Nebel über Hogwarts von Glasschmetterling ================================================================================ Kapitel 26: Gryffindor gegen Hufflepuff --------------------------------------- Nebel über Hogwarts – Kapitel 26: Gryffindor gegen Hufflepuff Am Tag des ersten Quidditch-Spiels der Saison zeigte sich das Wetter kooperativ, auch wenn der Wind noch immer so kalt und schneidend war wie in den Wochen zuvor, hatten sich die alles überdeckenden Wolken ein wenig verzogen und die Sonne schien auf die hölzernen Tribünen hinab. Nicht nur Gryffindors und Hufflepuffs waren gekommen, um die Teams ihrer Häuser anzufeuern, auch einige Slytherins und Ravenclaws hatten sich zum Stadion verirrt, um die wärmenden Strahlen zu genießen und die ersten Einschätzungen zur Spielstärke abzugeben. James konnte sie hören, während er seine Quidditch-Montur anzog und hoffte, niemand würde die letzten blauen Flecken bemerken, die von seinem Ausflug mit Remus vor drei Tagen zurückgeblieben waren, die Verschlüsse der Lederprotektoren festzog und auf Claires letzte, aufmunternde Rede hörte – oder zumindest das, was die Frau darunter verstand. „Und denkt daran, wenn ihr heute solchen Mist baut wie beim letzten Training, werdet ihr eures Lebens hier in Hogwarts nicht mehr froh!“ Der größte Teil der Mannschaft kannte ihre spitze Zunge bereits seit ein paar Jahren, nur Andrew Miller, der neue Sucher aus der zweiten Klasse, blickte sich ein wenig bange um und verstärkte den Griff um seinen Besenstiel. Im Stillen dachte James, dass der Junge nicht viel zu befürchten hatte, er flog gut, er fing gut, und nur James hatte sich beim letzten Training angestellt wie ein absoluter Vollidiot und einige absolut sichere Torchancen vermasselt. Der Gedanke daran, dass Lily und seine Freunde nun seine Blamage sehen würden, wenn ihm ein solcher Schnitzer noch einmal unterlief, trug nicht unbedingt dazu bei, sein Selbstbewusstsein zu steigern. Auch wenn die Ereignisse, die seine Gedanken in der letzten Zeit beschäftigt hatten – die Sache mit Snape und Lily und sein eigener, erschreckender Mangel an Selbstkontrolle – schon einige Wochen zurücklagen, ganz frei von ihnen war er noch immer nicht. Zwar hatte die Erinnerung daran erheblich an Schärfe verloren, doch fürchtete er, dass eine miserable Leistung heute sie ihm wieder frisch ins Gedächtnis zurückrufen würde. Suzanne bereitete ihm ebenfalls Kopfzerbrechen, genauso wie die Tatsache, dass er nicht wusste, mit wem Lily auf den Ball gehen würde. Sie hatte – genauso wie Emily, seine Partnerin – nichts darüber verraten und in seinen schlimmsten Alpträumen sah er schon, wie sie mit Snape über die Tanzfläche wirbelte, die Augen strahlend vor Glück. „Hey Potter, hör auf zu träumen und beweg deinen Hintern!“ Claires rüder Schubser rief ihn zurück in die Realität und er griff nach seinem Besen, bevor er ihr hinaus auf das Feld folgte, wo ohrenbetäubender Lärm sie empfing. James wusste nicht, ob die anderen Schüler jubelten oder sie ausbuhten – immerhin war Hufflepuff ein sehr beliebtes Haus, und umso mehr nach den Ereignissen des letzten Jahres – aber eigentlich war es ihm auch egal. Die geballte Aufmerksamkeit der anderen Schüler schien das Spielfeld zusammenzudrücken, bis die Luft dichter wirkte, so dicht, dass er das Gefühl hatte, kaum atmen zu können. Emily neben ihm warf ihm einen kurzen Blick zu und grinste aufmunternd, während Claire nach vorne trat und dem mindestens einen Kopf größeren Kapitän der Hufflepuffs mit einem eisigen Blick die Hand schüttelte. Einen Moment später bestiegen sie ihre Besen und als Madame Hoochs Pfeife schrillte, schossen sie in die Luft und James stürzte sich ins Getümmel. Mehr als einmal während der ersten Sekunden dankte er allen Göttern, dass er so ausgezeichnete Fliegerinnen wie Emily und Michelle Sanders als Partnerinnen hatte, denn sie beide schossen mit unglaublicher Geschwindigkeit nach vorne und gelangten fast sofort in den Besitz des Quaffels. Ein schneller Rückpass zu ihm, und schon konnte er nach vorne stürmen, wurde aber fast sofort von einem Klatscher getroffen, der ihm den Ball aus den Händen schlug. Die nächsten Minuten blieben ihm nur verschwommen in Erinnerung, nun schmerzten seine Finger und Handgelenke höllisch noch zusätzlich zu dem leichten Unbehagen durch seine verspannten Muskeln und dementsprechend spielte er auch, auch wenn er sich Mühe gab und die Zähne zusammenbiss. Zwei Mal ließ er den Quaffel fallen, weil unerwarteter Schmerz durch seine Hände zuckte, doch wenigstens gelang es Michelle bei seinem zweiten Fehler, ihn wie ein geniales Spielmanöver aussehen zu lassen und das erste Tor für Gryffindor zu schießen. Die Ränge tobten, das konnte er vage hören, doch er war zu sehr damit beschäftigt, sich über sich selbst zu ärgern, als dass er sich wirklich über ihren schmalen Vorsprung freuen konnte. Wenigstens gab ihm die kurze Unterbrechung bis zum neuen Anstoß Gelegenheit, seine Hände ein wenig zu massieren, was den Schmerz linderte und es ihm ermöglichte, sich mehr auf das Spiel zu konzentrieren. Trotzdem blieb seine Leistung durchschnittlich, jedes Aufstöhnen, jedes Lachen aus dem Publikum schien sich direkt in seinen Kopf zu fressen, schien auf ihn – und nur auf ihn – gerichtet zu sein, selbst wenn er eigentlich gar nichts falsch gemacht hatte. Wenigstens schlug sich der Rest des Teams gut, soweit er es erkennen konnte, das Problem mit dem Klatscher, der ihn getroffen hatte, war bis jetzt der einzige Fehler der Treiber geblieben und Andrew hielt sich oberhalb des Getümmels, so wie sie es im Training besprochen hatten. Ein lauter, harter Pfiff aus Madame Hoochs Pfeife ließ ihn auf seinem Weg unter einen der gegnerischen Jäger innehalten. Der Treiber der Hufflepuffs hatte Claire beim Duell um den Klatscher mit dem Schlagholz getroffen, was Gryffindor einen Strafstoß einbrachte. Für einen Moment traf sich die Mannschaft auf dem Feld, um den Schützen zu bestimmen, und Emily nutzte die Gelegenheit. „Du spielst doch nicht schlecht – ein kleines bisschen mehr, und du wärst herausragend. Also nimm den verdammten Quaffel und bring uns in Führung!“ Es stand 40:40 und James hatte kein einziges der vier Gryffindor-Tore geschossen, wie ihm erst jetzt bewusst wurde. Der Gedanke ließ seine ohnehin schon vorhandene Nervosität bei dem Gedanken an den Strafstoß noch stärker werden, doch Emily ließ keinen Widerspruch zu und auch Claire wirkte mit der Entscheidung einverstanden. Zögernd griff er nach dem Quaffel und spürte das Leder unter seinen kalten Fingern, der Ball fühlte sich irgendwie fremd und merkwürdig an. Auch das Sirren in seinem Kopf und der kalte Knoten in seinem Magen waren neu, verwirrten ihn über alle Maßen, während er nach oben flog, den Hufflepuff-Ringen entgegen. Der hochgewachsene Kapitän wartete schon, schien ihn alleine mit seinem arroganten Lächeln abwehren zu wollen, während James seinen Griff um den Lederball noch einmal überprüfte und angespannt darauf wartete, dass Madame Hooch pfiff. Das Geräusch drang an seine Ohren und er schoss nach vorne, während die Leere in seinem Magen drohte, ihn zu überwältigen, doch er konnte das – er konnte das, hatte es so unendlich oft im Training geübt. Es waren nur Sekundenbruchteile, die er für seine Entscheidung hatte, während er nach vorne stürmte, beschleunigte – und dann zuckte der Hüter nach rechts, nur für einen Moment. James warf, und der Quaffel segelte durch den linken Ring, unangefochten und ohne dass die Fingerspitzen des Hufflepuffs nur in seine Nähe kamen. James spürte, wie das plötzliche Geschrei der Menge in seinem Magen explodierte, ihn ausfüllte, während er an der Gryffindortribüne entlangschoss, um seinen Schwung abzubauen, und dabei endlich das große, leuchtende Transparent seiner Freunde entdeckte. Potter vor – noch ein Tor! Nicht besonders kreativ, doch das Grinsen auf seinen Zügen trug ihn bis zurück in die Mitte des Spielfeldes, wo Madame Hooch den Quaffel wieder freigab und er ihn auch prompt zu fassen bekam. Einer der Hufflepuff-Jäger war ihm allerdings dicht auf den Fersen, also passte er hinüber zu Michelle, die kleiner und leichter war als er und deren Besen daher schneller beschleunigte. Bevor die gegnerischen Spieler reagieren konnten, war sie schon über das Feld davongeschossen und James setzte dazu an, ihr zu folgen, als ein Aufstöhnen des Publikums ihn hochblicken ließ. Die beiden Sucher, die sich bis jetzt aus dem Spiel herausgehalten hatten, waren beide in den Sturzflug gegangen. James folgte ihrer Flugroute mit seinen Augen, nur um ein ganz leichtes, goldenes Glitzern in der Luft vor den Hufflepuff-Toren zu entdecken. Innerlich feuerte er Andrew an, hoffte, dass er die Nerven behalten würde – immerhin hatte der Junge noch nie ein richtiges Match bestritten – und ließ sich von dem Duell auch nicht ablenken, als Michelle den Quaffel durch die Ringe beförderte und damit den Vorsprung der Gryffindors auf 20 Punkte erhöhte. Wenn die Sucher nun den Schnatz fingen, wäre alles, was die Jäger gerade getan hatten, unwichtig, und so hielt das ganze Feld den Atem an, während Andrew sich einen kleinen Vorsprung erarbeitete. Einen Moment später ging ein Aufstöhnen durch die Reihen, ein Klatscher, geschickt von den Hufflepuffs, hatte den Besen des Jungen getroffen und ihn damit aus der Bahn geworfen. Doch während er darum kämpfte, sein Fluggerät wieder unter Kontrolle zu bringen, stieß er auch gegen den Sucher der Hufflepuffs, was dem Schnatz genügend Zeit verschaffte, um wieder zwischen den anderen Spielern zu verschwinden. Beide Teams mussten sich erst wieder orientieren, also war es gut, dass nach Michelles Tor der Quaffel erst wieder freigegeben werden musste, was ihnen allen einen Moment zum Aufatmen verschaffte. Emily schickte ihm ein schelmisches Grinsen entgegen, als sie sich aufstellten, eines, das Ich habs doch gesagt! zu schreien schien, doch er schüttelte nur den Kopf und schoss auf den Ball los, als Madame Hooch ihn in die Höhe warf. Doch zu langsam – ein Hufflepuff-Jäger erreichte den Quaffel mit den Fingerspitzen nur Momente, bevor James ihn erwischen konnte, und schlug ihn weg, zu einem seiner Teamkollegen, der danach auf das Gryffindor-Tor hinstürmte. Das gesamte Team tat alles, um das Tor zu verhindern, und schließlich gelang es ihnen auch, wieder in Ballbesitz zu kommen, was sie auch ausnutzten und damit ihren Vorsprung auf dreißig Punkte erhöhten. Allerdings gelang es ihnen nicht, den kleinen, spielerischen Vorteil, den sie sich erarbeitet hatten, weiter auszubauen, beiden Team schossen einige Tore schießen, doch wenigstens behielt Gryffindor seinen Vorsprung. James allerdings war mit seinem Spiel zunehmend zufriedener. Zwar gelangen ihm manche Flugmanöver nicht, die im letzten Jahr funktioniert hätten, was ihn ziemlich ärgerte, aber wenn er an die letzten Trainings dachte... die Verbesserung war enorm. Und immerhin schaffte er es auch, zwei der nächsten Tore zu schießen und damit zum Erfolg der Gryffindors beizutragen. Doch gerade als die Hufflepuffs wieder einmal auf die Ringe einstürmten, ließ ein Aufschrei des Stadionsprechers James' Kopf herumfahren. Der Sucher der anderen Mannschaft hatte den Schnatz bei den Tribünen am Rand des Feldes entdeckt und stürzte nun darauf zu, während Andrew erst vom anderen Ende des Stadions beschleunigen musste. James vergaß fast, dass er eigentlich Jäger war und spielen sollte, so sehr fieberte er mit dem Jungen mit, während dessen Rückstand immer geringer wurde. Auch der Schnatz schien sich einen Sieg der Gryffindors zu wünschen, denn er beschleunigte vom Sucher der Hufflepuffs weg, gab Andrew mehr Zeit. Fast unterbewusst hielt James den Atem an, als Andrew den Hufflepuff erreichte, schließlich auf gleicher Höhe mit ihm war – nur um zusammenzuzucken und aufzustöhnen, als der Spieler in Gelb triumphierend die Faust in die Höhe streckte und den Rest seines Teams um sich versammelte. Die Enttäuschung traf ihn stärker, als er erwartet hatte, zwar hatte er schon früher Spiele verloren, doch nie war es wegen seiner Leistung gewesen. Heute allerdings konnte er sich selbst quälen, mit Vorwürfen, mit Fragen – wenn er besser gespielt hätte, hätte Gryffindor vielleicht genug Vorsprung gehabt, um zu gewinnen, ohne den Schnatz zu brauchen. Das Team landete gemeinsam, in gedrückter Stimmung genauso wie die solide rot-goldene Wand hinter ihren Torstangen, während der Stadionsprecher den Endstand – zweihundertsechzig zu einhundertvierzig – verkündete. Zwar klopften sie sich auf die Schultern, versicherten sich, dass sie eigentlich gut gespielt hatten, doch schien keiner von ihnen so recht bei der Sache, und niemand war bedrückter als Andrew. Selbst Claire, normalerweise eine Meisterin der schneidenden Kommentare, tätschelte heute seinen Arm und erklärte ihm in uncharakteristisch sanftem Ton, dass er sich wacker geschlagen und einfach Pech gehabt hätte. Die anderen Mädchen im Team übertrafen sie in ihren Beruhigungsversuchen noch, doch James sah es bereits kommen – die nächsten Quidditch-Trainings würden härter und anstrengender werden als je zuvor. Hoffentlich wird wenigstens der Maskenball ein Erfolg – ansonsten weiß ich nicht, wie ich dieses verdammte Jahr überstehen soll vor lauter Arbeit und Rückschlägen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)