Nebel über Hogwarts von Glasschmetterling ================================================================================ Kapitel 23: Ballprobleme ------------------------ Nebel über Hogwarts – Kapitel 23: Ballprobleme Suzanne Pettigrew wurde am nächsten Morgen, nach einem ausführlichen Gespräch mit ihrem Bruder und ihrer Hauslehrerin, aus dem Krankenflügel entlassen, und auch wenn sie auffallend blass und still wirkte, ging sie doch zum Unterricht. Dass ihre Hauskameraden sich Sorgen um sie machten, war daran zu erkennen, dass sie kaum einen Schritt machen konnte, ohne von anderen Gryffindors umgeben zu sein. Vor allzu aufdringlichen Fragen schützte sie allerdings die Tatsache, dass die Rumtreiber jeden zum Schweigen brachten, der ihr zu nahe rückte. Selbst Sirius, der unter anderen Umständen wahrscheinlich selbst einer von den Neugierigsten gewesen wäre, beteiligte sich daran, und zu Suzannes Glück wurde die Aufmerksamkeit der anderen Schülerinnen und Schüler sehr bald von zwei anstehenden Ereignissen verdrängt: dem ersten Quidditch-Spiel des Jahres und dem Halloweenball. Zwar hatte der Vollmond im September, nun ungefähr zwei Wochen her, Remus sehr mitgenommen, doch jetzt, da er sich wieder erholt hatte, konnte er sich ganz der Vorfreude seiner Schulkameraden anschließen und den ersten, großen Ereignissen des Jahres entgegenfiebern. Allerdings blieb ein Problem übrig: er hatte – wie der größte Teil der Schüler, so schien es – noch keine Begleiterin für den Ball, und jedes Mal, wenn er Florence sah, fand er eine andere Ausrede, sie nicht zu fragen. Irgendwann hast du vielleicht keine Zeit mehr, sie zu fragen, bemerkte die kleine, mahnende Stimme in seinem Kopf bei jeder dieser Gelegenheiten. Aber auch wenn er eigentlich keinen Grund für Zweifel hatte, hatte er Angst, dass Florence vielleicht ablehnen könnte oder dass sie schon mit jemand anderem auf den Ball gehen könnte. Natürlich war gerade dieser letzte Gedanke bei genauerer Betrachtung unglaublich irrational, denn je länger er hinausschob, Florence zu fragen, desto größer war die Chance, dass ihm ein anderer Junge zuvor kam, aber seine Angst interessierte sich kein bisschen für Logik. Bedauerlicherweise. Jedes Mal, wenn er sie sah, schossen ihm diese Gedanken wieder und wieder durch den Kopf, so auch an einem Samstag Mitte Oktober, als sie sich gemeinsam gegen den frischen Herbstwind stemmten und zusahen, wie die ersten rötlich gefärbten Blätter an ihnen vorbeiwirbelten. Dass James und Sirius ihn bereits neckten – und das, obwohl sie beide noch keine Partnerin hatten – machte die Situation nicht besser und ihn eher noch verzagter, als er es ohnehin schon war. Dass der Halloweenball ein Maskenball werden sollte und er nicht gerade das größte Vertrauen in sein Kostüm hatte, verschlimmerte seine Situation noch zusätzlich. Immerhin wollte er auch nach dem 31. Oktober noch etwas mit Florence zu tun haben, und wenn er sie vollkommen blamierte, dann sank die Wahrscheinlichkeit dafür auf null. Andererseits, wenn er sie nicht fragte und sie dann beleidigt wäre, wäre das Ergebnis dasselbe, also machte es ja eigentlich keinen Unterschied... „Hey!“ Er bemerkte erst, dass Florence mit ihm sprach, als sie ihn mit ihrem Ellbogen anschubste und er fast stolperte, weil er mit der hinterhältigen Attacke nicht gerechnet hatte. „Hörst du mir überhaupt zu?“ „Ähm... ja?“ Florence verdrehte die Augen. „Was habe ich dann gerade gesagt?“ Er überlegte für einen Moment und stellt fest, dass er keine Antwort darauf geben konnte. „'Tschuldigung.“ Für einen Moment, als sie ihn mit strengem Blick musterte, sank ihm das Herz in die Hose, doch dann bemerkte er das Funkeln in ihren Augen und das leichte Grinsen, das um ihre Lippen spielte. Sie war nicht wirklich wütend – Merlin sei dank! „Viel um die Ohren, hm?“ Er nickte langsam, durch seine Verwandlungen verpasste er jeden Monat einen Tag Unterricht oder manchmal auch zwei und konnte sich oft nicht richtig konzentrieren. In den Jahren zuvor hatte er das mit mehr Fleiß ausgleichen können, doch nun, wo sie bald ihren UTZ ablegen würden, hatte er zum ersten Mal das Gefühl, dass alles ganz schön viel war. Außerdem gab er Florence noch Nachhilfe, half seinen Freunden bei den Hausaufgaben und machte sich nun auch noch Gedanken um Suzanne... er seufzte auf. „Ich hab dir doch von der Sache mit Suzie erzählt, Peters Schwester. Sie sagt noch immer nichts, und Peter wird immer ruhiger und nachdenklicher und macht sich immer mehr Sorgen um sie. Jetzt möchte er sogar schon vom Ball zu Hause bleiben, damit er ein Auge auf sie haben kann...“ Florence schüttelte den Kopf. „Wenn sie wirklich nichts sagen möchte, kann er ihr auch nicht helfen – und abgesehen davon, so gerne er sie auch hat, irgendwann muss sie lernen, ihre Kämpfe selbst auszutragen. Ihr seid im nächsten Jahr nicht mehr hier, sie aber schon und die Schüler, die sie verflucht haben, höchstwahrscheinlich auch. Wenn sie bis dahin nicht für sich selbst einstehen kann, hat sie erst recht keine Chance.“ „Ist das eine von diesen berühmten Hufflepuff-Weisheiten?“ Sie lachte auf, ein Geräusch, das sein Herz jedes Mal zum Hüpfen brachte. „Nein – aber etwas, an das ihr sturen, starrköpfigen, direkten Gryffindors sicher nicht gedacht hättet, oder?“ Für einen Moment überlegte er, dann schüttelte er den Kopf. „Nein. Hätten wir nicht.“ Ihre Kritik an seinem Haus schmerzte ein wenig, doch dann sah er ihr Lächeln und spürte, wie sie ihn gutmütig an der Schulter schubste. „Ich glaube, deswegen mag ich dich so – du denkst einfach nicht daran, dass du jemanden täuschen könntest.“ Diesmal tat sein Magen keinen Hüpfer, sondern er fühlte sich, als ob er überhaupt keinen Magen mehr hätte, während sich ein Grinsen auf seine Lippen schlich, das einfach nur dämlich aussehen musste. Sie mochte ihn – sie mochte ihn tatsächlich. Alleine das war schon die Stunden der Zweifel und der Ungewissheit wert. Jetzt musste er es nur noch schaffen, sie zu fragen, ob sie mit ihm auf den Ball gehen wollte. „Ich mag dich auch“, entgegnete er und fürchtete, dass er unglaublich dumm und ungeschickt klang, gar nicht so wie Sirius oder James, die in jeder Situation und ganz besonders in einer solchen immer einen flotten Spruch auf den Lippen hatten. Aber Florence schien mit seiner Antwort zufrieden, und das war alles, was zählte. Das und die Tatsache, dass sie nach seinem Arm griff und ihren Kopf ein wenig auf seine Schulter legte, während sie den See umkreisten. Sie hatten alle beide die Zeit vergessen, während sie über die Ländereien spazierten, und als es schließlich dunkel wurde und sie ins Schloss zurückkehrten, war das Abendessen gerade vorbei, sie beide aber von der vielen Bewegung an der frischen Luft sehr hungrig. Florence blickte ein wenig ratlos drein, als sie die Große Halle betraten und gerade noch sahen, wie die vielen Platten und Schüsseln verschwanden und die Haustische nur mit den makellosen, goldenen Tellern und Kelchen zurückblieben. Remus aber lächelte nur und schob sie zurück in die Eingangshalle, von wo aus sie sich auf den Weg hinunter machten, in die Richtung der Hufflepuff-Gemeinschaftsräume. „Wohin willst du?“, fragte Florence ein wenig ratlos, was ihn überrascht die Augenbrauen heben ließ. „Du warst noch nie in der Küche?“ „In der Küche?“ Sie wirkte verwirrt, so als ob sie noch nie davon gehört hatte, dass man diese geheiligten Hallen im Keller des Schlosses betreten konnte, was Remus zum Grinsen brachte. „Ja. Ich dachte, ihr Hufflepuffs kennt alle den Eingang, immerhin liegt der doch in der Nähe zu eurem Haus.“ Florence' verwirrtem Blick nach zu schließen mussten die Quidditch-Parties der Hufflepuffs eine ziemlich langweilige Angelegenheit sein, aber Remus sparte sich jede weitere Erklärung, sondern führte sie die Treppen hinab bis zu dem Stillleben, hinter dem sich der Eingang verbarg, und kitzelte die Birne. Sofort schwang das Bild zur Seite und enthüllte ein hohes Gewölbe, in dem emsig arbeitende Hauselfen gerade die Überreste des Abendessens von den vier Haustischen abräumten, was Florence' Augen groß werden ließ. „Wow... ich wusste gar nicht, dass es hier Hauselfen gibt!“ Gemeinsam traten sie ein und sofort wuselten zwei der kleinen Wesen auf sie zu und verbeugten sich. „Porgy freut sich, Master Remus wiederzusehen. Was kann Porgy für sie tun?“ „Ähm... habt ihr noch ein wenig vom Abendessen übrig?“ Die Frage schien überflüssig zu sein, da sie beide die vielen, noch immer gefüllten Schüsseln und Platten sehen konnten, aber Remus wollte höflich bleiben. „Natürlich, Master Remus, setzten Sie sich doch!“ In Windeseile deckten die Hauselfen an einem Tisch, der vergessen in einer Ecke stand, für zwei, und schafften es sogar, von irgendwo her eine Vase mit ein paar Blumen aufzutreiben, bevor sie Florence und Remus zu den Stühlen scheuchten. Wenige Sekunden später standen mehr Gerichte vor ihnen, als sie zu zweit essen konnten, gemeinsam mit zwei großen Krügen von Kürbissaft, und die Hauselfen zogen sich zurück, um sie alleine zu lassen. Florence schien die übertriebene Aufmerksamkeit der kleinen Wesen ein wenig peinlich, und Remus beugte sich zu ihr nach vorne, während er sich auftat. „Sie sind immer so“, flüsterte er und lächelte ermutigend. „Bedank dich danach einfach bei ihnen, und sie sind glücklich. Alles andere beleidigt sie nur.“ Sie aßen für eine Weile schweigen, beide hungrig von der vielen frischen Luft und der Bewegung, bis Remus' Gedanken sich – unweigerlich – wieder dem herannahenden Ball zuwandten. Noch immer war er sich nicht sicher, ob er es schaffen würde, seinen Mut zusammenzunehmen und sie nach ihrer Hand zu fragen, aber vielleicht wäre es schon ein Schritt in die richtige Richtung, das Gespräch wenigstens auf das richtige Thema zu lenken. „Freust du dich schon auf den Halloweenball?“ Florence blickte überrascht von ihrem Teller auf. „Klar. Du auch? Ein wenig zaghaft nickte er, bevor er an seinem Kürbissaft nippte, um seine Verlegenheit zu verbergen. Das hatte ja wunderbar funktioniert – zwei Sätze, und er wusste schon nicht mehr, was er dazu sagen sollte. „Ich finde ja, dass das mit dem Maskenball eine schöne Idee von Dumbledore ist, wenn wir schon nicht nach Hogsmeade gehen dürfen. Nur meine Verkleidung ist nicht besonders gut, glaube ich, aber sie gefällt mir doch so sehr...“ „Als was gehst du denn?“ Die Frage war aus seinem Mund geschlüpft, bevor er sie zurückhalten konnte, doch Florence' Augen strahlten auf. „Kennst du Das Phantom der Oper?“ Remus nickte langsam, der Titel kam ihm aus den Ferien bei seinen Eltern vage bekannt vor und er glaubte auch, dass er sich an einen Teil der Handlung erinnern konnte. „Ein wenig. Das ist doch ein Buch, oder?“ Florence nickte, offensichtlich erfreut, dass er so viel darüber wusste. „Ja. Und ich gehe als Christine.“ Er musste ein wenig ratlos dreingesehen haben, denn sie lachte auf und erklärte: „Das ist die Opernsängerin, um die es in dem Buch geht.“ „Oh.“ „Ich meine, mein Kostüm ist eigentlich nur ein schönes, weißes Kleid und ein paar Blumen im Haar und ich werde jedem zweiten Zauberer auf dem Ball erklären müssen, wer ich bin, aber es gefällt mir trotzdem gut und ...“ „Ich bin sicher, du wirst toll aussehen“, erklärte er, als er ihre Unsicherheit spürte, und sie lächelte. „Und wenn du möchtest, kann ich dir beim Erklären helfen, damit du nur jedem vierten Zauberer sagen musst, was dein Kostüm darstellen muss.“ Die Worte waren aus seinem Mund gerutscht, bevor er begriff, dass er damit eigentlich davon ausging, dass sie gemeinsam zum Ball gehen würden, obwohl er sie noch gar nicht gefragt hatte. Er spürte, wie die Röte in seine Wangen kroch und schämte sich so sehr, dass er Florence kaum ansehen mochte. „Ich meine... das heißt... also, wenn du das überhaupt möchtest, dass ich dir dabei helfe...“ Einen Moment später spürte er, wie Florence ihre Arme um ihn schlang und ihn festhielt. „Natürlich möchte ich das! Und mit dir zum Ball gehen möchte ich auch!“ Remus glaubte, dass er in seinem ganzen Leben noch nie so erleichtert gewesen war wie in dem Augenblick, in dem er ihre Umarmung ein wenig unbeholfen und unsicher erwiderte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)