For Want of Evidence von Glasschmetterling (A The Dark Knight Fanfiction) ================================================================================ Kapitel 7: Death Note --------------------- For Want of Evidence – Chapter 7: Death Note Das Polizeipräsidium wirkte dunkler und leerer als jemals zuvor auf Detective Elizabeth Thomas, die Fenster schienen wie tote Augen auf die Straße hinunterzustarren und sie blickte nachdenklich nach oben, als sie aus dem Streifenwagen stieg. Gordon hatte darauf bestanden, dass sie gefahren wurde, ganz offensichtlich machte er sich Sorgen um die Stabilität ihrer Knie, die zugegebenermaßen ziemlich wackelig auf sie wirkten. Hastig trat sie in die Eingangshalle, der Blick an der Fassade empor bis zum bewölkten Himmel, der rastlos glühte von den unzähligen Lichtern der niemals schlafenden Stadt, der fast in Brand geraten zu schien wie die Welt unter ihm, beunruhigte sie zutiefst. Niemals wurde es vollkommen dunkel, die Sterne schimmerten zu schwach, um noch gesehen zu werden und das rötliche Leuchten verging nur in den frühen Morgenstunden vor der Dämmerung, wenn die meisten Lampen abgeschaltet wurden und die Dunkelheit sich ein wenig von ihrem Reich zurückeroberte. Sie nickte dem Portier zu und überquerte den schimmernden Steinboden, in den das Logo des Gotham City Police Departments eingelassen war, das Hafenbecken der Stadt und das Motto, „Straight – Integer – Loyal“ verschwanden unter ihren Füßen, als sie zum Lift trat. Merkwürdig... sie hatte das Gefühl, noch nie einer Polizeibehörde begegnet zu sein, die den Idealen, die sie sich auf die Fahnen geschrieben hatte, weniger entsprach, als diese hier. Sie wippte ungeduldig mit den Füßen, als die Kabine sie nach oben trug, Musik, die anscheinend beruhigend wirken sollte, drang aus den Lautsprechern an ihre Ohren, doch irgendwie steigerte sie ihre Ungeduld nur noch. Fast stürmte sie in ihr Büro, als sie endlich das Stockwerk erreicht hatte, zu dem sie wollte, und DuPres blickte überrascht von dem Kreuzworträtsel auf, das er gerade gelöst hatte. „Sie sind schon da?“ „Problem damit?“, schnappte sie zurück und der Stift fiel fast aus seinen Händen. „Nein, Ma'am. Was kann ich für Sie tun, Ma'am?“ „Wo ist...“ Sie hielt für einen Augenblick inne und schloss die Augen, atmete tief ein und wieder aus, versuchte, ihren Ärger und ihre Verstörtheit loszuwerden, dann nickte sie ihm freundlicher als zuvor zu. „Was ich Sie fragen wollte... wissen Sie, wo Morgan ist?“ „Sie wollte sich die Akten und Aufzeichnungen für den McVeigh-Fall holen, Ma'am.“ „Für McVeigh? Das ist nicht unsere Aufgabe... ich möchte mit Jeffries reden.“ DuPres starrte für einen Moment interessiert auf seine Schuhspitzen, dann blickte er auf und bemerkte zögernd: „Ich denke, Officer Jeffries schläft, Ma'am. Immerhin ist es drei Uhr morgens und da tut das eigentlich jeder vernünftige Mensch.“ Thomas verzichtete darauf, ihm zu erklären, dass er sie – genauso wie sich selbst – gerade zu einem Fall für Arkham erklärt hatte, sondern zuckte nur mit den Schultern. „Und was will Morgan mit den Sachen von McVeigh?“ Sie wollte nicht schon wieder an dieses... Bild erinnert werden, das sich wohl für den Rest ihres Lebens in ihren Kopf und ihre Netzhaut eingebrannt hatte, wenn sie die Augen schloss, sah sie die Gasse in aller Deutlichkeit vor sich, wie ein Dia, das erkennbar wurde, wenn man das Licht ausschaltete. DuPres wandte sich wieder seinem Kreuzworträtsel zu. „Das soll sie ihnen besser selbst erklären, sie hat nur gesagt, sie hat eine Idee, und dann war sie auch schon zur Tür hinaus.“ Mit Hingabe malte er Blockbuchstaben in die quadratischen Kästchen und sagte kein Wort, auch Thomas hatte nicht das Bedürfnis, mit dem Jungen zu reden, doch dann blickte er zögernd auf. „Ma'am? Darf ich Sie etwas fragen?“ „Natürlich.“ Ihre Finger strichen abwesend durch ihr rotbraunes Haar, die meisten Strähnen hatten sich aus ihrem Zopf gelöst und gedankenverloren öffnete sie ihn ganz, um ihn neu zu binden. „Stimmt es, dass man Bezirksrätin McVeigh gefunden hat? Ich hab das Gerücht in der Kaffeeküche gehört, aber ich weiß nicht...“ „Man hat sie gefunden, DuPres. Ich war dabei.“ „Und? Ich meine, ich will ja nicht neugierig sein, Ma'am, aber wie geht es ihr? Liegt sie im Krankenhaus?“ Für einen Augenblick starrte sie auf die weiße Wand. „Sie liegt im Leichenschauhaus.“ DuPres schluckte hörbar, sein Blick huschte wie der eines kleinen Tieres über ihre eingefrorenen Gesichtszüge auf der Suche nach Mitleid, dann seufzte er auf. „Sie war eine gute Frau, genauso wie Riva... ich hoffe, wenigstens ihm passiert nichts.“ Sie antwortete nicht und es war ihr egal, sie wollte nicht wissen, wer oder was zum Teufel Riva war, sie wollte nur, dass sie aus diesem verdammten Albtraum aufwachte und wieder zu Hause in Chicago war und auf Streife gehen konnte, wo sie mit Problemen beschäftigt war, die sie kannte. Die Politik, die in dieser Stadt an jeder Ecke und in jedem Winkel zu lauern schien, interessierte sie nicht, noch wollte sie irgendeinen bewussten Einfluss darauf nehmen, sie wollte nur ihren Job machen, nicht mehr, nicht weniger. Und der war in diesem Fall, den korrupten Polizeibeamten zu überführen, der für den Überfall auf den Ball verantwortlich war... der Rest der Welt konnte ihr gestohlen bleiben. „Ma’am.“ Morgan klang überrascht, als sie durch die Tür trat und Thomas erblickte, die – ganz offensichtlich – schwere Kiste mit Akten, auf der in schwarzen, handgeschriebenen Lettern „McVeigh, Sheryl“ stand, balancierte sie unsicher auf einer Hand. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie schon zurück sind.“ In ihrer Stimme schwangen keine Schuldgefühle mit, als sie sprach, aber das würde sie nicht retten. „Was machen Sie mit den Sachen?“ „Ich wollte sie ebenfalls analysieren, Ma’am. Immerhin hat uns unser Programm beim ersten Mal gute Dienste geleistet und...“ Thomas schüttelte den Kopf. „Das ist nicht unser Fall.“ „Aber Ma’am“, für einen Augenblick wirkte Morgan fast erschreckend rebellisch, ihr dunkler Blick traf ihre Vorgesetzte mit scharfer Intensität, „ich dachte, sie könnten uns vielleicht...“ „Ich sagte, das ist nicht unser Fall, Officer Morgan – und damit ist es auch nicht der Ihre. Ich bin sicher, Sie haben etwas besseres zu tun... schließlich ist die Liste unserer Verdächtigen nicht kürzer geworden, seit ich zurückgekommen bin, oder täusche ich mich da?“ Sie schluckte und stellte die Kiste neben dem Aktenschrank ab. „Natürlich nicht, Ma’am. Ich mache mich sofort an die Arbeit.“ „Ausgezeichnet. Ich möchte morgen früh mit Jeffries sprechen, organisieren Sie das. Holen Sie sie dann von zu Hause ab und bringen Sie sie her... und wecken Sie mich. Ich such mir eine stille Ecke.“ Zu schlafen schien ihr der beste Ausweg zu sein, den Bildern vor ihrem inneren Auge zu entkommen, sie war sich sicher, dass Morgan sich an ihre Anweisungen halten und die Gelegenheit nicht nützen würde, dazu schätzte sie sie viel zu pflichtbewusst ein... und DuPres war das ohnehin. Außerdem war das Verhör eines Verdächtigen niemals so einfach, dass man es riskieren konnte, unausgeschlafen und damit abgelenkt in die Konfrontation zu gehen. „Wecken Sie mich, sobald Jeffries da ist. Und jetzt machen Sie weiter.“ „Natürlich, Ma’am.“ DuPres nickte, Morgan ebenfalls, wenn auch zögerlicher, und beruhigt machte sie sich auf die Suche nach einer Couch, die sie für ihr Nickerchen benutzen konnte. Unbequemer als die Matratze in ihrer Wohnung konnte sie kaum sein, dessen war sie sich sicher. „Detective Thomas?“ Die Stimme klang distanziert, weit entfernt, so als ob sie keinerlei Beziehung zu ihr hatte, und ihr Geist zog sich noch weiter in das mentale Schneckenhaus zurück, das sie sich gebaut hatte. „Detective Thomas! Sie müssen aufwachen!“ Jemand rüttelte sie an der Schulter und sie verstand nicht, warum, sie wollte doch nur hier bleiben und weiterschlafen... einfach weiterschlafen. „Verdammt, Ma’am, wenn Sie Ihre Augen nicht bald aufbekommen, dann ist Jeffries wieder weg, bevor sie mit ihr sprechen können!“ War das wichtig? Sie glaubte nicht, dass das der Fall war, und Jeffries würde durchaus noch eine oder zwei Stunden warten... Jeffries. Sie schlug die Augen auf und starrte in das missmutig verzogene Gesicht von Officer Morgan, die Frau sah aus, als ob sie sie im nächsten Moment vom Sofa geworfen oder ihr eine kalte Dusche verpasst hätte – und eigentlich war Thomas froh, dem entkommen zu sein. „Morgan...“ Verschlafen setzte sie sich auf, ihre Augen waren verklebt und sie hätte sie am liebsten sofort wieder geschlossen, doch die Kaffeetasse, die in ihre Hand gedrückt wurde, belebte ihren Verstand und ihre Sinne. Sie nahm einen tiefen Schluck und konnte nur mit Mühe die Übelkeit unterdrücken, der Geschmack war noch immer so ekelhaft, wie sie ihn in Erinnerung hatte – aber das war genau der Grund, aus dem sie ihn trank. „Danke. Wo ist Jeffries?“ „Wartet im Verhörraum – ich dachte mir, das wäre diesmal angebrachter.“ Morgan wirkte noch immer unsicher und für einen Augenblick wusste sie nicht, wieso, doch dann erinnerte sie sich, wie sie sie gestern abgekanzelt hatte – sogar, ohne sich die Idee anzuhören. Aber das konnte warten. „Das finde ich auch, Officer. Geben Sie mir eine Minute oder zwei, und dann bin ich wieder voll einsatzfähig.“ Sie erhob sich, ihre Schultern protestierten zwar eindringlich, doch hastig verdrängte sie das Gefühl und stakste auf die Toilette zu, ließ sich gegen die Tür sinken, sobald sie sie hinter sich geschlossen hatte. Es wurde Zeit, dass sie wieder den Schlafrhythmus eines normalen Menschen bekam, denn sie fühlte sich nicht nur so, als hätte man sie gerade von den Toten erweckt, sie sah auch so aus. Ein wenig kaltes Wasser ließ sie wieder zu sich kommen, sie zuckte zusammen und fragte sich abwesend, wieso sie das auch hier tat und nicht nur in ihrer Wohnung, in der die Heizung kaputt war, aber wenigstens sah sie danach nicht so aus, als hätte sie sich die letzten Nächte um die Ohren geschlagen. Auch Morgan wirkte überrascht von dem Wandel, sie nickte sogar ein wenig, was Thomas bei ihr als das höchste Zeichen der Anerkennung auffasste, das sie wohl jemals von ihr bekommen würde. „Kommen Sie... Jeffries wartet zwar schon eine Weile, aber noch wirkt es beabsichtigt.“ Mit schnellen Schritten folgte sie ihr zum Verhörraum, nach einem kurzen Blick in das Beobachtungszimmer, in dem DuPres gespannt wartete und aussah, als würde er auf Nadeln stehen, trat sie ein und schlug die Tür hinter sich zu. „Officer Jeffries.“ „Ma’am.“ Der Ortswechsel hatte die Frau sichtlich beunruhigt, ihre gefalteten Hände, die sie an der Tischkante aufstützte, wirkten verkrampft und sie blickte aus großen Augen zu Thomas hoch, die ihr gegenüber Platz nahm. „Wieso... wieso bin ich wieder hier?“ „Sie könnten die Fragen beantworten, die ich Ihnen stelle und für die wir gestern Abend keine Zeit mehr hatten.“ „Natürlich.“ Die Frau schluckte nervös, ganz offensichtlich behagte ihr die Tatsache, dass sie noch einmal ins Präsidium gerufen worden war, absolut nicht. „Zum Beispiel... woher hatten Sie so plötzlich das Geld, um Ihre Rechnungen zu bezahlen?“ Jeffries starrte auf die Tischplatte, sie wirkte betreten. „Mein... mein Bruder ist gestorben, wissen Sie? Ein Arbeitsunfall... ich hab ein wenig Geld aus seiner Lebensversicherung bekommen und es hat gerade so gereicht, um alles zurückzuzahlen.“ „Ihnen ist hoffentlich klar, dass wir das überprüfen können, Officer Jeffries.“ Thomas beugte sich nach vorne und zwang sie so fast, sie anzusehen, ihr dunkler, harter Blick schien durch die Strapazen der letzten Tage nicht an Wirkung verloren zu haben, als er sich in ihre hellen, blauen Augen bohrte. „Natürlich, Ma’am. Aber... ich hab selbst erst vor ein paar Tagen davon erfahren, dass Andy... es ist so schrecklich, Nathalie muss am Boden zerstört sein und ich kann nicht einmal zu ihr, um ihr zu helfen...“ „Nathalie?“ „Meine... meine Schwägerin, sie hat gerade ein Baby bekommen und es ist so...“ Tränen funkelten in ihren Augenwinkeln und Thomas nickte, entweder war Jeffries eine verdammt gute Schauspielerin oder sie sagte die Wahrheit – natürlich würde sie die Geschichte trotzdem überprüfen. „Und warum hat die Dienstaufsicht gegen Sie ermittelt, Officer?“ „Die Dienstaufsicht?“ Ganz kurz wirkte Jeffries ratlos, doch dann schüttelte sie den Kopf. „Ach, Sie meinen diese dumme Geschichte? Wegen meinem Mann... mein Gott, deswegen hab ich doch die Scheidung eingereicht, weil er von seinen alten Freunden nicht losgekommen ist... allein der Gedanke, dass ich etwas damit zu tun haben könnte, ist absurd.“ „Aber Sie müssen doch zugeben, dass Sie im Zweifelsfall viel einfacher Kontakt zur Unterwelt aufnehmen könnten als jene, die noch nie davon gehört haben, dass es so etwas überhaupt gibt.“ Thomas betrachtete sie kühl. „Verdammt, wenn Sie mich für alles verantwortlich machen, dann verhaften Sie mich doch endlich und lassen Sie diese Spielchen! Meinen Sie, ich wäre zur Polizei gegangen, wenn ich unbedingt in diesen Drogensumpf geraten wollte? Ich will damit nichts zu tun haben, zum Teufel. Und meine Kinder will ich da auch raushalten, also denken Sie wirklich, ich würde denen freiwillig helfen?“ „Setzen Sie sich, Officer Jeffries.“ Thomas’ frostige Stimme ließ die Frau erstarren und löschte ihre Wut, endlich hatte sie es geschafft, zu ihr durchzudringen. „Ihre Geldnot ist auf magische Weise verschwunden, gegen Sie wurde bereits einmal wegen Korruptionsverdacht ermittelt und als der Überfall begann, war Ihr Vorgesetzter, Lieutenant Hedges, gerade mit einem unzufriedenen Gast beschäftigt.“ Sie lächelte trocken. „Was für ein Zufall.“ „Ma'am... Detective Thomas, ich versichere Ihnen... ich habe nichts damit zu tun. Ich... ich kann nichts dafür, ich weiß doch gar nicht, in was ich da hineingeraten bin...“ „In was sind Sie denn hineingeraten, Officer Jeffries?“ „In diese verdammte Ermittlung, die nur darauf angelegt zu sein scheint, mich zu diskreditieren!“ Ihre Augen blitzten empört. „Officer Jeffries, Sie können mir versichern, was Sie wollen, sie können mir erzählen, was Sie wollen – das, an das ich mich halten werde, sind die Fakten, ob sie mir nun eine großangelegte Verschwörung gegen Sie unterstellen oder auch nicht. Für die Sie übrigens viel zu unwichtig sind, um das nur nebenbei zu bemerken.“ Die Frau schien bei jedem Wort ein wenig mehr zusammenzuschrumpfen, bis sie zu Thomas hochstarrte, sie wirkte wie ein kleines Tier, das schreckstarr vor einem Räuber stand. „Ich werde Ihre Aussagen überprüfen. Und wenn Sie gelogen haben, dann gibt es nichts, was Ihnen noch helfen kann, Officer Jeffries.“ Sie erhob sich, bedachte ihre Verdächtige mit einem kühlen Blick, schob fast lautlos den Stuhl an den Tisch und verließ den Raum mit der vollkommenen Ruhe, die sie fast verloren geglaubt hatte, seit sie in Gotham City angekommen war. Ihre Leute warteten im Beobachtungszimmer auf sie, DuPres wirkte nachgerade beeindruckt, so als ob er gerade gesehen hätte, wie sie Wasser in Wein verwandelte, und auch Morgan sah recht zufrieden aus, soweit man das an ihrem meist neutralen Gesichtsausdruck überhaupt festmachen konnte. „Ich würde sagen, wir machen uns an die Arbeit“, bemerkte sie mit einem Blick durch die Glasscheibe, Jeffries wurde gerade von einem ihrer Kollegen nach draußen geführt, sie wirkte immer noch ausgesprochen eingeschüchtert, genau wie sie es beabsichtigt hatte. „Arbeit?“ „Ja. Immerhin müssen wir jetzt ihren gesamten Hintergrund überprüfen, genauso wie alles, was sie bis jetzt gesagt hat. Es besteht zwar die Wahrscheinlichkeit, dass sie in näherer Zukunft einen entscheidenden Fehler macht, wenn sie schuldig ist – aber ich werde mich sicher nicht darauf verlassen. Kommen Sie.“ Ein dezentes PLING vom Computer, an dem DuPres gerade arbeitete – der Junge hatte das größte Geschick im Umgang mit moderner Technologie bewiesen und Thomas hatte ihm den Platz nur zu bereitwillig überlassen – ließ sie von der Akte über einen der Sicherheitsmänner während des Balls aufblicken. Ein leichtes Stirnrunzeln, ein paar Klicks... „Die E-Mail von der Versicherung ist gekommen, Ma'am.“ „So schnell? Das überrascht mich aber, normalerweise muss man ihnen doch mindestens mit einem Gerichtsbeschluss drohen, damit sie ihre Daten übermitteln...“ Morgan hüstelte leise und Thomas warf ihr einen schnellen Blick zu. „Am besten frage ich nur danach, was drin steht, nicht wahr?“ „Ja, Ma'am... Sie bekommen die Unterlagen sofort...“ Der Drucker ratterte fast augenblicklich los, interessiert stand sie auf und betrachtete stirnrunzelnd den ersten Zettel, den Kopf zierten das Logo und die Anschrift der Versicherung und als sie ihn hochhob, verschmierte sie die noch frische Tinte. Ihre Augen überflogen den Text, dann lächelte sie trocken. „Nun, man muss Officer Jeffries zugute halten, dass sie wenigstens zur Hälfte die Wahrheit gesagt hat.“ „Ma'am?“ Morgan blickte überrascht hoch, doch DuPres wirkte unbeeindruckt, er hatte ganz offensichtlich am Bildschirm mitgelesen und stumm reichte Thomas ihr den Ausdruck weiter. „Wirklich interessant... ihr Bruder ist zwar tot, aber sie hat kein Geld aus seiner Lebensversicherung bekommen – das soll ausschließlich seiner Frau und seinem Sohn zugute kommen, nicht aber seiner Schwester.“ „Ihre Schwägerin könnte ihr etwas geliehen haben“, gab DuPres zu bedenken, doch Morgan schüttelte den Kopf. „Warum hat sie dann nichts davon gesagt? Außerdem...“, sie starrte angestrengt auf das Logo auf dem Briefkopf, „das Geld auf ihrem Konto kam zwar von einer Versicherung – aber von einer anderen als diese Mail.“ Thomas schnaubte. „Ich denke, das ist ein guter Grund, sie zu verhaften. Morgan, Sie übernehmen das, ich informiere den Commissioner. DuPres, Sie finden heraus, warum eine Versicherung Geld überweist, auf das Jeffries eigentlich keinen Anspruch hat – und vor allem, wer das veranlasst hat.“ „Natürlich, Ma'am.“ DuPres wirkte zwar ein wenig enttäuscht – es schien ihm nicht zu gefallen, dass er im Büro blieb, während seine Kollegin immerhin jemanden verhaften durfte – aber er wandte sich wieder seinem Bildschirm zu und Thomas hastete hinaus in den Gang. Der Weg zu Gordons Büro war ihr noch nie so lang vorgekommen, doch als sie ankam, stellte sie erleichtert fest, dass er noch dort war – aber es war erst kurz vor acht, und in Zeiten wie diesen ging niemand früher nach Hause. „Sir?“ Der Commissioner hob den Kopf und setzte seine Brille wieder auf, ganz offensichtlich hatte er für einen Moment Pause machen wollen, doch sie trat trotzdem ein und schloss die Tür hinter sich. „Ja, Thomas?“ „Wir haben Beweise gefunden, die belegen, dass Officer Jeffries gelogen hat, was ihre Finanzen und die Auszahlung angeht, die sie angeblich erhalten hat. Zwar wurde ihr ein größerer Betrag von einer Versicherungsgesellschaft überwiesen, aber nicht von jener, bei der ihr Bruder Kunde war. Woher das Geld kommt, ist uns vollkommen unklar, aber Officer DuPres versucht im Moment, es herauszufinden, während Officer Morgan Jeffries festnimmt.“ Gordon seufzte auf, auch wenn sie vermeinte, einen Unterton von Befriedigung aus dem Laut heraushören zu können. „Schon wieder jemand, von dem ich dachte, ich könnte ihm trauen... langsam beginne ich, an der Polizei von Gotham City zu zweifeln.“ Er nahm einen Schluck aus seiner Tasse. „Aber wenigstens haben Sie einen von den verdammten Verrätern erwischt... auch wenn ich es schade finde, dass Sie meine Anweisungen nicht ausführen können.“ „Ihre Anweisungen ausführen, Sir?“ Sie zog überrascht die Augenbrauen hoch, soweit sie sich erinnern konnte, hatte sie doch... „Nun, Thomas, ich hab Ihnen gesagt, Sie sollen dieses Arschloch an den Eiern aufhängen – und ich denke, das könnte in diesem Fall ziemlich schwierig werden, meinen Sie nicht auch?“ Der staubtrockene Tonfall verfehlte seine Wirkung nicht und sie zog zumindest ein wenig die Mundwinkel hoch, sie war froh, dass Gordon auch diese Situation mit Humor sehen konnte und nahm auf einem der Stühle vor dem Schreibtisch Platz. „Wie auch immer, ich hoffe, dass Jeffries uns zumindest sagen kann, ob sie das einzige Leck in den Reihen des GCPD ist oder ob auch andere Officers schon von der Mafia beeinflusst werden.“ „Sie erwarten sich so viel vom Verhör? Ich wäre an Ihrer Stelle nicht so optimistisch. Immerhin wird sie genau wissen, was ihr blüht, wenn sie den Mund aufmacht...“ Gordon erstarrte und sein Blick wanderte hinter sie, auch sie drehte sich um und sah Morgan in der Tür stehen, sie wirkte ungeduldig und doch unschlüssig, ob sie einfach in das Gespräch ihrer beiden Vorgesetzten hereinplatzen sollte. Thomas nahm ihr die Entscheidung ab und öffnete ihr die Tür, sofort trat sie ein und holte kurz Luft, um sich zu beruhigen. „Ma'am, das habe ich auf dem Schreibtisch gefunden, den Officer Jeffries sich mit einem Kollegen teilt.“ Sie reichte ihr einen kleinen Zettel, die leuchtend gelbe Farbe war offensichtlich dazu gedacht, Aufmerksamkeit zu erregen, doch Thomas hätte diesen Hinweis sicher nicht gebraucht, um ihm das gebührende Augenmerk zukommen zu lassen. „42 Fisher's Lane“ stand dort in krakeliger, unruhiger Handschrift, gefolgt von den Worten „Es tut mir Leid. Jeffries.“ und sie runzelte die Stirn. Wortlos reichte sie das Stück Papier an Gordon weiter, der es ebenso überrascht las wie sie und dann den Kopf schüttelte. „Ganz offensichtlich ist sie uns zuvorgekommen... wahrscheinlich sitzt sie schon längst in einem Flugzeug nach Mexiko.“ Thomas nickte nachdenklich. „Wahrscheinlich... aber es kann trotzdem nicht schaden, die Adresse zu überprüfen, würde ich sagen.“ Gordon nickte und erhob sich. „Ich auch – und wenn Sie das tun, komme ich mit.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)