Summer of 1980 von Sydney (Eine Marauder-Geschichte) ================================================================================ Kapitel 1: One and Only ----------------------- Summer of 1980: Mit einem Seufzen schlug Sirius den Tagespropheten vom 1. August 1980 zu und platzierte ihn schlampig, mehr geworfen als gelegt auf dem Tisch vor ihm. Es gab zurzeit kaum gute Nachrichten, ein Umstand der ihn nicht gerade frohlocken ließ und seiner Motivation sanft mit den Papierbögen umzugehen einen erheblichen Dämpfer versetzte. Selten zierte in diesen Zeiten etwas anderes als unheilvolle Schlagzeilen die Zeitungen. Die Meldungen über Angriffe von Todessern häuften sich seit Monaten, Gutes hingegen war kaum über die Zaubererwelt zu berichten. Angriffe, Entführungen und allerlei andere Verbrechen wurden im Moment verstärkt verübt und immer mehr Magier liefen zur dunklen Seite über, mehr oder weniger offen, abhängig davon ob es wirklich ihrer Überzeugung entsprach, oder ob sie es nur für taktisch klüger hielten die Speichellecker Lord Voldemorts zu werden. Nicht-magische Menschen lebten nun gefährlich. Schön langsam gingen dem Ministerium sogar die Ideen aus, wie sie die Erinnerungen von Muggeln, die bei den Angriffen dabei waren, modifizieren konnten. Viele Menschen fürchteten sich, wenn sie abends alleine vor die Tür gingen, ihre Kinder ließen sie sowieso nicht mehr unbeaufsichtigt außer Haus. Schutzzauber waren an sämtlichen Zaubererwohnungen zu finden. Doch nicht nur Muggel und Otto-Normal-Zauberer sondern auch bekannte Persönlichkeiten gerieten ins Fadenkreuz der Todesser. Im Februar hatte es den Sänger von AC/DC getroffen. Bon Scott – die Meldung in den Muggelzeitungen sprachen von Alkoholvergiftung – stattdessen war er am Rücksitz des Wagens eines Freundes von einem Avada Kedavra getroffen worden. Er hatte Verbindungen zur magischen Welt gehabt, deshalb wurde er getötet – als Zeichen, dass es jeden treffen konnte. Für Sirius war es ein großer Verlust, er mochte AC/DC und der neue Sänger kam bei weitem nicht an seinen Vorgänger heran. Auch der Flugzeugabsturz vom 15. April ging auf die Rechnung der Gefolgschaft Voldemorts. Seine speichelleckenden Untergebenen agierten mittlerweile sogar offen außerhalb von England, eine weitere äußerst beunruhigende Wendung. Zwar waren ihre Aktionen auf ein geringes Gebiet außerhalb des Ausgangslandes beschränkt, aber diese Tatsache stimmte dennoch nachdenklich. Von offizieller Seite wurde hingegen immer noch heftig dementiert, aber allen Selbstdenkenden war klar, dass ein Krieg bevor stand, wenn er nicht sogar schon begonnen hatte. Es hatten sich bereits Gegengruppierungen zu den Todessern gebildet. Albus Dumbledore hatte als einer der wenigen schnell erkannt, dass dies nicht nur ein temporäres Ungemach war und hatte schon vor ein paar Monaten in weiser Voraussicht den Orden des Phönix gegründet. Die Mitglieder des Phönixordens konnten über die Politik des Ministeriums nur ungläubig den Kopf schütteln. Einige hatten schon schwere Verwundungen erlitten oder waren gar im Kampf gegen die Schergen des dunklen Lords getötet worden, oftmals waren ihre Leichen grausam entstellt, sowie der Körper von Benjy Fenwick, der vollkommen zerrissen aufgefunden wurde. Der Schwarzhaarige wollte nicht weiter über diesen Umstand nachdenken. Es waren herzensgute Leute gewesen, die ihr Leben gelassen hatten und ihr Verlust schmerzte noch. Auch er selbst hatte schon mehr als einmal sein Leben riskiert. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es langsam Zeit war, sich auf den Weg zu machen, wollte er pünktlich sein. Normalerweise kümmerten ihn solche Kleinigkeiten wie die Uhrzeit wenig aber in diesem Fall war es anders. Verabredungen mit seinem besten Freund und seiner Familie waren Sonderfälle und gingen über alles andere - selbst über die legendäre Black’sche Unpünktlichkeit. Heute war noch dazu ein ganz besonderer Sonderfall. Schließlich kam es nicht alle paar Tage vor, dass der beste Freund und fast schon Bruder, Vater wurde. Gestern, in der Nacht des 31. Juli 1980 hatte Harry James Potter das Licht der Welt erblickt, wie ihm der frischgebackene Vater euphorisch keine zwei Stunden nach der Geburt durch den Kamin mitgeteilt und ihn für heute eingeladen hatte. Sirius entschloss sich, nicht zu apparieren oder das Flohnetzwerk zu nutzen, sondern sein neues Motorrad zu nehmen. Auch wenn er einen großen Teil der Strecke nicht damit fliegen konnte, kam schon das Fahren mit dieser Maschine einem Höhenflug gleich. Genau das, was er jetzt nach dieser Aufregung brauchte. Wahrscheinlich hatte Sirius bei Lilys Schwangerschaft genauso mitgefiebert wie James. Er war erleichtert zu hören, dass alles gut verlaufen und das Baby kerngesund war. Während im wenig später der Fahrtwind ins Gesicht schlug fiel etwas von der Aufregung der letzten Stunden von ihm ab. Die Sorgen und Ängste waren verflogen. Schließlich konnte jetzt nur noch relativ wenig passieren. Manch einem wäre es vielleicht seltsam erschienen, dass Sirius so in das Leben der Potters involviert war. Durch seine eigene vollkommen verkorkste Verwandtschaft war dies die einzige richtige „Familie“ die er je besessen hatte. Obwohl sie nicht blutsverwandt waren, so war James für ihn tausendmal mehr ein Bruder als es Regulus jemals gewesen war. Die Familie Black hatte immer schon einen zweifelhaften Ruf genossen. Zu Recht, wie jeder wusste, der einmal in den Genuss gekommen war diese Sippe kennen zu lernen. Konnte man früher noch davon sprechen, dass es eine alte Reinblüterfamilie mit etwas zweifelhaften Kontakten und veralteten Umgangformen war, so lag heute die Vermutung nahe, dass einige der „lieben“ Verwandten offen ihre verdrehten Ansichten unter Voldemorts Terrorherrschaft ausleben würden. Es war in diesem Fall nur ein kleiner Schritt von der blasierten Reinblüterarroganz zum Todesser. Hielt man sich für etwas Besseres als der Großteil der Menschheit so waren die Folgen oftmals fatal. Sirius hatte sich schon lange von diesen Ansichten distanziert. Warum genau die Erziehung seiner Eltern bei ihm nie Früchte getragen hatte, war ihm selbst nicht bewusst. Möglicherweise lag es an den Köpfen aller Hauselfen die seit dem 20. Jahrhundert der Familie Black am Grimmauldplatz gedient hatten und die nun die Wände des Familiensitzes zierten. Zwar hatte er nur eine handvoll von ihnen gekannt, aber das hatte gereicht um in dem jungen Sirius Black die Gewissheit heranzureifen, dass dies unter keinen Umständen richtig war. Nur wenige aus seiner Verwandtschaft hatten ähnlich auf die Ansichten und Wertvorstellungen des fürnehmen und gar alten Hauses Black reagiert. Zusammen mit seiner Cousine Andromeda verkörperte er das schwarze Schaf der Familie. So war es kein Wunder, dass er sich schon früh anderen zugewandt hatte. Anderen, die ihn bereitwillig aufgenommen hatten, unabhängig davon mit wem er verwandt war, sondern abhängig davon WER er war. Seit Sirius 16 Jahre alt gewesen war hatte er sein Leben mit James Potter verbracht – bis zu dem Zeitpunkt von James’ Heirat mit Lily Evans. Ihre Freundschaft hatte aber nie darunter gelitten. Dafür waren sie viel zu eng befreundet. Als er vor dem Haus der Potters anhielt und den Helm, zu dem ihn seine Freunde überredet hatten, abnahm meldete sich die Aufregung allerdings wieder. Wie der kleine Harry wohl sein würde? Sirius mochte Kinder – nur selber haben wollte er, in näherer Zukunft zumindest keine. Noch ehe er den Garten des kleinen, aber gut gestalteten Grundstücks ganz durchquert hatte, wurde die Tür aufgerissen und ein vollkommen euphorischer James stürmte auf ihn zu. „Sirius!“, hörte er ihn rufen, bevor er keine zwei Sekunden später heftig umarmt wurde. „Nach deiner Reaktion kann man wohl davon ausgehen, dass der Kleine keine seltsamen Tentakel oder drei Augen hat, sondern das alles in Ordnung ist? Herzlichen Glückwunsch!“ „Hättest du das mit de Tentakeln und den Augen vor der Geburt gesagt hätte ich dich erwürgen müssen.“, meinte James grinsend, nachdem er sich von Sirius gelöst hatte. Die beiden verstanden den manchmal etwas derben Humor des Schwarzhaarigen. Gemeinsam betraten sie das Haus aus dem ihnen Babygeschrei entgegentönte, dass eindeutig aus dem Wohnzimmer kam. „Eine kräftige Stimme hat er, dein Sohnemann.“, stellte Sirius fest. „Ja, in der Tat. Er hat eine kräftige Stimme, die er allerdings nicht so strapazieren würde, wenn in diesem Haus nicht mit den Türen geknallt werden würde.“ Lily kam den beiden mit verschränkten Armen entgegen. Doch das Lächeln auf ihrem Gesicht zeigte den Männern, dass sie das Gesagte nicht ganz so ernst meinte, wie es geklungen hatte. „Hi Lily!“, begrüßte Sirius sie und wurde auch von der Rothaarigen herzlich umarmt. „Man kann wohl nur gratulieren, wenn der Kleine so stark ist, wie es die Stimme andeutet.“ „Davon kannst du dich ja gleich mal überzeugen.“ Gut gelaunt betraten die drei anschließend das Wohnzimmer. Nicht so groß wie die Wohnungen anderer Familien mit ähnlichem guten Namen wie die Potters, aber dafür stilvoll eingerichtet, wie der Rest des Hauses, so präsentierte sich das Zimmer dem Besucher. Die beiden konnten gut von James Erbe leben, das wusste Sirius, trotzdem blieben sie bodenständig, was er ihnen hoch anrechnete. Nicht viele würden so leben, hätten sie die gleichen finanziellen Mittel. Der Lebensinhalt der Potters war bis vor kurzem zum Großteil der Kampf gegen Voldemort gewesen. Jetzt schienen sich die Prioritäten allerdings geändert zu haben. James’ verzückter Blick, als seine Frau den kleinen Harry aus seiner Wiege hob sprach Bände und verriet jedem, der ihn sah genug um zu wissen, was nun im Leben des jungen Mannes die Hauptrolle spielte. Es hatte Sirius verwundert, dass die beiden so jung Eltern geworden waren. Aber solange seine Freunde glücklich waren, war er es auch. „Ich mach’ euch dann einen Tee.“, meinte die Rothaarige. „Schatz, soll ich das nicht lieber machen? Du solltest dich doch schonen!“, versuchte James sie davon abzubringen. „Tee kochen ist wesentlich weniger anstrengend, als das Baby davon zu überzeugen nicht mehr so grimmig drein zu schauen, deshalb…“ Sie reichte das Bündel an ihren Ehemann weiter. „… darfst du Harry jetzt auch nehmen.“ Sirius und sein Freund setzen sich auf die gemütliche Sitzgarnitur. Während Lily in die Küche verschwand um Tee zu kochen, wiegte James den Kleinen im Arm. Dieser schien in der Tat immer noch wenig erfreut darüber, geweckt worden zu sein. „Ich kann diese Frau einfach nicht davon abhalten, etwas zu tun.“ Leichte Ratlosigkeit war aus der Stimme des frischgebackenen Vaters zu hören. „Schon während der Schwangerschaft konnte sie keine Sekunde still sitzen…“ „Mach’ dir deshalb nicht zu viele Sorgen. Sie weiß wohl am besten was ihr gut tut und was nicht.“, versuchte Sirius seinen langjährigen Freund zu beruhigen. „Da hast du wohl recht… aber es macht mich trotzdem fertig. Ständig sorge ich mich darum, dass sie sich womöglich überanstrengt.“ Aufmunternd klopfte Sirius auf James Schulter und betrachtete das Baby, welches gerade herzhaft gähnte. Dann wandte der Kleine abrupt seine Aufmerksamkeit auf den Fremden und es schien, als würde er direkt in die grauen Augen des Mannes sehen. Auch James bemerkte dies und lächelte still in sich hinein. „Möchtest du ihn mal nehmen?“, fragte er Sirius. „Lieber nicht, ich hab’ doch keinen blassen Schimmer wie man das macht.“ „Dann lernst du es besser.“ Sirius wusste, dass er verloren hatte. Sein Freund blickte ihn mit dem charmantesten Lächeln an, dass er auf Lager hatte. Jeglicher Widerstand war zwecklos. Auf diese Weise war er schon oft überzeugt worden Dinge zu tun, die ihm eigentlich anfangs widerstrebt hatte. Jedoch war es äußerst selten zu seinem Nachteil gewesen. Bevor der Schwarzhaarige noch weitere Gedanken verschwenden konnte, hatte er auch schon das kleine Bündel im Arm. „Du machst dich ja gar nicht so schlecht.“, kam es von der Tür, aus der die Mutter des Kleinen gerade mit einer Teekanne in der Hand trat. „Warum lasst ihr derlei Späße nicht an Moony aus? Der wäre doch ein wesentlich geeigneterer Kandidat für so was…“ Sirius war unsicher. Etwas Seltenes im Leben des jungen Mannes. Sein kläglicher Versuch das ganze zu überspielen ging jedoch nicht auf. Es war doch zu blöd, dass ihn seine besten Freunde zu gut kannten. Schließlich war es jedoch der kleine Harry, der die Situation auflockerte und Sirius davon ablenkte, dass er eigentlich viel zu großen Respekt vor der Aufgabe, ein Neugeborenes zu halten, hatte. Aus heiterem Himmel fing der kleine zu Lachen an und zupfte an den Roben des Schwarzhaarigen. „Siehst du…“, sagte James „Harry findet auch, dass du das nicht schlecht machst.“ „Er hat wohl deinen schlechten Sinn für Humor geerbt. Du lachst schließlich auch über alles.“, brummte Sirius und dies war noch nicht einmal gelogen. Nur hatte er „vergessen“ zu erwähnen, dass er selbst normalerweise auch über alles Mögliche zu Lachen pflegte. Nicht umsonst hätte man ihn für James’ Potters leiblichen Bruder halten können, waren sie doch in Hogwarts unzertrennlich wie Zwillinge gewesen. „Außerdem mein lieber Sirius, weißt du genau, dass Moony zurzeit nicht ganz „bei Kräften ist“, wenn du einen Blick auf den Kalender wirfst.“ „Peter hätte es wohl auch getan…“ „Eigentlich hatte ich ihn auch eingeladen, aber in letzter Zeit ist er irgendwie seltsam. Er hat mich gestern abgewimmelt, als ich ihm alles erzählen wollte.“ Etwas bedrückt und nachdenklich starrte James in seine Tasse. „Er sagt, er hätte noch so viel für seine Arbeit zu tun und es ginge um eine Beförderung, die er unbedingt bräuchte…“ „In letzter Zeit ist er tatsächlich noch etwas seltsamer geworden.“, stimmte Lily ihrem Mann zu. „Aber eigentlich war er doch schon immer ein seltsamer Kauz.“ Für einen kurzen Moment herrschte Schweigen. Sirius, der immer noch den Kleinen im Arm hatte, war zwar immer noch nicht sehr begeistert davon, fand sich aber schlussendlich damit ab, dass seine Freunde meinten ihm etwas dermaßen wertvolles und sensibles wie ein Baby in die Hände drücken zu können. Als die Minuten jedoch verfolgen änderte sich seine Einstellung und auch wenn er es wohl nicht zugegeben hätte, langsam fing er an den Gedanken zu mögen. „Aber um zum Hauptgrund zu kommen, weshalb wir dich heute eingeladen haben, wir hätten eine große Bitte an dich.“, begann James. „Jetzt wo die Zeiten immer dunkler werden ist es uns ein besonderes Anliegen. Wir wollten dich fragen, ob du bereit wärst für Harry zu sorgen sollte uns beiden etwas zustoßen.“ Sirius erste Reaktion auf diese Möglichkeit war purer Unglaube. Er wusste, dass Magier wie Lily und James in der momentanen Situation mehr als nur gefährlich lebten, schließlich kämpften sie genau wie er selbst gegen den dunklen Lord und doch wollte er nicht mir der Möglichkeit konfrontiert werden, dass die beiden im Kampf gegen Voldemort Schaden nehmen könnten. Er schluckte. „Euch wird nichts passieren!“ „Das hoffen wir doch alle.“, antwortete Lily. „Aber wenn wir realistisch sind, dann müssen wir uns mit diesem Szenario auseinanderzusetzen.“ Sie machte eine Pause. „Deshalb wollten wir dich bitten, dass du Harrys Pate wirst.“ Nun war Sirius sprachlos. Damit hätte er nun so gar nicht gerechnet. Wie schon zuvor, erschien ihm Remus eine wesentlich bessere Wahl für solche Aktionen zu sein, als er selbst. Schließlich kannte er sich, sein unruhiges Gemüt und seine überstürzten Handlungen, die ihn schon so manches Mal fast um Kopf und Kragen gebracht hatten, am besten. Doch als er in die Augen seiner besten Freunde sah, wusste er, dass er ihnen diesen Wunsch nicht abschlagen konnte. Genauso wusste er im selben Moment, dass er alles für den Kleinen tun würde, wäre es nur notwendig. „Ja, ich werde es tun.“, antwortete er, mit dem starken Wunsch, niemals erleben zu müssen, dass der kleine Harry statt auf seine Eltern auf ihn angewiesen wäre und mit der Hoffnung, dass immer alles so gut lief, dass er für den Kleinen „nur“ der nette Patenonkel sein konnte, der zur Einschulung ein tolles Geschenk mitbrachte. Er sah den Kleinen an, der gerade seine Augen öffnete und ihn anblickte. Er sah aus wie James, aber die Augen hatte er von Lily. ___________________________________________ The End Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)