Nebel über Hogwarts von Glasschmetterling ================================================================================ Kapitel 39: Der letzte Tanz --------------------------- Nebel über Hogwarts – Kapitel 39: Der letzte Tanz Die junge Frau in seinen Armen strahlte und Remus lächelte ebenfalls, als er sie in die nächste Drehung des Walzers führte. Nicht einmal die Tatsache, dass morgen Vollmond war, konnte ihn davon abhalten, sich glücklich zu fühlen, so als ob er mit ihr alleine über die Tanzfläche schwebte und die anderen Schüler nur Dekoration wären. Denn nur eine Person war jetzt wichtig – Florence. Zufrieden folgte er mit seinem Blick der langen goldenen Kette, an deren Ende ein kleines Medaillon derselben Farbe hing – und zwar erst seit heute Morgen, als Florence sein Geschenk am Fußende ihres Bettes gefunden hatte. Den ganzen Tag hatte er gehofft, dass sie es am Abend tragen würde, und sein Herz hatte einen kleinen Hüpfer gemacht, als er es an ihrem Hals entdeckt hatte. Fast abwesend streichelten seine Finger über ihre kleine, schmale Hand und sie blickte zu ihm auf, die Augen strahlend vor Glück, als das Lied endete und die Paare auf der Tanzfläche inne hielten, um auf die ersten Takte der neuen Musik warteten. „Möchtest du Punsch?“, fragte er, um die Pause zu überbrücken und Florence nickte. Kaum bemerkte er, dass ihre Hände sich nicht voneinander lösten, während sie sich zwischen den anderen Schülerinnen und Schülern hindurchschlängelten, auch an Peter und Mary vorbei, die sich unterhielten und auf das nächste Lied warteten. „Sie scheinen sich zu verstehen“, bemerkte Florence sanft und er lächelte, während er einen Blick zurück auf seinen Freund warf. „Das ist auch gut so – Mädchen anzusprechen ist normalerweise nicht seine Stärke...“ Florence legte den Kopf schief und grinste. „Sagst ausgerechnet du.“ Er hob die Augenbrauen. „Dich habe ich doch angesprochen, oder etwa nicht?“ „Hast du nicht!“ Ihr Lachen ließ ihn sich leicht und frei fühlen, drang bis in die tiefsten Schichten seines Seins vor. „Hab ich doch!“ „Hast du nicht!“ „Hab ich doch!“ Ihre kleinen, kitzelnden Finger trafen seine Seite genau in dem Moment, als er nach dem Löffel in der Punschschale greifen wollte. Nach Sekunden der heldenhaften, aber dafür auch sehr kurzen Beherrschung, in denen es ihm tatsächlich gelang, ernst und unbeeindruckt auszusehen, brach haltloses Lachen aus ihm heraus und er wand sich, bevor er zum Gegenangriff ansetzte. Florence quiekte ebenfalls, als er seine Finger an ihre Hüfte hob und sie kitzelte, versuchte, vor ihm zu flüchten, doch er schlang seinen Arm um sie, um sie daran zu hindern. Sie strampelte und schlug spielerisch mit ihrer Handtasche auf seine Hand ein, doch er lachte nur und hielt sie noch näher bei sich, damit sie nicht flüchten konnte. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen, als sie zwischen ihren Lachtränen hindurch zu ihm hochspähte, dann spürte er, wie seine unnachgiebigen Finger langsamer wurden, schließlich ganz innehielten und nur noch locker an ihren Hüften lagen, sie festhielten. Sie war so nahe... ihr ganzer Körper war an seinen gepresst während sie zu ihm aufsah, zuerst mit Überraschung in den Augen und dann... mit etwas anderem, das er nicht kannte, nicht zuordnen konnte. „Ähm.“ Das Räuspern kam von ihrer Seite und Remus' Kopf fuhr herum, betrachtete den Ravenclaw-Jungen, der wartend neben ihnen stand, gemeinsam mit einigen anderen. „Ähm... Entschuldigung“, brachte Remus gerade noch heraus, peinlich berührt – erst jetzt bemerkte er, dass er und Florence direkt vor der Punschschale standen und dass sich eine kleine Schlange aus anderen Schülern gebildet hatte, die sie warten ließen. Er spürte, wie sich Florence' kleine Hand in die seine schob und sie ihn weiterzog, weg von der Punschschale und hin zum Butterbier. Sein Gesicht glühte – das musste es einfach, doch auch ihre Wangen leuchteten ihm rot entgegen und sie sah ein wenig atemlos aus, entweder wegen ihrem Versuch, sich aus seinen Armen freizukämpfen, oder weil... Er brach den Gedanken ab, wollte sich nicht zu viele Hoffnungen machen, während sie sich zwei Flaschen vom Buffet holten und an einem der zahlreichen Tische Platz nahmen. Sie hatten sicher ein oder zwei Lieder verpasst, aber Remus war gerade nicht nach tanzen und auch Florence schien für den Moment zufrieden damit, sich hinzusetzen und ein wenig mit ihm zu plaudern. … oder auch nicht. Als sie es sich schließlich bequem gemacht hatten, schräg gegenüber und mit den Butterbierflaschen vor ihnen, senkte sich die Stille über sie und selbst ihre Hand lag nun um ihr Getränk geschlungen und nicht mehr in der seinen. Während Florence die Ballgäste beobachtete, den Blick über die Tanzenden wandern ließ und ab und zu lächelte, wenn sie jemanden sah, den sie kannte, starrte Remus hingegen zu ihr hinüber, verfolgte jede Änderung ihres Mienenspiels, jeden kleinen Ausdruck der Freude, jeden nachdenklichen Moment, in dem sie auf ihrer Unterlippe kaute. Sie war wunderschön – was er zuvor vielleicht nur gedacht hatte, wusste er nun, strahlte ihm in jedem Moment entgegen, in dem er sie ansah, und er wollte mehr davon. Wollte sie immer ansehen können, in jeder Sekunde eines langen Tages, und sie festhalten, wie er sie eben festgehalten hatte... Sein Blick wurde eingefangen von der Bewegung ihrer Hand, als sie nach dem Medaillon an ihrem Hals griff und es für einen Moment festhielt, nachdenklich, bevor sie es öffnete und das Motiv darin betrachtete. Allein bei der Erinnerung musste Remus lächeln – er wusste, dass sich ein tapsiger Babylöwe und ein süßer kleiner Dachs über die Innenflächen jagten, ein Motiv, das auch Florence' Mundwinkel nach oben wandern ließ. „Möchtest du wieder tanzen?“, fragte er und sie nickte, stand auf, während ihr Festumhang um sie wehte und Remus seinen Blick kaum von ihr losreißen konnte. Diesmal griff er nach ihrer Hand und drückte sie kurz, bevor sie sich gemeinsam auf den Weg zu den anderen Paaren machten, ihre Position zwischen ihnen einnahmen. Für einen Moment standen sie so dort, die Finger verschränkt, Remus' Hand an ihrer Hüfte, dann zog er sie enger an sich, schlang seine Arme um sie, den Atem angehalten vor Spannung. Sie zögerte – sie zögerte, versteifte sich, und Remus wollte schon loslassen, aus Angst, ihr zu nahe getreten zu sein, dann kam sie ihm entgegen, schmiegte sich an ihn. Ein wenig überrascht, ein wenig perplex zog er sie näher heran, während sie ihre Hände auf seiner Brust ablegte, zwischen ihnen, und zu ihm aus diesen leuchtenden Augen hochsah. Er blickte zurück, streichelte ein wenig über ihren Rücken, der nur von dem dünnen Stoff ihres Festumhanges verdeckt wurde, ohne zu wissen, was er tat oder was er fühlen sollte in diesem Moment, der einfach nur... viel war. All diese Eindrücke und Emotionen in seinem Inneren stauten sich auf, wirbelten wild durcheinander sodass er sich nicht entscheiden konnte, was es jetzt war, das den Vorrang hatte – Zufriedenheit, Nervosität, Glück, Verlangen... Liebe? Es war alles da in seinem Kopf, in seiner Brust, in seinem Herzen, vermischte sich zu einer wilden Kakophonie, die sich den Weg nach draußen suchen wollte, und doch gelang es ihm nur, seine Lippen zu befeuchten.... aber kein Wort drang heraus. Ihr Kopf schmiegte sich an seine Schulter und er spürte, wie er den Atem ausstieß, von dem er nicht wusste, dass er ihn angehalten hatte. Ihre Augen, ihr Blick, ihr Lächeln, diese Röte auf ihren Wangen – sie alle schienen die Gefühle in seinem Inneren noch klarer, noch deutlicher, noch intensiver zu machen, bis er glaubte, es nicht mehr ertragen zu können. Wenn sie nicht weggesehen hätte – er hätte es getan, weil er eine Pause brauchte, einen Moment, in dem er wieder zu Atem kommen konnte, versuchen konnte, sich zu sortieren und zu verstehen, was in ihm vorging. Merkwürdigerweise schien ihre Präsenz dabei zu helfen – was vor wenigen Momenten noch aufwühlend und fesselnd gewesen war, ließ jetzt Ruhe durch seinen Körper fluten. Sie war da – sie lag in seinen Armen, den Kopf an seinem Hals vergraben und vollkommen entspannt. Sie hatte keine Angst, sie vertraute ihm, vertraute ihm auf eine Art und Weise, die er nicht einmal sich selbst entgegenbringen konnte, zu viel Angst hatte er vor dem Monster, das in seinem Inneren lauerte. Und trotzdem war sie hier. Er lächelte, während er über ihre Haare hinweg auf die vielen anderen blickte, die tanzenden Paare, die lachenden Freunde, die zusammen am Buffet standen, die schimmernden Eiskristalle, die von der verzauberten Decke rieselten und kurz über ihren Köpfen verglommen. Hogwarts war wunderschön an diesem Abend, schien mit jedem leichten Windhauch Weihnachten zu atmen – und doch konnte es nicht mit der Frau in seinen Armen mithalten. Fast wie aus großer Entfernung nahm er wahr, wie ihre kleinen, schmalen Finger zwischen ihnen über seine Brust streichelten, und trotzdem fühlte sie sich so unglaublich nah an. So als ob er sich selbst aus großer Ferne betrachten würde und trotzdem in seinem eigenen Körper steckte, in einer kleinen, geschützten Schale tief in seinem Inneren, die nur die Dinge hindurchließ, die wichtig waren. Florence' Hände – ihr warmer, weicher Körper an seinem – der Stoff ihres Festumhanges unter seinen Fingern – wie sie sich bewegte, während sie tanzten – ihre Locken an seinem Kinn, an seinem Hals, federleicht und kitzlig. Eben diese Haarsträhnen bewegten sich nun, als Florence sich von ihm löste, zu ihm hochsah, während sie sich langsam zwischen all den anderen Paaren drehten, dicht aneinandergeschmiegt. Für einen Moment wirkte sie nachdenklich, doch dann krümmten sich ihre Lippen langsam, fast scheu, zu einem kleinen Lächeln, und er konnte nicht anders, als es zu erwidern, bevor er einen vorsichtigen, sanften Kuss auf ihre Stirn drückte. Sie waren das letzte Paar, das den Ballsaal verließ, und hinter ihnen erloschen die Kerzen, ließen die Bühne und die Tanzfläche, die kleinen Tische und die prächtigen Weihnachtsbäume unter einer Decke aus Dunkelheit zurück. Remus spürte, wie die Müdigkeit hinter seine Augenlider kroch und doch rasten seine Gedanken, schienen nicht stillstehen zu wollen, während er sich gemeinsam mit Florence auf den Weg zum Hufflepuff-Gemeinschaftsraum machte. Zwischen den leisen, knisternden Fackeln und den schlafenden Portraits von Hexen und Zauberern hindurch liefen sie, seine Hand fest um ihre geschlungen, ihr Finger miteinander verwoben, mit dem Gefühl, als einzige wach zu sein in dem riesigen, stillen Schloss. Abwesend bemerkte Remus, dass die Kälte in den Korridoren lauerte und sich unter seinen Umhang schlich, doch das einzige, was zählte, war die warme, weiche Haut ihrer Hand an der seinen, Florence' Lächeln, das Funkeln in ihren Augen, wenn sie zu ihm hinüberblickte. Die Stille zwischen ihnen war jetzt, in diesem Moment, nicht mehr peinlich, sondern hinterließ ein warmes, zufriedenes Gefühl in Remus' Inneren. Wenn Schweigen das war, was sie brauchten, und sie zufrieden damit war, dann wollte er das auch sein, auch wenn er bereits spürte, wie ein kleiner Spalt sich in seinem Bauch öffnete und immer mehr von seiner Ruhe verschlang Er wusste, was er tun wollte, nach diesem Abend, nachdem sie miteinander getanzt hatten, und doch fürchtete er, dass sein Gryffindormut ihn verlassen könnte, wenn sie vor dem Wandteppich standen, der den Hufflepuffgemeinschaftsraum verbarg. Zu nervös, zu unsicher, zu tollpatschig fühlte er sich im Angesicht der wunderschönen, bezaubernden, perfekten Frau vor ihm, so als ob er gar nicht daran denken durfte, sie auch nur zu berühren. Viel zu schnell waren sie die letzte Treppe hinabgestiegen, dem letzten Korridor gefolgt, während seine Ruhe bröckelte und in die Tiefe stürzte und nichts mehr zurückließ als dunkle, gähnende Leere, die ihn ausfüllte, während sie inne hielten. „Remus?“, fragte sie leise, wandte sich ihm zu, sah zu ihm auf wie in diesem Moment in der Großen Halle, als er sie in den Armen gehalten hatte, während die Takte der Musik, einer nach dem anderen, über sie hinwegspülten wie die Wellen am Schwarzen See. „Ja?“, antwortete er leise, der Mund trocken, während sich etwas anderes in die Leere mischte, ein Gefühl, das er nicht kannte, das aber nach seinen Händen griff, sie an Florence' Wangen legte, die Fingerspitzen in ihrem dichten, blonden Haar verborgen. Sie sah nicht weg – ihr Blick verschmolz mit dem seinen, eine untrennbare Verbindung, braun und blau, die ihn immer näher zu ihr zog, den Abstand zwischen ihren Gesichtern verringerte. Selbst wenn er es gewollt hätte, hätte er seine Augen nicht von ihr losreißen können, fasziniert und hypnotisiert wie er war, von dem was er beobachtete, von dem, was er tat. Als ihre Lippen sich trafen, suchte er nach einem Anzeichen des Widerstands, der Abneigung, doch er fand nur einen kleinen, doch stetig wachsenden Funken in ihrem Blick, als sie zu ihm hochsah, als sie sich noch näher an ihn presste. Er wollte sie fühlen, wollte sie spüren, und wie von selbst wanderten seine Finger an ihren Hinterkopf, zogen sie zu sich, während seine andere Hand über ihren Hals nach unten schlich an ihre Hüfte, die sich gegen die seine presste. Ihr Mund öffnete sich für ihn und er nahm die Einladung an, schob sich ihrer Zunge entgegen, sie schmeckte nach Frucht und Alkohol und nach etwas, das er nicht genau bestimmen konnte, von dem er aber nicht genug bekommen konnte. Mit der Zeit schien etwas merkwürdiges zu passieren – sie dehnte sich aus, zog sich in die Länge, sodass jede Berührung, jede Bewegung ewig zu dauern schien, während sie seine Haut und seine Lippen in Brand setzte, bis es schon fast wehtat. Erneut war er wieder so fern, so gefangen, fühlte nichts außer ihrer Nähe und ihrem Kuss, bis ein kleines Geräusch, ein Seufzen vielleicht oder ein Wimmern, ihn zurück in seinen Körper katapultierte. Er wusste nicht, ob es von ihm oder von ihr gekommen war, doch er zog sich zurück, langsam, vorsichtig, bis er sie nur noch ansah und und festhielt, während er mit seinen Fingern durch ihr Haar streichelte. Sie schien die Stütze zu brauchen, denn sie schwankte in seinen Armen, die Lippen gerötet und ein wenig angeschwollen, bevor sich ihre Augen, von denen er nicht gesehen hatte, wie sie sich schlossen, langsam öffneten und zu ihm hinaufspähten. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er nicht wusste, was er sagen sollte, keine Ahnung hatte, wie er hier, jetzt, reagieren könnte, doch der Reflex, der ihn von ihr wegziehen wollte, starb, als ihm bewusst wurde, wie nahe sie bei ihm war, wie eng sie sich an ihn schmiegte. Er war hier – und hier war gut, und er würde nicht fortgehen ohne einen triftigen Grund. „Remus?“ Ihre Stimme klang rau und atemlos, während sie das eine Wort hauchte. „Ich bin hier“, entgegnete er und bemerkte, dass die seine sich nicht sehr von der ihren unterschied, dass jeder Laut, jede Silbe ihm die Luft wegbleiben ließ, die er nicht hatte. „Versprich mir... dass du mich auch morgen noch küssen möchtest.“ Überraschung stieg in ihm auf, Nachdenklichkeit – er verstand nicht, was sie meinte, was sie befürchtete, denn Befürchtungen hatte sie, das konnte er in ihren Augen lesen, die vor ihm lagen wie ein offenes Buch. „Wie könnte ich nicht?“ Er klang ungläubig, das hörte er selbst, doch sie schüttelte nur den Kopf. „Versprich es.“ Er nickte, langsam, unsicher, wollte alles tun, um ihre Zweifel zu beschwichtigen, und dann beugte er sich nach vorne, küsste sie, um alle Bedenken fortzujagen, die sie vielleicht noch hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)