For Want of Evidence von Glasschmetterling (A The Dark Knight Fanfiction) ================================================================================ Kapitel 16: Decoy the Devil --------------------------- @HavenDog14: Danke für das Lob... :) @Kyuuo: Wenn du den Lieutenant meinst... über den weiß sie doch eigentlich schon alles, sie muss es nur noch mit ihm verknüpfen... *g* *** For Want of Evidence – Chapter 16: Decoy the Devil Die Sonne schien hell und freundlich durch die großen Glasfenster in das Büro von Detective Elizabeth Thomas, wie sie es sehr selten gesehen hatte, seit sie nach Gotham gekommen war, und doch fühlte sie die ganze Last der Niedergeschlagenheit, die den Raum erfüllte, und konnte sich nicht daran freuen. Fast meditativ starrte sie in ihre leere Kaffeetasse, betrachtete die Unregelmäßigkeiten und Asymmetrien, die der braune Ring auf dem Boden formte und spürte genau, dass das Schweigen auf ihren Leuten lastete, doch hatte im Moment nicht den Willen, es zu brechen. Zu sehr war sie versunken in ihren eigenen Gedanken, die – nicht überraschend, wenn man die aktuelle Situation bedachte – nicht besonders fröhlich waren. Gleich als nach dem Attentat auf Doors ein wenig Ruhe in die Szenerie eingekehrt war, hatte Gordon sie mit einem wachsamen Blick zurück ins Präsidium geschickt und sie somit effektiv von allen Ermittlungen in dem Fall ausgeschlossen... und bis jetzt hatte sie keine Erklärung dafür erhalten. Sie glaubte nicht, dass er ihr misstraute – da war nichts in seinem Verhalten gewesen, das darauf hingedeutet hätte – aber ganz offensichtlich wollte er sie nicht in der Nähe des Tatortes haben und diese Tatsache behagte ihr gar nicht. Egal, was sie sich selbst einreden mochte, nun, nachdem sie sich an den Anblick gewöhnt hatte, war sie gerne am Ort des Geschehens, und es in diesem Fall nicht zu sein gefiel ihr nicht... Auch der Mangel an Informationen machte sie nervös, noch waren die Officers, die für die Sicherung des Gerichtsgebäudes zuständig waren, nicht zurückgekehrt und sie hatte Morgan nicht vorschicken können, um die neuesten Gerüchte aufzufangen. Alles in allem war ihre Situation im Moment äußerst unbefriedigend und... „Ma'am?“ Sie blickte auf und sah DuPres an, der junge Mann hatte versucht, sich mit seinem Computer und den Datenbanken, die sie erstellt hatten, abzulenken, war aber ganz offensichtlich kläglich gescheitert, denn seit mehr als einer halben Stunde hatte sich der Bildschirm nicht verändert. „Ja?“ Er starrte für einen Augenblick auf die Tasten. „Ma'am, denken Sie... ich meine, werden noch viele Menschen sterben?“ Die Direktheit der Frage überraschte sie und sie starrte ihn an, fast schon etwas Flehendes lag in seinem Blick und sie schüttelte leicht den Kopf, verärgert über sich selbst. Sie hätte bemerken müssen, dass eine Situation, die sie selbst schon als fürchterlich belastend empfand, eine noch viel stärkere Wirkung auf einen so jungen Mann hatte, der zudem auf eine Art und Weise zu ihr aufsah, die sie manchmal fast verlegen machte. Sie setzte zu einer Antwort an, doch gerade, als sie den Mund geöffnet hatte, kam Morgan ihr zuvor und seufzte leise. „Darauf kann Ihnen niemand eine Antwort geben, DuPres. Aber ich kenne diese Stadt schon lange... und wenn es einmal angefangen hat, hört es nicht so schnell wieder auf.“ Thomas blickte sie überrascht an und hob die Augenbrauen, ihre Worten hatten ein wenig bitter geklungen... und dass Morgan schon eine so schlechte Meinung von der Welt und Gotham City hatte, hatte sie – trotz ihres beträchtlichen Dienstalters – noch nie vermutet. Auch DuPres wirkte verwirrt und antwortete erst nicht, er blickte nachdenklich aus dem Fenster auf die verspiegelte Front des gegenüberliegenden Hauses, Fensterputzer reinigten die Glasscheiben und er beobachtete sie kurz, dann nickte er leicht. „Ist es so schlimm?“ Morgan schloss die Augen und schüttelte sich, es war eine unbewusste Geste, die sie selbst kaum zu bemerken schien. „Beim letzten Mal war es sehr schlimm...“ DuPres betrachtete sie nachdenklich, dann wandte er ein: „Aber der Lieutenant scheint doch Ziele zu haben... er ist kein Psychopath, der einfach nur größtmögliches Chaos verursachen will wie der Joker.“ „Sal Maroni hatte auch Ziele.“ Morgan betrachtete ihn aus kühlen, dunklen Augen. „Allerdings hat er ein Werkzeug gewählt, das ihm bei Weitem überlegen war... und dieser Fehler kann auch dem Lieutenant passieren.“ Thomas zog die Augenbrauen hoch, diese Diskussion verwirrte sie, sie war mit den Ereignissen, die vor zwei Jahren die Stadt erschüttert hatten, nur oberflächlich durch die Daten vertraut, die ihr Gordon im Flugzeug anvertraut hatte – danach war das Thema von wichtigeren Ermittlungen verdrängt worden. „Bis jetzt wirken die Handlanger des Lieutenants noch ziemlich normal... ich denke also nicht, dass wir uns um etwas Sorgen machen sollten, das noch gar nicht eingetreten ist.“ Ihre beruhigenden Worte erstickten die Diskussion ihrer beiden Mitarbeiter und sie schüttelte den Kopf, ihre Neugier hätte sich gewünscht, mehr zu erfahren, aber das hätte der Moral des Teams sicherlich geschadet. Für einige Minuten herrschte wieder bedrücktes Schweigen, doch dann wurde plötzlich die Tür aufgerissen und sie knallte gegen die Wand, die Glasscheiben klirrten. „Jim!“ Thomas blickte auf, sie erkannte Officer O'Leary in der Tür, die junge Frau wirkte aufgeregt und wurde sich ganz offensichtlich erst langsam der Tatsache bewusst, dass nicht nur ihr Freund, sondern auch seine Kollegin und seine Vorgesetzte im Büro waren. „Oh, verzeihung... was ich sagen wollte, Commissioner Gordon und der Chefarzt des Gotham General sind im Fernsehen, und ich dachte, das würde Sie interessieren...“ Gemeinsam folgten sie O'Leary in das Großraumbüro, DuPres reihte sich neben ihr ein und Morgan warf Thomas einen vielsagenden Blick zu, den sie mit einem Lächeln erwiderte. Was der Junge in seiner Freizeit machte, ging sie nichts an, solange es seine Leistungen nicht schmälerte, und vielleicht würde ihm eine Freundin ein wenig von dem Selbstbewusstsein verschaffen, das er so dringend brauchte. Der große Fernseher lief schon und der größte Teil der Schicht hatte sich davor versammelt, Thomas sah sich kurz um und entdeckte besorgte, aber auch sehr gespannte Gesichter, während sie ihren obersten Vorgesetzten und den Chefarzt des Gotham General Hospital betrachteten. Die Eingangshalle des Krankenhauses im Hintergrund blitzte vor Sauberkeit, alles wirkte neu und modern, doch als der Mediziner nach vorne trat, richtete sie ihre Augen auf ihn. Die Polizisten verfolgten die Pressekonferenz gespannt, genauso, wie es wohl der Großteil der Einwohner von Gotham City tat, doch als Gordon ankündigte, dass nun eine absolute Nachrichtensperre verhängt wurde, waren sie selbst und ihre Leute überraschter als die anwesenden Officers, was O'Leary prompt bemerkte. „Haben Sie nichts davon gehört?“, fragte die junge Frau überrascht und blickte mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihnen auf, als Thomas den Kopf schüttelte. „Kam doch eben als allgemeine Order an alle Officers, haben Sie es noch nicht gesehen?“ „Nein... noch nicht.“ Für einen Augenblick schwieg die kleine Gruppe, dann nickte Thomas leicht. „Wenigstens lebt Doors noch.“ Morgan schüttelte den Kopf. „Nach allem, was Zimmerman gesagt hat, wäre es für ihn wohl besser, sie hätten ihn gleich erwischt... das Gerede über Folgeschäden gefällt mir gar nicht.“ Trotzdem bemerkte Thomas stirnrunzelnd, dass sich das Mitleid aller Anwesenden – nicht nur ihrer Leute – in sehr engen Grenzenn hielt, offenbar hatte sich Doors auch bei anderen Abteilungen nicht gerade beliebt gemacht, was sie sehr gut nachvollziehen konnte. „Wie ist der aktuelle Stand bei der Fahndung?“ O'Leary zuckte mit den Schultern. „Als sie endlich ermitteln konnten, woher der Schuss gekommen ist – was angeblich nicht einfach war bei den Reportern, die sich um das beste Bild gedrängelt haben – war der Kerl natürlich über alle Berge. Die Spurensicherung ist gerade vor Ort und sucht nach verwertbarem Material, aber alle, mit denen ich geredet habe, sind nicht besonders zuversichtlich... Stephens' Team hat die Angelegenheit übernommen.“ „Stephens?“ Thomas zog die Augenbrauen hoch, der Name kam ihr vage bekannt vor, aber sie konnte kein Gesicht damit assoziieren – zu viele Menschen arbeiteten in einer Großstadt wie Gotham bei der Polizei, und nach einem guten Monate konnte sie kaum alle von ihnen kennen. „Detective Gerard Stephens“, warf Morgan ein, „er ist gut und sehr erfahren bei Fällen, die mit der organisierten Kriminalität zu tun haben... wenn jemand eine Chance hat, dann er.“ Thomas wandte nicht ein, dass so gut wie jeder Polizist in dieser Stadt schon mindestens einmal gegen die Mafia ermittelt hatte, sondern zuckte nur mit den Schultern. „Nun, ich denke, dann werden wir nachsehen, wie wir dem Detective helfen können, meinen Sie nicht auch?“ „Kaffee?“ „Danke.“ Detective Elizabeth Thomas nahm die dampfende Tasse vorsichtig entgegen und schlang die Finger darum, ihr Büro war noch immer in ein düsteres, stahlgraues Licht getaucht und Nebelschwaden waberten gegen die Fenster, ließen das gegenüberliegende Gebäude hinter weißen Schlieren verblassen. Sie war früh aufgestanden, genauso wie ihre beiden Mitarbeiter, doch sie hatte das Gefühl, dass sie die einzige war, die sich fühlte, als hätte eine Straßenwalze sie überfahren. Dass ihr ein richtiges Bett fehlte, bemerkte sie nun, wo sie zu einem geregelten Tag-Nacht-Rhythmus gefunden hatte, deutlicher als zu einer Zeit, als Schlaf als unnötiger Luxus gegolten und nur Ergebnisse gezählt hatten. Sie stürzte die Hälfte ihrer Tasse hinunter bereute es sofort, der Kaffee verbrannte ihr den Mund und Rachen, als sie ihn so schnell wie möglich hinunterschluckte. „Scheiße...“ „Detective Thomas?“ Sie blickte überrascht auf und bemerkte, dass Commissioner Gordon in der Tür stand und sie mit hochgezogenen Augenbrauen musterte, wenigstens konnte die Tatsache, dass er noch erschöpfter aussah als sie selbst, sie über die Peinlichkeit der Situation hinwegtrösten. „Sir. Setzen Sie sich doch.“ Er trat ein und nahm auf dem noch freien Stuhl Platz, den ihre Leute nicht belegten, und sie betrachtete ihn unschlüssig. „Wollen Sie einen Kaffee?“ „Ähm...“ Er hob die Augenbrauen, ganz offensichtlich erinnerte er sich an ihre Reaktion von vor einem Moment. „Nein, danke...“ „Nun, was kann ich für Sie tun?“ Gordon starrte auf die Tischplatte, dann blickte er zu ihr auf, ganz offensichtlich hatte er sich entschieden, die Sache so direkt wie möglich anzugehen. „Könnte ich Sie einige Minuten alleine sprechen?“ Thomas spürte, wie DuPres vor dem Computerbildschirm erstarrt war und auch Morgan wirkte überrascht, wenn nicht sogar verwirrt... sie legte den Kopf schief. „Wieso?“ „Es geht nicht um Ihre Leute, wenn Sie das andeuten wollen... aber es ist vielleicht... persönlich.“ Gordon klang resigniert, fand sie, doch sie zuckte nur mit den Schultern. „Ich denke, das geht in Ordnung.“ „Dann... nun, ich werde Sie von der Verfolgung des Lieutenants abziehen und Ihnen einen anderen Fall zuweisen.“ Sie starrte ihn und und fühlte, wie sich ein merkwürdiges, taubes Gefühl in ihrem Magen ausbreitete, sie hatte so viel Zeit und Energie in diese Ermittlung gesteckt und nun, da sie merkte, dass es nicht mehr ihre Zuständigkeit sein sollte, fühlte sie, dass es doch... auf eine merkwürdige Art und Weise persönlich für sie geworden war. Sie wollte den Lieutenant erwischen, sie wollte es unbedingt – und dass sie keine Chance mehr dazu haben sollte, ließ etwas in ihr hochkochen. „Aber, Sir...“ Gordons kalter Blick brachte sie sofort zum Schweigen. „Sparen Sie sich Ihre Empörung, Detective. Ich habe gestern Abend eindeutige Informationen erhalten, dass der Lieutenant Sie entweder auf seine Seite ziehen will oder, wenn ihm das nicht gelingt, Sie ermorden. Und genau das möchte ich verhindern, indem ich Sie abziehe.“ Sie betrachtete ihn aus braunen Augen, die, wie sie wusste, ihren inneren Aufruhr verrieten. „Ich kann auf mich aufpassen.“ Die Worte hätten ruhig klingen sollen, doch waren sie ihr bockiger herausgerutscht, als sie beabsichtigt hatte, und sie wünschte sich, sie hätte geschwiegen. „Natürlich können Sie das. Aber ich bin nicht bereit, ein größeres Risiko einzugehen als unbedingt nötig, Detective.“ Sie schwieg, sah ihn nur an, aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Morgan und DuPres sich größte Mühe gaben, weder gesehen noch gehört zu werden und nicht die Aufmerksamkeit ihrer Vorgesetzten auf sich zu lenken. Langsam stieß sie die Luft aus, von der sie nicht gemerkt hatte, dass sie sie angehalten hatte. „Und welchen Fall soll ich übernehmen?“ Gordon lächelte sie unter seinem Schnurrbart hindurch an. „Den, für den ich Sie eigentlich hierher geholt habe, bevor die Mafia ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit rückte. Batman.“ „Batman?“ Sie hob die Augenbrauen, Gotham hatte im Moment sicherlich dringendere Probleme als einen selbsternannten Rächer, der allerdings durchaus in der Lage schien, mehr gegen die Mafia zu unternehmen als das gesamte Police Department. „Ja. Sie sollen versuchen, Batman zu fangen.“ „Ich soll es... versuchen?“ Sie zog überrascht die Augenbrauen hoch, es klang so, als ob Gordon nicht wirklich von ihr erwartete, den Mann zu erwischen... oder es nicht wollte. „Ja... es wäre auch wirklich schade, wenn Sie zu schnell Erfolg haben... dann geht die ganze Aufregung in der Presse gleich wieder vorbei.“ „Verzeihung, Sir?“ Ihr Gesichtsausdruck musste ein Musterbeispiel der Verwirrung bieten, denn Gordon lachte leise auf. „Ich sollte mich wohl ein wenig... vollständiger ausdrücken. Ich sagte, Sie werden Batman jagen – und das werden Sie so öffentlich wie möglich tun. Immerhin haben Sie damit Erfahrung.“ „Es ist ein Unterschied, ob man die Öffentlichkeit als letzte Instanz nutzt oder sie – aus welchen Gründen auch immer – in eine laufende Ermittlung hineinzieht“, entgegnete sie kühl und er schüttelte den Kopf. „Detective, ich hab eine Nachrichtensperre zum Fall Alistair Doors verhängt und obwohl ich der Ansicht bin, dass sie gut und sinnvoll ist, ist mir durchaus klar, dass die Presse uns dafür in unsere Einzelteile zerreißen wird. Daher benötigen wir ein Gegengewicht, über das sie berichten können, sodass die Aufmerksamkeit von der Tatsache abgelenkt wird, dass wir Informationen bewusst unterdrücken... und Sie werden dieses Gegengewicht sein.“ „Ich?“ Sie zog die Augenbrauen hoch, sie fand nicht, dass sie für diese Aufgabe besonders geeignet war, dafür hätte man eher jemanden gebraucht, der Spaß daran hatte, sich selbst darzustellen. Jemanden wie Alistair Doors... oder Bruce Wayne. „Ja, Sie. Jagen Sie Batman – und sorgen Sie dafür, dass jeder Bürger dieser Stadt es weiß. Wie Sie das anstellen, ist mir vollkommen egal. Geben Sie Pressekonferenzen, stellen Sie Live-Bilder von Ihren Verfolgungsjagden ins Internet, laufen Sie nackt auf dem Rathausplatz auf und ab mit einem Schild Ich jage Batman um den Hals... aber tun Sies.“ „Ähm... Sir?“ Verdutzt blinzelte sie, seine Worte hatten nicht wie ein Scherz geklungen, sondern vielmehr grimmig, so als ob sie ihm vollkommen ernst waren... und wirklich wichtig. „Meinen Sie das ernst?“ „Verdammt ernst, Thomas“, bestätigte er ruhig und fixierte sie aus seinen dunklen Augen. „Ihnen ist klar, dass damit meine Chancen, Batman wirklich zu erwischen, gegen Null sinken? Nach allem, was ich bis jetzt von ihm gesehen habe, ist er nicht dumm und wird jedem meiner Schritte, die ich öffentlich verkünde, voraus sein.“ „Natürlich wird er das“, entgegnete Gordon ruhig, „aber wenn ich vollkommen ehrlich bin, dann muss ich sagen, es wäre im Moment eher schlecht für die öffentliche Moral, wenn Sie ihn wirklich erwischen würden. Aber ihn zu jagen... das ist etwas ganz anderes.“ Nachdenklich legte sie den Kopf schief. „Ich soll also einen Mann suchen, den noch niemand vor mir je erwischt hat, und ihn – im so gut wie unmöglichen Fall eines Erfolges – dann trotzdem laufen lassen?“ Gordon lächelte, der Sarkasmus, der in der Geste lag, war an sie nicht verloren. „Genau das sollen Sie.“ „Ich glaube, ich will wieder auf Streife.“ „Fertig, Ma'am.“ Officer James DuPres stieg von der Klappleiter, die er an das Bat-Signal gelehnt hatte, und schlüpfte aus den dicken Handschuhen, die er getragen hatte. „Denken Sie, es funktioniert?“ DuPres bedachte Thomas mit einem so missbilligenden Blick, wie er gerade eben noch wagte. „Natürlich funktioniert es.“ Zum Beweis schob er den Starkstromstecker in die dazugehörige Buchse und für einige Augenblicke passierte nichts, doch dann sprang der Scheinwerfer an und projizierte seinen Strahlenkegel in den dunklen Nachthimmel von Gotham City. Thomas legte ihren Kopf in den Nacken und blickte hoch, die unscharfe, verzogene Silhouette einer Fledermaus zeichnete sich auf den Wolken ab und obwohl das Licht öfter flackerte, verlosch es doch nie ganz. Anerkennend blickte sie zu DuPres, der sich ausnahmsweise einen triumphierenden Blick nicht verkneifen konnte. „Gute Arbeit.“ „Danke, Ma'am.“ Er lächelte ihr noch einmal zu, dann packte er seinen Werkzeugkoffer zusammen und verschwand durch die Tür hinunter ins Präsidium, während sie ihre Hände in den Taschen vergrub und die Schultern hochzog. Das Bat-Signal war ein Relikt aus der alten Zeit, in der Gotham seinen maskierten Rächer noch über alles bewundert hatte, ein großer Scheinwerfer mit dem metallenen Umriss einer Fledermaus, der eingeschaltet wurde, um Batman zu rufen und Kriminelle zu warnen. Nach allem, was sie aus ihren Leuten herausbringen konnte, war Gordon derjenige gewesen, der es gebaut hatte, nachdem Batman Carmine Falconi an den Docks auf einem Strahler festgebunden hatte. Und... wie zur Bestätigung, dass alles im Leben ein Kreislauf war, hatte der Commissioner das Bat-Signal auch wieder zerstört, nachdem sein Held vor zwei Jahren Harvey Dent, zwei Polizisten und Salvatore Maroni sowie seinen Fahrer ermordet hatte. Die Dämmerung war gerade erst hereingebrochen, der Umriss auf den Wolken noch nicht besonders genau zu erkennen, also rechnete sie damit, noch länger warten zu müssen, und trat an die Dachkante heran. Unter ihr zog sich die Straße, sie konnte Autos erkennen, die hin und herhuschten, aus der Entfernung wirkten sie klein, fast wie Spielzeug in den Händen eines Riesen, und nachdenklich blickte sie wieder gen Himmel. Gordon hatte bei der Zerstörung des Signals ganze Arbeit geleistet, die metallene Fledermaus war verbogen und eine Ecke des Flügels fehlte, das Glas des Strahlers hatte sich in kleinen, scharfen Einzelteilen im Kegel verteilt und die Glühbirnen mitgerissen. Ihre Reparatur war nur oberflächlich gewesen – ganz so, wie sie es gewollt hatte, und jeder zufällige Beobachter des Nachthimmels würde es ebenso bemerken. Klebeband hielt die Metallplatte an ihrem Platz, sodass sich nun ein Netz von schwarzen Strahlen über die Projektion des Strahlers zog, sie hatten das Glas nicht ersetzt, sondern nur die Splitter ausgeräumt und die Birnen erneuert, sie flackerten noch immer, fanden aber immer wieder an ihren Platz und sie lächelte zufrieden. Das war nicht mehr das Bat-Signal... es war ein Signal, dass Batman Feinde hatte. Die Dämmerung verdichtete sich zu Dunkelheit und ihr Scheinwerfer gewann an Deutlichkeit, wurde besser und besser erkennbar, je tiefer die Nacht sank, während die letzten Fetzen von Rosa, die sich noch am westlichen Himmel gezeigt hatten, verschwanden. Sie lächelte ein wenig, die Kälte schnitt zwar in ihre Haut und suchte sich ihren Weg unter ihre Kleidung, aber trotzdem war sie nicht immun gegen den Zauber des Moments, die Großstadt rauschte unter ihr, doch hier, auf dem Dach, spürte sie eine Ruhe und einen Frieden, die sie lange nicht empfunden hatte. Sie wusste nicht, ob Batman kommen würde – wusste nicht, ob er auf ihren Versuch reagieren würde, aber eigentlich war es egal... ob sie mit ihm sprach oder nicht, das Signal, das sie mit ihrem Handeln an die Öffentlichkeit senden wollte, würde ankommen... und das war alles, was zählte. „Ma'am?“ Sie blickte auf, Morgan stand in der Tür, in der Hand hielt sie einen großen Becher und sie huschte hastig auf Thomas zu, ganz offensichtlich fror sie. „Wollen Sie einen Kaffee?“ „Danke.“ Sie lächelte und nahm ihn entgegen, betrachtete dann stirnrunzelnd das Logo auf dem Papier, was Morgan bemerkte. „Ich war im Coffee Shop... ich dachte, ausnahmsweise könnten wir uns das leisten.“ „Natürlich können wir das ... außerdem habe ich im Moment das Gefühl, dass ein halber Liter genau das ist, was ich für eine lange Nacht brauche.“ Sie drehte den Becher entlang des Pappstreifens, der sie vor der Hitze schützen sollte, in den Händen, ihre durchgefrorenen Finger freuten sich über die Wärme und vorsichtig nickte sie Morgan zu. „Gehen Sie wieder nach drinnen... Sie frieren ja.“ „Ja, Ma'am.“ Morgan verschwand so schnell, wie sie gekommen war, durch die Tür, sie schlug mit einem lauten Knall zu und Thomas drückte den heißen Becher an ihre eiskalten Wangen. „Detective Thomas.“ Die tiefe Stimme ließ sie zusammenzucken, nur der Plastikdeckel verhinderte, dass sie ihren Kaffee verschüttete, und hastig wandte sie sich in die Richtung um, aus der sie gekommen war. Batman stand auf der anderen Seite des Daches auf der Mauer, die als Brüstung diente, er schien bereit, sich sofort in die Tiefe zu stürzen, wenn sie einen Versuch machte, ihn zu verhaften, und sie machte vorsichtig einige Schritte auf ihn zu. „Batman.“ Sie betrachtete ihn ruhig, in den kurzen Augenblicken, in denen sie ihn bis jetzt gesehen hatte, war sie zu verwirrt und vor allem zu beschäftigt gewesen, um ihm mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Nur der bronzene Gürtel hob sich hell von seiner schwarzen Rüstung ab, auf deren Brust sie eine stilisierte Fledermaus entdecken konnte, und hinter ihm flatterte ein Umhang im leichten Wind – wohl jene Schwingen, die sie ihn hatte entfalten sehen. Er nahm ihr die Frage ab, was sie nun tun sollte, und stieg von der Brüstung, ging auf sie zu – sein Selbstbewusstsein und seine Ruhe dabei faszinierten sie. „Beim letzten Mal sah es anders aus“, bemerkte er mit einer kurzen Geste zu der Silhouette, die das Bat-Signal in den Nachthimmel warf, und sie nickte leicht. „Andere Zeiten erfordern andere Symbole“, entgegnete sie und nahm einen Schluck aus ihrem Kaffeebecher, sie bemerkte, dass leichte Nervosität sich in ihrem Magen breitmachte, versuchte aber, sie so gut sie vermochte zu verbergen. „In der Tat.“ Seine Zustimmung überraschte sie und sie musterte ihn argwöhnisch, er stand da wie eine Statue, fast reglos, und ein Teil von ihr begann die Faszination zu verstehen, die dieser Mann auf Gotham City auszuüben vermochte. „Was wollen Sie von mir?“ „Mit Ihnen reden.“ „Das tun wir bereits.“ Täuschte sie sich oder konnte sie leichten Sarkasmus aus seinen Worten heraushören? Wie auch immer... „Ich möchte mit Ihnen über den Tod von Harvey Dent, Anna Ramirez, Micheal Wuertz, Salvatore Maroni und seinem Fahrer sprechen.“ „Möchten Sie das?“ Er blieb vollkommen ruhig, auch wenn sie ihm gerade Fragen über die Morde gestellt hatte, die er begangen hatte... er war wirklich gut. „Oder möchten Sie mir eine Falle stellen?“ Sie lächelte schmal. „Jedes Verhör versucht, Fallen zu stellen... aber wenn Sie damit meinen, dass jeden Augenblick ein SWAT-Team auf das Dach stürmt, dann können Sie unbesorgt sein. Ich bin nicht arrogant genug zu glauben, dass mir gelingen könnte, woran meine Kollegen mit so bestürzender Regelmäßigkeit gescheitert sind.“ „Ein Verhör also...“ Sein Schweigen dehnte sich aus und sie entgegnete fast humorvoll: „Jeder Ermittler spricht mit seinen Verdächtigen, wenn er einen Mordfall aufklären möchte... und Sie sind im Moment der einzige, den ich zur Hand habe.“ „Und was lässt Sie glauben, dass ich Ihre Fragen beantworten werde? Oder überhaupt hier bleibe?“ Sie schnaubte auf, bevor sie es verhindern konnte. „Dass Sie mindestens genauso neugierig auf mich sind wie ich auf Sie. Und wenn Sie wirklich gehen wollten, hätten Sie es schon längst getan.“ „Vielleicht... aber es ist immer gut, seine Feinde zu kennen... also... was wollen Sie wissen?“ Mittlerweile schien er fast entspannt zu sein und hob die Augenbrauen, selbst bei einem Mann, der genug Selbstsicherheit – man konnte es auch schon Arroganz nennen – um sich als der Retter der Armen und der vermummte Rächer derer, die keine Gerechtigkeit mehr zu erwarten hatten, aufspielte, hatte sie damit gerechnet, dass er wenigstens eine Reaktion zeigte, wenn er auf seine Verbrechen angesprochen wurde. „Warum Dent?“ „Was meinen Sie?“ Er klang noch immer kühl und ruhig, während er sie anblickte, doch sie vermeinte, ein Zucken um seinen Mund gesehen zu haben. „Dass Sie korrupte Cops und Mafiabosse umbringen, ist zwar sicherlich nicht recht, aber es verlangt nach keiner Erklärung. Warum Sie allerdings die Familie des Commissioners entführen und dabei Harvey Dent ermorden, das wirft bei mir einige Fragen auf.“ „Jetzt verstehe ich, warum der Lieutenant Sie ermorden lassen will... Sie kommen immer auf die Punkte zu sprechen, die ihren Gesprächspartnern am unangenehmsten sind, Detective.“ Für einen Augenblick glaubte sie fast, dass er ihr gedroht hätte, doch dann verwarf sie den Gedanken sofort... er klang nicht wütend oder erregt, sondern vielmehr fast amüsiert und vielleicht auch ein wenig beeindruckt. Aber möglicherweise hatte sie sich das auch nur eingebildet... viel wichtiger war, dass er von den Drohungen wusste. „Wie haben Sie davon erfahren?“ „Ich habe meine eigenen Quellen... und wenn man bedenkt, dass der Mann es nicht müde wurde, mit seinen besonderen Kenntnissen über Sie zu prahlen, dann wundert mich eher, dass Sie noch am Leben sind.“ „Ich kann auf mich aufpassen.“ Sie wiederholte unbewusst die Worte, die sie am Morgen Gordon gegenüber verwendet hatte, doch eigentlich wusste sie, dass sie – hätte bis jetzt jemand wirklich alles daran gesetzt, sie zu töten – schon längst in einem Sarg liegen würde... in dieser Stadt hatten Menschenleben einen ganz anderen Wert als den, den sie bis jetzt kannte. „Beantworten Sie lieber meine Frage.“ „Vielleicht will ich das nicht, Detective.“ Sie hob die Augenbrauen, entgegnete aber nichts, sondern nahm einen weiteren Schluck Kaffee. Ein Serienmörder – denn das war er, egal, ob er ihr höchstwahrscheinlich das Leben gerettet hatte oder nicht – der nicht mit seinen Taten prahlte, kam ihr nach allem, was sie bis jetzt in ihrer Laufbahn erlebt hatte, zumindest merkwürdig vor, und sie nahm sich vor, diesen Punkt noch einmal genauer zu untersuchen. „Vielleicht will ich aber Ihnen eine Frage stellen, Detective...“ „Nur zu... ob ich sie beantworten möchte, kann ich danach noch immer entscheiden.“ Seine Worte überraschten sie, aber sie zuckte nur innerlich mit den Schultern... das Gespräch hatte sie schon längst in ihren Bann gezogen und obwohl ihr klar war, dass sie sicherlich nichts aus ihm herausbekommen würde, das einem Geständnis glich, hoffte sie noch immer auf Hinweise. Nicht auf seine Tat, die sie mit der Zeugenaussage von Gordon, seiner Frau und seinen Kindern als so gut wie bewiesen ansah, sondern auf seine Identität. „Warum haben Sie Philipps damals verraten?“ Sie blinzelte, sie hatte mit vielen Fragen gerechnet, aber nicht mit dieser, und sie kniff die Lippen zusammen. „Sie wissen davon?“ „Sie haben selbst gesagt, man soll seine Feinde kennen... Philipps war Ihr Vorgesetzter.“ Sie holte tief Luft – sie war es leid, dass diese alte Geschichte ihr bei jedem Schritt, den sie in Gotham machte, vorgehalten wurde, ob zum Guten oder zum Schlechten. „Das macht ihn weder zu einem Heiligen noch zu einem Gott. Er hat sich bestechen lassen – damit hatte er jegliche Loyalität verloren, die er von meiner Seite verdient hatte... und die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Wahrheit und Schutz vor einem Mann wie ihm.“ „Sie klingen nicht, als hätten Sie viel von ihm gehalten.“ „Meinen Sie wirklich, das hätte ich noch gekonnt?“ „Trotzdem scheint es Zeiten gegeben zu haben, zu denen Ihre Meinung von Stuart Philipps eine ganz andere war.“ Sie starrte ihn an und spürte, wie Kälte sich in ihrem Magen ausbreitete, sie wusste nicht, woher er es wissen konnte... mit einer bewussten Anstrengung brachte sie ihre Züge wieder unter Kontrolle. „Wer respektiert seinen Vorgesetzten nicht, bevor er den Beweis hat, dass er diesen Respekt nicht verdient hat?“ „Niemand, Detective...“ Sie wandte sich ab und starrte zu dem hell leuchtenden Scheinwerfer empor, der die Wolkendecke erhellte, doch als sie sich wieder umblickte, war er verschwunden. „Kenne deinen Feind“, murmelte sie leicht und schüttelte den Kopf, „Das scheinst du ernster zu nehmen als ich...“ Hosted by Animexx e.V. 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