Nebel über Hogwarts von Glasschmetterling ================================================================================ Kapitel 24: Mehr Ballprobleme ----------------------------- Nebel über Hogwarts – Kapitel 24: Mehr Ballprobleme Auch an Lily gingen die Ereignisse des Oktobers nicht vorbei, dass Suzanne Pettigrew angegriffen worden war, weckte in ihr eine Welle des Mitleids für das kleine Mädchen – wenn auch nicht für den Bruder – und auf Anweisung McGonagalls sprach sie ein paar Mal mit der Kleinen, um sie davon zu überzeugen, dass ihr keine Gefahr drohte. Ohne Erfolg. Suzanne blieb stur und beharrte darauf, dass sie nichts zu erzählen hätte, selbst in den Briefen an ihre Eltern erwähnte sie nichts. Wenigstens schien Peter sich wirklich um seine kleine Schwester zu sorgen und sie beschützen zu wollen, auch wenn das so ziemlich die einzige gute Eigenschaft war, die sie an dem Jungen entdecken konnte. Und Potter und Black waren arrogant wie immer, fühlten sich allen überlegen und glaubten, dass jedes Mädchen ihnen zu Füßen liegen musste, wenn sie es nur fragten, ob es mit ihnen zum Ball gehen wollte. Die Jagd nach Tanzpartnerinnen schien den beiden schon nach wenigen Tagen wichtiger als das Schicksal von Suzanne, was Lily jedes Mal wieder ärgerte, wenn sie die vier Jungen im Gemeinschaftsraum oder im Unterricht sah, egal, was Emily zu ihrer Beruhigung sagen konnte. „Wenn sie wenigstens nicht so unglaublich arrogant wären!“, schnaubte sie eines abends, als sie gerade unfreiwillig Zeugin davon wurde, wie Sirius sich zur Abwechslung einen Korb einfing. Er hatte Claire, die Kapitänin des Quidditch-Teams, gefragt, ob sie mit ihm zum Ball gehen wollte, was diese prompt und entschlossen verneinte – ihre exakten Worte waren „Bist du bescheuert? Ich lass mich doch nicht den ganzen Abend von dir angaffen!“ gewesen. „Ich meine, er hat im letzten Monat kein Wort mit ihr gewechselt, und jetzt glaubt er, dass sie ihm zu Füßen liegt und ihn anschmachtet, nur weil er da ist?“ Emily lachte. „Nur weil du nicht mit einem Jungen ausgehen möchtest, der sich darauf beschränkt, einfach rumzustehen und dich zu bewundern, heißt das nicht, dass andere Mädchen das vielleicht nicht möchten. Lass sie doch ihre eigenen Entscheidungen treffen.“ „Du bist genauso schlimm...“, murmelte sie, doch Emily ignorierte ihren Einwand und wechselte das Thema. „Wenn wir schon bei Jungen und Bällen sind – mit wem gehst du eigentlich? Ich meine, dass du nicht mit einem der Rumtreiber gehst, ist mir schon klar, aber hat dich denn schon jemand gefragt?“ „Ähm...“ Lily spürte, wie ihr die Röte in die Wangen schoss. Eigentlich hatte sie gehofft – und hoffte noch immer – dass Severus sie vielleicht fragen würde, und zum Teufel mit den Gerüchten, die dadurch entstehen würden, aber das wurde mit jedem verstreichenden Tag unwahrscheinlicher. Mittlerweile war der Ball in aller Munde und sie hatten sich, wenn sie gebraut hatten, auch schon ein paar Mal über das Thema unterhalten, aber Severus hatte keine Andeutungen gemacht oder sie sogar gefragt. Vor einigen Tagen hatte sie sogar, in der Hoffnung, dass es vielleicht doch noch etwas werden könnte, einen netten Jahrgangskollegen aus Ravenclaw, mit dem gemeinsam sie gelegentlich ihre Zauberkunsthausaufgaben machte, abgelehnt, aber langsam fragte sie sich, ob das eine gute Idee gewesen war. Sie musste wohl ein wenig zu lange geschwiegen haben, denn Emily bedachte sie mit einem sehr wissenden Blick, als Lily ihr wieder ins Gesicht sah. „Du möchtest mit Snape gehen, hab ich recht?“ Auch wenn sie es sehr gerne getan hätte, weil sie Emilys Tiraden über Severus' Liebe zu den Dunklen Künsten und wie böse er doch war, nicht mehr hören wollte, konnte sie es eben nicht leugnen. „Ja, möchte ich.“ Emily seufzte auf. „Und wieso? Er sieht doch nicht einmal gut aus!“ „Aber im Gegensatz zu dem größten Teil aller anderen jungen Männer in seinem Alter kann man mit ihm ein vernünftiges Gespräch führen, ohne dass er einem unbändig auf die Nerven geht. Und er ist nicht so unglaublich arrogant, dass es mich fast zum Schreien bringt.“ Für einen Moment sahen sie sich an, beide unwillig, nachzugeben, dann seufzte Lily auf und meinte, in dem Bemühen, das Thema zu wechseln: „Hast du eigentlich schon jemanden, mit dem du zum Ball gehst?“ Jetzt war es an Emily, betreten zur Seite zu starren und ihre Antwort hinauszuzögern. „Das siehst du doch am einunddreißigsten, oder?“ Lily riss die Augen auf. „Du gehst doch nicht etwa mit Black, oder?“ „Nein. Mit James.“ Für einen Moment war Lily zu sprachlos, um irgendetwas darauf zu erwidern, sondern konnte Emily nur anstarren, bevor sie sich schließlich räusperte. „Ähm... das ist nicht dein Ernst, oder?“ Ihre Freundin schnaubte nur indigniert. „Nur weil du dir nicht die Mühe machst, ihn besser kennenzulernen, Lily, bedeutet das nicht, dass ich das auch nicht tun darf. Und ich behaupte jetzt einfach, dass ich in den letzten zwei Jahren mehr von ihm gesehen habe als du, immerhin trainiere ich jede Woche zwei bis drei Mal mit ihm.“ Emily klang wütend, was Lily von ihr fast gar nicht kannte und sie dazu brachte, ihre Stimme sanfter und vernünftiger klingen zu lassen. „Aber... was möchtest du dann mit ihm machen? Die ganze Zeit tanzen und dich mit Bowle zuschütten?“ Das hat ja großartig funktioniert. Zumindest hast du es versucht. „Wenn James gerade nicht mit allen Mitteln damit beschäftigt ist, dich zu beeindrucken, kann man sich überraschend gut mit ihm unterhalten. Unter anderem über Quidditch.“ Lily schüttelte nur den Kopf, sie wollte keinen Streit, nicht mit Emily und schon gar nicht jetzt, aber dass ihre Meinungen über Potter und seine Freunde so sehr auseinandergingen, hätte sie dann doch nicht gedacht. Eigentlich war sie immer der Ansicht gewesen, dass Emily ihr in ihrer Bewertung der Jungen zustimmte, und dass sie es doch nicht tat – und sie das nicht einmal bemerkt hatte – erschreckte sie dann doch. „Und außerdem, Lily, nur weil du ihn nicht leiden kannst, bedeutet das ja nicht, dass ich ihn auch nicht ausstehen können muss.“ „Du hast ja recht“, seufzte sie, obwohl sie nicht mit ihrem ganzen Herzen dahinterstand, und war froh, wenige Minuten später in die Kerker fliehen zu können, wo sie sich mit Severus verabredet hatte. Doch auch als sie den leeren Klassenraum betrat, in dem sie – verbotenerweise, natürlich – einen Kessel aufgestellt und vor einigen Tagen damit begonnen hatten, ein paar einfache Stärkungstränke zu brauen, fand sie keine Ruhe. Severus wirkte schon seit ein paar Wochen unruhig und unausgeglichen und schien sich nicht recht entspannen zu können, egal, was sie taten. Jeder Fortschritt in seinem Vertrauen, den sie eigentlich geglaubt hatte, gemacht zu haben, schien wieder dahin zu sein, und das schlimmste war, dass sie selbst nicht recht wusste, was geschehen war oder was sie falsch gemacht hatte. Dass Severus' Blick immer wieder unruhig zur Tür hinüber wanderte, so als ob er eine Störung erwarten würde, machte die Situation nicht besser, und schließlich, als sie die letzten Phiolen ihres Gebräus verkorkt hatten und gerade die letzten Beweise ihrer Arbeit verschwinden ließen, hielt sie es nicht mehr aus. „Was ist denn los, Sev?“ Er hielt dabei inne, die Oberfläche des Arbeitstisches, den sie verwendet hatten, zu reinigen, und blickte hinter seinen strähnigen schwarzen Haaren hervor zu ihr. „Was soll denn los sein?“ Sie seufzte auf. „Du bist die ganze Zeit nervös, unruhig, und du lässt die Tür nie aus den Augen, so als ob du einen Angriff erwarten würdest. Ist etwas passiert?“ Für einen Moment sahen sie sich an, trafen ihre grünen Augen seinen undurchdringlich schwarzen Blick, und dann schüttelte er den Kopf. „Nichts ist passiert“, erklärte er ruhig und doch glaubte sie, dass hinter seinen Worten mehr steckte, als er ihr erzählen wollte. Aber bei Severus tat es das doch eigentlich immer – nur manchmal schmerzte es mehr als zu anderen Gelegenheiten, so wie heute. „Ich mache mir nur Sorgen, dass wir von anderen Slytherins bemerkt werden könnten. Du weißt ja, dass es für uns besser ist, wenn wir nicht zusammen gesehen werden.“ Sie schüttelte leicht den Kopf, er hatte das schon so oft gesagt und doch verstand sie es irgendwie nicht richtig – was war schlimm daran, wenn sie Freunde waren? Was sollte so schrecklich daran sein, dass sie sich mochten, dass sie sich vor der ganzen Schule verstecken mussten? Jedes Mal, wenn sie ihn danach gefragt hatte, hatte er ablehnend reagiert, war er unwillig gewesen, ihr irgendetwas darüber zu erzählen, doch nun sah er in ihr Gesicht und richtete sich auf. Die Geste, mit der er den Lappen weglegte, die Art, wie er zu ihr hinüberging, passten nicht zu einem jungen Mann wie ihm, sie schienen zu einem älteren Menschen zu gehören, zu jemandem, der so viel mehr gesehen hatte als sie sich jemals vorstellen konnte. „Lily, ich...“ Er schüttelte den Kopf, ließ seinen Blick durch den Raum wandern, bis er schließlich doch wieder zu ihrem Gesicht zurückkehrte, wie magnetisch angezogen. „Ich möchte nicht, dass du in noch mehr Gefahr gerätst...“ „Mehr Gefahr?“ Sie hob die Augenbrauen. „Wieso?“ Er seufzte langsam auf. „Lily, du weißt, wie der... du-weißt-schon-wer zu Muggelgeborenen steht. Und du weißt auch, was... für eine politische Einstellung meine Freunde haben.“ Er schien seine Worte mit mehr Bedacht zu wählen als gewöhnlich, und wieder hatte sie das Gefühl, dass es Dinge in den Tiefen seines Geistes gab, die er ihr nicht verraten wollte. „Wenn du die Schule verlässt, dann könnte es sein, dass sie auf dich losgehen, wenn wir öffentlich und sichtbar befreundet sind... einfach, weil du für alles stehst, was sie hassen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Was sind das denn für Freunde?“, fragte sie, aber sie hatten diese Diskussion schon so oft geführt, sich so oft über Rosier und Avery und Wilkes gestritten, dass sie es leid war, ständig dieselben Argumente aufzuwärmen. Und heute, nachdem sie sich mit Emily gestritten hatte und hierhergekommen war, um ein wenig Ruhe zu haben, galt das sogar doppelt. „Ach, lassen wir es doch...“ Sie seufzte auf und er nickte langsam, bevor er seine Hand vorsichtig ausstreckte und ihre Schulter drückte, eine rare Geste von Zuneigung, die ihr Herz schwellen ließ. „Ich will mich nicht noch weiter streiten...“ „Weiter streiten?“ Er sah verwirrt aus, doch sie winkte ab, brachte es sogar fertig, ein kleines bisschen zu lächeln. „Nicht mit dir... mit Emily. Sie geht tatsächlich mit Potter auf den Maskenball und ich hab versucht, es ihr auszureden – ohne Erfolg.“ „Potter hat tatsächlich ein anderes Mädchen gefragt?“ Severus hob die Brauen, doch so kühl diese Geste auch wirken sollte, konnte Lily den Hass hören, der hinter seiner Fassade tobte. „Ich hätte eher gedacht, dass er dich bis zum letzten Tag vor Halloween belästigt und dann, wenn er wirklich keinen anderen Ausweg mehr sieht, das erstbeste Flittchen fragt, das ihm unter die Finger kommt.“ Lily zuckte mit den Schultern. „Das war auch mein erster Gedanke – aber wenn ich's mir recht überlege, hat er mich gar nicht gefragt.“ „Sogar Idioten sind ganz offensichtlich lernfähig.“ Wo Lily James Potter nicht ausstehen konnte, hasste Severus ihn mit ganzem Herzen, und wenn sie ehrlich war, konnte sie das auch verstehen. Potter hatte Severus von ihrem ersten Schuljahr an getriezt und gequält und erst in ihrem sechsten Jahr war es ein wenig besser geworden, aber die Erinnerung an die Demütigung verschwand nicht so einfach. Sie schüttelte den Kopf. „Wenigstens hält Potter mit seiner Penetranz jetzt niemanden anderen davon ab, mich vielleicht zu fragen.“ Severus hob die Augenbrauen. „Hat dich denn schon jemand gefragt?“ Die Frage sollte wohl beiläufig wirken, doch die Art, wie er sie fixierte und auf jede Regung ihres Gesichtes achtete, wirkte alles andere als unbeteiligt, was ihr zumindest ein wenig Befriedigung verschaffte. Wenn Severus eine Wahl gehabt hätte, er wäre mit ihr gegangen. „Doch.“ In der kurzen Pause zwischen ihren Sätzen wirkte er unendlich enttäuscht, doch als sie weitersprach, hellte sich sein Gesicht auf. „Aber ich hab nein gesagt.“ Zwar verstand sie nicht, wieso er sich so für ihren Tanzpartner interessierte – immerhin hatte er ja selbst mehr oder weniger gesagt, dass er nicht mit ihr gehen konnte – aber es rührte sie doch, dass es ihn nicht kalt ließ. Und vielleicht...? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)