Nebel über Hogwarts von Glasschmetterling ================================================================================ Kapitel 47: Zwei Siege ---------------------- Nebel über Hogwarts – Kapitel 47: Zwei Siege Der Februar löste den Januar ab, was das Wetter allerdings nicht verbesserte, und am ersten Samstag im neuen Monat, klirrend kalt und klar, stand James mit seinen Mannschaftskollegen in der Umkleidekabine ihres Quidditch-Teams und rückte seine Ausrüstung zurecht. Die Nervosität der Gryffindors war fast greifbar zu spüren, besonders Andrew, der Sucher aus der zweiten Klasse, sah blass aus und so, als ob sie sein Frühstück gleich wieder sehen würden. James fühlte mit dem Jungen. Das erste Spiel verloren, und das, weil er den Schnatz nicht gefangen hatte – in seiner Situation würden ältere, erfahrene Spieler ihre Nerven spüren, und einem Neuling war in dieser Hinsicht wirklich nichts vorzuwerfen. Sie alle, selbst Claire, versuchten, ihn aufzumuntern und ihm Zuversicht einzuflößen, auch wenn James die Versuche ihrer Kapitänin, einfühlsam zu sein, eher als unterhaltsam als erfolgreich einschätzte. Persönlich glaubte er, dass die junge Frau noch nie einen Anflug von Lampenfieber gefühlt hatte, und sich deswegen sehr schlecht darin schlug, auf Andrews Gefühle einzugehen. Als sie schließlich, nach langen Minuten des Wartens, das Quidditch-Feld betraten, war allerdings jegliches Amüsement über Andrews Situation verschwunden, denn mittlerweile spürte James selbst seine eigene Nervosität. Eigentlich war das erste Spiel nicht so wichtig gewesen, aber wenn sie jetzt verloren, dann konnten sie den Pokal abschreiben – und für ihn und Emily war das die letzte Chance, ihn zu gewinnen. Wirklich die allerletzte. Er spähte in das blasse Morgenlicht und sah die Ravenclaws von der anderen Seite des Feldes kommen, in Blau und Silber, und warf einen Blick zu Emily, die ihm ein schwaches, flatterndes Lächeln schenkte, bevor sie wieder nach vorne starrte. Claire trat nach vorne und schüttelte dem Kapitän der Ravenclaws die Hand, kurz und schmerzhaft, und schon standen sie bereit, um auf die Pfeife von Madame Hooch zu hören. Im letzten Moment, bevor sie nach oben schossen, grinste Emily. „Lily feuert dich an“, flüsterte sie, und dann war sie schon in eine andere Richtung davongeschossen, um dem Jäger der Ravenclaws den Quaffel abzunehmen. So sehr er auch dachte, dass seine Jahrgangskollegin ihn mit ihren Worten zumindest ein bisschen triezen wollte, er konnte nicht verhindern, dass er, während er flog, ein Gefühl der Leichtigkeit spürte, das nichts mit dem Besen unter ihm zu tun hatte. Lily drückte ihm die Daumen – Lily wollte, dass er gewann – Lily sah ihm zu. Alleine der Gedanke half ihm, seine Sorgen, die ihn noch während des letzten Spiels gequält hatten, hinter sich zu lassen, und Manöver zu vollführen, die er nicht einmal im Training wirklich beherrscht hatte. Der Spielstand reflektierte die verbesserte Leistung der Gryffindors zum Match gegen Hufflepuff, schon bald führten sie siebzig zu zwanzig, wobei James drei der Tore geschossen hatte, doch gerade, als er seine vierte Chance knapp verschoss, hörte er ein Raunen von der Menge unter ihm aufsteigen. Hastig wandte er den Kopf, während er sich nur halbherzig bemühte, dem ebenfalls abgelenkten Ravenclaw-Jäger den Quaffel wieder abzunehmen. Andrew war in den Sturzflug gegangen und jagte wie ein Blitz dem kleinen, goldenen Schimmer hinterher, der sich an den Torstangen der Gryffindors versteckt hielt, während der Ravenclaw-Sucher, weit abgeschlagen, verzweifelt versuchte, aufzuholen. Für einige Sekunden sah es nach einem sicheren Sieg für Gryffindor aus, doch dann schien der Schnatz die viele Aufmerksamkeit förmlich zu spüren, und schoss zu den Tribünen davon, aus dem Sichtfeld aller Spieler. James spürte einen Stich der Enttäuschung und wandte sich wieder dem Kampf um Tore zu, doch Andrew schien aus der kleinen Episode Zuversicht gewonnen zu haben, denn er grinste, als er wieder über das Spielgeschehen aufstieg, um weiter Ausschau zu halten. Dass Claire ihm in einem waghalsigen Manöver beide Daumen nach oben zeigte, bevor sie fast von einem der Klatscher getroffen wurde, weil sie ihren Schläger nicht mehr im richtigen Griff hielt, schien sein Selbstvertrauen nur noch zu steigern, auch wenn James sich ein wenig fragte, wieso. Fünf Tore für Gryffindor und drei für Ravenclaw später hoffte James, dass Andrew bald Erfolg haben und das Spiel beenden würde, denn es war kalter, eisiger Wind aufgekommen, dessen Wirkung durch ihre rasante Jagd auf den Besen nur verstärkt wurde. Auch die schwachen Strahlen der Wintersonne halfen nicht, ihn wieder aufzuwärmen, und mittlerweile glaubte James, dass seine Wangenmuskulatur in einer Position festgefroren wäre. „Da!“ Der Schrei riss ihn aus seiner Kältestarre, und er drehte seinen Besen, um die Situation zu überblicken. Andrew war wieder in den Sturzflug gegangen, steiler und waghalsiger als jemals zuvor, doch der Suche der Ravenclaws hatte den Schnatz ebenfalls entdeckt und jagte von einer Position ein kleines Stück über James darauf zu. Noch war Andrew im Vorteil, aber der Ravenclaw holte langsam aber sicher auf, und im Bruchteil einer Sekunde traf James eine Entscheidung, beschleunigte seinen Besen, um dem gegnerischen Sucher den Weg abzuschneiden. Niemand hatte damit gerechnet, dass er das tun würde – selbst er nicht – und der Ravenclaw erschrak sichtlich, als James am Rande seines Sichtfeldes auftauchte und seine Flugbahn kreuzte. James hatte richtig geschätzt, es kam zu keinem Zusammenstoß – aber der Sucher zögerte, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde, und bremste seinen Besen. Das war der entscheidende Vorteil, den Andrew brauchte – den Bruchteil einer Sekunde später reckte er seine Faust in die Luft, zwischen seinen Fingern konnte James die Flügel des Schnatzes schlagen sehen. „JA!“ Er brüllte, und bemerkte erst, als er den Schrei hörte, dass er aus seiner eigenen Kehle kam, während er seinen Besen landete und gemeinsam mit Andrew von seinen Teamkollegen überfallen wurde. Emily hing an seinem Hals und schluchzte fast, während er ihr bedröppelt den Rücken streichelte, eine schwierige Aufgabe, wenn Claire gerade seine und Andrews Hände in die Höhe stemmte, um ihren Sieg zu feiern. Es war kein Foul gewesen – er wusste, es war kein Foul gewesen – und Madame Hooch konnte so missbilligend dreinsehen, wie sie wollte. Sie hatten gewonnen. Sie hatten gewonnen, und sie hatten noch immer eine Chance auf die Meisterschaft, und sie hatten so hoch gewonnen, dass sie nun einen Punktevorsprung vor Slytherin hatten – auch wenn diese erst ein Match hinter sich gebracht hatten. Der große Sieger des Quidditch-Matches Gryffindor gegen Ravenclaw zu sein, befreite James allerdings nicht von mundaneren Problemen wie seinen Hausaufgaben oder den anstehenden Prüfungen (auch wenn Professor McGonagall wahrscheinlich versucht gewesen war, sie ihm zu erlassen, so, wie sie ihn und Emily in der nächsten Verwandlungsstunde angesehen hatte). Ein anderes Thema, um das er sich kümmern musste, war der Valentinstag, wenig mehr als eine Woche nach ihrem Quidditch-Spiel. Sollte er ihr etwas kaufen? Oder nicht? Etwas kleines, etwas großes, nur eine Karte? Er wusste es einfach nicht. In dem Monat, seit sie sich schließlich ausgesprochen hatten, war Lily zwar freundlich mit ihm umgegangen, aber das tat sie mit so gut wie allen Gryffindors – mit der möglichen Ausnahme von Sirius Black, dem sie hin und wieder misstrauische Blicke zuwarf, wahrscheinlich, weil sie ihm wegen seinem gefährlichen Streich noch immer nicht verziehen hatte. Er wusste zwar, was er für sie fühlte, und er war sich ziemlich sicher, dass auch sie wusste, dass er nicht aufgegeben hatte, jetzt, wo er begann, Fortschritte zu erzielen – aber er zweifelte daran, dass es eine gute Idee war, ihr seine Zuneigung auch noch unter die Nase zu reiben. Fakt war, sie zeigte keinerlei Interesse an ihm, und Lily... nun ja, Lily war nicht gerade schüchtern, und wenn sie an ihm interessiert wäre, dann wäre da keine Angst vor einer Ablehnung, die sie überwinden musste, immerhin wusste die ganze Schule, dass er sie mochte. Wenn sie also noch nicht mit ihm gesprochen hatte... nun, diese Tatsache war eigentlich sehr beredt. Er seufzte... kein Valentinstagsgeschenk für sie, nur eine Kleinigkeit für seine Mutter, für Emily und für Florence, auch wenn sein Geschenk für Florence vor allem daraus bestand, dass er Remus bei seiner Planung für seine große Überraschung helfen wollte. Am Morgen des Valentinstags saßen sie alle zusammen in der Großen Halle und betrachteten, mit verschiedenen Graden der Missbilligung, das zartrosa Konfetti, das von der Decke regnete, und den pinken Schimmer, den der Morgenhimmel angenommen hatte. Selbst Remus, der ja eigentlich glücklich in einer Beziehung war und deswegen weniger Grund als andere hatte, diesen Tag zu hassen, wirkte griesgrämig, und seine Miene hellte sich erst auf, als Florence die Große Halle betrat und er aufstand, um sie zu begrüßen. James konzentrierte sich stoisch darauf, seinen Toast möglichst gleichmäßig mit Marmelade zu bestreichen, bis Sirius ihm – nicht besonders sanft – den Ellbogen in die Seite rammte. „Krone!“ Er blickte auf und hob die Augenbrauen. „Ja?“ „Sieh mal an den Lehrertisch.“ James hatte zwar wirklich kein Bedürfnis, mehr Übelkeit erregende Dekoration zu sehen, trotzdem folgte er dem ausgestreckten Finger seines Freundes und sah, wie Dumbledore, McGonagall und Lovejoy, in verschiedenen Stadien der Übernächtigung, am Lehrertisch Platz nahmen und der Schulleiter eine übergroße Kanne Kaffee herumgehen ließ. Dass Lovejoy ein wenig später zum Frühstück kam, war während dem letzten Schuljahr zu einem gewohnten Anblick geworden, aber Dumbledore... Dumbledore kam immer als einer der ersten, und ging als letzter, da er ja auch keine Stunden hatte, zu denen er nach dem Frühstück pünktlich sein musste. Selbst wenn James verschlafen hatte, hatte er immer noch am Tisch gesessen und ihm zugezwinkert, bevor er sich wieder der Lektüre des einen oder anderen obskuren Magazins widmete. Dumbledore zu spät... das war eine Neuheit. „Was meinst du, wo sie waren?“, fragte Sirius neugierig, und James zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“ In diesem Moment rauschten die Posteulen durch die großen Fenster herein, und James hob den Kopf, suchte automatisch nach dem Vogel seiner Eltern, bevor er erkannte, dass nur der Tagesprophet für Remus an ihren Teil des Tisches geliefert werden würde. Da ihr Freund gerade damit beschäftigt war, sich sein Frühstück mit Florence am Hufflepufftisch zu teilen, steckte Sirius das Geld in den Lederbeutel und nahm die Zeitung entgegen, bevor er sich den Sportteil daraus stibitzte, bevor James eine Chance dazu hatte. Missmutig nahm er die traurigen Reste des Tagespropheten in die Hand und warf einen kurzen Blick auf das Titelblatt – und erstarrte. Kampf von Todessern und Auroren in Wales. Mehr auf Seite Drei. Hastig blätterte er um und betrachtete die bewegten Bilder von zerstörten Häusern, über denen Rauchschwaden aufstiegen, und ein Portrait von Dumbledore, in dem er seinen Zauberstab auf einen gefesselten Todesser richtete. Angriff von Todessern in Wales... fünf Verletzte, aber keine Verluste dank des Eingreifens von Albus Dumbledore... zwei Todesser gefasst... mehrere Widerstandskämpfer am Gefecht beteiligt. James reichte die Zeitung an Sirius weiter, sobald er jeden Artikel zum Thema Angriff in Wales verschlungen hatte. „Meinst du, McGonagall und Lovejoy waren auch dort?“ Sirius schnaubte. „Natürlich. Oder meinst du, sie haben bei Madame Rosmerta eine Party gefeiert, während Dumbledore sein Leben riskiert?“ James nickte langsam – so, wie Sirius es formuliert hatte, kam er sich vor wie ein Idiot, weil er überhaupt gefragt hatte. „Dann war Dorcas wahrscheinlich auch dort“, fügte er hinzu, und einen Moment später kam ihm eine Idee und er machte ein paar Schritte den Tisch entlang bis zu dem Platz, an dem Lily saß, die Zeitung in der Hand. „Morgen“, meinte er, und sie blickte überrascht auf, gemeinsam mit Emily, die sich allerdings schnell wieder ihrer – offensichtlich interessanteren – Kaffeetasse zuwandte. „Was willst du?“, fragte sie, mit einem Hauch ihrer früheren Feindseligkeit in ihrer Stimme, doch er machte nicht den Fehler, darauf einzugehen, sondern reichte ihr nur stumm den Tagespropheten, an der richtigen Stelle aufgeschlagen. Ihre Augen weiteten sich, als sie die Überschrift sah, und stumm nahm sie ihm die Zeitung aus der Hand, während er zusah, wie ihr Blick über die Zeilen raste. Sie kam ganz offensichtlich ebenfalls zu derselben Schlussfolgerung wie er, denn sie sah ihn aus besorgten Augen an. „Meinst du, Dorcas war dort? Hoffentlich geht es ihr gut.“ James nickte langsam. „Sie hat gesagt, dass sie gegen Du-weißt-schon-war kämpft. Es ist nur logisch anzunehmen, dass sie das dann auch tut...“ „Meinst du, sie haben organisierte Kampfgruppen, wie die Patrouillen auf Hogwarts?“ Sie wisperte nur, doch trotzdem rasteten in diesem Moment die Synapsen in James' Gehirn ein, und er begriff, was ihm, seit er Dorcas getroffen hatte, entgangen war, verband ihre Erzählung mit einer Erinnerung vom Beginn des Schuljahres. „Wahrscheinlich. Immerhin hat der Orden des Phönix zu Beginn des Schuljahres versucht, neue Mitglieder zu rekrutieren.“ „Der Orden des Phönix?“ James nickte. „Ja. Die Organisation, die gegen Voldemort kämpft, und die Dumbledore anführt. Immerhin ist der Phönix sein Tier.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)