. Ich sag Massanorie an. „Du hättest es mir sagen müssen.“ „Wieso?“ Er setzte sich auf und schlug die Decke beiseite. „Dir ging es nicht gut und es hätte dich nur gestresst. Also haben meine Eltern, Julia und ich entschiedenen, dass wir es dir nicht sagen. Katrin haben wir es erklärt und sie hat es verstanden. Dass sie das noch immer nicht vergessen hat, zeigt mal wieder das dieses Kind einen Elefantenhirn hat.“ Damit stand er auf und für ihn war alles gesagt. „Ich geh jetzt duschen, willst du mitkommen?“ Seijiro Lenjier Julia war mit Katrin schon da und die beiden deckten gerade den Kaffeetisch, als Andrea in mein Büro kam. „Alles in Ordnung?“ Ich nickte nur und schloss den Laptop. „Alles gut. Wieso fragst du?“ Sie hob eine Augenbraue an und musterte mich. "Hast du gerade gearbeitet?" Sie setzte sich auf die Kante des Schreibtisches und sah mich musternd an. Heute trug sie eine Jeanshose und dazu eine Weiße weite Bluse mit einem weißen Top darunter. Es war eben genau ihr Stil. Ich zupfte an der Bluse und lächelte sie an. „Mach dir keine Sorgen, ich warte nur auf einen Anruf von einem Kunden und ich weiß…“ ich hob beschwichtigend die Hände. „…ich sollte das alles langsam an Massanorie abgeben, aber es ist eben schwer.“ Sie seufzte, beugte sich zu mir und küsste mich auf den Mund. „Ich weiß. Aber ich bin froh, dass du es selber merkst.“ Ich schaute ihr in die Augen und noch bevor sie wieder verschwinden konnte, hielt ich sie sanft am Handgelenk fest und zog sie zu mir. „Seijiro?!“ Sie lachte kurz auf und schlang ihre Arme um meinen Hals. „Seit wann machst du denn sowas?“ Etwas gekränkt sah ich sie an. „Du tust so, als hätte ich sowas nie gemacht.“ „Nie wäre wirklich übertrieben, aber das letzte Mal war…“ sie überlegte angestrengt und ich wusste ja, dass sie recht hatte. „Einigen wir uns auf damals!“ kam es schuldbewusst von mir. „Gut. Damals. Und warum jetzt?“ „Wer sagt, dass ich nicht auch von unserem Sohn lernen würde. Ein alter Hund kann auch neue Tricks lernen. Er braucht nur etwas Zeit dafür.“ Wir sahen uns an, bevor sie dieses Lächeln aufsetzte in welches ich mich damals sofort verliebt hatte. „Danke.“ Kam es nur leise von mir, bevor ich sie an mich zog und sie küsste. Ihre Lippen schmeckten nach Erdbeeren, was ich auf den Lippenbalsam schob, den sie immer nahm. Nach einer gefühlten Ewigkeit löste sie sich von mir. „Für was danke?“ Gerade als ich antworten wollte, hörte ich auch schon Massanorie, der wohl angekommen war und sich sofort mit Julia in die Haare bekam. „Komm…“ ich schob sie von meinem Schoss, stand auf und zog sie leicht hinter mir her. Leise standen wir in der Tür zum Esszimmer und sahen Julia, Massanorie, Katrin und Mamoru dabei zu wie sie anfingen, ihren Anspruch auf bestimmte Kuchenstücke zu erheben. Ich sah Andrea an und nickte in die Richtung der Kinder. „Dafür.“ Flüsterte ich. „Das du nie aufgehört hast daran zu glauben, dass wir beide das schaffen. Dass du all die Einsamkeit ausgehalten hast und trotzdem bist du bei mir geblieben. Dafür habe ich dir nie gedankt.“ Andrea sah mich an und Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Dummkopf. Du bist genau wie dein Sohn.“ Sie vergrub ihr Gesicht an meiner Brust, während ich sie in eine tiefe Umarmung zog. „Oma und Opa kuscheln.“ Ich sah auf und zu Katrin, die uns grinsend ansah und an Mamorus Hose zupfte. Die Kinder sahen uns etwas skeptisch an. „Was?“ kam es nur barsch von mir. „Und was zankt ihr euch schon wieder?“ „Wir zanken nicht…“ kam es von Julia. „Du hast nur ein Stück Schokoladenkuchen mitgebracht.“ Kam es sofort von Mamoru. „Ach und deswegen ist das deins?“ Massanorie zog eine Augenbraue hoch. „Ich hatte einen schrecklichen Morgen, ich hab mir das verdient.“ „Ich will auch Schokolade.“ Katrin sah zu Mamoru hoch. „Mit dir teile ich.“ Kam es sanft von Mamoru. „War klar, aber ich bekomm keinen Kuchen. Dabei hab ich dir gesagt du sollst was mit Limone mitbringen.“ „Die hatten aber nichts mit Limone, du dummer Kerl. Geh doch selber los.“ Julia seufzte und rümpfte die Nase. „Hast du schon Kaffee gekocht?“ Andrea sah sich das Gezanke an und schüttelte den Kopf. „Nein. Willst du mir helfen?“ Ich nickte. „Glaubst du wir bekommen Kuchen ab?“ „Ich glaube nicht.“ Kam es schmunzelnd von mir. „Da fällt mir ein, du hast den Kindern doch was aus New York mitgebracht.“ „Stimmt. Meinst du wir bekommen Ruhe ins Haus, wenn ich das verteile?“ Ich blieb im Flur stehen. „Ich denke ja.“ Kam es lachend von Andrea. „Lass mich nur eben Kaffee aufsetzen.“ Einige Minuten später stand ich im Schlafzimmer und kramte einige Sachen aus einer Tasche hervor. Als ich in New York war kam ich diesmal auf die Idee den Kindern was mitzubringen. Als sie kleiner waren hatte ich das manchmal gemacht, aber selten. Diesmal hielt ich es für eine gute Idee. Julia Lenjier „Massanorie?“ ich legte meine Hand auf den Unterarm meines Bruders und nickte in Richtung Wohnzimmer. Massanorie folgte mir und schloss die Tür hinter sich. „Ich wollte dich was fragen und ich glaube wir sollten darüber mal reden. Ist vielleicht nicht gerade der beste Zeitpunkt…“ „Sag es schon. Du redest wie immer zu lange herum.“ Seufzend ließ ich mich aufs Sofa fallen. „Es geht um Mamoru und um Mama und Papa.“ Massanorie wusste sofort was ich meinte, setzte sich in den Sessel und kramte seine Zigarettenschachtel hervor. „Du sollst nicht im Haus rauchen.“ Kam es kopfschüttelnd von mir. „Ach lass mich. Ist nur eine.“ Eine Weile schwiegen wir uns an. „Hast du ein Problem damit?“ Er sah zu mir und ich seufzte. „Nein. Ich meine, in den letzten Wochen ist es ihm oft passiert, dass es ihm fast rausrutschte. Und Mama und Papa ist es sicherlich auch aufgefallen. Und ich finde wir sollten darüber reden ob uns das stört.“ „Also hast du doch ein Problem damit.“ „Schieb das nicht auf mich, was ist denn mit dir?“ Massanorie lehnte sich zurück und seufzte. „Keine Ahnung, es ist komisch wenn der Mann mit dem ich schlafe meine Eltern auch Mama und Papa nennen würde.“ Schweigend sahen wir uns an. „Wir sind schlechte Menschen.“ „Ja. Liegt in der Familie. Ist bestimmt was Genetisches.“ Massanorie strich sich durch die Haare und pustete den Rauch in die Luft. „Also wollen wir ihm sagen, dass wir das nicht wollen…“ ich druckste herum und zuckte zusammen als sich die Tür öffnete. Meine Mutter kam herein und musterte uns beide. „Was wollt ihr wem sagen?“ Sie hatte anscheinend nur meine letzte Aussage gehört und dass alleine reichte aus um ihre Alarmglocken läuten zu lassen. Sie sah zuerst mich und dann Massanorie mit diesem unerschütterlichen Mutterblick an. Wir beiden wichen dem Blick aus und starrten auf den Boden. „Na, eine Antwort. Irgendwas läuft doch hier.“ Ihre Stimme hatte einen ernsten Ton angenommen. „Also ich weiß nicht wovon du redest. Aber Julia und ich haben nur darüber geredet, Mamoru zu sagen, dass er das Schokokuchen…“ „Wenn du weiter redest und mich weitere anlügst, dann kannst du dich auf was gefasst machen.“ Unsere Mutter ging auf Massanorie zu, nahm ihm die Zigarette aus der Hand und drückte sie im Aschenbecher aus. „Im Haus wird nicht mehr geraucht.“ Schweigend sahen wir uns an. Mein Blick glitt zur Tür. Mama sah das sofort und schloss sie. „Also nun ist die Tür zu und wir müssen ja auch nicht schreien. Was ist hier los?“ Ich seufzte erneut und sah zu meinem Bruder, der das aussitzen wollte. Leider hatte ich dieses Gen nicht geerbt, doch gerade als ich ihr die Wahrheit sagen wollte, klopfte es an der Tür. „Wie im Taubenschlag.“ Kommentierte meine Mutter das Ganze nur. „Herein.“ Die Tür wurde geöffnet und Katrin schob sich herein. „Opa hat uns Geschenke mitgebracht. Mama du musst auch kommen.“ Sie rannte zu mir, nahm meine Hand und zog mich hinter sich her. „Ja zu schade, dann verschieben wir das Gespräch wohl.“ Massanorie schlenderte hinter mir her und ich konnte aus den Augenwinkeln den Blick meiner Mutter sehen und der verhieß nichts Gutes. Andrea Lenjier Irgendwas heckten die doch aus. Da war ich mir ganz sicher. Zuerst Seijiro heute, der mir mit so einer doofen Ausrede kam, er würde auf einen Anruf eines Kunden warten, das kaufte ich ihm schon mal gar nicht ab. Und dann die beiden die anscheinend auch irgendetwas vorhatten oder vertuschten. Aber das wäre ja gelacht, wenn ich nicht dahinter kam. Ich betrat das Arbeitszimmer und sah Katrin wie sie eine neue Puppe an sich drückte. „Danke Opa, die ist sooo hübsch. Mama, Mama sieh doch mal was der Opa mir mitgebracht hat.“ „Ja ich sehe es, du musst Opa aber dafür auch dolle drücken.“ Julia lachte und sah ihren Vater an. Natürlich sollte er sie nicht verhätscheln, aber er brachte sehr selten etwas für die Kinder mit, also war das ok. Ich zuckte kurz zusammen als Mamoru sich plötzlich neben mich stellte und interessiert zu den anderen sah. „Willst du dich nicht einreihen?“ ich stupste ihn sachte an und nickte in Richtung meines Mannes. Doch Mamoru schüttelte nur den Kopf. „Nein. Ich bleib lieber hier, sonst gibt das nur Ärger.“ Etwas überrascht sah ich Mamoru an, welcher etwas eingeschüchtert wirkte. „Alles in Ordnung?“ Doch Mamoru nickte nur. „Ja alles gut. Ich muss sowieso gleich gehen…“ Gerade wollte ich ihn unterbrechen und fragen was los sei, als mein Mann das schon tat. „Mamoru. Komm her.“ Ich sah zu meinem Mann. Mamoru schien überrascht und brauchte einen Moment um sich in Bewegung zu setzen. Ich sah kurz zu Julia, die gerade ein Kleid hoch hielt. „Mama schau. Das ist ja wunderschön. Genau so ein Sommerkleid hab ich ewig gesucht.“ Sie strahlte mich an und hielt es sich an den Körper. „Und da mag nochmal jemand sagen, dass euer Vater keinen Geschmack hätte.“ Ich grinste und sah zu Massanorie, der zu mir kam. „Selbst mir hat er was mitgebracht, dabei waren wir zusammen in New York. Und was soll das denn bitte, schließlich bin ich fast dreißig.“ Er klang erbost, aber ich konnte sehen, dass er sich über das kleine Zigarettenetui mit Gravur sehr freute. Mein Blick glitt zu Mamoru, der nun neben meinem Mann stand. Er schien verunsichert. „Ich hoffe es gefällt dir. Massanorie meinte du würdest gerne Fußball spielen, also hab ich mir gedacht, dass wäre genau das richtige für dich.“ Er hielt Mamoru ein Päckchen hin, was dieser nur zögerlich annahm. „Aber...“ „Nichts aber.“ Seijiro wuschelte ihm durch die Haare und lächelte ihn an. Zögerlich begann Mamoru das Päckchen auszupacken und plötzlich strahlte er richtig. „Das ist so cool. Danke. Und das ist wirklich für mich?“ Man konnte richtig sehen wie er sich freute. Seijiro nickte. „Natürlich. Ich dachte mir, du könntest ein neues Outfit zum Spielen gebrauchen. Massanorie erwähnte mal, dass du nur ein Outfit zum spielen hast. Die Größe müsste stimmen, da hab ich etwas geraten. Ich hoffe es passt. Oh und…“ Mamoru starrte Seijiro an und strahlte wie ein kleiner Junge. „Hier…“ er hielt Mamoru ein Netz mit einem Fußball hin. Mamoru freute sich riesig und umarmte Seijiro und strahlte wirklich über das ganze Gesicht. Lächelnd sah ich ihn an und freute mich. „Den Kuchen könnt ihr behalten. Ich ruf Yosuke an und geh Fußball spielen.“ Und schon war er an mir vorbei. Er steckte den Kopf noch einmal ins Büro. „Ist das ok?“ lachend sah ich ihn an und nickte. „Ja ist es.“ „Aber um 20 Uhr bist du wieder hier!“ kam es plötzlich von Seijiro. Etwas verwundert sah ich ihn an. „Ich habe gedacht wir gehen heute essen, deswegen.“ Ich sah nochmal zur Tür, aber Mamoru war schon weg. „Er kann ja ein richtiger Wirbelwind sein, wenn er will.“ Kam es nur lachend von mir. Julia und Massanorie nickten nur. „Warum darf Maru-chan jetzt spielen gehen?“ Katrin stand vor mir. „Sei nicht böse, Mamoru freut sich gerade nur und will deswegen mit seinen Freunden etwas machen. Weil er ihnen zeigen will was dein Opa ihm geschenkt hat.“ „Hmmm, ok. Aber wenn Maru-chan wieder da ist, dann spielt er mit mir.“ „Bestimmt.“ Kommentierte ich ihre Aussage nur, ging in die Knie und küsste sie auf die Stirn. Zehn Minuten später saßen wir alle am Esstisch und ich verteilte gerade den Kuchen. Mamoru war noch immer oben und zog sich um. Gerade schenkte ich Seijiro Kaffee ein, als die Esszimmertür aufflog und Mamoru reinkam. Er zog sich gerade seine Jacke an und trug schon das Fußball-Outfit das Seijiro ihm geschenkt hatte. „Ich bin weg.“ „Mamoru vergiss nicht, sei um 20 Uhr wieder hier. Wir wollen noch essen gehen.“ „Ja, schaff ich.“ Kam es nur schnell von ihm, bevor er wieder verschwinden wollte. „Und keine Schuhe im Haus.“ Seijiro nippte an seiner Tasse. Mamoru zuckte zusammen und ich sah an ihm hinunter. Anscheinend wollte er schon längst weg sein, hatte sich dann aber erinnert uns Bescheid zu geben und war an der Tür umgekehrt. Seijiro seufzte nur. „Sei pünktlich.“ Mamoru rief nur noch ein halbherziges „Ja“ und weg war er. „Ich hoffe du hast ihm etwas Langärmliges gekauft und kein Kurzarm-Shirt, er holt sich nur den Tod. Du weißt, er hat keinen sehr guten Selbsterhaltungstrieb. Und ich glaube bei Fußball erst recht nicht.“ Seijiro lachte auf. „Nein das stimmt. Ich habe ihm ein Kurzarm-Shirt und ein Langarmshirt gekauft, aber was er unter der Jacke getragen hat kann ich schlecht sagen.“ Lächelnd sah ich noch mal zur Tür. „Er freut sich gerade wie ein sechsjähriger.“ „Ja. Das ist mir auch sofort aufgefallen.“ Seijiro lächelte ebenfalls. „Aber er hat sich das verdient. Wenn man überlegt was er alles durchgemacht hat, dann muss er viel nachholen. Hast du gemerkt, dass er vorhin fast wieder Dad zu dir gesagt hätte?“ Seijiro nickte. „Ja, aber er hat es sich wieder verkniffen. Mal sehen wie lange er noch braucht.“ Damit lachten wir beide und ich setzte mich endlich und genoss meinen Kaffee. Es war schon fast sechs als wir endlich den Tisch abräumten. Seijiro verzog sich wieder in sein Büro und Katrin spielte mit ihrer neuen Puppe. „Kann ich euch beiden helfen?“ Julia und Massanorie standen beide in der Küche und sahen etwas verunsichert aus. „Können wir dich was fragen?“ meine Tochter setzte sich an den Küchentisch und nippte an ihrer Tee Tasse. „Natürlich.“ Ich trocknete mir die Hände an einem Geschirrtuch ab und drehte mich zu den beiden um. „Was gibt es denn?“ „Stört es dich und Papa nicht, dass Mamoru euch… naja das er euch auch so anreden will.“ Julia sah zu Massanorie, der zu mir schielte und sich ebenfalls nun an den Küchentisch setzte. „Nein. Natürlich nicht. Darauf warten euer Vater und ich ja nur. Das würde nämlich zeigen, dass Mamoru uns wirklich vertraut und er sich hier sicher fühlt.“ Ich nahm meine eigene Tasse und setzte mich zu meinen Kindern. „Stört es euch, dass er uns so nenne will? Ich glaube eher, dass das die Frage ist, die hier im Raum steht.“ Beide wurden verlegen. „Hmm verstehe. Also stört es euch. Und ihr seit eifersüchtig.“ Sofort wollten beide Einspruch erheben. „Es ist egal wie ihr es nennen wollt. Am Ende wollt ihr nicht, dass ihr uns mit ihm teilen müsst. Und das ist Eifersucht.“ Ich nippte an meinem Tee und überlegte wie ich einen Konflikt der drei vorbeugen konnte. „Jetzt möchte ich euch etwas fragen, und ihr müsst ehrlich antworten. Aber nur Ja oder Nein.“ Die beiden schauten sich an und dann mich bevor sie nickten. „Euer Vater und ich mögen nicht die Besten Eltern gewesen sein und wir werden wahrscheinlich noch viele Fehler machen. Aber das ist nun mal so, wir sind nicht perfekt und sobald man Kinder hat ändert sich alles. Wir haben uns gestritten, uns angebrüllt, aber wir haben uns auch beigebracht den anderen zu verstehen, haben immer versucht für euch da zu sein. Sagt mir, gab es Zeiten wo ihr das Gefühl hattet das keiner von uns euch lieben würde? Das ihr vollkommen allein wart?“ „Nein“ „Nein“ kam es von beiden. „Gab es Zeiten in denen ihr nicht genug zu essen hattet?“ „Nein“ kam es nur gleichzeitig und beide wurden leiser. „Gab es Zeiten wo ihr krank wart oder geweint habt und wir euch nicht getröstet haben?“ Beide tauschten einen Blick aus und schüttelten den Kopf. „Gab es denn Zeiten wo ihr zu wenig Spielzeug, oder Anziehsachen hattet?“ Wieder verneinten beide. „Haben wir je die Hand gegen euch erhoben?“ Massanorie presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf und auch Julia flüsterte nur ein leises „Nein.“ Schweigend saßen wir alle drei an diesem Tisch. „Julia, ich will dich noch etwas fragen.“ Meine Tochter sah mich an und hatte schon jetzt Tränen in den Augen. „Wenn dir etwas passieren würde und es wäre niemand von uns da um sich um Katrin zu kümmern, würdest du nicht wollen, dass es Menschen gibt die sie so lieben wie sie ist. Die sie beschützen, sie umarmen, sie trösten. Die ihr ein Heim geben wo sie geborgen ist?“ Nun begann Julia zu weinen. „Doch. Ich liebe sie doch und ich würde mir das auch wünschen.“ Ich nickte nur und musste mir auch eine Träne aus den Augen wischen. „Und jetzt will ich, dass ihr darüber nachdenkt ob das was ihr alles hattet, Mamoru auch hatte.“ Mein Blick richtete sich auf Massanorie, der nur noch auf die Tischplatte starrte. „Massanorie?“ Er sah auf und sah mich an. „Sag mir, hatte Mamoru das alles? Hatte er eine Familie die ihn liebte, hatte er immer genug zu essen, Kleidung, eine Kindheit? Menschen die ihm Geborgenheit gaben, die nicht die Hand gegen ihn erhoben? Hatte er jemals das Gefühl nicht allein zu sein?“ Massanorie konnte sich die Tränen nicht zurück halten und wischte sich durch die Augen. „Nein, hatte er nicht.“ Kam es nur leise von ihm. „Wir sind so scheiße!“ kam es schluchzend von Julia. Ich lachte nur leise. „Nein seid ihr nicht. Ihr seid gerade nur ein paar dumme Kinder die eifersüchtig auf ihr neues Geschwisterchen sind.“ Damit stand ich auf und umarmte jeden der beiden einmal. „Wir lieben euch und daran wird sich nichts ändern. Aber ihr müsst auch verstehen, dass Mamoru gerade etwas einfordert, auch wenn er sich dessen nicht bewusst ist, was ihr seit Anfang an hattet. Also versucht gute Geschwister zu sein und ihm das Ganze nicht zu schwer zu machen.“ Kapitel 68: Step sixty-six… Rainbow ----------------------------------- In the future, it's going to dye all colors of the rainbow Just only you, by your side Thank you, Today, Tomorrow there's happiness. Kana Nishio, J-Pop Sängerin Mamoru Chiba „Maru-chan?“ „Hmm?“ ich sah zu Katrin hinunter, welche an meiner Hand lief, blieb stehen, kniete mich hin und rückte ihren Schal fest. „Was gibt es?“ Ich tippte ihr auf die Nase und schmunzelte. „Ich finde es toll, dass du mich vom Kindergarten abholst. Das musst du öfter machen.“ Beim Sprechen bildeten sich kleine Atemwolken vor ihrem Gesicht und ihre Wangen, sowie ihre Nase waren rot verfärbt vor Kälte. „Ja. Das ist toll, oder? Aber das geht eben nur diese Woche, weil deine Mama doch diese Fortbildung macht und deswegen nicht da ist.“ Ich stand auf und zog auch meinen Schal fester. In der letzten Woche hatte es sich nochmal sehr abgekühlt und ihm Radio redete man sogar wieder von Schnee. Seufzend streckte ich Katrin meine Hand wieder hin und wir machten uns weiter auf den Heimweg. „Maru-chan?“ „Ja Nezumi-chan?“ Mein Blick glitt zur ihr hinunter. Sie hatte einen angestrengten Gesichtsausdruck und ihre Nase kräuselte sich etwas. „Wenn du und Sano-oji-chan heiraten, dann darf ich zu dir auch Maru-oji-chan sagen, oder?“ Sofort blieb ich stehen und wurde rot. „Also…“ ich stotterte herum und versuchte darauf eine Antwort zu geben, die mich nicht in Verlegenheit brachte – es gelang nur mittelmäßig muss man dazu sagen. „Also wir werden bestimmt nicht heiraten… u-und außerdem geht das in Japan nicht… wie-wieso so-sollte er das au-auch…“ Katrin schien das alles nicht zu interessieren. „Aber wenn, dann darf ich Maru-oji-chan sagen?“ Irritiert sah ich sie an und nickte, bevor ich mein Gesicht bis zur Nasenspitze in meinem Schal vergrub und mich wieder in Bewegung setzte. Katrin freute sich über meine Antwort und begann von ihrem Tag im Kindergarten zu erzählen. Aber ich konnte mich gerade nur mit ihrer Frage beschäftigen. „Sag mal Katrin?“ „Ja?“ „Wie kommst du darauf, dass dein Onkel und ich heiraten wollen? Hat er was gesagt, also Massanorie?“ Neugierig sah ich sie aus den Augenwinkeln an, während wir an einer Ampel standen und auf grün warteten. „Nein. Aber ich fände das toll. Dann darf ich den Ring tragen und so.“ „Aha…“ über mich selbst verwundert, dass dies nicht unbedingt die Antwort war, die ich hörten wollte seufzte ich kurz auf. „Mamoru?“ „Ja.“ Kam es leicht frustriert von mir. „Mamoru?“ aus meinen Gedanken gerissen sah ich zu Katrin. „Ja?“ „Dein Handy klingelt und es war grün.“ Sie zeigte auf die Ampel, die gerade wieder umschlug, ich spürte die leichte Vibration in meiner Jackentasche und hörte meinen Klingelton. „Ich sollte aufhören so viel zu denken.“ Kommentierte ich mich selber und nahm das Handy in die Hand. „Ja Chiba?“ „Herr Chiba. Hier ist die Hochschule, ich wollte ihnen mitteilen, dass ab heute die Prüfungsergebnisse ausgehängt werden. Sie finden diese am schwarzen Brett in der unteren Etage des Hauptgebäudes. Egal wie das Ergebnis für sie ausgefallen ist, bitten wir darum sich die Prüfungsunterlagen bei Herrn Professor Doktor Tzumito Uyeda abzuholen. Sein Büro finden sie in Etage 3, Raum D4. Haben Sie noch Fragen?“ „Nein, danke für die Information.“ „Gerne. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Falls sie nicht bestanden haben sollten, bitten wir ebenfalls darum, dass sie ihre Unterlagen in der Anmeldung abholen.“ Damit legte sie auf. Ich hatte ganz vergessen, was für eine Herzenswärme dort herrschte. Als wenn sie nicht schon wusste wer bestanden hatte und wer nicht. Schließlich hatte sie ja die Unterlagen von denen die nicht bestanden hatten schon vor sich liegen. Aber nein, jetzt musste ich wirklich zur Hochschule tingeln und mir den Mist selber ansehen. „Katrin, wollen wir einen kleinen Umweg machen? Und du kommst mit zu meiner Hochschule? Oder willst du lieber zu Oma und Opa und…“ „Jaaaa. Ich will mit.“ Kam es sofort aus ihrem Mund und sie klatschte begeistert in die Hände, was mit Handschuhen sehr komisch aussah. „Na gut. Dann ruf ich deine Oma an und sag ihr Bescheid. Sonst macht sie sich Sorgen.“ Wir waren doch etwas länger unterwegs und ich bereute es Katrin mitgenommen zu haben. Nicht das sie störte, aber ich merkte, dass ihr kalt war. Als wir das Hauptgebäude betraten, herrschte hier, anders als vor einer Woche, ein reges Treiben. Anscheinend hatten einige Kurse schon wieder angefangen. Ich beugte mich zu Katrin und rieb ihr kurz über die kalten roten Wangen. „Dir ist kalt oder?“ Katrin nickte leicht. „In der Cafeteria gibt es warmen Kakao, da hol ich dir gleich einen ok?“ „Ja.“ Kam es lächelnd von ihr. „Du musst an meiner Hand bleiben, sonst verliere ich dich.“ Katrin sah sich neugierig um, nickte und drängte sich an mich. „Hier sind aber viele Leute.“ Ich schmunzelte. Wenn sie das schon viel fand, dann würde sie sich aber wundern was hier los war, wenn alle Vorlesungen wieder anfingen. Mit ihr an meiner Hand ging ich durch das Hauptgebäude zum schwarzen Brett, wo auch schon einige Studenten vorstanden und sich anscheinend andere Prüfungsergebnisse ansahen. Mein Blick glitt über die Wand, bis ich den Zettel fand den ich suchte. „Was steht da überall?“ Katrin zupfte an meiner Hand. „Oh, das sind Prüfungsergebnisse. Weißt du, anders als in Deutschland werden hier die Noten in Listen ausgehängt. So das alle sie sehen können.“ „Das ist aber gemein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Dann kann man sich ja über die lustig machen, die nicht so gut sind und dann sind die traurig. Dass finde ich doof.“ Etwas verwundert sah ich zu ihr hinunter. Darüber hatte ich mir nie Gedanken gemacht, aber so unrecht hatte sie nicht. Diese Art der Notenpräsentation sollte natürlich Ansporn sein für alle gute Leistungen zu bringen, aber für die die schwach in der Schule waren, konnte es wahrscheinlich demütigend sein. „Hmm. Weißt du, darüber habe ich nie nachgedacht.“ schoss es mir durch den Kopf. Wieder suchte ich die Liste, fand sie dieses Mal aber sofort und schaute aus Gewohnheit auf die ersten drei Plätze. „Hayashibara Megumi, Subawa Junichi, Yanami Ryo…“ murmelte ich nur und biss mir auf die Lippen, während mein Blick auf die Plätze vier bis sechs fiel. „Orikasa Nyo, Narasai Fumiko, Sakamoto Kazuya.“ Völlig erstarrt stand ich da und musste feststellen, dass ich nicht auf der Liste stand, jedenfalls nicht auf den Plätzen die mit dem Vermerk „erneute Zulassung“ versehen waren. Die Punktezahl der ersten sechs Leute lag zwischen 98 und 86, dann folgten die fünf anderen Namen. Mein Name war der letzte auf der Liste mit nur 65 Punkten und plötzlich verstand ich Katrins Einwand, was diese öffentliche Demütigung anging. „Hast du eine gute Note?“ „Weißt du was? Du hast recht, das ist ein wirklich blödes System das wir haben.“ Damit kniete ich mich zu ihr und stupste ihr auf die Nase. „Wollen wir einen Kakao trinken gehen?“ „Ich hab dich lieb. Also sei nicht traurig.“ Damit umarmte sie mich, auch wenn ich nichts gesagt hatte so merkte sie anscheinend, dass es nicht so gut gelaufen war. Nach dieser süßen Umarmung trabten wir zur Cafeteria. Ich wusste nicht so richtig was ich denken sollte oder wie ich mich fühlte. Gerade war ich innerlich leer und wusste nicht einmal was ich machen musste. Die Cafeteria war fast leer und nur einige Tische waren belegt. Wir suchten uns einen Platz in der Nähe der Heizkörper. „Wärm dich erst einmal auf, sonst bist du ein Eiszapfen bis wir bei Oma und Opa sind.“ Katrin legte ihre Hände an den Heizkörper, der hinter ihrem Stuhl hing, zog sie aber sofort wieder zurück. „Das ist heiß.“ Ich hing gerade meinen Mantel an die Stuhllehne und setzte mich. „Kann ich auf deinen Schoß und kuscheln?“ Schmunzelnd hob ich sie zu mir auf den Schoss und sie kuschelte sich in den Wollpullover den ich an hatte. „Das ist viel besser.“ Nuschelte sie nur, bevor sie ihre Tasse in die Hand nahm und anfing zu pusten. Ich lehnte mich zurück und starrte an die Decke. Was sollte ich denn jetzt tun? Alle meine Karten waren doch darauf ausgelegt, dass ich wieder studierte und nun war alles dahin. Eigentlich wollte ich nur noch heulen. Wieso lief dieses Jahr eigentlich noch schrecklicher ab als das Letzte? „Guten Tag.“ Ich zuckte zusammen und sah nach vorne. Und wenn mein Tag nicht schon schlimm genug gewesen war, stand dort natürlich der Mann dem ich dieses Fiasko bestimmt zu verdanken hatte. “Guten Tag Professor Tzumito.“ Kam es nur höflich von mir. Und sofort schämte ich mich für meinen Gedanken. Ich war selber schuld, ich hätte mehr lernen können, hätte nicht so viel trinken müssen am Vorabend, hätte meine Post besser kontrollieren können und vielleicht hätte ich nicht so patzig in dem Gespräch sein dürfen. „Guten Tag junge Dame. Du bist aber noch sehr jung für eine Studentin.“ Er lächelte Katrin freundlich an. Diese sah zu mir und schien etwas ratlos. „Mamoru, ich hab das nicht so gut verstanden…“ Ich lächelte sie an und nickte. „Entschuldigen Sie Professor Tzumito. Aber sie lernt immer noch japanisch und es fällt ihr schwer dann noch Dialekte zu verstehen.“ „Ah verstehe. Ja das ist ja immer das Problem, wenn man aus Hokkaido kommt.“ „Mamoru?“ Katrin zupfte an meinem Pullover. „Alles gut. Das ist ein Dialekt. Das gibt es doch im Deutsch auch.“ Katrin dachte nach und nickte. „Soll ich es dir erklären?“ „Ja, aber kannst du das auf Deutsch, weil ich im Kindergarten auch oft Wörter habe die ich nicht verstehe und Mama erklärt sie mir dann zu Hause.“ Ohne es zu merken, war sie selber ins Deutsche verfallen. Julia hatte mir schon gesagt, dass sie in letzter Zeit wieder öfter deutsch sprach und weniger japanisch. Sie meinte das käme daher, dass die Kinder im Kindergarten sich letztens etwas über sie lustig gemacht hatten, weil sie immer noch einen starken Dialekt hatte und einige Wörter noch nicht aussprechen konnte. „Darf ich mich setzen?“ Ich sah wieder auf und sah zu Professor Tzumito, der sich den Stuhl zurück zog. „Natürlich. Ich wollte sowieso noch zu ihnen um meine Prüfung abzuholen und ich muss noch ins Sekretariat…“ ich wich seinem Blick aus. „Das klären wir gleich. Erst einmal sollten sie der jungen Dame Rede und Antwort stehen.“ Damit setzte er sich, stellte seine Tasche und seinen Kaffeebecher ab und wartete. Etwas skeptisch war ich schon, aber Katrin zupfte ungeduldig an meinem Pullover. „Maru-chan…“ „Ich erkläre es dir, aber auf Japanisch. Nicht auf Deutsch. Du musst mehr japanisch reden und weniger deutsch, sonst lernst du es nicht. Ich erkläre dir alles ganz einfach und wenn du ein Wort nicht kennst, dann ist das nicht schlimm.“ Katrin verschränkte die Arme und presste die Lippen aufeinander. „Nein.“ „Dann erkläre ich es dir eben nicht.“ „Doch… die anderen Kinder haben gelacht.“ Sie schniefte und ich konnte sehen, dass sie kurz vorm weinen war. „Sie haben mich gehänselt und haben mich Gaijin genannt.“ Ich zog die Luft scharf ein und schüttelte den Kopf. Natürlich hatte ich Massanorie auch schon so genannt, aber es war zwischen uns etwas anderes und ich würde ihn nie so vor anderen nennen. „Hast du das der Kindergärtnerin gesagt?“ Katrin nickte, während ich ihr mit meinem Ärmel die Tränen wegwischte. „Und?“ „Sie hat mit denen geschimpft, sie hat zu Mama gesagt, dass ich besser werden muss. Aber ich gebe mir schon ganz viel Mühe.“ Sie zog die Nase hoch und sah mich an. „Ich weiß, dass du das machst. Manchmal sind andere Kinder sehr gemein. Aber du darfst deswegen nicht weniger japanisch reden, du solltest stolz darauf sein, dass du schon so früh zwei Sprachen kannst. Deutsch und Japanisch. Das können nur ganz wenig Kinder.“ Wieder nickte sie, nahm ihre Tasse und trank einen großen Schluck Kakao. „Und Deutsch ist eine ganz schön schwere Sprache und Japanisch auch. Also ist das nicht schlimm, dass es mit einer von beiden nicht gut klappt.“ Sie stellte die Tasse ab und ich kitzelte sie etwas. Katrin quickte und hielt meine Hände fest. „Magst du Kuchen?“ wir sahen beide auf und ich hatte fast vergessen, dass mein Professor – naja, mein ehemaliger Professor - dort saß. „Katrin hatte es diesmal besser verstanden und nickte. Professor Tzumito drehte sich um, zeigte auf die Vitrine, wo einige Sorten Kuchen angeboten wurden. „Du kannst dir eins aussuchen und wenn die Frau an der Kasse fragt, sagst einfach, dass der Mann bezahlt und zeigst dann einfach auf mich.“ Er lächelte sie an und hatte dieses Mal im Dialekt Edo gesprochen. Aber Katrin wäre nicht Katrin, wenn sie es nicht schaffen würde ein nettes Angebot auf ihre Art abzuweisen. „Mama und Maru-chan sagen, ich darf von Fremden nichts annehmen.“ Sie musterte ihn und trank ihren Kakao. Ich schmunzelte etwas. „Ist schon gut. Er ist ja mein Professor und ich bin dabei. Dann darfst du das.“ Sie legte den Kopf in den Nacken und schnaubte. „Das ist aber kompliziert. Zuerst darf ich nicht aber dann ja, das ist alles sooo schwer was Erwachsene wollen.“ Sie seufzte theatralisch auf, sprang dann aber doch sehr schnell von meinem Schoss und rannte zu der kleinen Kuchenauswahl. Professor Tzumito lachte auf und winkte kurz zu der Bedienung, die anscheinend verstand was er meinte und sich ganz Katrin widmete. „Wie geht es Ihnen?“ Ich nippte an meinem Kaffee und musterte ihn, ließ aber immer einen kurzen Blick zu Katrin schweifen. „Den Umständen entsprechend. Ich wäre noch zu Ihnen gekommen…“ „Ist mir bewusst. Dass sie keinen der Plätze bekommen haben tut mir leid, jedoch konnte ich mich nicht bei meinen Kollegen durchsetzen. Anscheinend ist diese Hochschule noch nicht bereit dazu Ehrlichkeit und Gradlinigkeit als eine Stärke von Studenten anzusehen.“ Jetzt war ich sprachlos. Er hatte gewollt, dass ich den Platz bekam? Dabei konnte gerade er mich doch nie leiden. „Ich sehe sie sind Verwirrt.“ „Ähm, entschuldigen Sie, aber ich bin nur verwundert. Wenn ich offen sein darf…“ „Ich bitte darum.“ „… Sie haben nie ein großes Geheimnis daraus gemacht, dass sie mich nicht leiden können und da finde ich es nur…“ „Wie kommen Sie darauf, dass ich Sie nicht leiden kann?“ Nun schaute er leicht verwundert. „Naja, Sie haben mich immer schlechter bewertet als andere Professoren und bei Vorträgen haben Sie meine Leistung immer herabgewürdigt.“ Er stellte die Tasse wieder ab und schmunzelte. „Und Sie denken das ist ein Zeichen für Missgunst Ihnen gegenüber?“ Nickend sah ich ihn an. „Dann muss ich Sie enttäuschen und Sie müssen noch etwas an ihrer Menschenkenntnis arbeiten. Der Grund warum ich Sie oft schlechter bewertet habe, war nicht der das ich Sie nicht leiden kann, sondern das ich immer dachte, dass Sie mehr sein könnten als das was andere Dozenten sehen wollten. Sie waren so perfekt in ihren Leistungen und in ihrem Auftreten und ich wollte sehen was dahinter steckt. Ob sie wirklich das sind oder ob ich sie dazu bringen kann nicht nur ihr bestes sondern sich selbst einzubringen. Sie waren von der Leistung her immer ein besonderer Student, aber menschlich war da noch viel Potenzial und dieses Potenzial wollte ich sehen und das haben Sie mir letzte Woche gezeigt – sehr zu meiner Freude steckt in Ihnen also doch mehr als nur ein gesellschaftliches Abziehbild. Diese Universität hat viele Studenten und wenige schaffen es ihre Individualität zu behalten, während man sie vorbereitet in einer Gesellschaft zu arbeiten wo es ein klares Bild von Ärzten und anderen Berufen gibt. Ich freue mich immer wenn Studenten es schaffen dieses spezielle zu behalten, aber viele fallen unter dem Druck der Anpassung zum Opfer. Das ist in meinen Augen schwierig, aber auf mich will ja keiner hören.“ Er zuckte mit den Achseln. Sprachlos sah ich ihn an und wusste nicht was ich sagen sollte. Mein Blick wanderte an ihm vorbei zu Katrin, die gerade ihren Kuchenteller auf dem Tisch abstellte und mich anstrahlte. „Die haben Schokokuchen. Ich hab zwei Gabeln.“ Sie hielt mir eine hin und strahlte über das ganze Gesicht. Schmunzelnd nahm ich eine Gabel entgegen und hob sie wieder auf meinen Schoß. „Du bist ein Schatz Nezumi-chan.“ Ich gab ihr einen Kuss auf die Schläfe und drückte sie einmal. „Hab dich auch lieb.“ Kam es nur lachend von ihr, während sie sich schon das erste Stück in den Mund schob. „Was sagt man?“ Ich stupste sie an und deutete mit einem Kopfnicken in Professor Tzumitos Richtung. „Danke.“ Kam es nuschelnd. „Entschuldigung. Aber wenn es um Kuchen geht...“ „Keine Sorge, das verstehe ich.“ Er sagte einen Moment nichts, sondern beobachtete mich, was mich nervös machte. „Was wollen sie denn jetzt machen?“ Sichtlich verunsichert wich ich seinem Blick aus und stocherte mit meiner Gabel in einem kleinen Krümel herum. „Nicht mit dem Essen spielen.“ Kam es von Katrin, die anscheinend darauf achtete das alles vernünftig lief. Sie nahm ein Stück Schokokuchen auf ihre Gabel und hielt mir diese hin. „Du musst was essen.“ Ihre Stimme war ernst und sie hatte ihre Augenbrauen zusammengezogen. Ich musste mir ein Lachen verkneifen und ließ mir das Schokokuchenstück schmecken. „Sonst sag ich Oma, dass du nichts isst.“ „Kleine Petze“ nuschelte ich nur und pikste sie in die Seite. Sie kicherte und zuckte leicht zusammen. Seufzend kaute ich, schluckte und zuckte auf seine Frage mit den Achseln. „Wissen Sie, ich habe keine Ahnung. Bis jetzt gab es immer nur dieses Studium, aber in letzter Zeit bin ich mir nicht mehr sicher was ich machen soll oder was mir liegt. Meine Eltern sagen ich soll etwas machen was mir Spaß macht, aber ich weiß…“ ich stockte, weil ich bemerkte was ich gerade gesagt hatte. „Alles in Ordnung?“ Professor Tzumito sah mich fragend an. Ich nickte nur und versuchte das Ganze zu überspielen. „Ja… ich wollte sagen, dass ich eben nicht weiß was ich noch kann außer studieren.“ „Ich würde sagen Sie sind gut im Umgang mit Kindern.“ Er machte eine Kopfbewegung in Richtung Katrin. „Ja mit Kindern kann ich ganz gut. Es ist einfacher als mit Erwachsenen.“ „Na das ist perfekt.“ Daraufhin nahm er sein Handy, stand auf und ging einige Schritte. „Was macht dein Lehrer?“ „Wenn ich das mal wüsste.“ Ich stützte meinen Kopf auf Katrins Kopf ab und seufzte. „Soll ich dir heute Abend eigentlich die Geschichte von Sailor Moon zu Ende erzählen?“ „Jaaaaaaaaa!“ Sie drehte sich ruckartig zu mir um und riss fast die Tassen vom Tisch. Gut, dass ich das voraus gesehen hatte und alles festhielt. Katrin Lenjier Der Lehrer von Maru-chan war ganz nett und ich bekam sogar noch einen Kakao, weil die beiden sich noch unterhalten haben. Aber irgendwie hab ich nicht verstanden worum es ging, denn der Lehrer von Maru-chan hat schon wieder komisch geredet und dann hab ich nicht alles verstanden. Aber Maru-chan war irgendwie komisch und als ich wissen wollte über was sie reden, hat er mir nur über den Kopf gestrichen und gemeint, das wäre was für Erwachsene. Das finde ich voll gemein, ich weiß doch schon total viel. Aber vielleicht ist Maru-chan noch böse, weil ich vorhin deutsch gesprochen habe. Aber die anderen Kinder waren so gemein und als ich Geburtstag hatte wollte ich auch keinen einladen. Ich habe Mama gesagt, dass ich erst feiern will wenn Maru-chan wieder gesund ist, aber ich will keinen einladen. Die waren alle gemein und ich hab gedacht ich hätte Freunde gefunden. Ich atmete ganz tief ein und aus, damit sich ganz viele weiße Wolken bilden. „Maru-chan schau.“ Doch Maru-chan schaute nicht, wir standen vor einem Tor und Mamoru machte gerade auch ganz viele weiße Wolken beim atmen. „Maru-chan?“ „J-ja?“ erschrocken schaute er mich an und drückte meine Hand, bevor er sich zu mir beugte. „Tut mir leid Nezumi-chan. Eigentlich sollte ich dich nur vom Kindergarten abholen und nun zerre ich dich durch die ganze Stadt.“ „Aber ich mag es mit dir zusammen zu sein. Und… und als du krank warst, da hab ich dich ganz doll vermisst. Deswegen will ich jetzt ganz viel Zeit mit dir verbringen.“ „Ich hab dich auch vermisst. Und wenn wir später zu Hause sind, dann kuscheln wir und ich erkläre dir die Sache mit den Dialekten und wir reden noch einmal über die Kinder im Kindergarten, ok?“ Ich kräuselte die Nase und zog eine Schmolllippe. „Ich mag die nicht mehr.“ „Ich weiß, aber redest du trotzdem mit mir darüber?“ Er streichelte mir über den Kopf und ich nickte. „Aber nur du und ich und Sparky und Wolle, sonst darf keiner dabei sein.“ „Ok. Versprochen.“ Er seufzte. „Maru-chan warum sind wir denn hier?“ „Weil mein Professor mir gerade ein Vorstellungsgespräch besorgt hat, auch wenn ich das nicht wollte. Aber jetzt weiß ich nicht ob ich das machen soll. Weil ich gar nicht weiß ob ich so einen Beruf will.“ „Was für ein Beruf denn?“ ich zupfte an meiner Mütze und wippte auf und ab mit den Füßen. „Als Lehrer in einer Kindestagesstätte…“ „Kindergärtner?“ „Nein… also ja… ja Kindergärtner…“ er legte seine Stirn in seine Handflächen und seufzte. „Das ist toll!“ rief ich und klatschte in die Hände. „Dann kannst du den ganzen Tag spielen und basteln und die Jungs in meinem Kindergarten wollen immer Fußball spielen, aber die Kindergärtnerinnen können das nicht und du kannst Mittagsschlaf halten.“ Ich grinste und sah Maru-chan an. Dieser lächelte etwas und seufzte leise. „Das macht bestimmt Spaß. Wenn ich groß bin, will ich auch was werden was mir Spaß macht.“ „Was?“ Maru-chan sah mich fragend an. „Das macht Spaß Maru-chan. Mama und Oma und Opa sagen, dass man Spaß haben muss wenn man arbeitet. Denn sonst ist das ganze doof.“ Maru-chan sah mich weiterhin an und lächelte schließlich. „Ich hab mir noch nie darüber Gedanken gemacht ob ich Spaß beim arbeiten haben will. Hmm, vielleicht sollte man wirklich machen was einem Spaß macht.“ Damit stand er auf und drückte auf die Klingel. „Ist das hier der Kindergarten?“ Maru-chan nickte und ich nahm mir vor, ganz brav zu sein, damit Maru-chan stolz auf mich sein konnte. Mamoru Chiba Lehrer in einer Kindertagesstätte… ich wäre selber nie auf so eine Idee gekommen. Aber Professor Tzumitos Schwägerin arbeitet in einer Kindertagesstätte und sie suchte noch nach einem Auszubildenden. Also hatte er sie kurzerhand angerufen und nun stand ich hier, weil sie mich kennenlernen wollte. Andrea hatte am Telefon nur gemeint, dass wir aufpassen sollten, falls es glatt wird. Ich hatte ihr nicht gesagt was ich noch vor hatte und somit musste ich das ganze wohl später erklären. Dass ich sie vorhin als Eltern betitelt hatte war auch noch seltsam für mich. Dieser ganze Tag war seltsam, so viele Dinge auf einmal und das obwohl ich doch nur Katrin vom Kindergarten abholen sollte. „Guten Abend.“ Ich sah auf und eine Frau kam auf uns zu. Sie trug eine Schürze und selbst jetzt wo es schon dämmerte konnte man den Glitzer drauf erkennen. Ok, das war nichts für mich. „Sie müssen Chiba-san sein, nicht wahr?“ „Ja, bitte entschuldigen Sie die Umstände.“ Doch sie winkte nur ab. „Dann bist du wohl Katrin.“ „Ja. Es freut mich sehr Sie kennen zu lernen. Ich bin Lenjier Katrin.“ Ich schmunzelte. Das die Kleine sich so vorstellen konnte war mir neu, anscheinend wollte sie ihr bestes benehmen an den Tag legen. „Du bist ja eine süße. Du musst mir sagen, wenn du mich mal nicht verstehst, ich komme nämlich auch aus Hokkaido und da kann es schon mal vorkommen, dass ich etwas anders rede.“ Katrin nickte und grinste. Anscheinend hatte Professor Tzumito seiner Schwägerin schon erzählt, dass es hier sprachliche Einschränkungen gab. „Kommen sie erst einmal rein, heute ist es ja bitterkalt. Drinnen können wir uns dann richtig vorstellen.“ Sie öffnete das Tor mit einem Summer und ließ uns rein. Das Gelände war groß und war von einer Mauer umschlossen, an der verschiedene Büsche und kleine Bäume standen. Drinnen war es angenehm warm und sehr hell. Anders als in Katrins Kindergarten, den ich persönlich nicht mochte. Aber darum ging es nicht, es war ein sehr guter Kindergarten und wer in diesen ging konnte später auf gute Grund- und Mittelschulen wechseln. Dieser Kindergarten war ein städtischer, nicht schlecht, aber ob die Chancengleichheit später gegeben war, wagte ich zu bezweifeln. Gleich im Eingangsbereich hingen unzählige kleine Kleiderhaken über denen verschiedenen Bilder von Tieren angebracht waren. An den Haken hingen Jacken, Pullover und anderes Zeug. Die Hausschuhe standen ordentlich unter den kleinen Bänken und nur ab und an konnte man einen verirrten Socken sehen. „Warum sind denn hier die Bilder?“ Katrin zeigte auf die Kleiderhaken. „Oh weißt du, damit die Kinder sich merken können wo ihr Haken ist. Denn wenn sie in unseren Kindergarten kommen, bekommen sie ein Tiersymbol und dann finden sie ganz alleine ihren Platz. Außerdem ist es doch lustig.“ „Ja, sowas haben wir nicht. Ich hab ein kleines Fach und da stell ich meinen Schuhe rein, das ist wie in der Schule später.“ „Ja das machen viele Kindertagesstätten so. Aber wir wollten alles ganz bunt gestalten. Du musst wissen, ich hab in Japan studiert, aber ich war auch schon in Amerika, Deutschland und Schweden und habe mir dort Kindergärten angesehen und dort gearbeitet und nicht alles was wir hier machen ist wirklich kindgerecht – denke ich. Deswegen mach ich es anders. Weil doch Kinder wie du Spaß im Kindergarten haben sollen.“ „Ja…“ Katrin war völlig begeistert und deutete auf ein Schild mit einer kleiner Maus. „Schau Maru-chan. Nezumi. Das heißt Maus, so wie ich. Das würde ich gerne haben als Bild.“ Sie grinste und nahm dankend die Pantoffeln entgegen, die ihr die Dame hinhielt. „Wenn du magst Katrin, dann kannst du gerne hier den Gang runter laufen. Es sind noch vier andere Kinder hier und warten darauf abgeholt zu werden. Sie freuen sich sicherlich wenn noch jemand kommt.“ „Darf ich Maru-chan?“ Ich nickte nur und schon war sie weg. „So, es freut mich, dass es so kurzfristig geklappt hat. Mein Name ist Tzumito Akeno. Es freut mich.“ „Chiba Mamoru. Danke, dass ich vorbei kommen durfte. Ihr Schwager, also Professor Tzumito, hat gemeint, dass sie noch nach jemanden suchen der hier arbeitet.“ „Das stimmt und gerade Männer sind in diesem Beruf Mangelware. Und mein Schwager hat gemeint, dass sie sehr kinderlieb sind und hat sie mir empfohlen. Normalerweise preist er mir ehemalige Studenten nicht so an, also müssen sie schon was besonderes sein.“ Ich schmunzelte kurz. „Besonders würde ich nicht sagen. Ich glaube auch, dass…“ „Akeno-san, Kamiya-San ist am Telefon. Er meint es wäre wichtig, wegen der Förderung.“ „Oh wie ungünstig.“ Sie drehte sich kurz um und winkte die junge Frau heran. „Chiba-san das ist Yuzuki-san. Yuzuki-san würdest du Chiba-san bitte in unsere Küche bringen. Wir müssten noch warmen Tee haben. Ich komme gleich.“ „Danke.“ Kam es nur schnell von mir, dabei wollte ich ihr doch gerade sagen, dass ich mir das eigentlich nicht so recht vorstellen konnte. Yuzuki-san war wirklich nett, wir tranken kurz einen Tee und plauderten etwas, bevor eine Kinderstimme nach ihr rief. Ich sah mich etwas um und musste feststellen, dass dieser Kindergarten ganz anders war als der von Katrin. Es war wirklich viel bunter und schon etwas chaotischer, aber das wirkte irgendwie passender für Kinder. Es gab verschiedenen kleine Gruppenräume, die auch mit Bildern von Blumen gekennzeichnet waren und einen große Raum mit einem Tisch. Darauf lagen verschiedene Bastelsachen herum. „Maru-chan.“ Katrin kam aus dem Raum mit dem Gänseblümchen gestürmt und sah mich ernst an. „Du musst Möhrchen helfen!“ Mit einem total dummen Gesichtsausdruck sah ich sie an und ging in die Hocke. „Bitte?“ „Du musst Möhrchen helfen.“ Sie drehte sich um und deutet auf ein kleines Mädchen, sie war bestimmt jünger als Katrin und sah unsicher zu mir. Ich lächelte und bemerkte das Stofftier in ihrem Arm. „Hallo. Ich vermute du bist nicht Möhrchen?“ Das Mädchen lächelte matt und schüttelte den Kopf. „Das ist mein Stofftier.“ Kam es ganz leise von ihr. „Verstehe.“ Damit wandte ich mich wieder Katrin zu. „Und was soll ich nun tun?“ Katrin stemmte die Hände in die Hüfte und atmete tief ein und aus, als könne sie nicht fassen, dass ich sie nicht verstand. „Du bist doch ein Doktor und Möhrchen ist krank. Und ich hab Hana gesagt das du ihm helfen kannst.“ Das Mädchen, das also Hana hieß, kam langsam zu uns und beobachtete mich genau. Ich setzte mich auf den Boden und seufzte. Auf was für Ideen dieses Kind auch immer wieder kam, einfach faszinierend. „Kannst du Möhrchen wirklich helfen?“ Ihre Stimme klang zaghaft und sie schien ein eher ängstliches Kind zu sein. „Ich weiß nicht, aber ich kann es versuchen.“ Was ritt mich denn plötzlich? Hana sah Katrin fragend an, welche nur nickte. „Maru-chan kann das ganz bestimmt. Weißt du, Maru-chan ist ganz toll und lieb und er kann toll Geschichten erzählen und trösten und bestimmt kann er Möhrchen helfen. Das verspreche ich dir.“ Ich sah zu Hana und konnte erkennen, dass das Stofftier ein kleines weißes Schäfchen war, es hatte eine kleine Glocke um den Hals, aber eines der Füßchen hing etwas skurril an ihm hinunter. Das Mädchen wirkte traurig und drückte das kleine Schäfchen fest an sich. „Hallo Hana, ich heiße Mamoru. Und das Schäfchen heißt Möhrchen?“ Sie nickte. „Meine Oma hat es mir geschenkt… aber sie ist jetzt nicht mehr da…“ Sie schluckte und begann leise zu weinen. „Du kannst ganz viel weinen Hana. Weinen ist wichtig und mein Papa passt auf deine Oma auf, ganz bestimmt.“ Katrin strich Hana über den Arm und wollte sie trösten. „Ist dein Papa im Himmel, wie meine Oma?“ „Ja, und ich hab ganz viel geweint, aber Mamoru hat mich immer getröstet und du kannst gaaanz viel mit ihm reden und dann geht es dir besser.“ „Weißt du Hana, ich hab auch ein Stofftier. Einen kleinen Bären, den habe ich von meiner Mama und meinem Papa bekommen, als ich noch ganz klein war. Aber die beiden sind auch im Himmel; wie deine Oma und Katrins Papa. Und ich hab auch ganz viel geweint und das ist gut so. Und wenn dir Leute sagen, dass du nicht weinen darfst dann lügen sie. Denn wenn man nicht weint, dann geht es einem nur schlechter. Und mein Teddy war vor einiger Zeit sehr krank, aber…“ Sie musterte mich. „… ich habe eine sehr liebe und nette neue Familie und meine neue Mutter hat ihn wieder gesund gemacht.“ Sie sah mich mit großen Augen an und plötzlich war da ein wirklich hübsches Kinderlächeln zu sehen. „Soll ich mir Möhrchen mal ansehen?“ Sie zögerte noch. „Weißt du, ich verstehe das. Du hast das kleine Schäfchen lieb und willst nicht das man ihm weh tut. Und du willst es beschützen? Oder?“ Hana nickte und kam noch einen Schritt näher. „Weil deine Oma es dir geschenkt hat, aber nun ist es krank und eigentlich können nur Mütter und Großmütter Stofftiere wieder gesund machen. Aber ich glaube, wenn wir beide das zusammen machen dann können wir Möhrchen auch helfen, was meinst du?“ „Wieso können das denn eigentlich nur Mamas und Omas?“ Ich musste über ihre Frage lächeln. „Weißt du, dass hab ich…“ ich zögerte, schloss kurz die Augen und sah Hana dann wieder an. „…das hab ich meine Mama auch gefragt.“ Katrin setzte sich neben mich. „Meinst du Oma damit?“ Ich nickte. „Ja.“ Sie lächelte nur und nickte. „Und was hat deine Mama gesagt?“ „Sie hat mir erzählt, dass Stofftiere etwas ganz besonderes sind. Denn wenn man sie an seine Enkelkinder oder Kinder verschenkt, dann hofft man, dass sie dem Kind Trost spenden, dass sie auf die Kinder aufpassen, ihnen Wärme und Geborgenheit vermitteln. Das was also Omas und Mamas sonst machen, sie sollen auf die Kinder aufpassen und sie trösten wenn mal keiner da ist und im Gegenzug kümmern sich Omas und Mamas um die Stofftiere.“ „Meine Mama hat keine Zeit, kannst du Möhrchen wirklich helfen?“ Ich nickte und sie streckte mir ihr geliebtes kleines Schäfchen hin. „Wir schauen zusammen und du kannst ja die gesunde Pfote von Möhrchen halten, damit er keine Angst hat.“ Hana setzte sich zu mir und hielt die Pfote von Möhrchen die noch ganz war. Ich konnte eine Bewegung aus den Augenwinkeln sehen, Yuzuki-san schob mir ein kleines Nähset über den Tisch. Ich nahm es mit einem nicken und unterhielt mich weiter mit Hana, während ich die Pfote wieder an den kleinen flauschigen Körper nähte. Am Ende band ich einen kleinen Verband herum und reichte Möhrchen wieder an Hana. „So, aber du musst jetzt Möhrchen pflegen. Er darf zurzeit nicht viel toben und muss viel Schlafen. Passt du darauf auf, dass er das macht?“ Hana nickte und plötzlich umarmte sie mich. „Danke Maru-chan.“ „Ja danke!“ Katrin sprang auf und umarmte mich ebenfalls stürmisch. „Komm Hana. Wir spielen noch was?“ Hana nickte und die beiden Mädchen liefen wieder in einen anderen Raum. „Ich glaube, ich habe alles gesehen, was ich musste.“ „Tzumito-san.“ Ich stand auf und verbeugte mich. „Entschuldigung, ich wollte nur…“ „Alles in Ordnung. Hana ist ein sehr verschlossenes Mädchen und ich hab sie zum ersten Mal seit langem wieder lächeln sehen. Und normalweise darf niemand Möhrchen anfassen. Also Chiba-san, wenn sie wollen dann würde ich sie gerne bis April als Praktikanten einstellen und wenn wir uns beide Einig sind, dann könnten wir über eine Ausbildung sprechen. Was sagen Sie?“ Irritiert sah ich sie an, als ich ein zupfen an meiner Hose bemerkte. Ein kleiner Junge stand neben mir. „Ich heiße Ryu.“ „Hallo Ryu.“ „Kannst du Fußball spielen?“ Ich lachte leise und nickte. „Ja, kann ich und zwar ganz gut und du Ryu, spielst du Fußball?“ „JA!“ er grinste und ich wuselte ihm durch die Haare. „Yuzuki-senpai, kommt Maru-chan morgen und können wir dann Fußball spielen?“ „Also erst einmal ist es nicht höflich Chiba-san so anzureden und ich muss Chiba-san noch ein bisschen was von uns erzählen.“ Sie nickte mir zu und ich folgte ihr in ein kleines Büro. „Verzeihen sie Ryu, er ist ein kleiner Frechdachs und testet seine Grenzen gerne aus. Aber ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass ein Mann im Team gerade für die Jungs nicht bereichernd wäre.“ „Ich weiß gar nicht ob ich als Lehrer für den Kindergarten tauge.“ Kam es etwas skeptisch von mir. „Wirklich?“ sie schien ernsthaft überrascht. „Also wenn Sie meine Meinung interessiert, dann habe ich selten jemanden erlebt der so schnell mit Kindern so gut zurechtkommt. Gerade Kinder wie Hana sind, was Fremde angeht, sehr skeptisch und zurückhaltend und Sie haben sie sofort für sich gewonnen. Das allein zeigt mir, dass Sie wahrscheinlich sehr geeignet sind.“ Sie bemerkte meine Skepsis. „Haben Sie Fragen oder kann ich ihre Bedenken irgendwie aus dem Weg räumen?“ „Verstehen Sie mich nicht falsch, ich mag Kinder. Sie sind teilweise einfacher zu verstehen als Erwachsene und deswegen komme ich mit ihnen gut klar. Aber ich wollte immer…“ ich zögerte und suchte nach den richtigen Worten. „Sie wollten einen Beruf wo man mehr Anerkennung und Prestige hat als ein Lehrer für Kindergärten.“ Ich wurde rot und wollte verneinen, doch sie hob nur die Hand. „Sie müssen sich nicht entschuldigen. Ich finde es gut, dass Sie ehrlich sind. Das finde ich besser, als wenn man Dinge nur macht oder sagt weil andere sie hören wollen. Am Ende ist ihre Entscheidung die, die ich respektiere. Aber falls ihr zögern daher rührt, dass ich sie am Ende nicht einstellen würde weil sie zum Beispiel mit einem Mann zusammen leben, dann kann ich beruhigen, das interessiert mich nicht. Für mich sind ihre pädagogischen Kompetenzen wichtiger und davon scheinen Sie einige mitzubringen.“ Völlig entsetzt sah ich sie an. Woher bitte wusste sie das denn? „Woher?“ „Oh entschuldigen Sie, mein Schwager meinte, als er sie ankündigte, dass sie die Nichte ihres Lebensgefährten mitbringen und ob das in Ordnung wäre.“ Ich sagte nichts sondern nickte nur. Anscheinend war es ok, mit dem Umstand schwul zu sein hausieren zu gehen, solange es um andere ging. Seufzend dachte ich nach. „Wie gestaltet sich denn die Ausbildung?“ Yuzuki-san lächelte und schien sich zu freuen, dass ich nicht sofort ablehnte. „In Japan gibt es für die Arbeit in Kindertagesstätten Ausbildungsformen auf verschiedenen Niveaus. Das erste Niveau ist eine 2-jährige Ausbildung auf dem sogenannten Junior-College-Niveau. 80 Prozent der Lehrer in Kindertagesstätten haben diesen Abschluss. Es gibt auch die Möglichkeit, eine 4-jährige Ausbildung an einer Universität zu machen, die mit einem Bachelor-Abschluss abschließt und ebenfalls für die Arbeit in Kindertagesstätten befähigt. Die Arbeit mit diesem Abschluss wird aber ähnlich oder fast gleich entlohnt wie die 2-jährige Ausbildung. Man kann danach noch durch spezielle Zusatzkurse einen Master anschließen, aber auch das bietet nicht die Chance wesentlich mehr zu verdienen als mit anderen Abschlüssen. An der Shukutoku Universität können sie die 2-jährige Ausbildung machen. Dabei wechseln sich Praxis und Theorie in Blockseminaren ab.“ „Das heißt, ich könnte in zwei Jahren schon fertig mit der Ausbildung sein?“ „Ja sicherlich. Wobei die Shukutoku Universität zu 60% von Frauen besucht wird und Sie dazu auch noch wahrscheinlich der Älteste in den Seminaren wären, aber wenn Ihnen das alles nichts ausmacht, dann ja könnten Sie in zwei Jahren fertig sein.“ „Und Beginn wäre regulär im April?“ „Genau und davor würden wir schauen ob Sie mit uns arbeiten können und wir mit Ihnen. Das wäre deswegen hilfreich, weil Sie dann schon einen Kindergarten hätten um die Praxisseminare halten zu können. Außerdem werden Männer in allen Einrichtungen gesucht, das heißt Sie würden auch keine Problem haben nach den zwei Jahren eine Stelle zu finden, falls Sie dann nicht bei uns bleiben wollen.“ Sie lächelte und zwinkerte mir zu. „Aber das wollen wir mal nicht hoffen.“ Wir stiegen gerade aus dem Bus, als Katrin stehen blieb und gähnte. „Ich bin müde.“ Lächelnd kniete ich mich hin. „Na komm, ich trag dich huckepack.“ Sie hatte ihre Arme um meinen Hals geschlungen und ich hörte wie sie regelmäßig atmete. Heute war ein komischer Tag gewesen. Zuerst hatte mich Katrin gefragt ob Massanorie und ich heiraten wollten. Dann erfuhr ich, dass ich durch die Aufnahmeprüfung der Uni gefallen war, bekam daraufhin ein Vorstellungsgespräch aufgezwungen von einem Mann, von dem ich dachte er könne mich nicht leiden. Ich hatte einem Schäfchen in einer Not-OP seine Pfote gerettet und zum Abschluss des Tages hatte ich einen Praktikumsvertrag unterschrieben bis zum 31. März. schoss es mir durch den Kopf. Seltsam, wenn man bedachte, dass genau das das Thema heute Morgen bei meiner Therapeutin gewesen war. Irgendwie waren wir mal wieder auf dem Thema hängen geblieben und sie meinte, ich würde eventuell Schuldgefühl gegenüber meinen Eltern haben. Deswegen würde ich Seijiro und Andrea nicht so anreden. Außerdem sollte ich mit meinen Eltern reden, ihnen sagen, wie es mir ging und wie ich mich fühlte – aber ich war eigentlich nicht der Typ der am Grab mit einem Grabstein redete. Daraufhin meinte die Therapeutin nur, dass es wichtig sei, dass ich ihnen sagte wie ich mich fühlte und ich dürfte keine Angst vor der Zurückweisung von Andrea und Seijiro haben, das wäre wohl auch ein Grund warum ich mich nicht zu 100% auf diese Eltern-Sohn Beziehung einlassen würde, meinte sie. „Wieso müssen sich an einem Tag so viele Knoten ansammeln?“ kam es resigniert von mir. „Mamoru?“ Ich zuckte zusammen, als Katrin ihren Griff festigte. „Bist du traurig?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Nur ist heute alles so schwierig gewesen.“ „Wieso?“ „Ach weißt du, solche Sachen sollte ich wohl nicht gerade mit dir bereden. Schließlich bis du noch ein Kind.“ Plötzlich spürte ich ein zwicken im Ohr. „Ich will runter.“ Ich ging in die Hocke und ließ sie runter und schon im nächsten Moment stand sie vor mir und tippte mir gegen die Stirn. „Du darfst das nicht sagen. Ich habe dich doch lieb und ich kann dir auch helfen. Ich hab viele tolle Ideen und kann viele Dinge auch schon verstehen über die die Erwachsenen reden.“ Lächelnd nahm ich ihre Hand und küsste sie. „Du hast recht. Es tut mir leid, dass war dumm von mir. Aber heute war es so einfach ein doofer Tag.“ „Aber wieso denn?“ Sie sah mich verwundert an. „Wir haben Kakao getrunken und Kuchen gegessen und dein Lehrer war ganz nett und dann haben wir Hana geholfen und du darfst jetzt auch, wie ich, jeden Tag in den Kindergarten. Und du hast Oma Mama genannt, das ist doch toll. Weil ich weiß das Oma und Opa dich ganz doll lieb haben, so wie ich und Sano-chan und Mama. Ich finde das war ein ganz toller Tag. Wir haben ganz viele Abendteuer erlebt und jetzt gehen wir nach Hause und Oma hat gekocht und ich kann Opa und Sano-oji-chan erzählen was wir erlebt haben. Und dann erzählst du mir noch eine Geschichte über Sailor Moon. Das war richtig toll heute.“ Sie grinste und wippte auf und ab. In meinem Leben hatte ich mir angewöhnt immer nur das Schlechte zu sehen, das Gute war nie gut genug. Katrin war das genaue Gegenteil, sie sah nur das Gute und alles andere war nicht so schlimm. Und wenn man es so wie sie sah, dann hatte ich einen tollen Tag. Vielleicht, aber nur vielleicht hatten sich keine Knoten gebildet, sondern gelöst? Wir liefen weiter und ich konnte schon das Haus sehen und freute mich auf ein warmes Essen und auf eine heiße Dusche. Andrea öffnete uns die Tür als wir gerade den Weg hochkamen. „Na da sind ja unsere Weltenbummler. Da schickt man dich los zum Kindergarten und du machst eine ganze Reise daraus.“ Sie lachte und Katrin fiel ihr um die Beine. „Oma, heute war ein Regenbogentag.“ „Ein was?“ sie sah zuerst mich an, doch ich zuckte mit den Schultern. Die kleine Maus lachte auf. „Weil wir ganz viele einzelne Dinge gemacht haben, aber alles zusammen ist es wie ein Regenbogen. Der hat doch auch viele bunte Farben.“ „Was für ein hübscher Vergleich.“ Sie küsste Katrin auf die Stirn und sah mich an fragend an, als ich vor der Tür stehen blieb. „Was ist los?“ Ich sah sie an und hinter ihr erschien Seijiro. „Alles gut? Ich dachte schon ihr wolltet gar nicht wieder kommen.“ Regungslos blieb ich stehen und mir gingen Katrins Worte nicht mehr aus dem Kopf. Ich wollte es, ich wollte es zu 100%, aber ich hatte Angst. Wenn ich nur etwas so wie Katrin sein könnte, es einfach sagen, einfach raus damit. „Nun komm schon rein Mamoru. Deine Mutter hat gekocht und ich will wirklich keine kalte Lasagne essen.“ Er streckte seine Hand zu mir aus. Das hier war perfekt und ich hatte es bekommen, nicht wegen guter Noten oder wegen einer Leistung, sondern nur weil ich, ich war. Und das war genau richtig gewesen. Ich griff nach seiner Hand. „Kalte Lasagne ist auch lecker… Papa.“ Für einen kurzen Moment sah er mich an und plötzlich zog er mich in eine feste Umarmung und ich spürte wie er mich auf den Kopf küsste. „Ich bin stolz auf dich.“ Hörte ich ihn wispern und plötzlich schien es so einfach zu sein. Ich lachte leise und konnte die Tränen kaum zurück halten. Es fühlte sich gut an, es war alles was ich je wollte. An meinem Arm spürte ich eine weitere Hand und ich sah trotz des leichten Tränenschleiers wie mich Andrea ansah und lächelte. „Danke Mama, für alles.“ Auch sie konnte die Tränen kaum zurück halten und umarmte mich ebenfalls. „Können wir nun essen?“ Ich sah auf und sah zu Massanorie, der lächelnd im Flur stand und die Arme verschränkt hatte. „Ja können wir Massanorie. Jetzt sind wir komplett.“ Mein Vater sah mich an und strubbelte mir durch meine Haare. Kapitel 69: Step sixty-seven… Dreams ------------------------------------ Wirklich reich ist der, der mehr Träume in seiner Seele hat, als die Wirklichkeit zerstören kann. Hans Kruppa Massanorie Lenjier Die kleine Uhr auf dem Kamin schlug gerade zwei Uhr morgens, während das Kaminfeuer leise vor sich hin knisterte. Draußen tobte ein heftiger Wind, der einige Schneeflocken mit sich herum wirbelte. Leider wirkte das nicht gerade sehr romantisch oder beruhigend, weswegen ich die Vorhänge zugezogen hatte. Ich hatte die kleine Lampe auf dem Beistelltisch angeschaltet und rückte meine Brille zurecht. Warm drang das Licht aus der Tiffany Lampe. Mein Vater hatte sie meiner Mutter vor einigen Jahren geschenkt und irgendwie fand ich sie wirklich hübsch. Sie hatte von Hand eingefasste Elemente aus weißem Artglas und Bernsteinen, dadurch wirkte das Licht besonders angenehm. Lange hatte ich wach gelegen und hatte mich vor fast drei Stunden dazu aufgerafft wieder aufzustehen, mir ein Buch zu nehmen und zu lesen. Nicht unbedingt meine gängigste Beschäftigung, aber gerade war es genau was ich brauchte. Im Haus war es still und diese Ruhe war zurzeit sehr schön. Nicht dass ich nicht gerne Zeit mit meiner Familie verbrachte, aber anders als früher war das eine Menge Zeit und das war etwas Gewöhnungsbedürftig. Sparky hob den Kopf, gähnte und spitzte die Ohren, legte sich jedoch sofort wieder hin und streckte sich. Das leise Geräusch der Türklinke ließ mich schmunzeln. Ich blätterte auf die nächste Seite und nahm aus den Augenwinkeln wahr, dass Mamoru sich ebenfalls auf die Couch setzte, die Beine lang machte und mich leicht mit den Füßen anstubste. „Hey…“ „Hey.“ Kam es leise von mir zurück, bevor ich eine Hand über seine Füße gleiten ließ, eine Decke von der Lehne zog und sie über sie legte. Danach schwiegen wir, ich weil ich las, er weil er einfach er war. Mein Blick fiel auf die Uhr auf dem Kamin. Eine halbe Stunde war nun schon vergangen. Mamoru hatte es sich bequem gemacht und wechselte mit seinem Blick zwischen mir und dem Kamin hin und her. Es war so offensichtlich was ihn beschäftigte. „Die Antwort ist Nein.“ Mamoru zuckte zusammen, anscheinend hatte ich Ihn aus den Gedanken gerissen. „Was?“ Ich legte ein Lesezeichen in das Buch, klappte es zu und sah zu Mamoru. „Die Antwort auf deine Frage. Sie ist Nein.“ Lächelnd beobachtete ich ihn. „Ach du weißt doch gar nicht was ich fragen wollte.“ Kam es nur kleinlaut von ihm, weil er innerlich schon wusste, dass ich es wusste. „Aha. Also wie ist die Frage?“ Er griff nach der Decke die auf seinen Füßen lag und deckte sich zu. Er kräuselte die Nase und seufzte. „Bist du böse?“ „Und die Antwort ist nein. Ich bin nicht böse.“ Kam es sofort von mir, bevor ich unter die Decke griff und seine Beine über meinen Schoss legte und damit begann seine Waden zu massieren. „Ich sagte doch, ich weiß was du fragen wolltest. Den ganzen Abend bist du schon um mich herum gestromert. Und nachdem was heute so gelaufen ist, ist es sehr offensichtlich gewesen.“ Er brummelte vor sich hin. „Ich stromer nicht um dich herum.“ Kam es leicht säuerlich von ihm. „Doch mein kleiner Kater, tust du. Und zwar sehr geschickt.“ „Aber du weißt nicht, warum ich denke, dass du böse bist?“ Leise lachend bewegte ich den Kopf etwas hin und her um eine Verspannung zu lösen. „Stimmt. Aber es gibt Hinweise was es sein könnte. A) Weil du sie endlich mit Mum und Dad angeredet hast. B) Weil du anstatt zu studieren nun eine Ausbildung machst. C) Du denkst, das würde mich stören, weil ich dich dann für einen Versager halte und du denkst das wäre ein Trennungsgrund für mich. D) Weil es eine Ausbildung zum Erzieher ist plus C.“ Ich sah ihn an. Ungläubig musterte er mich und wurde natürlich trotzig. „Das nennt sich nicht Erzieher, sondern Lehrer. Das mag in Deutschland Erzieher heißen, aber hier nicht.“ Seine Stimme hatte einen frechen Ton angenommen. Ich nickte seinen Protest ab, massierte seine Beine weiter und ließ mich mehr in die Couch sinken. Mamoru schwieg sich erst einmal aus. Fand jedoch schnell zurück zu dem Thema was ihn beschäftigte. „Du bist wirklich nicht sauer oder enttäuscht?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein bin ich nicht. Ich finde es eine gute Idee. Also das mit der Ausbildung. Du hast von dem Kindergarten erzählt und so und ich fand, dass Du viel glücklicher wirktest als wenn du vom Studium erzählst. Wer weiß, vielleicht musstest du durch die Nachprüfung fallen, damit dein Dozent dir so eine Chance beschafft. Schicksal könnte man sagen, ich würde es lieber göttliche Fügung nennen.“ Nein würde ich nicht, aber ich wusste, dass ihn so ein Kommentar aufstachelte. Er konnte den Gedanken an göttliche Fügung mal so Garnichts abgewinnen. Würde er meinem, ich meine unserem Vater nie sagen, aber mir schon und lange warten musste ich wirklich nicht. „Göttliche Fügung. Pah! Du als ein gesunder, erwachsener Mann, der aus der Oberschicht stammt und einen annehmbaren Bildungsgrad hat, solltest nicht so einen Scheiß reden.“ „Wahnsinn. Wie viele Beleidigungen du in so einen Satz packen kannst. Dass Oberschicht hast du mir ja fast in den Schoß gespuckt, dann würde ich gerne wissen was ein annehmbarer Bildungsgrad ist und meinen Glauben als Scheiß zu bezeichnen ist irgendwie auch nicht sehr nett. Gut, dass ich nicht aufgrund deines freundlichen und toleranten Wesens mit dir zusammen bin, sondern nur weil du hübsch aussiehst.“ Ich zog eine Augenbraue hoch und rümpfte die Nase. Ich hatte meine Antwort mit Absicht etwas eisig gestaltet und beobachtete meinen Freund aus den Augenwinkeln. Dieser biss sich auf die Unterlippe und druckste herum. „Du weißt, wie ich das meine. Und ich weiß sehr wohl, dass du auch wegen meiner freundlichen Art mit mir zusammen bist.“ „Aha und wo bleibt das tolerant?“ „Ich hab dir schon zu Beginn unseres Kennenlernen erklärt, dass ich nicht tolerant bin, also reit nicht drauf herum. Das wusstest du schon.“ Er lächelte und ich zwickte ihn kurz ins Bein. Eine Weile saßen wir nur so zusammen, schauten ins Feuer und genossen das Beisammensein. „Heute ist ein komischer Tag.“ Kam es schließlich leise von Mamoru. „Du meinst gestern.“ Kam es besserwisserisch von mir. Mamoru verdrehte die Augen, hatte aber danach wieder einen ernsten Gesichtsausdruck. „Du weißt, dass keiner dich zwingt arbeiten zu gehen. Ich würde dich auch einfach so unterstützen – wenn du dafür nackt in meiner Wohnung herum läufst.“ Mamoru lachte leise und schüttelte den Kopf, es kam aber kein Kommentar oder ähnliches. Das war ungewöhnlich! „Hey, das war ein Scherz.“ „Ich weiß… es ist nur…“ „Hmm?“ Ich sah ihn an und kraulte seine Beine. „Komm schon, keine Geheimnisse mehr.“ „Ach, der Tag fing einfach komisch an, erst die Therapeutin die meinte ich müsse mit Grabsteinen reden um Schuldgefühle abzubauen und um den Trauerprozess abzuschließen, dann Katrins doofe Frage, dann das mit der Uni, meinem Professor, dem Praktikum und schließlich das mit ihnen – also mit Seijiro und Andrea.“ Er biss sich wieder auf die Unterlippe und ging sich mit den Fingern durch die Haare. „Ganz schön viel für einen Tag. Also das mit der Therapeutin versteh ich auch ohne deine Erläuterung. Ich persönlich würde auch sagen, dass du mal mit Ihnen reden solltest. Ich weiß – für dich ist es nur ein Stein mit einem Bild und einem Namen. Aber wenn du versuchen würdest, mehr zu sehen… vielleicht hilft dir das. Außerdem solltest du mich ihnen langsam mal vorstellen.“ Es kam nichts. Er sah mich einfach nur an und ich konnte diesmal nicht sagen was in ihm vorging. „Und was wenn ich das nicht will – beides?!“ Nun war ich überrascht. „Ok…“ „Versteh mich nicht falsch, es mag ja Menschen geben, die es für nötig erachten mit Gräbern zu reden. Sicherlich werde ich das nicht beurteilen, jedenfalls nicht öffentlich, aber ich will das nicht… am Ende hat Yosuke recht. Sich nicht zu erinnern, macht es einfacher. Dann sind es nur Fremde auf Fotos, auf einem Grab, man hat keine direkte Verbindung zu ihnen. Und am Ende ist das doch besser.“ Seine Stimme wurde zum Ende leiser und er ließ sich tiefer in das Kissen sinken. Schweigend sah ich ihn an und wusste, dass er nicht ganz unrecht hatte. „Und was das mit dem vorstellen angeht, ich halte dich nicht ab zum Friedhof zu gehen. Dafür brauchst du mich nicht. Mama geht ja auch hin ohne mich zu fragen.“ Damit hatte sich dieses Thema also erledigt. „Darf ich dazu noch etwas sagen?“ „Wenn es sein muss.“ Er sah mich an und ich merkte sofort, dass mein Spielraum sehr klein war. Also musste ich genau aufpassen, was ich ihm nun sagte. „Ich sehe das anders…“ großartiger Einstieg. „…sicherlich ist es so, dass du dich besser fühlst, wenn du dich nicht erinnerst. Und ja, wenn du dich irgendwann erinnerst, vielleicht, dann könnte dich das wirklich belasten. Aber am Ende wirst du dich dann auch daran erinnern, dass sie dich geliebt haben und ist das nicht genau das, was dir fehlt? Und das zweite ist, ich würde gerne mit dir hin. Einfach weil ich finde, dass ich gerne das Gefühl hätte, dass deine Eltern wissen das wir zusammen sind. Und nur um das zu unterstreichen, ja ich glaube an einen Himmel… und wehe du machst mir das kaputt mit dem Gerede von Cauldron.“ Ich schüttelte den Kopf und schaffte es mit dem letzten Satz ihm ein kleines Schmunzeln zu entlocken. Er antwortet nicht darauf, sondern beobachtete mich einfach nur. Seufzend schob ich meine Brille auf meinen Kopf und rieb mir die Augen. Mein Blick wanderte zum Kaminfeuer und ich bemerkte, dass es kleiner geworden war, also schob ich Mamorus Beine sanft zur Seite, stand auf und warf einen weiteren Holzscheit in den Kamin. Sofort knisterte das Feuer und kleine Flammen züngelten um das neue Holzstück. „Hast du Hunger? Ich würde mir noch etwas von der Lasagne holen.“ Ich stand auf und ging an Mamoru vorbei, welcher mich schweigend beobachtet hatte. „Ja warum nicht…“ Er klang nachdenklich. „Willst du mir dann von Katrins doofer Frage erzählen?“ Schlagartig wurde Mamoru rot und räusperte sich. „Ach Quatsch. Das war nur Kindergerede.“ „Aha! Jetzt bin ich erst recht neugierig, bei so einer Reaktion.“ Lächelnd strich ich ihm durch die Haare und verschwand in Richtung Küche. Wenig später saßen wir uns auf der Couch gegenüber und aßen etwas. „Also erzähl, was hat meine einzige Lieblingsnichte dich gefragt?“ Mamoru verdrehte die Augen und winkte mit der Gabel in der Hand ab. „Ach das war nur so eine typische Kinderfrage. Lass uns lieber nochmal über diese Friedhofsache reden.“ Nun war ich erst recht neugierig. Er wollte freiwillig über Friedhofsbesuche und seine Eltern reden? Das musste ja eine Wahnsinnsfrage sein. „Oh nein, so nicht. Jetzt will ich es erst recht wissen.“ Mamoru merkte sofort, dass er strategisch völlig falsch gehandelt hatte. „Ach ich…“ „Ich kann auch Katrin beim Frühstück selber fragen. Wenn dir das lieber ist.“ „Nein!“ Er kaute auf seiner Unterlippe, während er in der Lasagne herumstocherte. „Ach es war eben so doof. Katrin halt, also super lächerlich…“ Er lachte gekünstelt. „Sie fragte nur, ob sie mich Maru-oji-chan nennen darf…“ Er steckte sich ein Stück Lasagne in den Mund und kaute. „… falls wir heiraten würden.“ Letzteres nuschelte er nur, aber verstanden hatte ich es doch. Mein Freund versuchte das Ganze aber weiter ins lächerliche zu ziehen, er schluckte und lachte auf. Als er jedoch merkte, dass ich nicht lachte wurde er stiller und starrte mich an. „Du lachst nicht.“ „Wieso?“ Nun war er fassungslos und ich wunderte mich auch etwas über mich selber. Dass ich mal so eine Aussage als gar nicht abwegig erachten würde. Ich stellte meinen Teller auf den Wohnzimmertisch neben uns, griff unter die Decke und zog seine Beine wieder zu mir. Meine Finger glitten unten den Stoff an seinen Beinen und ich ließ meine Fingerkuppen über seine Haut gleiten. „Würdest du?“ „Was?“ Er schien völlig irritiert. „Würdest du mich heiraten?“ Mamoru starrte mich an, zog die Luft scharf ein und verschluckte sich anscheinend an einem Stück des Essens. Er begann zu husten und ich klopfte ihm sachte auf den Rücken, bis es wieder besser wurde. „Alles gut?“ Ich sah ihn besorgt an und stellte auch seinen Teller auf den Tisch. „Ja, ja alles gut… aber du kannst mir doch keinen Antrag machen?“ „Hab ich nicht.“ Kam es grinsend von mir. „Ich wollte nur wissen, ob du einen annehmen würdest, wenn ich dich fragen würde.“ Lächelnd ließ ich meine Finger wieder unter die Decke gleiten und massierte seine Beine. Eine ganze Weile sagte er nichts und ein bisschen kränkte mich das, aber dann war er sehr ernst und wirkte fast etwas traurig. „Dummkopf.“ Er schüttelte den Kopf und sah mich an. „Wir sind in Japan, hier dürfen zwei Männer nicht heiraten.“ Ein schmales Lächeln huschte über meine Lippen. Ich wollte gerade etwas einwenden, als er weiter redetete und mir wurde bewusst, dass Mamoru sich sehr gut mit der Thematik auseinander gesetzt hatte. „Weißt du überhaupt, dass viele Homosexuelle auf Grund der gesellschaftlichen Erwartungshaltung eine heterosexuelle Scheinehe eingehen. Und das Wohnungsamt in Ōsaka vermittelt günstige Stadtwohnungen nur an Einzelpersonen oder verheiratete Paare. Denen ist sogar untersagt eine Wohnung an zwei Personen des gleichen Geschlechts zu vergeben. Und wenn du nun denkst du kannst dagegen vorgehen, wegen Diskriminierung, dann muss ich dich enttäuschen, denn von staatlicher oder privater Seite haben Homosexuelle in Japan keinerlei rechtliche Handhabe. gegen sowas.“ Er holte Luft, doch ich drückte meinen Finger auf seine Lippen. „Ok, ich hab es verstanden. Aber mal ehrlich, woher weißt du das? Sowas gehört nicht gerade zur Allgemeinbildung dazu?“ Mamoru wurde verlegen. „Vielleicht hab ich mal geschaut, wegen Wohnungen. Also nicht direkt für uns. Shogo überlegt mit Toya in eine größere zu ziehen und ich hab ihm beim durchstöbern von Anzeigen geholfen und naja, da hat er mir das erzählt und ich hab dann noch etwas im Internet gestöbert.“ Ich nickte. „Gut, aber das beantwortet nicht meine Frage.“ Seufzend sah ich ihn an. „Ich wollte ja nur wissen, was wäre wenn. Also wenn ich dich fragen würde und wir es dürften?“ „Aber wieso fragst du etwas, was nicht geht?“ Mamoru hatte keinen Sinn für Luftschlösser. Ich überlegte und wollte das jetzt wissen, da war ich hartnäckig. „Ok. Ich will, dass du dir vorstellst, dass wir heiraten dürften. Und wir die gleichen Rechte hätten wie andere Paare. Nur vorstellen und dann antwortest du mir.“ Nun schwieg Mamoru und schwieg. Wir saßen uns gegenüber und ich hatte so langsam das untrügliche Gefühl, dass diese Unterhaltung nicht so enden würde wie ich das gehofft hatte. „Also…“ ich sah auf und strich mit meinen Daumen über seine Knöchel. „... ich glaube schon das ich Ja sagen würde.“ Es kam leise und verhalten, aber es war süß, dass er mir dabei nicht in die Augen sehen konnte. „Ich würde auch Ja sagen, nur für den Fall, dass du mich fragen würdest.“ Ich grinste und merkte, dass ich auch etwas errötete. „Wollen wir das Ganze noch etwas ausspinnen?“ „Inwiefern?“ „Naja, wo werden wir wohnen? Bei mir? Würde sich anbieten, die Wohnung ist groß genug und sie liegt sehr zentral…“ „…ein Haus wäre nett.“ Ich sah Mamoru an, der lächelte und mich nun ansah. Ich zog die Decke etwas mehr zu mir und nickte. „Ja ein Haus klingt schön, nicht zu klein und wenn es ok für dich ist, dann etwas westlicher. Obwohl ich Tatami Matten als Boden schön finde.“ „Und es sollte einen kleinen Garten haben oder wenigstens eine Terrasse für Pflanzen.“ Nun hatte ich ihn doch in das kleine Luftschloss eingeladen und es schien ihm zu gefallen. Wir lachten und redeten über unser kleines, aber nicht zu kleines Haus mit Garten oder Terrasse, mit Tatami Matten und westlichem Badezimmer, über ein Arbeitszimmer und ein großes Schlafzimmer. Die Zeit verging und die kleine Uhr auf dem Kamin zeigte, dass es fast halb fünf war. Wir beschlossen, dass wir nicht mehr jung genug waren um die ganze Nacht durchzumachen, also lagen wir nur einige Minuten später im Bett. Mamoru hatte seinen Kopf auf meinem Brustkorb gelegt und es schien ihm noch etwas durch den Kopf zu gehen. „Alles gut?“ meine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Und draußen konnte man schon einige Autos hören, die wohl zur Arbeit fuhren oder von eben dieser kamen. Ich selber hatte mir den Samstag frei genommen. Also war Ausschlafen eine gute Option, die ich sicherlich ausnutzen würde. Meine Finger wanderten unter Mamorus Shirt und strichen in kleinen Bewegungen über seinen Rücken zum Nacken und wieder zurück. „Ja, alles gut.“ Kam es leise von ihm. „Nur…“ „Ja?“ ich schmunzelte und schloss die Augen, so langsam dämmerte ich doch weg. „Hast du je daran gedacht Kinder zu bekommen? Oder wolltest du je Kinder?“ Jetzt war ich wieder hellwach. Nachdenklich starrte ich an die Decke und konnte langsam die Konturen der Deckenlampe wahrnehmen. „Kinder? Nein… für mich war immer klar, dass ich keine haben würde.“ „Aber keine haben würde und keine haben wollen sind zwei paar Schuhe.“ Kam es nur trocken von Mamoru der mir leicht auf den Brustkorb tippte. Ohne etwas zu sagen, starrte ich weiter in die Dunkelheit, die nur durch ab und an aufblitzende Scheinwerfer von vorbei fahrenden Autos durchbrochen wurde. „Zwei… zwei Kinder wären perfekt. Ein Junge und ein Mädchen. Ganz klassisch.“ Kam es schließlich von mir und ich musste fast über mich selber lachen. „Aber ich wäre, glaub ich, kein guter Vater.“ Von Mamoru kam kein bissiger Kommentar, er suchte sich eine bequemere Position indem er sich neben mich legte. Ich drehte mich auf die Seite und spürte wie er mir über die Wange strich. „Zwei wären toll. Hättest du Namen?“ Meine Nase berührte seine und überlegte. „Für einen Jungen vielleicht Kai oder Massanorie Junior…“ Mamoru begann leise zu lachen. „Dann lieber Kai. Und wenn dein Name dann richtig geschrieben und nicht so wie deiner.“ Ich griff unter die Decke und kitzelte ihn leicht, Mamoru zuckte zusammen und kicherte. „Lass das.“ „Mach dich nur weiter lustig.“ Drohte ich ihm spielerisch. „Aber einen Mädchennamen wüsste ich schon.“ Mamoru griff nach meiner Hand und hielt sie fest. „Wirklich. Erzähl.“ „Noriko. Das wäre ein schöner Name für ein Mädchen.“ Mamoru wurde still und ich rückte näher an ihn heran. „Oder wäre das zu traurig für dich?“ „Nein, ich glaube damit würdest du dich sehr beliebt bei ihr machen.“ Und ich konnte ein leichtes Lächeln auf seinem Gesicht erkennen. „Perfekt. Ich wäre also sehr beliebt bei Ihnen.“ Damit küsste ich Mamoru sanft, legte meinen Arm um ihn und es dauerte nicht lange bis wir beide eingeschlafen waren. Kapitel 70: Step Sixty-eight... Stones -------------------------------------- Und irgendwann, unter den letzten Steinen ein erster Glanz, ein erstes Scheinen. Ein neues Leben, ein neues Licht Bosse – Steine Mamoru Chiba „Warum müssen wir das kleine Biest mit zu uns nehmen?“ Massanorie warf mir einen genervten Seitenblick zu. Seufzend verdrehte ich die Augen. „A) Nenn sie nicht Biest und B) Weil sie gestern Abend so schnell eingeschlafen ist, dass ich nicht mehr die Geschichte von Sailor Moon zu Ende erzählen konnte.“ „Und das interessiert mich - weil?“ Er machte keinen Hehl daraus, dass er keine Lust hatte Katrin mit zu sich zu nehmen. „Warum biste denn jetzt so mies drauf?“ giftete ich nur leise zurück. „Ein Versprechen ist ein Versprechen.“ Massanorie murmelte nur etwas, aber ich konnte es nicht verstehen. „Wenn du mir was zu sagen hast, dann sag es.“ Kam es wispernd von mir, anders als er, wollte ich nicht, dass Katrin unsere Gespräche mitbekam. „Ich sagte, dann könntest du mir ja mal versprechen, dass wir wieder mal irgendwann Sex haben könnten.“ Ich wurde rot, räusperte mich und warf einen Blick nach hinten. Aber meine Sorge war unbegründet, Katrin hatte Kopfhörer auf, hörte eine Hörspielkassette und sah in ein Bilderbuch. „Es sei denn du magst den Sex mit mir nicht.“ Mein Blick wanderte wieder zu Massanorie. „Das ist nicht fair.“ Gekränkt sah ich ihn an. „Du weißt, dass ich gerne mit dir schlafe...“ „Ach ja…“ unterbrach er mich und ich merkte, dass dies wirklich etwas war was ihn störte. „… wenn das so ist, warum kann ich dann an einer Hand abzählen wie oft wir, seitdem wir uns kennen, Sex hatten?“ Seufzend bremste er an einer roten Ampel ab. „Vergiss es einfach.“ Kam es nur gereizt von ihm. „Wieso sagst du es dann nicht, wenn du willst?“ Das war definitiv der falsche Satz, denn Massanorie drehte sich zu mir und sah mich ungläubig an. „Soll ich es etwa anmelden? Könnte der Herr schauen ob ihm der nächste Mittwoch um 19:22 Uhr genehm wäre, um eben mit mir ne Nummer zu schieben? Oder wie stellst du dir das vor? Mein Gott, wieso muss ich denn sagen wann ich Bock habe? Was ist denn mit dir? Wieso kommst du nicht mal an, also echt!“ Seine Stimme hatte diesen eisigen Ton angenommen, wie früher als wir uns kennen lernten, doch anders als damals verunsicherte mich das nun sehr. „Tut mir leid. Ich dachte… ich dachte wir hätten beim Sex eine Rollenverteilung und das, wenn du was willst, du es sagst…“ „Manchmal… manchmal würde ich dich gerne schütteln und dich fragen was du in deinem Kopf hast, denn du tust manchmal wirklich alles dafür, dass man dich für dumm halten muss.“ Damit war das Gespräch für ihn beendet. Er fuhr ohne ein weiteres Wort mit mir zu wechseln weiter zu seiner Wohnung. Geknickt über seine letzte Aussage blieb ich still, selbst als wir in der Tiefgarage ankamen. Katrin sprang fröhlich aus dem Auto. „Warte.“ Kam es nur kurz von mir. „Du sollst nicht einfach in der Tiefgarage herum laufen. Wenn ein Auto kommt und dich nicht sieht, dann passiert noch was.“ Ich nahm ihr den Rucksack ab und nahm ihre Hand. „Tut mir leid. Ich freu mich nur so. Ich schlafe doch so gerne bei Sano-oji-chan und dir. Das wird lustig.“ Ich lächelte und nickte. Kurz warf ich Massanorie einen Blick zu, doch der strich Katrin nur über den Kopf und ging zum Fahrstuhl. Mich würdigte er gerade keines Blickes. „Alles gut, Maru-chan?“ Katrin zupfte an meiner Hand. „Ja alles gut. Na komm, bevor dein Onkel uns hier stehen lässt.“ Dabei lächelte ich sie an. Im Fahrstuhl war außer Katrins kleinem Geplapper nichts zu hören. Als wir endlich in seiner Wohnung ankamen, verschwand er in seinem Büro. Das hieß wohl, dass er wirklich sauer auf mich war. Seufzend sah ich ihm nach und wusste nicht was ich tun sollte. Was ich auch tat war irgendwie immer falsch. Dabei gab ich mir wirklich Mühe, aber anscheinend reichte das nicht aus. Nachdem wir alleine gegessen hatten, sie sich die Zähne geputzt und Nachtzeug angezogen hatte, saß sie auf dem Bett im Gästezimmer. Sie drückte ihren Bären an sich und kuschelte sich in ein Kissen. Sitzend sah sich mich erwartungsvoll an. „Und nun?“ ich deckte sie zu und schmunzelte. „Darf ich mir eben auch noch was Bequemes anziehen?“ „Na gut, aber du musst dich beeilen.“ Kam es leicht seufzend von ihr. Im Schlafzimmer öffnete ich den Schrank und wollte mir gerade eine Jogginghose und ein Shirt herausnehmen, als mein Blick aufs Bett fiel. Massanories blau-schwarz karierte Pyjamahose lag auf der Decke, ich nahm sie in die Hand und roch daran. Nachdenklich lehnte ich mich mit dem Rücken an den Kleiderschrank und ließ mich hinunter gleiten. Wieso war das alles so kompliziert? Ich war nicht dumm – ich wollte nur nicht bestimmen wann wir Sex hatten? War das so falsch? Ich dachte darüber nach ob ich denn, wie er, vermisste mit ihm zu schlafen. Aber ich fand es ok, dass seit einer Woche nichts gewesen war. Wieso er denn nicht? Der Sex mit ihm war toll und ich mochte es mit ihm zusammen zu sein, aber ich fand es eben nicht schlimm wenn wir nur selten miteinander schliefen. „Vielleicht hat er ja doch recht…“ wisperte ich zu mir selber, bevor ich wieder aufstand, seine Hose zurück aufs Bett legte und in meine Sachen schlüpfte. Katrin sah mich aufgeregt an, als ich wieder in den Raum kam und mich zu ihr aufs Bett setzte. „Will Sano-oji-chan auch mit hören?“ „Ich denke nicht.“ „Ich denke doch.“ Kam es plötzlich von hinten. Massanorie stand in der Tür, musterte mich und kam dann zu uns. „Schließlich belegst du wegen dieser doofen Geschichte meine Wohnung.“ „Die ist nicht doof!“ kam es erbost von Katrin. „Nicht wahr Mamoru?“ Mein Blick wanderte zu Massanorie der sich nun zu Katrin setzte und mir gegenüber saß. Im Schneidersitz saß ich nun auf dem Bett und überlegte. „Kommt drauf an aus welchem Blickwinkel man das sieht. Für dich ist es eine schöne Geschichte, für deinen Onkel ist sie nur nervig, unsinnig und sie ist ihm egal.“ Kam es schließlich ernst von mir. „Denkst du das?“ Sein Tonfall klang verletzt. „Ja schon. Weil du nicht verstehst, dass auch, wenn es einfacher wäre, diese Geschichte nun mal da ist und sie ist eben so. Ändern kann man es nicht. Außerdem ist diese Geschichte an so vielen anderen Dingen schuld. Aber auch das ist dir egal, oder besser es nervt dich…“ Wir sahen uns beide an. „Über was redet ihr?“ Die kleine Maus zupfte an Massanories Hemd und blickte zwischen uns beiden hin und her. „Ich bin mir gerade auch nicht sicher.“ Lächelnd pikste Massanorie Katrin in die Seite um sie abzulenken. Massanorie Lenjier Dass ich mich im Auto im Ton vergriffen hatte stand außer Frage. Es war nicht seine Schuld, dass er eben so ein herzensguter Mensch war und auch nicht, dass er mit weniger Sex aus kam als ich. Aber gerade wusste ich wirklich nicht, was er mir mit der vorherigen Aussage mitteilen wollte, nur dass er anscheinend enttäuscht über meine Aussage war, dass es eine doofe Geschichte war. „Wo waren wir denn stehen geblieben?“ Mamoru überlegte kurz, doch Katrin wusste es noch genau. „Da wo alle gestorben sind. Das war traurig und nun musst du mir sagen ob Sailor Moon eine Prinzessin ist.“ Traurig sah sie Mamoru an, kuschelte sich dann zuerst ins Kissen und dann an mich. „Und du musst auch gut zuhören, ja Sano-oji-chan?“ Ich nickte nur und schmunzelte. „Ganz sicher.“ Mamoru verdrehte kurz die Augen. „Also gut, die Prinzessin wurde auf der Erde wiedergeboren als ein ganz normales Mädchen. Sie bekam neue Eltern und Geschwister, neue Freunde, ging zur Schule und wusste nichts von ihrem vorherigen Leben. Eines Tages dann, traf sie auf eine schwarze Katze und diese konnte reden…“ „Warum konnte die reden?“ Katrin sah Mamoru Erwartungsvoll an. „Weil die Katze eigentlich keine richtige Katze ist. Sie hieß Luna und war eigentlich auch von einem anderen Planeten. Aber sie hat im Silberjahrtausend der Königsfamilie gedient, so wie eine Beraterin. Luna fand also das Mädchen und sie erklärte ihr, dass sie Sailor Moon sei und dass es ihre Aufgabe sei die Prinzessin des weißen Mondes zu finden. Was aber weder das Mädchen noch die Katze wussten war, dass das Mädchen selber die Prinzessin war. Also machte sich Sailor Moon auf die Suche und fand die anderen Sailor Krieger und nach und nach fanden sie sich alle.“ Mamoru machte eine Pause, doch Katrin war ungeduldig. „Nicht aufhören. Was ist denn dann passiert? Und was ist mit dem Prinzen? Und wann hat Sailor Moon erfahren, dass sie die Prinzessin ist?“ Mamoru seufzte und ich konnte sehen, dass er den Fokus der Geschichte, wie schon beim ersten Mal erzählen, nicht auf sich lenken wollte. „Naja der Prinz ist auch wiedergeboren worden und hat dann auf der Erde gelebt. Und irgendwann traf er dann die Prinzessin wieder. Sailor Moon erkannte nämlich eines Tages, dass sie die Prinzessin sei und der Prinz erkannte das auch. Und er half der Prinzessin gegen all die Bösen Mächte zu kämpfen die der Erde und den Menschen darauf Schaden zufügen wollten. Und so wurde Sailor Moon mit jedem Kampf stärker und bald musste der Prinz sie gar nicht mehr beschützen, weil das die Prinzessin selber konnte. Und die Prinzessin hatte ja auch die Sailor Krieger die sie beschützten.“ „Und dann?“ „Und dann? Hmmm, Sailor Moon beschützt diese Welt und zusammen mit den Sailor Kriegern sorgen sie dafür, dass das Böe nicht gewinnt. Und eines Tages tauchten dann auch noch andere Sailor Kriegerinnen auf.“ Man merkte Mamoru an, dass er eigentlich keine Lust hatte zu sehr ins Detail zu gehen, jedoch interessierte das Katrin mal gar nicht und so stocherte sie weiter. „Und heiraten Sailor Moon und der Prinz nun?“ Mamoru schmunzelte und tippte Katrin auf die Nase. „Ich denke nicht. Die beiden haben nämlich erkannt, dass sie sich in diesem neuen Leben nicht mehr so lieb haben wie früher. Außerdem hat sich Sailor Moon dann neu verliebt und sie und der Prinz haben entschieden, dass sie von nun an getrennte Wege gehen. Aber wichtig ist nur, dass Sailor Moon die Prinzessin ist und sie beschützt die ganze Welt.“ Damit kitzelte er Katrin etwas die quickte und sich lachend an mich drängte. „Dann ist Sailor Moon wirklich eine Prinzessin. Das ist toll. Und was ist mit dem Prinzen? Hat er auch neue Eltern bekommen und hat er auch jemanden gefunden den er lieb hat. Und kämpft er weiter mit Sailor Moon?“ Katrin setzte sich auf und sah Mamoru bettelnd an, dass er ihr doch alles andere erzählte. „Wieso willst du das denn wissen? Ich dachte du magst Sailor Moon, da solltest du lieber weiter fragen über sie stellen…“ „Aber den Prinzen mag ich auch. Bitte Mamoru, erzähl mir noch was!“ sie krabbelte zu ihm und sah ihn mit einem Hundeblick an, der selbst einen Stein hätte schmelzen lassen. Seufzend strich er ihr über den Kopf. „Ich glaube, dass das Leben des Prinzen nicht sehr interessant ist. Außerdem macht er ja gar nichts, Sailor Moon rettet die Welt und macht die coolen Sachen. Der Prinz ist nur eine Nebenfigur. Pass auf, ich erzähl dir noch mehr über Sailor Moon…“ „Nein. Bitte Mamoru, ich will auch wissen was mit dem Prinzen ist. Der ist doch auch wichtig. Sano-chan… du willst doch auch wissen was mit dem Prinzen ist, oder?“ Sie drehte sich zu mir um und nickte mir bestätigend zu. Ich setzte ein grinsen auf. „Ja klar.“ Doch als ich dann zu Mamoru sah, verschwand mein Grinsen. Sein Gesichtsausdruck zeigte, dass er wenig Interesse hatte weiter zu erzählen, jedenfalls zu Katrins Bedingungen. „Vielleicht hat Mamoru nur keine Ahnung was aus dem Prinzen wurde.“ Plötzlich schauten mich beide an. „Wieso weiß Mamoru das nicht?“ „Weil er sich vielleicht besser mit Sailor Moon auskennt, aber vielleicht kann ich dir ja helfen. Denn weißt du, ich weiß was mit dem Prinzen passiert ist.“ Nun hatte ich ihre volle Aufmerksamkeit. Mamoru sah mich missmutig an und rümpfte die Nase. „Also kennt Mamoru Sailor Moon und du kennst den Prinzen?“ Katrin staunte und sah mich mit großen Augen an. „So kann man es sagen.“ „Ich geh mir einen Tee holen.“ Kam es nur bockig von ihm. „Du musst doch zuhören!“ Kam es nur von Katrin, die Mamoru an der Hand festhielt. Er sah sie seufzend an. Sein Blick wanderte zu mir, ich hob die Decke an und gab ihm zu verstehen, dass er her kommen sollte. Doch er setzte sich einfach nur auf die Bettkante und zupfte an seiner Hose herum, so als wolle er Flusen entfernen. „Mamoru…“ ich wollte ihm klar machen, dass ich ihn nicht vorführen wollte, doch Mamoru war anscheinend wirklich sauer. „Lass mich zufrieden!“ Katrin krabbelte zu ihm. „Bist du böse?“ Mamoru biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. „Nein. Tut mir leid.“ Einen Momentlang herrschte Stille im Zimmer, bevor ich mich räusperte und Katrin signalisierte, dass sie kuscheln kommen sollte. Mein Blick wanderte nochmal zu Mamoru, der aber weiterhin auf der Bettkante saß. „Also, wo fange ich an. Ach ja der Prinz wurde auch auf der Erde widergeboren, aber er hatte es nicht so gut wie die Prinzessin. Er hatte zwar liebevolle Eltern, aber diese starben sehr früh und ab da war der Prinz ganz allein. Der kleine Junge wusste nicht, dass er einmal ein Prinz war und viele Menschen taten ihm sehr weh und brachten ihn zum weinen. Der Junge hatte immer das Gefühl, dass ihn keiner liebte und dass er anders war. Keiner nahm ihn in den Arm oder sagte ihm, dass alles gut werden würde und so wurde der kleine Junge sehr traurig und einsam. Aber eines Tages wurde alles anders. Der kleine Junge war erwachsen geworden und er und das Mädchen stellten fest, dass sie einmal ein Prinz und eine Prinzessin waren. Der kleine Junge, der jetzt ein Mann war dachte, dass er nun nicht mehr allein sein müsste, weil er die Prinzessin gefunden hatte. Aber er war immer noch traurig und selbst die Prinzessin konnte das nicht ändern.“ „Das ist aber traurig.“ Katrin drückte ihren Bären an sich. „Ja ist es, aber keine Sorge es gibt ein Happy End.“ Aus den Augenwinkeln, sah ich, dass Mamoru seinen Blick zum Fenster gerichtet hatte und einfach nur hinaus sah. „Der Prinz und die Prinzessin hatten sich schon getrennt und der Prinz wünschte der Prinzessin nur das Beste und wollte, dass sie glücklich war...“ Katrin nickte „Dann ist das nicht nett von Sailor Moon, dass sie jetzt jemand anderen lieb hat.“ Unterbrach sie mich schnell. „Ja vielleicht, aber warte mal ab. Der Prinz traf dann auf einen Mann. Kein guter Mann, sondern ein schlechter. Man könnte fast sagen, wenn Sailor Moon gegen Bösewichte kämpft, dann wäre dieser Mann sicherlich einer davon gewesen. Ihm waren Liebe, Gerechtigkeit und dieser ganze andere Mist egal. Andere Menschen auch musst du wissen. Und wenn er in der Zeit des Silberjahrhunderts gelebt hätte, dann wäre er sicherlich ein Dieb gewesen oder ein Schurke.“ Meine Nichte hielt fast die Luft an, sie krabbelte nun zu Mamoru und kuschelte sich an ihn. Dieser sah mich nun schweigend an und in seinem Gesicht war keine Gefühlsregung zu erkennen. „Aber dieser Mann verliebte sich in den Prinzen, weil dieser ein selbstloser Mann war.“ „Was heißt das?“ Katrin sah zu Mamoru, dieser jedoch machte keine Anstalten ihre Frage zu beantworten. „Das heißt, dass er sich mehr um andere kümmert als um sich selbst.“ Kam es von mir. „Aber der Prinz mochte den Mann nicht und so musste der Mann viel daran arbeiten, dass der Prinz in ihm einen guten Menschen sah. Der Mann machte dem Prinzen Geschenke und versuchte nette Worte für ihn zu finden, aber der Prinz vertraute dem Mann nicht. Er hatte Angst dass dieser ihn auch alleine lassen würde. Und oft merkte der Mann nicht, dass er Dinge sagte, die den Prinzen verletzten. Sie stritten sich oft, vertrugen sich wieder und stritten erneut. Aber nach einer langen Zeit hat der Prinz dann erkannt, dass der Mann gar nicht so schlecht war.“ Katrin gähnte und sah zu Mamoru hoch und schien plötzlich nachdenklich. „Und dann?“ Ich lachte auf. „Ah der Prinz und der Mann wurden zuerst Freunde und dann verliebte sich der Prinz ganz langsam auch in den Mann. Und der Mann begann sich für den Prinzen zu ändern, er versuchte nun ein guter Mensch zu sein. Er wollte den Prinzen beschützen und ihm zeigen, dass er nicht allein war. Und mit der Zeit wollte der Mann, dem früher andere Menschen egal waren, nie wieder ohne den Prinzen sein.“ „Sie ist eingeschlafen…“ kam es leise von Mamoru. „Na toll, und ich geb mir noch richtig Mühe.“ Kam es spottend von mir. Mamoru Chiba Ich kommentierte seinen letzten Satz nicht, sondern legte Katrin vernünftig ins Bett und deckte sie zu. Massanorie stand schon an der Tür und wartet auf mich. Doch als er mich in eine Umarmung ziehen wollte, wich ich ihm aus und ging schweigend in Richtung Küche. „Es tut mir leid.“ Er folgte mir und hielt mich am Handgelenk fest. „Lass.Mich.Los.“ ich entzog mich seinem Griff und sah ihn wütend an. „Du hattest nicht das Recht, ihr das zu erzählen!“ kam es nur von mir bevor ich in die Küche ging und den Kühlschrank aufriss. „Und wieso nicht? Es ist doch nur die Geschichte des doofen Prinzen.“ Er knallte mir die Kühlschranktür vor der Nase zu. „Hast du mir nicht selber gesagt, dass du eben nicht dieser Prinz bist, sondern nur Mamoru? Also was soll es. Dann dürfte dich das nicht interessieren.“ „Tut es aber.“ Seufzend strich er sich über das Gesicht. „Entscheide dich endlich. Entweder ja zu deiner Reinkarnation oder nein. Aber beides, dann wenn du es willst, geht nicht.“ „Du verstehst nichts! Garnichts!“ kam es nur ernst und wütend von mir. „Nein? Ok, dann erklär es mir – vielleicht bin ich ja nicht so schlau wie du, der anscheinend die großen Geheimnisse des Universums schon ergründet hat. Aber ich weiß wenigstens wie man eine Beziehung führen sollte. Und so ist das irgendwie nicht richtig. Das beruht nämlich auf Geben und Nehmen. Und du kannst das nämlich nur in eine Richtung und als Tipp, es ist nicht die Sache mit dem „Geben“.“ Wir redeten uns in Rage und obwohl ich das wusste, konnte ich nicht anders als weiter zu reden. „Ach ja. Und du? Du bist immer nur auf Sex aus. Da gehört wohl auch noch mehr dazu, als nur im Bett zu landen. Vielleicht ist der Sex mit dir nicht so gut, dass jeder das jeden Tag haben will!“ ich wurde lauter und sah an seinem Gesichtsausdruck, dass ich zu weit ging. „Pass bloß auf.“ „Was sonst? Geh doch zu deinen anderen Stechern, die freuen sich sicherlich auf dich. Denen kannst du dann sagen, dass sie dumm sind und so ohne dass sie das kränkt.“ „Wieso bist du nur so stur? Wieso kannst du nicht einmal wie ein Erwachsener handeln, immer dieses bockige. Ich hab das Gefühl, dass ich mit einem Kind zusammen bin. Immer nur Geheule und Gezicke – du hast mich Schwuchtel genannt? Schau mal lieber bei dir selber, du bist ja die klischeemäßige Tucke!“ Ich zog die Luft scharf ein und biss mir auf die Unterlippe. „Was? Kommt nichts mehr? Ui, dann weiß ich ja endlich wie man dich zur Ruhe bringt. Kein Wunder, dass dich niemand erträgt und dich keiner haben will.“ Und von allen Dingen verletzte mich das nun wirklich. „… Mum und Dad ertrage es…“ kam es wispernd von mir. „Ja, meine Eltern ertragen das!“ kam es laut von ihm. „Und wenn wir schon dabei sind, ich ertrage es nicht. Vielleicht sollte der Streuner erst mal einen anderen Ort zum schlafen suchen. Dann kannst du dich in eine andere Familie einnisten und denen den letzten Nerv rauben.“ Das war der letzte Satz, bevor wir uns beide angestarrt hatten und ich nach einer gefühlten Ewigkeit einfach gegangen war. Vier Tage war das nun her und er hatte sich nicht bei mir gemeldet und ich nicht bei ihm. Auch bei Andrea oder Seijiro hatte ich mich nicht gemeldet, obwohl mich beide mehrfach versucht hatten anzurufen. Nachdenklich sah ich aus dem Fenster, als jemand an mir zupfte. Ich sah nach unten und lächelte Shigo an. „Du sollst doch schlafen, damit wir später zusammen essen können.“ Kam es nur leise von mir, während ich mich zu ihr beugte und mit dem Finger auf die Nase tippte. „Ich bin nicht müde.“ Kam es nur flüsternd von ihr. „Aha.“ Ich schmunzelte, nahm sie auf den Arm und ging mit ihr in Richtung des Raumes wo die Kleinen lagen und schliefen. Naja alle bis auf Shigo. Aber auch das hatte sich nach zwei Minuten erledigt, denn dann war die Müdigkeit wohl doch größer. Schmunzelnd zog ich die Tür zur Hälfte zu und räumte weiter den anderen Raum auf. Die ersten Tage des Praktikums liefen gut und es machte wirklich Spaß. Auch die Kolleginnen waren nett und Akeno-san war als Chefin wirklich gut. Zudem lenkte mich das arbeiten von Massanorie ab. Den ganzen Samstag und Sonntag hatte ich fast nur geheult und als ich merkte, dass er recht hatte und ich wirklich eine doofe Zicke war hatte ich noch mehr geheult. Aber am meisten hatte mich verletzt, dass er sagte er wüsste warum mich keiner haben wollte. Und das er sehr betont hatte, dass es seine Eltern waren. Ich wusste das, aber ich hatte gehofft, dass es trotzdem auch ein bisschen meine werden könnten. Doch nun… ich sammelte gerade einige Legosteine auf, als ich ein räuspern hinter mir hörte. „Akeno-san.“ Ich lächelte und stand auf. „Hallo Mamoru-san. Alles gut bei dir?“ Etwas verwirrt schaute ich sie an. „Ja klar, wieso, ist etwas nicht in Ordnung?“ „Nein, nein. Ich frage nur, weil du heute sehr nachdenklich wirkst. Das ist alles. Und ich kümmer mich um meine Leute.“ Damit zwinkerte sie mir zu. „Danke. Aber es ist alles gut, war mit den Gedanken nur woanders. Kommt nicht wieder vor.“ Lächelnd schmiss ich die Legosteine in den Kasten mit den anderen. „Alles gut. Wenn was ist, kannst du gerne zu mir kommen.“ Nickend nahm ich das zur Kenntnis, machte mir jedoch nichts vor. Sie war die Chefin und musste sowas sagen. „Eigentlich wollte ich kurz mit dir reden, weil mir in den letzten Tages etwas aufgefallen ist.“ „Oh, ok?“ Sie zog die Tür hinter sich zu, das war kein gutes Zeichen. „Hab ich was falsch gemacht?“ Sie bückte sich, hob eine Puppe auf und legte sie ins Regal zu einigen anderen. „Nein, du hast nichts falsch gemacht. Mir ist nur aufgefallen, dass du dir kein Mittagessen und kein Frühstück mitbringst. Weißt du, es ist so, wir frühstücken mit den Kindern und essen auch mit ihnen zu Mittag. Wir wollen ihnen ein Vorbild sein, wenn es um das Thema gesunde Ernährung geht und es wäre schön, wenn du das bedenken würdest. Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig ist, sich plötzlich an feste Essenszeiten zu gewöhnen, wenn man das sonst nicht so macht. Gerade als Student ist das ja etwas was man nur selten schafft. Das kenn ich noch aus meiner eigenen Zeit. Aber ich würde dich darum bitten, dass du versuchst dir ab morgen auch etwas mitzubringen. Für heute ist es ok. Können wir uns darauf einigen?“ Sie lächelte mich an und mir wurde bewusst, dass ich Idiot auch selber darauf hätte kommen können. „Ja natürlich. Entschuldige, das war wirklich dumm von mir.“ Sie winkte ab. „Kein Thema, deswegen sag ich es ja. In jedem Beruf lernen wir neues dazu und wir können nur lernen wenn andere uns dabei helfen…“ plötzlich wurde die Tür aufgeschoben. „Mamoru-san, da ist Besuch für dich.“ Ich zuckte zusammen und hoffte inständig, dass es nicht er war. „Geh ruhig. Wir haben ja alles besprochen.“ Ich nickte und ging zur Eingangstür, wo ein mir bekanntes Gesicht auftauchte und mich anlächelte. „Hallo.“ Andrea setzte diesen leicht vorwurfsvollen Ausdruck auf, der mir sagen sollte, dass sie es missbilligte, dass ich nicht zurück gerufen hatte – funktionierte. Mit einem schlechten Gewissen wich ich ihrem Blick aus. „Ich dachte mir, dass du sicherlich nicht auf dich aufpasst. Also hier, ich hoffe es ist dir nicht allzu peinlich.“ Damit hielt sie mir einen dunkelblauen Furoshiki mit weißen Kranichen entgegen. „Ist das…?“ Verwundert sah ich sie an. „Natürlich. Eine Bento Box mit Furoshiki. Du solltest sie von deinem Vater und mir am Sonntag bekommen, wenn ihr Katrin zurückgebracht hättet. Aber Massanorie kam alleine und dann sagte er auch nichts. Und es verging der Montag und du hast nicht zurück gerufen, genauso wie am Dienstag und heute hatte ich die Faxen dicke – um es mal deutlich zu sagen. Ich habe keine Ahnung was ihr beide wieder habt, aber das ist kein Grund nicht bei uns vorbei zukommen. Und ich nehme doch richtig an, dass du nichts zu essen mit hast oder?“ „Ähm… also…“ „Wusste ich es doch.“ Kapitel 71: Step sixty-nine… Children ------------------------------------- Ein Kind ist ein Buch, aus dem wir lesen und in das wir hinein schreiben sollen. Peter Rosegger Andrea Lenjier Mit was für Kinder war ich denn bitte gestraft? Mein ältester Sohn hatte die Sturheit erfunden und wollte unter keinen Umständen zugeben, wenn er Mist baute. Meine Tochter dachte sie müsse erwachsener sein als sie war, nur weil sie ein Kind hatte und fragte nie um Hilfe. Und mein jüngster Sohn dachte wirklich, dass nur weil er Stress mit meinem ältesten hatte, er nicht mehr kommen dürfte und er war eben manchmal immer noch ein kleiner Junge. Nichts als Ärger mit den Kindern. Seufzend sah ich Mamoru an. „Also nimm die Box und ich hoffe es schmeckt.“ Mamoru sah mich schweigend an, gerade als er etwas erwidern wollte tauchte eine Frau hinter ihm auf. „Guten Tag.“ Ich lächelte freundlich und verbeugte mich. „Guten Tag.“ „Oh, Frau Tzumito ist meine Chefin und das ist…“ nun zögerte er und sah mich an. In seinem Blick sah ich Unsicherheit, genau wie damals am Anfang. schoss es mir durch den Kopf. „Lenjier Andrea, seine Mutter. Es freut mich. Entschuldigen Sie die Störung. Mein Sohn hatte nur sein Mittagessen vergessen, es ist eben egal wie alt sie sind, immer muss man aufpassen.“ Die Frau lachte nur und nickte. „Ja das kenn ich, mein Bruder gehört auch zu diesen zerstreuten Menschen. Manchmal denke ich er würde verhungern, wenn ich nicht wäre.“ Ich lachte nun ebenfalls. Mamoru schwieg sich aus und wartete geduldig und stumm wie immer darauf, dass wir zu Ende geredet hatten. „Es hat mich sehr gefreut, sie kennen zu lernen.“ Ich schüttelte Akeno-san die Hand und verabschiedete mich. „Ebenfalls.“ „Mamoru, bringst du mich noch zum Tor?“ „Ja.“ Damit trottete er neben mir her. „So, was hat er gesagt?“ „Was?“ Er sah mich aus den Augenwinkeln an. „Er hat doch etwas gesagt? Ich kenne dich nun doch schon etwas Mamoru und ich kenne ihn. Und an deiner Reaktion und weil du dich nicht mehr meldest merke ich doch, dass er was gesagt haben muss. Irgendwas was mit deinem Vater und mir zu tun hat.“ Doch Mamoru sagte nichts. „Nein alles gut. Wir hatten nur einen kleinen Streit. Nichts worüber…“ „Ich fass es nicht. Du lügst mich an. Mich, deine Mutter.“ Ich stemmte die Hände in die Hüfte und schüttelte den Kopf. „Fassungslos bin ich. Na gut, wenn du es nicht sagen willst, dann reden wir eben heute Abend beim essen.“ „Also. Ich kann nicht…“ „Ich schicke deinen Vater später vorbei, der kann dich von der Arbeit abholen und dann kommst du zum essen. Wenn du jetzt diskutieren willst, tu das später mit deinem Vater. Und deinen Bruder packe ich mir auch noch, ich weiß ja jetzt, dass da was war. Versteh mich nicht falsch, mich gehen eure Beziehungssachen nichts an, wenn ihr das nicht wollt. Aber das hier scheint nichts Beziehungsmäßiges zu sein, sondern was Familiäres und das geht mich definitiv was an!“ „Bitte.“ Mamoru fasste mich an der Hand und sah mich flehend an. „Bitte rede nicht mit ihm und mecker auch nicht. Ich… es war ein dummer Streit und wir… das wird bestimmt wieder.“ Doch in seinem Blick lag nicht gerade Hoffnung und auch seine Stimme klang nicht sehr überzeugt. „Mamoru…“ „Nein bitte. Bitte sprich ihn nicht darauf an. Und ich kann heute Abend nicht - wirklich.“ Er drückte meine Hand und sah mich verzweifelt an. Seufzend nickte ich. „Na gut. Dann sage ich nichts. Aber wenn du heute Abend nicht kommen willst, dann kommst du Morgen früh bei uns vorbei und sag mir jetzt nicht es wäre ein Umweg, dass ist es nicht. Und dann bringst du mir die Bentobox und ich mach dir Frühstück. Und das ist nicht verhandelbar.“ Damit drückte ich seine Hand ebenfalls, strich ihm über die Wange und gab ihm einen Kuss auf eben jene. „Ich hab dich lieb. Merk dir das, also komm vorbei.“ Ich sagte am Abend nicht ein Wort darüber, dass Mamoru nicht da war. Ich fragte Massanorie nicht und tat so als wäre es das normalste von der Welt. Dass er mich zwischendurch ansah und wahrscheinlich auf etwas wartete ignorierte ich einfach. Nur ein einziges Mal erwähnte ich Mamoru und zwar als ich Massanorie mitteilte, dass er morgen zum Frühstück kommen würde und ich ihm danach sein Fahrrad anbieten würde um zur Arbeit zu fahren. Schließlich brauchte er mit dem Rad von uns aus nur 15 Minuten. Massanorie murmelte etwas als ich ihn bat nach dem Reifendruck zu schauen, verschwand und kam schließlich ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren wieder. Der nächste Tag begann früh, Mamoru musste um halb acht im Kindergarten sein, dass hatte er uns am Freitag erzählt als Katrin und er nach Hause kamen. Heißt er würde sicherlich um halb sieben hier aufschlagen. Die Misosuppe auf dem Herd dampfte vor sich hin, während ich alles andere vorbereitete, plus das Essen für ihn zum mitnehmen. Zugegeben, ich war stolz auf mich, anstatt wie früher bei den anderen beiden, die dem klassischen japanischen Frühstück überhaupt nichts abgewinnen konnten wusste ich, dass ich meinem Mann und Mamoru damit eine Freude machen würde. Und ich glaube mir gelang das ganz gut, auch wenn ich am Abend zuvor meine Schwiegermutter anrufen musste. Diese war völlig erstaunt, dass ich sie anrief und noch mehr als sie erfuhr, dass ich einige Tipps fürs Frühstück brauchte. Fast würde ich meinen wir hätten uns gut unterhalten. Seijiro erschien im Morgenmantel in der Küche, streckte sich etwas und sah mir über die Schulter. „Du machst ein klassisches Frühstück?“ „Für meine beiden Männer nur was sie mögen. Sei froh, dank Mamoru bekommst du das demnächst öfter.“ Ich kicherte leicht als er mich küsste und lächelte ihn danach an. „Ich liebe dich Seijiro.“ „Ich dich auch.“ Plötzlich hörte ich das Türschloss. „Oh er kommt wirklich? Und dann auch noch um kurz nach sechs.“ Seijiro wirkte überrascht, aber ich wusste, dass er kommen würde. Massanorie Lenjier „Guten Morgen.“ War alles was ich hervorbrachte, als ich kurz in die Küche kam. „Guten Morgen. Ich dachte, du wärst Mamoru.“ Meine Mutter lächelte mich an, doch ich verdrehte nur die Augen. „Was machst du denn um diese Zeit schon hier? Willst du mit uns…“ „Nein bin ich nicht, und nein will ich nicht. Ich bin mal eben in der Garage.“ Damit ging ich in Richtung der Tür die vom Haus in die Garage führte, knallte die Tür hinter mir lauter zu als gewollt und schaltete das Licht ein. Das Auto meines Vaters stand hier, sowie einige anderen Sachen, Kartons und so ein Plunder. Mein altes Mountainbike stand angelehnt an der Wand, dort wo ich es unsanft abgestellt hatte. „Ich bin so ein Idiot. So ein Kindskopf, wirklich schlau gemacht Massanorie. Echt… ich kann wirklich stolz auf mich sein. Benehme mich wie ein zehnjähriger, aber ihm halte ich das vor…“ während ich nach einer Luftpumpe suchte, hörte ich die Tür, die sich öffnete und wieder schloss. „Was suchst du?“ Mein Vater sah mich fragend an. „Die Scheiß Luftpumpe!“ fauchte ich nur und suchte die verdammte Garage danach ab. „Hast du nicht gestern Abend geschaut ob es aufgepumpt ist?“ Ich hörte mit dem wühlen auf, strich mir durch die Haare und seufzte. „Ja sollte man denken, nicht wahr.“ Kam es nur leise von mir. Doch dann sah ich wie mein Vater sich bückte und neben den Reifen des Bikes etwas aufhob. Ich kratzte mich am Kinn und suchte weiter. „Willst du mir vielleicht was sagen?“ Er hielt mir die Ventile hin, die ich gestern, weil ich wütend war, einfach raus geschraubt hatte. „Was willst du hören? Dein Sohn ist ein Idiot, der seinem Freund nicht die Familie gönnt? Der Eifersüchtig ist und weil ich nicht noch mein Fahrrad mit ihm teilen wollte, einfach beschlossen hatte die Luft raus zulassen? Was soll ich denn sagen?“ fauchte ich nur. „Mist. Das war so albern gestern Abend. Und ich – ich bin so dumm. Also wollte ich es wieder gut machen, aber jetzt finde ich die beschissene Luftpumpe nicht.“ „Ging euer Streit darum?“ Er legte die Ventile auf das kleine Regal neben der Tür. „Er hat es euch erzählt?“ Seufzend lehnte ich mich gegen die Wand. „Nein hat er nicht, er hat deine Mutter gebeten dich nicht drauf anzusprechen, denn sie ahnte etwas in die Richtung. Aber er wollte das nicht, hat sie gesagt. Er meinte wohl es wäre alles ok, nur ein kleiner Streit.“ Ich schmunzelte. „Dieser Baka. Anstatt mich zu verpetzen, beschützt er mich noch. Wieso ist er bloß so ein Gut-Mensch?“ Leise lachend sah ich zu dem Fahrrad. „Es ist einfach ausgeartet. Es fing mit etwas banalem an… aber das willst du sicherlich nicht hören.“ Doch mein Vater schloss zu meiner Verwunderung die Tür und setzte sich auf die kleine Stufe und winkte mich zu sich. „Unser erstes Vater-Sohn Gespräch und es ist in der Scheiß Garage.“ Kam es nur bissig von mir, als ich mich neben ihn setzte. „Kannst du aufhören zu fluchen?“ Er sah mich aus den Augenwinkeln an, kramte in seiner Morgenmanteltasche und hielt mir sein kleines silbernes Zigarettenetui hin. „Das bleibt aber unter uns.“ Kam es nur mahnend von ihm, als wir uns beide eine ansteckten. „Also, was ist passiert?“ „Ich war wütend. Er wollte unbedingt, dass Katrin bei uns schlief und ich wollte einfach mit ihm allein sein. Da hab ich ihm vorgeworfen, dass er keinen Sex mit mir haben will.“ Ich machte eine kurze Pause, mein Vater zog an seiner Zigarette und ich wusste es musste ihm schwer fallen mit mir über sowas zu reden. Er deutete mir an weiter zu reden. „Naja dann haben wir uns etwas in die Wolle bekommen und ich hab ihm gesagt, dass er manchmal echt dumm ist. Und später ist es dann ausgeartet, ich wollte mich entschuldigen. Er war stur wie immer und dann haben wir uns in Rage geredet. Und plötzlich hab ich ihm vorgeworfen, dass er eine Heulsuse ist und zickig...“ Ich zog an meiner Zigarette. „Naja und dann meinte ich nur, dass ihn ja keiner ertragen würde. Und das ich gerne mit einem Erwachsenen zusammen wäre und nicht mit einem Kind. Dass ihn vielleicht deswegen keiner wollte, weil er nervt. Er war dann schon geknickt und ich habe es gesehen und hab den Mund nicht halten können. Mamoru meinte dann, das du und Mum ihn nicht nervig finden, da war er schon ganz kleinlaut, aber ich hab ihm gesagt, dass ihr meine Eltern seid und dass er gehen soll, sich bei jemand anderen einnisten…“ Seufzend sah ich wieder auf das Fahrrad. Mein Vater blieb die ganze Zeit stumm. „Willst du nicht, dass er sich bei uns wohl fühlt?“ Seine Stimme klang ernst, aber nicht wütend. „Ich… ich will…“ ich überlegte und sagte einfach was ich dachte, auch wenn es so kindisch klang. „Ich will euch nicht teilen mit ihm und ich will ihn nicht teilen mit euch.“ Ich schüttelte den Kopf, weil es lächerlich klang. „Mamoru gehört dir nicht, er ist nicht dein Eigentum. Und was uns angeht. So haben wir genug Platz für drei Kinder. Sei mir nicht böse, aber du warst so wenig ein guter großer Bruder wie ich ein guter Vater war.“ Ich seufzte und nickte. „Ja stimmt wohl.“ Wisperte ich nur, bevor ich schweigend rauchte. Mein Vater drückte die Zigarette an der Steinstufe aus und legte den Stummel zurück in das silberne Etui, welches er sofort wieder in der Tasche seines Morgenmantels verschwinden ließ. „Weißt du, als ich deine Mutter kennen lernte, da habe ich mich sehr lange sehr dumm angestellt. Aber nachdem ich mich zusammengerissen hatte, da hab ich dann gefragt ob sie mit mir ausgeht und sie hat Ja gesagt und nach einigen Treffen in denen wir uns näher kennen lernten, hab ich sie das erste Mal geküsst. Und so langsam hab ich dann alle ihre kleinen Macken kennengelernt und ihre liebevollen Eigenarten.“ Er lächelte und schwärmte richtig von ihr. So kannte ich ihn gar nicht. „Auch wenn das nichts mit dem zu tun hat, was ich dir gerade erzählt habe – aber sowas hatten Mamoru und ich nicht.“ „Vielleicht ist das das Problem.“ Damit klopfte er mir auf die Schulter, stand auf, deutete mir an von der Stufe zu rücken damit er gehen konnte. „Und die Luftpumpe liegt neben den Farbeimern, auf dem Regal links.“ Er öffnete die Tür, schmunzelte und ging. Nachdenklich sah ich ihm hinterher, bevor ich die Ventile nahm und die Luftpumpe vom Regal zog, genau dort wo mein Vater gesagt hatte. Nach einigen Minuten hatte ich die Reifen wieder aufgepumpt. Ich schloss die Tür zur Garage leise und konnte Mamoru hören. Er erzählte gerade wie seine ersten Tage im Kindergarten abgelaufen waren. Zaghaft klopfte ich an den Türrahmen und räusperte mich. „Bin fertig und hau jetzt ab.“ Mamoru zuckte merklich zusammen als er mich sah. Einen Moment herrschte schweigen. Gerade als ich mich umdrehen wollte, hörte ich meinen Vater. „Setz dich und Frühstück mit uns. Deine Mutter hat sich heute selbst übertroffen.“ Meine Mutter lachte leise und bat mich ebenso zu bleiben. Mamoru aber blieb stumm. Verübeln konnte ich es ihm nicht. „Was gibt es denn?“ Lächelnd setzte ich mich an den Küchentisch und sah, zu meiner Überraschung, ein richtig japanisches Frühstück. „Ok. Also Reis, Misosuppe und Fisch… naja mal was anderes.“ Kam es nur seufzend von mir. „Ich hab noch eine salzig-sauer eingelegte Pflaume, deine Großmutter sagt, die gehört dazu und weckt die Lebensgeister.“ Besser als jede kalte Dusche meinte sie nur. Lachend stand meine Mutter auf und holte mir ein Schälchen mit Reis und Fisch. „Willst du auch ein Ei?“ „Ich nehme an du meinst nicht gekocht oder gebraten?“ „Nein Massanorie, sie meint roh.“ Mein Vater schmunzelte und ich verneinte dankend. Rohe Eier waren ja gar nicht mein Fall, ebenso wie das eingelegte Gemüse. Im Büro brauchte ich erst einmal einen Baggel, oder sonst was, was satt machte. Mamoru saß mir gegenüber und sprach nicht mehr ein Wort, aber anders als ich schien er dieses Frühstück zu mögen. Das Fahrrad das meine Mutter ihm anbot lehnte er ab, jedoch erst als er hörte, dass es mein altes war und ich seit Jahren nicht mehr nutzte… naja ich hatte es nie genutzt. Es ging bloß ums haben. Er lief lieber zu Fuß, bedankte sich für das Essen und die Bento Box und versprach, nach drängen meiner Mutter nach der Arbeit vorbeizukommen um diese für morgen wieder abzugeben. Vielleicht hätte ich etwas sagen müssen, aber was sagte man denn bitte? Gerade wusste ich nicht einmal was ich anders machen musste oder bei wem der Fehler lag. Jedoch sprach alles gerade dafür, dass der Hauptteil des Fehlers bei mir zu suchen war. Mamoru Chiba Den Tagesbeginn hatte ich mir anders vorgestellt. Warum war er auch unbedingt an diesem Morgen dort? Eigentlich wollte ich mich entschuldigen, aber irgendwie hatte ich es nicht geschafft. Und auch wenn ich mich eigentlich von den beiden distanzieren wollte, weil es Massanorie anscheinend störte, schaffte ich es nicht. Wieso konnten er und ich nicht einfach eine harmonische Beziehung führen? Das knurren meines Magens riss mich aus meinen Gedanken. „Verräter.“ Nuschelte ich nur. Das Bento war großartig gewesen und ich fand es toll, dass sie mir sowas machte. Leider gewöhnte sich mein Magen schnell an Hausmannskost und wahrscheinlich war das der Grund warum ich vielleicht, aber auch nur vielleicht, das Angebot bei ihnen zu Abend zu essen annehmen würde. Natürlich hatte das nichts damit zu tun, dass sie Aal machen wollte – überhaupt nichts. Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen als ich um die Ecke bog und das große Haus schon sah. Ich wollte mich nicht entscheiden, aber gerade wusste ich nicht was mir wichtiger war, Massanorie oder eine Familie zu haben, ein Zuhause… Nachdenklich blieb ich stehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit ging ich weiter und stockte als ich das Tor aufschob und Massanorie im Vorgarten sah. Es dämmerte schon, es war recht kalt und trotzdem kniete er in einer Jeans und einem Pullover vor seinem Mountainbike. Als er mich sah sprang er auf und wischte sich die schmutzigen Hände an einem Lappen ab. „Hey.“ Kam es nur kurz von ihm. „Hey.“ Erwiderte ich nur. Einen Moment sahen wir uns an und irgendeiner hätte nur etwas sagen müssen, aber es blieb bei dem Hey. Ich ging an ihm vorbei und kramte nach dem Schlüssel in meiner Jackentasche, hielt dann aber kurz inne. Ob er sauer würde, wenn ich mit dem Schlüssel aufschloss? Vielleicht sollte ich es nicht noch schlimmer machen und klingeln? „Du kannst auch durch die Garage, wenn du deinen Schlüssel nicht findest.“ Überrascht zuckte ich zusammen und drehte mich zu ihm um. Er deutete auf die offene Garage. „Ist das ok – für dich?“ kam es zaghaft von mir. Massanorie nickte sofort übertrieben. „Klar. Ich meine, natürlich wieso nicht. Also ist ja nicht so als wärst du ein Fremder… also nicht, dass ich das will oder denke…“ er wirkte so als wüsste er gerade selber nicht was er redete. Ein kleines schmunzeln konnte ich mir nicht verkneifen als ich an ihm vorbei ging, gerade als ich in der Garage stand kam er mir hinter her. „Es tut mir leid.“ Ich biss mir auf die Unterlippe, atmete dann einmal kurz ein und aus und drehte mich um. „Mir auch.“ Wir beiden starrten uns verunsichert an, doch anscheinend hatte Massanorie noch mehr auf dem Herzen. „Ich hab mich dämlich verhalten und hab Dinge gesagt, die man nicht sagen sollte. Und das alles nur weil ich dich nicht teilen will. Nicht mit Katrin, nicht mit meine Eltern, mit deinen Freunden oder anderen Menschen. Ich weiß ich bin besitzergreifend, aber bei dir ist es so schlimm. Mein Vater – also unser – also – du weißt was ich meine… Er hat recht, du bist nicht mein Eigentum und ich kann nicht so tun, als könnte ich über dich bestimmen.“ Einen Augenblick lang sah ich ihn nur an. „Danke.“ Ich lächelte etwas und fand es fast etwas schmeichelhaft, dass er mich nicht teilen wollte. Er wischte sich weiterhin die Hände an dem dreckigen Tuch ab. „Ich hab von Anfang an alles falsch gemacht. Den ganzen Tag habe ich im Büro darüber nachgedacht und so hätte das alles nicht laufen sollen. So wie bei ihnen, bei Mum und Dad hätte es laufen müssen.“ Jetzt war ich verwirrt. „Was meinst du?“ Noch immer stand ich in der Garage und versuchte nicht allzu unsicher zu wirken. „Unsere Beziehung. Ich hab mich dir aufgedrängt. Von Anfang an wollte ich meinen Willen haben, dass du nachgibst, mit unserem ersten Kuss war das so, mit dem Essen gehen. Eigentlich ab ich dich immer genötigt. Das mit deinem Zusammenbruch war auch nur, weil ich meinen Willen haben wollte und jetzt will ich dir aufzwingen so zu sein wie ich es will. Dabei muss sowas doch anders laufen. Ich hätte dich hofieren müssen oder so, mit dir ausgehen, deine Nummer bekommen und sowas…“ „Naja aber jetzt ist es eben so und ich hätte ja nein sagen können, also bei den meisten Sachen jedenfalls.“ Kam es unsicher von mir. „Ja sicher. Du und nein sagen. Nicht böse sein, aber du bist nicht sehr gut darin und ich bin nicht gerade dafür bekannt ein Nein zu akzeptieren.“ Er lachte traurig auf und sah mich seufzend an. „Und nun?“ Er zuckte mit den Schultern. „Also ich dachte, wenn du Lust hast, dann könnten wir zusammen was essen gehen. Nichts Großes oder so, vielleicht eine Ramen oder sowas.“ „Du magst keine Ramen.“ Kam es lächelnd von mir. Er war süß wenn er so herum druckste. „Ja stimmt, dass du dir das gemerkt hast. Aber das meine ich. Du weißt solche Dinge, ich nicht.“ „Ich habs dir auch nicht erzählt.“ Versuchte ich es schmunzelnd. „Also woher willst du sowas wissen.“ „Deswegen würde ich gerne mit dir ausgehen, wir könnten einfach nur reden. Über alles oder nichts und dann schauen wir, dass es besser wird. Nicht so wie jetzt, denn ich glaube damit schaden wir uns nur.“ Einen Augenblick dachte ich darüber nach. „Ok… ich bring nur die Box rein und dann können wir ja spazieren gehen oder so…“ Mir kam die Idee etwas komisch vor, aber er gab sich Mühe und vielleicht hatte er recht. Bei Bunny lief es auch nicht so ab, wie er es beschrieben hatte. Wir waren plötzlich zusammen und dann war es so. Lachend saßen wir uns gegenüber. Es war ein schöner Abend und wir hatten, glaub ich, noch nie so viel Spaß gehabt. Nachdem wir eine Weile nur herumgelaufen waren und geredet hatten, saßen wir nun bei einem kleinen Italiener und teilten uns eine Pizza. „Also Paprika auf Pizza ist ok? Aber ansonsten nicht?“ Er sah mich belustigt an. „Ja, klingt komisch. Aber ich finde Paprika hat, wenn sie gekocht wurde, ne super eklige Konsistenz, genau wie Tomaten. Also wenn man sie roh isst. Gekocht gehen die schon, aber bei Tomaten finde ich das labbrige im inneren sehr eklig.“ Ich verzog das Gesicht. „Ok. Aber dir ist bewusst, dass dieses Glibberige in Tomaten konsistenzmäßig…“ „Ja ich weiß, das ist was anderes.“ Kam es schnell von mir, ich wurde rot und räusperte mich. „Was ganz anderes.“ Massanorie nickte nur und verkniff sich ein lachen. „Und was ist mit Sport? Also ich weiß das du gerne Fußball spielst. Aber schaust du auch gerne Fußball?“ Massanorie nahm einen Schluck Cola, während ich ihn entgeistert ansah. „Oh Gott, bei deinem Gesichtsausdruck war das die falsche Frage.“ „Wie kannst du das Fragen? Natürlich und nur dass du es weißt, der FC Tokyo ist ein toller Verein und der beste überhaupt. Also pass auf was du sagst.“ Dass er überhaupt sowas fragen konnte, der hatte ja so gar keine Ahnung. „Stehen die zurzeit nicht auf Platz 2 der Tabelle, ist aber doch nur ein Zweitlegistenverein, oder? Ich glaube die haben das letzte Spiel sogar verloren…“ völlig geschockt sah ich ihn an. „Die haben verloren, weil der Schiri ein Idiot ist und nicht wegen ihrer Spielweise. Das war ein klares Foul und das hat der Vollfosten einfach nicht gewertet. Deswegen haben sie verloren! Und nur dass du es weißt, die steigen dieses Jahr sicher auf in die erste Liga. Das ist ganz klar!“ „Du und Dad werdet euch bestimmt wegen dem Thema in die Wolle bekommen, denn er ist definitiv kein F.C. Tokyo Fan, sondern Kyoto Sanga Fan.“ Ich schnaubte nur verächtlich. „Die sind auch in der zweiten Liga und nicht mal annähernd so gut wie der FC Tokyo.“ Der weitere Abend war wirklich nett und plötzlich war es zwischen uns anders als sonst. Wir liefen nebeneinander her und redeten über dies und das. Unsere politischen Ansichten, über Sport, über Hobbys, es war wirklich wie bei einem ersten Date – naja so stellte ich es mir wenigstens vor. „Also ich denke es gehört sich so, dass ich dich nach Hause bringe und eventuell bekomm ich dann noch einen kleinen Kuss. Aber nur wenn mein Date findet, dass es ok ist.“ Schmunzelnd stupste ich ihn an. „Wir schauen mal.“ „Aufregend.“ Witzelte er nur und lachte leise. „Jetzt bleibt nur die Frage wo ich dich hinbringe? Willst du zu dir oder nach Hause zu unseren Eltern?“ „Du musst das nicht sagen, wenn du nicht willst.“ Kam es leise von mir, denn ich wusste nicht wie er es wirklich fand, dass ich noch immer bei Ihnen ein und aus ging. „Mamoru hör zu. Ich bin ein Idiot und ich werde dich nicht wählen lassen. Sie lieben dich und ich weiß, dass du es verdient hast ein zuhause zu haben und Eltern. Dass ich so dumm reagiert habe tut mir wirklich leid. Und um dir die Wahl zu erleichtern, ich weiß, das Mum Sachen von dir dort hat. Also nur falls du die Entscheidung an frischen Sachen festmachst.“ „Ok?“ verwundert war ich nun schon. „Warum...?“ „Als du eine Weile dort gewohnt hast, hat sie Klamotten von dir da behalten, damit du spontan dort mal schlafen kannst. Ich weiß das, weil ich gesehen habe wie sie diese in meinen alten Kleiderschrank packte.“ Einen Moment schwieg ich. „Ich hätte einen kürzeren Weg und da es jetzt schon spät ist…“ ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr, wo die Zeiger verdächtig auf die 23 Uhr zu rückten. Er brachte mich also nach Hause und wir standen uns unschlüssig gegenüber, ohne so richtig zu wissen was wir tun sollten. „Also ich hau dann mal ab und wenn du magst, dann könnten wir das morgen nochmal machen?“ Ich nickte und merkte, dass ich rot wurde. „Ja, es war eine schöne Idee von dir.“ „Danke, ich fand es erst albern, aber er hatte wohl recht. Vielleicht fehlte uns diese richtige Kennenlernphase.“ „Ja vielleicht.“ Wir sahen uns noch etwas an. „Ok, oh und ich hab das Bike geölt und so, also du kannst es gerne benutzten. Ich hab es vor Jahren einfach nur gekauft, naja weil ich es konnte. Du kennst mich ja.“ Er zuckte mit den Achseln und strich sich durch die Haare. „Ja tu ich und ich überlege es mir.“ „Gut.“ Wieder sahen wir uns an, aber dann drehte er sich um und wollte gehen. „Hey. Also ich finde schon, dass ein Kuss drin ist – wenn du willst?“ kam es schnell von mir. Ich hörte wie er erleichtert ausatmete. „Gott sei Dank…“ Er lachte, nahm meine Hand und zog mich leicht an sich. „Denn das vermisse ich seit Tagen.“ flüsterte er nur, bevor er mich sanft küsste. Und es war anders als sonst, diesmal fühlte es sich neu und aufregend an. Er löste sich von mir und ich konnte sehen, dass er lächelte. „Dich zu küssen ist viel besser als Sex.“ Ich lachte leise und lehnte meine Stirn an seine. „Du bist doch ein Schamör.“ „Aber das bin ich nur für dich, wenn du es willst.“ Kapitel 72: Step seventy… Friendship III ---------------------------------------- Von allen Geschenken, die uns das Schicksal gewährt, gibt es kein größeres Gut als die Freundschaft - keinen größeren Reichtum, keine größere Freude. Epikur von Samos Bunny Tsukino Die letzten Wochen waren anstrengend gewesen. Prüfungen, Tests und ich hatte irgendwie bei keinen von ihnen ein gutes Gefühl. Zudem war Seiya nun auch noch einige Tage weg. Er musste zurück nach Kinmoku und wollte dort mit Prinzessin Kakyu reden. Denn es war so, dass Seiya zwar zur Erde zurückgekommen war, aber er hatte allen versprochen, dass er nur nach mir sehen wollte und nun waren die Dinge ganz anders verlaufen. Nicht das ich unglücklich war, ganz im Gegenteil, seitdem ich mir an Minako und auch an Mamoru ein Beispiel nahm, ging es mir viel besser. Meine Zukunft war völlig unklar und es machte mir nicht mehr dieselbe Angst wie vor einigen Wochen. Nun freute ich mich darauf, plötzlich hatte ich, wie Minako es sagte, die freie Wahl. Ich allein entschied was passierte und der Traum ein ganz normales Mädchen zu sein rückte plötzlich zum Greifen nah. Zwar hatte ich immer noch das Gefühl hilflos zu sein und mir machte dieses Unbekannte immer noch etwas Bauchweh, aber es wirkte nicht mehr bedrohlich. Lächelnd spazierte ich durch den Park und genoss die nun schon etwas wärmere Sonne die mir ins Gesicht schien. Die Bäume begannen langsam die ersten grünen Blätter zu bekommen und obwohl es gerade Mal Ende März war, hatten die Temperaturen heute fast 16°C erreicht. Grund genug für mich um mein schwarzes Kleid mit den weißen Punkten anzuziehen. Ein schlichter weißer Schal und die weiße Strickjacke reichten völlig aus um nicht zu frieren. Luna hatte es sich mit Artemis in unserem Garten gemütlich gemacht und meine Mutter witzelte nur, dass es bestimmt bald Katzennachwuchs geben würde. Dass Luna völlig entsetzt bei dieser Aussage drein gesehen hatte, hatte meine Mutter Gott sei Dank nicht mitbekommen. Bei dem Gedanken an diese Situation musste ich leise lachen. Mein Blick blieb an einigen Pärchen hängen die an mir vorbei liefen und ich seufzte leise. Seiya fehlte mir sehr, er war in letzter Zeit immer um mich gewesen und selbst meine Eltern mochten ihn langsam. Wobei mein Vater sich noch immer schwer tat. Aber er hatte bei Mamoru auch seine Zeit gebraucht, also würde das sicherlich gut werden. Der kleine See inmitten des Parks glänzte in der Sonne und ich lehnte mich an das Geländer und plötzlich hatte ich ein kleines Déjà-vu. Aus den Augenwinkeln sah ich nur drei Bänke von mir weg Mamoru sitzen. Er war in ein Buch vertieft, trug beim Lesen seine Brille und wirkte wie immer wenn er las, ganz weit weg. Schmunzelnd legte ich den Kopf zur Seite und sah ihn an. Das also hatte sich nicht geändert an ihm. Ich überlegte kurz ob ich zu ihm gehen sollte. Unser Kontakt war nur noch sporadisch, weil immer wenn wir aufeinandertrafen die anderen dabei waren. Und gerade Rei war immer noch gemein, wenn sie ihn sah und dass er deswegen keine Lust hatte sich mit uns zu treffen oder zu reden, wenn wir uns mal im CROWN trafen, verstand ich. Ohne etwas zu sagen, setzte ich mich neben ihn auf die Bank. Er blickte nicht einmal auf, so vertieft war er. Ich warf einen Blick in das Buch und erkannte, dass es diesmal kein Fachbuch war, sondern ein Roman. Das war anders. Ich kannte ihn nur mit einem Fachbuch. Dass er auch andere Dinge las war mir gar nicht so bewusst. Auch wenn er viele Bücher besaß. Sein Freund hatte wohl recht, dass ich mich nicht sehr darum bemüht hatte meinen Freund richtig kennenzulernen. „Ist es ein spannender Roman?“ Mamoru zuckte zusammen und sah mich an. „Bunny!“ Es dauerte einen Moment bis er sich gesammelt hatte. „Hey. Entschuldige, ich hab nicht mitbekommen, dass du hier bist.“ Ich lächelte und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich weiß. Aber du warst wie immer vertieft in ein Buch.“ Mamoru sah mich einen Moment an, steckte ein Lesezeichen in die Seite und legte es beiseite. Dann schwiegen wir einen Moment. „Wenn du nicht mit mir reden willst kann ich das…“ in mir stieg das Gefühl auf, dass wir uns nichts zu erzählen hatten. „Ach Quatsch.“ unterbrach er mich im Satz und setzte ein Lächeln auf. „Es ist nur ungewohnt und irgendwie auch ein bisschen wie ein Déjà-vu. Ich meine hier mit dir zu sitzen.“ Ich nickte. „Ja geht mir auch so. Geht es dir gut?“ Ich nestelte an einem Knopf der Strickjacke und sah auf den See. „Mir geht es gut. Gerade alles etwas stressig, aber das sonnige Wochenende macht es wieder weg. Und bei dir? Alles in Ordnung? Wo sind denn Seiya und die Mädels? Bei dem Wetter hätte ich ja darauf gewettet, dass ihr zusammenhängt.“ Mit ausgestreckten Beinen seufzte ich leise. „Ja das stimmt. Aber irgendwie haben alle etwas vor. Minako ist mit Yosuke unterwegs, Ami lernt – wie immer. Rei hat ein Date mit Yuishiro und Makoto ist natürlich mit Motoki verabredet. Und was Seiya betrifft…“ mein Blick wanderte in den Himmel. „Er musste nach Kinmoku. Er ist seit vier Tagen weg.“ „Ja manchmal sind Pärchen einfach blöd – besonders wenn man gerade auf den eigenen Partner verzichten muss.“ „Also ist Massanorie auch unterwegs?“ Ich war etwas stolz auf mich, dass ich das aus seiner Aussage geschlussfolgert hatte. Mamoru nickte und streckte sich. „Jaein. Er ist im Büro und arbeitet. Konferenz, Telefonkonferenz, Meeting. Das sind so die Schlagworte die er mir genannt hat. Aber es ist ok, in drei Wochen ist die offizielle Verabschiedung von Dad und dann muss er alles übernehmen. Das bedeutet, dass ich mich sowieso daran gewöhnen muss ihn nicht mehr jeden Abend oder jedes Wochenende zu sehen.“ „Dad?“ fragend sah ich ihn an. „Oh – ja.“ Er kratze sich an der Nase, nahm seine Brille ab und ich konnte sehen, dass er leicht verlegen wurde. Das kannte ich an ihm gar nicht. Aber es war irgendwie süß. „Naja, seine Eltern, also die von Massanorie sind wirklich nett und ich verbringe so viel Zeit mit ihnen. Naja da bin ich irgendwie mit reingerutscht in die Familien-Sache. Und naja…“ plötzlich stockte er und seufzte. „Ich sage ganz schön oft naja oder?“ Er sah mich an und ich lachte leise während ich nickte. „Ja, aber es scheint als würdest du seine Eltern wirklich gern haben. Ich hab dich noch nie so lächeln sehen wenn du über andere redest.“ Ich wurde still und sah wieder auf den See. „Obwohl wir nie wirklich über deine Sachen oder Dinge die dich beschäftigen geredet haben. Das ist wohl meine Schuld, ich war in unserer Beziehung ganz schön egoistisch, oder?“ Plötzlich spürte ich seine Hand auf meiner. „Wir waren beide nicht sehr gut darin, miteinander eine Beziehung zu führen.“ Traurig sah ich ihn an. „Ja kann sein. Ich glaube, ich dachte es wäre einfach, weil wir doch schon zusammen gewesen waren. Aber Minako hat recht, damals waren wir andere Menschen, mit einem anderen Charakter, mit anderen Interessen. Es war töricht an diesen alten Dingen festzuhalten.“ „Wow. Das klingt ja gar nicht wie die Bunny die ich kenne. Sondern sehr erwachsen.“ Er drückte meine Hand kurz, setzte die Brille wieder auf und packte sein Buch in seine Umhängetasche. „Da wir ja beide gerade gezwungen werden, an so einem schönen Tag ohne unsere Partner herumzulaufen. Darf ich dich auf einen Kaffee und ein paar Kekse einladen?“ Mamoru stand auf und lächelte mich an. Kurz war ich irritiert, so kannte ich ihn gar nicht. Sonst wollte er nie gerne unter Menschen und war lieber in seiner Wohnung, aber nun schien er wirklich viel glücklicher. Massanorie schien ihm sehr gut zu tun und Minako hatte mir erklärt, dass Massanorie eigentlich sehr nett war. Jedoch hatte ich aufgrund des Park-Vorfalls einfach schlechte Karten. So hatte sich Minako ausgedrückt. „Sehr gerne.“ Kam es schließlich als Antwort von mir. Wir schlenderten zusammen in Richtung Parkausgang und unterhielten uns so gut wie niemals zuvor. „Also machst du gerade ein Praktikum im Kindergarten?“ neugierig sah ich ihn an. „Ja. Ich hätte das auch nie gedacht. Aber es macht richtig Spaß. Und Massanorie kann, glaub ich, bald auch keine Geschichten mehr aus dem Kindergarten hören. Aber letzte Woche war er sehr süß. Er hat mir zwei Bücher geschenkt, die sich mit neuen pädagogischen Ansätzen in der Frühkindlichen Entwicklung befassen.“ Ich begann bei diesem Satz nur zu lachen. Mamoru sah mich verblüfft an. „Warum lachst du denn jetzt?“ Ich strich mir eine Lachträne aus den Augenwinkeln. „Weil es schön ist, dass sich einige Dinge nicht ändern.“ May Godai „Ich hatte vor es Mamoru und Massanorie zu schenken. Massanorie hat so einen schönen Balkon und da passt es sehr gut hin.“ Ich hielt das Windspiel mit den bunten Glasscheiben in Form von Schmetterlingen hoch. Einige Lichtstrahlen brachen sich in dem Glas und warfen bunte Schatten auf den Boden. „Ich finde das eine schöne Idee. Leider verlief das erste Zusammentreffen mit Lenjier Massanorie nicht so gut wie ich es erhofft hatte.“ Die hübsche Künstlerin steckte sich eine verirrte Haarsträhne hinter das Ohr und lächelte mich an. „Ich würde gerne sehen wie du so ein Windspiel herstellst. Mir fallen einige Ideen ein, die man vielleicht umsetzen könnte.“ Michiru hatte ein warmes und sehr freundliches Wesen, sie strahlte eine enorme Ruhe aus. Ich bewunderte sie dafür. „Ja sehr gerne. Und das mit Massanorie ist schade. Also, dass euer erstes zusammentreffen nicht sehr gut war. Er ist nett, auch wenn man das vielleicht auf Anhieb nicht glaubt.“ Lächelnd packte ich das Windspiel wieder in die kleine gepolsterte Schachtel, die ich auch selber gemacht hatte und verstaute sie in meiner Tasche. Vor zwei Wochen hatte sich Michiru wieder bei mir gemeldet und sie wollte sich noch einmal mit mir treffen. Wir hatten uns in ihrem Atelier verabredet und ich hatte ihr das Windspiel mitgebracht, welches ich später Mamoru vorbei bringen wollte. Naja er wusste noch nichts von seinem Glück, aber ich wollte ihm nachher noch eine Nachricht schreiben. Michiru mischte gerade einige Farben. „Mein erster Eindruck war, dass er ein sehr rationaler Mensch ist.“ Sie legte eine Tube mit roter Ölfarbe weg und mischte mit einem Holzstäbchen etwas weiß darunter. Ich setzte mich neben sie und besah mir meine Leinwand, auf der auf einem dunklen Hintergrund ein Baum mit roten Blüten zu erkennen war. „Ja das stimmt.“ Ich griff zum Pinsel und versuchte, das Bild in meinem Kopf wieder auf die Leinwand zu übertragen. „Darf ich dich etwas fragen Michiru?“ Diese sah auf und nickte mir lächelnd zu. „Natürlich.“ „Wie stehst du dazu, dass Mamoru nicht mehr mit Bunny zusammen ist? Also im Hinblick auf diese ganze Zukunfts-Königinnen Sache und so.“ ohne von der Leinwand aufzusehen wartete ich auf ihre Antwort. Erst als eine Zeit vergangen war, blickte ich zu ihr. Michiru widmete sich wieder ihrem Bild und hatte ein leichtes Lächeln aufgesetzt. Auf ihrer Leinwand entstand eine Meereslandschaft, welche mit leuchtenden Korallen verziert war. Sie malte eine der Korallen zu Ende, bevor sie die Farbpalette in ihrer Hand weglegte, sich die Finger an einem Tuch abwischte und aufstand. „Möchtest du einen Tee?“ Ich nickte, legte auch meine Sachen beiseite und folgte ihr zu einem kleinen Tisch am Fenster. Sie goss mir etwas Tee ein, setzte sich und nippte daran. „Hast du einen bestimmten Grund, warum du mich das fragst?“ Sie setzte die Teetasse wieder ab und sah mich freundlich an. Seufzend sah ich in die Tasse. „Irgendwie finde ich es schade, dass alle böse auf Mamoru sind. Alle außer Minako scheinen ihn dafür verantwortlich zu machen, dass diese „perfekte Zukunft“ nicht eintrifft.“ Ich formte zwei Gänsefüßchen in die Luft um deutlich zu machen, dass ich so eine Zukunft nicht gerade als erstrebenswert erachtete. „Obwohl Bunny wohl langsam damit zurecht kommt. Das sagt jedenfalls Minako. Weißt du, er ist mein bester Freund, wie mein großer Bruder und ich mag es nicht, dass wenn er auf die anderen Mädchen trifft, die ihm immer wieder vorhalten wie doof er ist. Ich meine, man sucht sich doch nicht aus, in wen man verliebt ist, oder in welches Geschlecht. Das ist dann einfach so.“ Mit beiden Händen hielt ich die Tasse umschlossen und blickte von unten auf zu Michiru. Diese sah aus dem Fenster und schien nachzudenken. Ein leichter Windzug kam durch das leicht geöffnete Fenster. Sie schloss die Augen und genoss es wie der Wind ihr leicht durch die Haare fuhr. „Ich mochte Mamoru immer. Egal ob als Endymion oder als Mamoru. Aber…“ ihre Stimme bekam einen traurigen Unterton. „…als ich ihn hier wiedertraf, da sah ich sofort, dass er sehr traurig war. Seine Seele wirkte so verletzt und es schien, als ob er für diese Welt, obwohl er mit ihr verbunden ist, nicht wirklich Liebe empfinden könne.“ Ihr Blick glitt zu mir, bevor sie erneut zur Teetasse griff und einen Schluck nahm. Ohne etwas zu sagen, wartete ich ab. „Als ich ihn im Café traf, da wirkte er jedoch anders. In sich ruhender und obwohl er und sein Partner sich etwas stritten, merkte man, dass beide tiefe Gefühle füreinander haben. Dieser Mamoru schien plötzlich mit sich und dieser Welt im reinen zu sein.“ Sie sah mich an und lächelte. „Aber um auf deine Frage zu antworten. Ich glaube, dass alles gut werden wird. Auch wenn die eine Zukunft verloren scheint, so gibt es andere die sich auftun. Ich verurteile Mamoru nicht, ich will nur das Beste für diese Welt und für meine Prinzessin. Ich weiß, dass die Prinzessin ihn immer noch liebt, so wie auch er sie noch immer liebt. Manchmal reicht diese Liebe jedoch nicht für zwei Leben.“ „Also ist unsere Liebe stärker als die unserer Prinzessin?“ Ich sah auf und sah zu Haruka Tenô. Sie stand angelehnt an der Tür und lächelte frech. „Vielleicht wäre unsere Liebe bei einem Leben wie Mamoru es führen musste, ebenso daran zerbrochen.“ Kam es nur traurig und ernst von Michiru. Die mich traurig ansah. Haruka sagte nichts, sie kam nur näher und setzte sich auf den noch freien Stuhl neben Michiru. „Ja. Vielleicht lag es daran. Aber Mamoru hatte so ein Leben nicht verdient. Niemand tut das. Wenn er so ein guter Mensch war, warum hat das Schicksal dann so ein mieses Spiel mit ihm gespielt?“ wütend stellte ich die Tasse etwas zu schwungvoll auf den Tisch. Einige Tropfen liefen über den Rand und bildeten eine kleine Lache unter der Tasse. „Entschuldigung“ nuschelte ich nur und kramte in meinen Taschen nach einem Tuch. Doch Michiru schüttelte nur den Kopf und winkte meine Entschuldigung ab. „Diese Frage kann dir wohl nur das Schicksal beantworten.“ Kam es in meinen Augen etwas zu trocken von Haruka. „Oder die Leute die ihm immer wieder das Leben zur Hölle gemacht oder ihn zurückgewiesen haben. Wie meine Eltern, wie Yosukes Eltern, wie Frau Hiromi, wie all die anderen!“ kam es etwas zu laut von mir. Haruka wollte gerade etwas erwidern, als Michiru ihre Hand auf ihren Unterarm legte und den Kopf schüttelte. „Am Ende kannst du nichts mehr gegen all diese Dinge tun. Oder gegen die Menschen die ihm Unrecht getan haben. Du kannst ihn nur unterstützen, dass seine Zukunft besser wird. Und ich glaube das wird sie, denn er hat jemanden gefunden der ihn aufrichtig liebt. Da bin ich mir sicher.“ Bunny Tsukino Staunend sah ich mich in dem Gebäude um. „Träumst du?“ Ich zuckte zusammen und lächelte. „Entschuldige, aber das ist schon etwas beeindruckend.“ Mamoru grinste mich an. „Naja ist ok. Ich finde es manchmal etwas protzig, aber die Aussicht ist der Hammer.“ Mamoru ging zu einem etwas älteren Herrn, welcher wohl der Portier war. „Hallo Komishiru-san. War die Post schon da?“ „Guten Tag Chiba-san. Ja, aber es war nichts für Sie oder Lenjier-san dabei.“ „Na gut. Danke.“ Er nickte dem Mann zu und wandte sich dann wieder zu mir. „Ich hoffe du verkraftest es, das ich nicht aufgeräumt habe. Massanorie ist gerade so selten da… naja da hab ich die Wohnung etwas ins Chaos gestürzt.“ Er strich sich durch die Haare. „Du und unordentlich? Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Kam es etwas überrascht von mir. Mamoru lachte leise auf. „Ach ja, wenn du wüsstest.“ Der Fahrstuhl transportierte uns nach oben und ich musste wieder lachen. „Wieder ein Déjà-vu.“ Kam es nur wispernd von mir. „Hmm?“ „Als wir damals zusammen im Fahrstuhl standen und zum Tokyo Tower hoch fuhren. Als wir uns noch gar nicht kannten. Da hast du mir das erste Mal etwas von dir erzählt… die Sache mit deinen Eltern.“ Leise seufzte ich. „Ja stimmt.“ Kam es nur ernst von ihm. Wir schwiegen und hingen wohl beide unseren Gedanken und Erinnerungen nach. Die Wohnung war wirklich toll und ich konnte es kaum glauben, aber Mamoru schien wirklich auch eine chaotische Seite zu haben. Im Wohnzimmer lagen Bücher herum, einige Klamotten und Zeitschriften. Mamoru war wirklich süß, er entschuldigte sich noch einmal und räumte schnell einige Sachen beiseite. „Willst du lieber Tee oder was anderes?“ Ich setzte mich auf das Sofa und grinste. „Also Tee wäre toll und die versprochenen Kekse.“ Kam es etwas hungrig von mir. Lachend nickte Mamoru. „Schön, dass es Dinge gibt die immer gleich bleiben.“ Damit verschwand er in die Küche. „Ach wenn du willst, dann schau dich ruhig um. Massanorie macht das nichts…“ kam es nur noch von ihm. Etwas unsicher stand ich wieder auf und sah mich um. Im Grunde wirkte die Wohnung etwas kühl, aber die Bücher die herumlagen, die Sachen die achtlos über den Sessel geschmissen waren all diese Kleinigkeiten ließen sie warm wirken. Auf einem kleinen Schrank stand ein einzelnes Bild in einem silbernen Rahmen. Ich nahm es in die Hand und schmunzelte. Darauf waren Massanorie, Mamoru, Minako, May, Yosuke und noch ein Mann abgebildet. Ich erinnerte mich daran dass Minako von ihm erzählt hatte und er war das letzte Mal im Cafe dabei gewesen. Shogo… ich glaube so hieß er. Sie hatten anscheinend nicht gemerkt, dass sie fotografiert worden waren. Von der Kulisse her, musste es um Valentinstag herum gewesen sein und es war wohl in einem Club gewesen. Lächelnd betrachtete ich das Foto. Mamoru wirkte mir auf diesem Bild fremd. Und das nicht nur wegen der Klamotten, sondern auch von seinem Gesichtsausdruck. Wie er Massanorie ansieht und lächelt. Ein anderer, ein Fremder. Dass alles so kommen würde, hätte ich nie gedacht. Die Zeit heilt alle Wunden, aber ob diese wohl jemals aufhören würde zu schmerzen? Ich stellte das Bild weg, seufzte leise und schluckte die aufkeimende Traurigkeit hinunter. „Reiß dich zusammen.“ Ermahnte ich mich selber. Meine schritte führten mich in die Küche. Mamoru goss gerade Wasser in eine Kanne und sah kurz auf, als ich herein kam. „Eine beeindruckende Wohnung.“ Kam es nur von mir. „Ach quatsch. Und bis jetzt hast du nur den Flur, das Wohnzimmer und jetzt die Küche gesehen. Also das reicht nicht um die Wohnung beeindruckend zu nennen. Zudem ist es nur eine Wohnung.“ Er schmunzelte und wandte sich wieder völlig dem Tee zu. „Wieso sind wir nicht in deine Wohnung gefahren, wenn das hier nur eine Wohnung ist.“ Mein Blick glitt aus dem großen Panorama Fenster. „Was für ein toller Ausblick.“ Ich musste mich zusammen reißen um mir nicht die Nase an der Scheibe platt zu drücken. „Ja Massanorie mag große Fenster. Mag man gar nicht glauben. Wenn man ihn nicht kennt, denkt man eher, dass er in einem dunklen Loch wohnt, von der Decke baumelt und darauf wartet die Seelen kleiner Kinder zu fressen.“ Irritiert drehte ich zu ihm um und sah ihn an. „Ok?!“ kam es nur langsam von mir. Doch Mamoru zuckte mit den Schultern und sah kurz zu mir. „Du musst nicht so schauen, er weiß, dass ich das denke. Na gut, vielleicht übertreibe ich da etwas.“ Er nahm ein kleines Tablett wo eine Kanne und zwei Tassen draufstanden und lächelte. „Kekse sind im Wohnzimmer.“ Ich folgte ihm und sah mich weiter interessiert um. „Du hast mir noch immer nicht gesagt, warum wir nicht zu dir gegangen sind.“Mamoru seufzte, stellte das Tablett ab und goss uns ein. „Das ist Kompliziert. Sagen wir einfach, dass es mir gerade lieber ist hier zu sein als in meiner Wohnung. Und wir könnten ja mal so tun als liege das daran, weil Beschwerden kamen wegen Sparky und seinem Gebelle.“ „Aha.“ War alles was ich darauf sagte, bevor ich mir die Teetasse nahm und daran nippte. „Ist das jetzt eine Ausrede?“ Mamoru öffnete gerade eine Schranktür und holte eine Schachtel mit Schokokeksen hervor. „Massanorie ist süß. Er hat sie vor einigen Tagen gekauft und dachte wohl ich wüsste das nicht.“ Damit setzte er sich neben mich. „Und was die Sparky Sache angeht…. Es ist nicht direkt eine Ausrede. Eher eine Metapher…“ Damit nahm auch er seine Tasse und trank. Dass er rot geworden war, war mir nicht entgangen. Aber warum und welche Metapher wusste ich trotzdem nicht. Kapitel 73: Step seventy-one... Wish II --------------------------------------- Unsere Wünsche sind Vorgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen, Vorboten desjenigen, was wir zu leisten imstande sein werden. Johann Wolfgang von Goethe Massanorie Lenjier Eigentlich hätte ich den ganzen Tag arbeiten müssen, aber zwei Termine mussten verlegt werden und ich wollte die Zeit nutzen und mit Mamoru etwas essen gehen. Die letzten Wochen hatte ich viel arbeiten müssen und ich wollte wenigstens etwas Zeit für ihn haben. Seit unserem letzten Streit hatten wir uns wirklich gebessert. Mamoru und ich unternahmen viel, gingen sogar ins Kino, redeten über unsere Interessen und hier und da waren mir schon einige kleine, liebevolle Eigenarten von ihm aufgefallen. Aber es lief besser und ich schaffte es auch, wenn auch nur langsam, meine Eifersucht in den Griff zu bekommen. Mamoru verbrachte die Woche über bei unseren Eltern und das Wochenende bei mir. Und auch wenn ich das nie gedacht hätte, so war das sehr gut. Wir hatten unseren Freiraum und trotzdem sahen wir uns regelmäßig. Mein Vater hatte also recht, am Anfang lief es bei uns wirklich zu schnell und jetzt wo wir versuchten ein gemäßigtes Tempo zu bekommen, erledigten sich viele Probleme von alleine. Für Mamoru war die Zeit zu Hause ebenfalls hilfreich, er lebte dort seine fehlende Kindheit und Jugendzeit aus und ich hatte von Mum schon mitbekommen, dass Mamorus Ordnungssinn anscheinend nicht so ausgeprägt war wie sie bis jetzt dachte. Das hatte ich jedoch auch schon mitbekommen, aber er räumte, sobald ich die Wohnung betrat, recht schnell auf, was ich als eine liebevolle Eigenart wahrnahm und belächelte. Ansonsten hatten er und Dad wohl vor kurzen eine hitzige Diskussion über Fußball geführt. Das kam davon, wenn man nicht auf die gleichen Vereine stand. Ich hatte das nur kurz mitbekommen, als ich zum Mittagessen vorbeikam und hatte das getan was ein fürsorglicher Sohn und Freund tun sollte – mich rausgehalten und meiner Mutter in der Küche geholfen. Das also zu vorpubertären Verhalten, da waren beide beim Thema Fußball wohl gleich auf. Aber dieses Wochenende war er bei mir und das alleine reichte mir. Ich freute mich ihn zu sehen und hoffte die Überraschung würde mir gelingen. Besonders weil ich auch Kuchen besorgt hatte. Sparky trottete in der Tiefgarage neben mir her und streckte sich schließlich als wir im Fahrstuhl standen. Auch was ihn anging lernte ich dazu, er verbrachte die Woche bei meinen Eltern und das Wochenende bei mir im Büro oder bei Mamoru. Damit war er gut versorgt und ich merkte so langsam, dass für Sparky Mamoru eher das Alpha-Tier war als ich. Manchmal, wenn ich ihm was sagte, sah er mich kurz an und schien wirklich abzuwägen ob er das tun sollte. Bei Mamoru lief das deutlich reibungsloser ab. „Na, ist Herrchen wohl da? Bei dem schönen Wetter könnten wir Pech haben, dann muss ich ihn doch anrufen.“ Sparky bellte kurz und freute sich anscheinend genauso wie ich Mamoru zu sehen. „Du siehst ihn viel öfter als ich, also mal ganz ruhig.“ Kommentierte ich seine Freude nur und schmunzelte. Das erste was mich irritierte waren die Frauenschuhe in meinem Vorflur. „Hmm, wir haben Besuch, oder besser Mamoru?“ Sparky schnupperte kurz an den Schuhen bevor er sich an mir vorbei drängte und schon eine Sekunde später hörte ich fröhliches bellen und seine Stimme. Lächelnd ging ich ins Wohnzimmer, wen ich als Besuch sah machte jedoch meine Vorfreude auf Mamoru kaputt. Ich wollte gerade etwas sagen und gleich wieder rummeckern, doch ich atmete tief ein und aus und wandte mich erst einmal Mamoru zu. „Hey. Überraschung.“ Er lächelte mich an und schien sich sehr zu freuen mich zu sehen. „Hey. Ich dachte, du musst heute noch zu einer Konferenz und so?“ Er kam auf mich zu und ich bekam einen Kuss. „Ja eigentlich schon, aber das musste verschoben werden. Und ich dachte, ich schenke dir etwas meiner kostbaren Zeit.“ Ich grinste und bekam dafür ebenfalls ein Lächeln, bevor ich mir noch einen kleinen Kuss stahl. Dann legte ich meine Stirn an seine. „20 – 19 – 18 – 17 – 16 – 15… tief ein und aus…“ wisperte ich nur kaum hörbar für Mamoru. „Hey Bunny. Wie geht es dir?“ Damit wandte ich mich Mamorus Gast zu. Diese sah mich etwas irritiert an. „Hallo. Danke sehr gut. Ich kann gehen, wenn…“ „Nein alles gut.“ Winkte ich ab. „Ich hab Kuchen mitgebracht, reicht auch für drei Leute.“ Damit verschwand ich in Richtung Küche. Innerlich regte ich mich auf, aber Mamoru konnte befreundet sein mit wem er wollte und ich durfte ihm das nicht verbieten oder sonst so. Also hatte ich mir angewöhnt, leise von zwanzig runter zu zählen damit ich nicht was Dummes sagte. Funktionierte ganz gut, bis jetzt. „Danke.“ Ich spürte zwei Arme die sich von hinten um meine Brust schlangen. Mamorus Atem kitzelte meinen Nacken als er mich sanft dort küsste. „Ja, ich bemüh mich.“ „Ich weiß, danke. Und ich finde du machst das gut. Ist ja nicht so, als würde mir das nicht auffallen wenn du runter zählst.“ Damit stellte er sich neben mich und küsste mich erneut auf die Wange. „Naja ich will mich ja bessern.“ Er lächelte mich an und ich seufzte. „Wo wir gerade von bessern sprechen, sind wir Datingmäßig eigentlich so weit, dass wir heute Abend vielleicht das Ganze in die nächste Runde bringen?“ Mamoru zupfte an einem Knopf meiner Weste, bis dieser aufsprang und sah mich freundlich lächelnd an. Ich wusste sehr wohl was er meinte, denn wir gingen gerade alles langsam an und das schloss den Sex mit ein, den gab es nämlich zuletzt am Valentinstag. Ich griff nach seinen Fingern und schmunzelte belustigt. „Mal sehen, ich will diesmal wirklich alles richtig machen und ich finde die Abende wo wir nur kuscheln auch nicht schlecht.“ Damit küsste ich seinen Handrücken und kümmerte mich wieder um den Kuchen. Das Mamoru jedoch eine sehr hartnäckige Seite hatte wusste ich. „Bekomm ich wenigstens noch einen Kuss?“ „Du hast Besuch, vergiss das nicht.“ Ich sah ihn aus den Augenwinkeln an, bevor ich jedoch nachgab. Meine Finger griffen in die Gürtelschlaufen seiner Jeans und ich zog ihn etwas näher an mich heran. „Aber nur einen.“ Hauchte ich leise, bevor ich ihn küsste. Mamorus Finger fuhren durch meine Haare und legten sich in meinen Nacken. Er öffnete seinen Mund etwas und ich konnte dieser Einladung leider nicht widerstehen. Hätte ich jedoch, denn ich spürte wie Mamorus rechte Hand sich aus meinem Nacken löste und zu meinem Hintern wanderte, wo er flink wie er war mein Hemd aus der Hose zog und seine Finger in meine Hose und unter meine Shorts glitten. Schnell griff ich nach Hinten und löste mich aus dem Kuss. „Du bist wirklich schlimm…“ kommentierte ich diesen dreisten Versuch nur und seufzte. „Aber gefallen hat es dir.“ Kam es nur verschmitzt grinsend von ihm. „Geh zu Bunny. Los hau ab.“ Ich schubste ihn sanft zur Seite, richtete meine Sachen wieder und schüttelte nur den Kopf. May Godai Während ich im Bus saß, schielte ich einige Male zu Haruka. Warum wollte sie denn unbedingt mit? Michiru war so nett, aber was sie an Haruka fand konnte ich nicht verstehen. Mamoru war leider nicht an sein Handy gegangen, aber ich wusste, dass er heute und morgen bei Massanorie war, also hatte ich mein kleines Geschenk genommen und wollte es ihm einfach vorbei bringen. Zu meiner Freude hatte Michiru gemeint, dass sie gerne mitkommen würde, sie wollte sowieso noch einmal mit Mamoru über etwas reden. Was hatte sie zwar nicht gesagt, aber es klang nach etwas Ernstem. „Alles in Ordnung?“ Ich zuckte zusammen, knibbelte an einem Farbfleck auf meiner Hose und nickte. „Haruka meint es nicht böse. Sie ist eben so.“ Michiru lächelte und ich konnte aus den Augenwinkeln erkennen, wie sie Haruka kurz etwas zuflüsterte. Die Blonde sah kurz zu mir, sagte jedoch nichts. Schweigend sah ich weiter aus dem Fenster und beobachtet die vorbeiziehenden Häuser. Vor dem Hochhaus wo Massanorie wohnte, blieb ich stehen und konnte mir ein grinsen nicht verkneifen, als Haruka fast etwas anerkennend durch die Zähne pfiff. Da konnte sie mal sehen, wie cool Massanorie wirklich war. Da konnte sie mit ihrer doofe Rennfahrerei nicht mithalten. „Ich schau mal ob Mamoru überhaupt da ist.“ Mit dem Satz drehte ich mich rum und betrat die Eingangshalle. Ein bisschen toll war es schon, dass ich mich hier etwas auskannte. Hinter dem Tresen stand der gleiche Mann wie sonst auch. Er sah mich kurz an und setzte dann ein Lächeln auf. „Guten Tag Godai-San.“ Verblüfft sah ich ihn an, er hatte sich wirklich meinen Namen gemerkt. „Guten Tag…“ wie peinlich, ich suchte schnell nach seinem Namensschild. „Komishiru-san.“ Kam es schließlich verlegen von mir. „Tut mir leid.“ „Sie müssen sich nicht entschuldigen.“ Er lächelte und ich nickte. „Ich werde versuchen mir ihren Namen auch zu merken, schließlich haben sie sich meinen Namen auch gemerkt.“ Er lachte leise auf. „Dafür werde ich auch bezahlt.“ Damit sah er kurz an mir vorbei. „Gehören die beiden Herrschaften zu ihnen?“ Ich nickte. „Ja, auch wenn ich auf die Blonde verzichten könnte. Aber eigentlich wollte ich zu Mamoru – also ich meine zu Chiba-san. Aber ich weiß nicht ob er da ist. Oder ob er Zeit für mich hat.“ Ich hörte Michirus Absätze auf dem Steinboden. „Ich rufe gerne für sie einmal oben an und frage nach?“ „Ja sehr nett, wenn es keine Umstände macht.“ Ich sah Komishiru-san zu, wie er das Telefon nahm und zwei Zahlen wählte. Einen kurzen Moment war es still, doch anscheinend war jemand da. „Guten Tag Herr Lenjier, Fräulein Godai ist hier mit noch zwei Damen…“ anscheinend hatte Massanorie ihn unterbrochen. Mir fiel auf, dass Komishiru-san weder Massanorie, noch meinen Namen mit einem Suffix versehen hatte – wahrscheinlich wieder etwas was Massanorie einfach nur ätzend fand. „Natürlich, ich schicke sie hoch.“ Damit legte er auf und deutet zu dem Fahrstuhl. „Danke Komishiru-san.“ Ich lächelte und schlenderte zum Fahrstuhl. Massanorie hatte ich auch schon ewig nicht mehr gesehen, aber mit Mamoru telefonierte ich super oft und auch Yosuke hatte einen guten Kontakt zu ihm. Genauso hatte ich mir immer vorgestellt sollte es sein, zufrieden lächelnd drückte ich auf den obersten Knopf und lehnte mich an die Fahrstuhlwand. „Was macht dieser Freund von Mamoru überhaupt, dass er sich leisten kann so zu wohnen?“ Haruka hatte einen Arm um Michiru gelegt und starrte auf die Nummern der Stockwerke die einzeln aufleuchteten. „Massanories Firma arbeitet mit Aktien und Marketing und sowas. Aber so richtig weiß ich gar nicht was die Lenjier Kooperation macht. Ich glaube Mamoru hat mir mal erzählt, dass sie viele verschiedene Firmen und Kleinunternehmer unterstützen. Aber auch Firmen aufkaufen und wieder neu aufbauen oder so. Was ich aber genau weiß, dieses Gebäude gehört Massanorie und noch einige andere in der Stadt, sowie in New York und Deutschland.“ „Klingt etwas zwielichtig.“ Kam es nur nüchtern von Haruka, welcher ich daraufhin einen bösen Blick zuwarf. „Massanorie ist nicht zwielichtig. Er arbeitet sehr hart und unterstützt Mamoru und seine kleine Schwester und seine Nichte. Auch wenn er manchmal etwas schroff wirkt, so ist er sehr nett und man kann sich auf ihn verlassen. Er sucht sich die Menschen halt aus, die er mag. Das ist eine gute Eigenschaft und sehr ehrlich.“ Kam es lauter von mir als beabsichtigt, aber die machte mich einfach nur wütend. Michiru tat so, als wenn sie nichts davon mitbekam. „Der Ausblick von hier oben muss wirklich sehr schön sein.“ Ich sah sie an, nickte und versuchte mich zu beruhigen. Michiru Kaiou May hielt den Gurt ihrer Umhängetasche so fest, dass ihre Knöchel langsam weiß wurden. Lächelnd nahm ich Harukas Hand, drückte sie und zog so die Aufmerksamkeit meiner Liebsten auf mich. Aufmerksam sah sie mich an, als ich den Kopf leicht schüttelte um ihr deutlich zu machen, dass ihr Verhalten nicht in Ordnung war. Sie seufzte lautlos und sah zu May. „Er hat unserer Prinzessin weh getan…“ wisperte sie in mein Ohr. In diesem Moment öffnete sich die Fahrstuhltür und May flüchtete fast schon. Man konnte merken, dass sie Haruka nicht leiden konnte. Auch wenn dieser das egal war. Gerade als Haruka auch hinaus treten wollte, hielt ich sie zurück, nur soweit, dass sie in der Lichtschranke stand. Aber so weit, dass May uns nicht hören konnte. „Wir bestimmen nicht das Schicksal das vor ihnen liegt, dass bestimmen sie allein. Am Ende können wir nur da sein, nur atmen und kämpfen.“ „Genau das ist es, wir kämpfen für Sie. Wir beschützen sie vor allen Feinden.“ „Aber er ist nicht der Feind. Er ist der Mann den sie liebte, den sie immer lieben wird. Und er ist der Mann der sie liebte und sie immer lieben wird. Weder du, noch ich, noch ein anderes Wesen hat das Recht ein Urteil zu fällen.“ Damit küsste ich sie sanft auf die Lippen und folgte May. Diese stand vor der Tür und sah zu uns. Ich mochte sie wirklich, May war künstlerisch sehr begabt und ich mochte ihre Energie wenn sie malte oder andere Dinge herstellte. „Es tut mir leid, ich weiß das Haruka manchmal etwas forsch sein kann. Sie will Bunny nur beschützen…“ „Und ich werde Mamoru beschützen, genau wie Massanorie, Yosuke und all die anderen. Ich mag nicht so stark sein wie du oder sie.“ May nickte zu Haruka, die nun hinter mir auftauchte. „Aber ich werde trotzdem alles tun und wenn es nur mit Worten sei. Ihr mögt Bunny kennen und sie mag ein wundervoller Mensch sein, aber ich bin mit Mamoru aufgewachsen und ich hab gesehen was Menschen anderen antun können, dass es so leicht ist sie zu brechen und das es viel Zeit und Geduld braucht um all diese Wunden zu schließen.“ Sie schluckte und wischte sich eine Träne aus den Augenwinkeln. „Ich will nur, dass er lacht und glücklich ist und mir ist egal mit wem… selbst wenn dieser jemand manchmal echt doof und so ist. Aber das ist egal, denn ich weiß, dass er auf ihn aufpasst…“ Damit schluckte sie noch einmal, drehte sich dann um und drückte auf die Klingel. In diesem Moment wurde die Wohnungstür aufgerissen. „Also wirklich, wie lange kann man brauchen um in einen Fahrstuhl zu steigen und hier zu klingeln?“ Lenjier Massanorie und er versprühte gerade denselben Charme wie an dem Tag im CROWN. May wischte sich noch einmal durch die Augen. „Das ist so ein Mädels Ding.“ Kam es nur frech von ihr. Doch plötzlich änderte sich in seinem Blick etwas, er sah May an und dann uns. „Vergiss bloß nicht, dass ich der einzige bin der dich rumschubsen darf.“ mit diesen Worten musterte er mich und dann Haruka. „Bei anderen solltest du gleich zuhauen.“ Dann wartete er einen Moment, seufzte und bat uns mit einer Geste herein. Er wuselte May einmal durch die Haare. „Er ist im Wohnzimmer…“ Dann drehte er sich zu uns um. „Muss ich alle deine Freunde auch mögen?“ seine Stimme hallte durch den Flur. „Nein, musst du nicht.“ Mamorus Stimme klang leicht genervt. „Gut. Die Blonde kann ich nicht leiden.“ Haruka blieb kurz stehen und ich konnte ein schmunzeln nur schwer unterdrücken. „Da war ja Seiya sympathischer.“ Kam es nur eisig von Haruka bevor wir zusammen die Wohnung betraten. Mamoru Chiba Die vier waren nun schon eine ganze Weile da und es begann schon leicht zu dämmern, als Massanorie in der Küche verschwand. Mays Windspiel hatte schon einen Platz auf dem Balkon gefunden und schwang leicht im Wind hin und her. Die Kaffeemaschine köchelte leise vor sich hin und Massanorie nippte an einem Whisky Glas als ich herein kam. „Tut mir leid, dass hab ich alles so auch nicht geplant.“ Er zuckte mit den Schultern und schwenkte die dunkle Flüssigkeit in dem Glas etwas. „Ich weiß. Zudem bist du halt beliebt, da muss man mit spontanem Besuch eben rechnen.“ Wieder setzte er das Glas an seine Lippen an, trank jedoch nicht sondern musterte mich bevor er es wieder senkte. Ohne etwas zu sagen, tippte ich ihm erneut auf die Weste, die er noch immer trug. Die Krawatte hatte er leicht gelöst. „Ist es ok, wenn ich es mag, wenn du Weste und Krawatte trägst?“ Mit einem Lächeln spielte ich an einem der Knöpfe, nahm ihm dann das Whiskey Glas aus der Hand und nippte daran. Das ganze hätte so cool und sexy aussehen können – hätte, denn leider war der Whiskey sehr stark und so hustete ich nach dem kleinen Schluck und hörte wie Massanorie lachte. „Mist.“ Kam es nur leicht hustend von mir. „Aber der Versuch war gut.“ Kommentierte er nur. „Ach sei still. Das hatte ich mir anders vorgestellt.“ Hustend räusperte ich mich und seufzte. „Das hätte sehr cool ausgesehen, wenn es so geklappt hätte wie ich es geplant hatte.“ „Aha.“ Und eine hochgezogene Augenbraue war alles was ich als Antwort bekam. Er nippte an dem Glas und schaute an mir vorbei zur Tür. „Musst du dich nicht um deine Gäste kümmern?“ kam es schließlich trocken von ihm. Schulterzuckend lehnte ich mich gegen die Küchenanrichte. Wieso wollte er nur nicht mit mir schlafen? Dabei gab ich mir richtig Mühe. Irgendwann gesellte ich mich wieder zu den Mädchen und schließlich zog mich Michiru beiseite und versicherte mir, dass sie und auch Haruka hinter mir stehen würden. Und das ich, egal was wäre, auch immer sie um Hilfe bitten könnte. Ich fand das etwas überraschend, aber Michiru war schon immer sehr rational gewesen und bedachter als die anderen, also war ich nur etwas verwundert. Ich bedankte mich bei ihr und fand es gut, dass so langsam alle ihrem Alltag nachgingen und mich zufriedenließen mit Schuldgefühlen und so. Es war kurz vor 23 Uhr als ich auch May verabschiedete und kurz darauf unter der Dusche stand. Das einzige Problem war, dass ich alleine duschte. Egal wie nett ich gefragt hatte und egal wie lieb ich mit den Wimpern geklimpert hatte, Massanorie war nicht zu erweichen. Das warme Wasser perlte von meinen Haaren ab und ich überlegte ernsthaft wie ich ihn heute Nacht noch umstimmen könnte. Ich schloss die Augen und zog den Geruch von seinem Duschgel ein, welches ich benutzte. Einerseits aus Trotz, weil er mich abwies, anderseits weil ich diesen Geruch sehr anregend fand. Meine Hände wanderten automatisch meinen Brustkorb hinunter und ich stellte mir vor wie es seine Hände waren, die mich streichelten. War zwar kein Ersatz, aber gerade musste es wohl reichen. Plötzlich stockten meine Finger und ich sah an mir hinunter. Erste schwarze Härchen und pieksige Stoppeln bahnten sich ihren Weg wieder an die Oberfläche. Stimmt, ich hatte mich, seitdem wir keinen Sex mehr hatten, gar nicht mehr rasiert und ich hatte mich so daran gewöhnt dies zu tun, dass mich stoppeln nun auch selber störten. Ich seufzte, ging zu einem kleinen Schrank und kramte einen Rasierer raus, als ich plötzlich eine Idee hatte. Kapitel 74: Step-Seventhy...I am -------------------------------- Du und ich – wir sind eins. Ich kann dir nicht wehtun, ohne mich zu verletzen. Mahatma Gandhi Massanorie Lenjier Wie ich es hasste, wenn er mich so umgarnte. Auf die Frage nach einer gemeinsamen Dusche konnte ich nur zögernd reagieren und noch zögerlicher kam meine Abfuhr. Mamoru hatte noch ein paar Mal gefragt und mich leicht kokett angeschaut. Dass er mich damit in den Wahnsinn trieb wusste er und dass nicht auf die positive Art – gut vielleicht etwas auf die positive Art. Aber ihm das zu sagen ging gerade nicht gut, schließlich wollte ich es diesmal romantisch und so haben wie zu Beginn. Aufgrund von Mamorus Vergangenheit hielt ich es für nicht sonderlich geschickt weiter die harte Sex-Schiene zu fahren, ich hatte Angst dass er irgendwann mich oder sich selbst verabscheute. Seufzend hatte ich mich in mein Arbeitszimmer zurückgezogen und kniete nun vor einem kleinen Schrank wo sich mein Safe befand. Dort war nichts Wichtiges drin, ein bisschen Bargeld, um die 130000Yen und einige Wertpapiere. Aber nichts was wirklich wertvoll war. Eher etwas für die kleine Geldbörse. Nachdenklich durchsuchte ich die Wertpapiere, eigentlich suchte ich nichts bestimmtes, ich wollte mich nur ablenken, meine Gedanken mit etwas anderes beschäftigen als Mamoru. Deswegen nahm ich auch gar nicht wahr, als er sich hinter mich hockte. Seine Arme schlangen sich um meinen Brustkorb, während seine Knie links und rechts neben mir auftauchten. schoss es mir durch den Kopf. Wenn das der Fall war konnte ich mich eventuell nur schwer beherrschen. Doch ich konnte an seinem Armen etwas weißen Stoff ausmachen. „Hey.“ Kam es nur süß von ihm. „Hey. Schon fertig mit duschen?“ Ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass er mich etwas erregte. An meinem Rücken konnte ich seine Erregung jedoch sehr deutlich spüren – ich nahm an genau das sollte ich auch. „Hmm… geht so. Ich hab ein Problem und vielleicht kannst du mir helfen?“ „Naja, kommt drauf an welches.“ Kommentierte ich seine Aussage trocken und desinteressiert. „Ist eins wo du dich am besten mit auskennst – nach eigener Aussage, wenn ich mich recht entsinne.“ Ein kurzes Schnauben meinerseits sollte deutlich machen, dass mich das nicht sonderlich interessierte. Was kümmerte mich meine Aussage von damals. Doch anstatt noch etwas zu sagen, richtete er sich auf und ließ sein Becken mit purer Absicht an meinem Rücken hochgleiten – nicht das mir das auffiel. Und dann legte er einen Gegenstand auf das Einlegbrett des Schrankes, erhob sich und ich konnte aus den Augenwinkeln nur noch einen Blick auf seine Beine erhaschen. Meine Zunge fuhr über meine oberste Zahnreihe und ich fragte mich was er vor hatte. Also richtet ich meinen Blick auf den Gegenstand den er da gelassen hatte und musste schwer schlucken. Vor mir lag ein kleiner weißer Einwegrasierer und was er mir damit sagen wollte war mir sehr klar. Ich richtete mich auf, setzte mich auf die Kante des Sessels und zog mir die Socken aus. Diesem Angebot zu widerstehen war einfach nicht mein Fall. Er gab sich wirklich Mühe und vielleicht konnte ich ihn mit etwas Zuneigung, die ja nicht unbedingt in Sex gipfeln musste etwas besänftigen. Dass er auch nicht aufgab und nicht verstehen wollte dass ich das nur für uns tat. Mit langsamen Schritten und dem kleinen Rasierer in der Hand betrat ich das Badezimmer. Mamoru hatte sich auf den Rand der Badewanne gesetzt und lächelte mich unschuldig an. Wann hatte er eigentlich gelernt so ein Biest zu sein, er hatte seine Mimik immer besser im Griff und peinliches gab es wohl auch nicht mehr für ihn. Jedenfalls wirkte es so. Ich sagte nichts, sondern versuchte durch das wechseln von einem Bein aufs andere meine Erektion etwas zu verschieben – er musste ja nicht gleich sehen, dass er mit seinem kleinen Theaterstück Erfolg hatte. „Alles gut?“ kam es immer noch lächelnd und völlig unschuldig von ihm. Ich grummelte etwas, nahm die Flasche Rasierschaum aus meinem Schrank und stützte meine Hände neben seiner Hüfte auf dem Rand der Badewanne ab. Unsere Gesichter waren sich sehr nah und er leckte sich über die Lippen. „Du bist einfach schrecklich. Und außer dem Rasierern läuft trotzdem nichts.“ Kam es nur von mir, bevor ich mich vor ihn hockte und leider mein Blick zwischen seine Beine glitt. Tief ein und ausatmend sah ich zu ihm hoch. Doch ich sagte nichts. Meine Fingerkuppen glitten über seine Beine und ich musste mich wirklich zusammen reißen. Wie konnte ein Mann solche schöne Beinen haben, schlank, und die Haare waren nur minimal, geschweigen denn dass er kaum Stoppeln hier hatte. Die kalte Klinge zog eine Bahn nach der Anderen über seine Beine und ich konnte sehr wohl spüren, dass sich hier eine Spannung aufbaute. Und diese wurde auch nicht besser als er das Hemd an seinem makellosen Körper runter gleiten ließ und mich leicht errötet ansah. Ich konnte nicht anders als mit meiner Nase über seine Achseln zu streichen als ich mit der Klinge darüber gefahren bin. Meine Zunge zeichnete den Weg der Klinge nach und ich konnte ein leises stöhnen von meinem Freund hören was mir sofort in die Hose fuhr. Meine Zähne bohrten sich in die Innenseite meiner Wange um meinem Körper klar zu machen, dass mein Gehirn hier mehr zu sagen hatte als mein Schwanz. „Fertig“ kam es nur zähneknirschend von mir, ich konnte den leichten Metall Geschmack in meinem Mund wahrnehmen und spürte wie mir ein dünnes Rinnsal Blut aus der Innenseite meiner Wange in meinen Mund floss. „Noch nicht.“ Kam es schwer atmend von Mamoru, er zog meine freie Hand zu sich und fuhr mit meinen Fingern den Weg von seinem Bauchnaben hinunter. Ich zischte nur auf und als ich ihn ansah grinste er nur. Der kleine Pisser grinste. Er war sich sicher dieses Spiel zu gewinnen und ich gab ihm fast recht. Aber nur fast! Ich schnalzte mit der Zunge, holte tief Luft und stellte mich hinter ihn. Dass er sich mehr als nötig an mich presste, während ich über seine Schulter hinunter sah, muss ja wohl nicht erwähnt werden. Seine Lippen hatten ein süffisantes Lächeln aufgesetzt, was wohl auch daran lag dass er meine Erektion an seinem Hintern spürte, Doch ich reagierte nicht, sondern hielt seine Hüfte still. „Hör auf zu zappeln, sonst ist er ab.“ Kam es nur warnend von mir. Sofort stand er still, als die Klinge an seiner sensiblen Zone vorbei fuhr. Der Geruch von Sandelholz kam mir entgegen, als ich an ihm roch. Anscheinend benutzte er mein Duschgel und ich liebte es wenn er nach mir roch. Er keuchte, dies, sein Geruch und seine immer stärker werdende Erektion machten es nicht einfacher für mich. Endlich war ich fertig, legte die Klingel auf den Rand der Badewanne, wischte mir die Hände vom Rasierschaum sauber und sah Mamoru an. Er stand neben mir, legte seine Arme auf meine Schulter und schmiegte sich an mich. „Du musst noch prüfen, ob es wirklich glatt ist?“ und rief mir Bilder in den Sinn die mich super abtörnten bevor ich mich kurz an ihn wandte. Nach einem Handtuch aus dem Regal griff und es ihm hinhielt. „Wenn du fertig bist, kannst du dann bitte mein Hemd in die Wäsche schmeißen? Danke. Und hör auf mein Duschgel zu benutzten.“ Damit drehte ich mich um verließ das Bad. Ich konnte noch die Schnappatmung hören, die hinter mir einsetzte und seufzte als ich außer Hörweite war. Das war wirklich eine Prüfung gewesen. Ich beglückwünschte mich selber, nicht wie ein Geisteskranker über ihn hergefallen zu sein und rieb mir kurz über das Gesicht als ich wieder in meinem Büro stand. Mit den Händen auf den Schreibtisch abstützend stand ich da und hoffte er würde endlich verstehen, dass mir das ernst war. Wie ich im gleichen Moment feststellen musste, war dies nicht der Fall! Mit einem aufgebrachten Gesichtsausdruck kam er in mein Büro, leider nackt. „Was stimmt n7icht mit dir? Oder stimmt was nicht mit mir? Sag schon!“ schnauzte er mich an. „Zieh dir was an. Ich hab dir gesagt ich schlafe nicht mit dir. Ich will…“ „Ich.will.aber.Sex!“ kam es nur von ihm. Seine Stimme war ernst und ließ keinen Zweifel daran dass er das genauso meinte. Langsam verlor ich wirklich die Geduld. „Ja aber ich will nicht.“ Kam es schroff von mir. schoss es mir durch den Kopf. Er kam mit schnellen Schritten zu mir und sah mich an. „Wieso? Ich versteh nicht wo dein Problem liegt. Du hast doch mal gesagt, einen Kerl zu rasieren wäre für dich ein Vorspiel… Bitte schön… und ich laufe nackt in deiner Wohnung rum. Also was noch…“ er zeterte mich weiter an und ich presste meine Lippen zu einem dünnen Streifen zusammen um mich zu beherrschen. „Scheiße!“ entfuhr es mir nach einigen Minuten nur. Ich packte seinen Arm, drückte ihn mit einem Ruck an die Wand und hielt seine Hände über seinen Kopf zusammen gepresst fest. Dass er dabei auf keuchte und er wieder hart wurde, entging mir nicht. „Ich will dich nur beschützen. Verstehst du das nicht. Du hattest doch Bedenken wegen dem harten Sex, wegen dem Safe Wort, du hast doch gesagt dass du keine BDSM Beziehung willst. Nicht das ich das will, aber unser Sex ist eben bis jetzt sehr hart gewesen und ich muss zugeben ich dominiere dich gerne im Bett. Aber ich will nicht dass du irgendwann vor mir Angst hast weil du unseren Sex in Verbindung mit den Misshandlungen im Heim bringst. Also wollte ich romantischen Blümchen Sex, wo man nur zwei Stellungen hat und so einen Scheiß.“ Wir sahen uns beide nur an und die Spannung zwischen uns wurde fast unerträglich. „Denkst du, ich geh zur Therapie weil es mir Spaß macht, mein Leben vor ihr auszubreiten oder weil ich es cool finde Dad immer wieder Rechnungen von ihr hinzulegen? Denkst du etwa ich würde nicht was sagen…“ „Du sagst doch heute dies und morgen dass, du änderst deine Meinung wie andere Unterwäsche.“ Zischte ich nur unterbrechend. Einen Moment schwiegen wir wieder, bevor ich meine Stirn an seine presste. „Du machst mich verrückt. Jetzt gerade und immer“ flüsterte ich nur. „Dito.“ Er bewegte seinen Kopf etwas mehr nach vorne und rieb seine Nase an meiner. „Aber nun stehen wir hier, du in einem schicken Armani Anzug, ich nackt und ich weiß dass ich das hier will. Reicht dir das nicht?“ Mit diesen Worten bekam er mich nun doch rum, ich presste meine Lippen auf seine und strich mit meiner Zunge über seine Unterlippe. Meine Zunge forderte Einlass, während meine freie Hand über Mamorus Brust und die Arme fuhren. „Lass deine Hände dort wo sie jetzt sind.“ Raunte ich ihm nur zu. Mamorus Brustkorb hebte und senkte sich heftig, doch er nickte nur zustimmend. Er schloss die Augen und wartet… erwartungsvoll. Sein Bauch spannte sich an und ich leckte mir nur über die Lippen. Mein Gott wie hatte ich das vermisst. Küssend suchte ich meinen Weg von seinem Hals entlang nach unten, während ich eine Hand auf Mamorus Erektion legte und sie damit noch härter werden ließ. Mamoru stöhnte, öffnete die Augen und sah zu meiner Hand hinunter. Er bekam eine Gänsehaut dort wo meine Lippen entlang streiften. Mamoru Chiba Ein Schauer rann meine Wirbelsäule hinunter und ließ meine Knie unter mir fast nachgeben. Ich wollte das hier nicht nur, sondern stand kurz davor Massanorie anzubetteln das hier nicht abzubrechen. „Magst du das?“ murmelte er an meinem Hals. Nickend schob ich meine Hals nach vorne. Ich wollte, dass er mich biss, dass er seine Zähne in meine Schulter versenkte nur damit ich am nächsten Tag sehen konnte dass ich ihm gehörte. Ich hatte keine Ahnung woher diese Drang kam und es schockierte mich noch immer. Aber nicht mehr so wie zu Beginn, nachdem ich dieses Thema nun des Öfteren mit Yosuke, Shogo und meiner Therapeutin besprochen hatte wollte ich versuchen es einfach anzunehmen. Es nicht zu bewerten. Und sie meinte zu mir, dass ich versuchen musste mich vollkommen fallen zu lassen, dann würde ich merken was meins war und was nicht. Zu meinem Bedauern zog sich Massanorie nach einem letzten Kuss auf meine Schulter zurück und drückte erneut meinen Penis. Keuchend sah ich ihn an und war wirklich bereit zu betteln. Sein Blick fixierte mich. Er ließ sich auf die Knie sinken, öffnete den Mund und begann damit an meinem Schaft zu lecken. Meine Hüften stießen vor und ich stöhnte laut auf. Das fühlte sich unglaublich gut an. Massanorie leckte die gesamte Länge bis zur Spitze entlang, bevor er den Mund um meine Eichel schloss. Auf der Suche nach Halt krallte ich mich meine Hände in die Wand hinter mir. Er hatte mir gesagt ich dürfte ihn nicht anfassen, nicht die Hände runter nehmen. Allein dieser „Befehl“ machte mich wahnsinnig und ließ meinen Schwanz noch mehr zucken. Massanorie glitt tiefer, streichelte mich mit seiner Zunge begann damit an meinen Hoden zu saugen. Ich riss die Augen auf und keuchte nach Luft. Das hatte er bis jetzt noch gemacht und es war der Wahnsinn! „Massanorie…“ „Halt still und wehe du kommst.“ Er heilt meine Hüfte fest und drückte sie gegen die Wand, sein Griff war fest aber nicht schmerzhaft und machte das ganze hier noch intensiver. Sein Blick wanderte zu mir hoch und unsere Blick trafen sich, bevor er meinen Schwanz erneut zwischen seine Lippen nahm. Bewegungslos stand ich da und versuchte wirklich nicht sofort zu kommen, meine Schenkel spannten sich unter seiner Zunge und wie sei meine Länge hoch und runter fuhr gelegentlich an. Meine Bauchmuskeln zogen sich zusammen und ich wimmerte leise. schoss es mir durch den Kopf, während das Rauschen meines eigene Blutes immer lauter in meinen Ohren wurde. Nur nebenbei spürte ich wie er eine Hand von meiner Hüfte löste und einen Finger neben meinen Schwanz in seinen Mund schob. „Was hast du vor?“ presste ich nur erregt hervor. Doch eine Antwort bekam ich nicht. Ein Finger glitt über meine Hoden hinter mich und drückte sich gegen meinen Eingang. Er Saugte Stärker an mir, als er ihn langsam hineinschob. Ich verkrampfte mich und keuchte auf. Massanorie hielt in der Bewegung inne, hielt jedoch meinen Schwanz weiterhin mit seinen Lippen umschlossen. Einen Bruchteil brauchte ich um mich wieder an dieses Gefühl zu gewöhnen, dann jedoch drängte ich mich dem Finger entgegen. Dieses Gefühl war unbeschreiblich und ließ mich stöhnend und keuchend zurück, während er schließlich einen zweiten Finger dazu nahm. Massanorie Mund war unglaublich talentiert und ich konnte kaum verstehen, dass er das gleich auch von mir sagte wenn ich das bei ihm machte. Doch ich konnte doch nicht annähernd so gut sein? Als Massanorie schließlich drei Finger in mir versenkte hatte, hatte sich mein Verstand vor Lust schon fast aufgelöst. Plötzlich spürte ich wie seine Finger über meine Prostata glitten. Jetzt konnte ich mich kaum beherrschen und würde egal was er gesagt hatte gleich kommen. Doch plötzlich zog er seine Finger zurück, stand auf und drängte mich gegen den Schreibtisch. „Wehe du fasst dich selber an.“ Raunte er mir nur kurz ins Ohr, bevor er mich umdrehte und mich gegen das halte dunkle Holz presste. Mein Schwanz ragte auf die Schreibtischplatte, während seine Hände meinen Hintern kneteten. Völlig erregt und nicht wissend was er vorhatte drehte ich meinen Kopf etwas und sah wie er sich in die Hand spuckte und sofort spürte ich wie sein Finger erneut meinen Eingang umkreiste und in mir verschwand. „Bitte“ wimmerte ich erneut zitternd und streckte ihm meinen Hintern nur weiter entgegen. Meine Ellenbogen lagen auf der Tischplatte ebenso wie meine Stirn. Er schob zuerst einen Finger, dann zwei und schließlich wieder drei in mich und begann damit mich zu dehnen. Wir hatten kein Gleitgel hier und ich wusste, er würde auch keines holen und es interessierte mich gerade wirklich gar nicht. Er zog den Finger zurück und ich konnte hören wie er den Reißverschluss seiner Hose hinunter zog und die Spitze seines Schwanzes gegen meine Öffnung drückte. Er zögerte kurz und schob sich dann langsam vor. Es brannte und ich biss mir auf die Unterlippe. „Entspann dich etwas mehr.“ Kam es nur leise von Massanorie bevor er über meinen Bauch strich, meinen Penis umschloss und zudrückte. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf Massanorie Hand die immer noch meinen Penis streichelte. „Massanorie…“ keuchte ich nur immer noch die Stirn gegen das kalte Holz pressen. Mit einem einzigen Stoß versenkte sich Massanorie ohne Ankündigung so tief in mir, dass ich fast das Gefühl hatte zu explodieren. Ohne Gleitgel war das etwas ganz anderes. Es schmerzte, aber es war ein unglaublich erregender Schmerz der mich nur weiter trieb. „Oh ja, das ist gut!“ stieß ich nur keuchend hervor, bevor er sich wieder aus mir zurück zog und im gleichen Moment wieder vor zu stoßen. Meine Finger krallten sich in die Tischplatte. Plötzlich streifte er meine Prostata und ich schrie vor Lust nur auf. Er packte meine Hüften und stieß immer und immer wieder vor. Über meinen ganzen Körper rann Schweiß und die Vorstellung dass ich als einziger nackt in diesem Raum war geilte mich noch weiter auf. Stöhnend versuchte ich mich ihm entgegen zu drängen. Mein Körper zitterte, drohte jeden Moment zu explodieren. Massanories Griff um meine Erektion wurde fester und er begann damit seinen Rhythmus seiner Hüften dem seiner Hand anzupassen die an meinem Schwanz auf und ab rieb. Massanoerie keuchte und verstärkte den Druck seiner Hand, dann ließ er los, richtete sich wie auf, packte erneut meine Hüften und versenkte sich immer tiefer, härter und härter in mir. Der Schreibtisch unter mir bebte und jeder Muskel in meinen Körper spannte sich an während meine Stimme sich überschlug ebenso wie Massanories. Ein tiefes stöhnen ausstoßend schob er sich ein letztes Mal vor und kam schließlich tief in mir. Massanories Hand umschloss erneut meinen Schwanz und zog leicht daran. Ich wandte mich unter ihm und ich hatte das Gefühl dass ich verbrennen würde. Bevor ich mich ebenfalls aufbäumte, die Augen aufriss und in seiner Hand kam. „Scheiße!“ entfuhr es mir nur, bevor ich wieder auf seinen Schreibtisch sackte. „Massanorie zog sich zurück, was mich erneut stöhnen ließ. Er lehnte sich Rücklinks an den Schreibtisch und ich konnte aus den Augenwinkeln sehen wie er seine Hose schloss. „War das jetzt hart genug?“ kam es nur spöttisch von ihm. Lachend drehte ich mich herum, lies mich auf den Boden sinken und legte meinen Kopf auf meine Knie. Meine Lunge war außerstand Sauerstoff aufzunehmen. Ich winkte also nur kurz und spürte seine Finger die durch meine Haare glitten. „Einigen wir uns darauf, dass normaler Sex bei uns nicht läuft?“ Ich nickte schnell und lehnte mich gegen ihn, als er sich neben mich setzte. „Hast du mein Sperma gerade in meinen Haaren verteilt?“ kam es nur wenig später kopfschüttelnd von mir. „Kann sein… dachte du musst sowieso duschen.“ „Arsch!“ „Ja sagt der, dessen Arsch gerade schmerzen sollte.“ Er drückte mir einen Kuss auf die Schläfe und begann zu lachen. Leider hatte er recht, aber für das Gefühl was ich gerade hatte nahm ich das gerne in Kauf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)