Digimon - Cut von Selma ================================================================================ Kapitel 5: Die erste Nacht -------------------------- Die Nacht kam plötzlich, ohne Dämmerung, so als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Noch immer war weit und breit kein Land zu sehen und Hermann drosselte die Geschwindigkeit des Bootes, bis sie standen. Lange starrte er in den Himmel. Am Anfang hatte er noch gemeint ein Muster in den umherschweifenden Binärcodes zu sehen, doch dieses vermeindliche Muster hatte sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert, ohne das es einen Sinn ergab. Gefrustet trat er zu Katrin und Simone und ließ sich neben ihnen auf den Boden sinken. „Es bringt nichts, einfach sinnfrei in der Nacht auf Vollgas zu fahren“, unterrichtete er sie. „Ich sehe fast gar nichts und die Gefahr, dass wir irgendwo auf ein Riff oder etwas ähnliches laufen und uns das Boot unter den Beinen wegschießen, ist mir einfach zu groß.“ Hermann blickte zu Simone. „Wie geht es ihr?“ Katrin seufzte und ging langsam zur Reeling um wieder hinüber zu spähen. „Sie schläft immer noch, aber ich habe das Gefühl, dass es ihr schon wieder um einiges besser geht.“ Mit offener Hand griff Katrin in das Wasser, fuhr einige Male hindurch und zog sie wieder zurück, um sie nachdenklich zu betrachten. „Warm und überhaupt nicht salzig...“ Sie kam nicht dazu weiterzusprechen, denn in diesem Moment begann der Ozean unter ihnen zu strahlen, so als hätte man eine ganze Batterie Hochleistungsscheinwerfer eingeschaltet. Geblendet zuckte Katrin zurück und rieb sich die tränenden Augen. „Verdammt.“ Sie blinzelte ein paarmal und beugte sich dann wieder über die Reeling. Katrin stockte der Atem. „Hermann komm mal her, das musst du dir ansehen.“ Unter ihnen befand sich eine riesige Stadt. Das Licht kam aus den Fenstern und vom Grund. „Wahnsinn“ hauchte Hermann und ging in die Knie zu Simone hinunter, um sie vorsichtig zu rütteln. „Hey Schlafmütze aufwachen, wir haben Atlantis gefunden.“ Die Angesprochene murmelte etwas unverständliches, während sie mit einer fahrigen Handbewegung versuchte Hermanns Hand zur Seite zu schlagen. Doch dieser ließ sich davon nicht abbringen und machte weiter, bis Simone traf und sich gähnend aufsetzte. Sie stutzte. „A Boat? Wo kommt das denn her?“ Hermann zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Du verlorst das Bewusstsein, bist fast ertrunken und als wir dir nachtauchten war plötzlich das Boot da, dass du zuvor noch erwähnt hattest. Was war eigentlich los?“ Simone stöhnte und fasste sich mit einer Hand an die Stirn. „Ich weiß nicht. Auf einmal hatte ich das Gefühl, als würde mir alle Kraft schwinden und dann bin ich wohl weggetreten.“ Sie schüttelte benommen den Kopf und zog sich an der Reeling hoch, wobei ihr Hermann und Katrin unterstützend unter die Arme griffen. „Amazing“, hauchte Simone bei dem Anblick. „Look!“ sie deutete auf zwei besonders hohe Haustürme, wo sich Schatten abzeichneten, die langsam zu Wesen wurden, je weiter sie aus der Stadt aufstiegen. Von den Umrissen her waren sie Walen nicht unähnlich. Sie hielten direkt auf das Boot zu. ## Quinn und Paul waren unterdessen in einer Höhle untergekommen. Clockmon hielt am einzigen Einang Wache, während ein kleines Feuer, das von Paul kräftig geschürt wurde, für etwas Helligkeit sorgte. Nachdenklich blickte Quinn den Forscher an. Mittlerweile hatte er sich vom ersten Schock erholt und spielte unbewusst mit seiner Kette, wobei er die Glieder durch die Finger wandern ließ. Am Anfang war es schon merkwürdig gewesen, dass er die Dinger jetzt auch richtig greifen konnte, wobei die Kette jedoch keinen sichtbaren Verschluss besaß und zu eng saß, als das man sie sich über den Kopf ziehen könnte. Aber man gewöhnte sich daran, grade auch weil er sie kaum spürte, bei Paul war das bestimmt schon etwas anderes, so massiv wie sie aussah. Paul nannte die drei Dinge Digivice und dann waren da noch eine ganze Menge Buchstaben und Zahlen davor und dahinter gekommen, die Quinn bereits wieder verdrängt hatte. Paul meinte, dass diese Dinge später eine wichtige Verbindung zwischen ihm und seinem Partner darstellen würde. „Meinem Partner?“ hatte Quinn während des Wanderns gefragt. Der Forscher nickte. „Früher oder später erhalten die Menschen, die sich auf dieser Welt aufhalten einen Partner, der ihm hilft und ihm zur Seite steht. Entgegen der Aussagen meiner früheren Kollegen sucht sich nicht der Mensch das Digimon aus, sondern die Digimon den Menschen. Aber all das wirst du noch früh genug erfahren, wenn wir bei Justiciamon angekommen sind. Bis dahin werde ich dich begleiten. Im Moment kann ich dich nicht alleine lassen. Es ist zu gefährlich geworden.“ Danach schwieg Paul wieder. „Du solltest dich ausruhen. Die Momente wo wir Kraft schöpfen können sind kurz geworden und äußerst kostbar.“ Er blickte vom Feuer auf. Quinn zuckte unbewusst zusammen. „Worüber hast du nachgedacht?“ fragte der Forscher. „Nur über das, wass du mir erzählt hast“, antwortete Quinn leise. „Es ist schwer für dich zu glauben, oder?“ Quinn nickte. „Du wirst dich daran gewöhnen, glaube mir.“ Paul lächelte wieder und setzte sich näher zu Quinn. „Mir ging es nicht anders.“ Paul hob resignierend die Hände. „Erst sollten wir Dinge entwickeln, die es uns ermöglichten, die Verbindung zur Digiwelt wiedehrerzustellen, doch sie verschwanden. Es hieß, sie waren gestohlen worden und plötzlich gab es die Order, dass wir Waffen entwickeln sollten. Waffen gegen Digimon. Sie wären zu einer Gefahr für die Menschheit geworden und mit unseren früheren Entwicklungen wären sie in der Lage eine Invasion in unsere Welt zu starten. Doch ich wollte es nicht glauben und beschloss mit den Prototypen selbst in die Digiwelt zu gehen und unsere Erfindungen zu suchen und sie zurückzubringen. Vielleicht, so war es meine Hoffnung, rückten meine Vorgesetzten dann von ihren schrecklichen Plänen ab. Doch je länger ich hier bin, desto mehr bekomme ich zu spüren dass auch diese Welt sich verändert hat. So harmonisch, wie sie mal gewesen war, ist sie schon längst nicht mehr. Letzte Woche brach das Chaos erneut los. Du erinnerst dich an den verbrannten Wald?“ Quinn schluckte als er sich erinnerte wo er gewesen war und nickte. „Nun, der war vor 7 Tagen noch das blühende Leben. Mit ihm verschwanden auch ein Großteil der Digimon, die darin lebten. Ich habe keine Ahnung, wie es an anderen Stellen dieser Welt aussieht, aber ich fürchte wohl nicht besser.“ „Hat das vielleicht auch etwas damit zu tun, dass ich in unserer Welt so viele von ihnen gesehen habe?“ Paul zuckte mit den Schultern. „Möglich ist alles. Waren es viele?“ Quinn überlegte. „Mehr auf jeden Fall, als ich bisher hier an einem Tag zu Gesicht bekommen habe.“ Das Gesicht des Forschers wurde blass. „Etwas nicht in Ordnung?“ hakte Quinn nach. „Ich weiß es nicht, aber es könnte sein, dass wir bald vor einem größeren Problem stehen. Die Ebenen zwischen unseren Welten mögen sich zwar verschoben haben, aber sie sind instabil und eigentlich müsste darauf geachtet werden, dass ein Gleichgewicht gehalten wird. Wenn die kritische Masse auf einer Seite überschritten wird, dann ...“ Paul sprach nicht weiter. ## Neben den zwei Walverschnitten umkreisten nun noch zwei Rochen das Boot in immer engeren Kreisen. „What are we going to do now?“ Simone blickte zu den anderen Beiden, die die Wesen nicht aus den Augen ließen. „Ich habe keine Ahnung“, gestand Katrin und auch Hermann zuckte mit den Schultern. Doch schon im nächsten Moment wurde ihnen die Entscheidung abgenommen, als ein humanoides Geschöpf auf den Planken des Bootes landete, dass aus brennendem Feuer zu bestehen schien, das so heiß war, dass die Flammen blau anstelle von Rot erstrahlten. Langsam richtete es sich auf. Das Holz unter seinen Füßen begann zu dampfen, entzündete sich aber noch nicht, sondern wurde direkt schwarz. Die drei wichen etwas zurück, als das Wesen sie nacheinander musterte. Sein Blick blieb für einen kurzen Moment auf den Hälsen der Menschen liegen, dann blickte es über das Boot hinaus, so als suche es etwas. Dann begann das Wesen zu grinsen, wenn man das so bezeichnen konnte, denn der, mit elastischen Bändern vernähte Mund verzog sich zu einer Fratze. „Menschen fahrt zur Hölle.“ Es hob die Hände und zwischen seinen Fingern begannen sich blaue Kugeln zu materialisieren. „Erdrückende Beweißführung!“ Das blaue Wasserwesen wurde plötzlich von einer gigantischen, unsichtbaren Hand auf den Boden gepresst und verging im nächsten Moment zu einer Art Staub, der sich zu etwas Eiförmigem verdichtete, was sofort verschwand, nachdem von dem Wesen nichts anderes mehr übrig war. Die anderen Meerwesen tauchten hastig ab und suchten das Weite. Überrascht blickten die Studenten sich an und dann dorthin, wo die Stimme erklungen war. Über ihnen schwebte ein Streitwagen, der von 4 weißen Rössern mit futuristisch anmutendem Kopfputz gezogen wurde. Eine Frau in einem weißen, wallenden Kleid, stand in dem Wagen und verstaute grade ein Schwert an ihrer Seite. Ihre Augen waren unter einer Binde verborgen und ihre langen, blonden Haare bewegten sich in einem unspürbaren Wind. Fachkundig lenkte sie das Gefährt tiefer. „Steigt auf. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Sie werden sicher gleich mit Verstärkung zurückkehren und ich bin mir sicher, dass ihr nicht gewillt seid nähere Bekanntschaft mit den Freunden von BlueMeramon zu machen“ forderte sie die Drei auf. Hinter ihnen begann das Meer zu schäumen und die Studenten beeilten sich, das Gefährt zu wechseln. Kaum, das alle Halt an dem Streitwagen gefunden hatten, ließ die Fremde das Gefährt sofort aufsteigen. Nur kurze Zeit später konnten sie dabei zusehen, wie das Boot in seine Bestandteile zerlegt wurde, bis auch es verging. „Die sind ziemlich gründlich“, stellte Hermann trocken fest, während er schluckte. Katrin unterdessen musterte die Fremde mit unverhohlenem Interesse. Irgendwoher kam sie ihr bekannt vor, doch im Moment saß ihr der Schreck noch zusehr in den Knochen, als das sie sich auf so etwas konzentrieren konnte. Jedenfalls waren sie im Moment in Sicherheit, zumindest hoffte Katrin es. Eben hätten sie ziemlich abgeloost. Ihre Retterin schien Katrins Blick zu spüren, denn sie drehte sich direkt mit dem Kopf zu ihr. „Bevor ihr fragt. Eurem Freund geht es gut. Er befindet sich bereits auf dem Festland und im Moment besteht keine Gefahr für ihn. Ihr solltet euch ebenfalls ausruhen.“ Damit schien ihr Konversationsbedarf gedeckt, denn sie drehte sich wieder nach vorne und schwieg beharrlich, egal welche Fragen ihr gestellt wurden. Ihre Worte reichten allerdings soweit, dass die Studenten erleichtert aufatmeten. Grade die Mädchen hatten mit der Entscheidung, über Quinn im Ungewissen zu sein, ziemlich zu kämpfen gehabt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)