Nebel über Hogwarts von Glasschmetterling ================================================================================ Kapitel 25: Noch immer Ballprobleme ----------------------------------- Nebel über Hogwarts – Kapitel 25: Noch immer Ballprobleme Eine Woche vor dem geplanten Maskenball war ganz Hogwarts zerrissen zwischen der Aufregung über das herannahende Quidditch-Match und der Nervosität wegen des Balls zwei Tage darauf. Eine Ausnahme davon bildete wahrscheinlich nur Severus, den der Sport nicht wirklich interessierte, da sein Haus nicht spielte und Potter schon, und der im Austausch dafür sehr viel Zeit hatte, über Halloween und Lily nachzudenken. So verführerisch der Gedanke auch war, mit ihr über die Tanzfläche zu wirbeln – natürlich gesetzt den Fall, dass er sich dabei nicht komplett zum Idioten machte – er konnte es nicht riskieren, dabei gesehen zu werden. Nicht nur wegen Lilys Sicherheit, auch wenn er sich das gerne einreden wollte, sondern auch, weil er Angst vor Potter und seinen Freunden hatte und weil er seine Chancen, den Todessern beizutreten, nicht verschenken wollte. Die Chance war einfach zu groß, zu wertvoll, als dass er sie einfach übergehen konnte, und da er seine Entscheidung noch nicht getroffen hatte – ja sogar Lucius' Einladung für Halloween abgelehnt hatte, um vielleicht ein paar Minuten mit Lily auf dem Ball zusammenzustehen und Punsch zu trinken – musste er sich alle Optionen offen halten, oder zumindest redete er sich das ein. Selbst wenn das bedeutete, Lily nicht in seinen Armen halten zu können, und wäre es auch nur für einen Moment. Wahrscheinlich würde er einfach gar nicht zum Ball gehen, er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass jemand anderer mit ihr tanzen würde, dass sie jemand anderen anlächeln... die Chancen, sie dazu zu überreden, mit niemandem zu tanzen und nur mit ihm zu reden, waren verschwindend gering. „Hey, Snape.“ Der Gemeinschaftsraum war so gut wie leer, nur ein paar Schüler aus den höheren Klassen, die eine Freistunde hatten, saßen an den Tischen, und ausgerechnet jetzt traf er auf Devers? Das konnte kein Zufall sein. „Du hast noch das Zaubertränkebuch, das ich dir geliehen habe.“ Severus erinnerte sich nicht daran, sich irgendetwas von dem Vertrauensschüler ausgeliehen zu haben, von einem Buch über sein Lieblingsfach nicht zu sprechen – immerhin hatte er sein eigenes, verbessertes Exemplar zur Hand – aber in seinem Blick lag etwas... warnendes. „Oh, ja. Komm mit, ich gehe es holen“, antwortete er deswegen und gemeinsam machten sie sich auf den Weg in Severus' Schlafsaal, der vollkommen verlassen dalag. Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, als Devers' ganzes Gebaren sich änderte und er genervt die Augen verdrehte. „Ist ja kaum mitanzusehen, wie du hier Trübsal bläst – und glaub jetzt bloß nicht, dass mir das aus reiner Menschenfreundlichkeit aufgefallen ist.“ Severus, dem eigentlich nicht aufgefallen wäre, dass er sich noch griesgrämiger und abweisender als sonst gab, schnaubte. „Spuck aus, was du willst, und dann verschwinde.“ Devers verdrehte die Augen. „Ich will nichts von dir, du Idiot. Ich will meine Schulden bei dir abzahlen, Snape. Immerhin verdanke ich es dir, dass ich hier stehe und nicht wie ein sabbernder Idiot im St. Mungos liege.“ „Deine Schulden abzahlen? Und wieso glaubst du, dass du etwas hast, das mich interessiert?“ Severus klang kühl und überheblich, ein Tonfall, der normalerweise die anderen Schüler seines Hauses gebührend einschüchterte. Umso überraschter war er, als Devers anfing zu lachen. „Ich habe nichts, das dich interessiert – aber ich kann dafür sorgen, dass du mit deiner kleinen Gryffindor-Freundin auf den Ball gehen kannst.“ Nur mit Mühe konnte Severus verhindern, dass ihm die Kinnlade nach unten rutschte – nicht, weil Devers Lily als seine Freundin bezeichnete, das hatten in den letzten Wochen sehr viele andere Schüler getan – sondern weil er sich tatsächlich Gedanken gemacht zu haben schien. „Wie kommst du auf die Idee, dass ich das möchte?“ Er wusste selbst, dass er nur eine Rolle spielte, dass er die Worte nur aussprach, um dem Bild zu entsprechen, dass ein guter Slytherin von sich selbst haben musste, doch Devers schüttelte nur den Kopf, ohne sich täuschen zu lassen, und trat zu Severus' Bett hinüber, um sich zu setzen. Im Moment war Severus viel zu perplex, um sich angemessen beleidigt zu fühlen, sondern nahm stattdessen dem Vertrauensschüler gegenüber Platz und musterte ihn interessiert. Zu seiner Erleichterung war der gutmütige Spott aus der Stimme des anderen gewichen und er wirkte nun ernster, als er begann, zu erklären. „Hör zu, Snape, ich weiß, dass ich dir etwas schulde, und Evans auch. Auch wenn ich es ihr gegenüber nie zugeben würde, und es mir dir gegenüber auch ziemlich schwerfällt. Also möchte ich euch beiden einen Gefallen tun, und ich hoffe, dass das auch so funktioniert, wie ich mir das vorgenommen habe. So wie ich die Angelegenheit sehe, schaut ihr euch in jedem Moment, in dem ihr euch unbeobachtet glaubt, mit großen, verliebten Kuhaugen an, traut euch aber nicht, das irgendwie öffentlich zu machen. Und ihr würdet gerne miteinander zum Ball gehen, aber das funktioniert nicht, weil die Gryffindors – und die Slytherins – einen Schreikrampf bekommen würden, wenn sie euch entdecken.“ Severus fand, dass diese Darstellung noch ziemlich untertrieben war, und wunderte sich für einen Moment, wieso Devers die Meinung der anderen Schüler seines Hauses nicht teilte, hatte aber keine Gelegenheit, den Gedanken weiter auszuführen, da der andere weitersprach. „Also müssen wir einen von euch so verkleiden, dass man ihn nicht erkennt, oder zumindest ziemliche Zweifel darüber säen, wer er ist, und da Evans doch ziemlich auffällig ist und außerdem ein Mädchen, und Mädchen auf schöne Kleider und nicht auf Ganzkörpermaskierung stehen, bist eben du der, der sich verstecken muss.“ Severus nickte – soweit, sogut. „Das hätte ich ohne dich auch geschafft.“ „Ja, aber...“ Devers schien jetzt zum Knackpunkt seiner Idee zu kommen, denn er wirkte von seinem eigenen Plan ziemlich begeistert. „Du brauchst natürlich auch eine passende Maske, und so kurz vor dem Ball ist in Hogsmeade alles ausverkauft. Und ich bezweifle ehrlich gesagt, dass du einen besonders modischen Festumhang dabei hast.“ Slytherins – sie überraschten ihn immer wieder. Manchmal verschlungen und geheimnisvoll, und manchmal so direkt und geradeheraus, dass es schon fast wehtat. Naja... eher sicher wehtat, in diesem Fall, da es ihn an seine Familie erinnerte und daran, wie sein Vater das Geld mit beiden Händen ausgab, sodass nichts mehr für seine Frau und seinen Sohn blieb. „Also habe ich meine Cousine in Beauxbatons angeschrieben, und sie hat mir eine von diesen wundervollen venezianischen Karnevalsmasken geschickt, gemeinsam mit einer Robe, die dir passen müsste und in der du vielleicht sogar ganz brauchbar aussiehst. Wenn du dann noch deine Haare wäschst und irgendetwas anderes mit ihnen machst als sonst, müsstest du eigentlich angemessen getarnt sein.“ Severus entschloss sich, lieber den – für einen Slytherin – sehr freundlichen Gedanken hinter Devers' Plan zu würdigen, als den Vertrauensschüler für die Art zu erwürgen, wie er ihn vorgetragen hatte, doch dann schüttelte er den Kopf. „Es wird nicht funktionieren“, erklärte er und Devers runzelte die Stirn. „Wieso nicht?“ „Weil Potter und Black, so bedauerlich ich das auch finde, leider keine kompletten Vollidioten sind.“ Für einen Moment überlegte er, ob er vielleicht schon zu viel gesagt hatte, doch dann entschloss er sich – ein einziges Mal in diesem Haus – für Ehrlichkeit. „Wenn jemand unbekannter mit Lily auf den Ball geht, bin ich dafür verantwortlich – ob sie mich nun auf den ersten Blick erkennen oder nicht.“ Devers verdrehte die Augen. „Das kommt davon, wenn du mich nicht ausreden lässt – das Sahnehäubchen hab ich ja noch gar nicht erwähnt... nämlich das Fläschchen Vielsafttrank, das ich Slughorn aus der Vorratskammer geleiert hab. Gib mir ein Haar von dir und ich werde Black und Potter so lange ablenken, wie du möchtest.“ „Bist du dir sicher, dass du weißt, worauf du dich einlässt?“ Devers schnaubte. „Nein. Aber du wusstest auch nicht, worauf du dich einlässt, als du dich mit Regulus Black und Rabastan Lestrange angelegt hast, oder?“ Severus konnte nicht anders, als ihm Recht zu geben. Sie hatten alles geplant, alles durchgesprochen, Severus hatte sogar die Roben und die Maske anprobiert, nur um einen Weg zu finden, sich aus der ganzen Sache herauszuwinden. So gerne er auch mit Lily zum Ball gehen würde, er hatte so viel Angst vor ihrer Ablehnung, dass er jetzt, wo sich eine Möglichkeit aufgetan hatte, fast die Flucht ergriffen hätte. Devers hatte seine Reaktion bemerkt und ihn mit einem Schnauben geschickt, um sich mit ihr zu treffen und mit ihr zu sprechen, und nun stand er in der Kälte in einem verlassenen Durchgang hinter einem Portrait und wartete darauf, dass Lily auftauchen würde. Die Ausgangssperre galt noch nicht für ältere Schüler, also musste er sich wenigstens nicht vor wütenden Lehrern fürchten, aber seit Potters Angriff auf ihn in der Bibliothek spürte er, wie er immer nervös war, wenn er etwas mit Lily unternahm. Obwohl er Potters Worte zuerst als großspuriges Gehabe abgetan hatte, musste er bei genauerer Betrachtung zugeben, das etwas an ihnen dran zu sein schien. Ihm und seinen Freunden gelang es immer mühelos, Severus zu finden, wenn sie ihn triezen wollten, also schien vielleicht eine gewisse Vorsicht angebracht. „Sev.“ Er wandte sich um, erleichtert, als er Lilys Stimme hörte und sah, wie sie von der Wendeltreppe in der Abkürzung herabkam. „Ist etwas passiert? Deine Nachricht hat so... dringend geklungen.“ Die Sorge in ihren grünen Augen schien den gesamten Geheimgang auszuleuchten, doch Severus trat nur einen Schritt näher und verbannte seine Angst so weit wie möglich in die hintersten Winkel seines Verstandes. „Ich... gehst du schon mit jemandem auf den Ball?“ Sie hob die Augenbrauen. „Nein. Wieso?“ „Ähm.“ Verdammt verdammt verdammt! „Willst du... willst du dann vielleicht mit mir auf den Ball gehen?“ Für einen Moment starrte sie ihn fassungslos an und als der Gesichtsausdruck nicht verschwand, spürte er, wie seine Angst sich aus ihren Fesseln löste und sich in Scham verwandelte. Wie hatte er auch so dumm sein können, zu glauben, dass Lily vielleicht mit ihm gehen wollte? Lily, die perfekte Gryffindor, von jedem gemocht, bei allen beliebt, die strahlende Schulsprecherin. Er war doch nur ein dummer, hässlicher Slytherin, der sich viel zu sehr für die Dunklen Künste interessierte, um von all diesen guten Lämmchen mit der strahlend weißen Weste gemocht zu werden. Ohne es zu bemerken hatte er sich abgewandt, wollte davonstürmen, in Richtung der Kerker, doch gerade, als er den ersten Schritt machen wollte, spürte er, wie Lilys schmale Finger sich in seiner Robe vergruben. „Severus.“ Das eine Wort hielt ihn zurück und er schämte sich dafür, wenn sie alleine der Gedanke, mit ihm zu tanzen, so erschreckte – was hatte er dann in ihrer Gesellschaft verloren? „Natürlich will ich mit dir auf den Ball gehen. Es ist nur... ich dachte, es geht nicht, weil es sonst alle erfahren würden und... ich will nicht, dass du Ärger mit diesem Idioten Potter bekommst, nur wegen mir...“ Für einen Moment wagte er es nicht, sich zu bewegen, spürte nur das heftige Klopfen seines Herzens, das nun in seinem Hals schlug, bevor er sich langsam, vorsichtig umwandte. Er konnte den Ausdruck der unbändigen Freude auf seinem Gesicht fast spüren, der sich langsam darauf breitmachte, und auch Lily lächelte, ein wenig scheu zuerst, doch dann immer breiter, als sie sein Glück bemerkte. „Ich... nein, wir haben einen Plan.“ Lily hob die Augenbrauen. „Wir?“ „Devers und ich.“ „Devers? Aber wieso sollte er das tun... ich meine, er weiß doch, mit wem du auf den Ball gehen möchtest, oder?“ Severus nickte langsam. „Ja, das weiß er. Aber er findet, dass er uns beiden etwas schuldet dafür, dass wir uns für ihn eingesetzt haben, und er möchte sich revanchieren, indem er uns einen tollen Abend möglich macht.“ Wenn das überhaupt noch möglich war, strahlte Lily noch mehr. „Also... also hasst er mich gar nicht?“ „Nein, tut er nicht – aber glaub bloß nicht, dass er deswegen dein bester Freund sein möchte.“ Lily lachte. „Brauch ich doch gar nicht. Ich hab meinen besten Freund doch schon!“ Severus wusste nicht, wann er sich glücklicher gefühlt hatte als in diesem Augenblick. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)